Ulrich Wilken

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Last Statements

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die sowohl vom Ministerpräsidenten als auch von Herrn Schäfer-Gümbel gerade angesprochene Emotionalität in dieser Debatte in keinster Weise wegreden, sondern ich habe hohen Respekt davor.
Ich will aber daran erinnern, dass wir alle Politikerinnen und Politiker sind, die in der Öffentlichkeit – ich erinnere an andere Debatten am heutigen Vormittag – eine große Verantwortung dafür tragen, dass das demokratische Gemeinwesen funktioniert. Wir alle stellen uns zu Recht immer wieder hinter die Pressefreiheit, wenn sie in anderen Ländern verletzt wird. Pressefreiheit heißt aber auch, dass die Öffentlichkeit darüber informiert werden muss, für welche Inhalte wir stehen.
Wir alle haben uns vor Verwunderung die Augen gerieben, als wir in den letzten Tagen das fingierte Interview mit dem Ministerpräsidenten in der „Frankfurter Rundschau“ gelesen haben. Das war der Versuch der Zeitung, die Öffentlichkeit zumindest darüber zu informieren, dass eine direkte Information aus dem Munde, aus der Feder des Ministerpräsidenten in der „Frankfurter Rundschau“ nicht möglich ist. Das ist aus meiner Sicht eine klare Verletzung der Pressefreiheit, der Arbeit der freien Presse und des Journalismus in unserem Land.
Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich schon die Frage gefallen lassen: Wollen Sie es – sowohl als Ministerpräsident als auch als CDU-Vorsitzender in Hessen – wirklich durchhalten, dass Sie den Teil der Bevölkerung, den die „FR“ mit Informationen bedient, nicht mehr als einen Teil Hessens betrachten, mit dem Sie kommunizieren? Dieser Frage müssen Sie sich stellen.
Ich werbe dafür, dass Sie diese Ausgrenzung beenden. Wir könnten und müssten an dieser Stelle eigentlich über andere Bedrohungen der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit in diesem Land reden, insbesondere wenn wir nach Sachsen schauen. Das erspare ich uns allen am heutigen Tag. Ich werbe aber dringend dafür: Lassen Sie es nicht so weit kommen, dass auch in unserem Land die freie Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und der Presse behindert wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn wir diese Debatte mit ein wenig Humor eröffnet haben, geht es um eine sehr ernste Angelegenheit. Zu einer Demokratie gehört, dass alle Mitglieder der Gesellschaft einbezogen werden und alle Belange politisches Gehör finden, auch die von vollbetreuten Menschen.
Die politische Entscheidungsfähigkeit vollbetreuter Menschen ist nämlich nicht aufgehoben. Art. 29 der Behindertenrechtskonvention garantiert die politischen Rechte behinderter Menschen, und dem muss nachgekommen werden.
In den vorangegangenen Debatten ist immer gesagt worden, wir würden auf den Wahltermin am 28. Oktober rekurrieren. Hier will ich ausdrücklich sagen: Ja, es geht uns genau darum, dass am 28. Oktober 2018 vollbetreute Menschen in Hessen wählen dürfen.
Unser Gesetzentwurf ist in den Fachkreisen durchweg auf volle Zustimmung gestoßen.
Durchweg auf volle Zustimmung gestoßen. – Das sind die agah, der VdK, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, der Landesverband Hessen der Angehörigen psychisch Kranker, der Bundesverband der Berufsbetreuer usw.
Die einzigen Gegenargumente – nicht inhaltlicher, sondern formaler Natur – kamen vom Landeswahlleiter und aus der kommunalen Familie. Ich will sie Ihnen nicht verschweigen; aber Sie müssen selbst beurteilen, ob das treffende
Gegenargumente sind. Es wurde vorgetragen: Wie wollen nicht, dass es, wenn zeitgleich unterschiedliche Wahlen stattfinden, die Ehrenamtlichen, die in den Wahlbezirken die Wahl durchführen, mit unterschiedlichen Wahlberechtigungen zu tun haben. – Alle, die einmal bei Kommunalwahlen mitgemacht haben, wissen, dass wir bei Kommunalwahlen eine deutlich größere Differenz haben, nämlich Menschen, die zwar an Kommunalwahlen, aber nicht an Landtagswahlen teilnehmen dürfen. Daher spielt der enge Kreis der vollbetreuten Menschen keine so große Rolle. Das war das einzige formale Gegenargument gegen unseren Gesetzentwurf.
Offensichtlich hat die fachliche Beurteilung aller betroffenen Verbände nicht ausgereicht, um Schwarz-Grün verständlich zu machen – der FDP übrigens auch nicht –, dass es unser Auftrag ist, dieses Problem hier und heute zu lösen. Sie ziehen sich hinter dieses fachliche Argument zurück und werden unseren Gesetzentwurf höchstwahrscheinlich gleich ablehnen.
Meine Damen und Herren, das ist bedauerlich für die Betroffenen. Aber das ist für die betroffenen Verbände eine gute Lehrstunde, wie hier von der Mehrheit Demokratie verstanden wird. Es ist noch einmal ein deutliches Zeichen dafür, dass Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, in BÜNDNIS 90/Die Schwarzen keinerlei Interessenvertretung haben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir LINKE werden der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gleich zustimmen, weil mittlerweile doch einige erhebliche Fragen im Raum stehen, wobei bei uns der Fokus vor allem auf dem Umfeld von Palantir Technologies liegt.
Wenn ich Ihren Einsetzungsantrag richtig verstanden habe, geht es Ihnen um drei Bereiche: um Verstöße gegen die Vorschriften des Vergaberechts, um die Frage, inwieweit Sicherheits- und/oder Geheimhaltungsinteressen unseres Landes berührt sind, und selbstverständlich auch, wie es um die wahrheitsgemäße Unterrichtung von Parlament und Öffentlichkeit bestellt ist.
Ich sage Ihnen unumwunden: Wir werden bei der Mitarbeit in diesem Untersuchungsausschuss den Fokus auf die letzten beiden Punkte legen. Frau Faeser hat ja schon darauf hingewiesen, dass ich angeregt habe, deswegen im Zusammenhang mit Frage 12 noch einmal gezielt nachzufragen, ob – und wenn ja: welche und wann – Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitern der Firma Palantir Technologies, die eventuell Zugang zu unseren Daten gehabt haben, stattgefunden haben.
Zweite Bemerkung. Ich habe schon ein wenig die Stirn gerunzelt und mich am Kopf gekratzt in Erinnerung daran, was hier als Ausspähaffäre durch die Medien gegangen ist und uns alle aufgeregt hat – Snowden usw. Warum müssen wir ausgerechnet die Ausgründung eines US-amerikanischen Geheimdienstes damit beauftragen, hier in Hessen unsere Sicherheitsinteressen wahrzunehmen?
Andere Bundesländer lösen das anders, wie wir wissen. Wo bleibt denn die Abwägung unserer Grundrechte, unseres Datenschutzes, auch unseres Sicherheitsbedürfnisses gegenüber Geheimdiensten, die sich uns gegenüber in der Vergangenheit nun wahrlich nicht freundlich verhalten haben?
Dritte Bemerkung. Ich habe das Angebot des Innenministeriums am Montag wahrgenommen und mir diese Akten ebenfalls angeschaut. Ich habe gerade festgestellt, dass ich offensichtlich etwas langsamer lese: Ich habe zwei Stunden gebraucht, um zu verstehen, was dort vorhanden ist und was nicht.
Die waren zu zweit, stimmt, genau. – Was auf jeden Fall nicht vorhanden war, waren irgendwelche Unterlagen über
Abschleppunternehmen. Das hätte ich dann doch gemerkt. Es ging in diesem Fall also nur um Palantir Technologies.
Letzte Bemerkung. Ich bin sonst immer bei Ihnen, wenn ich die zu engen Zeitläufe insbesondere der Regierungsfraktionen kritisiere. Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen: Ich finde es hart an der Grenze, hier um 15 Uhr einen Antrag vorzufinden, den wir um 16:45 Uhr aufrufen. Damit konstruktiv umzugehen wäre mit einem etwas anderen und etwas besseren Zeitablauf optimierbar gewesen. Nichtsdestotrotz, wir stimmen zu und werden konstruktiv mitarbeiten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unternehmen heute mit einer minimalen Korrektur des Zuschnitts zweier Wahlkreise in Frankfurt am Main erneut den Versuch, eine verfassungsgerechte Wahl am 28. Oktober 2018 durchführen zu können. Damit werden wir auf jeden Fall das Urteil des Staatsgerichtshofs umsetzen. Das ist in Ordnung.
Sie haben das Einhalten von Recht und Gesetz in den letzten Tagen und Wochen sehr gelobt. Ich finde das bemerkenswert und manchmal auch ein bisschen peinlich. Aber sei es drum.
Wie Sie es so gerne machen, schaffen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf gleich noch neue Probleme.
Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen eigentlich ganz schnell unsere Position mitteilen. Denn mir geht es wie Ihnen, ich habe jetzt auch Durst. Lassen Sie mich doch einfach zu Ende reden.
Wie so gerne, schaffen Sie mit diesem Gesetzentwurf gleich wieder neue Probleme. Sie nehmen eine Zuordnung vergessener Stadtteile in Frankfurt am Main zu den Wahlkreisen vor, ohne dass Sie das ausreichend begründen. Dazu sage ich: Das ist zumindest einmal nachbesserungsbedürftig.
Meine dritte Bemerkung gilt dem Dringlichen Antrag der FDP-Fraktion. Das müssen wir in der nächsten Legislaturperiode regeln. Auch wir sind der Auffassung, dass wir
das, was Sie da aufgeschrieben haben, in der nächsten Legislaturperiode beachten müssen. Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, dass das bei Weitem nicht alles ist, was wir in der nächsten Legislaturperiode beachten müssen, um zu einem deutlich besseren Wahlgesetz in Hessen zu kommen.
Wir werden uns wegen der offenkundigen Mängel in dem zweiten Teil Ihres Gesetzentwurfs der Stimme enthalten. Aber ich hoffe, dass wir am Ende dieser Woche die Aufstellungen in unseren Wahlkreisen in Frankfurt am Main erneut werden machen können. Wir können dann endlich Janine Wissler als Direktkandidatin wählen. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Bellino, ich stimme Ihnen zu: Es ist dringlich, was wir hier machen müssen. Ich will vorab sagen: Ich habe einmal gelernt, dass der Bauer ein grenzenloser Optimist ist, der zwei faule Äpfel im Fass entdeckt und sagt, die anderen sind alle gut.
Das, was wir jetzt machen, ist dringlich, weil es alle Bürgerinnen und Bürger Hessens betrifft, nicht nur die Frankfurter; denn wir müssen sicherstellen, dass wir eine ordnungsgemäße Wahl am 28. Oktober durchführen können.
Aber ich will deswegen schon in der ersten Lesung einen genaueren Blick in diesen Gesetzentwurf werfen; denn es ist schon die Frage, wie Sie das jetzt machen.
Ich lese, Sie wollen den Stadtbezirk 531 einem anderen Wahlkreis zuschlagen. Nun ist mir als Frankfurter Bürger selbstverständlich sofort klar, welcher der Stadtbezirk 531 ist. Ich muss es also nachschauen und lerne aus der Begründung, dass die Abgrenzung des Stadtbezirks 531 „aus der Anlage 1 der Hauptsatzung der Stadt Frankfurt am Main“ ersichtlich wird.
Nun suche ich seit gestern Nachmittag die Anlage 1 der Hauptsatzung der Stadt Frankfurt am Main. Ich bin bisher nicht fündig geworden. Ich fürchte, so wird es auch dem einen oder anderen Bürger gehen.
Zweite Bemerkung. Sie führen in Art. 1 neue Stadtteilnamen auf. In der Begründung schreiben Sie, sie hätten sich zwischenzeitlich geändert. Sie sollen sich also seit Dezember 2017 geändert haben? Oder haben Sie in dem Gesetzentwurf, den Sie hier durchdrücken wollen, auch schon wieder zumindest Unklarheiten gelassen, also nicht ordentlich gearbeitet?
Es ist spät. Okay, Sie wollen jetzt den vom Gericht angemahnten gröbsten Fehler korrigieren. Es bleibt die weiter gehende Kritik, die der Staatsgerichtshof, Herr Poseck, deutlich geäußert hat. Er sagte, dass die 25-%-Größenabweichung eigentlich nicht haltbar ist. Vielmehr solle man sich an die 15-%-Grenze halten.
Er hat außerdem bereits während der Begrüßung deutlich gesagt, dass wir, wenn wir Wahlen so vorbereiten, mit den Grundprinzipien der Demokratie nicht sorgsam genug umgehen. Also sollten wir das jetzt korrigieren und zu Beginn der nächsten Legislaturperiode ein neues, besseres Gesetz machen, zu Beginn und nicht kurz vor knapp, wie Sie das hier machen werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen so viel daran gelegen gewesen wäre, es rechtzeitig zu machen, hätten Sie rechtzeitig ein ordentliches Gesetz vorlegen können, hätten Sie rechtzeitig nach der Anhörung Ihre Änderungsanträge einbringen können, damit wir nicht in einer Nachtsitzung über das beraten müssen, was Sie mit Ihrer Mehrheit in der ordentlichen Ausschusssitzung noch als für unverändert in zweiter Lesung anzunehmen vorgeschlagen haben.
Meine Damen und Herren, das Einzige, was mir als Lob dazu einfällt, ist, mit welcher stoischen Ruhe und Unverschämtheit Sie uns diese Dinge hier vortragen.
Herr Heinz, ich hänge das wirklich nicht hoch. Aber wenn ich mir in einer nächtlichen Ausschusssitzung, nachdem wir hier einen 15-seitigen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vorliegen hatten, noch weitere mündliche Änderungen an Ihrem eigenen Gesetz anhören muss, dann frage ich mich doch: Wo ist Ihre Ernsthaftigkeit, nicht unsere?
Meine Damen und Herren, das erhöht mit Sicherheit nicht mein Vertrauen, dass sich darin nicht noch ganz andere Baustellen verbergen, die in der Anhörung nicht deutlich geworden sind oder die vielleicht deutlich geworden sind, die Sie aber vergessen haben.
Um es auch noch einmal ganz deutlich zu sagen: Das ist ausdrücklich keine Kritik an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dort viel Arbeit hineingesteckt haben. Das ist eine politische Kritik an Ihrem Vorgehen.
Eine Bemerkung noch. Der Minister hat, meiner Meinung nach zu Recht, in der letzten Debatte gesagt, ich hätte das nicht als Quatsch bezeichnen sollen. Das sehe ich auch so. An Quatsch hätte ich mehr Spaß. Was Sie hier mit uns machen, ist fahrlässig.
Zweite Bemerkung. Die FDP bringt heute einen Änderungsantrag ein, den wir inhaltlich vollkommen richtig finden. Er löst das Problem nicht, aber er ist inhaltlich richtig. Deswegen werden wir ihm auch zustimmen.
Herr Heinz, zu Ihrer Information: Ich bin Freiberufler, nicht dass Sie sich wundern.
Letztes Argument. Ja, Hessen bekommt in ein paar Minuten ein Informationsfreiheitsgesetz. Das ist das schlechteste Informationsfreiheitsgesetz aller Bundesländer. Das ist kein Grund zum Jubeln. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berichterstatterin, Frau Wolff, und meine Vorredner haben bereits deutlich gemacht, dass viele der vorliegenden Gesetzentwürfe nicht nur von einer breiten Mehrheit, also von den vier beantragenden Fraktionen, sondern auch von uns LINKEN mitgetragen werden. Der Umstand, dass diese Gesetzentwürfe nicht von allen fünf Fraktionen dieses Hauses eingebracht worden sind, ist schlicht und ergreifend der Tatsache geschuldet, dass die größte Fraktion in diesem Haus nicht dazu in der Lage ist, gemeinsam mit uns einen Gesetzentwurf bzw. einen Antrag einzubringen.
Das muss leider immer noch beschämend hinzugefügt werden.
Sie haben von der Berichterstatterin gehört, dass wir an einer oder zwei Stellen den Konsens verlassen. Deswegen möchte ich meine Rede damit beginnen, dass ich erläutere, warum wir zwei Änderungsanträge eingebracht haben.
Erstens geht es um die elektronische Verkündung von Gesetzen. In der Enquetekommission und auch in der Anhörung im Hauptausschuss ist immer wieder klar geworden, dass es insbesondere der Staatskanzlei darum geht, die Möglichkeit zu haben, Gesetze auch elektronisch zu verkünden. Das Wort „auch“ findet sich aber nicht im Gesetzestext. Das macht uns etwas misstrauisch.
Wir haben in diesem Raum gesessen und den Schülern gelauscht. Wir waren ganz erstaunt, weil uns diese „digital natives“ erklärt haben, dass sie ein Recht auf analoges Leben in der Hessischen Verfassung verankert sehen wollen. Wir haben uns gefragt, wie wir das umsetzen können, sind aber auf keine gute Idee gekommen. Hier ist eine Idee. Hier sagen wir, dass es immer auch ein Gesetzesblatt geben muss, weil nicht jeder elektronisch angeschlossen ist. Das steht in unserem Änderungsantrag.
Unser zweiter Änderungsantrag bezieht sich auf die Stärkung der Volksgesetzgebung. Wir vermuten, dass wir an dieser Stelle eher eine Täuschung des Volkes vornehmen, weil wir durch dieses Gesetz zwar das Eingangsquorum zur Volksgesetzgebung drastisch absenken – und das ist gut so –, dabei aber ein Ausgangsquorum schaffen, sodass mindestens ein Viertel der Abstimmungsberechtigten zustimmen muss. Dieses Quorum wollen wir deutlich senken.
Wenn wir dieses Quorum hätten, sodass 25 % der Abstimmungsberechtigten zustimmen müssten, dann hätten wir in Frankfurt am Main keinen Oberbürgermeister, und die Wetterau hätte keinen Landrat. So sehen die Abstimmungsverhältnisse in Hessen mittlerweile aus. Der sogenannte Erdrutschsieg des Frankfurter Oberbürgermeisters wäre nicht gültig mit einem Abstimmungsquorum von 25 % bei der Endabstimmung. Das muss also abgesenkt werden.
Zu den weiteren Gesetzen. Wir wollen vieles in die Verfassung aufnehmen, was bereits im Grundgesetz geregelt ist. Daher senden wir noch einmal positive Signale. Dabei geht es um die tatsächliche Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dabei geht es selbstverständlich auch um das Streichen der Todesstrafe aus der Hessischen Verfassung.
Herr Heinz, in einem Wort von Ihnen ist gerade aufgeschienen, worüber wir bereits in der Einsetzungsdebatte diskutiert haben. Sie haben vorhin gesagt, die Bereinigung der Hessischen Verfassung solle erst in zehn oder 15 Jahren vorgenommen werden. Da tauchte noch einmal auf, was eigentlich auch eine Intention war. Ich bin sehr froh, dass wir das hier nicht gemacht haben, sondern dass der Friedensauftrag der Hessischen Verfassung eindeutig erhalten bleibt, dass die Wirtschaftsverfassung erhalten bleibt und dass die sozialen Rechte – das ganz große Plus dieser sehr frühen deutschen Verfassung – erhalten bleiben. Darüber sind wir sehr froh. Außerdem sind wir sehr stolz darauf.
Meine Damen und Herren, wir haben einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem wir das Recht auf Wohnen stärken wollen. Damit wollen wir in einer Zeit, in der die Wohnungsnot wirklich virulent ist, ein politisches Zeichen setzen. Wir haben in der Anhörung den Hinweis bekommen, dass man eine Änderung im Gesetzentwurf hätte machen können oder auch müssen. Ich hätte das auch gerne getan. Allerdings sind die Gepflogenheiten im Haus leider so, dass dann, wenn ich nach der Anhörung schlauer bin und den Text korrigieren möchte, wir das hier nicht durchbekommen, weil die Mehrheit das ablehnen wird. Politisch finden wir das immer noch richtig. Wir brauchen ein Recht auf Wohnen.
Ich kann mich den Worten von Herrn Schmitt von vorhin anschließen. Die Staatsrechtler fanden das schwierig. Die politischen Akteure haben gesagt: Ja, genau das brauchen wir. – Deswegen stehen wir auch dazu.
Eine letzte Bemerkung noch zu den vorliegenden Änderungsanträgen. Exemplarisch greife ich den Vorschlag der FDP zur Begrenzung der Amtszeit des Ministerpräsidenten auf. Sehr geehrter Herr Hahn, wir wollen Bouffier abwählen, ihn aber nicht durch Dr. Schäfer ersetzen. Das ist unsere Botschaft. Wir brauchen keine Amtszeitbeschränkung, sondern wir brauchen eine andere Regierungsmehrheit in diesem Land.
Eine allerletzte Bemerkung. Die Hessische Verfassung bleibt in ihrem Kern erhalten. Wir passen sie an einigen Punkten dem modernen Leben an. Viel entscheidender ist aber, dass wir den Auftrag der Hessischen Verfassung Wirklichkeit werden lassen, dass wir ihren Friedensauftrag wahrnehmen und dass wir die sozialen Rechte stärken. In der Hessischen Verfassung sind eine Sozialversicherung und ein Mindestlohn verankert, und es ist in ihr verankert, dass die Wirtschaft dem Wohl des gesamten Volkes zu dienen hat. Lassen Sie uns all das Realität werden. Das ist der Auftrag unserer Hessischen Verfassung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich am Anfang zu sagen: Dieses Gesetz ist und wird nicht zustimmungsfähig für DIE LINKE, egal wie weit Sie daran herumdoktern.
Ich will uns alle daran erinnern, dass die Regierungsfraktionen es nicht geschafft haben, ihre Verbesserungsvorschläge, also Änderungsanträge, rechtzeitig für den Ausschuss bereitzustellen, weswegen es notwendig ist, dass wir heute in einer Nachtsitzung noch einmal darüber beraten. Auch das ist schlechtes Handeln seitens der Regierungsfraktionen, sich eben nicht an die Zeitläufe dieses Parlaments zu halten.
Apropos Zeitläufe – das kommt jetzt vollkommen überraschend, dass bis Mai, also bis zum nächsten Monat, die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung passieren
muss. Sie hatten zwei Jahre Zeit, das zu machen. Aber jetzt sollen wir es auf den letzten Drücker hier durchboxen.
Herr Heinz, Sie müssen sich entscheiden, ob es so ist, wie Sie es eben dargestellt haben, dass das Gesetz in der Anhörung prinzipiell als gut beurteilt worden ist und ein paar kleine formale Sachen mit Ihren Änderungsanträgen verbessert werden, oder ob Sie Ihrer eigenen Begründung des Änderungsantrags glauben. Daraus lese ich jetzt kurz vor:
In der Anhörung des Innenausschusses und Unterausschusses Datenschutz wurden von Sachverständigen teilweise deutliche Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit einzelner Vorschriften mit den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung … vorgetragen. Soweit diese rechtlichen Bedenken durch eine kritische Überprüfung nicht ausgeräumt werden konnten, werden mit dem Änderungsantrag Anpassungen der betreffenden Regelungen an die EU-Datenschutzvorschriften vorgenommen und – wo dies nicht möglich ist – auch Bestimmungen aus dem Gesetzentwurf gestrichen.
Das sind keine kleinen formalen Änderungen, sondern in der Anhörung ist deutlich geworden: Sie haben uns Quatsch vorgelegt, Sie haben nicht gut gearbeitet.
Auch mit Ihrem Änderungsantrag ist es nicht möglich, die Fehler, die Sie ins Gesetz hineingebaut haben, zu beheben. Allein deswegen bleibt es nicht zustimmungsfähig.
Dass die FDP mit ihrem Änderungsantrag – das war auch schon Thema im Ausschuss – den formalen Fehler korrigiert hat, ist schon ganz gut. Aber auch diesem Antrag werden wir so nicht zustimmen können, weil er an den falschen Stellen repariert.
Jetzt noch zwei Gedanken zu diesem Nicht-Informationsfreiheitsgesetz, das BÜNDNIS 90/Die Schwarzen uns hier vorlegen. Ich zitiere Herrn Prof. Ronellenfitsch aus der letzten Sitzung, wo er gesagt hat: Na ja, es ist bestenfalls die Grundlage, auf der man ein Informationsfreiheitsgesetz schaffen kann. – Ich stimme dieser Aussage von Herrn Prof. Ronellenfitsch zu. Das, was wir bzw. Sie hier jetzt beschließen werden, ist kein Informationsfreiheitsgesetz. Es ist vor allem kein Transparenzgesetz. Es ist offensichtlich das, was BÜNDNIS 90/Die Schwarzen hier vorlegen können. Aber uns reicht das hinten und vorne nicht.
Ich will als letzte Bemerkung zu diesem Gesetz heute ganz klar sagen: Herr Heinz, Sie haben es weit von sich gewiesen; Sie wollten keinen gläsernen Staat haben, weil das gläserner Bürger heißt. Ich widerspreche Ihnen ausdrücklich. Wir wollen ein gläsernes Rathaus, wir wollen gläserne Ministerien, und wir wollen eine gläserne Staatskanzlei, weil diese Daten, mit denen dort gearbeitet wird, nicht dem Staat gehören, sondern Bürgerinnen und Bürgern, die zu Recht ein Auskunftsrecht gegenüber der Verwaltung – nichts anderes ist es – einfordern können wollen, damit wir alle im Zweifelsfall verstehen und kontrollieren können, wie dieser Staat handelt. Da geht es nicht um Schnüffelei, sondern da geht es um Transparenz. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Stadt Frankfurt hat ein Problem mit dem Rechnen.
Das ist mir als Bürger dieser Stadt sehr peinlich – unabhängig davon, welches Parteibuch da im Hintergrund ist. Aber das Problem, was wir heute diskutieren, ist doch ein ganz anderes. Ein gut geleitetes Unternehmen hat ein System, das Fehler toleriert und korrigieren kann. Von daher steht die Frage im Raum, sehr geehrter Herr Innenminister: Welche Änderungen in Ihren Abläufen kommen in Konsequenz von solchen Pannen, die zugegebenermaßen in diesem Fall nicht Sie verursacht haben, aber auf die rechtzeitig zu reagieren Sie nicht in der Lage sind? Das muss zu Konsequenzen in Ihrer Ablauforganisation führen.
Zweitens. Bei einer rechtzeitigen Vorlage eines Gesetzes zur Änderung der Wahlkreiseinteilung, also z. B. zu Beginn der letzten Legislaturperiode, wäre Zeit gewesen, einen Fehler zu korrigieren.
Es ist Ihre Verantwortung, dass das nicht rechtzeitig passiert ist.
Dann lassen Sie sich in den Zeitungen damit zitieren, der Fehler im Frankfurter Westen könne deswegen nicht korrigiert werden, weil das zu Verschiebungen in den anderen Wahlkreisen Frankfurts führen würde.
Himmel, lass etwas anderes als Schnee regnen. – Das ist Sinn einer Veränderung der Wahlkreiszuschnitte.
Eine letzte Bemerkung. Deswegen bleibt der Vorwurf im Raum stehen, dass Sie sich insbesondere dort um einen Neuzuschnitt von Wahlkreisen gekümmert haben, wo Sie sich als CDU Vorteile erhoffen. Wir werden genau beobachten, ob im nächsten Jahr im Duden das Wort Beutefeldzug mit „th“ geschrieben wird. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich stimme Ihnen zu, dass das, was wir gerade behandeln, relativ unspektakulär ist. Ich will aber deutlich sagen: Es bleibt ein Hauptproblem bestehen, nämlich die Verschlechterung des Rechtsschutzes der Bürgerinnen und Bürgern. Herr Rudolph hat schon darauf hingewiesen.
Seit 2002 gibt es in allen im Anhang des Gesetzes aufgeführten Rechtsgebieten keine Möglichkeit mehr, einen Verwaltungsakt bei einer Behörde zu monieren, sondern man muss ein Gericht direkt anrufen. Vor Gericht findet seitdem aber nur eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Nur im Falle von Ermessensfehlern erfolgt eine gerichtliche Reaktion. Ob der Verwaltungsakt überhaupt Sinn macht, darf keine Rolle spielen. Das muss zu absurden Ergebnissen führen und ist nicht bürgerfreundlich.
Zum Kostenrisiko kommt die psychologische Hemmschwelle hinzu, wegen einer vermutlich falschen Behördenentscheidung ein Verwaltungsgericht direkt anrufen zu müssen.
Dazu hätten wir in einer Anhörung gerne auch Betroffene und ihre Anwälte gehört. Doch das haben Sie verhindert. Sie haben die Behörden angehört, die sagen: Diese Form des Rechtsschutzes der Bürgerinnen und Bürger brauchen wir nicht, denn er macht vor allem Arbeit. – Den, dem der Rechtsschutz genommen wurde, haben Sie nicht angehört. Das ist ein merkwürdiges Demokratieverständnis.
Nach unserer Rechtsauffassung verstoßen Sie mit diesem Ausführungsgesetz auch immer noch gegen die Verwaltungsgerichtsordnung, da in § 68 grundsätzlich die Durchführung eines Vorverfahrens festgelegt ist. Ausnahmen sind zugelassen. Sie haben diese Ausnahmen zur Regel gemacht. Das ist zumindest merkwürdig.
Noch einen Fehler, den Sie nicht beheben, möchte ich ansprechen. In den Fällen, in denen es bei einer Wider
spruchsmöglichkeit bleibt, muss nicht zwingend eine übergeordnete Stelle befasst werden, sondern die gleiche Stelle, gegen deren Beschluss Widerspruch eingelegt wird, wird diesen bearbeiten.
Sie haben aus unserer Sicht grundlegende Fehler nicht beseitigt. Daher bleibt es dabei: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Ich frage die Landesregierung:
Warum verzichtet sie auf Geld des Bundes zum Ausbau der Qualität in Kindertagesstätten?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle haben darauf hingewiesen, beginnend mit Herrn Staatsminister Wintermeyer, dass das, was wir hier regeln müssen, sehr überschaubar ist.
Herr Wintermeyer, ich bin fast versucht, Sie als Landesregierung diesmal aus dem Zeitdruck draußen zu halten. Es ist klar, dass wir das vor dem 25. Mai, wenn die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft tritt, geregelt haben müssen. Ansonsten können wir die Ausnahmen nicht mehr regeln.
Ich will für diejenigen, die mit Medienrecht weniger zu tun haben, beispielhaft illustrieren, worum es dabei geht. Ohne ein Medienprivileg, das wir regeln, dürften z. B. bei Berichterstattungen ohne Einwilligung der Betroffenen keine Namen mehr genannt werden. Eine solche Einwilligungslösung würde aber aus meiner Sicht, ich glaube, aus unser aller Sicht gegen die Pressefreiheit verstoßen. So wäre journalistische Arbeit unmöglich, und solche Dinge regeln wir jetzt mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag – vollkommen in Ordnung.
Angesprochen wurde auch immer der zweite Regelungskomplex, entweder Kooperationsgebot oder Betrauungsnorm genannt. Auch da ist es vollkommen klar: Wir müssen die a) schon geübte Praxis und b) auch aus meiner Sicht noch auszubauende Praxis, dass man Dinge nicht doppelt und dreifach tun muss, sondern kooperieren sollte, vor dem Wettbewerb in der EU schützen. Das versuchen wir damit. Herr Hahn hat schon darauf hingewiesen: Ob das dann vor dem EuGH Bestand hat – das warten wir ab. Aber wir müssen es zumindest versuchen.
Vorrednerinnen und Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass bei der Kooperation selbstverständlich auch nach Effizienzkriterien zu schauen ist. Wir stimmen nicht in das große Sparkonzert ein, dass alle kürzen müssen und deswegen auch die Rundfunkanstalten. Trotzdem erleben wir alle – nicht nur diejenigen, die wir Medienpolitikerinnen und -politiker sind – wieder die große Diskrepanz, die im Moment da ist, wie Rundfunkanstalten einerseits ein großes Defizit bei sich errechnen und andererseits die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten das anders sieht.
Klipp und klar muss sein: Egal, wo Einsparungen oder Nichterhöhungen von Rundfunkgebühren oder, in Zukunft, Haushaltsabgaben da sind – das Geld, das da ist, muss in erster Linie zum einen dazu verwendet werden, dass frühere Ausnahmegruppen, die vom Rundfunkbeitrag befreit waren, heute wieder in den Befreiungstatbestand kommen. Das ist das eine.
Zweitens. Ich stimme Herrn Siebel voll zu, dass das mit der Sieben-Tage-Regelung in der Mediathek vollkommen aus der Zeit ist. Aber wenn wir dort zu anderen Regelungen kommen, hat das notwendigerweise zur Voraussetzung, dass Produzentinnen und Produzenten, Autorinnen und Autoren und alle, die die Filme oder Dokumentationen erstellt haben, oder was auch immer in der Mediathek steht, endlich ordentlich bezahlt werden, damit sie von ihrer Arbeit leben können. Auch das sollte mittlerweile selbstverständlich werden.
Eine letzte Bemerkung von meiner Seite. Herr Wintermeyer, Sie hatten deutlich gemacht, dass der Regelungsbedarf klein ist. Ich habe nicht richtig verstanden, ob gemessen an den zwei kleinen Dingen, die wir damit regeln, die Geschichte, dass das Kind jetzt Europa League heißt, jetzt größer oder kleiner ist. Ich weiß es nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon erwähnt worden, vor ziemlich genau zwei Jahren haben wir in diesem Saal die Enquetekommission zur Veränderung der Hessischen Verfassung eingesetzt. Erinnern Sie sich daran, welche Erwartungshaltungen hier vor zwei Jahren geäußert worden sind: Die Hessische Verfassung gehöre generell umgebaut und endlich modernisiert. Es wurden ähnlich breite Veränderungen herbeigeredet, wie sie 2006 gescheitert sind. – Verglichen mit dem Anspruch von vor zwei Jahren machen wir jetzt doch eher etwas Kleinteiliges.
Wir finden das ausgesprochen gut.
Wir haben schon vor zwei Jahren die Auffassung vertreten – und tun es immer noch –, dass unsere Hessische Verfassung maßgeblich stilgebend und als erste deutsche Landesverfassung nach dem Zweiten Weltkrieg eben auch eine Verfassung ist, die besonders die sozialen Grundrechte betont. Das wollen wir auf jeden Fall erhalten. Das machen wir jetzt ja auch.
Deswegen finden wir es auch nur richtig und wichtig, dass insbesondere die Regelungen zur Wirtschaftsverfassung in Hessen ausdrücklich nicht angetastet werden. Sie gehören mit zu den sozialen Grundrechten unseres Landes.
Als jemand, der als Marburger Soziologe an die Hessische Verfassung herangeführt wurde, also im Sinne Wolfgangs Abendroths, habe ich als einer der wenigen Nichtjuristen in der Enquetekommission selbstverständlich manchmal schon die Stirn runzeln müssen. Denn wir diskutieren das doch grundlegend anders. Ich will das hier an nur einem Beispiel noch einmal deutlich sagen.
Meine Auffassung bleibt: Das Grundgesetz gibt nicht vor, wie die Wirtschaft in Deutschland zu organisieren ist. Die Hessische Verfassung gibt vor, dass sie in Hessen sozialistisch zu organisieren ist. So ist die Faktenlage.
Es gibt ein zweites Thema, das wichtig ist und zu Recht in unserer Verfassung steht.
Herr Hahn, Sie haben nach mir das Wort. – Der Krieg ist in Hessen geächtet. Auch das wird so bleiben. Das finden wir ausgesprochen richtig und gut.
In der Konsequenz heißt das, dass diese Aufträge der Verfassung, die wir haben, von uns Politikerinnen und Politikern, aber auch von uns als Bürgerinnen und Bürgern umgesetzt werden müssen. Das muss Realität werden und darf nicht als historischer Text verbleiben.
Nun möchte ich noch einmal eine Klarstellung machen, damit das nicht zu Verwirrungen hier oder draußen im Land führt. Selbstverständlich tragen wir LINKE einen guten Teil der Verfassungsänderungen, die wir in der Enquetekommission erarbeitet haben, mit. Selbstverständlich sind wir dafür, dass die Todesstrafe abgeschafft wird. Sie ist abgeschafft. Das wissen wir alle.
Selbstverständlich tragen wir mit, dass die Betonung der Gleichberechtigung von Mann und Frau hineingenommen werden soll. Das ist alles im Grundgesetz geregelt. Aber gut, wir wollen es noch einmal hier hineinschreiben. Selbstverständlich finden wir es gut, dass wir als erstes deutsches Bundesland Kinderrechten Verfassungsrang geben wollen. Das finden wir richtig und gut.
Der einzige Grund, warum wir diese Gesetzentwürfe nicht miteinbringen, liegt bei der Fraktion der CDU, die nicht will, dass wir gemeinsame Sache machen. Das muss man der Ehrlichkeit halber so deutlich sagen.
Ich hoffe, dass Sie nicht in die Verfassung hineinschreiben werden, dass Sie mit der LINKEN nicht zusammenarbeiten. Ich bin mir auch nicht sicher, welche Peinlichkeiten Ihnen noch so einfallen.
Ich will noch einmal kurz auf ein paar Probleme zu sprechen kommen. Das wurde schon angesprochen. Wir sehen die Bedeutung der Verankerung der Staatsziele, die immerhin knapp ein Dutzend der Änderungsvorschläge ausmachen, äußerst kritisch. Zum einen ist das so, weil in die Definition der Staatsziele von vornherein hineingeschrieben werden soll, dass sie nur so lange verfolgt werden, wie man dafür Geld hat. Das ist eine uns viel zu weit gehende Einschränkung.
Zweitens. Das haben die einbringenden Fraktionen im jeweiligen Vorblatt des Gesetzentwurfs auch sehr deutlich gemacht. Sie haben bei der Verfolgung der Staatsziele Ehrenamt, Nachhaltigkeit, Sport und Kultur jeweils angegeben, das habe keinerlei finanzielle Auswirkungen. Auf dem Vorblatt steht zu „finanzielle Auswirkungen“ jeweils „keine“. Wir alle wissen es doch: Wenn wir politische Ziele umsetzen wollen, dann müssen wir Geld in die Hand nehmen. Meiner Meinung nach entlarvt dies Ihre Staatszielbestimmungen als eine große Geste, bei der nichts nachkommt.
Wir haben exemplarisch einen anderen Weg gewählt. Ich sage „exemplarisch an einer Stelle“, weil wir sehr genau wissen, dass dieser Gesetzentwurf in diesem Haus keine
Mehrheit finden wird. Wir haben exemplarisch ein Grundrecht auf Wohnen formuliert. Man muss wohnen können, damit man in dieser Gesellschaft leben kann. Das heißt, es gibt ein Grundrecht auf Wohnen.
Wir wollen, dass das so formuliert wird, dass es ein individuelles einklagbares Grundrecht auf Wohnen gibt. Zum Grundrecht auf Wohnen soll dann auch gehören, dass ich Energie brauche. Sie soll nicht abgestellt werden dürfen. Ich soll auch nicht gekündigt bzw. herausgeklagt werden können, ohne dass angemessener Ersatz zur Verfügung steht. Das haben wir formuliert. Das ist unser Verständnis der Grundrechte.
Selbstverständlich sagen wir auf unserem Vorblatt ganz klar: Das kostet richtig Geld. – Das ist uns klar.
Einen weiteren Gedanken will ich zu dem äußern, was die Enquetekommission jetzt nicht als Änderung vorschlägt. Da werde ich schon ein bisschen nachdenklich. Ich meine dabei jetzt nicht den politischen Streit, den wir über den Gottesbezug geführt haben. Vielmehr geht es mir um andere Anregungen, die wir nicht aufgenommen haben. Ich habe noch sehr gut im Ohr, wie insbesondere der Sozialverband VdK darauf gedrängt hat, die besonderen Rechte der Menschen mit Behinderungen zu verankern.
Mich macht das schon nachdenklich, dass die vier Fraktionen, die jetzt die Gesetzentwürfe zur Änderung einbringen, das nicht berücksichtigt haben. Auch macht mich nachdenklich, dass die Ansprüche auf sexuelle Identität und keine anderen Diskriminierungen nicht aufgenommen wurden. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, zu sagen, dass viele Vorschläge, die meiner Ansicht nach überzeugend vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt worden sind.
Wie geht es jetzt weiter? – Es gibt einen Gesetzentwurf von der SPD-Fraktion alleine. Es gibt zwei Gesetzentwürfe allein von der FDP-Fraktion. Einer stammt allein von unserer Fraktion. Dann gibt es noch die 15, die aus der Enquetekommission kommen. Wir werden all diese Gesetzentwürfe im Hauptausschuss beraten.
Es gibt – ich sage es einmal so – eine vorsichtige Absprache, dass wir während des Zeitraums, in dem der Hauptausschuss eine parlamentarische Anhörung organisiert, draußen im Land noch einmal breit erläutern werden, was wir da machen wollen. Selbstverständlich werden wir dabei breit und geschlossen dafür werben, dass die guten Änderungen der Verfassung in einer Volksabstimmung angenommen werden. Ich hoffe, dass wir es dabei schaffen werden, noch einmal zu einer Verzahnung der öffentlichen Diskussion im Land und der Diskussion im Parlament zu kommen.
Ich möchte enden, wie es alle meine Vorredner auch getan haben. Ich glaube, wir haben in der Enquetekommission „Verfassungskonvent“ beispielhaft gut zusammengearbeitet. Wir haben nicht nur schnell, sondern auch gut zusammengearbeitet. Umso bedauerlicher ist es, dass das Arbeitsergebnis nicht von allen Fraktionen vorgestellt werden darf. Daran kann ich nichts ändern. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich dort fortfahre, wo Herr Holschuh gerade geendet hat, auch von mir eine kurze Bemerkung zu dem überwiegenden Teil dieses Gesetzentwurfs, nämlich zur Anpassung an europäisches Datenschutzrecht. Auch wir haben uns bei der Durchsicht dieses Werks gefragt: Was ist eigentlich mit den Gesetzen, von denen angekündigt war, dass wir sie ändern müssen, die aber jetzt nicht geändert werden? Eine solche Begründung sind Sie uns bisher schuldig geblieben.
Es ist aber auch nicht ein Gesetzentwurf von Ihnen, sondern von den Fraktionen. Entschuldigen Sie, Herr Minister.
Ich weiß auch, woher das kommt. Trotzdem richte ich meine Kritik als Erstes an die, die es hier eingebracht haben.
Aber vielleicht werde ich nachher schlauer, wenn Sie gesprochen haben, Herr Beuth.
So weit zur Anpassung an europäisches Datenschutzrecht. Herr Heinz, ich habe eben vernommen, dass Sie gesagt haben, das Werk enthalte umfangreiche Bestimmungen zur Informationsfreiheit. – Damit Sie alle nachverfolgen können, wie umfangreich das ist, möchte ich darauf hinweisen: Von diesen 300 Seiten beschäftigen sich dreieinhalb Seiten mit der Informationsfreiheit.
Ich kann Ihnen jetzt schon ankündigen, dass wir selbstverständlich in der Anhörung sehr genau zuhören werden. Aber meine derzeitige Überzeugung ist, dass wir seitens der LINKEN einen Änderungsantrag schreiben werden, diese dreieinhalb Seiten aus dem Entwurf zu entfernen. Kein Informationsfreiheitsgesetz ist besser als das, was Sie hier vorschlagen.
Ich frage mich auch: Was haben Sie bei den anderen Ländergesetzgebungen evaluiert? Sie haben schon vor einem Dreivierteljahr mitgeteilt, dass die Evaluation abgeschlossen ist. Auf meine Nachfrage, ob Sie uns die Evaluationsergebnisse zur Verfügung stellen, haben Sie Nein gesagt. Das waren Sie, Herr Beuth.
Ich habe nachgeschaut. Habe ich ein Auskunftsrecht gegenüber der Regierung, damit ich endlich diese Evaluationsunterlagen bekomme, wenn dieses Informationsfreiheitsgesetz Gesetz wird? Nein, das ist da nicht geregelt.
Dann loben Sie sich dafür, dass hier endlich Informationsfreiheit herrscht. Entschuldigen Sie – ich sehe jetzt vor allem die Damen und Herren der GRÜNEN an –, aber das ist wirklich unter aller Würde. Das haben Sie wirklich nicht verdient.
Meine Damen und Herren, von der Logik her ist es so: Mündige Bürgerinnen und Bürger machen unsere Demokratie aus. Nur mündige Bürgerinnen und Bürger, die auch gegenüber einer Verwaltung mündig auftreten und sagen: „Das, was ihr wisst, gehört nicht der Amtsstube, sondern uns als Bürgerinnen und Bürgern“, entsprechen einem fortschrittlichen Verständnis von Demokratie und der sie konstituierenden Bürgerinnen und Bürger.
Deswegen haben moderne Bundesländer auch kein Informationsfreiheitsgesetz, sondern ein Transparenzgesetz. Über Geheimnisverrat usw. müssen wir uns überhaupt nicht streiten. Selbstverständlich gibt es Dinge, die nicht weitergegeben werden dürfen. Das ist uns doch allen klar. Aber alles, was weitergegeben werden darf, haben Behörden im Sinne von Open Data transparent zur Verfügung zu halten. Dann entsteht auch kein Aufwand, und demensprechend entstehen keine Gebühren, wenn Bürgerinnen und Bürger fragen: Was habt ihr da eigentlich entschieden?
Sie fallen weit hinter das zurück, was eigentlich moderner Standard ist. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, einen Vorwurf müssen Sie sich schon gefallen lassen und ihn gegebenenfalls entkräften: Offensichtlich wollen Sie keine mündigen Bürgerinnen und Bürger, die das Verwaltungshandeln im Zweifelsfall auch kontrollieren.
Falls ich jetzt wieder die Entgegnung höre, dass die Kontrolle eben nicht den Bürgerinnen und Bürgern obliegt, erinnere ich Sie daran, dass es mindestens uns hier im Hause obliegt, die Regierung in ihrem Handeln zu kontrollieren. Sie verweigern uns die Unterlagen, die vielleicht verständlich machen würden, wie so etwas entsteht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Frömmrich, als Erstes bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass sowohl Herr Holschuh als auch ich zu dem Teil Datenschutz, dem größten Teil, geredet haben. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.
Zweitens. Ich bin nicht wirklich überrascht, dass Sie wiederum nicht wissen, was in dem Gesetzentwurf steht, den Sie einbringen.
Das, was Sie gerade hier zur Bedeutung der Informationsfreiheit gesagt haben, steht eben nicht in dem Gesetzentwurf.
Dritte Bemerkung. Die zuletzt gegebene Begründung, warum Sie die Kommunen mit diesem Gesetz nicht verpflichten, fand ich schon entlarvend. Es ist Ihnen zu teuer. Es ist Ihnen schlicht und ergreifend zu teuer. Wie passt das mit Ihrem flammenden Plädoyer für Informationsfreiheit und mündige Bürgerinnen und Bürger zusammen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diejenigen unter Ihnen, die sich eben Sorgen gemacht haben, dass DIE LINKE unsolidarisch mit der Redezeit umgeht, bitte ich jetzt, die Stoppuhr zu stellen.
Herr Honka, selbstverständlich sind solche Dinge mit mir abgestimmt. Sie haben bloß etwas missverstanden. Wir
fordern den offenen Vollzug nicht, um Geld einzusparen, sondern um die Resozialisierungschancen zu verbessern.
Dabei sparen wir auch noch Geld.
Meine Damen und Herren, ich habe in den vorhergehenden Debatten immer wieder den an die Oppositionsfraktionen gerichteten Vorwurf gehört, wir würden hier Detailnörgelei betreiben. Deswegen will ich ganz strukturell herangehen und an einem Detail Ihren konsequenten Fehler in diesem Haushalt vor Augen führen:
Es ist richtig, Sie bauen Richterstellen in der Justiz auf. Aber Sie bauen nicht in gleichem Umfang die Stellen auf, die den Richtern zuarbeiten oder die nacharbeiten. Das ist ein strukturelles Problem, das sich durch alle Haushalte zieht. Sie bedienen Ihre Klientel, achten dabei aber nicht darauf, dass die Justiz eben nicht schneller und besser wird, wenn wir ausschließlich Richterinnen und Richter einstellen. Wir müssen den gesamten Apparat stärken.
Das ist das strukturelle Problem, das sich durch alle Haushalte zieht. Sie bauen die Chefetagen auf und vergessen den restlichen Teil der Bevölkerung. Damit fördern Sie schlechte Dienstleistungen in diesem Land. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Wintermeyer, haben Sie Kenntnis darüber, welche Kosten durch die Umstellung auf die Verbraucher zugekommen sind und ob es in Einzelfällen Probleme gegeben hat, dass Zuschüsse, beispielsweise von öffentlichen Stellen, beantragt worden sind?
Danke, Herr Präsident. – Herr Kultusminister, für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ist der Krankenstand in einem Unternehmen schon eine sehr wichtige Größe. Daher frage ich mich, wie Sie als oberster Dienstherr Ihrer Fürsorgepflicht nachkommen können, wenn Sie diese Daten nicht haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ronellenfitsch, auch für meine Fraktion kann ich einen herzlichen Dank für die gute Arbeit und für die gute Zusammenarbeit sagen. Das gilt selbstverständlich nicht nur für Sie, sondern auch für Ihre Frau- und Mannschaft.
Ich glaube, dass durch diese gute Zusammenarbeit Probleme in Hessen relativ fix gelöst werden, was in anderen Ländern nicht so schnell möglich ist. Das Problem ist nur – meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen –: Wenn man sich immer wieder vor Augen führt, was diese Probleme sind, dann wachsen einem graue Haare. Wir müssen also immer wieder dafür sorgen, dass hochsensible Patienten- und Patientinnenakten nicht im öffentlichen Raum aufgefunden werden, und wir müssen – wie Sie darauf hingewiesen haben – nach wie vor auch bei den Behörden aufpassen. Sie haben als Beispiel die Verbunddatei „Rauschgift“ angeführt, in der auf einmal auch Bagatellfälle verzeichnet werden, was ganz eindeutig nicht rechtmäßig ist.
Oder der Dauerbrenner: die Videoüberwachung – nicht nur, aber vor allen Dingen auch im öffentlichen Raum. All das sind über all die Jahre Dauerbrenner gewesen, und ich frage mich manchmal, wie wenig Bewusstsein und Sensibilität in der Bevölkerung offensichtlich hergestellt werden. Zum Beispiel haben Sie bei der Videoüberwachung – aus meiner Sicht vollkommen zu Recht – angemerkt, dass es natürlich nicht hilft, wenn an der Kamera, die überwacht, ein Schild hängt: „Hier ist eine Kamera“. Menschen müssen davor gewarnt werden, wenn sie einen Raum betreten, in dem sie überwacht werden. Dieser Raum ist meist weit größer als die Kamera.
Auch ich will der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir in Zukunft nicht mehr zwei Berichte gleichzeitig behandeln müssen, weil die Bearbeitung seitens der Landesregierung sehr lange gedauert hat. Wie gesagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr deutlich früher über die Datenschutzlage 2017 beraten können.
Herr Ronellenfitsch, nun haben Sie bereits auf eine Zeitenwende hingewiesen. Sie wissen von mir, dass ich mit meinem Hör- und Musikverhalten diese weniger am Eurovision Song Contest festmachen kann; aber Sie werden mir zugestehen – Sie sind Gitarrist, wie ich auch –, dass der Tod von Malcolm Young sicherlich eine Zeitenwende in der Musik bedeutet.
Sie haben auch die Parallele zum Datenschutz angesprochen und das als eine „rektale Phase“ bezeichnet. Ich will über die Bezeichnung gar nicht weiter nachdenken, sondern über die Gefahr, die Sie ansprechen, die wir alle ansprechen müssen und die mittlerweile weit beachtete Publikationen zum Ausdruck bringen: die Gefahr, die Big Data und der Umgang mit Daten darstellen.
Sie haben, wenn ich mich recht entsinne, in der letzten Sitzung des Unterausschusses Datenschutz auch darauf hingewiesen, dass die Kommerzialisierung dieser Daten natürlich auch dazu führen sollte, dass wir als die eigentlichen Eigner unserer Daten an der Nutzung dieser Daten finanziell verdienen. Da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht. Wenn Daten ein Geschäftsmodell sind, haben diejenigen, die diese Daten nicht nur produzieren, sondern denen sie gehören, auch ein Recht darauf, daran mitzuverdienen. So weit sind wir vollkommen einer Meinung.
Die Kehrseite des Ganzen ist mit der Publikation von Frau Hofstetter – das Buch „Sie wissen alles“, das auf Big Data bezogen ist – in den letzten Monaten deutlich geworden. Sie führt Hunderte Seiten lang aus, das Problem sei, dass wir gar nichts mehr wissen: weder davon, dass wir als Individuen Kompetenzen abgeben, noch von der damit verbundenen Gefahr, dass wir ein Stück Freiheit unserer offenen Lebensgestaltung aufgeben. Das geschieht nicht nur, weil wir kontrolliert werden, sondern auch weil wir suggestiv in eine Norm gepresst werden und ein Leben außerhalb dieser von Big Data vorgegebenen Norm sehr viel schwieriger wird.
Wir nehmen wahr, dass damit auch das Ausmaß an Überwachung steigt, sei es durch Behörden, die Bürger besser im Blick behalten wollen, oder durch Unternehmen, die ihre Kunden besser verstehen wollen. Ob auf öffentlichen Plätzen, in Geschäften oder in Restaurants: Wir werden heute überall von Videokameras beobachtet.
Die neue Entwicklung ist jetzt, dass unzählige Sensoren, in Straßenlaternen versteckt oder hinter Werbeplakaten verborgen, die Signale unserer Smartphones verfolgen und so ein ziemlich genaues Bild zeichnen können, welche Wege die Smartphonebesitzer nehmen. Dank der Gesichtserkennung des neuen iPhones weiß man jetzt auch noch, wie dieser anonyme Jemand aussieht.
Ein Beispiel: In Deutschland läuft derweil in rund 100 Partnerfilialen der Deutschen Post ein Pilotprojekt, bei dem die Werbedisplays die vor ihnen stehenden Kunden taxieren. Diese Kunden sollen dann – in London passiert das schon – auf sie und auf ihr Geschlecht zugeschnittene Werbung vorgespielt bekommen. Das ist eine Einflussnahme – auch im öffentlichen Bereich –, eine Suggestion, wie wir uns verhalten sollen, die ich schon sehr bedrohlich finde.
Ein zweites Beispiel – und damit ende ich –: Während in Deutschland der Chef der Techniker Krankenkasse laut darüber nachdenkt, ob man nicht eines Tages die Daten von Fitnesstrackern in der elektronischen Patientenakte speichern könnte, müssen wir, wenn wir in die USA schauen, feststellen, dass das dort schon Alltag ist. Wenn mir also Versicherungskonzerne abhängig von meinem privaten Verhalten demnächst nur noch bestimmte Verträge und be
stimmten Schutz anbieten, dann bedroht das meine individuelle Freiheit. Diese Gefahr müssen wir als Datenschützer oder als Bürgerinnen und Bürger erkennen, und wir müssen ihr entgegentreten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, der vorliegende Gesetzentwurf ist eine einzige Zumutung für die Fraktionen, die Parteien und letztlich für die Wählerinnen und Wähler in Hessen. Das Ganze von CDU und GRÜNEN durchgezogene Verfahren ist eine einzige Zumutung für uns alle.
Ich will es noch einmal ganz kurz rekapitulieren: Es wird eine Anhörung durchgeführt und eine Sondersitzung des Innenausschusses einberufen für Dienstag, 13 Uhr. Da wird mündlich angekündigt, es werde einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf geben. Zwei Minuten später beschließen die Regierungsfraktionen die Empfehlung an das Plenum, den vorliegenden Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen – Herr Bauer hat es uns eben als Berichterstatter noch einmal vorgetragen. Im selben Atemzug musste er aber noch sagen, es gebe doch noch einen Änderungsantrag.
Nein, das ist nicht ungewöhnlich, sondern eine Missachtung uns als Gesetzgeber gegenüber. Das ist kein ordentliches Verfahren.
Einmal unabhängig davon, wer zuständig ist, ein solches Gesetz einzubringen: Sie inklusive Herrn Innenminister Beuth verursachen ungefähr ein Jahr vor der Landtagswahl das größtmögliche Chaos mit einer unausgegorenen Wahlrechtsreform.
Ein kurzer Blick zurück. Trotz aller Hinweise verneinen Sie noch in diesem Jahr die Notwendigkeit, das Wahlgesetz ändern zu müssen, und das, obwohl – es wurde schon ausgeführt – Wahlkreise ungleich groß sind. Nicht einmal mehr als ein Jahr vor der Landtagswahl müsste uns eigentlich allen klar sein, jetzt nichts mehr am Wahlgesetz zu ändern – die Aufstellungsversammlungen laufen doch bereits.
Aber Sie lesen auch in der Zeitung, dass sie woanders schon laufen. – Schon gar nicht sollten die Regierungsfrak
tionen einseitig die Wahlgrundlagen ändern, und dreimal nicht sollten sie gegen den erklärten Willen der Gemeinden mit veralteten Daten und erkennbarem Willen zur Veränderung von Mehrheitsverhältnissen das Wahlgesetz ändern.
Genau das aber machen Sie nun. Und mit welchem Ergebnis? – Nahezu alle Sachverständigen, Gemeinden und Gebietskörperschaften haben in aller Deutlichkeit gesagt, dass Ihre Reformabsichten ein einziger Murks sind.
Fest steht nun, dass wir weder mit dem alten Gesetz noch mit dem neuen eine rechtssichere Grundlage für die Landtagswahl haben. Herzlichen Glückwunsch, Herr Beuth – das haben Sie zu verantworten.
Weil Sie – nicht nur Sie, Herr Bellino, sondern auch weitere – uns LINKEN ja nie glauben und die Sprecher von CDU und GRÜNEN hier wieder so tun, als gäbe es gar kein Problem, will ich hier im Plenum einmal die Sachverständigen, betroffenen Gemeinden und Beobachter der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf zu Wort kommen lassen. Teile davon wurden bereits zitiert.
Herr Prof. Dr. Martin Will sagt:
Wenn das vor den Staatsgerichtshof kommt, wird dieser im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der Rechtsprechung anderer Staatsgerichtshöfe und der Verfassungsgerichte der Länder zu dem Ergebnis kommen, dass das Ganze verfassungswidrig ist.
Herr Prof. Dr. Hofmann:
In der schriftlichen Stellungnahme habe ich sogar gesagt, dass ich es für verfassungswidrig halte, dass nicht die aktuellsten Zahlen zugrunde gelegt worden sind.
Herr Dr. Hofmann spricht auch das schon erwähnte Gerrymandering an, benannt nach einem US-Politiker, der es angeblich erfunden hat, Wahlkreise so zuzuschneiden, dass eine Partei davon profitiert. Wir werden im Duden beobachten, ob Beutezug demnächst mit „th“ geschrieben wird.
Weiter sagt Dr. Hofmann:
Gerrymandering ist ebenfalls ein Punkt, der unbedingt eingehalten werden muss. Wenn es tatsächlich so ist, dass durch den Neuzuschnitt eines Wahlkreises ein Wahlkreis, der bis dahin zwischen A- und BPartei umstritten war, plötzlich mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Wahlkreis wird, der von der A-Partei gewonnen wird, dann stinkt die Sache, um es direkt zu sagen.
Aus den Stellungnahmen der Gemeinden ist schon zitiert worden, deswegen will ich an dieser Stelle nur kurz Herrn Dr. Walter Arnold aus der „Fuldaer Zeitung“ von gestern zitieren, wo er in einem Gastbeitrag schreibt:
Das ist sehr bedauerlich. … Unter anderen aus diesen Gründen befürworte ich die Aufteilung meines Wahlkreises nicht.
Bis in die eigenen Reihen haben Sie also ein Problem mit diesem Gesetzentwurf.
Zusammenfassend haben wir alle in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 16. November gelesen:
So nicht – Die CDU/GRÜNEN-Koalition hat sich bei der Reform der Wahlkreisgrenzen in eine Sackgasse manövriert. … Wenn Schwarz-Grün eine Neuregelung partout für erforderlich hält, ist zumindest eine Revision des vorliegenden Hopplahopp-Gesetzentwurfs unumgänglich. Der Eindruck, die Wahlkreisveränderungen hätten politische Gründe, muss um jeden Preis vermieden werden.
Das aber machen Sie mit Ihrem heutigen Änderungsantrag ausdrücklich nicht, weil Sie uns die Begründung für die jeweiligen Änderungen auch in diesem Änderungsantrag schuldig bleiben.
Herr Bauer, Herr Frömmrich, Herr Beuth, man fragt sich, auf welchem Planeten Sie eigentlich leben, wenn Sie eine solch vernichtende und berechtigte Kritik schlicht nicht zur Kenntnis nehmen. Sie sind dafür verantwortlich, dass das Wahlgesetz und damit die Landtagswahl absehbar beklagt sein wird – schon vor der Wahl.
Sie müssen sich Vorwürfe der politischen Manipulation gefallen lassen und haben zu verantworten, hier mit einem – ich sage es einmal so – schäbigen Verfahren ein bis hin zur Verfassungswidrigkeit gehendes Wahlgesetz parteipolitisch durchzudrücken. Es ist uns aber aufgefallen, meine Damen und Herren.
Die Regierungsfraktionen haben es eingebracht, aber Sie, Herr Innenminister, chaotisieren die Landtagswahl, noch bevor der Termin überhaupt feststeht.
Sie sind zur Vorlage eines rechtssicheren Gesetzes entweder nicht in der Lage, oder Sie betreiben bewusst Wahlmanipulation durch CDU-günstige Wahlreisveränderungen.
Man muss es leider immer wieder sagen: herzlichen Glückwunsch an die GRÜNEN. Früher haben Sie hier immer vorgetragen – auch Sie, Herr Frömmrich –, Mehrheit sei nicht Wahrheit. Ich vermute einmal, dass Sie das heute nicht sagen werden, obwohl es immer noch richtig wäre: Mehrheit ist nicht Wahrheit.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher 180-Grad-Drehung Sie auf einmal an der Seite der CDU kämpfen.
Ich kann nur sagen, dass auch mit Ihrem Änderungsantrag für uns LINKE dieses Gesetz nicht zustimmungsfähig ist, weder heute noch in einer dritten Lesung. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Frömmrich, es ist äußert selten, dass von diesem Rednerpult irgendwelche Belehrungen vorgetragen werden. Ich kann für mich und meine Fraktion sagen: FDP-Fraktion, Chapeau, gut gemacht. Es hat uns allen Spaß gemacht, wie Sie das vorgetragen haben. So wünsche ich mir eine Plenardebatte.
Bei der Frage, wer etwas vorgelegt hat und wer etwas übernommen hat, hat sich Herr Frömmrich gerade selbst widersprochen; das ist ihm zum Glück noch aufgefallen. Ein anderer Widerspruch, der zumindest mir aufgefallen ist, ist noch nicht aufgelöst. Sehr geehrter Herr Dr. Arnold, Sie haben gerade gesagt, dass Sie diesem Vorschlag zustimmen werden. Dann verstehe ich nicht, warum Sie in der Zeitung schreiben, dass Sie es nicht befürworten. Da ist für mich ein Widerspruch. Ich will jetzt nicht wieder mit der Bibel ankommen, aber für mich bleibt das ein Widerspruch.
Ich habe mich noch aus einem anderen Grund zu Wort gemeldet. Herr Beuth, Sie haben – für mich nicht nachvollziehbar – so getan, als wäre das Wählerverzeichnis für die Bundestagswahl irgendwie vom Himmel gefallen. Dafür gibt es doch auch eine Grundlage. Sie haben nicht erläutern können, warum diese Grundlage rechtlich irrelevanter ist als die Angaben, die wir aus der Meldestatistik haben. Daher ist für mich immer noch nicht klar, warum wir mit einem Zahlenmaterial arbeiten müssen, das deutlich älter ist als das, was wir auch vorliegen haben.
Eine letzte Bemerkung von meiner Seite in der heutigen Debatte: Sie dürfen sich darauf freuen, dass Herr Schaus in
der dritten Lesung hoffentlich wieder gesund ist, dann wird es einen anderen Zungenschlag von unserer Fraktion geben.
Von meiner Seite noch ein Beispiel: Viele haben betont, insbesondere die Regierungsfraktionen, dass es unsere Aufgabe als Parlament ist – Herr Beuth, ich glaube, Sie haben das auch betont –, ein Wahlgesetz zu schaffen, mit dem die Wahl rechtssicher durchführbar ist.
Vielleicht habe ich da etwas verpasst. Haben alle Fraktionen in dem Moment, in dem Sie sich aufgemacht haben, das Wahlrecht zu ändern, jenseits des Briefs, die Daten bekommen? Haben alle die Grundlage bekommen, nach der Sie entschieden haben, die Veränderungen vorzunehmen? – Zumindest in meiner Fraktion ist darüber nicht gesprochen worden.
Sie betonen: „Wir alle machen das“, und dann legen uns die Regierungsfraktionen einen offensichtlich im Innenministerium geschriebenen Gesetzentwurf vor und sagen: Wenn ihr etwas ändern wollt, dann recherchiert einmal selbst, und dann macht es hoffentlich besser als wir. – Das ist wirklich schäbig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dankenswerterweise haben die meisten Vorredner und Vorrednerinnen darauf hingewiesen, dass es eine verbundene Debatte ist; es steht auch ein Antrag von uns noch einmal zur Abstimmung. Deswegen will ich zu Beginn sa
gen, dass unsere grundsätzliche Haltung glasklar bleibt: Flucht ist kein Verbrechen, und niemand darf deshalb in Haft genommen werden.