Andrea Asch
Appearances
14/6
14/8
14/9
14/11
14/13
14/14
14/16
14/17
14/20
14/22
14/25
14/26
14/28
14/30
14/31
14/33
14/34
14/39
14/40
14/41
14/42
14/43
14/44
14/47
14/50
14/51
14/54
14/55
14/57
14/58
14/59
14/60
14/62
14/64
14/65
14/67
14/69
14/71
14/72
14/73
14/74
14/76
14/79
14/80
14/81
14/82
14/83
14/85
14/86
14/88
14/89
14/90
14/93
14/94
14/95
14/98
14/100
14/102
14/104
14/106
14/107
14/109
14/110
14/112
14/113
14/114
14/118
14/120
14/121
14/122
14/124
14/125
14/126
14/127
14/129
14/130
14/133
14/134
14/135
14/136
14/138
14/140
14/144
14/145
14/146
14/148
14/149
Last Statements
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir sind am Ende dieser Legislatur und deshalb ist es auch der richtige Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen, in diesem Fall Bilanz über die Familienpolitik, über die Politik für Eltern, für Kinder dieses Landes.
Wir haben über die ganzen Jahre festgestellt, diese Landesregierung, die sie tragenden Fraktionen CDU und FDP haben bei der Familienpolitik den Mund sehr voll genommen. Sie haben gesagt: Wir, Nordrhein-Westfalen, sind das kinderfreundlichste Land in der Bundesrepublik. Sie haben gesagt, Sie wollen die Rahmenbedingungen für Kinder und Erzieherinnen in den Kindertagesstätten verbessern, Sie wollen gemeinsam mit Erzieherinnen und den Verbänden ein optimales Kindergartengesetz entwickeln, was mehr Qualität und mehr Bedarfsgerechtigkeit bringt und was – man höre – auch weniger Bürokratie bringen soll.
Ich fange einmal vorne an: Der Start war schon denkbar schlecht. Sie sind 2006 gestartet. Das Erste, was Sie gemacht haben: Sie haben 20 % bei allen Familienleistungen gekürzt, meine Damen und
Herren. Das war der Beginn. Sie haben es bei den Kindertagesstätten gekürzt, Sie haben es bei den Familienhilfen gekürzt, bei den Einrichtungen, bei den Erziehungs- und Familienberatungsstellen. Sie haben vor allem 84 Millionen € bei den Zuschüssen zu den Elternbeiträgen gekürzt. Alle anderen, uns umgebenden Bundesländer haben den Einstieg in den Ausstieg bei den Elternbeiträgen gewählt. Diese Landesregierung hat dafür gesorgt, dass wir steigende Elternbeiträge in den Kommunen haben.
Und was noch schlimmer ist: dass wir eine große Schere haben, zwischen reichen Kommunen wie Düsseldorf, wo die Eltern keinen Cent bezahlen,
und armen Kommunen im Ruhrgebiet, wo sie über 600 € im Monat für einen Ganztagesplatz bezahlen. Das ist die Realität Ihrer Politik.
Nun liegt uns – und das war Anlass für uns, heute diesen Antrag zu stellen – die Bilanz der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege vor.
Jetzt schreien Sie doch nicht dauernd dazwischen. Es hilft Ihnen auch nichts mehr. Wer schreit, hat Unrecht, Herr Witzel; auch das wissen Sie.
Uns liegt die Bilanz der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege vor. Diese Bilanz ist, wie übrigens die aller Verbände, die mit dem Thema zu tun haben, was die Kindergartengesetzgebung und was die Auswirkungen dieses Gesetzes angehen, einhellige Meinung. Die Erzieherinnenverbände, die Eltern, die Gewerkschaften, die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände und selbst die kommunalen Spitzenverbände sagen: Dieses Gesetz hat uns bei der Kinderbetreuung nicht einen Schritt nach vorne gebracht, es hat uns zurückgeworfen. Die Rahmenbedingungen für die Erziehung, Betreuung und Bildung von Kindern in Nordrhein-Westfalen sind mit KiBiz schlechter geworden. Das sagen die Verbände.
Frau Kastner, da nützt Ihnen auch alles Schönreden nicht, da nützt Ihnen alle Selbstillusionierung nicht. Das ist die Bilanz derjenigen, die tagtäglich mit diesem Gesetz arbeiten müssen. Und diese Bilanz ist vernichtend. Das ist die Realität.
Ich will es einmal ganz kurz in den wesentlichen Bereichen durchdeklinieren. Was wir brauchen, ist mehr Qualität in den Einrichtungen. Was haben Sie mit KiBiz geschaffen? – Sie haben die Standards abgesenkt, weniger Qualität. Sie haben dafür gesorgt, dass die U3-Betreuung mit weniger Erzieherinnen auskommen muss, dass die Erzieherinnen
weniger Zeit für die Kinder haben, weil die Verfügungszeiten gekürzt wurden. Sie haben dafür gesorgt, dass die Zweijährigen in den großen Gruppen jetzt mit bis zu 26 Kindern betreut werden.
Sie haben dafür gesorgt, dass wir weniger Bedarfsgerechtigkeit haben. Ihr Konzept mit diesen 25 Stunden, das mehr Flexibilität für die Eltern bringen könnte, ist gescheitert; Sie wissen es. Das, was im Gesetz steht, wird in einer keiner Kommune umgesetzt. Die Eltern wollen nur zu 5 % diese 25 Stunden. Auch da sind Sie gescheitert.
Sie sind gescheitert mit dem Anspruch, dass es weniger Bürokratie geben soll. Ihr Kollege Lindner, der jetzt in Berlin ist, hat der Presse gesagt: Ich glaube, da haben wir einen Fehler gemacht. KiBiz hat mehr Bürokratie erzeugt. – Das ist die Realität. Der jetzige Generalsekretär der FDP hat es genauso richtig festgestellt.
Sie haben ein Weiteres gemacht, was fatal ist und mit zur Bedarfsgerechtigkeit gehört: NordrheinWestfalen ist 2005 von dem gleichen schlechten Level – ich gebe das zu – aus wie alle anderen Flächenländer in der Bundesrepublik mit dem Ausbau der Krippenplätze gestartet.
Der Unterschied ist, dass diese Landesregierung es nach Verabschiedung von KiBiz geschafft hat, vom vorletzten Platz auf den letzten Platz bei der U3Betreuung herunterzurutschen. Das ist die Bilanz Ihrer Arbeit, das ist die Bilanz dieses Familienministers.
Und noch etwas haben Sie geschafft: Sie haben sich das Geld, das den Kommunen zusteht, um die Krippenplätze auszubauen, einfach selber in die Tasche gesteckt. Sie haben die Kommunen um das Geld für diese wichtige Aufgabe betrogen, nämlich die Kapazitäten für die U3-Plätze auszubauen.
Eines möchte ich noch sagen: Nicht nur wir Grüne, sondern sehr viele im Land meinen, dass es Ihnen, Herr Minister Laschet, nicht um die Sache selber geht, sondern vor allen Dingen darum geht, wie Sie die Sache verkaufen. Mit schönen Schlagzeilen und der Illusionierung der Öffentlichkeit sind Sie ganz schnell vorn dabei. Beim Nachprüfen stellen wir fest: Das ist die Unwahrheit. Da werden Bilder potemkinscher Dörfer gemalt, die nicht der Realität standhalten.
Das Fazit ist: Sie machen Politik gegen Kommunen, gegen Kindergärten, gegen Erzieherinnen, gegen Eltern und gegen Kinder. Sie haben in einem Kernbereich der christdemokratischen Politik – und das ist die Familienpolitik – auf der ganzen Linie versagt.
Meine Damen und Herren, am 9. Mai ist die Gelegenheit, sich gegen KiBiz auszusprechen und diese Landesregierung abzuwählen.
Meine Damen und Herren! Es würde CDU und FDP gut anstehen, wenn Sie sich in der Tat in den Einrichtungen informieren
würden. Ich muss aber feststellen, dass ich bei allen Veranstaltungen, bei denen ich in den letzten Wochen war – sei es in Essen, sei es in Dortmund oder Anfang dieser Woche in Herford –, auf keinem Podium auch nur einen Vertreter von CDU oder FDP gefunden habe,
obwohl Sie eingeladen waren. Sie drücken sich darum,
diese Realität der Eltern, der Kinder und der Erzieherinnen wahrzunehmen.
Herr Witzel, wenn Sie hier herumkrakelen, zeugt das nur davon … Sie wohnen doch noch bei Ihrer Mutti.
Ich muss Ihnen sagen: Meine drei Kinder sind besser erzogen als Sie. Sie schreien nicht dauernd dazwischen. Davon können Sie sich eine Scheibe abschneiden. Ein unerzogenes Verhalten legen Sie hier an den Tag!
Die Realität in den Einrichtungen ist, dass die Betreuungsqualität sinkt. Die Erzieherinnen gehen auf dem Zahnfleisch. Sie sagen uns – das sagten sie Ihnen auch, wenn Sie denn mal hingehen würden –: Wir können nicht mehr. Wir werden den Kindern nicht mehr gerecht. Wir können nicht zehn Wickelkinder mit anderthalb Kräften betreuen. Wenn eine auf die Toilette geht, ist die andere mit zehn Kindern alleine. Das ist unverantwortlich. Das grenzt an Kindeswohlgefährdung. – Das ist die Realität in den Einrichtungen, die Sie mit KiBiz geschaffen haben.
Sprachstandserhebung kommt immer als Argument. Ich kann nur sagen: Es fließt so viel Geld in diesen Bereich, und keiner merkt es. Die Schulen sagen uns: Durch diese Erhebung hat sich die Sprachkompetenz der Kinder nicht gebessert, weil Sie vergessen haben, die entsprechenden Förderinstrumente zu entwickeln und die Kinder nach dem komplizierten und teuren Erhebungsverfahren adäquat zu fördern. Das ist Ihr Defizit.
Ich kann nur mit einem Zitat von Abraham Lincoln schließen:
Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen. Man kann das ganze Volk einen Teil der
Zeit täuschen. Aber man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.
Das sollten Sie sich mal hinter die Ohren schreiben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass Sie den Zank, den Sie in Berlin zwischen CDU und FDP haben, hier auszuklammern versuchen. Ich finde es aber schon niedlich, dass sich die FDP hier sozusagen als Vertreterin des solidarisch finanzierten Gesundheitssystems aufspielt.
Ihre Gleichmacherei, zu der Sie überhaupt kein Konzept haben, wie Sie die überhaupt finanzieren wollen, ist eine geradezu absurde Position.
Herr Kleff, ich habe Verständnis dafür, dass Sie versuchen, in der Bilanz von fünf Jahren hier noch einmal etwas Positives darzustellen. Aber dass Sie sich ausgerechnet das Nichtrauchgesetz, dieses verkorkste Gesetz, über das Herr Laumann einen Staatssekretär verloren hat und bei dem Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner auch nicht einigen konnten, ausgesucht haben!
Ich hatte heute Morgen ein Gespräch – Frau Kastner hatte das auch – mit dem Deutschen Kinderhilfswerk. Wissen Sie, was die uns gesagt haben? – Die haben gesagt, dass es in Deutschland kein Nichtrauchergesetz gibt, das Kinder so wenig schützt wie das nordrhein-westfälische.
Es gibt nämlich keinen Nichtraucherschutz in der Kindertagespflege. Bei den begleiteten Ausflügen wird nicht daran gedacht, dass nicht geraucht wird. In den Einrichtungen und Schulen darf weiter geraucht werden, wenn die Kinder nicht da sind. Das ist eine tolle Leistung, die Sie da hingelegt haben!
Meine Damen und Herren, der Antrag der SPD greift eine gesellschaftliche und politische Debatte zur Zukunft unseres Gesundheitswesens auf. Das begrüßen wir.
Allerdings muss ich auch sagen, dass wir zu einigen Punkten kritische Anmerkungen haben. So werden wir die Weiterentwicklung der Medizinischen Versorgungszentren – MVZ – weiter kritisch begleiten. Die Monopolstellung der Versorgungsketten insbesondere durch Krankenhauskonzerne und Krankenkassen lehnen wir als Grünen-Fraktion ab.
In der Frage, was für eine gute Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen eigentlich erforderlich ist, sind für uns Grüne folgende Punkte wichtig:
Erstens. Das Angebot der gesundheitlichen Versorgung muss alle Menschen erreichen. Wer krank ist, der muss sich wirklich darauf verlassen können, die notwendige medizinische und gesundheitliche Versorgung zu erhalten, und zwar unabhängig von Einkommen, Geschlecht, Herkunft, sozialer Lage und Wohnort. Dabei ist die gerade die Sicherung der wohnortnahen gesundheitlichen Versorgung eine zentrale Herausforderung der zukünftigen Gesundheitspolitik. Wir müssen daran arbeiten, die Zugangshemmnisse bei sozial benachteiligten Gruppen abzubauen.
Wir wissen, dass es die gibt. Und wir wissen, dass wir diese Gruppen besser erreichen müssen.
Zweitens. Das Gesundheitssystem muss geschlechtergerecht gestaltet werden. Wir wissen: Ursachen und Auswirkungen von Erkrankungen sind bei Frauen und Männern unterschiedlich. Genauso gilt das für die Bewertung von Krankheitserscheinungen. Notwendig ist daher eine medizinische und therapeutische Versorgung, die auf die spezifischen Belange und Bedarfslagen von Frauen und Männern ausgerichtet ist. Das gilt insbesondere bei Präventionsangeboten.
Drittens. Die Sicherung der wohnortnahen gesundheitlichen Versorgung ist eine der zentralen Herausforderungen. Das gilt insbesondere für weniger mobile Personengruppen, das gilt für ältere Menschen und Kinder.
Es gibt zwar in Nordrhein-Westfalen noch keinen Ärztinnenmangel, aber vor allen Dingen im ländlichen Raum …
Es gibt keinen generellen Ärztemangel, Herr Romberg. Aber vor allem im ländlichen Raum fehlt es perspektivisch an Haus- und Fachärztinnen. Gerade dort müssen neue Versorgungsangebote entstehen.
Dazu kann die Einrichtung mobiler Ärzteteams genauso gehören wie die Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante ärztliche Versorgung.
Viertens. In der medizinischen Behandlung und Pflege bleibt die unmittelbare Fürsorge von Mensch zu Mensch das wichtigste Element.
Menschliche Zuwendung muss von daher wieder einen höheren Stellenwert in der gesundheitlichen
Versorgung erhalten. Sie muss deshalb auch angemessen finanziert werden.
Fünftens. Viele Menschen werden von den herkömmlichen Präventionsangeboten nicht erreicht. Deshalb sind dort mehr Maßnahmen erforderlich, wo die Menschen wirklich zusammen leben, wo sie zusammen arbeiten, spielen oder sich erholen. Das heißt: Prävention muss an den Lebenswelten der Menschen ansetzen.
Sechstens. Die Gesundheitschancen von Kindern sind immer noch sehr ungleich verteilt. Soziale Benachteiligung, Umweltbelastungen und schlechte Ernährung haben zur Folge, dass viel zu viele Kinder in unserem Land nicht gesund aufwachsen können.
Wir müssen diese Benachteiligung auflösen, das heißt, Kinderarmut und soziale Benachteiligung reduzieren, das heißt, Hilfsangebote wie die Familienhilfe, die in den letzten Jahren sehr stark gekürzt wurde, ausbauen und finanzieren.
Siebtens. Gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft muss sich die örtliche Gesundheitsfürsorge stärker auf den Bedarf älterer Menschen einstellen. Dazu gehören Angebote an Hausbesuchen sowie die Verankerung geriatrischer Kompetenz in der gesamten Versorgungslandschaft und der Ausbau qualifizierter gerontopsychiatrischer und psychotherapeutischer Betreuung.
Nicht zuletzt wird in der UN-Konvention die gemeindenahe gesundheitliche Versorgung für alle Menschen mit Behinderung gefordert. Hier brauchen wir Konzepte für einen barrierefreien gesundheitlichen Zugang und eine barrierefreie Versorgung.
Schließlich muss für Migrantinnen und Migranten der Zugang zur medizinischen Versorgung verbessert werden. Wir wissen, dass sie nicht entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung die Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen und in den Krankenhäusern präsent sind. Daher müssen die Gesundheits- und Aufklärungsprogramme für Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund verstärkt werden. Sie müssen weiterentwickelt werden. Außerdem muss die interkulturelle Kompetenz der Gesundheitseinrichtungen gestärkt werden.
Meine Damen und Herren, das alles verbinden wir als Grüne mit einer guten Gesundheitspolitik für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Daran richten wir unsere grünen Konzepte für eine gute Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen aus. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist nicht das erste Mal, dass wir in dieser Legislatur über das Ehrenamt sprechen. Ich erinnere daran: Wir haben als grüne Fraktion immer wieder betont, es geht nicht nur darum, Ehrenamt wertzuschätzen, sondern wir müssen es auch finanziell ausstatten. Besonders bedauerlich finden wir es, dass das Ehrenamt im Bereich der Eine-Welt-Arbeit sehr stark gekürzt wurde.
Die 900.000 € dafür sind von der CDU/FDPKoalition weggestrichen worden. Ich erinnere daran, dass wir mal diesen bedeutsamen Antrag der CDU/FDP-Fraktion zur Förderung des Schützenbrauchtums in diesem Landtag beraten haben.
Im letzten September hatten wir hier einen sehr viel substanzielleren Antrag von der SPD-Fraktion zur Förderung des Ehrenamts beraten.
Wir haben alle immer wieder, auch gerade eben, gemeinsam festgestellt – das ist Konsens –, wie wichtig es ist, dass sich in unserem Land ungefähr 6 Millionen Menschen – das kann man nur schätzen, vielleicht sind es noch ein paar mehr – in ihrer Freizeit ehrenamtlich betätigen, sehr viel Zeit aufwenden, zum Teil aber auch materielle Aufwendungen haben, um sich einzubringen, diese Gesellschaft mitzugestalten, um zu zeigen, es kommt nicht immer nur darauf an, Geld für etwas zu bekommen, sondern darauf, sich gemeinsam einzusetzen, um soziale Probleme, um Integrationsprobleme und Probleme in der Bildung gemeinsam zu lösen.
Das können wir uns jetzt alle permanent wieder bestätigen. Das bringt uns aber alle nicht viel weiter. Weiterbringen würden uns Lösungen wie die, dass es Entschädigungen für ehrenamtliche Arbeit gibt. Das war ja der Vorschlag der SPD-Fraktion. Für den von uns als grüne Fraktion in den Bundestag eingebrachten Vorschlag, Steuererleichterungen zu gewähren, indem man Sachleistungen steuerlich absetzen kann, haben wir keine Mehrheit gefunden.
Wir brauchen einen wirklich tragfähigen Konsens und ebensolche Beschlüsse. Deswegen gab es aus der Ehrenamtsbewegung heraus von bürgerschaftlich engagierten Menschen den Versuch, die im Haus vertretenen Fraktionen zusammen an einen Tisch zu bringen, eine Arbeitsgruppe zu bilden und gemeinsam zu Beschlüssen zu kommen. Aber was passiert denn, liebe SPD-Fraktion, mit diesem Antrag, der jetzt auf dem Tisch liegt? Der wird abgelehnt, was sehr bedauerlich ist. CDU und FDP legen einen daneben, der inhaltlich-substanziell nicht viel hergibt. Es hätte aber etwas gebracht, wenn sich die vier Fraktionen in einem längeren Prozess auf gemeinsame, mit Substanz versehene, tragfähige Verabredungen verständigt hätten. Diese Chance haben Sie leider verspielt.
Als Ihr Antrag kam, habe ich das an die drei Instanzen rückgemeldet – zwei davon sind bei mir in Köln –: die Kölner Freiwilligenagentur, das Zentrum für Bürgerschaftliches Engagement, das Institut für Bürgergesellschaft. Ich habe die gefragt: Ist das mit euch abgesprochen? Ist das in eurem Sinne, dass dieser Antrag im Plenum beraten, abgelehnt und ad acta gelegt wird? Die haben sich alle drei ziemlich entsetzt gezeigt. Die haben gesagt, das war nicht verabredet, sondern wir hatten diesen gemeinsamen Prozess miteinander besprochen, auch wenn er vielleicht ein bisschen länger dauert. Es gab zwei oder drei Termine – drei Termine –, an denen meine Kollegin Düker teilgenommen hat. Herr Tenhumberg hat das koordiniert. Man hätte man sich in einem längeren Prozess verständigen können.
Es wäre vielleicht endlich gelungen, die über die gesamte Wahlperiode reichende Dynamik – alles, was von der Opposition kommt, wird niedergestimmt –
zu überwinden. Die Chance ist verspielt. Ich bedaure das sehr. Ich kann nur hoffen, dass wir in der neuen Legislatur zu mehr Gemeinsamkeit zurückfinden und uns in einem Prozess verständigen, das Ehrenamt in diesem Land gemeinsam, fraktionsübergreifend besser auszustatten und besser zu unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde auf diesen letzten Redebeitrag des Kollegen nicht nur deshalb nicht eingehen, da er sich selbst disqualifiziert hat,
sondern ich werde auch deshalb nicht darauf eingehen, weil diese FDP, ihr Vorsitzender und wiederholt auch Sie in Person, Herr Witzel, Hartz-IVEmpfänger – und damit auch die Kinder von HartzIV-Empfängern, arme Kinder in diesem Land – in einer unerträglichen Art und Weise disqualifizieren.
Sie haben sich mit diesen Äußerungen außerhalb jeder sozialpolitischen Debatte gestellt. Mit Ihnen diskutiere ich über diese Fragen nicht mehr.
Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bereits im ersten Halbjahr 2007 mit der Drucksache 14/4473 – damit Sie es nachlesen können – einen Antrag gestellt, in dem sie ein umfassendes Konzept gegen Kinderarmut gefordert hat. Wir haben die Landesregierung aufgefordert, diese bedrückenden Zahlen ernst zu nehmen. Nehmen Sie diese bedrückende Kinderarmut, die in unserem Land wächst, ernst, und machen Sie sich an die Arbeit!
Wir haben sogar – das ist im Antrag nachzulesen – Eckpunkte und Dimensionen formuliert, anhand derer Sie dieses Konzept hätten verfassen können. Sie haben diesen Antrag wie alle unsere Anträge hier im Plenum abgelehnt. Sie haben gesagt: Wir machen das schon, wir sind schon dabei, Herr Laumann regelt das schon mit seinem runden Tisch usw.
Was stellen wir heute fest? Wir stellen erstens fest, dass die Kinderarmut in Ihrer Regierungszeit, in der Regierungszeit von Schwarz-Gelb, weiter angestiegen ist.
Zweitens. Wir haben kein umfassendes Konzept dieser Landesregierung, wie Sie diesem bedrückenden Phänomen entgegentreten wollen.
Was Sie hier vorgelegt haben, ist lediglich ein Bericht. Berichte aber, mit Verlaub, lieber Herr Laumann, ersetzen keine Handlungskonzepte und keine konkreten Schritte.
Sehen wir uns an, was der Bund macht. Der Bund gibt den Rahmen vor, insbesondere was die materielle Ausstattung der Familien angeht. Die schwarzgelbe Koalition im Bund hat mal eben das Kindergeld angehoben. In diese Kindergelderhöhung fließt viel Geld hinein. Wer aber profitiert davon? – Es profitieren vor allen Dingen die sehr Reichen, die Mittelschicht ein bisschen weniger. Und wer bekommt überhaupt nichts? – Die armen Familien,
Herr Laumann, sehen keinen Cent von dieser teuren Kindergelderhöhung.
Dieser verfehlten Politik haben Sie und Herr Rüttgers im Bundesrat zugestimmt. Von NordrheinWestfalen kam kein Wort zu dieser sozialen Ungleichheit.
Anfang der Woche habe ich von Herrn Carstensen einen großen Artikel in der „Welt“ gelesen. Der CDU-Kollege hat gesagt:
Ich glaube, da haben wir was falsch gemacht. Es kann doch nicht sein, dass wir den reichen Familien, die das Geld nicht brauchen, noch eins oben drauf geben mit dem Kindergeld, während die armen Familien, die das Geld dringend nötig hätte, keinen Cent dieses Kindergeldes sehen.
Das ist eine richtige Einsicht, sie kommt nur ein bisschen spät, weil Herr Carstensen, genauso wie Herr Rüttgers, die Möglichkeit gehabt hätte, diese verfehlte Politik im Bundesrat aufzuhalten. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt betrifft das Betreuungsgeld. Auch hier ist Ihre Politik verfehlt. Sie bauen auf ein Konzept, von dem alle wissen, dass es eine Bildungsverhinderungsprämie ist,
weil die armen Familien Geld dafür bekommen, dass sie ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken und dass ihren Kindern Bildung vorenthalten wird. Dieses Konzept tragen Sie als nordrhein-westfälische Landesregierung und trägt Ministerpräsident Rüttgers mit.
Meine Damen und Herren, da wir Geld verschleudert; das sind 2 Milliarden €.
Was wir dringend für die Bildung, für die Qualitätssteigerung in unseren Einrichtungen bräuchten, wird verschleudert. Das wissen Sie ganz genau. Wenn Sie ehrlich sind, Herr Laschet, lehnen Sie das genauso ab.
Sie haben dem zugestimmt. Das steht im Koalitionsvertrag; vielleicht sollten Sie das einmal nachlesen und sich ein bisschen intensiver mit dieser Thematik beschäftigen.
Weil Sie mich gerade unterbrechen, Herr Laschet: Es ist eine Geschichtsklitterung sondergleichen zu sagen, wir hätten Hartz IV beschlossen, während Sie hier sozusagen das Unschuldslamm geben. Sie wissen genau: Es waren die CDU-geführten Bundesländer – allen voran Hessen mit Roland Koch –, die
dafür gesorgt haben, dass das Kindergeld auf die Hartz-IV-Bezüge angerechnet wird. Das waren die CDU-geführten Länder. Wenn Sie das heute nicht mehr wahrnehmen wollen, ist das Geschichtsklitterung.
Jetzt kommen wir zu dem Konzept.
Wie schaffen wir es, Kinder aus dieser Armutsspirale herauszubringen und die Armutsspirale für die Kinder zu durchbrechen? Wir sind uns alle einig: Dies geschieht durch Bildung.
Nun kommt Herr Laschet und sagt, er habe ja ein so tolles Kinderbildungsgesetz vorgelegt. Wir alle wissen, der Etikettenschwindel steckt schon im Namen. Es ist nämlich keine Kinderbildungsgesetz, sondern ein Kinderfinanzierungsgesetz. Wir können das an vielen Punkten festmachen. Ich habe das schon oft wiederholt, mache das aber auch heute wieder gerne.
Der erste Punkt ist ganz leicht nachzulesen. RotGrün hat den Einrichtungen in den armen Stadtteilen über das GTK noch eine volle zusätzliche Stelle finanziert. Sie geben mal eben 15.000 €. Das ist eine Verschlechterung für die armen Kinder. Das ist eine Verschlechterung für die Kitas in sozialen Brennpunkten.
Der zweite Punkt ist der wesentliche Punkt. Wenn wir sagen, wir brauchen mehr Bildung in den Einrichtungen, dann muss man die Standards auch entsprechend ausstatten. Was haben Sie mit Ihrem Kinderbildungsgesetz gemacht? Sie haben die Standards abgesenkt.
Sie haben den Erzieherinnen-Kind-Schlüssel abgesenkt. Die Sozialverbände haben uns in ihrer Stellungnahme zum Kinderbildungsgesetz unisono zusammen mit allen Kindergartenträgern im Land wieder einmal bestätigt, …
… was wir immer sagen: Das Kinderbildungsgesetz ist ein verfehltes Gesetz, welches den Kindern nur Nachteile und keine Vorteile bringt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.
Fazit Ihrer Regierungszeit: Sie haben die Bedingungen für Kinder in Nordrhein-Westfalen nicht verbessert. Die Kinder sind die Zukunft unseres Landes. Die Zukunft dieses Landes haben sie verspielt, meine Damen und Herren.
Zunächst danke, Herr Minister Laschet. Fakt ist, dass die Kommunen es abgelehnt haben, an der Verwaltungsvereinbarung mitzuwirken, und dass die Landesregierung, wie sie das eben deutlich gemacht haben, offenbar einfach ohne diese Verwaltungsvereinbarung weitermachen will. Trifft es in diesem Zusammenhang zu, dass das Schulministerium über Grundschulen an Kindertagesstätten herangetreten ist, um sie von der Teilnahme an der Erprobungsphase zu überzeugen, und zwar ohne das zuvor mit den Kommunen und den Trägern abzusprechen? Wie hält die Landesregierung es in diesem Zusammenhang eigentlich mit dem Prinzip der Trägerhoheit, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz, im SGB VIII, garantiert ist?
Herr Minister Laschet, noch mal, weil Sie die Frage eben nicht beantwortet haben …
Die Frage, ob es zutrifft, dass das Schulministerium über die Grundschulen an Kindertagesstätten herangetreten ist und sie sozusagen über das Vehikel der Grundschulen aufgefordert hat, an dieser Erprobungsphase teilzunehmen!
Herr Laschet, Sie beabsichtigen ja, einen Beirat einzusetzen, der diesen Prozess der Implementierung der Bildungsempfehlungen begleiten soll. Denken Sie denn daran, Vertretungen von Erzieherinnen und Erziehern sowie Eltern in diesem Beirat zu beteiligen, die durchaus fachkundig sind und immer wieder beklagen, dass sie im Prozess des KiBiz eben nicht beteiligt waren? Werden Sie die Eltern und die Erzieherinnen in diesem Beirat beteiligen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar dafür, dass wir heute nach relativ kurzer Zeit noch einmal über Entwicklungszusammenarbeit sprechen, und zwar deswegen, weil uns das auch die Gelegenheit gibt, hier ein Stück weit Bilanz darüber zu ziehen, was in der vergangenen Legislaturperiode vom Land auf diesem Gebiet in Angriff genommen wurde und was versäumt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchte ich kurz auf den Gesamtrahmen eingehen. Wir haben uns hier gemeinsam darauf verständigt – das war gut so; ich freue mich darüber, dass das zumindest in diesem Punkt gelungen ist –, dass alle Fraktionen die Umsetzung der UN-Millenniumsziele in Nordrhein-Westfalen befürworten. Wir haben uns also vorgenommen, das gemeinsam voranzutragen, um die UN-Millenniumsziele zu erreichen.
Nun sehen wir aber – auch das gehört zur Schlussbilanz –, dass wir heute weltweit an einem Punkt stehen, an dem wir weiter von der Umsetzung dieser Ziele entfernt sind als je zuvor. Wir wissen, dass der Klimawandel und die Finanzkrise die armen Länder des Südens in sehr viel dramatischerer Weise treffen als uns, die reichen Länder des Nordens. Deshalb müssen wir feststellen: Die UNMillenniumsziele sind vor allen Dingen in ihrem Hauptpunkt, dass wir den Hunger in der Welt verringern, nicht erreicht. Im Gegenteil: Wir haben uns von diesem Ziel noch weiter entfernt. Die Zahl der Menschen in der Welt, die unter Hunger leiden, hat jetzt schon die Milliardengrenze überschritten.
Meine Damen und Herren, deswegen ist es wichtig, dass wir – das gilt für das Land genauso wie für alle anderen Ebenen in unserem Staat – Verantwortung für die eine Welt übernehmen. Für uns als Grüne gilt immer noch: Global denken, lokal handeln. – Das ist auch der Landesregierung aufgegeben.
Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir eine Diskussion darüber geführt, wie die Aufgaben des Landes nun im Einzelnen aussehen. Der zuständige Minister hatte sich damals noch ein bisschen anders positioniert und – auch aus seiner Rolle als Vorstandsmitglied einer großen Hilfsorganisation heraus – das Konzept verfolgt, dass wir uns in der Geberrolle befinden. Mit der Zeit wurde das dann etwas revidiert und abgeschliffen.
Ich glaube, wir alle sind uns einig darüber, dass eine der Hauptaufgaben, die die Landesebene gemeinsam mit den Kommunen zu leisten hat, die entwicklungspolitische Bildungsarbeit ist. So jedenfalls steht es in dem Papier, das die Ministerpräsidenten gemeinsam beschlossen haben. Dieses Papier stammt aus der Feder der hiesigen Landesregierung bzw. des hiesigen Ministeriums. Ich bin froh, dass es zu dieser Verständigung gekommen ist.
Wo, meine Damen und Herren, gibt es nach wie vor Dissense? Diese Legislaturperiode begann damit, dass CDU und FDP dramatische Einschnitte im wesentlichen Feld der entwicklungspolitischen Kompetenz der Länder vorgenommen haben. Diese Kürzungen sind leider – das stellen wir als einen der Hauptpunkte gemeinsam mit allen entwicklungspolitisch Aktiven in diesem Land fest – mit keinem Cent zurückgenommen worden, meine Damen und Herren.
900 Millionen € waren noch als Zuschuss für die Kommunen für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit eingestellt.
Entschuldigung, 900.000 € waren es. Danke, Herr Minister, dass Sie aufpassen.
400.000 € sind bei den Programmen der Promotorinnen gekürzt worden. Das sind diejenigen, die die entwicklungspolitische Arbeit in diesem Land koordinieren.
Der Eine-Welt-Beauftragte hatte eine vorbildliche und wichtige Funktion. Wir haben gerade auf der Reise, die die Kirchen für uns organisiert haben, in Mpumalanga gehört und erlebt, dass ganz viel der Partnerschaft, die in Mpumalanga entstanden ist, auf Aktivitäten des Eine-Welt-Beauftragten der rotgrünen Landesregierung zurückzuführen ist. Dieser Eine-Welt-Beauftragte wurde bedauerlicherweise von der schwarz-gelben Regierung gestrichen.
Sie haben die Stiftung Umwelt und Entwicklung ganz empfindlich gestutzt, sodass keine neuen Aufgaben von dieser Stiftung übernommen werden konnten.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass Folgendes im parlamentarischen Raum nicht gelungen ist: Wir hätten einen Antrag meiner Fraktion gegen ausbeuterische Kinderarbeit gemeinsam verabschieden können. Diese Chance haben Sie vertan. Sie haben etwas abgelehnt, was in allen anderen Bundesländern fraktionsübergreifend verabredet wurde. Ich finde das sehr bedauerlich und wünsche mir, dass wir in der nächsten Legislaturperiode dazu kommen, einen solchen Antrag in diesem Parlament zu verabschieden.
Ich bin da guter Dinge, weil wir dann andere Mehrheiten haben.
Meine Damen und Herren, zum Thema Partnerschaften: Die Landesregierung hat sich entschlossen, mit Ghana eine neue Partnerschaft einzugehen. Wir sind nach wie vor sehr aufmerksam, ob diese neue Partnerschaft bedeutet, dass die über viele Jahre gewachsene Partnerschaft zu der südafrikanischen Provinz Mpumalanga leidet.
Noch einmal: Wir sind dort gewesen. Herr Lux, Sie können für die CDU-Fraktion – die FDP war leider nicht dabei – sagen: Die Projekte, die wir dort gesehen haben, waren vorbildlich. Dort ist eine sehr reiche Zusammenarbeit auf zivilgesellschaftlichem Feld entstanden; das haben wir gemeinsam gesehen und waren sehr beeindruckt von der Arbeit, die in Kooperation mit der Landesregierung, mit den NGOs und mit den Kirchen dort gelungen ist.
Wir wünschen uns und erwarten von Ihnen, Herr Minister Laschet, eine eindeutige Zusage, dass diese fruchtbare Kooperation auch nach dem großen Event, der WM, weiter fortgesetzt wird. Denn wir meinen, dass man das, was dort aufgebaut wurde, nicht einfach versanden lassen kann, sondern dass das weiter zu fördern ist.
Zu Ghana: Man kann zwar neue Partnerschaften eingehen, aber klar muss sein, dass sich Länderpartnerschaft nicht damit begnügen können, dass man auf diplomatischem Weg irgendwelche Noten austauscht, dass man Staatsbesuche macht oder dass man irgendwelche Delegationen hin- und herschickt.
Sie können sich auch nicht damit begnügen, dass man Konferenzen abhält. Vielmehr brauchen Partnerschaften zivilgesellschaftliches Engagement und eine Basis in der Zivilgesellschaft. Wir sehen leider, dass für Ghana diese Politik und dieses zivilgesellschaftliche Engagement leider noch fehlen. Das Ghana-Forum dümpelt leider noch etwas vor sich hin und hat noch keinen Drive aufgenommen. Langsam wird es Zeit – man muss immer etwas Vorlauf geben –, dass es wirklich Ergebnisse gibt und dass dieses Ghana-Forum in die Pötte kommt, um auf der zivilgesellschaftlichen Ebene Initiativen auf den Weg zu bringen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. – Ich wünsche mir, dass die entwicklungspolitischen Leitlinien, die von der Landesregierung vorgelegt wurden, tatsächlich in ein Handlungsprogramm münden und dass das mit tatsächlichen Handlungsempfehlungen und Zielvorgaben, die sich die Landesregierung selbst stellt, unterfüttert wird. Ich wünsche mir, dass viele der guten Absichten, die Sie, Herr Minister Laschet, sicherlich richtigerweise formulieren,
in die Tat umgesetzt werden. Mir scheint, dass Sie sich dazu den falschen Koalitionspartner ausgesucht haben, weil die FDP in dieser Frage immer bremst.
Was Herr Niebel jetzt auf Bundesebene macht, ist nicht wirklich dazu angetan, diesen Bereich vorwärts zu bringen.
Er hat sich von dem verabschiedet, was im Koalitionsvertrag vorgesehen war, nämlich die 0,7 % Anteil an der Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen.
Das hat er jetzt schon infrage gestellt. Das lässt auf nichts Gutes hoffen. Gleichwohl sollten wir unsere Anstrengungen auf Bundesebene bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und bei der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit weiter fortsetzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jugend – der Abschnitt zwischen Kindheit und Erwachsensein – ist sicherlich eine der spannendsten, aber auch eine der schwierigsten Phasen im Leben eines Menschen. Denn jeder Einzelne ist in dieser Phase gefragt, seine Identität zu finden; und in dieser Phase werden die wesentlichen Weichenstellungen für den zukünftigen Platz in unserer Gesellschaft vorgenommen. Vom Gelingen dieser schwierigen Phase hängt nicht nur die Lebensqualität eines jeden Individuums ab, sondern auch die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Wir haben also allen Grund, uns als Politik sehr intensiv mit dieser Lebensphase und mit den Rahmenbedingungen für die Jugendlichen in unserem Land zu beschäftigen.
Vor einigen Tagen hat die Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz in der März-Ausgabe ihrer Zeitschrift „THEMA JUGEND“ eingefordert, die Jugendpolitik in NordrheinWestfalen wiederzubeleben. Dieser Artikel ist quasi ein Plädoyer dafür, die Jugendpolitik in NordrheinWestfalen endlich wieder als einen eigenständigen Politikbereich wahrzunehmen. An dem Beispiel unseres Bundeslandes wird kritisiert, dass der Name „Jugendministerium“ verschwunden ist und sich jetzt hinter der Bezeichnung „Generationen“ versteckt. Noch stärker wird kritisiert, dass die politische Fokussierung auf die Kindheitsphase zu einer Verdrängung der Jugendpolitik geführt hat.
Es gibt, denke ich, niemanden hier im Haus, der diesen Eindruck nicht bestätigen würde. Wir alle kennen die einmütige Kritik der Jugendverbände, dass Jugendpolitik hier im Parlament und auch bei der Landesregierung nicht genügend Berücksichtigung findet.
Deshalb war es für uns als grüne Fraktion sehr wichtig und ein besonderes Anliegen, mit unserer Großen Anfrage „Jugendliche in NordrheinWestfalen: Perspektiven durch Teilhabe, Geschlechter- und Generationengerechtigkeit“ die Jugendpolitik hier im Parlament wieder stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Das ist kein Selbstzweck. Vielmehr müssen wir feststellen, dass sich die Lebenswelt von Jugendlichen in keinem anderen Zeitalter so rasant und fortwährend verändert wie heute.
Allen voran spielen die Medien hierbei eine dominante Rolle. Die Lebenswelt von Jugendlichen wird heute zu einem sehr großen Teil von den Medien geprägt. Wir Erwachsene haben oft gar keine Vorstellung, wie tief Jugendliche in virtuellen Realitäten leben und wie exzessiv – so kann man es schon
sagen – sie die Medien nutzen. Jugendforscher sagen uns, dass sich die Realität von Jugendlichen zu keiner Zeit so stark von der der Erwachsenen unterscheidet wie heute.
Nicht zuletzt gibt es einen weiteren Tatbestand, dem wir uns stellen müssen. Denn in NordrheinWestfalen leben 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, mit Zuwanderungsgeschichte. Noch nie hat es bei Jugendlichen einen solch hohen Migrantenanteil – 26 % – gegeben.
Das sind insgesamt neue Situationen und neue Phänomene, die neue Fragen aufwerfen, die von uns als Politik neue Antworten verlangen. Uns sind gleich 304 Fragen eingefallen. Die entsprechenden Antworten umfassen rund 250 Seiten.
Ich muss sagen: Wir hätten etwas mehr Zeit für eine vertiefte Auswertung gebraucht, um heute eine umfassende Debatte führen zu können. Weil dem nicht so war, muss ich mich auf einige wenige Themenbereiche beschränken.
Zentrales Element in der Jugendpolitik des Landes ist die Kinder- und Jugendförderung durch den Kinder- und Jugendförderplan. Dieses Kapitel ist kein gutes Kapitel dieser Legislatur. Der Landtag hat sich – wir erinnern uns – 2004 gemeinsam auf ein Fördervolumen für diesen Kinder- und Jugendplan von 96 Millionen € verständigt. Eine der ersten Handlungen des neuen Jugendministers Laschet war 2006, dass für den Kinder- und Jugendförderplan lediglich 75 Millionen € zur Verfügung standen. Später wurde nach massiven Protesten auf 80 Millionen € nachgebessert.
Aber was bleibt ist dieser Wahlbetrug. Es war ein schriftliches Versprechen der CDU, von Herrn Rüttgers, gegenüber den Jugendverbänden. Dieser Wahlbetrug hat lange Schatten geworfen. Wer sich heute die Wahlprüfsteine der Jugendverbände ansieht, die wir auf den Tisch bekommen, der weiß, dass dieser Punkt im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen wird.
Ansonsten besagen die Antworten zum Bereich Kinder- und Jugendförderung, dass die Landesregierung alles richtig gemacht hat. Das war nicht anders zu erwarten. Aber es gibt natürlich eine andere Wahrheit jenseits dieser Schönrederei.
Es gibt die Realität, dass Bewilligungen lange auf sich warten lassen. Es gibt Beispiele ohne Ende, es gibt Klagen ohne Ende, dass die Jugendverbände das Geld, das sie beantragen, erst in der zweiten Jahreshälfte ausgezahlt bekommen. Wir wissen, dass das so nicht bleiben darf. Da muss sich in der kommenden Wahlperiode dringend etwas ändern.
Ein anderer Punkt ist die inhaltliche und strukturelle Schwerpunktsetzung des Kinder- und Jugendförderplans. Wir wissen, es ist gut und vielleicht auch schön, dass jetzt Reisen in die Türkei oder nach Ghana bezahlt werden. Wir wissen aber auch, dass
das Geld für diese Reisen nicht abgerufen wird, und wir wissen auch, dass es an anderen Stellen, nämlich bei den sozial benachteiligten Jugendlichen, sehr viel stärker gebraucht wird.
Sie schreiben uns, dass die Armutsquote von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte bei 40 % liegt. Dann erstaunt es uns als grüne Fraktion, dass Sie daraus nicht die entsprechenden Schlüsse ziehen, sondern die entsprechende Position im Kinder- und Jugendförderplan sogar kürzen. Bei Rot-Grün haben dafür noch 5,6 Millionen € im Haushalt gestanden. Jetzt umfasst dieser Haushalt keine 2 Millionen €.
Meine Damen und Herren, das sind falsche Schwerpunktsetzungen, das ist falsche Politik. Wir können die Kinder und Jugendlichen in NordrheinWestfalen, die von Armut bedroht werden, nicht in der Form alleinlassen.
Meine Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen, dass wir in dieser Wahlperiode eine große Debatte hatten, in der es um Kinder- und Jugendgewalt ging, in der die Union sehr lautstark die Möglichkeit der schnellen Abschiebung ausländischer jugendlicher Gewalttäter und in der Herr Laschet Jugendcamps gefordert hat. Wir sind froh, dass die Landesregierung von all diesen Forderungen nun abgerückt ist. Jedenfalls hat Minister Laschet zu unserer Frage nach einer Verschärfung der Ausweisungsvorschriften geschrieben, dass sich diese Frage derzeit nicht stellt. Vielleicht können Sie das in Ihrer Partei noch weiter kommunizieren; denn da hören wir gerade im Wahlkampf wieder ganz andere Töne.
Meine Damen und Herren, wir wissen: Die große Aufgabe, die wir in der Kinder- und Jugendförderung haben, ist die Prävention. Das ist ein Schwerpunkt, den wir Grünen setzen. Dafür wollen wir uns in der nächsten Wahlperiode weiter einsetzen.
Ich möchte mich zum Schluss noch herzlich bei allen bedanken, die an der Beantwortung dieser sehr umfangreichen Großen Anfrage mitgewirkt haben. Ich versichere allen, die daran mitgewirkt haben, dass wir das, was Sie uns damit an Fundus geliefert haben, wieder aufgreifen werden und dass das in die politische Arbeit in der nächsten Legislaturperiode einfließen wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In keiner Lebensphase sind Bildungs- und Entwicklungsprozesse so eng miteinander verknüpft wie in der frühen Kindheit. Die Grundlage jeglicher Lernprozesse von Kindern – das weiß jeder oder jede, der oder die mit Kindern zu tun hat – sind verlässliche Bindungen und die emotionale Sicherheit, die Erwachsene ihnen geben. Nur ein emotional stabiles Kind, das in kontinuierlichen, verlässlichen Beziehungen Sicherheit erfährt, öffnet sich der Welt und kann vielfältige Erfahrungen machen und lernen.
Das bedeutet: Wenn wir über frühkindliche Bildungsprozesse sprechen, müssen wir zunächst die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten zentral in den Blick nehmen. Das blenden Sie, wie so vieles andere in Ihrem fachlich insuffizienten Antrag – anders kann man das nicht nennen –, einfach aus.
Es ist verständlich, dass Sie die Rahmenbedingungen in den Kitas ausblenden: weil genau diese Rahmenbedingungen von Ihnen verschlechtert wurden und weil sie eben im Hinblick auf die wesentliche Dimension verschlechtert wurden, die Kinder brauchen; denn Kinder brauchen Erwachsene.
Sie dagegen haben den Betreuungsschlüssel durch das KiBiz gesenkt. Sie haben dafür gesorgt, dass die Kinder weniger Zeit bekommen, dass sie weniger Zuwendung bekommen und dass sie weniger verlässliche Beziehungen bekommen. Das bedeutet, Sie haben die Vorraussetzungen und das Fun
dament für Bildungsprozesse in der Kindertagesstätte verschlechtert. Das ist die Realität.
Meine Damen und Herren, was fehlt in diesem Antrag, der nun zum wiederholten Male gestellt worden ist? Ich habe festgestellt: Sie haben mit im neuen Jahr mit dem ersten Antrag der Regierungskoalition von CDU und FDP in Ihrem schlechten Arbeiten genau da weitergemacht, wo Sie im letzten Jahr aufgehört haben.
Erstens. Im Wesentlichen mangelt es daran, die Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen.
Zweitens fehlt die wichtige Schnittstelle zwischen Kita und Schule. Das ist von Ihnen völlig insuffizient gelöst. Sie haben das nicht ausreichend thematisiert. Ihnen ist das Spannungsverhältnis zwischen Lernprozessen, die im Elementarbereich stattfinden und die vor allem Selbstbildungsprozesse und nonformales Lernen sind, und dem eher formalisierten Wissenserwerb in der Schule offenbar nicht klar. Dazu gibt es von Ihnen kein Wort. Das ist Ihnen fachlich offenbar überhaupt nicht klar.
Der Übergang Kita/Schule ist fachlich also nicht adäquat thematisiert. Dazu steht in Ihrem Antrag ein komischer Satz, den ich Ihnen vorlesen muss: „… die Förderung der Kinder in beiden Institutionen auf eine gleichbedeutende fachliche Grundlage gestellt wird.“ Das ist wirr, das ist kryptisch, das sagt überhaupt nichts aus.
Drittens fehlt das Thema Tagespflege. Das finde ich besonders interessant. Sonst ist Ihnen allen, vor allem der CDU-Fraktion, die Tagespflege doch immer so wichtig. Aber wenn Sie die Tagespflege wirklich so ernst nehmen, wie Sie es immer vorgeben, dann muss eine Bildungsvereinbarung – oder eine Empfehlung, wie Sie es jetzt nennen – genau diese Tagespflege in den Blick nehmen. Auch dazu steht in Ihrem Antrag kein Wort.
Das Vierte, was fehlt – mal wieder, müssen wir feststellen –: Sie fordern zwar die Einbeziehung aller Beteiligten – der Eltern, der Schule usw. –, nicht wichtig ist Ihnen aber mal wieder die Einbeziehung derjenigen, die diese wichtige Arbeit machen. Das sind die Erzieherinnen und Erzieher. Die lassen Sie mal wieder außen vor, die finden bei Ihnen keine Berücksichtigung.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Dieser Antrag fällt unter die Rubrik „Anträge, die die Welt nicht braucht“. Herr Ratajczak – das muss ich noch einmal sagen –, selbst Ihr Zitat am Anfang war falsch. Das war das Zitat, in dem es um das Rudern gegen den Strom ging. Das gilt für Bildungsprozesse im Erwachsenenalter. Kleine Kinder bilden sich ganz anders. Machen Sie sich erst einmal fachlich klug. Dann können Sie hier Anträge stellen, und dann kommen wir auch miteinander
weiter. Auf diesem Niveau sehe ich schwarz für das ganze Jahr.
Erst einmal vielen Dank für die Beantwortung dieser Frage. Herr Minister Laschet, da schließt sich natürlich an: Sie gehen also davon aus – das ist Ihren Äußerungen zu entnehmen –, dass die kommunalen Spitzenverbände bundesweit mit Fehleinschätzungen arbeiten. Das muss man ja Ihren Äußerungen entnehmen. Diese Fehleinschätzungen der kommunalen Spitzenverbände – wie Sie es darstellen – decken sich allerdings mit Erfahrungen aus der Praxis in den neuen Bundesländern. Würden Sie uns sagen, warum die Bedarfsquote in den neuen Bundesländern, die im Durchschnitt bei 56 % liegt, genau so unrealistisch sein soll wie die Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände?
Zunächst einmal möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, Herr Minister, dass nicht nur der Städte- und Gemeindebund, sondern dass im Oktober alle kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene darauf hingewiesen haben, dass der Rechtsanspruch von 35 % nicht zu gewährleisten und der Bedarf sehr viel höher ist. Sie haben sozusagen einen Hilferuf gestartet.
Sie haben eben auch anheimgestellt, dass, wenn der Bedarf höher sein sollte, das finanziert werden müsste. In der letzten Ausschusssitzung haben sie uns die Investitionskosten zur Schaffung neuer Plätze dargelegt und gesagt, dass ein Antragsvolumen von 457 Millionen € vorliegt. Wir wissen auch, dass aus dem Krippenkompromiss lediglich 480 Millionen € für neue Plätze zur Verfügung stehen. Wie werden Sie sicherstellen, Herr Minister Laschet, wenn wir in diesem Jahr, 2010, diese Mittel schon fast verausgabt haben, dass die neuen Plätze bis zum Jahr 2013 allein im investiven Bereich finanziert werden können?
Es geht nicht um Wolkenkuckucksheime, es geht um einen Rechtsanspruch, der bis 2013 zu realisieren ist. Wir wissen jetzt – und das müsste im Interesse der Landesregierung liegen –, dass die Bundesmittel nicht ausreichen werden, um den erforderlichen Platzausbau zu gewährleisten.
Das sind unsere Erfahrungswerte. Man muss ja nur eins und eins zusammenzählen, um zu sehen, dass da eine ganz große Lücke entstehen wird. Selbst wenn das Geld erst 2011 verbaut wird, stehen Sie jetzt immer noch bei einer Versorgungsquote von 11,6 %.
Die Frage, die ich Ihnen als Landesregierung stelle, ist: Werden Sie weitere Mittel vom Bund fordern, um diese jetzt abzusehende Lücke schließen zu können, damit die Kommunen den Rechtsanspruch auch verwirklichen können?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Frau Doppmeier, es ist schon erstaunlich, dass Sie es nach über viereinhalb Jahren in Regierungsverantwortung immer noch nötig haben, Ihre Versäumnisse in dieser Zeit auf die Vorgängerregierung zu schieben.
Übernehmen Sie endlich einmal Verantwortung! Sie müssen doch langsam begriffen haben, dass Sie seit viereinhalb Jahren hier in Nordrhein-Westfalen das Sagen haben. In diesen viereinhalb Jahren haben Sie in genau dieser Frage versagt.
Vor dem Hintergrund des sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sprechen wir in den letzten Tagen viel darüber, dass der Bund die Länder und die Kommunen im Bereich der Bildung finanziell stärker unterstützen sollte. Wir als grüne Landtagsfraktion waren wie so oft wieder einmal unserer Zeit voraus. Denn diese Forderung haben wir schon vor drei Wochen in dem Antrag formuliert, den wir heute beraten. Wörtlich heißt es – ich zitiere aus unserem Antrag –:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Ankündigung der neuen Bundesregierung, mehr für die Bildung tun zu wollen, aufzugreifen und einen höheren Finanzierungsanteil des Bundes für Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern im Elementarbereich einzufordern.
Denn auffällig ist, meine Damen und Herren: In den Forderungen, die vor allen Dingen von der Landesregierung NRW kommen, geht es meistens um mehr Geld für die Hochschulen. Wir kennen und unterstützen die berechtigten Anliegen der Studierenden. Aber, meine Damen und Herren, Bildung findet natürlich nicht nur in diesem Bereich statt, sondern Bildung beginnt – theoretisch ist Ihnen das allen klar – im Elementarbereich. Dort wird das Fundament einer jeden Bildungsbiografie gelegt.
Ich kann heute ganz aktuell den Bildungsforscher Professor Michael Hartmann von der Universität Darmstadt zitieren, der uns etwas sehr Interessantes ins Stammbuch schreibt, nämlich: Beim Blick auf das gesamte Bildungssystem zeigt sich: Je weiter fortgeschritten die Bildungskarriere ist, desto mehr wird in sie investiert. Aber an Stellen, wo über Bildungsbiografien tatsächlich entschieden wird, nämlich in Kindergärten und Schulen, kann man keine durchgreifenden Bemühungen der Regierung erkennen.
Weiter schreibt er – gut aufpassen, Herr Laschet; das sollte Sie und genauso Herrn Schäfer interessieren –: In den westlichen Bundesländern kann nicht einmal jedes achte Kind unter drei Jahren in einer Bildungseinrichtung betreut werden. – Und jetzt kommt es: In Nordrhein-Westfalen nicht einmal jedes zehnte! – Meine Damen und Herren, das ist die Realität: Nordrhein-Westfalen ist bundesweites
Schlusslicht beim Ausbau und der Bereitstellung von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren.
Das können Sie nicht wegdiskutieren. Das können Sie nicht leugnen. Das hat uns das Statistische Bundesamt im November bescheinigt.
Frau Doppmeier, Herr Laschet, dafür tragen CDU und FDP und diese Landesregierung mit ihrem Familienminister Armin Laschet die alleinige Verantwortung. Heute, nach viereinhalb Jahren CDU im Land, liegt Nordrhein-Westfalen abgeschlagen hinter allen westlichen Flächenstaaten. RheinlandPfalz: Versorgungsquote 17,6 %! Hessen: 16,3 %! Bayern: 15,7 %! Nordrhein-Westfalen hat es sogar geschafft, seit der Gültigkeit des Kinderbildungsgesetzes vom vorletzten Platz, auf dem wir schon im letzten Jahr waren, dieses Jahr auf den letzten Platz zurückzurutschen, meine Damen und Herren. Das ist die traurige Bilanz dieser Landesregierung. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Es ist wichtig, noch etwas immer wieder zu sagen, um einer Mär vorzubeugen: Natürlich waren wir 2005 in Nordrhein-Westfalen nicht gut. Aber die anderen Flächenländer sind von demselben Niveau gestartet: Hessen, Bayern und Niedersachsen sind von genau demselben Niveau gestartet und haben uns jetzt weit überholt, während wir in Ihrer Regierungszeit sogar noch weiter abgerutscht sind. Das können Sie nicht wegdiskutieren.
Dafür müssen wir vielleicht auch einmal den Rechenschieber nehmen. Frau Doppmeier, es würde Ihnen ganz gut tun, das mit einem Rechenschieber nachzurechnen, weil Sie es ansonsten nicht glauben.
Dass Nordrhein-Westfalen bundesweit den langsamsten Ausbau hat, ist das traurige Verdienst eines Ministers, der stets ein schöner Meister der geschwungenen Rede ist. „Minister Schönsprech“ wird er oft genannt, aber nicht weil er so schön spricht,
sondern weil er die Verhältnisse besser und positiver beschreibt, als sie tatsächlich sind, immer die Flucht nach vorne antritt und ein blamables Arbeitsergebnis, eine blamable Bilanz mit Zahlendrehereien und Schönredereien zu rechtfertigen und zu kaschieren versucht.
Beginnen wir unser Resümee im Jahre 2005: Die rot-grüne Bundesregierung hat damals bundesgesetzlich geregelt und mit dem TAG festgelegt, dass wir bis zum Jahre 2010 einen Versorgungsausbau von 20 % brauchen. Die rot-grüne Landesregierung hat daraufhin mit Trägern und Kommunen ein
Ausbauprogramm über 25.000 Plätze vereinbart. Das gerät hier immer leicht in Vergessenheit. Wissen Sie, warum? – Weil dieser Familienminister Laschet dieses Programm in Höhe von 25.000 Plätzen bei Regierungsübernahme sofort einkassiert hat. Das ist sein erster eklatanter Fehler, den er gemacht hat.
Sein zweiter eklatanter Fehler ist das sogenannte Kinderbildungsgesetz, das berühmte KiBiz. In dieses KiBiz hat er hineingeschrieben, dass die U3Plätze/Krippenplätze gedeckelt seien. Dieser Deckel – man muss es noch einmal sagen – existiert weiterhin. Zwar wird er jedes Jahr angehoben; aber weil er weiter existiert, kann keine Kommune sicher sein kann, dass er im nächsten Jahr wieder angehoben wird. Das obliegt nämlich der Haushaltslage. Das ist „Bildung nach Kassenlage“.
Damit hat keine Kommune die Sicherheit, dass die U3-Plätze, die sie zu Hause teuer finanzieren muss, vom Land mitfinanziert werden. Das ist die Realität.
Dritter Fehler! Herr Minister Laschet, Sie haben es immer noch nicht verstanden: Plätze werden durch Geld geschaffen! Der Bund hat im Jahre 2007 beim Krippengipfel gesagt: Wir geben den Kommunen insgesamt 4 Milliarden €. Sie haben in zweierlei Hinsicht reagiert: Sie haben sie – erstens- einkassiert und die Kommunen damit um diese Betriebskosten betrogen. Auch das schreiben Ihnen die kommunalen Spitzenverbände bei jeder Haushaltsberatung immer wieder ins Stammbuch.
Außerdem sind Sie viel zu spät mit den Durchführungsverordnungen für die investiven Mittel herübergekommen. Sie sind drei Monate später gestartet. Die Kommunen und die Träger konnten auch erst drei Monate später starten als andere Bundesländer wie zum Beispiel Bayern. Das hängt uns jetzt immer noch nach.
Der vierte Fehler ist die Bürokratie im KiBiz. Auch darüber haben wir beim letzten Plenum gesprochen. Auch das hemmt bei den Trägern und den Kommunen den weiteren Ausbau.
Herr Laschet, ich kann Ihnen nur sagen: Nehmen Sie endlich die Realität wahr. Das große Problem ist: Wenn man die Realität permanent leugnet, kann man auch keine adäquaten Lösungen entwickeln.
Sie leugnen und laufen immer noch mit der Lüge durch das Leben, wie Sie es 2008 gemacht haben, KiBiz sei ein voller Erfolg, NRW komme bei frühkindlicher Bildung und Betreuung an die Spitze der westlichen Bundesländer. Tatsächlich sind wir die Letzten. Solange Sie die Realität leugnen, können
Sie keine Lösungen für die Eltern, Kommunen und Kinder in diesem Land entwickeln.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Herrn Körfges nur zustimmen. Ganz so schön hat Minister Laschet heute nicht gesprochen, er war ziemlich kleinlaut. Das muss er auch sein; denn er hat heute
das erste Mal klar zugegeben: Ja, es stimmt – trotz seiner Zahlendrehereien und Zahlentricksereien –, Nordrhein-Westfalen steht im bundesweiten Vergleich an letzter Stelle, was den U3-Ausbau angeht.
Ich habe Ihnen das schöne Schaubild noch einmal mitgebracht. Ich muss etwas dagegenhalten, sonst sehen Sie es nicht.
Dieser ganz kleine Balken da unten, das ist Nordrhein-Westfalen. Wissen Sie, was der Fehler ist, wenn Sie immer mit 2005, mit der Vorgängerregierung argumentieren? In Ihrer Regierungszeit sind wir schon mal ein kleines Stückchen weiter gewesen. Wir waren 2008 an vorletzter Stelle. Sie haben es mit Ihrer Politik geschafft, dass wir jetzt an letzter Stelle sind. Das können Sie nicht wegdiskutieren; das sind die Fakten.
Sie haben noch ein Weiteres geschafft: Den gesamten Schwung in der Krippendiskussion, den Sie immer leugnen, lieber Kollege, den Schwung, der durch den Krippengipfel entstanden ist, haben andere Bundesländer mitgenommen, aber NordrheinWestfalen nicht.
Im Gegenteil, Sie haben es geschafft, dass Sie jetzt noch einmal eine Stufe zurückgefallen sind und an letzter Stelle sind. Das können Sie nicht wegdiskutieren. Da können Sie sich bemühen, wie Sie wollen, und schön reden: Wir haben so viel Geld ausgegeben wie nie. Auch das muss man ja differenziert betrachten. Tatsache ist, Sie haben Ihr Ziel nicht erreicht. Sie haben in dieser wesentlichen Frage für Familien und für die Bildung von Kindern versagt. Das ist die Bilanz Ihrer Arbeit.
Herr Witzel, wir erinnern uns alle daran – das ist auch in Antragsform schriftlich niedergelegt –, dass Sie in einem Begleitantrag zum KiBiz vereinbart haben, bis zum Jahre 2010 einen Rechtsanspruch für alle Zweijährigen in Nordrhein-Westfalen zu verwirklichen. Wieso kommt dieser Rechtsanspruch eigentlich nicht? Reichen die Platzzahlen nicht aus? Oder warum realisieren Sie dieses Vorhaben nicht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können natürlich die Debatte zu diesem Haushalt nicht losgelöst vom bundespolitischen Kontext diskutieren. Auf Bundesebene findet unter dem irreführenden Namen „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ eine Beglückungsmaßnahme für die Reichen, für die Wohlhabenden hier im Land statt, und die Haushalte der Bundesländer und der Kommunen werden geknebelt und ruiniert.
Meine Damen und Herren, das ist reine Klientelpolitik, und der Ministerpräsident dieses Landes, Herr Rüttgers, unterstützt das Ganze noch, weil er das Wohl seiner eigenen Partei, der CDU, und der schwarz-gelben Koalition über das Wohl des Landes Nordrhein-Westfalen stellt. Er ist damit sogar in der Riege der CDU-Ministerpräsidenten weitgehend isoliert. Wir hören aus anderen CDU-regierten Bundesländern eine sehr deutliche Kritik.
Aber von unserem Ministerpräsidenten auch kein Wort der Kritik Richtung Berlin an der rückwärtsgewandten Familienpolitik der Bundesregierung. Mehr Geld für reiche Kinder, mehr Geld für reiche Familien – das ist das, was diese Chaosregierung, dieses Chaoskabinett in Berlin macht. Denn den größten Nutzen von der Erhöhung des Kinderfreibetrages und von der Erhöhung des Kindergeldes haben die Reichen in diesem Land, das haben die hohen Einkommensbezieher. Das hat der Bund der Steuerzahler festgestellt, und er hat es auch im Einzelnen pro Cent vorgerechnet.
Ich frage Sie: Wie passt das denn zusammen? Je reicher eine Familie ist, desto mehr Geld hat sie vom Staat pro Kind auf ihrem Konto. Im Bundeshaushalt stehen 8 Milliarden € für reiche Familien. 8 Milliarden € kostet die Erhöhung des Kinderfreibetrages, aber es ist kein Cent dafür da, die bedrückende Kinderarmut zu lindern.
Da, wo das Geld am dringendsten fehlt, wo die Suppenküchen inzwischen dafür sorgen müssen, dass Kinder überhaupt noch satt werden, für diese Menschen hat Schwarz-Gelb rein gar nichts übrig. Und das alles erfährt auch noch den Zuspruch und den Beifall der hiesigen Landesregierung. Herr Laschet hat es gerade eben wieder bestätigt.
Meine Damen und Herren, das fördert die soziale Spaltung, das ist Versagen auf der ganzen Linie. Das bedeutet, dass Schwarz-Gelb für eines der größten Probleme, das es in unserer reichen Gesellschaft gibt – das ist die bedrückende Kinderarmut –, keine Lösung hat. Im Gegenteil: Mit Ihren Maßnahmen wird Kinderarmut verschärft.