Antje Ehrlich-Strathausen

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute liegt erneut ein Antrag meiner Fraktion zur Bekämpfung der Kinderarmut vor. An dieser Kontinuität unserer bisherigen Anträge können Sie erkennen, dass wir dieses Thema ernst nehmen und es nicht erst in Wahlkampfzeiten entdecken. Von Beginn an kam und kommt es uns unverändert vor allen Dingen darauf an, endlich etwas zur Verbesserung der Lebensbedingungen armer Kinder zu tun. Deshalb ist für uns die Vorlage konkreter Vorschläge wichtiger als die Teilnahme an Arbeitsgruppen der Landesregierung, an Arbeitsgruppen, die offensichtlich leider keine Konsequenzen haben. In der letzten Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses wurde dies mehr als offensichtlich - egal ob Sozialfonds oder ob Kindercard oder Verbesserung der Regelsätze. Es kam nichts als heiße Luft. Auf Nachfrage im Ausschuss gab es dann die Vertröstung auf kommende Haushalte. Frau Lieberknecht, ich habe nach Ihren vollmundigen Ankündigungen als Ministerin mehr erwartet und nicht nur ich und meine Fraktion, nein, auch viele aus den Verbänden, die in den vergangenen Monaten an den Papieren fleißig mitgearbeitet und ihre Ideen eingebracht haben, alle haben wir mehr erwartet.
Schon im März in der Sitzung dieses Landtags hat meine Fraktion im Zusammenhang mit unseren Anträgen zur Kinderpauschale und zum Essenfonds die Glaubwürdigkeit der Sozialministerin eingefordert, damals ergebnislos und das scheint sich auch
so fortzusetzen.
Es wäre doch nur logisch, dass die Landesregierung nach dem Familientag eigene Vorschläge unterbreitete. Schließlich ist dieser Familientag im Wahljahr strategisch kurz vor die Kommunalwahlen gesetzt worden und wir haben das umso mehr erwartet, als die Sozialministerin in ihrer ziemlich genau ein Jahr zurückliegenden Ankündigung einer Kindercard Versprechungen machte, und zwar ging es damals um
- ich habe sie auch noch mal mitgenommen - die Konzeption für die Thüringer Kindercard. Ich habe sie dabei. Frau Lieberknecht, es ging um zusätzliche kostenlose oder kostengünstige Leistungen für arme Kinder. In diesem Vorhabenpaket der Landesregierung zur Verbesserung der Situation armer Kinder ging es im Zusammenhang mit der Kindercard ausdrücklich um einkommensabhängige kostenfreie Angebote; um kostenfreie Angebote zunächst des Landes und darüber hinaus der Landkreise und der kreisfreien Städte. Auch in Ihrer damaligen Regierungserklärung haben Sie noch einmal auf die Kindercard hingewiesen. Herausgekommen ist eine bunte Werbekampagne für alles Mögliche, aber für viele bereits vorhandene Angebote. Teilnahmestempel dürfen gesammelt werden und Zeugniseinträge sind möglich, aber es gibt kein Wort mehr von zusätzlichen und zielgerichteten Angeboten für arme Kinder und erst recht kein Wort mehr von kostenloser Teilhabe, es sei denn - alles, was bisher kostenlos war, bleibt kostenlos -, die Teilnahme ist jetzt für die Kinder und für jeden Jugendlichen kostenlos schon möglich.
Dann stand noch dort zu lesen, dass es eine sogenannte Überraschung für Kinder geben sollte - eine Kinderüberraschung. Die Überraschung im Landesjugendhilfeausschuss bestand darin, dass die Vertreter der Landesregierung nichts zu einer Überraschung sagen konnten, mit der Antwort, wenn sie es jetzt sagen würden, dann sei es ja keine Überraschung mehr. So ganz überraschend ist das Ganze wirklich nicht mehr.
Festzuhalten bleibt damit bis zum heutigen Tag, wertvolle und fundamentale Anträge von unserer Fraktion zur grundlegenden Verbesserung der Lebensbedingungen armer Kinder, nämlich die Gewährleistung einer gesunden Essensversorgung, sowie zur Verbesserung des Schulstartes wurden von der CDU
jedes Mal abgelehnt.
Die nach einem Jahr des Nachdenkens von der Sozialministerin endlich vorgelegte Kindercard hatte weder mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppen der Landesregierung noch mit den Forderungen der Verfasser des „Sozialen Wortes“, noch mit den Ankündigungen der Ministerin, noch mit den Erkenntnissen der Sozialforschung irgendetwas zu tun. Deshalb bleibe ich dabei, alles, was die CDU-Landesregierung im Hinblick auf Kinderarmut bisher getan hat, bestand bis zur Übernahme des Sozialministeriums durch die Kollegin Lieberknecht, also sprich, durch den ehemaligen Minister Zeh, in der Verleugnung des Problems und bei dem damaligen Herrn Minister Zeh war es ganz besonders zäh. Danach wurde das Problem zwar erkannt, glücklicherweise, es wurde auch von Frau Lieberknecht nicht nur erkannt, sondern auch anerkannt, aber die Handlungen daraus blieben weitgehend folgenlos.
Weitgehend sage ich nur deshalb, weil immerhin der ESF - der Europäische Sozialfonds - für das Projekt „Tizian“ genutzt werden konnte. Dessen Finanzierung wiederum erfolgte ausschließlich mit Mitteln aus Brüssel und auch aus Berlin.
Im Klartext bedeutet das, bei Tizian konnte sich die Finanzministerin schlecht widersetzen. Aber bei allen anderen Ansinnen aus dem Sozialministerium scheint Frau Diezel sich hingegen sehr erfolgreich durchgesetzt zu haben. Das ist schade für unsere Kinder in Thüringen und es ist eine Schande für die Landesregierung. Ich kann Sie weiterhin nur bitten, Frau Lieberknecht, dass Sie im Gegensatz zu Ihren Vorgängern die Möglichkeit des ESF in den letzten verbleibenden Wochen für die Bedürftigen unseres Bundeslandes weiterhin noch nutzen und dass Sie vor allen Dingen dafür sorgen, dass die Bürokraten in der GFAW das umsetzen, was mit Tizian beabsichtigt war. Auch die Ankündigung im März - 1.000 Menschen sollten davon profitieren, so sind laut meiner Erkenntnislage erst wenige Bewilligungen durchgegangen und die 1.000 Menschen, die davon profitieren sollten, erscheinen mir eigentlich wie ein Wahlkampfgag zu dieser Zeit.
Mit den originären Landesmitteln ist bisher nichts zur Verbesserung der Lebenslage armer Kinder in Thüringen geschehen und das, obwohl das Ausmaß der Kinderarmut dank langjähriger Niedriglohnenergie
und des konsequenten Sozialbbaus der CDU in Thüringen erschreckend ist. Wenigstens im Wahljahr hätte ich zumindest einen Versuch der Wiedergutmachung erwartet.
Wenn es Wahlkampf wäre, Frau Lieberknecht, dann hätten wir nicht vor Jahren schon mit dem Thema begonnen. Das ist alles andere als Wahlkampf, das ist bitterer Ernst.
Dass ich hier stehe und nach fünf Jahren Legislaturperiode dieser Landesregierung immer noch die Grundlagen dazu erklären muss, wie es den Kindern hier geht, das ist traurig genug.
Aber dass ich schon darauf eingehe, dass Sie versucht haben, hier etwas zu bewegen, das ist ja schon etwas, aber es ist nicht genug. Es fehlen weiterhin die Taten. Man kann davon ausgehen, wenn das noch nicht einmal jetzt passiert, dass ich mich frage, inwieweit die Landesregierung das Thema Kinderarmut eigentlich kalt lässt, denn die Kindercard ist jedenfalls keine Wiedergutmachung. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Bereich der Kindergärten und Familienförderung, mehr ist es im Moment nicht.
Die kurz vor dem Ablauf unserer jetzigen Legislaturperiode eingerichtete Arbeitsgruppe, an der ich ja anfangs auch sehr intensiv mitgearbeitet habe mit diesen Wohlfahrtsverbänden, diente einzig und allein entweder der Beschwichtigung oder Beschäftigungstherapie. Ich erinnere Herrn Panse, vor fünf Jahren - fünf Jahre lang Beschimpfung der Verbände, die sich nach Ansicht der führenden Repräsentanten der CDU-Fraktion angeblich an den Kitas bereichern und dann immerhin eine Arbeitsgruppe im letzten Jahr der Legislaturperiode eingerichtet haben, also da fallen mir Worte ein, die leider in diesem Hause nicht zulässig sind. Nein, Kinderarmut und ihre Bedingungen und ihre Folgen werden in Thüringen von dieser Landesregierung bisher in den Wurzeln nicht angegangen. Mit dem von uns in Auftrag gegebenen Sozialbericht unter Leitung von Prof. Merten von der Friedrich-Schiller-Universität liegen die Fakten wieder erneut auf dem Tisch und ich nenne noch einmal einige Beispiele. Man kann es nicht oft genug sagen, denn es scheint immer noch nicht auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. 28 Prozent der Kinder in Thü
ringen, das sind rund 60.000 Kinder, leben in Armut. Die Quote liegt 10 Prozent oberhalb des bundesdeutschen Durchschnitts. Rund ein Drittel der Alleinerziehenden mit einem Kind und mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden mit mindestens zwei Kindern leben unterhalb des von der Bundesregierung festgesetzten Existenzminimums. Das Armutsrisiko, die Quote liegt in Thüringen mit 19 Prozent um 6 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Besonders gefährdet sind Familien oder Alleinerziehende mit Kindern. Als wesentliche Ursache - hat Prof. Merten herausgearbeitet im Bericht - erweisen sich immer wieder für Thüringen die deutschlandweit niedrigsten Löhne, wie sollte es auch anders sein.
Die Regionaldirektion der Bundesagentur meldete neulich einen erneuten Anstieg der sogenannten Aufstocker, also der Menschen, die trotz Arbeit zusätzlich SGB II in Anspruch nehmen müssen; klar gesagt der Menschen, die trotz Arbeit in Armut bleiben und von denen wir wissen, dass es sich im besonderen Maße um Arbeitnehmer mit Kindern handelt. Auch die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie bestätigte das Problem der Kinderarmut. Spätestens mit dem gemeinsamen sozialen Wort der Jugend- und Sozialverbände muss doch selbst den Kollegen Zeh, Müller und Panse klar sein, dass es mit ihrer Relativierung und ihrer Bagatellisierung und Verdrängung nicht mehr getan ist und auch nicht damit, ständig mit dem Finger auf den Bund zu verweisen und immer tatenlos abzuwarten, denn das gesellschaftliche Bündnis mit dem Willen zur Bekämpfung der Kinderarmut ist so breit wie niemals bei diesem Thema zuvor und lässt sich parteipolitisch wirklich nicht zuordnen. Aber Ihre Abwehrreflexe in der CDU, die sind bei diesem Thema von vorgestern.
Es ist stattdessen an der Zeit, endlich Taten vorzuweisen und mit einem guten Beispiel voranzugehen. Im Kern geht es immer um drei Dinge:
Erstens geht es um die Verbesserung der elementaren Lebensbedingungen, also Ernährung, Wohnung, Gesundheitsfürsorge und -vorsorge. Wir wissen doch, dass trotz der erfolgten Verbesserung der Regelsätze auf Initiative der SPD für einen Teil der Kinder im Rahmen des Konjunkturpakets natürlich weiterer Handlungsbedarf besteht. Noch gibt es keine bedarfsgerechten Regelsätze für alle Kinder. Die Wissenschaftler haben uns das wiederholt vorgerechnet. Auch wenn sich die Landesregierung mit Händen und Füßen wehrt, kostenloses Essen insbesondere für bedürftige Kinder ist weiterhin angesagt. Die Kommunen können das nicht allein schultern, auch das habe ich an dieser Stelle schon vor zwei Jahren, als wir unseren ersten Antrag eingebracht haben, betont. Sie können das nicht allein
schultern und sie brauchen die Unterstützung des Landes.
Zweitens geht es um Teilhabe im umfassenden Sinne, zunächst vorrangig von Anfang an um Teilhabe an Bildung, Betreuung und an Förderung. Bildung ist und bleibt der Schlüssel zum Verlassen von Armut im späteren Leben. In diesem Bereich wissen wir, dass mit der frühkindlichen Förderung wiederum in besonderem Maße die Weichen für jedes Kind gestellt werden. Der hohe Anteil an Förderschülern in Thüringen trotz der guten Inanspruchnahme der Kindertageseinrichtungen, insbesondere in der Phase vor der Einschulung, ist ein deutlicher Indikator für pädagogischen Handlungsbedarf. Ich wiederhole, insbesondere in den sozialen Brennpunkten, insbesondere in Regionen mit ausgeprägter Kinderarmut stehen die Bildungseinrichtungen, von den Kindergärten über die Schulen, teilweise sinnbildlich mit dem Rücken vor der Wand. Das gilt insbesondere für die qualitative und quantitative Ausstattung mit Personal. Über die frühkindliche Förderung und die Personalausstattung hatten wir ja schon oft genug gesprochen. Auch in den Schulen besteht Handlungsbedarf. Wir brauchen dort zusätzliche Profession für individuelle Förderung, Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen.
Drittens geht es um die Vermeidung der Stigmatisierung armer Kinder. Die Stigmatisierung findet statt insbesondere durch das frühe Sortieren und Ausgrenzen in den Schulen, durch Nichtteilnahme an zusätzlichen Angeboten in Kindergärten und Schulen. Deshalb brauchen wir das längere gemeinsame Lernen und mehr schulische Ganztagsangebote in den Schulen.
Außerdem brauchen wir an den Schulen einen Sozialfonds zur zielgerichteten, individuellen und unbürokratischen Hilfestellung. Im Landesjugendhilfeausschuss vorgelegten Bericht heißt es „noch klärungsbedürftig“. Stigmatisierung findet auch statt, wenn Kinder weder in den Urlaub fahren noch an Erholungsangeboten teilnehmen können und ganz verschämt schweigen oder schwindeln, wenn andere Kinder ihre Erlebnisse einfach strahlend erzählen. „Die Landesregierung will Personal in Bildungscamps mit ESF-Mitteln qualifizieren“, steht im Bericht des Landesjugendhilfeausschusses, aber kein Wort davon und kein Euro dafür, um arme Kinder überhaupt daran teilnehmen zu lassen. Die Stigmatisierung findet letztendlich ursächlich auch statt, wenn bildungsfernen Eltern Erziehungskompetenz klammheimlich abgesprochen wird und deren notwendige Beratung und Unterstützung im Alltag der Schulen und der Jugendhilfe völlig ungenügend angeboten wird. Man kann auch einfach sagen, sie wird sträflich unterlas
sen. Schauen Sie sich als bezeichnendes Beispiel nur Vorhaben 17 des Katalogs der Landesregierung zur Verbesserung der Situation armer Kinder an. Das habe ich auch hier. Dort sollten die staatlichen Schulämter um die Profession der Jugendhilfe gestärkt werden. Formale, nonformale und informelle Bildung sollten in regionalen Bildungslandschaften entwickelt werden, um Benachteiligung aufzuheben. Das sind schöne Worte und es sind auch gute Ziele. Dann aber das Ergebnis: „Derzeit ist eine Ausweitung der Stellen an den staatlichen Schulen nicht möglich.“ Ja, wann denn dann? Wie viele Legislaturperioden wollen Sie denn noch warten, um etwas in die Hand zu nehmen und etwas zu tun?
Die Verbesserung der Lebensbedingungen, die Gewährleistung von Teilhabe und die Vermeidung von Stigmatisierung, alle diese drei Kernpunkte müssen nach unserer Ansicht angegangen werden, um Kinderarmut wirkungsvoll und an den Wurzeln zu bekämpfen. Das kann natürlich nicht gleichzeitig geschehen, aber es muss absehbar und abgestimmt geschehen, vor allen Dingen muss es jetzt endlich einmal geschehen. Das zu bewältigen ist nur gemeinsam mit den Thüringer Kommunen und den freien Trägern, insbesondere aus dem Bereich der Wohlfahrtsverbände und den Jugendverbänden, möglich. Die Vorleistungen, ich möchte noch das ehrenamtliche Engagement betonen, der Kommunen und der Verbände und das ehrenamtliche Engagement sind beachtlich. Wir wissen auch selber, dass es nicht nur um das Geld geht, aber wissen auch genau, dass es dabei um zusätzliche Mittel, die ja anfangs angedacht waren, gehen muss und auch und gerade um Landesmittel, sonst ist eine glaubhafte Bekämpfung der Kinderarmut mit den Kommunen und den freien Trägern überhaupt nicht möglich, wenn sie nicht vorweggehen. Ansonsten wird auch das wirklich bemerkenswerte Engagement der Thüringer ehren- und hauptamtlichen Akteure in dieser Sache von der Landesregierung missachtet.
Werte Kolleginnen und Kollegen, unser vorliegender Antrag bietet noch einmal die Chance, die Bekämpfung der Kinderarmut in Thüringen konkret und ganz wirkungsvoll anzugehen und auch Taten folgen zu lassen. Der Worte sind genug gewechselt, jetzt sind die Taten bitter nötig und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.
Herr Panse, dass unser Antrag eine Heuchelei ist, ist eine blanke Unterstellung. Herr Bärwolff hat eben auch schon belegt, dass unsere Parteien es waren, die als Erstes schon seit Jahren Anträge gegen Kinderarmut hier stellen. Ich kann mich nicht erinnern, Herr Panse, dass von Ihnen jemals in der Richtung überhaupt etwas auf den Weg gebracht worden ist. Lieber eine Pause mit Verstand, als endlos zu debattieren mit irgendeinem Schrottergebnis, wo am Ende überhaupt nichts herauskommt. Sie können Ihren Hintern, so viel sie wollen, zu so vielen Sitzungen tragen, wie Sie möchten; wie wir sehen, kommt am Ende ja auch nicht viel dabei heraus. Wir nutzen die Zeit lieber besser, um unsere Aufgaben zu machen, und arbeiten, um Anträge zu formulieren, damit hier etwas Konkretes getan wird.
Zu den Kosten: Wenn Frau Lieberknecht selber ankündigt, dass zusätzlich Geld in die Hand genommen werden soll, dann brauchen Sie uns nicht zu unterstellen, dass wir jetzt sagen sollen, wo das Geld herkommt. Die Erklärung ist doch ganz einfach: Diese drei Möglichkeiten für das zusätzliche Geld, die haben Sie eben genannt, aber in den Haushaltsdebatten haben wir unsere Anträge immer unterlegt mit Deckungsvorschlägen. Wie das Geld verteilt wird,
Herr Panse, das wissen Sie doch ganz genau, das ist eine politische Entscheidung. Wer letztendlich dafür den Hut auf hat, das wird die nächste Wahl entscheiden. Und auch dann können wir uns über das Geld noch weiter unterhalten. Wir sind überhaupt nicht verpflichtet, Ihnen zu sagen in diesem Moment, wo das Geld herkommen soll. Wir haben in den ganzen Haushaltsdebatten unsere Deckungsvorschläge immer gebracht. Wenn Sie das anders sehen, dann ist das Ihre Ansicht, aber nicht unsere.
Das Nächste - es kostet ja nichts: Herr Panse, dieser Spruch „Was nichts kostet, ist nichts wert.“ hängt mir schon zum Hals heraus, wie oft habe ich den von Ihrer Fraktion gehört. Das heißt also im Umkehrschluss, alle Jugendclubs, alle Spielplätze und Schulen sind kostenlos und auch das ist dann alles nichts wert. Sie widersprechen sich an sich schon selbst.
Das Nächste - das Netzwerk der Hilfe: Sie haben mich aufgefordert, ich soll die Eltern informieren, dass Familienerholung usw. den Eltern praktisch dargeboten werden soll. Das sollen Familienzentren tun und diese Familienzentren, um ihnen zu helfen, brauchen Personal. Diese Höhe des Personals haben wir immer definiert und deswegen, aus diesem Grund, fordern wir die 2.000 Stellen der Kindergärtnerinnen auch ein, damit sie überhaupt in der Lage sind, die Eltern zu informieren. Wenn Sie das natürlich nicht einsehen, dann brauchen Sie mir nicht zu sagen, dass ich mich hinstellen soll und soll den Eltern erzählen, wo sie Anträge stellen sollen für Familienerholung.
Die Forderungen, wir wollen einen Klamauk: Ganz bestimmt wollen wir keinen Klamauk, sonst hätten wir uns damals nicht aus diesen Arbeitsgruppen leise zurückgezogen. Das hätten wir auch gerne mit großem Klamauk machen können, wenn wir das gewollt hätten. Es ist kein Schaufensterantrag, schon allein deswegen nicht, weil diese Situation der Kinder ganz klar und offensichtlich auf der Hand liegt. Er ist auch nicht nicht zeitgemäß, im Gegenteil: Wir sind weit zeitgemäß voraus, Ihnen voraus; Sie hängen hinterher, und zwar von gestern, was die Ansicht Kinderarmut betrifft. Sie sollten sich dafür im Prinzip schämen.
Jetzt möchte ich Ihnen noch zum Schluss eine einzige Sache zitieren: Christentum, christliche Werte und Gebote - Liebe deinen Nächsten. Als Jesus das Gesetz formulierte, fragten seine Jünger, wer denn der Nächste sei, wer ist der Nächste. Darauf erzählte er ihnen das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das schlussendlich darin mündete, dass derjenige dein Nächster ist, der deine Hilfe am meisten benötigt, egal, ob er zu den Deinen gehört. In dem Moment benötigen unsere 60.000 Kinder diese Hilfe. Wenn Sie das nicht mit einsehen, dann tun
Sie mir herzlich leid. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch nach der Rede der Ministerin Lieberknecht stehen wir als SPD immer noch zu der Forderung, dass Kinderrechte in das Grundgesetz gehören.
Unmittelbar einen Tag vor dem Weltkindertag - Sie erinnern sich alle - hat die CDU-Mehrheit im Bundesrat eine Chance zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Kinder in der Bundesrepublik erneut vertan.
Die Thüringer Landesregierung hat mit ihrem Abstimmungsverhalten gegen den Antrag der Länder Bremen und Rheinland-Pfalz ihren Teil dazu beigetragen und damit hat die CDU dokumentiert, dass Ihnen Kinderrechte und damit verbunden der Kinderschutz und die Kinderförderung nun so wichtig auch wieder nicht sind, damit sie in das Grundgesetz gehören.
Ziel des Antrags der beiden SPD-geführten Länder Bremen und Rheinland-Pfalz war, die Achtung der Kindeswürde, das Recht auf die Entwicklung, Entfaltung ihrer Persönlichkeit, eine gewaltfreie Erziehung, den Schutz vor Vernachlässigung und Ausbeutung grundsätzlich zu verankern. Weiterhin sollte der Anspruch des Kindes auf Förderung einschließlich des Rechts auf Bildung sowie die Pflicht der staatlichen Gemeinschaft zur Schaffung kinderrechtlicher Lebensbedingungen normiert werden. Anders gesagt, weil Kinder im besonderen Maße verletztlich und auf Schutz angewiesen sind, weil sie im besonderen Maße geschützt und gefördert werden müssen, deshalb gehören die Kinderrechte als Grundrechte in unser Grundgesetz hinein. Es ging um Kinderrechte und damit zusammengefasst um einen besseren Schutz der Kinder und um Anspruch
auf Förderung und das ist beides nicht voneinander zu trennen. Ich weiß, dass in den Reihen der CDU die Auffassung kursiert, wonach ein handfester Nutzen einer solchen Verfassungsänderung immer wieder bestritten wird. Eine Aufnahme von Kinderrechten sei eine Alibidiskussion, das sagte Herr Panse in einer Pressemitteilung vom 20.12.2007. Aber wenn Sie so etwas behaupten, Herr Panse, dann führen Sie eine Alibidiskussion und nicht wir. Denn wenn Sie im Interesse der Kinder wirklich handeln würden, dann wüsten Sie, dass die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz mittelfristig das gesellschaftliche Rechtsbewusstsein verändert. Ich wollte Ihnen noch ein Zitat von Herrn Seehofer kurz vorlesen, der neue Ministerpräsident von Bayern: „Ich bin dafür, weil eine Grundgesetzänderung nicht nur den Schutz der Kinder rechtlich verstärkt, sondern auch Bewusstsein bildet.“
Und dies vor allen Dingen bei denjenigen, die in der staatlichen Gemeinschaft Verantwortung dafür tragen, Kindeswohlgefährdung rechtzeitig zu erkennen und die dafür erforderlichen spezifischen Rechtsgrundlagen zu schaffen oder weiterzuentwickeln. Ein Beispiel für die verhaltensnormierende Kraft des Grundgesetzes ist das Gesetz zur Gleichstellung von Mann und Frau. Ich bin mir sicher, dass ohne diese normierende Kraft des Grundgesetzes eine jahrzehntelange Diskussion um die mangelnde Gleichstellung überhaupt nicht stattgefunden hätte. Längst sind wir nicht da, wo wir nach der Zielsetzung des Grundgesetzes sein müssten, nämlich bei der völlig selbstverständlichen Gleichstellung. Grundgesetzliche Regelungen können und sollen gerade für die politisch Verantwortlichen das Ziel sein, um den Handlungsdruck so lange aufrechtzuerhalten, bis dieses Ziel erreicht ist. Genau das erwarte und erhoffe ich mir auch von der Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz.
Frau Ministerin sprach es an: Die Forderung, Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen, macht nur Sinn, wenn man dem Grundgesetz zutraut, konkrete Lebenssituationen auch zu verbessern. Ich bin davon überzeugt, dass kinderrechtliche Bestimmungen dann auch genau diese Kraft besitzen. Unsere Kinder sind nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes Grundrechtsträger; an den benannten Stellen werden die Menschenwürde, das Recht auf eine freie Persönlichkeitsentfaltung und auf körperliche Unversehrtheit zugesprochen. Die Grund- und Menschenrechte gelten zu jeder Zeit und ohne Einschränkung für alle Menschen, auch für unsere Kinder. Was aber von den Gegnern der Aufnahme ins Grundgesetz immer wieder gesagt oder was völlig ignoriert wird, ist, dass die Kinder eben nicht kleine Erwachsene sind. Diese Tatsache wird völlig außer Acht gelassen. Kinder
bedürfen stattdessen eines besonderen Schutzes und einer besonderen Fürsorge und Förderung, denn sie sind das schwächste Glied in unserer Gesellschaft. Folglich sollte ihnen ein besonderer Stellenwert zukommen, damit die Schutzbedürftigkeit endlich stärker im Bewusstsein der Gesellschaft verankert wird.
Mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahre 1992 hat die damalige Bundesregierung ihr Einverständnis erklärt, alle Anstrengungen zur Reformierung der innerstaatlichen Gesetzgebung zu unternehmen und damit auch diesen besonderen Schutz- und Förderrechten zukünftig Geltung zu verschaffen. Aber leider, so scheint es - es sind inzwischen 16 Jahre seit der Ratifizierung vergangen -, war nicht genügend Zeit für die große Mehrheit CDU und CSU, sich sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag für ein eigenständiges Grundrecht und damit für eine zentrale Rolle der Kinder in unserer Gesellschaft einzusetzen. In Thüringen allerdings wurde ein Teil der Forderung 1993 in Artikel 19 verankert. Im Gemeinsamen Wort der Jugend- und Sozialverbände zur Bekämpfung der Kinderarmut wird auch bei der Thüringer Verfassung auf weiteren Handlungsbedarf hingewiesen. Also, auch dort steht etwas vermerkt darüber.
Was dann heute von der CDU-Landtagsfraktion als Alternativantrag vorgelegt wurde, das spottet jeder Beschreibung. Ich habe mich gefragt: Warum verging denn eigentlich so viel Zeit von der Antragsankündigung - das war Ende September schon - bis zum eingereichten Antrag? Vorgestern erfolgte dann endlich eine Vorlage. Ich habe wirklich gewartet und bei Herrn Panse persönlich angefragt, wann denn dieser Antrag nun endlich mal vorliegt. Ich habe mit Spannung darauf gewartet, vor allem im Zusammenhang mit der Steilvorlage der Sozial- und Jugendverbände. Sie haben nämlich geschrieben im Zusammenhang auch mit der Kinderarmut: „Armut verletzt Kinderrechte. Der Schutz des Kindes vor Verarmung ist in Artikel 19 der Thüringer Verfassung zu verankern.“ Also hatte ich die Hoffnung, dass zumindest in dem Zusammenhang hier ein Antrag der CDU vorliegt. Aber was kommt? Eine Aufforderung zur Berichterstattung, zur Berichterstattung, zur Berichterstattung - und das war’s. Diese Berichtsanforderung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, von Ihnen vor genau einer Woche - Freitag, heute vor einer Woche - ist die erfolgte Ablehnung unseres Antrags zur Kinderarmut. Das ist nichts anderes als zynisch. Ich denke, dieser Antrag, Herr Panse, Ihrer Fraktion ist ein Ablenkungsantrag, damit die Untätigkeit Ihrer Fraktion möglichst nicht erkannt wird.
Denn wenn Sie ehrlich wären, müsste auch im Bericht der Ministerin zu hören gewesen sein, dass bei der Stärkung der Kinderrechte auf Bundes- und Landesebene die CDU immer nur so getan hat als ob und dass sie gleichzeitig im Bundesrat verhindert hat, dass die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Beim Kinderschutz hat sich die CDULandesregierung in dieser Legislaturperiode auch schon rückwärts bewegt, das wissen Sie, und hat dann die Kommunen allein gelassen. Nur aufgrund unseres Druckes ist es überhaupt erst mal wieder erhöht worden.
Die von Ihnen eingebrachten Gesetze sind unzureichend, das hat auch die Anhörung zum Kinderschutzgesetz am letzten Freitag ergeben. Das hat die Anhörung damit bestätigt.
Die Bekämpfung von Kinderarmut hat die CDULandesregierung nach wie vor nicht als Bestandteil der Verbesserung der Kinderrechte und des Kinderschutzes begriffen. Beispielsweise lehnte die CDU stattdessen unseren Antrag hinsichtlich der Förderung der Kommunen bei der Einführung von kostenfreien oder kostengünstigen Essen für bedürftige Kinder erneut ab. Frau Lieberknecht hat eben auch so schön gesagt: „Es geht nicht um rechtstheoretische Dinge, sondern um praktische Dinge.“ Genau diese praktischen Dinge haben wir in unseren Anträgen eingefordert. Sie sind erneut von Ihrer Fraktion abgelehnt worden. Außer dieser Ablehnung ist bisher nichts passiert - nichts. Wir haben die Ankündigung gehört von der Kinder-Card. Davon wissen wir auch nicht, wie es überhaupt weitergeht. Deswegen sage ich, Herr Panse, ist Ihr Antrag nach wie vor ein Alibiantrag. Dieses Mal passt auch die Bezeichnung ganz genau dazu.
Die Begründung ist auch sehr widersprüchlich in Ihrem Antrag. Rückblickend betont da die CDUFraktion die Berücksichtigung der UN-Diskussion bei der damaligen Thüringer Verfassungsgebung. Dann wundert es mich doch sehr, dass angesichts unserer Verfassung die CDU für Thüringen den Handlungsbedarf offensichtlich in Teilen - habe ich eben schon erwähnt - erkannt hat, aber ihn völlig unverständlich auf der Bundesebene dann wiederum nicht sieht - da ich die Hoffnung noch nicht aufgebe, sage ich: noch nicht sieht. Oder Ihr Alternativantrag ist ein Versuch, Zeit zu schinden, vielleicht positiv gedacht, Zeit für eine andere Einsicht.
Immerhin scheint es da in der CDU/CSU andere Meinungen zu geben. Ein Zitat habe ich eben von Herrn Seehofer schon gebracht. Es gibt noch ein
zweites von Ursula von der Leyen, die davon spricht, dass die Zeit dafür reif ist, dass Kinderrechte ins Grundgesetz gehören. Trotz allem scheitert oder trotz eindeutiger Positionierung der SPD und der Oppositionsparteien scheitert die Debatte auf Bundesebene immer wieder an der Mehrheitsmeinung nur der CDU. Wir Sozialdemokraten sind überzeugt, dass wir alles dafür tun müssen, um für das Wohl unserer Kinder zu sorgen, und dazu gehört auch die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz.
Noch ein Beispiel zum ergebnisorientierten Handeln oder praktischen, wie Sie das sagten, was nicht rechtstheoretisch ist. Die Beispiele Kinderschutzgesetz und Antrag noch mal zur Kinderarmut zusammenfassend: Es ist wirklich schon traurig, dass sich die CDU-Fraktion bei dem Thema „kostenfreies Essen für bedürftige Kinder“ überhaupt keinen Millimeter bewegt hat. Das war eine Chance und wir werden auch nicht nachlassen. Ich erinnere - es ist schon eine Weile her -, in der 2. Legislaturperiode ging es um die Entwicklung einer Kultur der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Die CDU wusste damals auch nichts Besseres, als die entsprechenden Haushaltsmittel für den Jugendetat wieder zu streichen.
Berichte helfen beim Ausbau der Kinderrechte ebenso wenig wie Gutachten, die sich lange hinziehen. Was wir brauchen, das sind konkrete Leistungsgesetze zur Verbesserung des Kinderschutzes und zur Bekämpfung der Kinderarmut, was ein Grundrecht der Kinder sein müsste. Wir brauchen eine Kultur der altersgerechten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, von Teilhabe und dort überall ist auch dringender Handlungsbedarf.
Ein wesentlicher Grund dafür liegt schlicht und einfach darin, dass Kinder mit ihren spezifischen Bedürfnissen allzu oft und allzu lange ignoriert werden und wurden, z.B. die schlimmen Tötungen von Kindern. Erst dann, zu diesem Zeitpunkt, als das geschah und immer öfter geschah, hat die Landesregierung angefangen zu handeln. Das darf so nicht sein. Die Kinderrechte gehören ins Grundgesetz hinein, damit solche Sachen insgesamt ins Bewusstsein hineingetragen werden und nicht wieder wie ein Tropfen auf den heißen Stein und immer nur dann reagiert wird, wenn etwas passiert.
Deshalb noch einmal der Appell an die Kolleginnen und Kollegen der CDU: Mit dem Artikel 19 der Thüringer Verfassung gibt es gute Argumente, wenn auch nicht alle, die wir uns gewünscht haben, und innerhalb Ihrer Partei und der Bundestagsfraktion gibt es auch Kollegen, die eine veränderte Einstellung dazu haben. Sie sollten diese Chance nutzen. Die
ser vorliegende Antrag gibt Ihnen erneut eine Möglichkeit dafür. Wer sich aber auf der Bundesebene nicht für das einsetzt, was er in der eigenen Landesverfassung für unabdingbar hält, nämlich dass Kinder vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen sind, wer diese Forderung im Bundesrat für die nationale Gesetzgebung ablehnt und/oder verschleppt, der ist dann wiederum politisch unglaubwürdig. Vielen Dank.
Handreichung zur Umsetzung des Bildungsplans
Zur Umsetzung des Bildungsplans wurde vom Thüringer Kultusministerium die Erarbeitung einer Handreichung angekündigt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Warum liegt die Handreichung nicht bereits zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Bildungsplans, also seit August 2008, vor und bis zu welchem Zeitpunkt ist die Vorlage beabsichtigt?
2. Wer erarbeitet innerhalb der Landesregierung die Handreichung (Es wird um Angabe des Fachrefe- rats und ggf. der nachgeordneten Behörden gebe- ten.)?
3. Welche Experten namentlich aus welchen entsendenden Institutionen (extern und intern) aus dem Bereich der frühkindlichen Förderung werden an der Erarbeitung der Handreichung beteiligt?
4. Welche Mindestanforderungen werden an die beruflichen Qualifikationen der mit der Erarbeitung der Handreichung beauftragten Fachkräfte gestellt?
Ich finde es nicht besonders gut, dass die Fragen zusammenhängend beantwortet werden. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sie einzeln behandeln. Deswegen muss ich auch erst mal schauen, was nicht beantwortet ist. Ich hatte gefragt - und deswegen sehe ich das jetzt auch nicht als Nachfrage, sondern als nicht beantwortete Frage -, warum die Handreichung nicht bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bildungsplans vorliegt. Ich habe das in dieser Mündlichen Frage genau so gestellt und sehe das auch nicht als eine Nachfrage, sondern als nicht beantwortet und würde Sie gern noch mal diese Frage beantworten lassen. Und meine erste Frage ist dann noch, warum informieren Sie dann Ihre Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die im Landesjugendhilfeausschuss sitzen, nicht über die konkrete Bezeichnung? Bisher wurde immer von einer Handreichung gesprochen. Das ist das erste Mal, dass Sie heute von einem zweiten Ordner oder wie auch immer sprechen.
Nein, ich habe eine gestellt. Ich habe es eben begründet.
Ich habe sie noch einmal vorgelesen.
Also ich bedanke mich herzlich für diesen Umgang. Ich bin sehr entsetzt darüber, dass die Praxisleute
jetzt noch nicht - da gebe ich noch eine Wertung ab - mit der Implementierung, also seit August 2008, diese sogenannte Handreichung vorliegen haben. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, gestern bekamen wir zu hören, bei Frauen kommt der Aufschwung an. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Das war zu dem Tagesordnungspunkt zur Finanzmarkt- und Immobilienkrise zu hören und stammte von Dieter Althaus. Ich würde ihn gern erweitern: Bei Frauen kommt der Aufschwung an, aber überwiegend nur über das Portemonnaie ihrer Männer. Deswegen ist das Thema „Lohndiskriminierung“ auch von Frauen immer ein aktuelles, wenn auch trauriges Thema.
Frau Wolf hat eben die Fakten benannt und die Zahlen liegen seit langer Zeit auf dem Tisch. Die Lohndiskriminierung ist nach wie vor unverändert in Thüringen und ist bittere Realität. Selbst das Wirtschaftsministerium räumte im Gleichstellungsausschuss ein, dass das Problem der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern unter gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten noch nicht optimal in Unternehmen transportiert worden ist. Das ist eine vornehme Beschreibung für diesen Tatbestand, weil die Gleichbehandlung von Mann und Frau in Thüringen an Arbeitsplätzen natürlich weit von der Wirklichkeit entfernt ist. Deshalb muss man auch den Schluss ziehen, weil nur ein Drittel der Neueinstellungen in Thüringen Frauen sind.
Ihre Politik der CDU trägt natürlich bittere Früchte. Es ist so, dass sich 50 Prozent der Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden. Das ist auch eine Folge der CDU-Niedriglohnideologie und auf makabre Art und Weise ist Ihre Ideologie dabei auch noch erfolgreich. Die Thüringer Erwerbsquote zeigt, dass die Schere bei der Belohnung zwischen Frauen und Männern weiter auseinandergeht.
Vor wenigen Jahren war es undenkbar, dass östlich der Werra die Erwerbsquote von Frauen unter bundesdeutschem Niveau liegt. Die Thüringer Politik hat es nun geschafft, dass mit 60,6 Prozent das bundesweite Niveau mit 61,5 Prozent in Thüringen auch noch überboten wird. Und Frauen machen das
nicht freiwillig. Trotz der Kommunikationsbereitschaft von Frau Ministerin Lieberknecht sind keine Strategien zur Abhilfe zu erkennen. Es wird auch noch der Fehlanreiz mit dem Landeserziehungsgeld geschaffen, für gewisse Zeit lieber zu Hause zu bleiben. Das ist und bleibt auch falsch. Das ist eine Fehlsteuerung, die Sie auch weiter ausdehnen wollen.
Ein zweiter Punkt: Die Untätigkeit setzt sich bei der Schwelle vom Übergang von Schule zur Berufsausbildung fort. Es wurde schon der Ausbildungspakt erwähnt, Sie erinnern sich, auch im Ausschuss. Erstmals gibt es eine Präambel oder einen Hinweis, dass Frauen bei Ausbildungsplätzen zu berücksichtigen sind. Das ist aber eine minimale Alibiformulierung, denn junge Frauen sind bei betrieblichen Ausbildungen natürlich benachteiligt. Die Berufswahl ist der Beginn der Lohndiskriminierung. Es werden Jahre verschenkt, wo junge, gut qualifizierte Frauen Thüringen in Scharen verlassen. Da ist in den letzten Jahren nicht gegengesteuert worden.
Das Zweite wurde von Frau Wolf schon erwähnt, die Steuerungsmöglichkeit im Thüringer Gleichstellungsgesetz, der § 22. Damit hätte man erreichen können, dass das Bewusstsein für Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben besser in Betriebe transportiert werden wird. Es bleibt festzustellen, Frauen haben in Thüringen häufig nur die Chance, einen schlecht bezahlten und unsicheren Job zu bekommen. Trotz besserer Schulabschlüsse werden Frauen schon beim Übergang in das Berufsleben vorrangig in zukünftige Niedriglohnbereiche abgedrängt.
Die Familienpolitik des Landes sorgt zusätzlich für die Benachteiligung von Frauen, sie verschlechtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das alles mündet in Lohndiskriminierung und es sorgt unverändert für die Abwanderung junger qualifizierter Frauen. Der Landesregierung aber fällt nichts mehr ein als Schönreden und Beschwichtigung.
Ich bedanke mich nicht bei der CDU-Fraktion für ihre Unaufmerksamkeit, weil das diesem ernsthaften Thema, was immer aktuell ist, überhaupt nicht angemessen ist. Aber ich bedanke mich bei den anderen Zuhörern, die diesem Thema sehr wohl zugehört haben. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es erst einmal positiv, dass wir endlich einen Gesetzentwurf zur Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule vorliegen haben. Allerdings, die Ankündigung für eine bessere und verbindliche Kooperation und die gemeinsame Verantwortung von Schule und Jugendhilfe für Kinder und Jugendliche zieht sich nun schon seit einigen Jahren hin, denn schon 2002 im Juni ist ein Beschluss der Jugendministerkonferenz gefasst worden und damit war auch ein Handlungsauftrag gegeben. Das ist inzwischen schon sechs Jahre her. Ich erlaube mir, diesen Beschluss noch einmal zu zitieren: „Die Entwicklung eines Gesamtsystems von Bildung, Erziehung und Betreuung erfordert die Weiterentwicklung bisheriger Finanzierungsstrukturen und der rechtlichen Rahmenbedingungen.“ Die Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen liegt uns jetzt vor in Form des Gesetzentwurfs, aber die weiterzuentwickelnden Finanzstrukturen innerhalb dieses Zeitraums, also schon seit 2002 bis jetzt, in diesem Zeitraum wurde ein Drittel gekürzt.
Herr Bärwolff sprach es eben an, ich will es nur zusammengefasst sagen. Die Mittel, die für Jugendpauschale, Schuljugendarbeit und Schulsozialarbeit an beruflichen Schulen 2004 noch vorhanden waren, entsprachen 15 Mio. € und jetzt sind es noch 10 Mio. € Landesförderung unter dem Titel „örtliche Jugendförderung“.
Nach den Jahren der Ankündigung und seitdem der Gesetzentwurf jetzt vorliegt, ist zumindest der erste Teil dieser Selbstverpflichtung der Jugendministerkonferenz in die Tat umgesetzt. Der zweite Teil des Beschlusses, also die finanziellen Rahmenbedingungen, haben sich allerdings in diesen Jahren verschlechtert, nicht nur in der Jugendförderung, sondern auch in den Kindertagesstätten. Dabei sind die Kindertagesstätten eine wesentliche Schnittstelle von Jugendhilfe und Schule.
Zu dem Artikel der Schule wird Herr Döring noch etwas sagen und ansonsten hoffe ich, dass wir die Details dann auch im Ausschuss noch besprechen können.
Ich möchte zwei Punkte insbesondere aus dem ganzen Artikelgesetz herausnehmen. Das eine ist noch einmal der Kinderschutz und das Zweite ist die strukturelle Elterneinbindung in Gremien, also die Mitwirkungsverordnung.
Zum Kinderschutz als erstes Thema: Ich bin der Auffassung, dass, wenn es konkrete Aussagen zum Kinderschutz gibt, sie in diesem Artikelgesetz eher als Beipack oder als Beilage fungieren. In dem Zusammenhang ist es positiv zu benennen, dass der § 55 a - gehört aber in den Schulbereich - eine Verbesserung darstellt zum Referentenentwurf, denn da ist der Handlungsauftrag der Schule bei Kindeswohlgefährdung nicht eindeutig definiert gewesen. Jetzt ist es in dem Gesetz eindeutiger definiert. Das ist die positive Seite.
Es hat mich auch gefreut, dass in der Mitarbeit des Landesjugendhilfeausschusses, auch mit Herrn Bärwolff, sich zumindest an dieser Stelle die Auseinandersetzung mit dem Referentenentwurf gelohnt hat. Trotzdem aber sind die Regelungen zur Verbesserung des Kinderschutzes nicht ausreichend.
Die in § 14 Abs. 3 des KJHAG beschriebene Netzwerkarbeit wird den fachlichen Anforderungen nicht gerecht. Es fehlen Zielvorgaben, es fehlt die spezifische Benennung von Akteuren und insbesondere eine gesetzlich geregelte Mitverantwortung und Mitfinanzierung des Landes für diese wichtige Arbeit der Netzarbeit in den Regionen. Es ist immer und immer wieder auch in Anhörungen und auch im Sozialausschuss von den Akteuren darauf hingewiesen worden, dass diese Netzwerke eine elementa
re Voraussetzung zur Verbesserung des Kinderschutzes sind. Sie sind immer wieder eingefordert worden. Wer sich mit den Praktikern unterhält, der weiß, dass ein Netzwerk bei aller Betonung und Zustimmung in den Regionen, die das dort auch wollen, längst nicht selbstverständlich ist. Sie sagen sehr zu Recht, Frau Ministerin, in der Gesetzesbegründung, dass es sich um eine Weiterentwicklung der bisherigen Praxis handelt. Das heißt nichts anderes, dass es bisher nicht die Regel war, trotzdem war es aber kein Gesetzesverstoß. Klar ist aber, dass die Weiterentwicklung natürlich zusätzliche Aufgaben für die Kommunen bedeutet, zumindest dann, wenn man den Auftrag vor Ort auch ernst nimmt. Dann allerdings bei den Kosten zu behaupten, dass es sich um keine neuen kommunalen Aufgaben handele, sondern lediglich um eine Konkretisierung, das wird der Sache der Verbesserung des Kinderschutzes leider nicht gerecht. Wer im Kinderschutz nicht klipp und klar die Anforderung definiert, der nimmt dann wieder hin, dass der Kinderschutz wieder nach Kassenlage gemacht wird oder - ich muss es einfach so hart sagen - wieder in Katastrophenaktionismus verfällt, wenn wieder ein neuer Fall von Kindeswohlgefährdung durch die Medien geht.
Man braucht für eine ernsthafte Vernetzung erstens personelle Ressourcen vor Ort. Ein guter Kinderschutz setzt Standards voraus, die genauso von Suhl bis Nordhausen oder von Altenburg bis ins Eichsfeld hineinwirken. Diese sind natürlich nicht kostenneutral zu haben.
Kurzum, diese in diesem Zusammenhang getroffenen Regelungen hätten in ein Kinderschutzgesetz gehört und sie sind nicht ausreichend. Ich verweise noch mal auf unser Kinderschutzgesetz. Dort schauen Sie sich den § 4 an, dort sind die Sachen geregelt, denn es wäre traurig, wenn wir erst wieder so einen Katastrophenfall bräuchten, damit alle Akteure munter werden.
Der zweite Kritikpunkt ist die strukturelle Elterneinbindung. Ein wichtiger Leistungsbereich ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz die frühkindliche Förderung. Dabei spielen natürlich die Eltern in den Kindestageseinrichtungen eine entscheidende Rolle. Das wissen Sie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie betonen auch immer wieder den Vorrang der elterlichen Verantwortung. Warum dann allerdings von der CDU oder von einer CDU-geführten Landesregierung den Elternvertretungen aus den Kindertageseinrichtungen kein Mitberatungsrecht im Landesjugendhilfeausschuss von vornherein eingeräumt wird, das ist für mich nicht zu verstehen. Wenn es dann um die konkrete Umsetzung geht, wie ernsthaft man es mit der Elternvertretung meint, dann scheint
Ihnen die Sorge um die Stärkung des Elternrechts wohl doch nicht so wichtig zu sein. Wenn man so verfahren würde, wäre das eine Missachtung des Elternrechts, es wäre eine vertane Chance, Eltern aus dem Bereich der Kindertagesstätten in die Arbeit des Landesjugendhilfeausschusses einzubinden. Dort geht es ja um die Umsetzung des Bildungsplans, dort geht es auch um die Umsetzung des Übergangs vom Kindergarten in die Schule. Deswegen gehört dort auch ein Elternvertreter der Kitas hinein. Mit dem Vertreter des Landesschulbeirats ist ja in dem Zusammenhang auch eine Lösung gefunden worden.
Meine Damen und Herren, ich erwarte und ich hoffe, dass wir in den Fachausschüssen eine mündliche Anhörung der Experten durchführen können. Ich erwarte und hoffe, dass seitens der CDU Veränderungsbereitschaft besteht. Weil es in der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe insbesondere auch um bessere Chancen für benachteiligte Kinder und Jugendliche geht, lassen Sie mich noch einen letzten Satz anmerken. Ich erwarte auch, Frau Ministerin, dass das auf den Nägeln brennende Thema der Kinderarmut und deren Bekämpfung nicht ähnlich lange auf die Bank geschoben wird, wie das die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Zusammenhang von Jugendhilfe und Schule getan hat. Und ich hoffe auf eine konstruktive Auseinandersetzung in den Ausschüssen. Danke.
Vielen Dank. Ich habe noch mal eine Nachfrage zu Ihrer Aussage. Sie sagten, dass man einen Nachtragshaushalt dann braucht, wenn man mehr ausgeben will.
Okay. Meine Frage: Heißt das, dass es keine Nachverhandlung für die Floating-Lehrer gibt und dass Minister Müllers Aussage, weiterzuverhandeln, dann nur Hinhaltetaktik ist?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, wir haben einiges heute an Fakten schon gehört. Ich möchte das nicht noch mal vertieft wiederholen. Ich möchte aber Ihnen noch einmal sagen, wie es in den Lehrerzimmern zurzeit aussieht. In der Presse war zu lesen: „Ein Riss geht durch die Lehrerzimmer“ - und das ist die treffende Überschrift dafür. Wissen Sie, Herr Emde, was es bedeutet, angestellter Floating-Lehrer in Thüringen zu sein und wie man sich damit fühlt? Auch ich war damals eine Betroffene, habe aus solidarischen Aspekten unterschrieben. Sie erinnern sich an die hundertprozentigen Lehrer, die dann mit dem Gerichtsurteil ihren Anteil durchgesetzt haben. Aber nach Ihrem Vortrag, Herr Emde, wissen Sie das wahrscheinlich nicht. Sie wissen wahrscheinlich auch nicht, dass diese Ungerechtigkeit sehr verletzend ist
und Ihr Mitgefühl hält sich für die betroffenen Lehrer in Grenzen. Es prallt an Ihnen ab.
Und wenn ich sage, es betrifft ein Drittel der Lehrer, dann ist das schon eine Menge von Personen, die es betrifft. Solidarität zahlt sich wahrscheinlich in Thüringen nicht aus. Denn wie soll man sonst verstehen, dass die Floating-Kollegen, die sich aus Solidaritätsgründen für dieses Modell entschieden haben, um Entlassungen wirklich zu vermeiden und Neueinstellungen zu ermöglichen, nun wieder eine schallende Ohrfeige bekommen sollen. Herr Minister, Sie sind dankbar für die Arbeit der Lehrer - das ist sehr lobenswert und anerkennenswert -, es hilft aber den betroffenen Kolleginnen und Kollegen überhaupt nicht weiter.
Schauen wir uns die Situation in den Lehrerzimmern Ende des Schuljahres mal an. Es gibt angestellte teilzeitbeschäftigte Lehrer im Floating, es gibt die verbeamteten Teilzeitkollegen, die nun jetzt, wenn sie auf Wunsch vollzeitbeschäftigt arbeiten möchten, vollzeitbeschäftigt sind, und es gibt schon immer nur einen bestimmten Prozentsatz, die z.B. 75 Prozent arbeiten und noch vieles mehr. Bis dahin war es ja noch einigermaßen in Ordnung. Aber der Schein trügt, denn seit der Beendigung der Teilzeitverbeamtung fühlen sich unsere angestellten Kollegen regelrecht im Stich gelassen. Wir haben es vorhin schon gehört, sie verrichten die gleiche Arbeit, sie nehmen sich die gleiche Zeit für Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen und sie werden jetzt bestraft, weil sie nicht verbeamtet sind. Herr Emde sagte so schön, sie wollen verbeamtete Lehrer in Vollzeit an Schulen einsetzen, um die Schulen besser zu machen. Es gibt aber in dem Zusammenhang, wenn Sie die vollzeitverbeamteten Lehrer einsetzen, keine Möglichkeit mehr für die angestellten Floating-Lehrer, z.B. Mehrarbeit zu leisten. Denn wo die Mehrarbeitsstunden hingehen, das ist ja wohl klar. Also auch in diesem Zusammenhang sind die Kolleginnen und Kollegen wieder sehr benachteiligt. Es gibt ungeteilte Aufgaben, das wurde von Frau Sojka jetzt eben noch mal angesprochen. Kein Lehrer sagte bisher, ich führe nur noch 65-prozentige Wandertage durch oder ich schreibe nur 65 Prozent Zeugnisse, also ich lasse mal die anderen Zeugnisse einfach liegen oder ich fahre nur 65 Prozent auf eine Klassenfahrt, Herr Emde,
oder Wandertag, dann sagen wir mal, der geht nicht bis 17.00 Uhr, sondern um 12.00 Uhr sind die 65 Prozent Zeit rum und dann gehen wir nach Hause. Das
macht so kein Lehrer im Moment. Aber, Herr Minister, das wird so kommen, wenn Sie diese Ungerechtigkeit nicht beseitigen. Denn Sie treiben momentan durch eine Hinhaltetaktik, so wird es empfunden, den Keil tiefer ins Lehrerkollegium und lösen damit Frust und Unruhe aus. Und so begann das Schuljahr - mit Demotivation. Auch der Ministerpräsident hat dabei noch eine besondere Verantwortung. Als Kultusminister hat er seinerzeit mit den Lehrerverbänden die Modalitäten des sogenannten Floating-Modells vereinbart und nun muss auch er sich engagieren und bei der Lösungssuche helfen.
Noch eine Bemerkung zu Herrn Baer, Kultussprecher, da konnten wir der Presse entnehmen, dass das Land an Verträge gebunden ist. Richtig ist, das Land ist an Verträge gebunden, aber es obliegt ihnen allerdings auch, diese zu verändern. Gerechtigkeit ist ein höheres Gut als bestehende rechtliche Regelungen. Halten Verträge der Gerechtigkeit nicht Stand, dann muss man die Verträge nachbessern, aber nicht die Gerechtigkeit verbiegen.
Für nächsten Dienstag planen die Floating-Lehrer eine Demo vor der Staatskanzlei und ich kann nur hoffen, dass sich viele beteiligen werden. Nur durch den öffentlichen Druck wird die Landesregierung nämlich bereit sein, ein vernünftiges Angebot zur Stundenangleichung zu unterbreiten.
Herr Minister, sonst interessiert Sie Schulpolitik aus anderen Bundesländern auch nicht. Es wird immer betont, dass Schulpolitik Landespolitik ist. Ich kann nur sagen, unter den CDU-Kultusministern zieht sich bei uns diese chaotische Personalpolitik wie ein roter Faden über viele Jahre hinweg und hat bei Ihnen Tradition. Ich kann nur hoffen, dass wir nächstes Jahr 2009 die Entscheidung im Haushalt treffen werden und eine andere Haushaltspolitik vorweisen als Sie und damit die Lehrer und Kollegen unterstützen können. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Emde, ich spreche jetzt zwar zum Thema „Verbesserung der Qualität frühkindlicher Bildung“, aber einen Satz gestatten Sie mir noch. Wenn Sie als fachpolitischer Sprecher hier an diesem Pult stehen und sagen, Ganztagsschule macht den ganzen Tag Schule, also entschuldigen Sie mal bitte, dass ich Ihnen hier an dieser Stelle erklären muss, was eine Ganztagsschule ist, Ihnen als bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, das finde ich ja wirklich ein bisschen peinlich.
Aber zurück zur frühkindlichen Qualität. Ja, sollte dieser Bericht, den DIE LINKE eingebracht hat, wirklich jemals erstellt werden, Herr Bauer-Wabnegg, so müsste das Kapitel zur Bestandserfassung der frühkindlichen Bildung folgende Überschrift enthalten, und zwar: „Drei verlorene Jahre“ und das andere Kapitel, was sich dann dem anschließt, müsste heißen: „Maßnahmen zur Wiedergutmachung“ und das müsste ziemlich lang sein.
Genau in diesem Spagat hätte sich nämlich dieser angeforderte Bericht bewegen müssen, vorausgesetzt allerdings, dass die Landesregierung tatsächlich den Anspruch hätte, etwas aufzuklären und einen bundesweit einmaligen Irrtum sich auch einmal einzugestehen.
Kurz zur Erinnerung, was ist passiert in den drei Jahren bis heute, seit der Verkündung? Die Opposition hat in diesem Landtag immer und immer wieder vor Kürzungen in der frühkindlichen Förderung und damit in den Kindertagesstätten gewarnt und sehr konkrete Vorschläge eingebracht, zuletzt mit dem vorliegenden Entwurf beider Oppositionsfraktionen. Bisher wurden alle Warnungen und Vorschläge einfach ignoriert und es wurde gekürzt. Herr Panse, fragen Sie nicht uns als einbringende Oppositionsfraktionen, woher das Geld kommen soll, welches Sie vorher in Millionenhöhe mit Ihrer parlamentarischen Mehrheit den Kitas gekürzt bzw. geklaut haben.
Ja, die Frage nach dem Geld, Herr Panse. Bundesweit haben die anderen Länder in den letzten Jahren in der frühkindliche Erziehung den höheren Stellenwert erkannt und auch den Ausbau betrieben, währenddessen in Thüringen der Rückwärtsgang eingelegt worden ist. In der frühen Kindheit werden die Fundamente für die späteren Bildungsbiografien jedes Einzelnen gelegt. Das wird auch von der Landesregierung oft so betont, dementsprechend sollten Kinderkrippen und Kindergärten in ihrer Bildungsfunktion wesentlich gestärkt werden. Ich erinnere mich noch an die Podiumsdiskussion der Familienoffensive 2005. Der Direktor der Caritas, Herr Heller, sagte damals auch warnend, er sei sich nicht sicher, ob er in Zukunft den Thüringer Weg der Kinder- und Familienförderung noch loben könne. Spätestens seit Anfang Juni ist die Frage beantwortet, nämlich in Form des Bertelsmann-Länderreports zur frühkindlichen Bildung. Im Gegensatz zu dem eben von Herrn Emde erwähnten Institut der Deutschen Wirtschaft liegen hier die Fakten auf dem Tisch und ich erlaube mir, aus diesem Zusammenhang zwei Passagen daraus zu zitieren. Dort heißt es: „Ein wichtiges Kriterium für die Qualität von Kindertageseinrichtungen ist der Personalschlüssel“. Und weiter: „In der Spitzengruppe mit einem Personalschlüssel von unter 1 : 5 liegen Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland und im Mittelfeld liegen Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein mit einem Personalschlüssel zwischen einer Fachkraft zu fünf bzw. einer Fachkraft zu sechs Personen.“ Und jetzt kommt das, was man nicht oft genug sagen kann: „Die Schlussgruppe bilden Hamburg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit einem Personalschlüssel von 1 : 6.“ Und an einer Stelle im spezifischen thüringischen Teil heißt es: „Grundsätzlich ist nach diesen Ergebnissen davon auszugehen, dass Thüringen beim Personalschlüssel sowohl für Kinder unter drei Jahren als auch bei den Nichtschulkindern über drei Jahren in die Gruppe der Bundesländer einzuordnen ist, die in den Kitas die schlechtesten Betreuungsschlüssel haben und bei denen demnach deutlicher Verbesserungsbedarf besteht.“ Und die Bertelsmann Stiftung steht nun wirklich außerhalb des Verdachts, SPD-Politik zu betreiben. Muss man es noch deutlicher sagen? Spätestens jetzt sollte klar sein, dass der 2005 eingeschlagene Weg ein Irrweg war und ist. Der CDU sollte klar sein, dass sie den wenigen Beratern wohl auf den Leim gegangen ist. Sie erinnern sich noch an die eigene Argumentation - Überkapazitäten, Leerlauf, Gewinnmitnahme seitens der Träger, all das ist im Thüringer Landtag mal mehr oder weniger deutlich von der CDU-Vertretung behauptet und auch suggeriert worden. Diese durch nichts begründete Fehlannahme war die Grundlage letztendlich für dieses Kürzungs- und Spargesetz.
Andere Länder haben die Förderung hochgefahren, Thüringen hat die Förderung verändert und damit gleichzeitig gekürzt. Und die Folgen? Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen haben sich verschlechtert. Stress, Unzufriedenheit, Krankenstände in den Kitas haben sich nachweislich erhöht, die Kommunen wurden belastet, Eltern sind unzufrieden. Die zur Umsetzung frühkindlicher Bildung erforderlichen Strukturen, die dort Beschäftigten, die Familien und die Kinder haben darunter gelitten - und das ist zusammengefasst das Resümee von drei Jahren leider verlorener Zeit im Bereich der frühkindlichen Bildung.
Aber wo viel Schatten ist, gibt es manchmal doch noch einen Lichtblick. Es bleibt ein Lichtblick, der auch von uns positiv bewertet wird, und das ist der Thüringer Bildungsplan. Allerdings sind alle Experten der Auffassung, dass der Bildungsplan sich nicht unter den jetzigen Personalbedingungen umsetzen lässt. Das war auch Ergebnis der Anhörung zum Gesetzentwurf. Das wurde eben auch schon mehrfach erwähnt. Ich möchte noch in dem Zusammenhang aus der Lokalseite des Eichsfeldes zitieren. Am Samstag fand vom Caritas-Verband eine Weiterbildung für Erzieherinnen statt. Dort hat die Expertin am Wochenende über den Thüringer Bildungsplan gesprochen, der ab Herbst in Kraft tritt. Die Idee sei gut, aber es scheitere am Personalmangel. Die Hirnforscher haben festgestellt, bis zum dritten Lebensjahr ist die Hochzeit des Lernens. Im Alter von 0 - 3 Jahren wird im Gehirn das funktionale Gerüst festgelegt. Sollten diese Stellschrauben in dieser Zeit nicht richtig gestellt werden, sind spätere Defizite bei Kindern möglich. Nach Ansicht der Caritas-Fachberaterin gehe der Bildungsplan auf diese Erkenntnis wohl ein, aber die Umsetzung ist nicht möglich, weil das Personal fehlt.
Es gibt noch einen weiteren Lichtblick, den hat die Landesregierung auch nicht erwartet. Die Thüringer Eltern nehmen vermehrt Kindertageseinrichtungen im Anschluss an das Bundeselterngeld in Anspruch. Es ist zum Glück nicht gelungen, die Mehrheit der Thüringer Frauen zurückzudrängen. Das freut mich sehr als Kinder- und auch Frauenpolitikerin, wobei ich nach wie vor auch die Gefahren der Fehlsteuerung bei den armen Familien sehe. Auch ich habe, Herr Panse, eine Anfrage in unserem Kreistag gestellt zum Essverhalten der Kinder. Ich muss Ihnen aber sagen, dass ich dort keinerlei ausreichende Information bekommen habe, genauso wenig wie hier an dieser Stelle vom damaligen Kultusminister Antworten verweigert wurden und es liegen keinerlei aussagefähige Daten bis heute vor. Also in dem Fall muss man noch weiter daran arbeiten.
Fest steht, die vermehrte Nachfrage in Kitas im Anschluss an das Bundeselterngeld ist positiv, aber zu
nehmenden qualitativen Erwartungen der Eltern an die Kitas und einer höheren fachlichen Anforderung durch den Bildungsplan, aber auch höheren Anforderungen beim Kinderschutz stehen schlechtere Bedingungen gegenüber und deswegen ist es nicht mit der Ankündigungspolitik getan. Dass Trostpflaster verteilt werden sollen von einigen wenigen, soweit ich das richtig im Kopf habe, angekündigten 500 Erzieherinnenstellen, Herr Panse, damit ist es auch nicht getan und auch nicht damit, schon einmal vorsorglich den unglaublichen Versuch zu unternehmen, das Fehlen des Personals gegen eine erforderliche kräftige Aufstockung ins Feld zu führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ganz allein seit 1999 die Verantwortung für alle Bereiche und für die Entwicklung in der frühkindlichen Förderung und dazu zählt nun einmal auch die Aus- und Fortbildung. Deswegen sind es drei verlorene Jahre oder ich kann auch sagen, es sind drei verschlafene Jahre.
Ich verstehe die älteren Kollegen, die unter den Bedingungen natürlich nicht Vollzeit arbeiten, das ist mehr als eine Phase und ich kann jede Kollegin im Kindergarten verstehen, die daraufhin sagt, dass sie unter diesen Bedingungen gar nicht in der Lage ist, 100 Prozent zu arbeiten. Also es geht um die Bedingungen, die verbessert werden müssen, dann können Sie sich auch mehr Personal erlauben.
Schauen wir uns noch einmal die Personalwerte, die Zielwerte der Bertelsmann Stiftung an. Personalschlüssel: 1 Fachkraft auf 3 Kinder für unter Dreijährige wird für erforderlich gehalten, in Thüringen eine Fachkraft bei 6,5 Kindern. Bei über dreijährigen Kindern wird ein Personalschlüssel von 1 Fachkraft bei 7,5 für erforderlich gehalten und in Thüringen haben wir eine Fachkraft bei 12,1 Kindern.
All diese Zielvorgaben erfolgen unter dem Blickpunkt optimierter frühkindlicher Bildung und diese Vorgaben sind kein Hirngespinst, sondern es geht darum, die Ressourcen in den Köpfen unserer Kinder zu verbessern, zu fördern und zu erschließen. Die Bertelsmann Stiftung bestätigt dem Freistaat Thüringen in diesem Bereich eine Personalunterdeckung bei den unter Dreijährigen von mehr als 50 Prozent - das ist bei aller Betrachtung nichts Neues -, bei den über Dreijährigen von rund einem Drittel. Auch aufgrund der Ergebnisse der Enquetekommission „Erziehung und Bildung“ hätten die Ausbildungskapazitäten im frühkindlichen Bereich qualitativ und quantitativ ausgebaut und die Bedingungen in den Kitas verbessert werden müssen, und zwar schon seit
Jahren. Bei der Ausbildung ist abgesehen von dem lange verzögerten Modellversuch - Herr Panse ging darauf ein - der Fachhochschule nichts geschehen - nichts seit drei Jahren. Und heute stehen Sie hier und beklagen den Mangel an Kindergärtnerinnen. So sieht die Situation aus und deshalb möchte ich der Landesregierung für den zu erstellenden Bericht anraten, dass Sie sich sowohl an den Ergebnissen der damaligen Enquetekommission als auch den EUVorgaben und den Ergebnissen der Bertelsmann Stiftung orientieren und wenn Sie externen Sachverstand benötigen, dann nehmen sie die aktuelle Beschlussempfehlung des Landesbeirates Familie und Frauen.
Ich erinnere, es ist der Beirat, den der Ministerpräsident 2005 u.a. zur Begründung seiner Offensive für Familien argumentativ hinzugezogen hat. Der Landesbeirat hat eine mindestens 25-prozentige Erhöhung der Personalausstattung, die Verbesserung und Ausweitung der Aus- und Fortbildung und eine bessere Entlohnung des pädagogischen Personals in den Kindergärten der Landesregierung und dem Ministerpräsidenten empfohlen. Die 25 Prozent, werte Kolleginnen und Kollegen, sind eine Mindestmehrausstattung. Das sind bei ca. 8.000 Vollbeschäftigten in den Thüringer Kindertagesstätten zusätzlich 2.000. Daran sieht man, dass die Grundlage der Bertelsmann Stiftung, dass unser eingebrachtes Gesetz zum Volksbegehren, dass diese Zahlen auf der Grundlage einer Mindestmehrausstattung liegen und keine Hingespinste sind, wenn unser Gesetzesvorhaben ausweist, man braucht ca. 2.800 Personalstellen mehr. Bevor jetzt noch mehr Zeit verstreicht und ein Trostpflaster aufgeklebt wird, sei noch eines angemerkt. Es wurde auch schon erwähnt, der sogenannte Aufbau West bei der frühkindlichen Förderung ist voll im Gange. Sie wissen, es werden ca. 50.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte nach Angabe der kommunalen Spitzenverbände benötigt. Die Argumentation, wir würden ausgrenzen, wenn wir einen Fachschulabschluss fordern würden, hieße ja im Umkehrschluss, dass alle Berufe, die einen Fachschul-, oder Fachhochschulabschluss haben, alle diejenigen ausgrenzen, die diese Eingangsqualifikation nicht erreichen. In diesem Fall kann ich also dieser Argumentation nicht folgen. Es ist kein Wunder bei diesen Bedingungen, unter denen die Frauen - und es sind fast ausschließlich Frauen, leider - dort arbeiten müssen. Kleiner Hinweis Herr Panse: Wir haben das Thema schon zweimal im Gleichstellungsausschuss behandelt, und zwar hinsichtlich der Personalentwicklung, des geschlechterspezifischen Personals und der Fachkräfte in Bezug auf die Entwicklung der Kinder, insbesondere getrennt nach Jungen und Mädchen. Sie erinnern sich, ich habe im März dieses Jahres auch im Bildungsausschuss diesen Antrag eingebracht und die Zahlen sind Ihnen wohl bekannt. Ich bitte Sie daher - auch Herrn
Bauer-Wabnegg -, dass Sie sofort und umgehend die Bedingungen verbessern für Vorschulpädagogen und das weitertragen - ich habe Sie jetzt hier nur als Ansprechpartner -, dass Sie die Verantwortung tragen, die Sie schon seit 1999 tragen und auch dafür zuständig sind, da ansonsten die Umsetzung des Bildungsplans nicht möglich ist. Deshalb nutzen Sie die Gelegenheit des angeforderten Berichts, dass Sie sich auch über das angerichtete Chaos und über die derzeitige Situation im Klaren werden. Ich denke, die Bevölkerung wird Ihnen diese CDU-Offensive gegen die Kinder,die Familie und die Erzieherinnen, so wie der jetzige Stand ist, nicht vergessen; da bin ich mir ziemlich sicher. Danke schön.
Versorgung der Thüringer Schüler mit preiswerter Milch
Die Möglichkeit des Erwerbs preiswerter Milch an Thüringer Schulen ist ein wichtiger Bestandteil für eine gesunde Ernährung der Schüler. Zunehmend soll dieses früher übliche Angebot gefährdet sein.
Ich frage die Landesregierung:
1. Inwieweit ist an Thüringer Schulen der tägliche Erwerb von Schulmilch gewährleistet?
2. In welcher Bandbreite bewegt sich das Preisniveau und wie hat es sich innerhalb der letzten beiden Schuljahre entwickelt?
3. In welchem Umfang und mit welcher Tendenz wird die Möglichkeit des Kaufs von Schulmilch durch die Schüler in Anspruch genommen?
4. Wie wird die Versorgung der Schulen gewährleistet (z.B. durch Auftragsvergabe, Verkauf durch Hausmeister etc.)?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als ich den Titel der Aktuellen Stunde zum ersten Mal gelesen habe, habe ich erst einmal gestutzt. Modellvorhaben „Weiterentwickelte Grundschule“ - was ist das eigentlich? Erst nach und nach wurde mir klar, dass die CDU-Fraktion offenbar nicht einmal die korrekte Bezeichnung der vom eigenen Kultusministerium initiierten Projekte kennt, denn gemeint sind die sogenannten Erprobungsmodelle zur Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulen. Das möchte ich Ihnen gern noch einmal auf den Weg geben. Heißt aber übersetzt, die Hortkommunalisierung durch die Hintertür.
Über dieses Thema haben wir schon des Öfteren im Ausschuss und auch hier zur Aktuellen Stunde beraten; die letzen Male im Januar und Februar. Ich kann mich erinnern, dass für diese Aktuelle Stunde die LINKE heftig von der CDU kritisiert worden ist. Deshalb frage ich mich, was jetzt den Neuigkeitswert der Aktuellen Stunde eigentlich ausmacht. Vielleicht die Tatsache, dass es zum ersten Mal die CDU ist, die Diskussionsbedarf sieht zur Hortkommunalisierung, denn alle bisherigen Initiativen sind ja von der Opposition ausgegangen. Aber ich vermute eher, die Aktualität liegt in der Zuschreibung „landesweite Umsetzung“ verborgen. Die Vermutung liegt nämlich nahe, dass die Mehrheitsfraktion heute dafür sich selbst
feiern will, dass es gelungen ist, viele kommunale Schulträger in die Erprobungsmodelle zu pressen. Ich sage ganz bewusst „zu pressen“ und ich erkläre Ihnen das auch gleich, denn von echter Freiwilligkeit kann in diesem Zusammenhang wirklich keine Rede sein.
Es läuft hier vielmehr ein abgekartetes Spiel und ich möchte das noch einmal aufdecken. Den an den Erprobungsmodellen teilnehmenden Schulträgern wird eine langfristige Personalplanung im Hort ermöglicht. Die Grundschulen, die außerhalb dieser Modellregion agieren, leiden massiv darunter, dass das Kultusministerium nur noch zeitlich befristete und nicht verlängerbare Anstellungen von Horterzieherinnen vornimmt. Das führt zu beträchtlichen Unruhen bei Lehrern, Erziehern und Eltern außerhalb der Modellregion und es verstärkt wiederum die Bereitschaft der dortigen Schulträger, ebenfalls an den Erprobungsmodellen teilzunehmen.
Das ist die Realität Ihrer landesweiten Umsetzung, Herr Minister Müller. Sie bieten den kommunalen Trägern nicht etwa ein Plus an schulischer Bildungsqualität gegenüber dem Normalzustand, nein, Sie haben das Normalmaß bei den personellen Rahmenbedingungen derart verschlechtert, dass der kommunalen Seite gar nichts anderes übrig bleibt, als sich im Interesse ihrer Schule an den Erprobungsmodellen zu beteiligen. Sie ködern zu nun besseren Bedingungen die Schulträger, und zwar um die Regierungserklärung von Dieter Althaus - ich erinnere mich noch sehr genau daran - vom September 2004 umzusetzen, nachdem über Jahre ein großer Widerstand von den betroffenen Schulen gekommen ist.
Aber das ist nicht unser einziger Kritikpunkt an diesem Modellvorhaben. Es kommt dort auch noch zu der von uns seit Langem prognostizierten Zersplitterung der bisher einheitlichen Personalverantwortung für die Horterzieher, das zeigt auch die geschlossene Vereinbarung ganz deutlich. Ein zunehmend kleinerer Teil - ich habe es das letzte Mal von dieser Stelle hier schon erklärt, ich versuche es heute noch einmal, in der Hoffnung, dass es der CDU jetzt verständlicher wird - der Horterzieherinnen verbleibt im Landesdienst und ist lediglich dem Weisungsrecht des Kultusministeriums unterstellt. Ein zunehmend größerer Teil unterstützt die Horterzieherinnen voll und ganz dem jeweiligen Schulträger. Bei der Mehrheit der Horterzieherinnen an den Erprobungsmodellen kann das Land daher bereits in wenigen Jahren keinerlei Dienst- und Fachaufsicht mehr wahrnehmen und damit ist die pädagogische Einheit von Grundschule und Hort an dieser Stelle beendet. In den Modellregionen wird die Thüringer Schule so, wie man sie jetzt kennt und schätzt, nicht mehr existieren.
Ein letzter Kritikpunkt: Die den Schulträgern gewährte Kompetenz, eigenverantwortlich Neueinstellungen vorzunehmen, führt unweigerlich zu einem niedrigeren Qualifikationsniveau an den Grundschulhorten. Warum? Die Vereinbarung, die das Kultusministerium mit den Modellregionen geschlossen hat, spricht eine deutliche Sprache, und zwar, dass 75 Prozent des neu einzustellenden Hortpersonals aus Fachkräften bestehen müsste, aber was sich dahinter konkret verbirgt, ist nicht definiert worden. Noch fragwürdiger gestaltet sich die Bestimmung zum sonstigen Personal, was 25 Prozent der neu einzustellenden Hortkräfte ausmacht: Handwerker, ehrenamtlich tätige Personen, Senioren, Eltern, volljährige Schüler usw. - Sie können das selber lesen - diese werden also vom Kultusministerium als vollwertiger Ersatz für die Horterzieher betrachtet. Also Gründe, sich als Bildungspolitikerin über die landesweite Umsetzung zu freuen, kann ich daher nicht erkennen. Dass Sie die Grundschulen weiterentwickeln? Ich sage, Sie entwickeln sie kaputt. Deswegen bleibt die SPD bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dieser Kommunalisierung, egal in welcher Mogelpackung sie daherkommt, und wir werden im Jahr 2009 die nötigen Weichenstellungen vornehmen, um diese pädagogische
Einheit aus Grundschule und Hort in Thüringen auch flächendeckend weiterhin zu bewahren. Danke schön.
Also ehrlich und offen gestehe ich mir zu, es zu sein, Herr Minister. Derzeit ist zu wenig Personal eingestellt. Das ist uns allen bekannt. Deswegen möchte ich noch mal etwas sagen zu dem sonstigen Personal, und zwar zu den 25 Prozent.
Ich habe vorhin begonnen aufzuzählen, welchen Rahmen und wen es betrifft. Das sind die Handwerker, das ehrenamtlich tätige Personal, Senioren, Eltern, volljährige Schüler, Praktikanten, Studierende, Teilnehmer der FSJ und Bachelorabsolventen. Ich habe es vorhin nicht bis ganz zu Ende vorgetragen. Das Problem ist doch Folgendes: Dass Sie für den jetzigen 100-prozentigen Einsatz von Erzieherinnen 25 Prozent dort als Fachpersonal herausnehmen - wir haben nichts gegen das von mir eben aufgezählte Personal, aber es sollte zusätzlich eingestellt werden und nicht anstelle von. Das ist der Punkt.
Wir finden auch, dass es eine enge Anbindung geben muss an die Kommune. Das sehen wir genauso positiv. Wir sind da gar nicht in diesem Sinne verschlossen. Aber nicht anstelle von, sondern 100prozentig Fachpersonal und dazu zusätzlich die anderen Personalstellen. Was hält Sie davon ab, dieses zusätzlich zu tun und nicht anstelle von?
Noch einen Satz zu Finnland: Sie haben einen Teil ausgekoppelt aus dem Gesamten, nur einen einzigen Punkt. Wenn man den Gesamtkomplex betrachtet, sind natürlich noch viel, viel mehr Punkte dabei, die eine große Rolle spielen. Man kann nicht nur einen Punkt dort auskoppeln, sondern man muss es im Gesamtzusammenhang sehen.
Noch ein letzter Punkt: Wir haben die Sorge, nicht dass wir sonstiges Personal hier disqualifizieren, weil es zum Beispiel Senioren oder Handwerker sind, nein, dass der Erzieherberuf zu einem minderqualifizierten Billigjob verkommt. Ich will das auch noch mal beweisen. Es gibt Stellenausschreibungen, die
uns aus den Modellregionen vorliegen, die zeigen das ganz klar, als Eingangsgruppierung wird dort die E 5 oder bestenfalls die E 6 angegeben. Das sind zwei bis drei Tarifgruppen unter dem, was für Horterzieher im Landesdienst üblich ist. Sonstiges Personal für 25 Prozent, die als qualifiziertes Fachpersonal an den Schulen fehlen, das ist die nüchterne Realität, Herr Minister. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, sehr geehrter Herr Bärwolff, glaubwürdige Politik sollte wesentlich im Wettbewerb der Fraktionen um die Realisierung der besseren Ideen bestehen, ein Wettbewerb um Ideen nicht um ihrer selbst Willen, sondern um Probleme zu lösen und um die Lebensverhältnisse der Bevölkerung zu verbessern. An diesem Anspruch möchte ich auch festhalten.
Diese Landesregierung hatte keine nennenswerten Ideen in der Kinder- und Jugendpolitik in dieser Legislaturperiode vorzuweisen außer Kürzungen und Streichungen. Das bestätigt mich erst recht in meiner Auffassung, dass nur durch den Druck der Opposition überhaupt etwas zu bewegen ist. Steter Tropfen höhlt den Stein und sorgt für die allmähliche Einsicht der Landesregierung - nicht immer, aber manchmal. Nur deshalb ist zum Beispiel beim Kinderschutz und auch bei der Kinderarmut Bewegung zu erkennen, zwar im Schneckentempo, aber immerhin. In dem Punkt, bei der Kinderarmut, lieber Kollege Bärwolff, da will ich wirklich anerkennen, dass beide Oppositionsfraktionen das Problem benannt und dazu auch beigetragen haben, der CDU-Mehrheitsfraktion immerhin die Überweisung des SPDAntrags und Ihres Antrags an den Ausschuss abzuringen.
Es ist nicht lange her, da haben zwei Minister kräftig bagatellisiert und relativiert, alles sei nur halb so schlimm mit der Kinderarmut und außerdem lägen keine Daten aus den Schulen und Kindergärten vor - das war der damalige Tenor. Nun sind diese beiden Herren entweder nicht mehr zuständig oder in diesem Bereich nicht mehr zuständig. Kinderarmut in Thüringen aber ist eine liegen gebliebene und nicht angepackte Hinterlassenschaft der beiden Herren und deswegen würde ich mich wirklich freuen, wenn die Frauenpower im Sozialministerium in der Kinder- und Jugendpolitik für Schwung sorgen würde. Ich bin gespannt, wie sich die neue Ministerin Frau
Lieberknecht - und sie hat es in der Presse auch angekündigt - beim Thema Kinderarmut beweisen wird, und sie kann es nicht nur dort tun. Vielleicht kann sie auch bei der Gelegenheit zum Aufwachen der Kultusbürokratie beitragen, denn die Kinder- und die Jugendpolitik ist immer Lobbyarbeit, und das nahezu in allen Politikfeldern. Die Zuständigkeiten für Kindertageseinrichtungen und Schulen liegen nun einmal dort. Die beim Thema Kinderarmut immerhin angedeutete Bewegungsbereitschaft der Landesregierung setzt fundierte Anträge voraus und Zielsetzungen, von denen der Antragsteller selbst überzeugt ist. Das war beim Thema Kinderarmut der Fall und ich hatte auch den Eindruck, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, dass die Oppositionsfraktionen mit unterschiedlichen Nuancen, aber von einem Ziel überzeugt waren und überzeugt sind, nämlich die Kinderarmut schnell und nachhaltig abzubauen und deshalb auch eigene Ideen einzubringen wie zum Beispiel die Kinderpauschale.
Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag. Bei dem Antrag „Jugendlichen durch umfassende gesellschaftliche Teilhabe eine Zukunft geben“ vermisse ich hingegen eine konkrete Zielsetzung und auch konkrete Ideen. Die einzige Stelle des Antrags ist klar formuliert, und zwar im Teil II.a, dort wird die Landesregierung aufgefordert, sich im Bundesrat gegen die Verschärfung des Jugendstrafrechts und des Jugendstrafvollzugs auszusprechen. Das ist ein konkreter Auftrag und den sehen wir auch genauso. Den Rest des Antrags würde ich eher als „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Landesregierung“ überschreiben, wobei der Arbeitsauftrag auch widersprüchlich ist. Ich möchte Ihnen das gern an einem Beispiel aufzeigen. In I.a wird ein Sofortbericht eingefordert, in I.b dagegen im letzten Quartal ein Jugendbericht eingefordert, ein Jugendbericht, der seinerseits konkrete Handlungsvorschläge im Sinne der im Antrag zuvor genannten Punkte enthalten soll. Wozu soll zunächst denn ein zwangsläufig oberflächlicher Sofortbericht gegeben werden, wenn gleichzeitig in diesem Jahr ein Jugendbericht eingefordert wird, der all diese Punkte beinhalten soll? Also das ist nicht ganz klar. Und welchen Wert haben die Handlungsvorschläge, die von der Landesregierung selbst gegeben werden sollen? Solche Vorschläge formuliert doch sonst nur die CDU-Fraktion in diesem Haus, und zwar nur deshalb, damit die Landesregierung unter dem Jubel der Kollegen der CDU kurze Zeit später Vollzug berichten kann.
In II.b bis II.d haben Sie schlichtweg vergessen, wie die Landesregierung und durch welche Maßnahmen genau sie für bessere Bildungs- und Ausbildungsangebote, für einen Ausbau der Jugendarbeit und der Jugendhilfe und für den Ausbau der gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte junger Menschen eintreten soll. Wie gesagt, die konstruktive Politik
zeichnet sich durch einen Wettbewerb aus und die Ideen sollte man zumindest benennen können. Das vermissen wir in diesem Antrag. Er ist abgesehen von der konkreten Aufforderung im Bereich des Jugendstrafrechts eine Steilvorlage zur Hofberichterstattung der Landesregierung. Mit solchen Berichten werden wir wahrscheinlich bis zur Landtagswahl ohnehin noch ausreichend beglückt werden. Davon abgesehen ist einiges von dem, was als Bericht eingefordert wird, Großen Anfragen zu entnehmen. Ich verweise zum Beispiel auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Ausbildungssituation oder der Lebenssituation von Thüringern mit Migrationshintergrund. Der Bericht der Landesregierung zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gibt auch einiges an Informationen her. Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, legen wir keinen gesteigerten Wert auf eine erneute Hofberichterstattung und erst recht nicht auf selbst erfüllende Prophezeiungen der Landesregierung in Form von Handlungsvorschlägen.
Ein Thüringer Jugendbericht wiederum hätte sachlich wirklich Sinn, aber nur dann, wenn dessen Erstellung ähnlich wie beim Bundesjugendbericht unabhängigen Experten übertragen wird. Jeder Bundesjugendbericht war bisher ein Beispiel für eine Politik, die zur Selbstkritik fähig war und ist und die an der objektiven Bewertung und Zielsetzung interessiert ist. Von solch einem politischen Selbstverständnis sind wir in Thüringen weit entfernt. Hier wird beschönigt, was das Zeug hält, oder es werden Daten vorenthalten, wenn Dinge unbequem werden könnten. Ich nenne als Beispiel meine Kleine Anfrage zum Ausmaß von Kinderarmut in Bezug auf die Schulspeisung in Kindergärten und Schulen.
Wenn man stattdessen eine andere Berichterstattung möchte in der Jugendpolitik, dann muss das formuliert werden. Wenn man das nicht möchte, dann muss man auch akzeptieren, dass sich solch ein fundierter Bericht nicht innerhalb weniger Monate erstellen lässt. Zusammengefasst halten wir den Antrag in Ziffer II.a für sinnvoll. Wir würden ihm auch bei einer getrennten Abstimmung zustimmen. Der Rest des Antrags wird nicht schaden, aber auch nicht nutzen und deshalb werden wir uns enthalten. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Beginn noch mal ein kurzer zeitlicher Abriss, ähnlich wie Frau Reimann: 9. September 2004 - Ministerpräsident Althaus kündigt in seiner Regierungserklärung die Kommunalisierung der Grundschulhorte an. Die Folgen, Sie erinnern sich, waren ein wahrer Proteststurm in der Bevölkerung und das Entstehen eines breiten Bündnisses zum Erhalt unserer Grundschulhorte. Dennoch hält die Landesregierung unbeirrt an ihren bildungspolitisch nicht nachvollziehbaren Zielen fest. Die ursprünglich geplante flächendeckende Umsetzung des Kommunalisierungsvorhabens war zwar vorerst gescheitert, aber was die Landesregierung und die CDU nun versuchen, ist die Kommunalisierung einfach durch die Hintertür, versteckt hinter dem sowohl wohlklingenden als auch irreführenden Titel „Erprobungsmodelle zur Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule“. Was wir eben gehört haben von Herrn Panse, das reicht nicht ganz und deswegen möchte ich auch noch einmal in die Tiefe der Vereinbarung gehen. Was ist denn nun der Kern dieser Modellvorhaben? Es geht darum, die Hortkommunalisierung en miniature durchzuexerzieren. Die Hortnerinnen werden für die Dauer der Erprobungsmodelle vom Kultusministerium an die jeweiligen Schulträger abgeordnet. Der Schulträger erhält das Weisungsrecht gegenüber diesen Horterzieherinnen. Sie verbleiben allerdings im Landesdienst, werden weiterhin vom Land besoldet und unterliegen der Dienst- und Fachaufsicht des Kultusministeriums. Für ausscheidendes Erzieherpersonal erhalten die Schulträger vom Kultusministerium gleichzeitig ein Personalkostenbudget. Mit dessen Hilfe können sie eigenverantwortlich Neueinstellungen durchführen. Dieses neu eingestellte Erzieherpersonal unterliegt dann gänzlich dem Direktionsrecht sowie der Dienst- und Fachaufsicht des jeweiligen Schulträgers. Das Land hat dann keinerlei Zugriff mehr auf sie - und genau das ist ein wesentlicher Knackpunkt. Denn durch diese eingeräumte Kompetenz zersplittert, und zwar wie schon lange von uns vorausgesagt, die einheitliche Personalverantwortlichkeit der Horterzieherinnen. Während ein zunehmend kleinerer Anteil im Landesdienst verbleibt und lediglich dem Weisungsrecht des Kultusministeriums entzogen ist, untersteht ein zunehmend größerer Teil der Horterzieherinnen voll und ganz dem jeweiligen Schulträger. Das Land kann gegenüber der Mehrheit der Horterzieherinnen in den Erprobungsmodellen daher bereits in wenigen Jahren keinerlei Dienst- und Fachaufsicht mehr wahrnehmen. Faktisch ist damit
die pädagogische Einheit von Grundschule und Hort beendet.
In den Modellregionen wird so die Thüringer Grundschule, wie wir sie jetzt kennen und schätzen, nicht mehr existieren, Herr Panse, und sie wird damit zerschlagen werden.
Damit nicht genug - ein zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf das Qualifikationsniveau. Was ist unter „weiterem pädagogisch qualifizierten Personal“ konkret zu verstehen in der Vereinbarung? Das wird dort überhaupt nicht definiert. Noch fragwürdiger gestaltet sich die Bestimmung zum sonstigen Personal, welches immerhin bis zu 25 Prozent der neu einzustellenden Hortkräfte ausmachen kann. Darunter sind - ich zitiere § 5 - beispielsweise „Handwerker, ehrenamtlich tätige Personen, Senioren, Eltern, volljährige Schüler, Praktikanten, Studierende, Teilnehmer am FSJ und Bachelor-Absolventen“ zu verstehen. Handwerker, erwachsene Schüler und Praktikanten werden also vom Kultusministerium als vollwertiger Ersatz für Horterzieherinnen betrachtet. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Vorstellung von schulischer Bildung im Primarbereich des Kultusministers, der leider nicht anwesend ist, aber diese Einstellung haben wir beim Lehrerbildungsgesetz gestern auch schon mal erlebt.
Der Erzieherberuf verkommt auf diese Weise zu einem minderqualifizierten Billigjob. Die ersten Stellenausschreibungen, die uns vorliegen, sprechen eine ganz deutliche Sprache, weil dort nämlich die E 6 angegeben wird, und das ist zwei Tarifgruppen unter dem, was für Horterzieherinnen im Landesdienst üblich ist.
Der letzte Punkt, den ich benennen möchte, der dafür spricht, dass das Erprobungsmodell nichts anderes ist als ein Trojanisches Pferd der Landesregierung mit dem Endziel einer allgemeinen Hortkommunalisierung. Während den an den Erprobungsmodellen teilnehmenden Schulträgern eine langfristige Personalplanung im Hortbereich ermöglicht wird, leiden die Grundschulen außerhalb der Modellregionen massiv darunter, dass das Kultusministerium nur noch zeitlich befristete und nicht verlängerbare Einstellungen von Horterzieherinnen vornimmt. Das führt zu einer erpressungsähnlichen Situation für die Schulträger und spräche dafür, ebenfalls an den Erprobungsmodellen teilzunehmen, im jährlichen Turnus können weitere Landkreise und kreisfreie Städte daran teilnehmen. Wenn sich das bewährt, dann ist das nichts anderes als eine fak
tisch landesweit eingeführte Hortkommunalisierung.
Unsere Haltung ist klar, die SPD steht für den Erhalt der Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulen in bewährter Struktur. Wir lehnen die Hortkommunalisierung ebenfalls entschieden ab und wir werden dafür sorgen, dass 2009 die pädagogische Einheit aus Grundschule und Hort in Thüringen flächendeckend bewahrt bleibt. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, politisches Handeln benötigt natürlich belastbare empirische Grundlagen und das gilt auch für die Gleichstellungspolitik. Daran aber mangelt es leider seit Jahren und das will ich Ihnen auch ganz beispielhaft aufzeigen.
Zu Beginn der Legislaturperiode im Januar 2005 haben wir uns mit dem Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes auseinandergesetzt. Lassen Sie mich noch einmal einige Punkte in Erinnerung rufen.
Ein wesentlicher Kritikpunkt war damals die völlig überholte Datengrundlage des Berichts, und das, obwohl sich der Bericht nur auf die öffentlichen Verwaltungen bezog. Ich kann mich des Eindrucks in dem Zusammenhang nicht erwehren, dass zwar jede Büroklammer gezählt, offenbar aber nicht die Wirkung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes erfasst wird.
Man könnte vermuten, dass es keine Wirkung hat; denn wenn es ein Erfolg wäre, dann würde es bei Ihnen erfasst und natürlich auch verkauft werden. Allerdings waren die aktuellsten Daten im damaligen
Bericht zweieinhalb Jahre alt. Das war also Mitte 2002 und jetzt haben wir 2008. Anstelle einer Darstellung der aktuellen Lebenssituation von Frauen und Männern im Wirkungskreis dieses Gesetzes bot der ohnehin unzureichende Bericht aufgrund der veralteten Daten eher Anlass für eine historische Diskussion - logisch, sechs Jahre alte Daten zu diesem Zeitpunkt. Damals war mir zwar noch nicht klar, dass hinter der Art und Weise der Datenerhebung und Datenverarbeitung offensichtlich ein System steckt, zumindest wenn es um die Gleichstellungsproblematik geht, aber immer und immer wieder haben wir das auch im Gleichstellungsausschuss nachfolgend erlebt, dass die Lebenssituation von Frauen in Thüringen beschönigt, zumindest aber nicht ernst genommen wurde und auch nicht ernst genommen wird. Das gilt besonders für die Landesregierung, denn schöngeredet und bagatellisiert wird zum Beispiel - eben hat es Herr Kubitzki schon angesprochen -, dass das nach wie vor aktuelle Thema der Abwanderung junger Frauen schöngeredet wird, auch der Einsatz der Mittel des Europäischen Sozialfonds zum Abbau geschlechterspezifischer Benachteiligung, und schöngeredet wird die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen bei der Übertragung von Leitungsfunktionen in der öffentlichen Verwaltung.
Alles im Lot - so lauten meistens die Signale der Landesregierung, und das ist auch der Tenor des Alternativantrags der CDU. Und das, obwohl die Missstände innerhalb der Landesregierung wirklich nicht zu verbergen sind. Die Fakten sind doch von der Landesregierung im September 2007 im Gleichstellungsausschuss selbst benannt worden. Was waren denn das damals für Ergebnisse, als die Besetzung der Leitungsfunktionen - Referatsleitung aufwärts - in den Ministerien abgefragt wurden? Plötzlich war offensichtlich, dass sich in all den Jahren - der Abfragezeitpunkt bezog sich von 2002 bis 2007 - aber auch gar nichts an den bestehenden Nachteilen für Frauen geändert hat. Überwiegend sind die Funktionen fest im Besitz der Männer, zumindest haben sie sich erfolgreich festgesetzt. Selbst im TMSFG, im Sozialministerium, wo die Gleichstellungsbeauftragte ihren Sitz hat, gibt es nach wie vor keine Frau als Abteilungsleiterin.
Ich habe diese Unterlagen noch einmal mitgebracht und möchte nur einige Beispiele daraus zitieren. Ich habe es mal rot gekennzeichnet. Alle diese roten Markierungen bedeuten den Frauenanteil bei Abteilungsleitungen. Vielleicht können Sie es nicht genau von hinten erkennen, aber dort stehen alles Nullen. Das bedeutet, keine einzige Frau im Bau- und Verkehrsministerium in der Abteilungsleitung, keine einzige Frau im Finanzministerium, Innenministerium und Justizministerium usw., Landwirtschaft,
Naturschutz, Umwelt, Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Staatskanzlei. Es bleiben lediglich zwei Ministerien, das sind das Kultusministerium mit einer Frau auf dieser Ebene und das Forschungsministerium mit einer Frau auf Abteilungsleitungsebene. Wenn ich es richtig im Kopf habe, war das ein prozentualer Anteil von 4,44 Prozent - das ließ sich gut merken.
Bei den Referatsleitungen sieht es nicht besser aus. Der Anteil beträgt gerade einmal ca. 22 Prozent.
Entschuldigung, Herr Minister, das sind die Zahlen von 2002 bis 2007, und zwar nach der Frage der Abteilungsleitungen und der Referatsleitungen. Und es sind nicht die Fragen, die in dem Antrag der Linksfraktion stehen, also das ist ja ein großer Unterschied.
Nicht nur das, nicht nur, dass wir auf die Zahlen gewartet haben, Frau Wolf, sondern es war noch ein dicker fetter Rechenfehler drin. Ich wollte es ja hier gar nicht sagen, weil es peinlich genug ist, wenn man sämtliche Zahlen von 2002 bis 2007 einfach summiert und dann sagt, man hätte 400 Abteilungsleiter im Referat. Das ist ja nun wirklich etwas peinlich. Das sind die neuen Zahlen übrigens, Herr Minister, nicht die alten.
So sieht die Gleichstellungspolitik natürlich aus, wenn die Fakten ins Spiel kommen. Und, werte Frau Arenhövel, wenn Sie und die Landesregierung die „geschlechtersensible Sichtweise“ voranbringen würden - so haben Sie es so schön ausgedrückt in Ihrem Antrag der CDU -, dann würden Leitungsfunktionen anders besetzt sein. Mit Blick auf das schwedische Modell kann man ironisch nur sagen: Sie waren sehr sensibel, wenn es um die Besetzung der geschlechterspezifischen Interessen der Männer ging. Manch einer der unverändert privilegierten Herren wird sich mit Blick auf das Thüringer Schwedenmodell und die Ergebnisse der Arbeit wohl sagen: Alter Schwede, uns geht es aber gut hier.
Die hoch qualifizierten Frauen in den Landesbehörden aber schauen weiter in die Röhre und am Ende
wird das Prinzip Hoffnung vorgegaukelt. So und nicht anders sieht im Moment die Gleichstellungspolitik aus,
und zwar dort, wo sie auch noch unmittelbar Einfluss hat - und das hat wirklich nichts mit Sensibilität zu tun, sondern mit Dickfelligkeit und ist gegenüber den Fraueninteressen nicht mehr zu übertreffen. Aber immer dann, wenn solche Fakten auf den Tisch kamen, dann gab es zumindest so etwas wie eine gewisse Unruhe bei der Gleichstellungsbeauftragten. Es galt offensichtlich zumindest den Anschein zu wahren, dass es in Thüringen ja noch Gleichstellungspolitik gibt, denn anders ist auch der Alternativantrag der CDU-Fraktion nicht zu bewerten. Denn so gesehen, war der Antrag der Kollegen von der LINKEN ja schon erfolgreich - er hat zumindest in der Richtung etwas vorangebracht.
Schnell musste man die geschlechtersensible Ruhestellung verlassen und es musste so getan werden, als würde etwas für die Frauen getan. Wenn es anders sein sollte, nur zu, wir warten gern auf die Beweise, Herr Minister Zeh. Ein Gradmesser wird deshalb auch sein, ob Frau Arenhövel, die Gleichstellungsbeauftragte, bei künftigen Stellenbesetzungen innerhalb der Landesbehörden einschließlich des eigenen Ressorts endlich auf nennenswerte Veränderungen drängt und sie natürlich auch durchsetzen kann. Wir haben gelesen, dass in diesem Ressort auch einige personelle Veränderungen demnächst anstehen, und wir werden auch ein Auge darauf haben, wie damit umgegangen wird. Mit dem letzten Pressebericht, Frau Arenhövel, ist es noch nicht getan, aber immerhin scheint sich ja wenigstens ein bisschen zu bewegen. Diese Beobachtungen sind für mich ein bezeichnendes Beispiel, dass nur mit Fakten, die nicht zu leugnen sind, bei der CDUHerrschaftsdomäne überhaupt etwas in Bewegung gesetzt wird. Wo immer es geht, werden diese Fakten vermieden und gescheut, sei es durch einen Gleichstellungsbericht, der völlig veraltet war, oder auch das Verweigern von Daten - auch das ist geschehen. Auf meine Nachfrage zu der nach wie vor fehlenden Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des § 22 des Gleichstellungsgesetzes - Sie erinnern sich - hat es bis heute nicht eine ausreichende Antwort gegeben. Ähnlich habe ich es erlebt, als es um die Verfahrenspraxis bei der bisherigen und künftigen Vergabe von den Mitteln des ESF ging. Auch dort gab es keinen Handlungsbedarf und die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird bis zum Beweis des Gegenteils schlicht und einfach unterstellt.
In den vergangenen Landtagssitzungen habe ich bei der Diskussion um das Ladenschlussgesetz - Herr Kretschmer wird sich daran sicher erinnern - auf die Auswirkungen besonders für die Frauen hingewiesen. Meine Fraktion hat in diesem Haus wiederholt bei den Kürzungen durch das Familienfördergesetz auf die Auswirkungen hingewiesen und immer und immer wieder haben wir betont, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Thüringen verschlechtert und nicht etwa verbessert wird. Wir haben darauf hingewiesen, dass vorrangig die Lebenssituation von Frauen verschlechtert wird, das gilt für das Ladenschlussgesetz genauso wie für das Familienfördergesetz. Im Verlauf der gesamten Diskussion - und das muss ich hier an dieser Stelle wirklich mal sagen, Frau Arenhövel - ist es nicht ein einziges Mal vorgekommen, dass Sie als Gleichstellungsbeauftragte an irgendeiner Stelle öffentlich für die Interessen der Frauen eingetreten wären
oder dass zumindest eine Gesetzesfolgenprüfung unter Annahme der Ziele des Gleichstellungsgesetzes verlangt oder veranlasst worden wäre. Wir erleben, dass die Einsparung und der Kostendruck und die Konkurrenz von den Kindertagesstätten über die Pflegeeinrichtungen bis zum Handel immer zuerst und vor allen Dingen zur Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen von den Frauen führen.
Wir haben noch ein Beispiel: Bei der Diskussion um die Große Anfrage zur Seniorenpolitik und zur Lebenssituation der Migranten haben wir feststellen müssen, dass geschlechterspezifische Aussagen kaum getroffen werden. Bei beiden Themen mussten wir in den Ausschüssen ganz gezielt nach den geschlechterspezifischen Angaben nachfragen. Es ist also überhaupt nicht selbstverständlich, dass diese Daten automatisch getrennt nach Männer- und Frauensituation von der Landesregierung geliefert werden. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen der CDU deshalb dankbar, dass wir im Gleichstellungsausschuss bei der Behandlung der Großen Anfrage von SPD und CDU zur Situation von Migranten jetzt die Chance haben, die fehlenden Angaben in einer Anhörung zu erfahren. Aber alle diese Beispiele zeigen eines auf, wenn wir - und wenn ich „wir“ sage, meine ich uns alle - oder die Landesregierung die Gleichstellungspolitik wirklich voranbringen wollen, dann benötigen wir auch eine aktuelle, verlässliche und umfassende Datengrundlage.
Wir benötigen sie nicht als riesengroßes Puzzle, das überall verstreut in Einzelteilen vorliegt, sondern zusammengefasst und nachvollziehbar. Und zur
Beruhigung des einen oder anderen männlichen Skeptikers möchte ich kritisch anmerken - warum der Antrag „Frauenbericht“ heißt, verstehe ich zwar nicht ganz -, aber wenn dort ausdrücklich eingefordert wird, die Situation der Frauen im Vergleich zu der der Männer zu erfassen, dann ist doch eigentlich klar, dass auch jeder Mann und jedermann dem natürlich zustimmen kann,
denn aktuelle, verlässliche und zusammengefasste Daten werden sehr zu Recht von den Kollegen der Fraktion DIE LINKE in dem vorliegenden Antrag eingefordert. Der Antrag will letztendlich nicht mehr als die Benennung empirischer Grundlagen und Fakten. Wie Sie selber an meinem Beispiel der Zahlen zum Bericht des Gleichstellungsberichts gesehen haben, das sind Zahlen, die sind jetzt wirklich sechs Jahre alt, sie reichen einfach überhaupt nicht aus und sind auch nur für den öffentlichen Bereich im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes anwendbar. Würde also dieser Antrag angenommen werden, so wäre das für den nächsten Gleichstellungsbericht sowohl eine gute Grundlage als auch eine sinnvolle Ergänzung. Ich hatte deshalb gehofft, dass dieser Antrag bei der CDU-Mehrheitsfraktion nicht dem parteipolitischen Kalkül zum Opfer fällt, aber mit der Vorlage des eher wirkungslosen Alternativantrags ist das erneut absehbar. Das finde ich sehr schade. Meine Fraktion wird dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen. Ich hoffe, dass die CDU vielleicht noch einmal über ihren Antrag nachdenkt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich habe ich eben überlegt aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, ob ich jetzt noch einmal spreche. Aber Herr Kretschmer hat ja nahezu auf eine Erwiderung hingearbeitet. Dass die Landesregierung üblicherweise natürlich wieder einen Bericht abgibt, der nichts anderes ist als eine selbsterfüllende Prophezeiung ist ja klar, und dass sich das Gesetz bewährt hat. Aber, Herr Kretschmer, was Sie hier abgeliefert haben, ist wirklich eine Frechheit. Ihre egoistische Einkaufsstrategie hier als Grundlage zu nehmen und zu sagen, es ist nichts passiert, ist einfach lächerlich. Ich werde Ihnen das jetzt auch ganz genau erklären.
Ich war nicht überrascht über Ihre Ansicht. Ich habe im Protokoll einmal nachgelesen, weil, Sie sprechen ja so schnell und holen oftmals keine Luft, damit man dann noch einmal nachlesen kann. Aber das macht es interessanter, weil, da sieht man einige Dinge, die man vielleicht sonst einmal überhören könnte. Ein Händler ist nicht erfolgreich, weil er besonders arbeitnehmerfreundlich ist. Dieser Satz, Herr Kretschmer, der ist mir übel aufgestoßen und aus diesem Grund möchte ich hier noch mal für die Verkäuferinnen hauptsächlich sprechen.
Ich bin überzeugt, dass dieser Bericht anders ausgefallen wäre, wenn eine oder mehrere Verkäuferinnen an diesem Bericht mitgeschrieben hätten. Oder, wenn einer der Berichtschreiber, Herr Minister, im Ministerium den Arbeitsalltag von Verkäuferinnen tatsächlich kennen würde, und zwar nicht nur aus dem Blickpunkt des Kunden, Herr Kretschmer,
der auch am Abend zwischen 20.00 und 22.00 Uhr freundlichen Service und freundliches Lächeln in weitgehend kundenleeren Märkten völlig selbstverständlich erwartet. Wer sich aber die Zeit nimmt, um mit Verkäuferinnen zu reden, Frau Tasch, ich kenne
es. Wer als Politikerin gar noch die Lebensbedingungen persönlich kennt, der wird all die Erfolgsmeldungen des heutigen Tages als Hohn betrachten.
Denn, Frau Tasch, ich bin in die Läden gegangen, und ich spreche nicht mit dem Kaufpark, sondern ich spreche mit den Menschen, die darin arbeiten, Herr Kretschmer, das ist ein großer Unterschied.
Meine Damen und Herren, das Ladenöffnungsgesetz hat zwei entscheidende Ergebnisse. Es ist frauenfeindlich, denn es sind überwiegend die Frauen, die an den Folgen leiden. Sie wissen, dass von den 50.000 Arbeitenden in diesem Bereich drei Viertel Frauen sind. Sie leiden an den Folgen psychisch und auch physisch.
Zweitens: Dieses Gesetz ist familienfeindlich. Es verkürzt auf unerträgliche Art und Weise die wenige Zeit, die die Frauen mit ihren Kindern verbringen können. Es belastet die Beziehungen, weil von den Verkäuferinnen immer mehr Arbeitsflexibilisierung verlangt wird. Die Marktleiter rufen und schicken die Verkäuferinnen so nach Hause und holen sie, wie der Kundenandrang gerade ist und dies schlimmstenfalls zwischen 7.00 Uhr am Morgen und 22.00 Uhr in der Nacht. In Ihrem Bericht, Herr Minister, ist davon nichts zu hören. Sie haben es von den Gewerkschaften - Sie haben das eben doch auch angesprochen - gehört. Aber offiziell werden Sie es von den Frauen nicht hören. Warum werden Sie es von den Frauen nicht hören? Das ist ganz klar. Vertraulichkeit wäre vorausgesetzt, dann würden sie schon erzählen. Aber die Frauen, die in den Großmärkten mit völlig zerstückelten Arbeitszeiten und miserabel bezahlten Teilzeitarbeitsverhältnissen und Minijobs beschäftigt werden, die werden ihre Sorgen und Nöte weder den Kammern noch den Wirtschaftsverbänden vortragen; denn die Entlassung wäre garantiert, und die Angst davor ist riesig. Aus diesem Grund sprechen die Frauen natürlich dort nicht.
Das wissen Sie auch als Landesregierung. Sie verlassen sich darauf, dass diese Wahrheit über die wahren Arbeitsbedingungen hier nicht zu Tage kommt. Ihre Aufforderung, Herr Minister Zeh: Wir fordern die Händler auf, dass es mitarbeiterorientierte
Arbeitszeiten gibt, das ist unseres Erachtens einfach zu wenig. Sie können ja gerne bitte, bitte machen, aber das wird an der Situation nichts ändern.
Ich habe mich nach 20.00 Uhr in ein Geschäft gestellt und habe in einem Großmarkt nahezu einen kundenfreien Markt erlebt. Ich habe erlebt, dass sie gesteuert alles tun, um ihren Kundenanteil zu halten und Wettbewerbsvorteile zu bekommen. Das geht zulasten der Verkäuferinnen, aber auch zulasten kleiner Handwerksbetriebe. Das ist heute überhaupt noch nicht erwähnt worden; denn Bäckereien und Metzgereien in diesen Großmärkten haben sich dem Zwang zur Öffnung unterzuordnen, sonst fliegen sie raus, und zwar samt den Verkäuferinnen, die dort arbeiten. Wer mit ihnen spricht, der weiß, dass die Arbeitszeitgesetze und auch tarifvertragliche Vereinbarungen, wonach Sie eben so gerufen haben, oft das Papier nicht wert sind.
Mir wurde berichtet von erweiterten Öffnungszeiten ohne zusätzliches Personal. Wer nicht bereit ist, sich flexibel einsetzen zu lassen, der geht. Noch stehen genügend Frauen auf der Straße, die dankbar für einen Job sind. Teilzeitbeschäftigte Frauen berichten, dass in ihren Einsatzzeiten Kindertageseinrichtungen oft geschlossen sind. Das eine Beispiel ist ein Tropfen auf den heißen Stein, Herr Kretschmer. Viele Frauen versuchen das zu kompensieren, arbeiten Spätschicht und anschließend wieder am Morgen, um wenigstens am folgenden Nachmittag bei den Kindern zu sein. Das größte Problem haben Alleinerziehende. Sie sind auf private Hilfen und Beziehungen angewiesen, um angesichts der zerstückelten Arbeitszeiten ihren Kindern und dem eigenen Anspruch an die Erziehung überhaupt gerecht zu werden.
Besonders im ländlichen Raum sind derartige Angebote mit der Lupe zu suchen und die gesundheitliche Belastung für die Verkäuferinnen durch die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die fehlenden Ruhezeiten, das verzweifelte Bemühen, Familie und Beruf miteinander zu verbinden, haben zugenommen. Wenn dann endlich um 22.00 Uhr der Markt schließt und verlassen werden kann, dann gibt es wieder Sorge um die persönliche Sicherheit. Auf dem verlassenen Parkdeck oder beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel kommt es zu Anzüglichkeiten und Bedrohungen. Die Frauen müssen sich gegenseitig helfen, indem sie nicht allein zum Auto gehen oder nicht allein die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können. All das berichten die Verkäuferinnen und das interessiert
die Arbeitgeber nicht wirklich, und Herrn Kretschmer und die CDU wohl auch nicht. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die andere Seite der Medaille, eine Medaille die offensichtlich nicht golden glänzt und trotzdem gibt es Absichten, diese Märkte bis 24.00 Uhr bei einzelnen Groß-Discountern zu öffnen. Wieder werden es die Frauen und Kinder sein, die hauptsächlich davon betroffen sind. Herr Fiedler, wenn es die Männer sind, die in dem Fall davon betroffen sind, sind es auch wiederum die Frauen zu Hause, denn eine Familie gehört ja nun einmal unmittelbar zusammen.
Die Thüringer CDU-Landesregierung hat sich die Familienfreundlichkeit auf die Fahne geschrieben und handelt mit diesem Öffnungsgesetz familien- und frauenfeindlich. Herr Dr. Schubert hat eben schon gesagt, wir haben vor einem Jahr Regelungen zum Schutz der Familie eingebracht und zur Gewährung der Sicherheit der Beschäftigten eingrenzen wollen. Das hat die CDU abgelehnt und deshalb tragen Sie auch heute dafür mit die Verantwortung, dass sich die Situation der Verkäuferinnen verschlechtert hat. Das Gleichgewicht und die Ausgewogenheit, die Minister Dr. Zeh eben ansprach, kann ich nicht erkennen. Ein Gleichgewicht zwischen Beschäftigten, Händlern und Verbrauchern sei erreicht. Ich sehe das überhaupt nicht so. Es ist nicht erreicht und so sehen die Familienfreundlichkeit und die Frauenförderung der CDU-Landesregierung aus. Ich kann mich nur der Forderung unseres Vorredners Dr. Schubert anschließen, dass die Handlungsoptionen, die wir damals vorgestellt haben, umgesetzt werden. Dass sich das Gesetz so bewährt hat, sieht unsere Fraktion in keinster Art und Weise so. Vielen Dank.
Einrichtung einer zentralen Vergabestelle für öffentliche Straßenbaumaßnahmen beim Thüringer Staatsbauamt
Die Landesregierung plant die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle beim Thüringer Staatsbauamt. Unter anderem sollen die vorhandenen vier Vergabestellen bei den regionalen Straßenbauämtern aufgelöst werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ab welchem Zeitpunkt und an welchem Ort soll die zentrale Vergabestelle eingerichtet werden?