Marc Lürbke

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Last Statements

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser gemeinsamer Auftrag war es, alle Vorgänge um die Kölner Silvesternacht 2015 umfassend und vor allen Dingen auch objektiv zu durchleuchten. Diese Erwartungshaltung haben sowohl die vielen Frauen, die Opfer in der Silvesternacht wurden, als auch die Polizeibeamtinnen und -beamten sowie im Prinzip alle Bürger des Landes an uns als Ausschuss und als Parlament gerichtet. Ja, vieles davon findet sich im Abschlussbericht verbunden mit klaren Handlungsempfehlungen, damit sich solch schreckliche Vorfälle niemals wiederholen können.
Damit komme ich zu Ihnen, Herr Bolte. Wenn es um das Thema „sexualisierte Gewalt“ geht, ist es ein ganz wesentlicher Beitrag, zu verhindern, dass sich solche Vorgänge wiederholen können. Wir brauchen Maßnahmen, damit diese Übergriffe nie mehr in Nordrhein-Westfalen oder anderswo in Deutschland stattfinden. Darum muss es gehen.
Die vielen Opfer und die Menschen im Land haben aber auch erwartet, dass wir die ganze Wahrheit über die Silvesternacht klar benennen: alle Ermittlungsergebnisse des Ausschusses, und zwar ungeschönt und unzensiert, auch wenn es um die Verantwortung der Landesregierung geht. Diese Wahrheit hat Rot-Grün mit der Mehrheit im Ausschuss verhindert. Mit Mehrheit wurden die für das Innenministerium, die Landesoberbehörde, die Staatskanzlei unbequemen Ermittlungsresultate des Ausschusses zensiert.
Meine Damen und Herren, für Sie entscheidend war also nicht die Wahrheit, sondern die Mehrheit. Diese Geschichtsklitterung werden Ihnen die Menschen im Lande nicht durchgehen lassen.
Ich sage Ihnen: Wir werden Ihnen das auch nicht durchgehen lassen.
Deswegen haben wir gemeinsam mit der CDU das Sondervotum verfasst, um wirklich alle Ergebnisse des Ausschusses schonungslos zu benennen. Ich glaube, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf. Denn – um das klar zu sagen – nicht nur das schlimme Ereignis, das wir als Ausschuss untersucht haben, war ja ein Skandal, sondern dieser Umgang mit den Ergebnissen ist ebenfalls einer und lässt im Grunde auch die so notwendige Achtung vor den Opfern vermissen.
Verehrte Kollegen von Rot-Grün, Sie haben in diesem Ausschuss offenkundig oftmals nicht die Wahrheit und Fehler gesucht, sondern vielmehr Schuldige, die dann aber – so viel war ja im Vorfeld schon klar –
nicht im Innenministerium und in einer Landesoberbehörde sitzen durften. Sie haben ja mit zweierlei Maß gemessen. Das PP Köln, die Stadt Köln, die Bundespolizei und deren Mitarbeiter wurden von Ihnen – übrigens auch vom Innenminister – massiv kritisiert. Dem LZPD, dem MIK und den Beamten des höheren Dienstes wurde aber sogar unmittelbar nach den Ereignissen quasi ein Persilschein ausgestellt. Genau das findet sich jetzt auch im Abschlussbericht im Mehrheitsvotum von Ihnen so wieder.
Ich sage Ihnen: Ich finde das beschämend. Wer nicht bereit ist, sich eigene Versäumnisse einzugestehen, der wird doch auch nicht bereit sein, das wirklich abzustellen und Maßnahmen in die Wege zu leiten, damit sich das nicht wiederholt.
Dass Sie gerade beispielsweise alle Parallelen zwischen der Silvesternacht und der Love-Parade im Abschlussbericht gestrichen haben, weil sie in erschreckender Weise …
Doch, Herr Körfges, weil es die gab und die auch in erschreckender Weise zeigen, dass eben nicht ausreichende Lehren gezogen wurden. Das ist doch im Grunde unfassbar. Sie haben ja im Prinzip das ganze Kapitel komplett gestrichen, und auch damit lassen Sie im Grunde die Achtung vor den Opfern der Silvesternacht, aber auch der Love-Parade vermissen. Ich finde – auch wenn ich mich wiederhole – auch das beschämend.
Meine Damen und Herren, was bleibt nun im Ergebnis? – Für Stunden war die Gegend rund um den Dom, rund um den Bahnhof eine rechtsfreie Zone, in der Ordnungsamt und Polizei nicht präsent waren, nicht im Bilde waren und nicht durch entschlossenes Durchgreifen verhinderten, dass vielen hundert Frauen massive Übergriffe und Gewalt angetan wurden. Da bin ich bei Ihnen, Herr Körfges. Wenn man frühzeitig eingeschritten wäre, hätte man nicht alles
verhindern können, aber man hätte wahrscheinlich einen Großteil der Taten verhindern können.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass diese Taten auch zustande kommen konnten, weil die Polizei, weil die Stadt Köln eben nicht diese angesprochenen Lehren aus der Love-Parade gezogen haben und weil auch das LZPD und das Innenministerium ihre Fachaufsicht trotz Vorlage auch der Kölner Kräfteanforderung beispielsweise nicht wahrnahmen und ein unzureichendes Bild von der Sicherheit in Stadt und Land hatten.
Sie sagen: Das war ein neuer Modus Operandi und man hätte das ja alles nicht wissen können. – Es hat sich doch im Untersuchungsausschuss gezeigt, dass es sich bei den Erscheinungen in der Silvesternacht in Köln eben nicht um ein neues, nie dagewesenes Phänomen handelte, sondern um ein in Ausmaß, Häufung und Kombination neues Phänomen. Sexuelle Belästigungen von Frauen hat es durch entsprechende Personen auch aus den Maghreb-Staaten doch sehr wohl bereits im Vorfeld immer wieder gegeben. Es gab Erkenntnisse. Es gab Anzeichen. Es gab Mahnungen, Warnungen. Frau Scharrenbach hat eben Herrn Regierungspräsidenten a.D. Bollermann erwähnt. Es gab Warnungen im Vorfeld. Es gab die Erkenntnisse zur gewaltbereiten Täterklientel „Nafri“. Nur wurde eben nicht ausreichend hierauf reagiert.
Doch nicht nur das! Die Landesregierung war nicht nur im Vorfeld der Lage nicht gewachsen, sondern – das muss man auch ansprechen – auch nach den schrecklichen Geschehnissen war die Landesregierung dieser Situation nicht gewachsen.
Als läge Köln im tiefsten Urwald, brauchten Sie, Herr Innenminister, brauchte die Ministerpräsidentin vier ganze Tage, bis sie auf die Verbrechen in Köln überhaupt reagiert haben. Lokale und soziale Medien berichteten darüber immer intensiver doch seit dem Neujahrstag. Bis zum 11. Januar, also zwei Wochen, brauchte die Ministerpräsidentin, um den Opfern erstmals ihr Mitgefühl zu bekunden. Das findet sich jetzt übrigens auch nicht im Bericht wieder, weil Sie es herausgestrichen haben.
Hinzu kommt: Der Innenminister und die Ministerpräsidentin haben uns immer viel versprochen, Aufklärung, Transparenz. Aber was ist denn stattdessen passiert? – Immer wieder wurde seitens der Landesregierung doch die Arbeit des Ausschusses behindert, indem Notrufe von Opfern nicht ausgewertet wurden, Telefondaten nicht gesichert und vorgelegt wurden oder Fehlinformationen verlautbart wurden.
Deshalb noch zum Abschluss ein Umstand, der mich wirklich zutiefst unzufrieden stimmt: Denn an den Ausschuss war auch die große Erwartung geknüpft,
etwas über die Täter sagen zu können. Wir haben das mit Nachdruck versucht. Wir haben per Beweisbeschluss alle 237 Strafakten beiziehen lassen und um deren anonymisierte Vorlage durch die Justiz gebeten, damit wir diese offen und transparent auswerten lassen können. Das wurde unter Verweis auf den angeblichen Aufwand verweigert und die nicht anonymisierten Akten dann hohen Geheimschutzeinstufungen unterworfen, sodass sie auch jetzt nicht nutzbar sind für den Abschlussbericht. Die Öffentlichkeit wird also hierüber nichts erfahren.
Unser Ziel war es, mit der Beiziehung der Akten die darin enthaltenen Kenntnisse zu den Tatverdächtigen auszuwerten. Gibt es Vorstrafen, Bezüge zur Nafri-Szene? Seit wann befinden sie sich in Deutschland? Welchen Aufenthaltsstatus hatten sie? Wohnten sie in Köln oder im Umland? Befanden Sie sich zu recht in Deutschland? Hätten sie zum Tatzeitpunkt längst wegen Straftaten verurteilt oder mangels Aufenthaltsrecht abgeschoben sein müssen? Diese Fragen wollten wir klären. Das ist uns nicht gelungen.
Das ist durch das Justizministerium – ich habe sogar noch eine Kleine Anfrage gestellt, um diese anonymisierten Daten zu erhalten – geblockt worden. Das ist auch ein Punkt, der sich einreiht als weiteres Versäumnis der Landesregierung in diesem Zusammenhang.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Was bleibt am Ende? – Am Ende bleibt doch die Erkenntnis: Ohne die Arbeit des Ausschusses wären viele Dinge gar nicht ans Tageslicht gekommen. Die erschütternden Ergebnisse müssen uns aber eine Lehre für die Zukunft sein. Ein derart schlimmes Ereignis darf sich nicht wiederholen.
Aber es geht natürlich auch um die Frage der Verantwortung, meine Damen und Herren. Es geht auch um die Verantwortung, die bis heute keiner wirklich übernommen hat. Herr Innenminister, ich hätte mir an dieser Stelle – ich habe das in den vergangenen anderthalb Jahren immer wieder betont – nicht nur gewünscht, sondern ich hätte erwartet, dass Sie die Verantwortung übernommen hätten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Stotko, ich fange einmal mit Ihrem letzten Satz an – der war ja auch der beste in Ihrer Rede –, in dem es darum ging, dass Herr Wendt tatsächlich einen echten Bärendienst für die gute, ehrenamtliche und wichtige Arbeit aller Polizeigewerkschaften in Nordrhein-Westfalen geleistet hat.
Ich fange mit dem Positiven an. Ich bin auch bei Ihnen, wir dürfen nicht zulassen, dass durch die nicht entschuldbaren falschen Einlassungen vor laufender Kamera und dem Verschweigen der dubiosen Nebeneinkünfte dieser medial schillernden Figur wirklich diese gute und wichtige Arbeit der Polizeigewerkschaften auch hier in Nordrhein-Westfalen in die Schmuddel-Ecke gestellt wird. Das dürfen wir nicht zulassen.
Wenn man Raum gibt für Gewerkschaftsarbeit, dann muss man das aber auch rechtlich sauber machen, und dann darf sich, Herr Minister, so etwas nicht verselbstständigen. Mich ärgert deshalb, dass Deals, fragwürdige Absprachen offenbar nicht einfach so möglich sind, sondern dann tatsächlich ohne Rechtsgrundlage erfolgten.
Ich will nicht verschweigen, was mich dabei ärgert, Herr Minister: Das ist Ihr Umgang damit, Ihre fast patentreife Strategie nach altbekanntem Muster, fast der typische Reflex, den wir bei Ihnen kennen: Wenn
mal etwas schiefläuft – und es läuft sehr häufig etwas schief in Nordrhein-Westfalen in Ihrem Verantwortungsbereich –, dann zeigt man immer sofort auf andere, aber bloß nicht auf sich selbst und auf den eigenen Verantwortungsbereich. Das ist Ihr typischer Reflex.
Das war so in Köln nach der Silvesternacht. Da waren es der Polizeipräsident, die Polizeibeamten in Köln, die Bundespolizei, die Stadt Köln.
Im Fall Amri waren es sofort die Berliner. Und auch in diesem Fall sind es natürlich wieder die anderen.
Ich würde erst gerne fortfahren.
Herr Mostofizadeh, ich würde mir wünschen, dass auch Sie Ihre Reflexe vielleicht etwas besser unter Kontrolle bekommen würden. Denn was durfte ich da lesen nach Bekanntwerden des Falles Wendt? Zitat: „Ebenfalls strafrechtlich zu prüfen wäre die Rolle des früheren NRWInnenministers Dr. Ingo Wolf.“ Das wurde einfach von Ihnen medial herausposaunt. Offenbar ohne jegliche Information zum Sachverhalt zu haben, werden erst einmal strafrechtliche Ermittlungen gegen Herrn Dr. Wolf gefordert. Das allein ist schon schräg.
Nun wissen wir aber, dass der Sachverhalt noch viel weiter zurückreicht, nämlich vor 2005. Und nun? – Schweigen im Walde. Ich vermisse Ihre Einlassung hierzu, Herr Mostofizadeh. Die Forderung nach strafrechtlichen Ermittlungen gegen Herrn Fritz Behrens, Innenminister a. D., muss ich irgendwo überlesen,
muss ich überhört haben. Ich habe sie nicht wahrgenommen.
Sobald klar war, dass unter rot-grüner Regierungszeit Innenminister Fritz Behrens die Regelung veranlasst hatte, haben Sie sich wieder in Ihr Schneckenhaus verkrochen. Was ist denn das bitte für eine Doppelmoral? Das muss man doch einmal sagen: Gegen Innenminister mit FDP-Parteibuch möge bitte ermittelt werden, gegen Innenminister, die bei eigener Regierungsbeteiligung tatsächlich involviert waren, aber bitte nicht!
Das lässt wirklich tief blicken, ebenso übrigens Ihre Einlassung zum Thema Sozialschmarotzer, die ich lesen musste. Auch das lässt tief blicken bezüglich Ihres gespaltenen Verhältnisses zur Polizei und zu den Gewerkschaften insgesamt.
Aber, meine Damen und Herren, zurück zum Sachverhalt. Es ist doch wirklich schwer vorstellbar, dass so ein prominenter Fall wie der von Herrn Rainer Wendt wirklich niemandem aufgefallen ist. Herr Stotko, das ist eben nicht nur ein Polizeibeamter von den über 40.000, sondern es ist schon ein besonderer, es ist ein prominenter Fall.
Wir erleben in dieser Frage wieder das übliche Bild, Herr Minister: Sie haben nichts gewusst geschweige denn irgendetwas gemacht. Ich weiß nicht, wie oft wir das jetzt hatten: nichts gewusst, nichts gemacht. Im Prinzip könnte man Ihnen das auf ein T-Shirt drucken.
Ich habe im Innenausschuss schon einige Beispiele angeführt, warum das wirklich wenig glaubhaft sein kann oder zumindest ein erschreckender Offenbarungseid ist. Deswegen noch einmal kurz der Blick zurück.
LPVG – Landespersonalvertretungsgesetz – 2011: Bei dieser umfassenden Novelle damals 2011 war doch gerade die Erweiterung von Dienst- und Freistellungsregelungen eine zentrale Frage ebenso wie die rechtliche Absicherung dienststellenübergreifender Personalratstätigkeit. Herr Minister, Sie haben damals in Ihrer Rede betont – Zitat –: „Wir haben monatelang miteinander gesprochen und gerungen: mit den Gewerkschaften, …“
Und in der Tat, die Verhandlungen sind auch mit den Spitzen der Gewerkschaften geführt worden. Wollen Sie mir erzählen, dass bei so einem Thema wie Freistellungen, wenn Sie mit den Top-Gewerkschaftlern reden, deren eigene Freistellung – auch die von Herrn Wendt – niemals Thema war?
Ja, in den Verhandlungen, bei diesem Ringen, das Sie geschildert haben. Wir haben damals explizit abgefragt und Ihnen die Frage gestellt, wie viele Mitglieder der Personalräte derzeit anteilig oder ganz von
ihrer dienstlichen Tätigkeit freigestellt sind. Ihre Antwort damals im Mai 2011: 117 freigestellte Personalräte kosten rund 5,8 Millionen € jährlich aus dem Landeshaushalt.
Das muss man sich also so vorstellen: Wir fragen, und dann macht man sich auf und sucht all diese Informationen im Ministerium zusammen. Dann hat man das aufgeschlüsselt, man hat das errechnet und im Ministerium all diese Informationen zusammengetragen. Jetzt einmal ernsthaft: Wenn man das doch alles so intensiv prüft und zusammenträgt, dann hätte man doch an dieser Stelle auf die Causa Wendt kommen müssen. Das hätte auffallen müssen.
Gleiches übrigens im Jahr 2015. Da hatte mein Kollege Dirk Wedel auch eine Kleine Anfrage gestellt, in der er genau diesen Sachverhalt – explizit den Umfang der Freistellungen nach dem Landespersonalvertretungsgesetz für den Bereich der Polizei – hinterfragte. Ihre Antwort, Herr Jäger: 122 freigestellte Personalräte bei der Polizei, fünf weitere für den Hauptpersonalrat. – Aber auch wieder kein einziges Wort zur Causa Wendt oder zu womöglich weiter reichenden Freistellungen bei den Herren Rettinghaus oder Fiedler.
Sie lassen das so umfangreich prüfen in Ihrem Haus, aber das fällt niemandem auf? Entweder ist das alles Kokolores, was Sie uns erzählen, oder es ist ein echter Offenbarungseid und absoluter Blindflug der Landesregierung in Sachen Personalmanagement – absoluter Blindflug der Landesregierung!
Nehmen wir einmal den Erlass für Herrn Fiedler. Im Jahr 2014 hat es den Erlass für den hochgeschätzten BDK-Landesvorsitzenden gegeben. Sie haben uns das Schreiben ja zukommen lassen.
Was aber doch nun wirklich unerklärlich ist: Wenn man so etwas macht, muss man doch im MIK auch vergleichbare Fälle geprüft haben. Das gibt es sonst gar nicht. Das geht doch in Wahrheit nicht nur über den Schreibtisch von Herrn Düren. So etwas muss doch auch über Ihren Schreibtisch gehen. Das hätte auffallen müssen. Und das soll wirklich niemand erkannt haben? Das ist wirklich schwer zu glauben.
Was aber dem Fass den Boden ausschlägt, ist, dass man selbst die Analysen Ihrer eigenen Expertenkommission um Herrn Prof. Weibler im Jahr 2015 offenbar nicht ernsthaft wahrgenommen hat oder – schlimmer noch – gar nicht ernst genommen hat.
Ich habe das im Innenausschuss schon erwähnt. Der Bericht der Expertenkommission ist sehr umfangreich. Auf Seite 236 wird auf acht Polizeivollzugsbe
amte hingewiesen, die – ich zitiere – „für ein politisches Amt freigestellt sind oder andernorts eine Verwendung finden“.
„Politisches Amt“ ist soweit klar. Einige ehemalige Polizeibeamte sitzen hier auch unter uns im Plenum. Aber was ist denn mit den Polizeibeamten, die – Zitat – „andernorts eine Verwendung finden“?
Sie haben der Expertenkommission Daten zugeliefert. Da muss sich doch irgendjemand im Innenministerium gefragt haben, wer denn eigentlich diese acht Beamten sind.
Doch nicht nur das. Die Expertenkommission hat darüber hinaus dringend empfohlen, ein Verfügbarkeitssystem zu schaffen, um den Überblick darüber zurückzugewinnen, welcher Polizist an welcher Dienststelle eingesetzt ist. Geschehen ist das – man ahnt es bereits – unter Ihrer Führung, Herr Minister, natürlich bis heute auch noch nicht.
Wären alle diese genannten Punkte in den letzten Jahren nicht Anlass gewesen, den Umstand wirklich einmal zu hinterfragen und sich die Regelungen anzuschauen? Wie heißt es so schön? – Die Botschaft, ich hör sie wohl, allein mir fehlt der Glaube. – Das konnte auch diese Unterrichtung bislang nicht ändern.
Zum Abschluss bleibt festzuhalten: Die Causa Wendt und dieser Blindflug der Landesregierung haben das Ansehen besonders der kleinen Beamtengewerkschaften, wie ich finde, stark gefährdet. Wichtig ist aber nun, dass nicht noch stärker, als bisher schon geschehen, die Pluralität der Interessenvertretungen der Polizeigewerkschaften noch weiter insgesamt gefährdet wird.
Die Vielfalt ist für die Beamten, aber auch für uns als Parlament in der Vergangenheit immer elementar wichtig gewesen. Es gibt, glaube ich, keinen Innenpolitiker hier im Raum, der nicht in dieser Legislaturperiode von der Expertise der Herren Fiedler und Rettinghaus profitiert hat. Die Freistellungen sind aber nun aufgrund der Causa Wendt in ihrer jetzigen Form gestrichen worden. Das heißt, die Stimme der Polizeibeamten wird auch hierdurch in Zukunft womöglich nicht deutlicher zu hören sein. Das ist, wie ich finde, ein schlechtes Signal. Da wird die Schwäche des Landespersonalvertretungsgesetzes noch einmal allzu deutlich.
Obwohl 90 % der Kriminalbeamten bei den Personalratswahlen ihr Kreuzchen beim Bund der Deutschen Kriminalbeamten machen, entfallen auf den BDK bekanntermaßen nur zwei von 100 Freistellungen. Also, Minderheitenschutz kann man das nicht wirklich nennen.
Deswegen: Der Fall Wendt ist skandalös und restlos aufzuklären, aber lassen Sie uns bitte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir müssen auch dafür
sorgen, dass die Vielfalt der polizeilichen Interessenvertretungen unbedingt erhalten bleibt, aber das dann bitte sauber geregelt und mit einer klaren Rechtsgrundlage. – Herzlichen Dank.
Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist: Herr Dr. Wendt war zu Beginn der Debatte hier. – Entschuldigung, Herr Dr. Wolf.
Herr Dr. Wolf war hier. Ich finde das sehr unredlich von Ihnen, in diese Richtung zu argumentieren.
Fakt ist: Die Teilzeitbeschäftigung wurde unter RotGrün begründet. Sie ist erkennbar bis Innenminister Jäger beibehalten worden.
Wir wollen restlos aufklären, aber Ihre Fraktion hat doch gerade sofort losgeschossen, und zwar nur in eine Richtung: Schwarz-Gelb ist hier schuld. – Alles andere fällt unter den Tisch.
Greifen Sie mal eine Reihe nach vorne. Ihr Fraktionsvorsitzender sitzt dort. Fragen Sie mal nach, wie er damit umgegangen ist. Ich wäre an der Stelle ein bisschen kleinlaut. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Golland, ich muss mich meiner Vorrednerin anschließen. Als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich auch: Das hatten wir doch schon mal. – Wieder einmal werden Forderungen aus alten Anträgen zusammengeschrieben, neu zusammengewürfelt und dabei im Grunde längst diskutierte Ideen recycelt. So viel Sinn für Recycling legen noch nicht einmal die Grünen an den Tag, Herr Golland.
Aber nicht nur das. Ich bin da auch beim Kollegen Stotko. Die Terrorwarnung in Essen als Aufhänger für diesen Eilantrag zu nehmen, ist nun wirklich gar nicht gut gewählt; denn die Sicherheitsbehörden haben ja gerade einen möglicherweise drohenden Anschlag vereitelt. Deswegen möchte ich mich dem
Dank an die Behörden anschließen. Unseren Sicherheitsbehörden muss der Dank des Parlaments gelten, anstatt dass mit einem solchen Antrag womöglich noch eine Angstkampagne aufgebaut wird,
um daraufhin wieder alte Forderungen aus der Schublade zu ziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich komme mal zum Inhalt. Die CDU schreibt im Feststellungsteil – den Satz habe ich mir herausgeschrieben, denn den fand ich gut –:
„Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden jedoch personell, organisatorisch und rechtlich so ausstatten, dass sie für den bestmöglichen Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger sorgen können.“
Da bin ich so weit dabei. Im Folgenden jedoch machen Sie es sich mit den Forderungen im Beschlussteil auf jeden Fall viel zu einfach.
Einige kurze Beispiele: Sie fordern in Ihrem Antrag Überwachungsbefugnisse für die Polizei, erwähnen aber nicht, dass diese Rechte in Nordrhein-Westfalen dem Verfassungsschutz zustehen. Wenn Sie hier Sicherheitslücken sehen, dann müssen Sie diese auch ganz klar mit Fakten anhand von Fällen belegen. Da dürfen Sie bitte nicht mit pauschaler Jetztmüssen-alle-alles-dürfen-Rhetorik darauf reagieren.
Und dann kommt wieder der Klassiker: die Schleierfahndung. Wir haben das doch mehrfach diskutiert; wir hatten auch eine Anhörung dazu. Fakt ist doch: Ohne Personal, das die Kontrollen durchführen kann, ist das Ganze sowieso zum Scheitern verurteilt. In Zeiten hochmobiler Gefährder braucht NordrheinWestfalen zuallererst eine massive personelle Verstärkung, vor allen Dingen bei den Einsatztrupps auf den Autobahnen, und eine mobile Fahndungsgruppe „Reisende Täter“, die jeden Tag rund um die Uhr auf den Anfahrts- und Abfahrtsrouten mit gezielten Kontrollen präsent ist. Der Unterschied besteht darin, solche Kontrollen wegen eines Anlasses und eines Verdachtes erfolgen sollen und das nach geltender Rechtslage auch möglich ist.
Frau Düker, Sie haben MOTIV angesprochen, die Schwerpunktkontrollen. Wunderbar. In der Theorie ist das alles sehr gut, und MOTIV ist da sicher der richtige Weg. Nur: Diese Schwerpunktkontrollen – wir haben das mehrfach abgefragt – finden nicht in dem Umfang statt, wie das eigentlich notwendig wäre. Also: An dieser Stelle bitte nachbessern!
Ich kann es kurz machen. Nicht neue Rechtsgrundlagen, sondern erst einmal der effektive Vollzug geltender Befugnisse und erforderlicher Konzepte sorgen für mehr Sicherheit.
Ich hätte mir von der CDU gewünscht, dass sie die massiven Defizite, die wir in diesen Bereichen in
Nordrhein-Westfalen haben, klar benennt und RotGrün konsequent auf den Füßen steht. Damit wäre der Sicherheit mehr gedient gewesen als mit diesem Antrag. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer neue Dimensionen der Gewalt und Tabubrüche auch im Fußball – so kann man Ihre Amtszeit fast schon zusammenfassen, Herr Minister Jäger.
Unter Ihnen erleben wir mittlerweile im Monatstakt, dass unsere Bürger, dass Frauen und Familien oftmals fast schutzlos massiven Gefahren und Übergriffen ausgesetzt sind. Ihre Kräftepolitik bei der Polizei ist immer wieder Ursache dafür, dass in NordrheinWestfalen immer wieder diese negativen Ereignisse und Bilder entstehen. Ich erspare mir, das hier alles aufzuzählen.
Sie sind doch der zuständige Minister. Sie stehen hier in der Verantwortung, und das seit über sechseinhalb Jahren. Wenn wir jetzt den Blick nach Dortmund wenden und uns fragen, wer für das Desaster verantwortlich ist, das wir da erleben mussten, sage ich Ihnen: Die vor Ort eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten sind es nicht. Es sind auch nicht die vielen Zehntausend Fans, denen es darum ging, ein schönes Fußballspiel zu sehen. Gemacht wurde das auch nicht von der Gelben Wand, sondern von einem kleinen schwarzen Block – ohne Respekt für den Gegner, sondern von Hass geprägt.
Schuld sind die 400 Randalierer, die 400 Chaoten, die sich am vorletzten Samstag so schändlich verhalten haben, wie sie sich eben verhalten haben, die blinden und verstörenden Hass an den Tag gelegt haben und mit Bierkästen, mit Flaschen, mit Steinen, mit Pyrotechnik auf Familien, auf Frauen, auf Kinder geworfen haben, nur weil diese einen Schal oder ein Trikot von RB Leipzig anhatten. In ihrem Kopf scheinen sie auch gar nicht mehr zu realisieren, dass in jeder Uniform eines Polizeibeamten ein Mensch steckt – ein Vater oder vielleicht auch eine Mutter.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz deutlich: Man muss RB Leipzig nicht mögen. Aber denjenigen, der in jedem Fan dieses Vereins nicht zuerst den Menschen sieht, sondern einen Feind oder Freiwild, kann nur eine Antwort des Rechtsstaats und des Heimatvereins treffen: strafrechtlich aburteilen, Dauerkarte einziehen, Stadionverbot erteilen und dauerhaft vom Fußball fernhalten.
Natürlich ist es unsere Aufgabe als Politiker, zu hinterfragen, inwieweit das Ganze hätte verhindert werden können. Kritische Fragen müssen sich dabei nicht die Einsatzkräfte vor Ort gefallen lassen, die sich haben anspucken, treten und beißen lassen müssen und die auf dem Stadionvorplatz zum Glück noch Schlimmeres verhindert haben. Ihnen gilt vielmehr unser Dank.
Kritische Fragen müssen sich aber diejenigen stellen lassen, die für die Einsatzplanung verantwortlich sind. Da bin ich wieder ganz schnell bei Ihnen, Herr Minister. Wenn ein Innenminister doch höchstpersönlich von einem Verein im Vorfeld um Schutz gebeten und vor Übergriffen gewarnt wird, steht er natürlich selbst im Kreuzfeuer, wenn hinterher so etwas passiert.
Da reichen auch kein Schulterzucken oder gar die Umschreibung, es handele sich wieder mal um ein
neues Phänomen, wie wir es im Innenausschuss gehört haben. Kollege Sieveke hat gerade schon darauf abgestellt. Das reicht einfach nicht.
Sie und das LZPD haben doch augenscheinlich ignoriert, wie stark der Hass bei anderen gegen all das ist, wofür RB Leipzig in deren Augen steht. Das war doch eine Eskalation mit Vorgeschichte und mit klaren Vorzeichen – auch nach den Erfahrungen mit den Partien in Köln und in Leverkusen, nach den Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem hatten Sie das nicht auf dem Zettel, Herr Minister.
Zur Erinnerung: Bereits beim Spiel Köln gegen RB Leipzig gab es heftigste Krawalle. Es wurden auf dem Gästeparkplatz die Reifen von Kleinbussen zerstochen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Randalierer ein. Ein Beamter wurde verletzt; er war eine Woche lang dienstunfähig. Nach dem Abpfiff sollen 100 Kölner Hooligans versucht haben, in Richtung Gästeblock durchzubrechen, in dem sich augenscheinlich nur normale Fans von RB Leipzig befanden. Das konnte nur durch massiven Polizeieinsatz verhindert werden.
Ich würde mir wünschen, dass die Polizei dort entsprechend vorbeischaut.
Meine Damen und Herren, wir brauchen klare Kante gegen diese wenigen zum Schutz des Fußballs, zum Schutz unserer Polizeibeamten und zum Schutz des Sports insgesamt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Körfges, Ihre letzten Worte waren das, was einer Debatte im Hause nicht würdig wäre.
Nach dem, was wir gerade vom Kollegen Laschet erfahren haben, wäre ich wirklich sehr, sehr vorsichtig.
Ich bin ausdrücklich dankbar dafür. Ich finde, da brauchen wir auch gar nicht drum herum zu reden: Herr Minister, in Anbetracht dessen, was hier und heute passiert ist, haben Sie sich bis auf die Knochen vor dem Parlament blamiert. Das weiß auch jeder hier im Raum.
Ich empfinde es auch – ehrlich gesagt – zutiefst als eine Missachtung dieses Parlaments, wenn Sie so agieren und so in eine Aktuelle Stunde hineingehen. Ich hatte mir während Ihres Redebeitrags verschiedene Stichworte gemacht, was ich hier geraderücken wollte, was ich nämlich gar nicht so gesagt habe
Sie sagten, ich habe Schelte an der Polizei geübt. Ich habe zweimal genau das Gegenteil gemacht. Das ist eine absolute Unverschämtheit, Herr Minister, eine Unverschämtheit!
Es wird uns, der Opposition, immer vorgeworfen, wir überziehen hier, wenn wir sagen, der Minister agiere dilettantisch, und das Ministerium werde mittlerweile dilettantisch geführt. Angesichts solcher Ereignisse frage ich mich, ob das Ministerium selbst Sie nicht langsam loswerden will, wenn man vorher solche Sachen nach draußen gibt. Wollen die Sie eigentlich loswerden?
Herr Minister, wir haben das in den letzten Wochen sehr häufig betont: Wir halten Sie für nicht mehr haltbar, und das war heute wieder der lebendige Beweis. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns eint sicherlich – das ist ja in den Redebeiträgen deutlich geworden –: Hier muss ein Signal nach draußen gehen, dass für uns Gewalt gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in keiner Art und Weise akzeptabel ist. Hier müssen wir hier eindeutig Flagge zeigen.
Damit bin ich schon beim Aber. Was ist denn heute tatsächlich Realität bei diesem Thema „Gewalt gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes“? Ich will das einmal ganz exemplarisch für unsere Polizeibeamtinnen und -beamten aufzeigen: Nase zertrümmert, Jochbein zerschmettert, bewusstlos gewürgt, auf dem Boden liegend zusammengetreten. – Früher schützte die Uniform unsere Staatsvertreter. Heute gefährdet ihr Tragen sie ganz offenbar.
Wir erleben das immer wieder. Tatort Dortmunder Nordstadt – das ist noch gar nicht lange her, sondern passierte erst vor vier Tagen –: Auf die Bitte hin, das Fahrzeug für einen Einsatz zur Seite zu fahren, haben drei Männer einen Polizeibeamten brutal zu Boden geprügelt und getreten. Nur der Griff des Kollegen zur Dienstwaffe konnte das Ganze stoppen. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen sind die Täter nun wieder auf freiem Fuß. Ein Täter flüchtete unerkannt. Nun kommt der Fall in den dicken Stapel der Akten bei der zuständigen Staatsanwaltschaft. Irgendwann – in einem Jahr oder noch später – passiert dann einmal etwas.
Das ist doch gerade nicht der generalpräventive Effekt, den es in Zeiten massiver Verrohung, verschwindender Hemmschwellen und deutlichen Respektverlusts braucht. Nein, meine Damen und Herren! Stattdessen müsste diese Landesregierung es doch als Pflicht begreifen, für ihre Staatsbediensteten zu sorgen und sicherzustellen, dass sie auch wirklich bestmöglichen Schutz erhalten.
Was wäre die richtige Vorgehensweise? Wir haben es oft vorgeschlagen. Zum Beispiel könnte – das wäre eine Möglichkeit – Polizei- und Kommunalminister Jäger gemeinsam mit dem Justizminister dafür sorgen, dass solche Fälle von dem Polizeichef, dem leitenden Staatsanwalt und dem Amtsgerichtsdirektor in enger Abstimmung zur Chefsache gemacht werden und dann auch die Strafe auf dem Fuße folgt.
Eine solche Tätlichkeit im Straßenverkehr muss auch dazu führen, dass sofort der Führerschein eingezogen wird und die Täter nach dem besonders beschleunigten Verfahren sofort eine Woche in die Zelle wandern und am Ende eine Verurteilung steht. Es steht doch außer Frage: Wer selbst Polizisten auf offener Straße wegen Banalitäten zusammenschlägt, der stellt eine enorme Gefahr für die Allgemeinheit dar.
Das gibt es gar nicht, Herr Herrmann? Was war denn in Dortmund los?
Herr Herrmann, es wundert mich, dass Sie das immer in Abrede stellen. Im Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht haben wir Polizeibeamte gehabt, die uns geschildert haben, wie die Situation ist. Sie haben gesagt, dass sie zum Beispiel Beleidigungen gar nicht mehr nachgehen und keine konsequenten Maßnahmen anwenden – schon alleine deshalb, weil ihnen die ausgeschlagenen Zähne niemand ersetzt
und eine Anzeige sowieso mit einer banalen Strafe eingestellt würde. Das ist im PUA IV gesagt worden. Dazu gibt es sogar eine eigene Studie des Ministers, die das auch belegt. Fakt ist doch: Die Beamten spüren in dieser Frage nicht den Rückhalt, den sie brauchen und den sie auch verdienen.
Sie sagen, das gebe es gar nicht. Wir erleben doch immer wieder Tumultdelikte. Plötzlich stehen wegen einer Nichtigkeit 30 oder 40 Personen aggressiv jemandem gegenüber. Wenn ich dann unseren Innenminister frage, wie sich das denn in den einzelnen Kreispolizeibehörden entwickelt hat, bekomme ich darauf keine Antwort. Die Zahlen liegen nicht vor. Genauso ist es, wenn ich frage, wie viele Anzeigen wegen Beleidigungsdelikten von einem Behördenleiter tatsächlich unterstützt werden. Lagebilder, Konzepte gegen Clans – alles das liegt doch gar nicht vor.
Deswegen: „Blinde Führung“ mögen das die einen nennen, „ganz weit weg von den Sorgen und den Nöten der Basis“ die anderen.
Herr Herrmann, glauben Sie denn, dass wir leichtfertig die Einführung von Tasern für den Streifendienst fordern? Meinen Sie, dass wir als FDP-Fraktion leichtfertig fordern, endlich die Schutzausstattung der Alarmzüge im Streifendienst für bestimmte Einsätze zu verwenden?
Alles das ist – damit bin ich wieder bei Rot-Grün; so ähnlich hat Herr Lohn das auch ausgedrückt – ist in den letzten Jahren hier blockiert worden. Da sind die Vorschläge abgelehnt worden. So lässt man dann seine eigenen Mitarbeiter am Ende im Regen stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Botschaft in ganz Nordrhein-Westfalen muss doch endlich lauten:
Wer Staatsdiener schlägt oder angreift, muss spätestens binnen vier Wochen eine so konsequente Antwort dieses Staates erfahren, dass er das nie wieder macht. Die Strafe muss auf dem Fuße folgen.
Dazu müssen Sie, Herr Minister, muss diese Landesregierung, muss die Polizei …
Den Justizminister nehme ich mit in die Verantwortung.
Nein, das machen Sie nicht. Da haben wir ja eine Trennung. Das ist auch gut so. Bei der Justiz läuft es ja ab und an auch.
Nichtdestotrotz brauchen wir hier Handlungsfähigkeit vor Ort. Wir brauchen auch weiterhin mehr Personal. Wir brauchen vor allem eine Vision für ganz Nordrhein-Westfalen.
Sie mögen sich damit abfinden, wie der aktuelle Status quo ist. Wir wollen das aber umkehren. – Danke schön.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in viel Grundsätzlichem sind wir uns doch einig. Wir sind uns darin einig, dass wir weiter Flüchtlingen Schutz bieten wollen. Wir sind uns auch darin einig, dass diejenigen, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben, in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen, vorzugsweise freiwillig und ansonsten dann auch zwangsweise. Wir sind uns zumindest weitestgehend einig, dass wir endlich ein Einwanderungsgesetz brauchen, um qualifizierte Zuwanderung entsprechend unseren Interessen zu ermöglichen und zu steuern. Zumindest sind die Worte von Herrn Laschet so zu deuten, dass es in der Landes-CDU ja hier eine größere Offenheit gibt als im Bund. Nur dann müssen wir hier auch endlich mal einen Schritt weiterkommen.
Meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat am Wochenende in der „Bild“-Zeitung darauf hingewiesen, dass wir in Nordrhein-Westfalen derzeit 3.300 Ausreisepflichtige aus dem Maghreb haben, die wir nicht zurückführen können, weil funktionierende Rückübernahmeabkommen fehlen. Auch darin, dass wir bessere Rückübernahmeabkommen brauchen, sind wir uns einig. Nur: Warum kommen wir auch da nicht weiter? Warum ist eigentlich das größte aller Bundesländer nicht in der Lage, in einer solch essenziellen Frage seine Interessen in der Bundesregierung einmal durchzusetzen?
Wenn die CDU in ihrem Sicherheitsantrag gestern ausschließlich den SPD-Bundesaußenminister dafür in Verantwortung nehmen möchte und Frau Kraft in der „Bild“ hingegen diese von den CDU-Ministern, also vom Bundesinnenminister oder vom Kanzleramtsminister verlangt, dann lässt das im Grunde tief blicken.
Den Bürgern ist das letztendlich egal, wer das macht, nur es muss dann tatsächlich auch gemacht werden, meine Damen und Herren.
Über diese Abkommen reden wir nämlich doch mindestens schon ein Jahr. Ich sage in aller Deutlichkeit: Dass wir diese Abkommen brauchen, heißt doch noch lange nicht, dass wir uns die sicheren Herkunftsländer sparen können.
Auch der Vorwurf der Symbolpolitik greift hierbei ins Leere, weil es in der Politik in dieser Frage sehr wohl auch um Symbole und um Signale geht. Die illegale Zuwanderung aus dem Westbalkan ist nach der Einstufung als sichere Herkunftsländer und dem gleichzeitig erleichterten legalen Zuzug in Arbeit deutlich
gesunken. Das hat ja auch damit zu tun, dass wir dadurch das Signal gesendet haben, dass es sich nicht mehr lohnt, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen über das Asylsystem zu uns zu kommen. Solch ein Signal brauchen wir auch für den Maghreb.
Noch ein wichtiges Signal müssen wir senden, nämlich an unsere Bürger, dass wir uns um Fehlentwicklungen bei der Zuwanderung auch kümmern, dass wir das angehen. Das sind die Signale, die notwendig sind.
Liebe Grüne, in der Frage muss man sich dann auch mal ehrlich machen. Denn Ihre Weigerung, Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, ist eben kein Symbol für konsequenten Flüchtlingsschutz. Sie wissen doch ganz genau, dass dadurch kein einziger Flüchtling sein Asylrecht verliert. Es werden nur die Verfahren beschleunigt, und die Asylbewerber werden nicht mehr vor ihrer Anerkennung auf die Kommunen verteilt. Das ist übrigens auch so ein Symbol mit Signalwirkung.
Deswegen müssen wir uns auch ehrlich machen – Herr Kuper hat das angesprochen – bei der Frage: Geht es hier eigentlich in der Mehrheit um Flüchtlinge oder geht es in der Mehrheit um illegale Einwanderer aus dem Maghreb, die sich zu Unrecht auf das Asylsystem berufen? Bei 4.300 Entscheidungen für Personen aus dem Maghreb hatten nur 66 in den ersten elf Monaten des Jahres 2016 ein Recht auf unseren Schutz.
Auf der anderen Seite wissen wir um Analyseprojekte allein in Köln und Düsseldorf mit jeweils über 2.000 Tatverdächtigen aus dem Maghreb.
Meine Damen und Herren, deswegen sage ich auch ganz deutlich: Es ist kein Symbol für konsequenten Flüchtlingsschutz, sich für Regeln einzusetzen, die im Wesentlichen Straftätern nutzen, zumal, wenn die einzige Einschränkung für diese 66 Flüchtlinge bei der Erklärung der Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern bedeutet, dass es ein längerer Aufenthalt in den Landeseinrichtungen ist, bis der Schutzstatus erkannt ist.
Ich meine, vielmehr müssen wir das Signal senden, dass für uns klar ist, dass da Hunderte Menschen unter falscher Flagge illegal eingewandert sind, die hier straffällig geworden sind, und dass wir als Parlament auch etwas dagegen tun. Das ist die Botschaft, die unsere Bevölkerung auch von uns erwartet. Das ist das Signal, das nach draußen gehen muss.
Zum Abschluss will ich das noch einmal ganz deutlich machen: Wir wissen, dass es im Maghreb individuelle politische Verfolgung gibt, in Einzelfällen. Aber genau diese Einzelfälle werden doch auch weiterhin
dann Asyl erhalten. Das gehört doch zur Wahrheit dazu.
Deswegen fordere auch ich Sie auf, unserem Antrag und dem Antrag der CDU zuzustimmen, damit wir endlich in der Frage weiterkommen, und zwar nicht nur mit der Forderung nach besseren Rückübernahmeabkommen, sondern eben auch mit der dringend notwendigen Einstufung als sichere Herkunftsländer. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich einladen, auch der Debatte beizuwohnen. Es handelt sich um ein wichtiges Thema. Ich glaube, man sollte nicht den Raum verlassen, denn
es geht um Taschendiebstahl, meine Damen und Herren.
Die Zahl der Taschendiebstähle in Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Waren es 2009 noch 34.000 Fälle, so lag die Zahl im Jahr 2015 schon bei erschreckenden 54.600 Taschendiebstählen in Nordrhein-Westfalen. Allein in Köln hat sich die Zahl von 7.000 auf 14.000 Fälle sogar verdoppelt. In Düsseldorf ist die Zahl um 50 % gestiegen. Die Aufklärungsquote liegt landesweit bei niedrigen 6,5 %. – Das allein macht schon Sorge.
Schlimmer aber noch sind die Folgen dieser Vielzahl von Taten auch für das Sicherheitsgefühl im Land. Denn Taschendiebstahl ist ja neben dem Wohnungseinbruchsdiebstahl ein Delikt, welches gerade das Sicherheitsgefühl der Menschen im Land besonders massiv beeinflusst. Das ist gar nicht ausschließlich wegen des Schadens so, sondern vor allen Dingen, weil ja unmittelbar in die direkte Privatsphäre, in die Intimsphäre eingegriffen wird und dann vielfach höchstpersönliche Gegenstände berührt und gestohlen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus unserer Sicht sollte es grundsätzlich keinen schutzwürdigeren Ort geben als die intime Distanzzone um den eigenen Körper herum. Darauf zielt unser Antrag ab. Es darf aus diesen Gründen eben nicht länger so sein, dass Taschendiebstahl strafrechtlich als Bagatelle und Kleinkriminalität behandelt wird. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger hier besser geschützt werden.
Meine Damen und Herren, wie ist denn die Situation? Die Menschen im Land haben im Grunde ja gar keine Möglichkeiten, ihre im alltäglichen Leben benötigten und genutzten Gegenstände besser zu schützen, als sie am Körper bzw. in den Taschen zu tragen. Auf dem Weg zur Arbeit, auf Reisen und beim Einkaufen kann man Alltagsgegenstände eben nicht nur mal einfach ins Bankschließfach packen bzw. zu Hause oder im Auto lassen. Die Polizei empfiehlt doch sogar, Wertgegenstände nicht in den Fahrzeugen zu lassen. Dort sind sie aber heute absurderweise strafrechtlich gesehen sogar besser geschützt als am eigenen Körper.
Aber nicht nur das: Nach gegenwärtiger Rechtslage sind selbst abgeschlossene Fahrräder und werthaltige Gegenstände in einer Ausstellungsvitrine oder in einem eingefriedeten Obstgarten durch das Strafrecht grundsätzlich besser geschützt als im persönlichen Tabubereich getragene Gegenstände.
Das wollen wir ändern. Wir wollen genau diesen Umstand den Realitäten im Land anpassen, meine Damen und Herren.
Denn die Bürger erwarten doch zu Recht, dass ihr Portemonnaie und ihr Smartphone – das, was man bei sich trägt – besonders geschützt werden. Dabei geht es um weit mehr als um finanzielle Gegenwerte. Schauen Sie einmal, was sie alles in Ihrem Portemonnaie haben: neben Bargeld vermutlich auch den Personalausweis, den Führerschein, die Fahrzeugzulassung, Bankkarten usw. Oft befinden sich aber auch berufliche Dienstausweise, der Schlüssel für das Auto, für das eigene Zuhause oder die Arbeitsstätte darin.
Wer selbst einmal erlebt hat, welcher Aufwand für Sperrmaßnahmen und die Beschaffung von Ersatz samt damit verbundener Kosten anfällt, der weiß, wovon ich rede.
Meine Damen und Herren, auf so einem begehrten, teuren Beutegut wie dem Smartphone befinden sich viele persönliche, ja privateste Daten, oft auch dienstliche, vertrauliche Daten. Wir tragen heute – als Dokumentation unseres Privat- und Arbeitslebens – im Prinzip Tagebuch, Bewegungsprofil und Schreibtischinhalt am Körper mit uns. Insofern haben sich in den letzten Jahren tatsächliche Veränderungen ergeben, auf die man dann auch reagieren muss.
Gerät das alles in die Hände von Tätern, so hat man gleich die nötigen Personendaten praktisch zusammen, womöglich mit Schlüsseln in einer Tasche, und kann dann ohne Weiteres in die heimische Wohnung eindringen oder ein Fahrzeug entwenden. Darauf muss man auch reagieren.
Ich will noch einen anderen Punkt anführen, meine Damen und Herren; denn Polizeiexperten sind sich doch im Grunde einig. Wenn man fragt – wir haben das auch mehrfach in den Ausschüssen zu hören bekommen –, sagen uns Polizeiexperten, dass Taschendiebstähle mittlerweile nahezu ausschließlich durch Täter und Gruppierungen begangen werden, die geschult sind und arbeitsteilig zusammenwirken. Als Opfer hat man da kaum eine Chance.
Deswegen bewirkt die Aufnahme des Taschendiebstahls in den Regelbeispielkatalog des besonders schweren Falls des Diebstahls unserem Vorschlag nach zugleich auch die Aufstufung dieser in der Praxis dominierenden bandenmäßigen Begehung des Taschendiebstahls zum Verbrechen nach § 244a StGB samt entsprechender Handhabe. Ich wiederhole mich: Auch hier gilt es dann, die Realitäten des Taschendiebstahls ausreichend im Strafgesetzbuch abzubilden.
Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, wir halten diesen Vorschlag für einen sinnvollen, für einen abgewogenen und auch für einen durchdachten Weg, unsere Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen. Deshalb kann ich Sie nur einladen, sich
dem Antrag anzuschließen, damit wir hier gemeinsam eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen können. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann über eine solch eine Große Anfrage geteilter Meinung sein, Herr Marquardt, aber ich fand Ihren Beitrag schon fast surreal.
Ernsthaft. Sie werfen der Opposition vor, sie würde hier Zerrbilder zeichnen.
Sie machen doch genau das Gleiche, wenn Sie sagen, die Lage im Land sei wunderbar, es gebe keine Probleme.
Ich habe heute Morgen gesagt, man muss sich auch einmal Stück weit ehrlich machen. Das trifft hier auch zu. Da würde ich nicht die Einbrüche als Beispiel wählen. Dann sind es halt in diesem Jahr nicht 62.000, sondern es sind etwas über 50.000 Einbrüche. Das ist für jeden der Opfer eines Einbruchs immer noch einer zu viel.
Das ist ein Punkt, den kann man sich nicht wirklich als Lobeshymne ans Revers heften, sondern an der Stelle hätte ich mir gewünscht, dass Sie da etwas sachlicher und ehrlicher herangehen.
Zu der Anfrage. Ich bedauere ein bisschen, wenn wir heute eine Antwort auf eine Anfrage aus Mitte 2016
mit aktuellsten Zahlen aus 2015 bekommen, wir also im Prinzip die Lage von gestern hier bewerten, und das in ganz vielen Teilen auch noch auf Grundlage von manchmal sehr feingliedrigen, anderseits nur bedingt aussagekräftigen Daten. Herr Minister, Sie schauen. Hinsichtlich der abgefragten Ist-Personalstärken ist das Ganze wieder einmal doch recht unverfroren beschönigend bis verschleiernd.
Aber fragen wir einmal: Welche Erkenntnisse bringt uns jetzt diese Große Anfrage?
Zur zentralen Frage, wie die Aufstellung und Ausstattung der Polizei in NRW für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung verbessert werden muss, bleiben Sie uns jedenfalls eine Antwort schuldig. Ihre Antwort enthält 18 Seiten und dann Anlagen von geschätzt hundert Seiten mit Tabellen.
Wenn man sich einmal die Mühe macht und sich das genauer anschaut, dann kann man aus dem Zahlenmaterial schon recht schonungslos einige Sachverhalte herauslesen. So wird zum Beispiel deutlich, dass die Einsatztrupps der Autobahnpolizei immer noch viel zu schwach auf der Brust sind, um wirklich wirksam Fahndungs- und Kontrolldruck gegen mobile Täter zu erzeugen.
Ich trage bereits seit Längerem vor, dass wir uns damit dringend beschäftigen müssen, und das halte ich auch weiterhin für ein massives Versäumnis im Kampf gegen Einbrecher oder gegen die Geldautomatensprenger, aber auch gegen Raser, Herr Minister. Wenn, dann müssen wir bei der Autobahnpolizei auch die Autobahntrupps entsprechend ausstatten.
Schauen wir einmal in die Anfrage hinein, beispielsweise wenn es um die Einsatzbelastungen geht. Im Jahr 2015 gab es in den Direktionen der GE der Polizeipräsidien 2,8 Millionen Einsätze, in den Landratsbehörden knapp 2 Millionen, insgesamt etwa 4,7 Millionen Einsätze. Jetzt nennen Sie uns solche Einsatzzahlen, ohne aber die Zahl der gebundenen Kräfte oder die Einsatzdauer zu nennen. Das bringt natürlich dann nur einen begrenzten Informationsgewinn zur entsprechenden Belastung vor Ort.
Ich will das für die Landratsbehörden einmal konkreter machen. Laut Ihrer Zahlen hat sich die Einsatzbelastung der Direktion GE der Landratsbehörden von 2013 mit 1,08 Millionen Einsätzen über 2014 mit 1,7 Millionen Einsätzen auf im Jahr 2015 mit sage und schreibe 1,95 Millionen Einsätzen spürbar erhöht. Im Prinzip hat sich also seit 2013 die Einsatzbelastung in den Landratsbehörden fast verdoppelt.
Gleichzeitig zücken Sie aber im ländlichen Raum bei Personalzuweisungen oder Streifenwagen vor Ort unvermindert den Rotstift. Das ist gerade angesichts solcher Einsatzbelastungen, die wir im ländlichen Raum, bei den Landratsbehörden, haben, unverantwortlich, meine Damen und Herren. Sie können sich
da auch nicht wegducken, wenn es um die Zukunft der Polizei im ländlichen Raum geht, die Sie derzeit nur mit polizeilicher Mindeststärke ausstatten. Die Aussage von Herrn Düren im Untersuchungsausschuss war: Im ländlichen Raum kann nur noch ein Mindestschutz gewährt werden.
Das ist für die Bürgerinnen und Bürger – dazu habe ich beispielsweise gerade Zuschriften aus dem Kreis Minden-Lübbecke bekommen – ein ganz zentrales Thema. Die Frage ist: Wie geht es da weiter mit den Kommissariaten in Lübbecke oder in Bad Oeynhausen?
Ich bin der Meinung, statt Mindestschutz …
Ja, sicher.
Frau Düker, ich habe das im Innenausschuss schon mehrfach erläutert. Zum einen haben wir übrigens auch abgefragt – Herr Kruse ebenfalls –, wie sich die Personalausstattung in den Landratsbehörden entwickelt. Sie ist negativ. Es gibt hier Kürzungen. Sie haben von der BKV gesprochen. Aber Sie wissen auch, dass beispielsweise die Zahl der im Stellentopf enthaltenen Stellen durch die unterjährigen Abgänge – Nachersatztermin ist der 1. Oktober – immer massiv unterschritten wird. Es gibt eine Unterschreitung auch in den Landratsbehörden.
Das ist übrigens auch ein Punkt: Wenn wir das abfragen – auch hier ist das wieder so gemacht worden –, dann bekommen wir immer nur die Zahlen für den 1. Oktober. Das sind doch auch wieder Taschenspielertricks. Die Abgänge, die über das Jahr geschehen
sind, werden uns hier im Haus nie genannt. Vielmehr werden immer nur die Zahlen des Nachersatztermins 1. Oktober genannt. Was vorher passiert, bleibt Ihr Geheimnis. Das ist genau das, was ich an der Stelle kritisiere: dass man, wenn man sich hier offen und ehrlich machen und transparent sein will, dann solche Zahlen vorlegt.
Ich fasse zusammen, wofür wir stehen: Statt Mindestschutz im ländlichen Raum – so hat es Herr Düren gesagt – brauchen wir eine bestmögliche Sicherheit in ganz Nordrhein-Westfalen. Das ist unser Kurs.
Herr Minister, ich kann ja fortfahren und fragen: Was ist denn der Sachstand bei der Aufgabenkritik? Das war ja gerade ein Thema. Wie weit sind wir da? Wir haben den Bericht seit zwei Jahren vorliegen. Aber auch ich bin der Überzeugung, dass im Grunde wenig passiert ist. Was ist denn eigentlich aus Ihren Ankündigungen geworden, Herr Minister, die Sie damals gemeinsam mit dem Verkehrsminister gemacht haben, die Polizeibegleitung von Großraum- und Schwertransporten mit einem Pilotprojekt auf den Prüfstand zu stellen?
Ich höre gerade: Fragen Sie mal Herrn Dobrindt! – Nein, Herr Minister, ich frage Sie. Und wenn ich mir die Zahlen anschaue, die Sie uns hier im Rahmen der Großen Anfrage geliefert haben, dann sehe ich – ich lese Ihnen das gerne vor –: Für das Jahr 2015 sind exakt 24.711 Einsätze zur Abfahrtskontrolle oder Begleitung von Schwertransporten dokumentiert. 24.711 Einsätze! Das ist nicht die Entlastung, die wir uns an der Stelle vorgestellt haben. Ich bitte Sie, darauf gleich noch einzugehen, wie denn der Sachstand bei diesem Pilotprojekt ist.
Nur einmal zum Vergleich: Das waren 24.000 Einsätze. Es gibt sogenannte Schwerpunkteinsätze in Angsträumen Nordrhein-Westfalens. Davon gab es im ganzen Jahr 11.000 im Land, also halb so viele wie zur Absicherung von Schwertransporten.
Es ist übrigens ganz interessant, sich die Statistiken zu den Schwerpunkteinsätzen in den Angsträumen anzusehen. In diesen kann man sich ja wirklich verlieren. In Düsseldorf gab es 451 solcher Einsätze, in Köln ganze elf. Im Grunde haben selbst Bonn, Essen, Hamm und Gelsenkirchen viel mehr Schwerpunkteinsätze gegen Kriminalität gefahren als Köln mit seiner hohen Zahl an Einbrüchen und Taschendiebstählen und der bekannten Täterklientel. Das Ergebnis von 2015 kennen wir alle hier im Haus.
Ich habe es schon eingangs gesagt: Die CDU hat nach der tatsächlichen Ist-Stärke gefragt. Auch hier wieder wurden die dem Wachdienst grundsätzlich
zur Verfügung stehenden Beamtinnen und Beamte ermittelt, auch wenn manche aktuell – bedingt durch Krankheit, Mutterschutz oder Abordnung – abwesend waren. Das ist das, was Sie uns in dem Zusammenhang liefern. Da frage ich mich nur: Was soll das? Wir wollen doch wissen, wie viele Beamte tatsächlich einsatzbereit sind, und nicht die Zahl derer erfahren, die irgendwo auf einer Liste bzw. in irgendeiner Planung stehen, obwohl sie tatsächlich krank, beurlaubt oder sonst wohin abgeordnet sind. So kann man sich als Opposition und als Parlament kein realistisches Bild über die Situation machen.
Wenn wir diese Informationen nicht haben – manchmal denke ich auch bei der Beantwortung der Kleinen Anfragen, dass Sie sie selbst auch nicht vorliegen haben –, dann ist doch klar, dass eine blinde Führung auf Probleme und Mehrbelastungen vor Ort nicht reagieren kann.
Die FDP-Fraktion hat gefragt, wie sich zum Beispiel die Zahl der Tumultdelikte entwickelt hat. Es ist bekannt, dass Polizeipräsidenten beklagt hatten, dass die Häufung der Tumulteinsätze – Zahl der eingesetzten Einsatzmittel und Einsatzkräfte, lange Einsatzdauer – eine höhere Belastung bedeutet. Und nun antwortet der Minister, er habe gar keine Ahnung, wie sich die Tumultdelikte entwickelt hätten. Das passt im Grunde genommen ins Bild. Ich finde es peinlich, dass solche Informationen bei einem derart zentralen Thema nicht vorliegen. Blinde Führung kann auf die Probleme nicht entsprechend reagieren.
Wozu das führt, haben wir auch im Fall Amri – das will ich hier nicht außen vorlassen – gesehen. Gestern hat der grüne Fraktionsvorsitzende auf Berlin gezeigt und gesagt, dort habe man Personallücken gehabt. Das müssen wir aber auch hier für NordrheinWestfalen ansprechen. Sie haben als Innenminister zu verantworten, dass die Teams zur Überwachung von Gefährdern in Nordrhein-Westfalen völlig unterbesetzt sind. In Zeiten des Terrors ist ihre Aufgabe so wichtig wie nie zuvor, auch wenn es die Fahndungsgruppe Staatsschutz gibt. Trotzdem waren laut „Bild“-Zeitung zuletzt beim MEK – wir durften das ja lesen – 35,8 % der Stellen in Nordrhein-Westfalen unbesetzt. Und die im Februar angekündigten zusätzlichen MEKs sollen – so, wie Sie das jetzt planen – erst im Jahr 2018 aufgebaut sein.
Fakt ist doch – das ist mein letzter Satz –: Wer nicht frühzeitig die erforderlichen Maßnahmen ergriffen und die Attraktivität und Anreize erhöht hat, der hat im Grunde bei der Überwachung von Gefährdern und Schwerkriminellen auf Lücke gesetzt. Das ist an der Stelle originäres Organisationsunvermögen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich reihe mich natürlich ein. Auch der Dank der FDP-Fraktion gilt den Polizeibeamten und allen Rettungskräften, seien es Feuerwehr, Rettungsdienste oder Ordnungskräfte, die durch entschlossenes Handeln und verhältnismäßige Maßnahmen in der Silvesternacht 2016/17 für Sicherheit im Land gesorgt haben.
Eines ist mir wichtig, meine Damen und Herren: Dieser Dank gilt nicht nur für die Silvesternacht, sondern er gilt für 365 Tage und Nächte im Einsatz, im Dienst für unsere Sicherheit.
Wertschätzung und Rückendeckung ihres Dienstherrn haben unsere Polizeibeamten meiner Meinung nach nicht nur einmal im Jahr verdient, sondern, wie gesagt, an 365 Tagen im Jahr. Es reicht auch nicht nur eine „Woche des Respekts“ innerhalb einer Legislatur bzw. kurz vor Ende der Legislatur. Vielmehr brauchen wir das gelebt, und zwar jedes Jahr.
Denn wahr ist doch: Von den heutigen Anträgen – so gut sie auch sind und so schön sie auch klingen – können sich die Einsatzkräfte in erster Linie nichts kaufen. Papier ist geduldig. Deshalb brauchen wir eine echte Unterstützung, eine echte Wertschätzung.
Mehr Stellen, genau. Wir brauchen mehr personelle Unterstützung. Das haben wir uns als FDPFraktion schon seit langer Zeit gewünscht.
Wir brauchen endlich eine entsprechende Aufstockung.
Ja, natürlich. Personelle Unterstützung, sachliche Unterstützung.
Wir brauchen eine Entlastung von Tätigkeiten. Wir brauchen endlich einmal eine ehrliche Aufgabenkritik
und weniger Bürokratie, damit unsere Beamten auch die Zeit und die Ressourcen haben, ihren Job tatsächlich so machen zu können, wie sie es wollen und für Sicherheit im Land sorgen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Schäffer, Sie haben es gerade in Bezug auf Herrn Möbius angesprochen, und ich kann es mir auch nicht verkneifen: Die dankenden Worte aus Ihrer Richtung – ich meine das gar nicht persönlich, aber generell in Bezug auf Ihre Partei – sind an mancher Stelle doch ein wenig fadenscheinig.
Die Schnellschüsse, die wir von Vertreterinnen und Vertretern Ihrer Partei erlebt haben, hat die Polizei nicht verdient. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die Kennzeichnungspflicht, deren maßgeblicher Treiber die Grünen hier im Haus waren.
Damit stellen Sie unsere Polizeibeamten unter Generalverdacht.
Vor diesem Hintergrund wirkt ein solcher Antrag heute wenig glaubhaft.
Zur Wahrheit gehört aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Anstatt über Begrifflichkeiten in einem Tweet zu streiten, wäre es mir viel lieber, wenn wir alle in diesem Haus unsere Energie darauf verwenden würden, uns den Herausforderungen in diesem Land zu stellen. Dazu gehört es auch, die Probleme zu lösen, die mit der Gruppe der Nafris, der nordafrikanischen Intensivtäter, verbunden sind. Wir sollten die Probleme angehen, statt über Begrifflichkeiten zu streiten. Schließlich wissen wir anhand der Analyseprojekte „Casablanca“ und „Nafri“, dass es jeweils über 2.000 Tatverdächtige allein in Nordrhein-Westfalen gibt.
Es sind insbesondere die seit Langem hier lebenden Menschen aus dem Maghreb, die gut integriert sind, die sich wünschen, dass wir konsequent und verbindlich gegen die Straftäter aus dem Maghreb vorgehen. Wir müssen die Menschen, die schon seit Langem bei uns wohnen und sich integriert haben, auch entsprechend schützen.
Meine Damen und Herren, die Devise muss also lauten: Weniger über Begriffe streiten und die Probleme angehen.
In diesem Zusammenhang muss ich einen letzten Aspekt ansprechen. Das Innenministerium hat dieser