Freya-Maria Klinger

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich meine letzte Rede im 4. Sächsischen Landtag noch einmal dem Thema Mitbestimmung und Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen widmen kann.
Frau Herrmann, kurz einen Satz zu Ihnen. Leider haben Sie das Wahlprogramm oder die Wahlprogramme der Linken nicht erwähnt. Wir führen Kinder und Kinderrechte, Mitbestimmung und dergleichen mehr in vielen Punkten unserer Wahlprogramme auf. Wir haben sogar ein eigenständiges Jugendwahlprogramm.
Der Landtag hat sich in dieser Legislatur umfassend mit dem Thema beschäftigt. Das ist gut. Was nicht gut ist, ist, dass es bisher eben nicht zu einer konkreten Umsetzung der vielen vorgebrachten Vorschläge gekommen ist. Deshalb möchte ich hier noch einmal die Gelegenheit nutzen und wahrnehmen, um die Wichtigkeit des Themas
und vor allem die Notwendigkeit der Umsetzung bestimmter Rechte zu unterstreichen.
Vielleicht hören auch die Kolleginnen und Kollegen der Koalition noch einmal zu und schieben nicht wieder technische Fehler oder sonstige Nichtigkeiten vor, um erneut eine Initiative, die für die Demokratie in diesem Land enorm wichtig ist, abzulehnen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf die oft beschworene Politikverdrossenheit der Jugendlichen zu sprechen kommen; denn diese gibt es faktisch nicht. Im Gegenteil. Wir müssen wohl eher von einer Jugendverdrossenheit der Politik sprechen. Das hat ja das Hohe Haus auch schon des Öfteren gezeigt.
Dabei sind junge Menschen sehr wohl politisch interessiert. Man darf aber nicht nur darauf schauen, ob die Jugendlichen Mitglied in einer Jugendorganisation einer Partei oder einer Gewerkschaft sind. Befragt man Jugendliche danach, so stellt man fest, dass lediglich 6 % der 16 bis 25-Jährigen in einer solchen Organisation vertreten sind. Wenn man aber den Blick weiter aufmacht und Sachen anschaut wie Demonstrationen, Streiks oder Petitionen, so wird man feststellen, dass dort über ein Drittel der jungen Menschen aus der eben genannten Altersgruppe die Möglichkeit nutzen, so ihrer Stimme Ausdruck zu verleihen.
Wenn man das Blickfeld dann noch weiter öffnet und sich die indirekten politischen Handlungen ansieht, kann man konstatieren, dass die Jugendlichen wohl zu den politisch Aktivsten in diesem Land zählen.
Der Vorwurf der Politikverdrossenheit, also des fehlenden Interesses der jungen Menschen an Politik, resultiert im Wesentlichen aus zwei Sachverhalten. Erstens, weil Jugendliche immer noch zu spät Zugang zur Politik und zu politischen Entscheidungen erhalten. Sie müssen eben zum Beispiel aufs Wählen warten. Herr Krauß hat es ja hier wieder vorgebracht – das Argument ist beliebt –, dass politische Beteiligung zum Beispiel über das Wählen ab 18 Jahre vollkommen ausreichend sei.
Auch die politische Bildung in der Schule setzt viel zu spät ein. Je früher Menschen damit vertraut werden, Entscheidungen zu treffen, desto selbstverständlicher tun sie dies, desto selbstverständlicher fordern sie dies ein und desto selbstverständlicher tragen sie dann auch ihre Entscheidungen und Ergebnisse.
Das ist eine wesentliche Grundlage für das Funktionieren der Demokratie. Demokratievermittlung funktioniert eben am besten über das Praktizieren derselben.
Zweitens haben junge Menschen sehr wohl Interesse an Politik, aber eben meist nicht an institutionellen repräsentativen Formen, wie man sie in Parteien oder Parlamenten vorfindet.
Wir können konstatieren: Junge Menschen haben häufig ein gespaltenes politisches Interesse. Einerseits lehnen sie institutionelle Politik ab. Dann liegt es auf der Hand,
wenn man Partizipation danach bemisst, wie die Teilnahme an Wahlen ist, dass junge Menschen oft politisch uninteressiert erscheinen. Aber diese Ablehnung resultiert auch daraus, dass es kaum Verständnis für die sogenannte Erwachsenenpolitik gibt.
Neben einer unverständlichen Sprache sind es Dinge wie Ausflüchte, Abschweifungen oder Hinhaltetaktiken, die junge Menschen einfach abschrecken.
Auf der anderen Seite finden wir sehr wohl politisches Engagement bei konkreten, das Leben der jungen Menschen betreffenden Themen vor, und zwar nicht nur im egoistischen Sinne, sondern auch bei globalen Problemen.
Der Zugang von Jugendlichen zur Politik ist erlebnishaft. Dem muss die etablierte Politik auch entgegenkommen. Die Teilnahme zum Beispiel an einer Demonstration gegen Krieg oder an Unterschriftensammlungen sind für junge Menschen konkret erfahrbare Prozesse. Daran besteht auch ein hohes Interesse. Politik muss Spaß machen, aber nicht Spaß im negativen Sinne, der nur Party und Konsum bedeutet, sondern Politik muss Raum bieten für Spontaneität und Lebendigkeit, für Humor und Sinnhaftigkeit. Herr Krauß, so gewinnt man junge Menschen für Politik und politisches Engagement.
Ich komme zum vorgelegten Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN. Erstens finde ich es sehr schön, dass Sie viele Ideen aus dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf übernommen haben, so die Festschreibung der konkreten Rechte für Kinder und Jugendliche in die Sächsische Verfassung, ebenso die Absenkung des Wahlalters, auch wenn wir einen Schritt weitergehen wollten, aber der Schritt an sich ist natürlich richtig. Auch die Einbeziehung der jungen Menschen in alle sie betreffenden Planungen, Vorhaben und Entscheidungen ist längst überfällig.
Das hieße dann, dass junge Menschen endlich nicht mehr auf die Gutmütigkeit und das Entgegenkommen der kommunalen Verwaltungen angewiesen sind. Wie gesagt, das ist ein längst überfälliger Schritt. Dem können wir nur zustimmen.
Aber um ein umfängliches Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen vorzulegen, fehlen mindestens noch zwei Punkte. Erstens sehen Sie keine eigenständige Regelung für die Unterstützung und Einrichtung eigener politischer Interessenvertretungen vor. Ich spreche hier ausdrücklich nicht von den sogenannten Jugendparlamenten, sondern gerade von offenen, projektorientierten Formen, die – Frau Herrmann, Sie haben es angesprochen – eben auch eine größere Schicht an jungen Menschen erreichen können und keine bloße Kopie von Erwachsenenpolitik sind.
Wir hatten in unserem Gesetzentwurf eine entsprechende Regelung vorgeschlagen, die den jungen Menschen die Wahl der passenden Form offengehalten hätte.
Zweitens wollen Sie das sächsische Kita-Gesetz ändern. Das ist an dieser Stelle sicherlich sinnvoll. Konsequenterweise hätten Sie aber – das habe ich im Ausschuss schon deutlich gemacht – auch das Landesjugendhilfegesetz ändern müssen. Denn eben gerade da, wo sich junge Menschen bewegen, nicht nur in der Kita, sondern im gesamten Bereich der Jugendhilfe, muss Mitbestimmung gewährleistet werden. Gerade die Jugendhilfe – wir haben das ja bei den Debatten zum Dritten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht gehabt – soll in Zukunft stärker als bisher als Bildungsakteur in Erscheinung treten, ähnlich wie es in den letzten Jahren mit der Kita passiert ist. Ich hätte da schon ein klares Statement von Ihnen erwartet.
Ja, dennoch wollen wir uns auch bei dieser Kritik dem Grundanliegen natürlich nicht verschließen. Wir werden der Initiative unsere Zustimmung geben. Kinder und Jugendliche müssen endlich aus ihrem Objektstatus befreit werden. Sie sind Subjekte der Politik, also behandeln wir sie auch endlich so!
Legen wir den jungen Menschen nicht weiter Steine in den Weg, sondern befördern wir politisches Engagement da, wo es keimt, wo es vorhanden ist! Es kann schließlich kein Ziel des Sächsischen Landtages sein, Menschen von Politik abzuhalten.
Vielen Dank.
Ich rufe zur namentlichen Abstimmung in der 137. Sitzung am 15. Mai 2009 über die Drucksache 4/15423 auf, beginnend mit dem Buchstaben A.
Ist irgendein Abgeordneter nicht aufgerufen worden?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf in die dritte Runde! Wie ich sehe, freut sich Herr Jurk schon besonders.
Sie haben gestern in Ihrer Fachregierungserklärung verkündet: „Den derzeit rund 18 700 Bewerbern stehen 13 800 Ausbildungsplätze gegenüber. Dieses Verhältnis zum heutigen Tage lässt darauf hoffen, dass letztendlich zum Jahresende erneut allen Bewerbern um einen Ausbildungsplatz ein Angebot gemacht werden kann.“
Und genau hier liegt das Problem, Herr Jurk. Das Verhältnis, von dem Sie gestern sprachen, ist eben nur ein rechnerisches und kein reales. Real kommen nämlich nochmals über 8 000 Altbewerberinnen und -bewerber dazu. Für diese müssen wieder vollzeitschulische und außerbetriebliche Maßnahmen herhalten. Es ist nur ein mathematischer Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, und das reicht eben nicht aus.
Es sind nicht Ihre Initiativen, die maßgeblich für die verkündete Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt sorgen, sondern es ist die Demografie. Es sind nicht Ihre eigenen Anstrengungen; da hat die Zeit für Sie gearbeitet. Seit 2003 hat sich die Zahl der Schulabgänger von über 56 000 auf heute 26 000 mehr als halbiert. Der Tiefpunkt in dieser Entwicklung wird erst 2011 erreicht sein.
Selbst wenn sich die quantitativen Probleme des Ausbildungsmarktes von selbst erledigen, die qualitativen tun es eben nicht. Immer noch werden zu wenig duale Ausbildungsplätze angeboten. Das Verhältnis von dualen Lehrstellen und Berufsausbildungssuchenden beträgt immer noch eins zu zwei. Nur durch das Schönen der Zahlen, unter Hinzunahme von vollzeitschulischen Ausbildungsgängen und außerbetrieblichen Angeboten errechnen Sie eine Relation von einem Lehrstellenbewerber auf 1,2 angebotene Ausbildungsplätze. Das, Herr Jurk, ist Betrug an den jungen Sächsinnen und Sachsen.
Gestatten Sie mir ein Wort zu den vollzeitschulischen Bildungsgängen. Herr Jurk, ich spreche jetzt nicht über die bundesrechtlich geregelten Gesundheitsberufe.
Die Übernahmechancen nach einer vollzeitschulischen Ausbildung sind wesentlich schlechter als bei der Ausbildung im dualen System. So werden je nach Ausbildungsgang und -dauer durchschnittlich nur 26 % der Absolventinnen und 20 % der Absolventen in Beschäftigung vermittelt. Wir schlussfolgern: Die Ausbildungsneigung der sächsischen Unternehmen muss weiter gesteigert werden, gerade angesichts der derzeitigen Situation, in der viele kleine und mittelständische Unternehmen abwarten und die Entwicklung der Konjunktur beobachten. Auf der anderen Seite kann einem Fachkräftemangel so nicht entgegengesteuert werden. Dabei befürchten in Sachsen gerade die Metallarbeitgeber, dass ihre ausgeschriebenen Stellen nicht besetzt werden können. Der erhebliche Mitteleinsatz im Bereich der Ausbildungsförderung hat keine wirkliche Veränderung gebracht. Oft wurden nur Löcher gestopft, es wurde nachgebessert, zum Beispiel bei den Altbewerbern, und das meist auch noch sehr spät. Eine grundlegende Veränderung in der Ausbildungspolitik, eine an den Bedürfnissen der Menschen und Unternehmen ausgerichtete Förderung der beruflichen Ausbildung wurde nicht erreicht. Ich gehe sogar so weit zu sagen: Vielleicht wurde es auch nicht versucht.
Bleiben wir beim Thema der Altbewerberinnen und Altbewerber. Hier findet sich in der Antwort auf die Große Anfrage eine Irreführung oder regelrechte Falschaussage. Die Staatsregierung spricht nämlich dort von einem kompletten Abbau der Bugwelle an Altbewerbern. Die sächsischen Arbeitsagenturen melden aber 8 184 Altbewerber, 8 184 Menschen, die Sie einfach unterschlagen haben, Herr Minister.
Zwar ist die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 37 % zurückgegangen, aber sie stellen immer noch mehr als ein Drittel der Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz dar. Ich sage: Jeder dieser über 8 000 Menschen ist einer zu viel.
Die Linksfraktion fordert die klare Benennung der Zahlen. Wir fordern ehrliche Angaben, denn nur wenn das Problem erkannt und benannt ist, kann es auch gelöst werden.
Ein weiteres qualitatives Problem der sächsischen Ausbildungspolitik sind die Ausbildungsabbrüche bzw. die vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen. Hier ist eine konstant hohe Zahl zu verzeichnen, und das trotz des Rückgangs der Zahl der Auszubildenden. Herr Minister Jurk, Sie versuchen zwar zu beschwichtigen, indem Sie von positiven Abbrüchen, etwa von Wechseln aus außerbetrieblichen Maßnahmen in duale Ausbildungsverhältnisse sprechen, aber auch hier sprechen die Zahlen, die
Sie in der Antwort geben, für sich. Es sind 344 „Positivabbrecher“ gegenüber insgesamt circa 6 000 im vergangenen Ausbildungsjahr. Das ist eindeutig zu viel.
Bei einem Drittel der Abbrecher wurde ein Grund im Zusammenhang mit der Berufswahl angegeben. Die jungen Menschen in Sachsen sind nicht genügend über die Berufsbilder und Anforderungen informiert. Da liegt das Problem doch offensichtlich in einer ungenügenden Berufsorientierung und -beratung. Dazu komme ich später noch.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass bei den jungen Sächsinnen und Sachsen keine ausreichende Kenntnis über die Ausbildungsberufe im Allgemeinen vorhanden ist. Das erkennt man immer wieder daran, wie sich die Bewerberinnen und Bewerber auf die einzelnen Ausbildungsberufe verteilen. So führen immer noch Koch, Friseurin, KfzMechatroniker und Bürokauffrau die Hitliste der Wunschberufe an. Auf der anderen Seite bleiben immer wieder Ausbildungsplätze, zum Beispiel Glasbläser oder Bootsbauer, unbesetzt.
Das ist wahr, Frau Kollegin Lay.
Ich komme zur Berufsorientierung.
Wir können in der anschließenden Debatte noch näher darauf eingehen, ich möchte jetzt trotzdem gern zur Berufsorientierung sprechen. Jetzt will ich etwas Positives sagen, nämlich dass sich in den letzten Jahren etwas getan hat. So wurde zum Beispiel der Berufswahlpass eingeführt. Es wurde endlich erkannt, welch wichtige Rolle den Eltern bei der Berufswahl zukommt, und es gibt vermehrt Kooperationen zwischen Schulen und Wirtschaft. Dennoch genügen diese Maßnahmen nicht, zumal sie bis auf den Berufswahlpass nicht flächendeckend umgesetzt werden.
Besondere Beachtung muss auch dem Feld der geschlechtersensiblen Berufsorientierung gezollt werden. In der Antwort zur Großen Anfrage kann man nachlesen: „Trotz rechtlicher Gleichstellung ist die Chancengleichheit von Frauen und Männern insbesondere in Bezug auf die Erwerbsarbeit noch nicht erreicht.“ Doch die Statistik weist aus, welcher Handlungsbedarf hier noch besteht. Die Hälfte aller weiblichen Bewerber um einen Ausbildungsplatz konzentriert sich auf nur zehn Ausbildungsberufe. Das sind diejenigen, in denen es nur sehr geringe Gehalts- und Karriereperspektiven gibt.
Der Frauenanteil in den technischen Berufen ist zu gering. So liegt die Frauenquote im Bereich der Fachinformatik bei 6 %, bei der Ausbildung zur Informationselektronikerin sind es gerade einmal 1,8 %. Da verwundert es, dass die Staatsregierung als wichtigstes Instrument zur Gegensteuerung den Girls’ Day angibt. Verstehen Sie mich bitte
nicht falsch, die Linksfraktion steht voll und ganz hinter dem Girls’ Day.
Wir unterstützen diesen. Wir führen jedes Jahr eigene Angebote durch und haben auch schon viele Anträge dazu hier im Plenum gestellt.
Das allein wird aber wenig an der grundlegenden Einstellung junger Frauen ändern, nach wie vor die sogenannten frauentypischen Berufe, die sich eben stärker am tradierten Rollenverständnis anlehnen, zu wählen. Wir werden Frauen ermutigen, verstärkt Berufe im naturwissenschaftlich-technischen Bereich zu ergreifen, und umgekehrt wollen wir auch, dass soziale Berufe für Männer attraktiver werden.
Grundsätzlich steht die Linksfraktion im Sächsischen Landtag für ein Grundrecht auf Ausbildung und die gesetzlich garantierte Berufswahlfreiheit. Herr Minister, ich bitte Sie, nutzen Sie wenigstens Ihre noch verbleibende Zeit, um den sächsischen Unternehmen klarzumachen: Ausbildung lohnt sich und nur eine gute Ausbildung schafft Perspektive und Zukunft in Sachsen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Danke, Herr Jurk, dass Sie die Hälfte der Fachregierungserklärung von gestern jetzt gerade noch einmal abgegeben haben. Ich möchte Sie aber richtigstellen: Ich habe Sie nicht als „Betrüger“ bezeichnet, sondern ich habe gesagt: Das ist Betrug an den jungen Sächsinnen und Sachsen, und es ist klar, dass Sie damit gut leben könnten; denn Sie sind ja keiner dieser 8 000 Menschen, die immer noch auf eine Lehrstelle warten. Sie haben eben in der Beantwortung der Großen Anfrage angegeben, dass es 454 Bewerber(innen) aus den Vorjahren gibt, die unversorgt geblieben sind, und wenn dann am 30. April 2009 die sächsische Agentur für Arbeit bekannt gibt, dass es über 8 000 junge Menschen sind, dann frage ich mich schon, wie ich das nennen soll. Oder wie würden Sie es denn nennen?
An Herrn Rasch würde ich mich auch gern wenden. Herr Rasch, wir wissen, dass es ein Bündnis für Ausbildung 2009 geben wird. Wenn Sie den Entschließungsantrag richtig lesen würden, dann würden Sie feststellen, dass wir es nicht einfordern, sondern dass wir fordern, dass es nicht nur Absprachen nach innen gibt, wie die Versprechungen, die in jedem Jahr gegeben werden, immer gleich viele Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, sondern dass wir auch entsprechende Forderungen nach außen, aus diesem Gremium heraus, erzielen wollen; denn wir denken, das Bündnis für Ausbildung 2009 kann noch mehr leisten, als dies bisher geschehen ist. Wir bedauern natürlich nicht, dass sich die Ausbildungslücke schließt. Wir fordern eine Qualitätssteigerung in der Ausbildung, und darin waren wir uns in unseren Beiträgen ja gar nicht unähnlich.
Ein wenig enttäuscht bin ich natürlich, dass sich die SPD nicht zu Wort gemeldet hat, gerade die „Partei der kleinen Leute“. Ich weiß nicht, was Sie damit für ein Signal aussenden wollen; aber das ist ja auch nicht mein Problem.
An Herrn Morlok: Vielen Dank für das aufmerksame Lesen der Anfrage. Sie scheinen der Einzige zu sein, der hier wirklich ins Detail geht. Ich denke, Sie haben sich einen Kaffee verdient.
Kommen wir zum Entschließungsantrag. Im Punkt I stellt die Linksfraktion fest:
erstens, dass nur durch die Demografie – sprich: den Rückgang der Zahl der Schüler(innen) – eine Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt zu verzeichnen ist,
zweitens, dass die sächsische Ausbildungslandschaft leider immer noch stark durch vollzeitschulische und außerbetriebliche Ausbildung geprägt ist und es nur langsam zu einer Verschiebung zugunsten der dualen Ausbildung kommt.
Drittens. Die bisherigen Maßnahmen der Staatsregierung waren nicht ausreichend, um eine grundlegende Veränderung herbeizuführen.
Viertens. Der Anteil der sogenannten Altbewerber(innen) liegt immer noch bei über 8 000 – wir haben es gerade gehört –, obwohl sich die Anzahl der Schulabgänger(innen) in den letzten sechs Jahren mehr als halbiert hat.
Fünftens. Die Zahl der Abbrecher(innen) von Ausbildungen befindet sich auf einem konstanteren Niveau.
Daraus leitet die Linksfraktion in Punkt II ab:
Erstens. Wir setzen uns für deutlich stärkere Anreize für sächsische Unternehmen ein, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, den jungen Menschen in Sachsen eine Perspektive aufzuzeigen; und wir müssen weiterhin klarmachen: Ausbildung lohnt sich.
Zweitens brauchen wir für die Sicherung des Fachkräftebedarfes eine fächerübergreifende betriebsnahe Berufsorientierung, unabhängig von der Schulform, und es gilt Kooperationen zwischen Schule, Betrieben und den Agenturen für Arbeit auszubauen.
Drittens schließlich greifen wir die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes „Schutzschirm für Ausbildung und Auszubildende“ auf. Dieser sieht folgende Maßnahmen vor: eine befristete Übernahmeprämie für Unternehmen, die junge Auszubildende aus Insolvenzbetrieben übernehmen. Wir fordern: keine Kurzarbeit für Auszubildende, weiterhin die Schaffung eines Branchenfonds bzw. einer konjunkturunabhängigen Umlagenfinanzierung, die verbesserte Förderung benachteiligter Jugendlicher und einen Ausbau sozialpädagogischer Begleitung sowie einen weiteren Ausbau des externen Ausbildungsmanagements. In diesen Punkten fordern wir die Staatsregierung auf, initiativ zu werden, auch auf Bundesebene voranzugehen und dann eine bundesweite Initiative dazu zu starten.
In diesem Sinne möchte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag bitten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wichtig und mir ein persönliches Anliegen, dass Kinder und Jugendliche insgesamt stärker in den Fokus der Politik gerückt werden. Es ist wichtig, dass dazu konstruktive Debatten geführt werden, die allen nutzen und am meisten natürlich der Demokratie in unserem Land.
Kinder- und Jugendrechte sind erfreulicherweise schon öfter Thema im Sächsischen Landtag gewesen. Bereits die damalige PDS-Fraktion hat 1996 einen Gesetzentwurf über die Sächsische Kinderbeauftragte oder den Sächsi
schen Kinderbeauftragten eingebracht und anhören lassen. Schon damals, 1996, hatte der Runde Tisch gegen Gewalt vorgeschlagen, kommunale und Landesbeauftragte für Kinder zu schaffen. Herr Iltgen übrigens saß diesem Runden Tisch vor, aus dem dieser Vorschlag hervorging. Vielleicht kann er sich heute daran erinnern. Als es damals zur Behandlung des Gesetzentwurfs der PDSFraktion kam, konnte er es nämlich nicht.
Seither sind 13 Jahre vergangen. Es ist leider keine Besserung in Sicht. Allgemein gilt: Mitbestimmungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche sind sehr gering und ihre Stimme wird dadurch zu selten gehört. Kinder können sich eben oft nicht selbst Gehör verschaffen, so wie es zum Beispiel Erwachsene tun. Sie können eben nicht auf Ämter gehen, Beschwerde einlegen, sich in die Stadtplanung und andere Dinge einbringen.
Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag hat auch Verbesserungsvorschläge gebracht. Am Anfang dieser Legislatur wollten wir die Kinderrechte in der Verfassung festschreiben. Wir wollten das Wahlalter absenken und die direkte Partizipation stärken. Dies scheiterte jedoch an der starren Haltung der Koalition.
Heute geht es hier um die anwaltschaftliche Vertretung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Sicher ist, dass Beauftragte kein Allheilmittel sind oder sein können. Aber überall dort, wo es diese Beauftragten gibt, ist einfach Bewegung in die Debatte gekommen, in die politische Diskussion. Gute Beispiele sind hier die Länder Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und auch SchleswigHolstein. Dort sind die Ministerien eben angehalten, überall Kinderinteressen mitzudenken, egal ob bei Umwelt, Verkehr, Schule, Gesundheit oder anderen Themen. Also, ein Kinderbeauftragter kann durchaus eine Lobby für Kinder schaffen.
Aber diese Maßnahme, dessen müssen wir uns bewusst sein, kann auch nur der Einstieg in eine kinderfreundliche Politik sein. Kinder und Jugendliche müssen insgesamt einen besseren Zugang zur politischen Diskussion bekommen. Sie müssen eben als Subjekte der Politik verstanden werden und nicht als Objekte. Dazu ist eine Vielzahl von Maßnahmen erforderlich.
Die Aufgaben des hier vorgeschlagenen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten bzw. der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten sind vielleicht ein Stück weit zu kurz gefasst, da eben größtenteils auf die Kinder- und Jugendrechte abgestellt wird, und zwar speziell auf die UNKonvention über die Rechte des Kindes.
Weiterhin ist keine Geschäftsstelle vorgesehen, und Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass die oberste Dienstbehörde die Präsidentin oder der Präsident des Landtages ist. Da muss ich schon fragen: Wie wollen Sie die Weisungsfreiheit, die Sie einen Satz vorher im § 1 festschreiben und dort anführen, auch wirklich gewährleisten? Hätte hier nicht eine Rechtsaufsicht genügt?
In den Punkten Geschäftsstelle und Rechtsaufsicht hätten Sie sich durchaus an dem Gesetz über den Datenschutzbeauftragten bzw. die Ausländerbeauftragte orientieren müssen.
Ebenfalls ungewöhnlich ist Ihr Vorschlag einer sechsjährigen Amtszeit. Das kann durchaus ein Vorteil sein. Der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte oder die Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte könnte dann jeweils über die Legislatur hinaus arbeiten und ist nicht von der jeweiligen Zusammensetzung des Landtages abhängig. So kann eine kontinuierliche Arbeit ermöglicht werden.
Aber ein Nachteil kann ebenso sein, dass es zu einer gewissen Amtsmüdigkeit kommen kann, dass sich Routine einschleift. Von daher würden wir einen kürzeren Zeitraum – etwa drei Jahre – für besser halten. Vielleicht, Frau Herrmann, können Sie darauf noch einmal eingehen.
Leider geht es hier nur um einen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten – dabei betone ich Recht –, und nicht insgesamt um eine Kinder- und Jugendbeauftragte. Wie gesagt, das ist ein erster Schritt. In der Grundintention stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Allerdings hätten wir uns mehr Möglichkeiten auch im Bereich der Aufgaben gewünscht, zum Beispiel das Anstoßen und die Beratung zu Partizipationsprojekten für alle sächsischen Kinder und Jugendlichen.
Noch ein Wort, vielleicht auch an die Damen und Herren der Koalition gerichtet: Selbst wenn der Gesetzentwurf abgelehnt wird, etwas Gutes hatte er doch. Schließlich liegt allen Abgeordneten noch einmal die UN-Konvention über die Rechte des Kindes vor. Vielleicht lohnt es sich auch, hin und wieder einmal einen Blick hinein zu werfen.
Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte ich feststellen, dass es gar keine Gender-Mainstreaming-Programme im Sinne des Antrags der NPD gibt. Sie beweisen damit einmal mehr, dass Sie das Thema kein Stück weit verstanden haben. Der Antrag ist hinfällig.
Denn Gender-Mainstreaming ist nicht das ominöse oder gar nebulöse Gespinst, das in Nazikreisen auch schon einmal als totalitärer Kommunismus in Sachen Sex und Geschlechterbeziehung bezeichnet wird. Nein, GenderMainstreaming ist eine Methode, ein gleichstellungspolitisches Konzept, das dazu dient, die Auswirkungen von politischen Entscheidungen und Aktivitäten von verschiedensten Organisationen danach zu befragen, wie sich diese auf Frauen und Männer auswirken und ob und wie diese zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit beitragen – ein Wort, das Sie anscheinend nicht kennen. Und dass das nicht in den national verengten Tunnelblick auf die Menschen passt, liegt auf der Hand. Es geht nicht um Gleichmacherei oder gar Umprogrammierung der Menschen. Das verwechseln Sie wohl mit Ihren eigenen politischen Zielstellungen. Es geht darum, einen sensiblen Blick für Geschlechterfragen zu entwickeln und diese Dimension bei allen politischen Entscheidungen mitzudenken.
Die Zittauer Kreistagsabgeordnete der NPD Antje Hiekisch ist dabei vergleichsweise harmlos, wenn sie von einer gesellschaftlichen Verweichlichung im Bereich der Erziehung durch Gender-Mainstreaming spricht. Drastischer werden da schon andere Stimmen, die GenderMainstreaming eben als eine totalitäre Ideologie hinstellen wollen, so wie es Frau Schüßler hier in ihrer Rede wieder getan hat. Dazu kann ich nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Aber es ist offensichtlich, dass Sie die nackte Angst befällt, wenn Sie heraufbeschwören, dass GenderMainstreaming nun die Umkehrung der Geschlechterrollen als Rache für 20 000 Jahre Unterdrückung der Frau sei. Denn mit diesem Antrag machen Sie eines klar: Sie haben keine Ahnung von modernen emanzipierten Frauen, die selbst für sich und ihre Rechte einstehen wollen; Frauen, die ihre soziale Stellung erkannt haben und diese ändern wollen.
Schauen wir uns im Gegenzug einmal das Frauenbild der Nazis näher an. Im Programm des Rings Nationaler Frauen, der NPD-Frauenorganisation, kann man nachle
sen: „Frauen sind zurückhaltend, sie unterstützen ihre Männer und halten ihnen den Rücken frei. Männer erreichen auf der politischen Ebene Ziele. Frauen sind da, um Leben in das Volk zu bringen, um dieses zu erhalten.“ Sprich: Frauen sind für die Fortpflanzung zuständig und werden größtenteils auf die Erfüllung der Reproduktion reduziert. Man kann sogar so weit gehen zu sagen: Ein Frauenbild außerhalb der Mutterrolle existiert bei Ihnen überhaupt nicht.
Nein.
So steht in Ihrem Programm zu lesen: „Die wenigsten Mütter fühlen sich in ihrem Job erfüllt und selbstverwirklicht.“ Oder: „Kinderbetreuung dient dazu, Mütter in der Berufstätigkeit zu halten“ – Mütter, nicht Frauen.
Die NSDAP hat damals eine ebensolche Politik gefahren, aber als keine Männer mehr da waren, weil sie im Krieg an der Front verheizt wurden, konnten Frauen plötzlich aus ihrer Mutterrolle herausgelöst werden, um in den Fabriken zu arbeiten und Munition herzustellen. Aber Frau Stella Hähnel, Parteivorstandsmitglied der NPD und Sprecherin des Rings Nationaler Frauen, erklärt weiter, dass Frauen in der NPD jetzt auch in die Politik dürften. Sie hätten dort ja politische Spezialgebiete. Diese zählt sie mit Familien-, Sozial-, Gesundheits- und Kulturpolitik auf.
Sie fügt hinzu: „Darin unterscheiden wir uns von den Emanzen. Wir zwingen Frauen nicht in Rollen, die sie nicht spielen wollen.“
Was Sie dabei vergessen: Emanzipierte Frauen lassen sich nicht in Rollen zwingen, und sicher wählen sie keine Nazis.
Aber wir werden gleich hören, welche Rollen sich die NPD-Frauen zugedenken, denn Frau Hähnel führt noch ein weiteres Argument für die Nazifrau im politischen Raum an: „Wir Frauen widerlegen allein mit unserem Wesen die Lügenmärchen vom gewalttätigen Rechten.“ – Aha, märchenhaft ist ja hier wohl eher Ihr Bild des sanftmütigen, devoten und dem Gatten treu ergebenen Mütterchens am heimischen Herd. Außerdem gibt es inzwischen leider viele rechte Frauen, die gern auch mal zuschlagen.
Doch schauen wir noch einmal genauer hin, was Ihnen den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Für Sie ist es Realität, dass es da draußen bald keine „echten Männer“ mehr gibt, dass männliche Identitätsfiguren Mangelware sind. – Stimmt, vor allem, wenn ich mich in Ihren Reihen umsehe.
Aber zurück zu Ihrem Bild vom „echten Mann“. Diese „echten Männer“ nämlich werden von hauptberuflichen Frauen verdrängt. Das ist tatsächlich unerhört.
Wir konstatieren also: Emanzipierte Frauen, keine echten Männer mehr und nun noch das von Ihnen konstruierte Szenario des bevölkerungspolitischen Super-GAU, und jetzt auch noch Gender-Mainstreaming. Fast könnte man Mitleid mit Ihnen bekommen ob Ihrer Verzweiflung über diesen Begriff, den Sie einfach nicht fassen, geschweige denn verstehen können, weil er nicht in das Muster Ihres einfach gestrickten Weltbildes passt; weil Sie auf die Anforderungen der Frauen und Männer, die sich ihrer Situation in dieser Gesellschaft auch aufgrund ihres biologischen und sozialen Geschlechtes bewusst sind und eben auch deshalb diskriminiert werden; weil Sie diesen Menschen keine einfachen, platten Lösungen anbieten können und wollen. Deshalb erklären Sie GenderMainstreaming schnell mal zum Inbegriff der Selbstauslöschung. Es werden weniger Kinder geboren und die, die geboren werden, sollen nun auch noch sexuell umprogrammiert werden, gar androgyn gemacht werden, so meinen Sie; also fände keine Revolution mehr statt.
Im Wahlprogramm der NPD kann man es nachlesen: Die Familie ist die Keimzelle Ihres Lieblingskonstruktes, des deutschen Volkes.
Genau gegen dieses wird gerade durch GenderMainstreaming der Vernichtungsschlag geführt: Keine Familien – Familien im Sinne von konservativen, mit Trauschein versehenen matriarchalischen Vater-MutterKind-Einheiten – heißt für die NPD automatisch auch keine Kinder. Dass das nicht der sächsischen Realität entspricht, werden Ihnen die vielen allein erziehenden Frauen und Männer oder die sogenannten Patchworkfamilien bestätigen können.
Denn: Was passiert angeblich, wenn die deutschen Kinder weg sind? Wieder können wir es nachlesen: „Kinderlose Paare rechtfertigen die Politik der „Umvolkung“ und „Überfremdung“, und das gefährdet den Bestand unseres Volkes.“
Hier werden Sie endlich deutlich und zeigen, worum es Ihnen in Wahrheit geht: nämlich um Ihre rassistische Stimmungsmache. Umvolkung oder auch Ethnomorphose ist ein Begriff aus der nationalsozialistischen Volkstumspolitik, der in den eroberten Ostgebieten beim Gewinn von Lebensraum zum Tragen kam. Gut, dass Sie auch hier mit Ihren Worten zeigen, wer die Väter des Gedankens waren.
Gender-Mainstreaming wird für Sie zur Förderung von Lebens- und Verhaltensformen, die dem Menschlichen widersprechen. Gerade Sie maßen sich an zu definieren, was „menschlich“ ist? Humanismus ist für Sie doch ein Fremdwort. Sie, die Sie die Grund- und Menschenrechte negieren, selbst Vertreter einer menschenverachtenden Ideologie sind und sich auf den Nationalsozialismus
beziehen – Sie unterstellen dem Konzept Gender-Mainstreaming das, was Sie selbst wollen: das Aufzwingen von Geschlechterrollen und das Leben von Stereotypen.
Familie ist nicht da, wo der Vater das Sagen hat; Familie ist da, wo Nähe ist, und für glückliche Familien brauchen wir Gender-Mainstreaming; brauchen wir Frauen und Männer, die sich ihrer selbst bewusst sind. Nur wenn diese Frauen und Männer selbstbestimmt und erfüllt leben können – frei von Diskriminierung –, werden sie auch gute Eltern sein. Wir wollen die gleiche gesellschaftliche Akzeptanz und eine Gleichbehandlung aller Lebensentwürfe und Lebensweisen. Sie wollen Geschlechterrollen aufzwingen – wir stehen für ein selbstbestimmtes Leben und eine selbstbestimmte Liebe.
In Artikel 3 Satz 3 des Grundgesetzes heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, … benachteiligt oder bevorzugt werden.“ – Dazu stehen die demokratischen Fraktionen in diesem Hause.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im 18. Jahrhundert sagte Marquis de Vauvenargues: „Der Geist ist denselben Gesetzen unterworfen wie der Körper. Beide können sich nur durch beständige Nahrung erhalten“ und – so möchte ich hinzufügen – bei beiderlei Nahrung kommt es auf die Qualität an.
Über Bildungs- und Lehrpläne bestimmen Sie die Qualität der geistigen Nahrung, die der körperlichen bleibt in Sachsen zuweilen auf der Strecke. Gesunde Ernährung muss ein Bildungsinhalt sein, insbesondere an den Schulen. Dafür hat sich DIE LINKE im Landtag mehrmals eingesetzt und stark gemacht.
Schauen wir uns einmal an, welche Rahmenbedingungen wir für gesunde Ernährung in unseren sächsischen Bildungseinrichtungen vorfinden. Kinder und Jugendliche werden schon jetzt mit Mittagessen in den jeweiligen Einrichtungen versorgt. Doch sehen wir uns einmal an, wo und wie das Essen produziert und verarbeitet wird, das dort auf den Tisch kommt. Es sind leider – das wurde auch schon erwähnt – häufig große westdeutsche Cateringfirmen, die irgendwo in Autobahnnähe sitzen, vielleicht das Essen noch mit Mitarbeitern in Billigjobs herstellen und nur ungenügend auf die Regionalität und die Saisonalität der Lebensmittel achten. Caterer liefern nicht per se minderwertiges Essen – das möchte ich nicht behaupten –, aber an die Qualität eines frisch zubereiteten
Essens kommen die angelieferten und lange warmgehaltenen Speisen nicht heran.
Deshalb möchte sich auch DIE LINKE im Sächsischen Landtag dafür einsetzen, dass wieder eigene Küchen in Kindertageseinrichtungen und Schulen etabliert werden.
Es ist so, dass dort nicht nur das Essen frisch zubereitet wird und somit nicht lange warmgehalten werden muss, wodurch es an Vitaminen und anderen Mikronährstoffen einbüßt, sondern in solchen Küchen können Kinder und Jugendliche selbst das Kochen und den richtigen Umgang mit Lebensmitteln erlernen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine lebenslange gesunde Ernährung.
Gerade in Zeiten, in denen in vielen Familien nicht mehr gekocht wird, ist es für junge Menschen wichtig, selbst zu erfahren, wie es ist, Speisen zuzubereiten, und wie gut selbstgemachtes, frisches Essen schmecken kann.
Die Küchen in den Kitas und Schulen können aber noch mehr. Der Einsatz von regionalen, saisonalen und, was wünschenswert wäre, biologisch angebauten Produkten kann dort viel einfacher umgesetzt werden. Egal, ob in einer Kita, an der Grundschule, an der Mittelschule oder am Gymnasium – alle sollten das Zubereiten von Mahlzeiten erlernen. Die selbst zubereiteten Mahlzeiten sollten gemeinsam in einer angenehmen Atmosphäre eingenommen werden, denn nur so können sich eine Esskultur und eine gesündere Ernährung entwickeln.
Ich möchte ein Beispiel aus Finnland bringen. Dort gibt es einen Leitspruch in der Schule, der lautet: Respekt gegenüber den Kindern. In Finnland gibt es Schulküchen. Es gibt dort eine kostenlose Mittagsversorgung, es werden Salat und Knäckebrot zu den Mahlzeiten gereicht und es wird also auf eine ausgewogene Ernährung geachtet. Dieser Respekt wird sich gegenseitig entgegengebracht – zwischen Schülerinnen und Schülern, zwischen Lehrerinnen und Lehrern, aber auch gegenüber dem Personal, den Angestellten, den Küchenkräften. Dieser Respekt, diese Achtung schafft ein anderes Bewusstsein, nicht nur gegenüber den Menschen, sondern auch gegenüber dem Essen, den verarbeiteten Lebensmitteln. Die Kolleginnen und Kollegen des Schulausschusses konnten in der vergangenen Legislaturperiode erleben, dass dort die Mittagspause wirklich zu einer Regenerationsphase wird, die Energie für die Nachmittagsstunden liefert.
Ich möchte auch auf das Thema Übergewicht zu sprechen kommen. Es ist bereits von meinen Kolleginnen und Kollegen angesprochen worden. Ich denke, nicht nur dem Übergewicht, sondern auch der einseitigen Ernährung bzw. Mangelernährung kann mit Schulküchen in Kitas und Schulen entgegengewirkt werden. Es gibt eine besorgniserregende Zunahme von ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, von Stoffwechselkrankheiten und orthopädischen Beschwerden. Die Adipositasrate wurde bereits genannt. Sie liegt bei den Schulkindern bei mittlerweile 20 %. Die Zahl der Diabeteskinder ist steigend. Es ist also dringend geboten, in den Kitas und
Schulen anzusetzen und sinnvolle und nachhaltige Maßnahmen zu ergreifen.
Aber wir sollten nicht beim Essen Halt machen, sondern wir sollten uns fragen, was wir darüber hinaus tun können. Süße Getränke als Ursache für Übergewicht sind bereits genannt worden. Limonaden und Fruchtnektare sind ebenfalls ein Übel. Ärzte und Zahnärzte beklagen immer wieder, dass Kinder zu viel dieser Getränke zu sich nehmen. Häufig ist es so, dass in den Schulen Automaten stehen, mit denen den Kindern diese Getränke leicht zugänglich gemacht werden, oder dass diese Getränke am schuleigenen Kiosk verkauft werden. Das geschieht meist alternativlos. Stattdessen sollte man Wasser und ungesüßten Tee zur Verfügung stellen.
Ich freue mich, dass die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen inzwischen auch von der CDU erkannt wurde.
Warum leiten Sie dann nicht entsprechende Maßnahmen in die Wege, meine Damen und Herren?
Mein Kollege Falk Neubert hat heute Vormittag bei der Behandlung unseres Gesetzentwurfs zum kostenlosen Mittagessen darauf hingewiesen, dass auch das gesündeste, selbstzubereitete Mittagessen in einer Schule oder in einer Kita nicht viel wert ist, wenn ein Teil der Kinder davon ausgeschlossen bleibt.
Die Teilnahme aller ist ein zentrales Qualitätskriterium. Deshalb sind diese Maßnahmen, die Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, vorschlagen, sicherlich sinnvoll, aber am sinnvollsten sind sie nur in Kombination mit der Kostenfreiheit des Mittagessens in den sächsischen Bildungseinrichtungen. Alle Kinder sollen in den Genuss eines vollwertigen und gesunden Essens kommen können.
Wir stimmen dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN zu. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als die Tagesordnung für die laufende Plenarwoche bekannt war, setzte ich mich mit dem Verein „Initiative gegen
Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen“ in Verbindung. Als ich dort mitteilte, dass die Nazis im Sächsischen Landtag diesen Antrag eingereicht hätten, war die Empörung groß. Der Geschäftsführer des Vereins erklärte, dass er mit der NPD niemals zusammenarbeiten werde und dass die NPD in dieser Frage unglaubwürdig ist.
Es ist gut, dass sich der Verein so auch gegenüber der Presse geäußert hat.
Kurz nach Verschwinden der achtjährigen Michele organisierten Leipziger Bürgerinnen und Bürger Suchaktionen. Schon zu diesen gesellten sich organisierte Nazis aus dem Freien Netz Leipzig.
Nachdem Micheles Tod bekannt wurde, kam es zu öffentlichen Protestkundgebungen. Die Nazis organisierten Demonstrationen und forderten Todesstrafen für Kinderschänder.
Auf Transparenten konnte man nachlesen: „Die Sicherheit unserer Kinder geht alle an.“ Darunter war zu lesen: „Für einen nationalen Sozialismus“. Leider reihten sich Leipziger Bürgerinnen und Bürger mit ein.
Hier wird deutlich, die NPD und ihre Gefolgschaft nutzen dieses Thema, um ihre menschenverachtenden Forderungen vorbringen zu können. Sie instrumentalisieren Schwache ungeniert für ihre braune Ideologie.
Sie nutzen die Angst der Menschen vor Kriminalität, um offen ihre Naziideologien zu verfechten.
Im Übrigen stellen sich die NPD und die freien Kräfte in eine NSDAP-Tradition. Diese führte im Jahre 1941 die Reinigungstodesstrafe für Sittlichkeitsverbrecher ein. Diese Tradition wird manifestiert mit Transparenten und Sprüchen wie „Nationaler Sozialismus jetzt“, der von Bürgerinnen und Bürgern und Journalistinnen und Journalisten auch schon einmal als „Nationalsozialismus jetzt“ gelesen und verstanden wird. Wahrscheinlich ist das sogar beabsichtigt.
Die Forderung nach der Todesstrafe ist der völlig falsche Ansatz gegen Kindesmissbrauch und Kindestötung.
Aber nicht nur das, mit dieser Forderung werden Kinder noch einmal missbraucht. Ihre Schicksale werden schamlos benutzt, um faschistoides Gedankengut zu verbreiten, und genau das tut die NPD mit diesem Antrag auch.
Auch deshalb wurde in den folgenden Wochen ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der Instrumentalisierung durch die Nazis deutlich. So äußerten sich unter anderem Leipzigs Oberbürgermeister Jung, aber auch Bürgerinitia
tiven wie „Buntes Reudnitz“ in Leipzig. In einem offenen Brief dieser Bürgerinitiative heißt es: „Mit großer Sorge erfüllt uns, dass Rechtsextreme das Verbrechen an dem Mädchen ausnutzen, um ihre menschenverachtende und demokratiefeindliche Ideologie zu verbreiten. Der Schock, die Wut und die Ratlosigkeit in der Bevölkerung werden von Rechtsextremen in ungeheurer Respektlosigkeit gegenüber dem ermordeten Kind für politische Zwecke missbraucht.“
Aber es reicht nicht aus, sich über die Präsenz organisierter Nazis zu beschweren und diese auszuschließen. Es muss eine inhaltliche Auseinandersetzung mit deren Forderungen stattfinden. Das ist in Leipzig leider zu wenig der Fall gewesen, genau wie andernorts.
Meine Damen und Herren! Ich sage es ganz deutlich: Wir sprechen uns vehement gegen die Todesstrafe aus. Der Bereitschaft, Menschen zu töten, sie sozial und physisch liquidieren zu wollen, erteilen wir eine klare Absage. Man kann nicht einen Mord mit einem anderen aufwiegen. Die Todesstrafe löst keine Probleme, sie bedient lediglich ein Rachebedürfnis.
Weder macht diese Strafe den vorangegangenen Mord oder die Misshandlung ungeschehen noch hätte sie eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter. Schon der Begriff Kindesschändung, wie er beim Ruf nach der Todesstrafe für Kindeschänder benutzt wird, verdreht ja die Täter-Opfer-Beziehung, denn der Begriff heftet den Opfern von sexuellem Missbrauch Schande und Schuld an.
Wir müssen endlich darüber sprechen, wie Ursachen für Kindesmissbrauch bekämpft werden können. Was gibt es für Möglichkeiten der Opferhilfe? Was können wir tun, um die Kinder zu stärken? Welche Mittel stellt der Freistaat für Präventionsangebote bereit? Das ist der humanistische Weg. Das muss unser Weg sein. Nur dieser Weg kann solche Verbrechen reduzieren oder gar vermeiden. Nur dies ist ein effektiver Beitrag zum Kinderschutz.
In unserer Gesellschaft wird die Problematik der Sexualverbrechen einerseits laut skandalisiert, andererseits immer noch verschwiegen, denn sexualisierte Gewalt gegen Kinder wird zu 90 % von Männern, meist von Familienangehörigen oder in der Familie bekannten Männern ausgeübt. Der Ruf nach der Todesstrafe entspricht der Illusion, man könne das Problem ein für allemal aus der Welt schaffen. Obwohl die massive Medienpräsenz uns etwas anderes glauben machen will – nie war in Deutschland das Risiko, Opfer eines Sexualverbrechens zu werden, so gering wie heute. Das liegt auch daran, dass die Strafverfolgung effektiver arbeitet
und dass Therapien für verhaltensgestörte Menschen ständig verbessert werden.
Die Nazi-Aktivitäten beschränken sich aber nicht nur auf Leipzig, sondern das Thema wird weiter ausgeweitet und ausgeweidet. Aktuellstes Beispiel: Am Wochenende fand in Geringswalde eine Demonstration unter dem Motto „Härtere Strafen für Kinderschänder“ statt. Ursprünglich war sie noch „Todesstrafe für Kinderschänder“ betitelt. Das Motto musste aber aufgrund des Drucks der Stadtverwaltung geändert werden. 80 Neonazis skandierten in Geringswalde unter anderem: „Ein Baum, ein Strick, ein Schändergenick“. Dies ist ein Aufruf zur Lynchjustiz und damit ein öffentlicher Aufruf zu Gewalt und Straftaten. Das ist kein Beitrag zum Kinderschutz! Kinderschutz sieht anders aus.
Die Parole „Todesstrafe für Kinderschänder“ ist eine Naziparole, egal in welchem Gewand sie sich verstecken mag, wie sie sich tarnen mag und egal, von wem sie in diesem Lande vorgetragen wird. Wir müssen uns dieser Parole entschieden entgegenstellen, und das werden wir tun. Im Übrigen: Aufgrund eines Antrages der NPDFraktion diskutieren wir nicht über ein Mahnmal für die Opfer von Gewalt und Missbrauch.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Strempel, Sie haben zwar gesagt, dass es des Antrags nicht bedurft hätte, aber wahrscheinlich hat es das doch getan, denn Sie haben ja dazu einige Ausführungen gemacht. Im Übrigen ist es so, dass die Oppositionsfraktionen dieses Thema im Hohen Hause schon mehrfach angesprochen haben. Wir haben unter anderem eine Große Anfrage gestellt, das ist erwähnt worden. Es gab eine öffentliche Anhörung, bei der wir uns zu einer vormittäglichen Zeit dazu verständigt haben. Da musste das nicht am Abend passieren. Auch die Koalitionsfraktionen haben das Thema bereits auf die Tagesordnung gesetzt. Das wurde damals leider mehrfach verschoben. Wir wissen nicht, woran das lag. Aber wir freuen uns, dass es nun wieder einen Anlass gibt, sich darüber zu verständigen.
Ich wollte mit dem Satz einsteigen, dass weitere Kürzungen im Bereich der Drogen- und Suchthilfe mit der Linksfraktion nicht zu machen sind.
Deshalb freuen wir uns natürlich über Ihre Ankündigung.
Der größte Teil der Kosten im Drogen- und Suchthilfebereich entfällt auf die Personalkosten. Frau Strempel, dabei
geht es nicht nur um eine Würdigung dieser Arbeit, sondern es geht um die Absicherung der Arbeit, die dort geleistet wird. Hier nur von einer Würdigung zu sprechen ist eindeutig zu wenig. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, die da arbeiten, halten dieses System aufrecht, aber stoßen dabei schon seit Jahren an ihre Grenzen.
Es gibt in Sachsen eine mangelnde Versorgungsdichte an Angeboten in der Drogen- und Suchthilfe. Die Voraussetzung für eine entsprechende Versorgungsdichte ist ein flächendeckendes Netz an Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungseinrichtungen. Es gibt einen festgelegten Schlüssel, wie viele Fachkräfte für die Suchtberatungs- und Behandlungsstellen je Einwohner vorhanden sein müssen. Der ist 1 : 20 000. Leider wird diese Zahl in einigen „Altlandkreisen“ nicht mal zur Hälfte erreicht. Das ist erschreckend.
Seit dem Jahr 2000 nimmt die Zahl der Fachkräfte kontinuierlich ab. Die Zahl der Klienten steigt aber kontinuierlich an, seit dem Jahr 2000 – ich nehme wieder diesen Zeitraum – um mehr als 35 %, und zwar – Kollegin Herrmann hat es gesagt – trotz des Bevölkerungsrückgangs. Das betrifft Menschen, die Suchtprobleme mit illegalen Substanzen haben. Aber auch die Zahl der Therapieanträge und stationären Behandlungen ist steigend.
In Sachsen funktioniert die Finanzierung der Suchtberatungs- und -behandlungsstellen über ein Punktesystem. Die Aufgaben werden darüber abgerechnet. Aber wichtige Aufgaben werden dabei weitgehend nicht berücksichtigt. Das betrifft zum Beispiel die psychosoziale Begleitung bei der Substitution. Diesen Punkt möchte ich noch einmal hervorheben. Es gibt die Substitution mit Methadon und Polymethadon. Dieses System stützt sich auf zwei Säulen. Da ist einmal der Arzt, der das Substitutionsmittel verschreibt, zum anderen aber auch die psychosoziale Begleitung. Diese ist gesetzlich vorgeschrieben und müsste eigentlich vertraglich geregelt werden.
Diese psychosoziale Begleitung wird durch die Sozialarbeiter und Pädagogen in den Suchtberatungs- und -behandlungsstellen durchgeführt. Das Problem ist aber, dass das ein weit gefasstes Aufgabenfeld ist. Das reicht von einer psychotherapeutischen Behandlung bis zur allgemeinen sozialen Unterstützung. Es sollte eigentlich so sein, dass sich die Klientin/der Klient, die Sozialarbeiterin/der Sozialarbeiter, die Ärztin und der Arzt in regelmäßigen Abständen treffen und gemeinsame Fallbesprechungen vornehmen. Aber dafür wird nicht genügend Raum gegeben, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Trotz der notwendigen sehr intensiven Begleitung wird die psychosoziale Begleitung in dem Punktesystem eben nicht berücksichtigt. Das muss unbedingt geändert werden. Frau Ministerin, vielleicht können Sie in Ihrem Redebeitrag darauf eingehen.
Es gibt noch mehr problematische Fälle. Frau Strempel, Sie haben vorhin viele Substanzen aufgezählt, aber eine ganz wichtige vergessen. Wir haben in Sachsen ein spezifisches Problem mit Crystal, einem Methamphetamin, das hier sehr verbreitet ist und spezielle Therapie- und Behandlungsmaßnahmen erfordert. Dafür müssen spezielle Konzepte entwickelt werden.
Ein weiteres Problem ist das teilweise rigide Vorgehen der ARGEn, wenn es um Kürzungen der Hartz-IV-Regelsätze geht, falls sich Menschen in Therapie begeben. Die Kürzungsdrohung verunsichert arbeitslose Suchtkranke und führt dazu, dass sie sich nicht in Therapie begeben.
Weiterhin notwendig ist der Ausbau bzw. die Verstärkung von Präventionsarbeit. Auch das wird über die Suchtberatungs- und -behandlungsstellen geleistet.
Ich will klarstellen: Wir wollen mindestens auf dem Niveau von 2007 bleiben; das sind 3,8 Millionen Euro. Die Zusicherung für diesen Betrag hat es gegeben. Aber natürlich müssen auch die Löhne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Suchtberatungs- und -behandlungsstellen der Inflation angeglichen werden. Wir hatten ursprünglich vor, entsprechende Änderungsanträge zu stellen. Ich hoffe, das bleibt uns jetzt erspart.
Dem gesamtgesellschaftlichen Problem Sucht kann nur durch eine entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung der Suchtberatungs- und -behandlungsstellen begegnet werden. Lassen Sie uns das gemeinsam angehen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland sieht sich selbst – und so stellt sie sich auch nach außen dar – als ein völker- und menschenrechtsfreundlicher Staat mit hoher Grundrechtskultur. Trotzdem beschneidet diese Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Sachsen Menschen – in unserem Fall heute hier Flüchtlingskinder – in ihren Grundrechten.
Die Bundesregierung hat mit der Interpretationserklärung zur Kinderrechtskonvention in ihrem Punkt IV in der Praxis eine Sperr- und Blockadewirkung auf rechtlicher Ebene hervorgerufen und zu verantworten. Mit dem Verweis auf die Vorbehaltserklärung wird eben nicht nur bei gerichtlichen Entscheidungen, sondern auch in politischen Debatten darauf verwiesen, dass die Konvention über die Rechte des Kindes keine innerstaatliche Wirkung entfaltet. Herr Krauß, dann ist eben diese Forderung der Rücknahme dieses Punktes nicht, wie Sie behaupten, unbegründet.
Deutschland behält sich vor, Kinder deutscher und nicht deutscher Staatsbürgerschaft unterschiedlich zu behandeln. Gerade Flüchtlingen und im Besonderen minderjäh
rigen, unbegleiteten Flüchtlingen, aber auch Kindern und Jugendlichen, die mit ihren Angehörigen hier leben, wird nicht der erforderliche, volle Schutz zuteil, der ihnen zusteht.
Deshalb setzt sich auch die Linksfraktion im Sächsischen Landtag für die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur Kinderrechtskonvention im Punkt IV ein.
Nun konkret zu aufenthaltsrechtlichen Vorschriften. Minderjährige Ausländerinnen und Ausländer genießen nicht oder nur eingeschränkt die besonderen Rechte und den besonderen Schutz, der Minderjährigen in Deutschland im Allgemeinen zugestanden wird. Ihr Kindeswohl wird im Behördenhandel nicht berücksichtigt.
Konsequenzen daraus sind, dass schon 16-jährige Asylbewerber/-innen und Geduldete zum Beispiel, erstens, Verfahrenshandlungen wie Asyl- oder Visumsanträge oder das Einlegen von Rechtsmitteln eigenverantwortlich vornehmen müssen. Das heißt aber auch, dass sie Fehler und Unterlassungen selbst zu verantworten haben. Das Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht ist ein hoch spezialisiertes Rechtsgebiet. Dabei muss beachtet werden, dass diesen jungen Menschen oftmals Sprachkenntnisse fehlen oder diese mangelhaft sind, weil sie keinen Anspruch auf Integrationsleistungen wie Sprachkurse haben.
Zweitens. Die Minderjährigen werden in Asylbewerberheimen untergebracht, mit allen Beschränkungen, die das nach sich zieht. Sie leben in diesen Heimen oftmals zu mehreren in einem Zimmer. Sie haben keinerlei Rückzugsmöglichkeiten und keine Beschäftigungsangebote.
Drittens. Sie unterliegen wie alle Asylsuchenden und geduldeten Flüchtlinge der sogenannten Residenzpflicht. Das heißt, sie dürfen sich nur in dem Landkreis aufhalten, in den sie eingeteilt werden. Sie dürfen ihn nicht verlassen, um zum Beispiel Eltern oder Angehörige zu besuchen oder gar zu ihnen zu ziehen, wenn diese sich in anderen deutschen Regionen aufhalten oder dort leben. Diese Handhabung ist unzumutbar.
Zur Landesebene, zur dezentralen Unterbringung. Die Frage der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen und deren Familien obliegt den unteren Ausländerbehörden. Deshalb gibt es in Sachsen sehr große Unterschiede in der Handhabung dieser Praxis. Meine Kollegin Frau Dr. Ernst hat gemeinsam mit Mitgliedern des Sächsischen Flüchtlingsrates im Frühjahr eine Tour zur Situation der Asylsuchenden in Sachsen durchgeführt. Dabei habe ich sie begleitet und war auf einigen Stationen im Erzgebirge mit dabei. Was wir dort zu sehen bekamen, waren teils unmenschliche Zustände.
Die zentrale Unterbringung in Heimen war vielleicht in Zeiten hoher Zuwanderung ökonomisch sinnvoll, humanistisch war sie nie. Sie ist unverhältnismäßig, sie ist untauglich und sie ist menschenunwürdig. Das Festhalten an der Heimunterbringung ist teuer und verwaltungsaufwendig. Durch die dezentrale Unterbringung können weitere Kosten eingespart werden, so zum Beispiel bei der medizinischen Versorgung, da sich gezeigt hat, dass
das physische und auch das psychische Wohlbefinden bei dezentral Untergebrachten viel besser ist als bei im Heim Lebenden.
Die Forderung nach dezentraler Unterbringung stellt sich für uns als Linksfraktion nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern für alle Asylsuchenden und Geduldeten. Hierzu werden wir noch weitere parlamentarische Initiativen vorlegen.
An dieser Stelle kann ich nur persönlich an Sie appellieren, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen: Gehen Sie in Ihren Kreisen selbst einmal in ein Asylbewerberheim und überzeugen Sie sich von den dortigen Zuständen! Nutzen Sie Ihr Mandat, um auf Missstände aufmerksam zu machen und diese abzuschaffen!
Was unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge angeht, steht für uns fest: Sie sind bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres in geeigneten Einrichtungen der Jugendhilfe unterzubringen.
Zum Thema Härtefallersuchen. In der Mehrzahl der behandelten Härtefälle wurde in Sachsen mit Zustimmung des Innenministers die humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilt. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Kinder für die Verfehlung ihrer Eltern haften, auch wenn die Kinder hier geboren oder überwiegend sozialisiert wurden.
Ein Beispiel einer Familie aus Reichenbach: Diese Familie kommt aus China und Malaysia. Sie lebt seit über 14 Jahren in Deutschland und hat zwei Kinder, die minderjährig, also unter 16 Jahren, sind. Ihrem Antrag der Härtefallkommission hatte der Innenminister seine Zustimmung verweigert. Zum Glück für die Familie gab es couragierte Bürgerinnen und Bürger aus Reichenbach, die dagegen protestierten. Auch der Reichenbacher Bürgermeister hat sich persönlich eingesetzt, er hat interveniert, und so gab es nach mehreren Monaten doch die Zustimmung des Innenministers.
Zum Thema Abschiebehaft. Die Abschiebehaft für minderjährige Flüchtlinge stellt wohl den schwersten Verstoß gegen das Kindeswohl dar. Im Jahr 2007 befanden sich 14 Kinder und Jugendliche in Sachsen in Abschiebehaft. Frau Hermann hatte die Zahl für dieses Jahr genannt; es sind 13. Junge Menschen, die vor Verfolgung, Krieg, Armut, Hunger und Gewalt geflohen sind, werden nun, ohne eine Straftat begangen zu haben, wie Kriminelle behandelt und stigmatisiert, indem sie weggesperrt werden. Sie erhalten keine Verfahrens- und Rechtsberatung, keine oder nur ungenügende soziale Beratung, sie haben kein Recht auf Hafturlaub, kein Recht auf Bildung und sie werden oftmals retraumatisiert.
Doch im § 80 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes ist festgeschrieben: „Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner Zurückweisung und Zurückschiebung nicht entgegen.“ So werden diese jungen Menschen wehrlose Objekte staatlichen Handelns.
Die Linksfraktion lehnt die Inhaftierung von Menschen ausschließlich zur Sicherung der vorgesehenen Abschiebung grundsätzlich ab. Abschiebehaft bei unbegleiteten
Kindern und Jugendlichen entspricht nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie ist in keiner Weise mit dem grundgesetzlich festgeschrieben Kindeswohl vereinbar.
Ich habe ein Zitat eines Abschiebehäftlings aus Schleswig-Holstein herausgesucht, um Ihnen noch einmal die Situation eines solchen Menschen zu verdeutlichen. Ich zitiere: „Wir sind auf die Welt gekommen, um zu leben und alle Rechte zu haben, die wir verdienen.
Aber in Gefängniszellen zu sitzen, ohne etwas begangen zu haben, das will Gott nicht. Wie soll das ein Mensch akzeptieren? Ich habe mich schuldig gemacht, weil ich die Menschen in Deutschland um Asyl bat. Zur Strafe behandeln sie mich wie einen Schwerverbrecher und sperren mich ein.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne der Menschenrechte für alle bitte auch ich Sie darum, Ihre Stimme gegen die inhumane Praxis im Umgang mit Flüchtlingskindern zu erheben. Kampagnen der Staatsregierung gegen Kindeswohlgefährdung sind nur halbherzig, wenn sie sich nicht auf alle in diesem Land lebenden Kinder beziehen.
Die Linksfraktion wird dem Antrag der GRÜNEN zustimmen.
Frau Schwarz, ist Ihnen bekannt, dass im alten Landkreis Annaberg lediglich eine Familie dezentral untergebracht ist und diese das lange juristisch erkämpfen und durchsetzen musste?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfang des Sommers kam die erfreuliche Nachricht: Es gibt mehr Ausbildungsplätze als im letzten Jahr, jeder/jede Ausbildungssuchende bekommt ein Ausbildungsplatzangebot unterbreitet, und zudem wird endlich nach über 15 Jahren die Bugwelle an Altbewerbern abgebaut werden.
Die Welt schien in Ordnung. Man hätte glauben können, dass man nach einigen Jahren verfehlter Berufsausbildungspolitik nun endlich aufatmen könne. Dabei hat nicht die Regierung, haben nicht die politischen Handlungsträger in diesem Lande für die Entspannung der Situation gesorgt, sondern die Demografie war es. Weil vor 17 Jahren von einem Jahr auf das andere weniger als die Hälfte der Kinder geboren wurde, reduziert sich jetzt, 17 Jahre später, auf einen Schlag die Zahl der Bewerber und Bewerberinnen um einen Ausbildungsplatz. Aber auch wenn es kein Erfolg der Politik ist, kommt die Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt den Betroffenen, also den jungen Sächsinnen und Sachsen, zugute. Diese im Land zu halten und ihnen hier in Sachsen eine gute Perspektive zu geben muss oberstes Gebot für Politik und Wirtschaft sein.
Deshalb wurde auch wie in den Jahren zuvor ein Bündnis für Ausbildung geschmiedet. Angesichts des nicht nur bevorstehenden, sondern in einigen Branchen bereits Realität gewordenen Fachkräftemangels erklärte der
Vorsitzende des Kollegiums für Lehrstellen und Fachkräfte, das heißt jetzt Berufsausbildung und Fachkräfte, der Chemnitzer Handwerkskammerpräsident Dietmar Mothes: „Es kommt jetzt darauf an, dass die deutlich weniger gewordenen Bewerber möglichst ohne Umwege zu dringend benötigten Fachkräften herangebildet werden.“ So weit, so gut.
Was aber war am 25. August dieses Jahres zu hören und zu lesen? Auszubildende in Sachsen werden nicht tarifgerecht entlohnt. Die 80-%-Regelung wurde zum Teil grob unterschritten. Was es mit dieser Regelung auf sich hat, haben meine Kolleginnen bereits erklärt. Ich will es noch einmal wiederholen. Zulässig sind Ausbildungsvergütungen, die wenigstens 80 % des Tariflohns entsprechen. In der sächsischen Realität liegen sie oft gerade mal bei 70 %. Es gibt auch Absprachen, die darunter liegen und von den Kammern akzeptiert werden. Dies war auch Herrn Wirtschaftsminister Jurk bekannt. Er ist SPDMitglied, er ist Gewerkschaftsmitglied und duldet und toleriert den systematischen Tarifbruch für Auszubildende.
Hört, hört. Wieso eigentlich? Weil es sich um Ausnahmen handelt, um unternehmerische Sondersituationen, wie er sich zitieren lässt? Ich frage: Wie viele unternehmerische Sondersituationen gibt es denn in Sachsen und wie viele Auszubildende sind davon betroffen?
Im Vergleich mit den Altbundesländern schneidet Sachsen bei der tariflichen Bezahlung sowieso schon schlecht ab. Die Tariflöhne in Sachsen liegen unter denen in Westdeutschland. Also sind die bereits zulässigen 80 % eine Kürzung der Kürzung. Ich möchte das einmal verdeutlichen. Auch ich habe mir ein paar Zahlen herausgesucht und möchte mich aber vorher noch einmal an Frau Schmidt wenden, die das natürlich ganz clever angestellt hat und genau die zwei Ausbildungsberufe gewählt hat, die die höchste tarifliche Ausbildungsvergütung bekommen. Das Lehrgeld, das ein Auszubildender im 1. Lehrjahr bekommt, liegt meist bei 300 Euro oder sogar darunter.
Jetzt zu den Zahlen, die ich herausgesucht habe. Ein Auszubildender im Kfz-Handwerk in Sachsen verdient in seinem 1. Lehrjahr laut Tarif 415 Euro. Abzüglich der 20 % sind das nur noch 332 Euro. In einem vergleichbaren Ausbildungsverhältnis in Baden-Württemberg hätte dieser junge Mensch Anspruch auf 597 Euro. Das ist immerhin ein Unterschied von 265 Euro.
Es wird noch drastischer: Einem Auszubildenden im Transport- und Verkehrsgewerbe stehen in Sachsen im 3. Lehrjahr 355 Euro zu. In Baden-Württemberg sind es bis zu 790 Euro.
Wenn ich nun wiederum den sächsischen Tariflohn minus 20 % nehme, dann komme ich im Vergleich auf eine Differenz von 506 Euro. Das ist die Differenz zwischen dem, was ein junger Mensch in Sachsen verdient, und dem, was er in Baden-Württemberg bekommen würde.
Meine Damen und Herren! So stoppen Sie die Abwanderung junger Menschen aus Sachsen definitiv nicht.
Ich komme zurück zum Handwerk, das über unbesetzte Ausbildungsplätze klagt. Das konnte man auch in der vergangenen Woche der Presse entnehmen. Alle Handwerkskammern deutschlandweit meldeten noch unbesetzte Stellen. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist zum Beispiel im Handwerkskammerbezirk Chemnitz um 9 % im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Da frage ich mich doch, wie man künftig in Sachsen um Lehrlinge werben wird. Vielleicht mit einer Stellenanzeige mit folgendem Text: „Suche topmotivierten Lehrling mit besten schulischen Leistungen für das halbe Geld“? Stellen Sie sich das so vor? Das ist schizophren. Das ist der blanke Hohn, aber leider auch Realität in Sachsen.
Herr Jurk hat versucht, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Er hat darauf verwiesen, dass dem Wirtschaftsministerium lediglich die Rechtsaufsicht obliegt. Herr Jurk ist der Wirtschaftsminister, er gibt den Rahmen vor. Er sollte bemüht sein, um jede junge Sächsin, um jeden jungen Sachsen zu kämpfen. Er ist ein politischer Entscheider in diesem Land.
Das ist ja das Problem, er verweist auf die Rechtsaufsicht.
Auch der Wirtschaftsminister hat dafür zu sorgen, dass Recht umgesetzt wird. Alles, was er aber bisher getan hat, ist, im Nachhinein die unangemessen niedrigen Ausbildungslöhne zu kritisieren, und das, obwohl ihm die Situation bereits im Vorfeld bekannt gewesen ist. Dass er nur kritisiert, ist uns zu wenig. Er soll handeln, aber anders als bisher.
Wieso, das muss ich fragen, wurde nicht gegen die vertrauliche Abrede vorgegangen, die es erlaubt, auch weiterhin Ausnahmen zu machen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Gremium, das Sie im Punkt 4 Ihres Antrages vorschlagen, existiert bereits. Es ist eben jenes Kollegium für Berufsausbildung und Fachkräfte. Alle Vertreter, die Sie im Antragstext benennen, also die Unternehmensverbände, die Kammern, die Gewerkschaften und eben auch der Wirtschaftsminister, sitzen da an einem Tisch. In diesem Gremium kann sich auch ein Minister Jurk nicht aus der Affäre ziehen, indem er nur darauf verweist, dass er die Rechtsaufsicht hat. In diesem Gremium werden politische Entscheidungen
getroffen und nicht juristische. Genau da sollte die Lösung des Problems angesiedelt werden.
Zuletzt möchte ich noch das Wort an die FDP-Fraktion richten. In dem Artikel der „Sächsischen Zeitung“ vom 25. August dieses Jahres wird der Abg. Torsten Herbst zitiert. Vorschriften seien eine Gefahr für den sich belebenden Ausbildungsmarkt. Bisher hätten die Kammern doch die niedrigen Löhne auch genehmigt, aber nun ziehen sie die Zügel an. Und das finden Sie schlecht? Warum denn nur?