Carsten Lehmann

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit nunmehr über 23 Jahren ermöglicht das Niedersächsische Maßregelvollzugsgesetz grundsätzlich die Wahrnehmung von Aufgaben des Maßregelvollzuges auch durch andere Träger und nicht nur durch die Einrichtungen des Landes. Diese Grundentscheidung will die SPD jetzt aufheben. Der Hintergrund ist von Herrn Helberg eben klar gemacht worden: Nach Ihrer Auffassung soll es keinen Maßregelvollzug auf privatrechtlicher Basis in Niedersachsen geben. Allerdings könnte die Wahrnehmung von Aufgaben durch Private auch nicht durch die von Ihnen vorgeschlagene Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes verhindert werden; denn die Art und Weise des Betriebes des Maßregelvollzuges in privatrechtlicher Form, z. B. durch gemeinnützige GmbHs, wäre dadurch immer noch nicht ausgeschlossen. Das Land könnte nach wie vor den Maßregelvollzug durch eine landeseigene gemeinnützige GmbH betreiben.
Das Beispiel aus Schleswig-Holstein ist eben schon genannt worden. Dort ist die Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH erfolgt. Die entscheidende Frage, die sich stellt, lautet: Darf es möglicherweise durch einen privaten Betreiber weitergeführt werden? Die Privatwirtschaftlichkeit als solche, gegen die Sie ja auch immer angehen, wird dadurch gar nicht ausgeschlossen.
Der Gesetzentwurf, den Sie jetzt vorgelegt haben, ist deshalb blanker Populismus und in keiner Weise durchdacht. Er lässt viele Fragen offen, die vielleicht ja noch geregelt werden müssen. Wenn man nicht will, dass im Maßregelvollzug in irgendeiner Weise durch Private gehandelt wird, reicht die von Ihnen vorgeschlagene Regelung, wie eben schon ausgeführt, nicht aus. Wir werden daher dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen.
Wir sind doch gerade dabei -das wissen auch Sie bereits seit dem letzten Plenum; Frau RossLuttmann hat darauf hingewiesen -, die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Privatisierung im Maßregelvollzug auszuloten. Es ist hier angesprochen worden, dass der Gutachtenauftrag noch beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst liegt. In der Tat zeichnet sich ja ab, dass, wenn überhaupt, eine Privatisierung nur in ganz engen Grenzen zulässig sein dürfte. Warum Sie aber schon jetzt mit dem Änderungsantrag hier vorpreschen, ist für mich in der Tat nicht nachvollziehbar. Man sollte doch erst einmal die Fakten sammeln und dann darüber zusammen diskutieren.
Genau wie bei den Privatisierungsüberlegungen im Strafvollzug - insofern haben wir durchaus eine Parallele - muss hier eine ergebnisoffene Prüfung durchgeführt werden. Warum sollte denn per se schon aus rein rechtlichen Gründen - ich betone das - eine Privatisierung von Teilbereichen, die mit den eigentlich grundrechtsintensiven und grundrechtseinschneidenden Eingriffen nichts zu tun haben, ausgeschlossen sein? Es gibt doch Parallelen zum Strafvollzug. Wir haben da zumindest in den Bereichen Wäscherei, Verwaltung, Küche und im sonstigen Servicebereich möglicherweise etwas zu tun. Das müssen wir doch erst einmal insgesamt rechtlich genau ausloten. Nach dieser rechtlichen Prüfung folgt dann der zweite Schritt.
Wenn es grundsätzlich möglich wäre zu privatisieren - das ist ja zumindest in Teilbereichen überhaupt nicht ausgeschlossen und wird von Ihnen hoffentlich auch nicht bestritten -, könnte ja im nächsten Schritt geprüft werden, ob vielleicht wirtschaftliche Gründe dagegen sprechen. Erst dann kann man nämlich überhaupt erst sinnvoll beurteilen: Sind Art und Umfang der Privatisierung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten genau definiert? Passt es in das rechtliche Gerüst, insbesondere in den engen Rahmen, den das Verfassungsrecht vorgegeben hat?
Denkbar wäre auch durchaus eine Verbindung von privat geführter allgemeiner Psychiatrie und einem Maßregelvollzug unter staatlicher Aufsicht an einem Standort. Dabei ist allerdings wichtig, dass der Staat als Hoheitsträger die Endverantwortung für die Entscheidungen im Maßregelvollzug behält. Ob und wie das gestaltet werden könnte, ob es für das Land und einen Investor möglicherweise wirtschaftlich ist, hier eine Verlagerung vorzunehmen,
ob und wie die Qualität des Maßregelvollzugs erhalten bleiben kann - das sind neben anderen doch Fragen, über die wir dann unvoreingenommen diskutieren müssen. Wir können nicht jetzt schon sagen: Wir machen die Tür zu, wir streichen einen Satz im Maßregelvollzugsgesetz, und damit ist die Entscheidung bis in alle Ewigkeiten getroffen. - Wir können das doch nicht nur deshalb machen, weil Sie schon beim Wort „Privatisierung“ reflexartig ein Unbehagen haben. Sie sehen sofort Probleme mit der Verfassung, finden Privatisierung sowieso nicht so toll und sagen deshalb: Wir wollen das erst einmal herausnehmen, damit es von vornherein gar keine Möglichkeiten der Privatisierung gibt.
Es ist insofern wirklich auffällig, dass die SPD wieder einmal, genau wie bei der Privatisierung im Strafvollzug, schon vor dem Ende der Prüfung durch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst Zeter und Mordio schreit. Mit schlichtem SchwarzWeiß-Denken wird Privatisierungsüberlegungen von Anfang an eine Absage erteilt. So haben Sie es auch bei der Justizreform gemacht: Kaum war das Wort „Reform“ ausgesprochen, wollten Sie schon keine Änderung.
Meine Damen und Herren, das, was ich Ihnen vorgetragen habe, macht den Unterschied in der Geisteshaltung zwischen der Opposition und den Regierungsfraktionen aus. Wir prüfen grundsätzlich vorher vorurteilsfrei und in alle Richtungen
und entscheiden uns danach für die rechtlich und wirtschaftlich sinnvollste Lösung.
Wenn Sie das während Ihrer Regierungszeit immer getan hätten, würde es unserem Land heute sicherlich besser gehen.
Gestatten Sie mir noch eine kurze persönliche Anmerkung: Da das mein letzter Redebeitrag vor meinem Ausscheiden aus dem Landtag war, möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich für die Zusammenarbeit mit den Kollegen - weil Sie gerade hier sitzen, vor allem bei Ursula Helmhold, bei Dieter Möhrmann und ganz besonders bei Bernd Althusmann - bedanken. Dem ganzen Haus
wünsche ich auch in Zukunft stets die richtigen Entscheidungen zum Wohle unseres Landes. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Ich sage nichts zur Wahl am Sonntag. Ich sage auch nichts zur Justizreform und vor allem nichts zu Verfassungsstreitigkeiten. Ich muss damit nicht meine Redezeit füllen, weil ich etwa keine anderen Argumente hätte. Ich spreche vielmehr zur Sache. Das tut dem Thema insgesamt sicherlich ganz gut.
Wir reden hier über die Umorganisation im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Betreuungsangelegenheiten. Wenn man eine Umorgani
sation vornehmen will, macht es immer Sinn, zunächst einmal die Frage zu stellen, ob überhaupt die Notwendigkeit zu einer Umorganisation besteht. Müssen wir tatsächlich Aufgaben verlagern? Daran knüpft sich sofort die Frage an: Läuft es zurzeit schlecht, läuft es nicht ganz so gut? Müssen wir zwingend etwas verbessern? Dazu habe ich bisher von Herrn Helberg nichts gehört. Er hat zwar gesagt, man könne das anders machen, das sei auch anders zu organisieren, aber Aussagen zu der zwingenden Notwendigkeit, die Dinge auf den Kopf zu stellen, etwas anders zu machen, fehlen.
Wir sind uns darin einig, dass die Rechtspfleger höchst qualifiziert sind, um auch Aufgaben im Bereich der Betreuungsangelegenheiten wahrzunehmen. Das ist keine Frage. Aber die Richter sind aufgrund ihrer Ausbildung diejenigen, die insbesondere in den ganz wichtigen Dingen, nämlich bei der Bestellung des Betreuers, bei der Bestimmung des Umfangs der Betreuungsangelegenheiten und des Aufgabenbereichs des Betreuers, die Entscheidung zu treffen haben. Der Richter ist - das ist unstreitig - auf jeden Fall in das Verfahren eingebunden und muss wesentliche, also essentielle, Entscheidungen in dem Verfahren treffen. Das heißt, der Richter ist ohnehin immer eingebunden. Würden wir das so machen, wie Herr Helberg dies dargestellt hat, hätten wir immer die Parallelität von Richtern auf der einen Seite und Rechtspflegern auf der anderen Seite. Das ginge gar nicht anders.
- Herr Helberg, es bleiben doch beide. Sie wollen doch den Richter nicht völlig ausblenden. Es geht hier um grundrechtsintensive Eingriffe. Seitens Ihrer Fraktion ist heute schon in anderem Zusammenhang auf die Bedeutung des Schutzes der Grundrechte hingewiesen worden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es auf jeden Fall geboten, die Beteiligung der Richter beizubehalten. Ein Nebeneinander von Richtern und Rechtspflegern brauchen wir aus unserer Sicht nicht. Wir hätten - das haben wir bereits während der ersten Beratung und auch im Ausschuss ausgeführt - eine doppelte Befassung durch Richter und Rechtspfleger.
- Herr Helberg, Sie können das ja gleich noch einmal darstellen. - Eine solche Doppelarbeit ist nicht zwingend notwendig. Wir brauchen sie insbesondere jetzt nicht, zumal die Rechtspfleger und auch die Richter schon so stark belastet sind. Würden wir so verfahren, wie Sie dies vorschlagen, müssten die Rechtspfleger auf jeden Fall mehr tun als bisher. Die Belastung der Rechtspfleger würde steigen. Da die Rechtspfleger aber bereits überproportional belastet sind - darüber haben wir uns bereits ausgetauscht -, müssten wir entweder die Zahl der Rechtspflegerstellen anheben, oder wir müssten Aufgaben, die bislang von den Rechtspflegern wahrgenommen werden, auf andere übertragen. Das geht nicht. Gleichzeitig können wir aber auch keine Richterstellen streichen, da auch die Richter schon stark belastet sind. Selbst wenn wir den Richtern einige Aufgaben nähmen, hätten sie nach wie vor viel zu tun. Nach Ihrem Modell bräuchten wir also mehr Rechtspfleger, die Richter würden bleiben, und wir hätten mehr Kosten in der Justiz. Das kann wirklich nicht in unserem Interesse sein. Deshalb sehen wir keinen Sinn in Ihrem Antrag und werden ihn ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion reiht sich in eine Kette überflüssiger Anträge, die wir im Bereich der Justizpolitik von Ihnen leider schon öfter vernehmen mussten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion und insbesondere liebe Frau Müller, bevor Sie solche Anträge entwerfen, sollten Sie sich vorher über die Sachlage informieren. Frau Lorberg hat zu Recht darauf hingewiesen.
- Es reicht eben nicht, einfach einmal ein Papier zu lesen. - Sie erwecken mit diesem Antrag den Eindruck - ich unterstelle, Sie tun das bewusst -, als würden in Niedersachsen Frauen im Strafvollzug anders, und zwar schlechter, als Männer behandelt. Sie erwecken den Eindruck, als kümmere sich Niedersachsen nicht um einen ausgewogenen Chancenvollzug. Sie erwecken den Eindruck, als würden Männer gegenüber Frauen vorsätzlich ungleich zum Nachteil der Frauen behandelt. Das machen Sie, weil Sie sich offensichtlich nicht die Mühe machen wollen
- ich kann keine Fragen zulassen -, sich um die Tatsachen zu kümmern. Das ist nicht nur unprofessionell, sondern das ist schäbig.
Eine Ungleichbehandlung - Sie haben das in Ihrem Beitrag selbst angesprochen - liegt immer dann vor, wenn ein gleicher Sachverhalt ungleich, also anders, behandelt wird. Der Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes - Sie haben das angesprochen - müsste verletzt worden sein. Folg
lich müsste bei der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen bei Frauen und Männern unterschiedlich vorgegangen werden. Das ist aber nicht der Fall. Die betroffenen Frauen werden in die Haftanstalt Langenhagen geladen. Dort gibt es ein Aufnahmeverfahren, in dem geprüft wird, ob sie im geschlossenen Vollzug bleiben oder ihre Strafe im offenen Vollzug verbüßen können.
Da es bei den Frauen eine signifikant erhöhte Drogenproblematik gibt, bleiben Frauen eher im geschlossenen Vollzug, um dort therapeutisch betreut zu werden. Dagegen ist nichts einzuwenden; es sei denn, Sie würden sagen, Frau sollten gleichwohl lieber in den offenen Vollzug, da bei Männern so verfahren wird. Hinzu kommt, dass die Haftanstalt in Langenhagen auch eine Abschiebehaftanstalt ist. Wir waren mit dem Ausschuss dort. Der geschlossene Vollzug wird dort - ich sage das einmal etwas flapsig - etwas lockerer gehandhabt. Die Zellen z. B. sind durchgängig nicht verschlossen. Also bestehen gegenüber dem normalen geschlossenen Vollzug entschärfte Bedingungen. Worin die Ungleichbehandlung liegen soll, müssten Sie mir noch einmal erklären. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit, wenigstens das klarzustellen.
Übrigens ist interessant, dass Sie auch die freien Plätze in Vechta angesprochen haben. Ganz abgesehen davon, dass Vechta freie Plätze hat und einen offenen Vollzug praktiziert, Frauen aber vielleicht doch den geschlossenen Vollzug brauchen, also für Vechta gar nicht in Betracht kommen, haben Sie selbst vor gut einem Jahr die zu geringe Zahl an Haftplätzen im Frauenvollzug kritisiert. Jetzt haben wir mehr Haftplätze, weil wir zusätzliche Plätze in Hildesheim eingerichtet haben. Gleichwohl mosern Sie in Ihrem Antrag weiter herum. Wenn wir nicht die Plätze in Langenhagen, sondern Plätze in Vechta nutzen, bleiben die Plätze in Langenhagen frei. Es gibt dann also keine echte Kostenersparnis. Es handelt sich nicht um sonderlich teure Plätze, denn die Sicherheitsstandards sind in Langenhagen nicht so hoch, sodass wir dort geringere Kosten haben.
Wenn Sie sagen, der Weg nach Vechta sei kürzer als nach Langenhagen, und deshalb sei eine Unterbringung in Vechta für die Frauen besser, dann trifft das nur für die Frauen aus der Region zu. Von Göttingen aus ist Langenhagen doch besser als Vechta zu erreichen. Sie machen eine Milchmädchenrechnung auf, die immer nur aus einer Richtung passt.
Zu den Arbeitsmöglichkeiten ist zu sagen: Sie hätten durch Nachfragen beim Ministerium erfahren können, dass demnächst Arbeitsmöglichkeiten in Langenhagen geschaffen werden und die Frauen dann dort arbeiten können.
Kurz und gut, liebe SPD-Fraktion: So zu agieren wie mit Anträgen, zu denen Sie sich zuvor noch nicht einmal beim Ministerium erkundigt haben, geht einfach nicht.
Als langjährige Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses hätten Sie wissen müssen, wie die Vollzugspraxis wirklich ist. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, sich zu erkundigen. Warum haben Sie das nicht getan? Sie beziehen sich einzig und allein auf den Vollstreckungsplan.
Ich stelle fest: Das Ministerium übt seine Organisationsbefugnis für den Strafvollzug tadellos aus. Die Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen ist uneingeschränkt gewährleistet. Bei Petitionen würde es heißen: kein Anlass. - Deshalb ist der Antrag abzulehnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist selbstverständlich das Recht, wenn nicht gar die Pflicht der Opposition, vermeintliche Missstände oder Fehler einer Regierung aufzunehmen und zu kritisieren.
Das allerdings, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und vor allem Sie, Herr Jüttner, hier und heute aufgeführt haben, wird diesem Anspruch nicht gerecht.
Sie polemisieren schon in der Überschrift mit Begriffen wie „herrschen“ und „Allmachtsfantasien“ und versuchen, sowohl den Ministerpräsidenten als auch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen als völlig rücksichtslos darzustellen,
indem Sie einzelne Beispiele herausgreifen. Das Große und Ganze, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in der kurzen Zeit umgesetzt haben - und zwar gut umgesetzt haben -, verschweigen Sie völlig, sondern Sie sagen: Wir haben da ein paar Sachen. - Ich komme jetzt auf die Einzelheiten zu sprechen. Das Gegenteil von dem, was Sie behauptet haben, ist der Fall.
Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern vor der letzten Landtagswahl gesagt, was wir für Niedersachsen umsetzen wollen. Wir haben das danach Stück für Stück zügig abgearbeitet - wobei das zügige Vorgehen nicht unbedingt von Nachteil ist. Das haben Sie an den guten Sachen gesehen, die wir umgesetzt haben. Wir haben dabei stets den Dialog mit den einzelnen Betroffenen geführt.
Ein gutes Beispiel hierfür - auch etwas Positives darf hier einmal genannt werden - ist die Schulstrukturreform.
Wir haben sie sehr ausführlich diskutiert, wir haben Anhörungen durchgeführt, und am Schluss gab es
ein Gesetz, das ganz anders war als der ursprüngliche Gesetzentwurf. Es ist dann auch umgesetzt worden. Ständig so zu tun, als würden wir uns Argumenten verschließen, ist schlicht und ergreifend nur hervorgeholt.
Es ist völlig richtig - das soll auch gar nicht bestritten werden -, dass im Fall des niedersächsischen SOG das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einzelner Bestimmungen festgestellt hat und dass wir diesem Gesetz zugestimmt haben. Daran will ich gar nicht herumdeuteln. Allerdings ist für meine Fraktion festzustellen - nur für die kann ich hier sprechen -, dass wir bereits im Gesetzgebungsverfahren einige Bestimmungen entschärft bzw. verändert haben, z. B. den Erhalt des Richtervorbehalts, das Überwachungsverbot für besondere Berufsgruppen wie Ärzte, Journalisten oder Rechtsanwälte.
Trotzdem waren noch einige Bestimmungen im Gesetzentwurf enthalten, denen wir nur auf dem Kompromissweg unsere Zustimmung erteilt haben. Ich will in diesem Zusammenhang gar nicht verschweigen, dass auch innerhalb der FDP große Kritik an unserer Landtagsfraktion geübt wurde. Wir hatten aber schon weit vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeräumt, dass die von uns mitgetragene Entscheidung, soweit sie die präventive Telefonüberwachung betraf, nicht richtig war. Wir haben das auch öffentlich erklärt und diese Entscheidung begründet.
Deshalb fühlen wir uns durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes letztlich in unseren Bedenken bestätigt.
- Das darf man hier ruhig einmal so sagen. Man kann auch einmal Fehler eingestehen, Herr Jüttner. Das kennen Sie vielleicht nicht, aber wir können so etwas.
Deshalb kann man sicherlich für die Zukunft sagen: Demnächst wird man sicherlich mehr auf die Bedenken der FDP hören.
Anders verhält es sich - jetzt kommen wir zu dem interessanten Punkt - bei dem Mediengesetz. Entgegen der eben von Ihnen geäußerten Auffassung, Herr Jüttner,
hat der Staatsgerichtshof bestätigt, dass das Land die Beteiligung politischer Parteien durch das Mediengesetz durchaus einschränken darf,
um eine entsprechende Politikferne zu gewährleisten. Sie tun ja gerade so, als wäre alles für nichtig erklärt worden.
- Die konkrete Ausgestaltung der numerischen Beteiligungsgrenzen wurde als zu weit gehend abgelehnt; das ist insofern richtig. - Durch das Gericht wurde vor allem unsere Auffassung bestätigt, dass der Einfluss der Parteien durch Medienbeteiligungen beschnitten werden muss. Nach der Meinung der FDP gibt es am besten gar keine Beteiligung der Parteien an Medien. Dann gibt es nämlich auch keine Verschwimmungen, was für einen objektiven Journalismus wesentlich besser ist. Wir wollen eine größtmögliche Entflechtung von Politik und Medien.
Insgesamt kann man deshalb sagen: Sie haben mit Ihrem Antrag ziemlich viel heiße Luft abgelassen. Aber es ist auch klar: Wo gearbeitet wird, werden Fehler gemacht. Die habe ich eben eingestanden. Das ist gar keine Frage. Ich gebe aber gerne zu, dass Fehler, die zu verfassungswidrigen Regelungen führen, besonders unverzeihlich sind. Aber wir werden in Zukunft sicherlich besser arbeiten. Sie können gewiss sein: Wir werden zukünftig sorgfältiger arbeiten und den Sachverstand und die Bedenken in die Beratungen mit einbringen.
Wenn Sie jetzt schon im vorauseilenden Gehorsam feststellen, dass bei der Privatisierung der Landeskrankenhäuser das Gleiche gemacht wird und dass der Haushalt auch verfassungswidrig sein wird, dann sollten Sie erst einmal abwarten, was passiert, bevor Sie etwas in die Gegend postulieren.
Abschließend möchte ich zum Haushalt sagen: Bei dem Trümmerhaufen, den Sie uns überlassen haben, müssen wir erst einmal ordentlich aufräumen.
- Das muss leider gesagt werden. Herr Bartling, da können Sie sich ruhig aufregen.
Wir müssen das erst einmal ordentlich aufarbeiten, damit wir wieder zur Verfassungsmäßigkeit kommen. Das kann man nicht von heute auf morgen schaffen. Aber das haben Sie bis zum heutigen Tage nicht kapiert. Deshalb muss man an Ihrer Kompetenz ernsthaft zweifeln. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal Dank an Herrn Briese, dass er zum Schluss doch noch zu dem Kern der Sache, nämlich zu der Frage, ob die Nachlasssachen von den Gerichten auf Notare übertragen werden sollen, gekommen ist. Ich bin dankbar, dass er nicht nur allgemein zur Justizreform gesprochen hat; denn das ist nicht das Kernanliegen dieses Antrages. Vielmehr geht es um eine konkrete Sache, über die wir reden sollten.
Die Argumentation dieses Antrags beruht im Wesentlichen auf folgenden Punkten: Zum einen mache die Überschusserwirtschaftung bei Nachlasssachen den Wegfall der Aufgabe überflüssig und unsinnig, und zum anderen würden kleine Amtsgerichtsstandorte geschwächt und in ihrer Existenz gefährdet. In der Kürze meiner Redezeit werde ich diese Punkte unbestritten, so glaube ich, widerlegen.
Lassen Sie mich zunächst Folgendes feststellen: Angesichts der aktuellen finanziellen Lage ist nicht zu erwarten, dass zusätzliches Personal in der Justiz beschäftigt werden kann. Entlastungen können nur durch frei gewordenes Personal aus der Jobbörse erfolgen, indem wir speziell ausgebildete Personen aus der allgemeinen Verwaltung in der Justiz für besondere Aufgaben einsetzen werden. Das muss man einmal so nüchtern sehen. Die Fi
nanzlage des Landes lässt wahrscheinlich wenig Spielraum für wirkliche Neueinstellungen.
Folglich werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur zum Teil von ihrer wirklich überobligatorischen Arbeitsleistung entlastet werden. Die bisherigen Pensenleistungen werden nicht spürbar abnehmen. Wenn man sich das vor Augen hält, muss überlegt werden, wie man Aufgaben von den Gerichten wegnehmen kann, damit die Belastung der Gerichte insgesamt sinkt.
- Frau Präsidentin, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ein bisschen für Ruhe sorgen könnten. Ich habe keine Lust, gegen diesen Lärmpegel anzureden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Gerade weil die Belastung an den Gerichten schon so groß ist, muss über eine Aufgabenverlagerung nachgedacht werden. Nichts anderes, als verschiedene Denkmodelle zu der Frage zu entwerfen, wo Entlastungen in der Justiz, insbesondere bei den Gerichten, vorgenommen werden können, enthalten die Überlegungen zu der großen Justizreform.
Aus diesem Grund begrüßen wir eine Überlegung, die im Zusammenhang mit der großen Justizreform, nämlich vor dem Hintergrund, welche Entlastung wir für die Justiz erreichen können, vorangestellt wird. Für uns als FDP-Fraktion heißt „Justiz“ im Kern spruchrichterliche Tätigkeit. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Fiskalische Gründe allein sind - jedenfalls für uns - nicht vorrangig.
Nach wie vor bleibt mir verborgen, warum die Erwirtschaftung von Überschüssen ein Argument für den Verbleib der Nachlasssachen sein soll, wie es von der SPD-Fraktion ja immer angeführt wird. Noch immer gilt ausschließlich das Kostendeckungsprinzip. Mehr als die entstehenden Kosten dürften im Grunde gar nicht genommen werden. Wenn Sie von der Kostenbelastung sprechen, müsste die erste Konsequenz sein, eine Senkung der Kosten herbeizuführen, indem man möglicherweise das Gebührenrecht ändert. Es wäre im Sin
ne der Bürger zu sagen: Wir als Land machen einen guten Schnitt. Wir haben sogar mehr Einnahmen als Kosten. - Alles andere wäre in höchstem Maße bürgerfeindlich.
Es ist richtig, dass der Justizhaushalt mit dem Wegfall der Nachlasssachen belastet würde, weil diese Einnahmen fehlen. Trotzdem müssen wir die Notwendigkeit einer Aufgabe für uns zum Maß aller Dinge machen. Wenn wir über den Justizhaushalt sprechen, sollten wir lieber darüber reden, ihn von eigentlich justizfremden Kosten zu entlasten. Dazu gehört nach unserer Auffassung ganz besonders die Verlagerung des Ansatzes für Prozesskostenhilfe in den Sozialhaushalt; denn hier handelt es sich um eine Unterstützungsleistung und nicht um eine Aufgabe der Justiz.
Wie sich bereits aus meinen Ausführungen zu der Personalsituation an den Gerichten ergeben hat, hätten die Amtsgerichte auch ohne Nachlasssachen noch genug zu tun. Außerdem ist es das erklärte Ziel dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, den ländlichen Raum, also die Fläche, zu stärken. Es ist und bleibt daher ein Märchen, wenn Sie in fast jedem Ihrer Anträge immer wieder versuchen, die vermeintliche Gefährdung kleinerer Amtsgerichtsstandorte herbeizureden. Das ist schlichtweg aus der Luft gegriffen. Sie haben das bisher auch nicht belegt, sondern ergehen sich nur in Spekulationen.
Herr Helberg, den Standortfaktor Niedersachsen für die Wirtschaft damit zu begründen, dass die Nachlasssachen hier bleiben müssen, ist ein schlechtes Beispiel. Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass es wichtig ist, eine gut funktionierende Justiz zu haben, weil das wirklich ein Ansiedlungsfaktor ist. Aber das betrifft die Nachlasssachen nur am Rande und nicht im Wesentlichen.
Ich komme nun zum Schluss und muss feststellen: Es handelt sich nicht um einen Ausverkauf der Gerichte, sondern um eine notwendige Umstrukturierung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst eine ganz kurze Anmerkung zum Beitrag vom Kollegen Briese. Ich habe eben die Logik nicht verstanden. Wenn einerseits gesagt wird, wir müssten keine große Justizreform machen, weil in der Justiz alles gut sei, Sie aber andererseits selbst sagen, es sei nicht alles gut, dann heißt das für mich im Umkehrschluss: Dann müssen wir gerade eine große Justizreform machen. Sie wollen das aber nicht. Das passt irgendwie nicht!
Zum Kernproblem dieses Antrages, nämlich die Weiterbeschäftigung der Justizanwärterinnen und Justizanwärter zu sichern, hat die Ministerin ausführlich dargelegt,
dass es gelungen ist, die Weiterbeschäftigung in der Justiz im großen Umfang zu sichern. Es ist meiner Meinung nach besonders bemerkenswert - das muss man sich vor Augen halten -, dass es gelungen ist, das Ganze in Konsens mit der Personalvertretung hinzubekommen. Wer das erreicht hat, dem muss man wirklich bestätigen: Hier sind gute Arbeit geleistet und Vertrauen in die Justiz geschaffen worden.
Der andere Bereich dieses Antrages befasst sich mit der Sicherung der Beschäftigung in der Justiz, damit sie arbeitsfähig bleibt. Hier kann man meiner Meinung nach sagen: Es wird in der Justiz das gemacht, was möglich ist. Zum einen wird überob
ligatorisch gearbeitet, zum anderen wird durch die rechtzeitige Anmeldung von Stellen und über die Vermittlung durch die Jobbörse versucht - das ist uns schon dargestellt worden - zu erreichen,
dass zusätzliches Personal in der Justiz arbeiten kann. Dort hat sich das Justizministerium - danach hatte ich mich erkundigt - vorbildlich verhalten und seinen Bedarf rechtzeitig angemeldet, um für diesen Bereich die besten Mitarbeiter für die Justiz gewinnen zu können.
Danke. - Hieran sieht man, wie gut die Exekutive - in dem Fall das Justizministerium - arbeitet. Von daher müssen wir uns um die Justiz weniger Sorgen machen. Ich geben Ihnen aber in der Tendenz insofern Recht, als wir dafür sorgen müssen, dass wir die Justiz möglicherweise nicht mit Sachen überfrachten, die nichts mit der Justiz zu tun haben. Deshalb denken wir über eine Justizreform nach. Außerdem darf es nicht zu einer Ausdünnung des Personals durch die kalte Küche kommen. Da werden wir alle sicherlich aufpassen müssen. Es bleibt aber dabei: Der Finanzrahmen des Landes ist beschränkt. Deshalb müssen wir erst einmal an dem Status quo festhalten und bestrebt sein, ergänzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem frei werdenden Personal zu bekommen. Ich meine, dass die Justiz dann noch gut aufgestellt ist. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist schon deshalb abzulehnen, weil er auf einer völlig ungesicherten Erkenntnislage basiert.
- Frau Bockmann, ganz ruhig! Erst zuhören, dann meckern.
Der am 10. Mai 2005 gestellte Antrag berücksichtigt lediglich einen Betrachtungszeitraum von drei Monaten. Noch bis Ende Januar sind die Klagen gegen die Widerspruchsbescheide nach der bisherigen Regelung eingereicht worden. Wenn Sie in Ihrem Antrag von einem Zeitraum „innerhalb eines
knappen halben Jahres“ sprechen, dann ist das schlicht falsch. Das halbe Jahr ist bekanntlich erst am 30. Juni zu Ende.
Der Antrag ist aber auch deshalb abzulehnen, weil er inhaltlich nichts enthält, was nicht schon immer gegen die teilweise Abschaffung der Widerspruchsverfahren angeführt wurde. Sie haben im Prinzip nichts Neues gesagt, sondern gegen die Abschaffung der Widerspruchsverfahren das angeführt, was Sie auch vorher schon immer vorgebracht haben. Die Gefechtslage ist also nach wie vor dieselbe. Argumentiert wird lediglich mit Befürchtungen und Vermutungen, gestützt auf Spekulationen.
Es dürfte unstreitig sein, dass für jede seriöse empirische Betrachtung eine gesicherte Datenbasis vorliegen muss. Ich will hier gar nicht bestreiten, dass die Zahl der bei den Verwaltungsgerichten eingegangenen Klagen tatsächlich gestiegen ist, und auch nicht, dass die Zahlen recht hoch sind. Um die Auswirkungen der teilweisen Abschaffung der Widerspruchsverfahren ernsthaft beurteilen zu können, ist es aber viel zu früh. Natürlich ist die Zahl der Klageverfahren angestiegen. Wenn keine andere Möglichkeit des Rechtsschutzes besteht, muss ja geklagt werden. Was sollen die Bürgerinnen und Bürger denn sonst machen? Aber das war ja von vornherein klar.
Die entscheidende Frage ist doch: Verschlechtert sich jetzt der Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger? - Das aber ist letztlich keine Frage der Klage- und Widerspruchsmöglichkeiten als solcher, sondern es kommt darauf an, ob die überwiegende Zahl der Widerspruchsverfahren erfolgreich war. Würden wir erfolgreiche Rechtsschutzmöglichkeiten verhindern, wäre unsere Entscheidung falsch gewesen. Stellt sich aber heraus, dass die jetzt eingereichten Klagen erfolglos waren, hätte auch ein vorausgehendes Widerspruchsverfahren nichts genützt.
Um diese Erkenntnis zu gewinnen und auch eine Bewertung vornehmen zu können, bedarf es aber eines längeren Zeitraumes als diese drei Monate, die bis zur Einbringung Ihres Antrag betrachtet werden konnten. Über die Klagen muss erst einmal entschieden werden. Außerdem muss eine gewisse Kontinuität eintreten. Wie gesagt: Am Anfang wird erst einmal vermehrt geklagt. Wenn sich die Bürger und Behörden jedoch besser auf die neue Rechtslage eingestellt haben, mag sich dieses Verhalten ändern.
Unser Ziel ist es, den Dialog, die Kommunikation zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und den Behörden auf der anderen Seite vor dem Erlass der Verwaltungsakte zu verbessern; das klang eben auch schon in den Ausführungen des Kollegen Wiese an. Wollen die Behörden also das Risiko vermindern, eine Klage zu verlieren - dieses Risiko ist ja genauso hoch wie das der Bürgerinnen und Bürger, eine Klage zu verlieren -, dann müssen sie ihre Verwaltungsakte sorgfältig vorbereiten.
Die in dem Antrag ebenfalls angesprochene Mediation bzw. Streitschlichtung wird somit schon vorverlagert. Sie soll zur Streitvermeidung eben vor Erlass eines Verwaltungsaktes stattfinden. In Massenverfahren spricht übrigens nichts gegen einen Verzicht auf die Rechtsbehelfsbelehrung. Es handelt sich hierbei um eine gesetzlich vorgesehene Regelung. Wenn nämlich die Rechtsbehelfsbelehrung fehlt, gilt automatisch die Jahresfrist.
Einen letzten Aspekt will ich noch aufgreifen: Widerspruchsverfahren sind nicht unbedingt geeignet, den Bürgern schnell zu ihrem Recht zu verhelfen. Gerade in diesen Verwaltungsverfahren wurde eine Entscheidung oftmals sehr lange verschleppt, was ich aus eigener anwaltlicher Erfahrung durchaus bestätigen kann. Nachforschungen zogen sich in die Länge, und Untätigkeitsklagen wurde durch begründete Zwischennachrichten der Wind aus den Segeln genommen. Bis dann endlich ein Widerspruchsbescheid erlassen wurde, vergingen oftmals viele Monate. Wenn dann immer noch nicht im Sinne des Adressaten entschieden wurde, musste geklagt werden. Dann war aber schon viel Zeit verloren. Jetzt wird die endgültige Klärung wesentlich schneller herbeigeführt.
Unter dem Strich bleibt es dabei: Zu diesem Zeitpunkt ist es völlig verfrüht, die teilweise Abschaffung der Widerspruchsverfahren zu kritisieren. Weil das für uns von CDU und FDP klar war, haben wir die Evaluation nach einem belastungsfähigen Zeitraum im Gesetz verankert. Das war richtig und vernünftig. Für Schnellschüsse sind wir nicht zu haben. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch die Beteiligung von Privaten an der Bauplanung, insbesondere im Bereich der Justizvollzugsanstalten, können sich Einsparpotenziale ergeben, wenn es gelingt, gemeinsam mit dem Nutzer die Abläufe zu optimieren. Auch bei den laufenden Kosten lassen sich gegenüber einem herkömmlichen Betrieb Einsparungen erzielen, ohne dass die Standards darunter zu leiden hätten. Ich glaube, es besteht auch Einigkeit darüber, dass die so genannten PPP-Projekte durchaus erfolgreich sein können. In vielen Fällen waren sie das auch schon, und sie können in vielen Fällen auf den Bereich der Justizvollzugsanstalten sehr gut angewendet werden.
Jedoch ist nicht nur der Einspareffekt die Motivation zur Privatisierung. Auch sollen die Haftbedingungen verbessert und soll die Modernisierung der Justizvollzugsanstalten forciert werden. Wir konnten bei den zahlreichen Bereisungen des Unterausschusses feststellen, dass es mittlerweile in einigen Justizvollzugsanstalten einige bauliche Rückstände zu beseitigen gilt. Doch nicht nur bei den Neubauten, sondern auch bei Sanierungsarbeiten und möglichen Erweiterungen oder Veränderungen könnten PPP-Modelle durchaus Anwendung finden. Dabei hat sich, wie in anderen Bundesländern zu beobachten ist, die Privatisierung zumindest im nicht sicherheitsrelevanten Bereich bewährt; das konnten wir in der Ausschussberatung feststellen. Es ist davon auszugehen, dass ein teilweise privatisierter Betrieb flexibler ist. Auch ist die Personalerschließung im privaten Bereich einfacher als im öffentlichen Dienstrecht. Schließlich entsteht auf diese Weise ein Wettbewerb und somit eine gesteigerte Motivation unter den Mitarbeitern. Andererseits - um auch die andere Seite zu betrachten - bleiben hoheitliche Aufgaben, die mit Zwangsauswirkungen auf Gefangene verbunden sind, entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in öffentlicher Hand.
Mit einem Neubau durch Private kann zudem den durch das Bundesverfassungsgericht und durch den Bundesgerichtshof formulierten Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung entsprochen werden. Es ist selbstverständlich, dass
diese Anforderungen bei der Unterbringung von Gefangenen zu beachten sind. Doch es ist auch festzustellen, dass Mehrfachbelegungen, so wie wir sie in einigen unserer Justizvollzugsanstalten leider immer noch vorfinden, nicht per se der Menschenwürde widersprechen. In den niedersächsischen Gefängnissen herrscht nun einmal eine angespannte Belegungssituation. Wir haben mit über 7 075 Gefangenen die höchste Belegung seit 35 Jahren, und Hoffnung auf einen zahlenmäßigen Rückgang besteht nicht. Wo also sollen wir die Gefangenen lassen?
Bezüglich des Fehlbestandes an Haftplätzen müssen wir die Situation also ganz nüchtern sehen. Notwendig sind - das haben wir aber auch nicht erst in den letzten Wochen und Monaten erkannt Kapazitätserweiterungen vor allem im geschlossenen Vollzug. Um den Behandlungsvollzug auch in baulicher Hinsicht zu verwirklichen, sind enorme Anstrengungen unternommen worden. Exemplarisch will ich hier nur die im vergangenen Jahr in Betrieb genommene Justizvollzugsanstalt Sehnde nennen, eine Anstalt, die baulich für modernen und zeitgemäßen Vollzug steht.
Da weiterhin noch Haftplätze fehlen, lässt sich die angespannte Lage nur eingrenzen, wenn eine Mehrfachbelegung während der Ruhezeit - unter der Voraussetzung der Zustimmung der Gefangenen oder bei räumlichen Erfordernissen der Justizvollzugsanstalt - vorgenommen wird, wobei ausdrücklich auf die Achtung der Menschenwürde geachtet wird. Von einer Aufweichung des Grundsatzes der Einzelunterbringung im Interesse der Sicherheit kann also überhaupt nicht die Rede sein, auch nicht von einer Verzögerung der Durchführung notwendiger baulicher Maßnahmen.
Die Anstalten werden mit modernster Sicherheitstechnik ausgestattet. Wir haben uns mit dem Unterausschuss z. B. die JVA Sehnde angeschaut. Diese Anstalt ist wirklich hochtechnologisch ausgestattet. Vielleicht hätte die Vorgängerregierung an der einen oder anderen Stelle in ihren Planungen sogar noch ein wenig zurückhaltender sein können. Man hätte die Anstalt auch dann noch sehr sicher und sehr modern bauen können. Jetzt hat man an der einen oder anderen Stelle vielleicht sogar ein bisschen zu viel des Guten getan. Das Geld, das dafür aufgewendet worden ist, hätte man vielleicht sogar in anderen Haftanstalten investieren können.
Die Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Sehnde gewährleistet jedoch eine sichere Unterbringung von Schwerverbrechern. Der Hochsicherheitstrakt entspricht höchsten Anforderungen; ich sagte es eben.
Daneben hat auch die Einteilung der Anstalten des Landes in vier Sicherheitsstufen die Sicherheit erheblich verbessert. Die Gefangenenklientel wird nun auf die vorhandenen Sicherheitsstandards der Justizvollzugsanstalten abgestimmt. Von einer mangelhaften Sicherheit im niedersächsischen Justizvollzug kann somit keine Rede sein. Wir haben uns schon in der ersten Beratung über die Sachlage unterhalten
Lassen Sie mich abschließend sagen: Mangelhaftigkeit fällt einem jedoch bei dem Änderungsantrag der SPD ein. Alle Fragen, die in diesem Antrag aufgeworfen werden, sind bereits in der Beratung bzw. in der Anhörung zum Ursprungsantrag ausführlich erörtert und geklärt worden. Deshalb bleibt nur die Frage: Was soll das? - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Luftfahrtkonzept für Niedersachsen steht und ist erfolgreich. Dass sich der Landtag heute fraktionsübergreifend zu der Luftfahrt in Niedersachsen bekennen wird, ist ein wichtiges Zeichen für die Tausende von Arbeitsplätzen, die dieser Bereich direkt und indirekt für Niedersachsen bringt bzw. die hier in Niedersachsen schon existieren.
Die Kernpunkte des Konzeptes sind einfach: internationaler Flugbetrieb auf der einen Seite und Forschungsflughafen auf der anderen Seite. Mit dem Passagierflughafen Hannover Langenhagen haben wir einen am Markt etablierten internationalen Airport, der sich in keiner Hinsicht hinter Flughäfen ähnlicher Größe verstecken muss. Im Gegenteil! Während andere Flughäfen nur über Subventionen am Leben erhalten werden, wird der Flughafen in Hannover im dritten Jahr in Folge ein stabiles Wachstum in allen Geschäftsbereichen vorweisen und Gewinne einfahren. Damit kommt er seinem Ziel der Kapitalmarktfähigkeit ein gutes Stück näher.
Dieser Erfolg darf aber nicht durch hoch subventionierte Flughäfen gefährdet werden. Die Landesregierung muss sich weiter gegen solche volkswirtschaftlichen Fehlentwicklungen in anderen Ländern wenden. Diese Position teilen übrigens auch die meisten Fluggesellschaften, die kein Interesse an einer stärkeren Zerstückelung der Flughafenlandschaft haben.
Unser zweites Standbein, der Forschungsflughafen Braunschweig, erfüllt mich als Braunschweiger natürlich mit besonderem Stolz. Wir haben hier einen Standort, der europaweit seinesgleichen sucht. Nur im Bereich Toulouse haben wir mehr Beschäftigte, aber eine nicht so intensive Forschung. Durch die Verlängerung der Startbahn - Herr Kollege Eppers hat es eben schon gesagt -, für die sich das Land, die Städte Wolfsburg und Braunschweig sowie Volkswagen gemeinsam stark gemacht haben und der aufgrund der finanziellen Absicherung jetzt auch nichts mehr im Wege steht, wird dieser Standort weiter gestärkt. Natürlich bleibt Braunschweig auch zukünftig bei seinem Forschungsschwerpunkt. Eine Konkurrenzsituation zu Hannover - der Kollege Lenz hat darauf richtigerweise hingewiesen -, wie sie von einigen gelegentlich befürchtet wurde, gibt es nicht. Deswegen gibt es auch ein vernünftiges Miteinander und kein Gegeneinander dieser beiden Großstädte in Niedersachsen. Das wird auch schon durch die Zweckbindung der EU-Fördermittel sichergestellt.
Ich freue mich über die breite Zustimmung, weil sie für Niedersachsen gut ist. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin schon sehr verwundert, lieber Kollege Wenzel, insbesondere nach den Ausführungen, die Frau Helmhold und auch Sie in den letzten Tagen zum Umgang im Parlament, zur Disziplin, gemacht haben. In den letzten Plenarsitzungen schreien Sie, beide Seiten, SPD und Grüne, immer wieder, dass die Antworten, die hier gegeben werden, oberflächlich und nicht hinreichend seien; es solle mehr gesagt werden.
Jetzt gibt die Landesregierung durch den Minister und den Ministerpräsidenten Auskünfte, wie es ausführlicher nicht mehr geht, und dann stellen Sie sich hin und sagen: Das ist uns alles zu viel! So wollen wir es auch nicht haben. Das müssen wir im Ältestenrat besprechen. - Ich weiß überhaupt nicht mehr, was Sie wollen.
Überlegen Sie doch bitte einmal, welche Auskünfte Sie wollen, und tun Sie nicht immer so, als wenn nur das, was Sie hören wollen, richtig ist und das, was wir machen, falsch. Überdenken Sie doch bitte einmal Ihr eigenes Verhalten, stellen Sie dann die richtigen Fragen, und warten Sie die Antworten ab, die Sie bekommen. - Es ist wirklich nicht zu ertragen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal stelle ich fest, dass die SPD mit der Nichtanwesenheit ihres Fraktionsvorsitzenden zu Beginn der Debatte klar gemacht hat, wie wichtig ihr das Thema Unterrichtsversorgung in Niedersachsen ist.
- Die ganze Zeit? Von Anfang an?
- Aber nicht von Anfang an, seitdem über dieses Thema gesprochen wurde. Ich stelle fest, dass Sie nicht die ganze Zeit hier waren, sondern nur zeitweise. Sie haben zwar diese mündliche Anfrage gestellt, waren aber offensichtlich nicht die ganze Zeit dabei.
Zum anderen stelle ich fest: Ihre Wahrnehmung ist offensichtlich eine etwas andere. Das mag wiederum damit zu entschuldigen sein, dass Sie nicht die ganze Zeit anwesend waren. Wenn SPD und Grüne Fragen in die Diskussion einbringen, die mit dem eigentlichen Gegenstand der Anfrage nichts mehr zu tun haben, und wenn der Minister und der Ministerpräsident entsprechend weitergehende Antworten geben, dann können Sie sich doch nicht darüber beklagen, dass die Landesregierung mehr antwortet, als es aufgrund der eigentlichen Anfrage erforderlich wäre. Das ist doch ein völliger Wider
spruch. Merken Sie das denn gar nicht? Es kann doch nicht sein, dass Sie das nicht mit bekommen.
- Seien Sie doch mit dem zufrieden, was hier geantwortet wurde. Das ist mehr, als Sie ursprünglich gefragt hatten. Besinnen Sie sich das nächste Mal bitte auf das, was die Geschäftsordnung vorsieht - hier kann ich Herrn Althusmann nur zustimmen -, nämlich darauf, dass wir uns hier mit dem beschäftigen, was in der Anfrage steht. Sie suchen doch nur ein Vehikel, um eine allgemeine Debatte über die Schulpolitik zu führen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Immer mehr Menschen machen sich Gedanken um ihre Zukunft, vor allem darum, was mit ihnen geschieht, wenn sie einmal sehr krank und gebrechlich werden, wenn sie auf einmal nicht mehr in der Lage sein sollten, Entscheidungen über sich selbst zu treffen. Aus meiner eigenen anwaltlichen Praxis weiß ich aus zahllosen Fällen, wie wichtig es für
den Betroffenen ist, eine Patientenverfügung zu treffen, die verbindlich ist. Es kommt den Betroffenen ganz besonders darauf an, dass das, was sie verfügt haben, später von Dritten, insbesondere von Ärzten, eingehalten werden muss. Es besteht insofern kein Zweifel: Die Leute wollen selbst bestimmen, was im Falle einer schweren Erkrankung mit ihnen geschieht. Sie wollen nicht von den Entscheidungen Dritter abhängig sein, ob es Ärzte oder Verwandte sind. Ihr Wille soll zu jedem Zeitpunkt einer Erkrankung Wirksamkeit entfalten.
Für uns Liberale ist klar - jetzt komme auf das zurück, was der Kollege Helberg soeben angesprochen hat -: Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen hat Vorrang. - Das ist insofern auch kein Widerspruch zu den Ausführungen des Kollegen Kauch, den Sie soeben zitiert haben, der Meinung der FDP-Bundestagsfraktion und dem Antrag, der hier vorliegt. Wir haben in diesem Antrag bewusst eine sehr offene Formulierung gewählt. Es geht nämlich nur darum, zu prüfen, wie man zu Rechtssicherheit, wie man zu Verbindlichkeit und wie man zu einer praxisnahen Anwendung einer Patientenverfügung gelangen kann. Es besteht überhaupt keine Festlegung, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung oder möglicherweise den Empfehlungen der Ethik-Kommission zu folgen. Es geht hier wirklich darum, dass wir hier im Land Hilfestellung leisten, wie die Patientenverfügung derart verbindlich ausgestaltet wird, dass - mit besonderer Betonung - in allererster Linie der Wille desjenigen, der betroffen ist, der erkrankt ist und eine Willenserklärung abgegeben hat, umgesetzt wird und nicht versucht wird, etwas anderes hineinzureden. Das Ziel ist: Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen soll Vorrang haben.
Eine konkrete gesetzliche Regelung zu diesem Themenkreis gibt es bekanntlich nicht. Es verwundert daher auch nicht, dass ungefähr 85 000 Abrufe einer entsprechenden Musterverfügung der Ärztekammer registriert worden sind. Das macht deutlich, dass es ein sehr großes Bedürfnis nach einer vorsorgenden Regelung gibt.
Deshalb muss dafür Sorge getragen werden, dass diese Regelungen auch ohne formalen Aufwand wirksam werden und dass sie uneingeschränkt verbindlich sind und auch bleiben. Gleichzeitig dürfen auch die behandelnden Ärzte nicht im Unklaren darüber bleiben, welche Behandlungsme
thoden und -therapien sie anwenden dürfen oder müssen; denn nichts wäre schlimmer, als wenn der Patient dort liegt, sich nicht mehr äußern kann und niemand genau weiß, was gemacht werden darf und was nicht gemacht werden darf. Schließlich will niemand etwas gegen den Willen des Betroffenen unternehmen; jedenfalls ist das unser Verständnis.
Unnötige Anforderungen bzw. überzogene Hürden dürfen nicht aufgebaut werden. Um Beweis- und Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollte eine Patientenverfügung schriftlich abgefasst werden. Ich meine, dass das am praktikabelsten ist; alles andere wäre unsinnig. Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen brauchen wir dagegen nicht.
Leider hat die Rechtsprechung bislang nicht zu einer vollständigen Klarheit auf diesem Rechtsgebiet geführt. Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass das Selbstbestimmungsrecht grundsätzlich auch vermeintlich unvertretbare Entscheidungen schützt. Er hat aber auch entschieden, dass der Abbruch von Behandlungen nur bei irreversibel tödlichem Verlauf erfolgen darf. Insofern korrespondiert diese Rechtsprechung auch mit dem, was der Kollege Helberg bereits ausgeführt hat. Allein schon durch dieses rechtlich nicht zu fassende Kriterium ist eine große Unsicherheit bezüglich der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen eingetreten. Das Recht auf Selbstbestimmung gehört zum Kern der Menschenwürde. Ich gehe davon aus, dass wir alle uns darin einig sind. Daher unterliegen alle Handlungen, die die Gesundheit und das Leben eines jeden Menschen betreffen, der Zustimmung des Betroffenen selbst. Nichtjuristisch gesagt: Jeder Mensch darf für sich entscheiden, wie er behandelt werden will und ob für ihn lebenserhaltende Maßnahmen ergriffen werden sollen. Die Fürsorgepflicht des Arztes steht nicht über dem Willen des Patienten; das ist für uns ganz klar. Der Wille des Patienten ist bindend. Trotzdem muss im Einzelfall der genaue Wille herausgearbeitet werden. Ferner muss dieser Wille auch auf den Behandlungsfall anwendbar sein. An dieser Stelle bestehen in der Praxis die eigentlichen Schwierigkeiten, nämlich die Fälle so abzugrenzen und abzufassen, dass man wirklich weiß, ob der Betroffene den gegebenen Krankheitsverlauf gemeint hat und ob er eine Vorstellung von den Behandlungsmethoden hatte, die es gibt, und wie es weitergehen könnte.
Nur wenn offensichtlich Anzeichen für eine Willensänderung vorhanden sind oder der niederge
legte Wille nicht hinreichend erkennbar ist, darf der Arzt, der Betreuer oder der Bevollmächtigte eigene Entscheidungen treffen. Zuvor muss aber geprüft werden, ob die Willenserklärung des Patienten auf die konkret vorliegende Krankheitssituation anwendbar ist. In Zweifelsfällen muss nach wie vor das Vormundschaftsgericht entscheiden.
Daneben ist es sinnvoll, Patientenverfügungen mit Vorsorgevollmachten zu verbinden. Ein gutes Beispiel dafür ist der vom Niedersächsischen Justizministerium schon vor längerer Zeit entwickelte Vordruck für eine Vorsorgevollmacht. Gerade in einer Situation, in der es immer mehr ältere Menschen gibt und in der die Möglichkeiten der medizinischen Betreuung und Versorgung immer größer werden, weshalb immer unüberschaubarer wird, welche Behandlungsmethoden und insbesondere Behandlungschancen es gibt, steigt die Notwendigkeit für eine gesetzlich verbindliche Regelung der Patientenverfügung. Wir alle sollten daher konstruktiv an der Umsetzung einer gesetzlichen Regelung mitwirken. Es ist zwingend notwendig, den Geltungsbereich von Patientenverfügungen verbindlich zu regeln.
Lassen Sie mich abschließend noch auf Folgendes hinweisen: Es kommt natürlich nicht darauf an, hiermit mögliche Straftatbestände abzudecken oder einzuarbeiten. Das, was bisher gesetzlich nicht erlaubt ist, z. B. Töten auf Verlangen, soll auch künftig nicht erlaubt werden. Aber wir müssen hier einfach eingreifen und Regelungen schaffen. Das geschieht im Interesse und zum Wohle der Menschen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um zunächst die Frage zu beantworten: Ich habe eine. Man muss auch darauf hinweisen, dass dies immer auf Gegenseitigkeit beruht. Das heißt, die Vorsorgevollmacht geht nicht nur in eine Richtung, sondern man sollte sich auch eine von seinem Partner geben lassen, damit dies dann, wenn ein Ernstfall eintritt, in beide Richtungen funktioniert.
Nun aber zum Thema. Die Änderung des Betreuungsrechts hat auch eine Änderung des Rechtspflegergesetzes mit sich gebracht. Deswegen liegt dieser Antrag vor. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Übertragung von Richteraufgaben auf die Rechtspfleger. Zu dieser Neuregelung ist es allerdings nicht einvernehmlich gekommen; denn verständlicherweise treffen hier Interessen der aufgabenabgebenden Richter und der durch die zusätzlichen Aufgaben quasi aufgewerteten Rechtspfleger aufeinander. Für die jetzige Regelung wurden Effizienzgewinne angeführt, weil die Rechtspfleger die wesentlichen Aufgaben, insbesondere die der Verfahrenskontrolle und der Ausgestaltung der Betreuung, wahrnehmen.
Auch die vermeintliche bessere Eignung der Rechtspfleger, die u. a. mit größerer Lebenserfahrung begründet wurde - das ist gerade eben ange
sprochen worden -, wurde angeführt. Ohne ein juristischer Experte zu sein, besteht kein Zweifel an der fachlichen Qualifikation der Richter, die fast ausnahmslos über herausragende Prädikatexamina verfügen. Es ist sicherlich auch unbestritten, dass Richter täglich über alltägliche Sachverhalte aus dem Leben entscheiden. Ein Zweifel an der Qualifikation der Richter, auch in Betreuungsangelegenheiten vernünftig entscheiden zu können, dürfte nicht bestehen. Aber ich gehe davon aus, dass dies nicht als Kritik, nicht als Richterschelte gemeint war.
Gegen die Übertragung zusätzlicher betreuungsrechtlicher Aufgaben auf den Rechtspfleger zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensbündelung bestehen aus meiner Sicht Bedenken, soweit Aufgaben überragen werden sollen, die nach meinem Verfassungsverständnis dem Richtervorbehalt unterliegen sollten. Hierzu zählt in jedem Fall die Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers, also nachdem die Betreuung insgesamt angeordnet wurde, sowie die Entscheidung über den Umfang des Aufgabenbereiches. Die Einrichtung einer umfassenden Betreuung stellt immer einen erheblichen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar, der dem Richter vorbehalten bleiben muss und nicht irgendwelchen Effizienzüberlegungen untergeordnet werden sollte.
Insofern geht das in genau die Richtung, die der Kollege Briese hier eben vertreten hat.
In sehr vielen Fällen gehen Maßnahmen, für die nach wie vor der Richter zuständig sein sollte, mit der Bestellung eines Betreuers einher. Dies betrifft insbesondere freiheitsentziehende Maßnahmen und Unterbringung. Schon aus diesem Grund, aber auch weil es schlicht praxisnah ist, sind die Entscheidung über das Ob der Betreuung und die Frage, durch welche Person sie künftig ausgeübt werden soll, in einer Hand zu lassen. Ein Nebeneinander wäre aus meiner Sicht unsinnig.
Für das Festhalten an richterlichen Entscheidungen sprechen insbesondere Verfassungsgründe. Es handelt sich um einen grundrechtsrelevanten Eingriff. Ich glaube, das ist unbestritten. Gegen eine solche Entscheidung können sich die Personen, für die die Betreuung bestellt wird, aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder Behinderung in der Regel nicht wehren. Wir benötigen hier einen
besonderen Schutz durch die richterliche Entscheidung.
Schließlich müssen wir uns auch die personalwirtschaftlichen Folgen einer Aufgabenübertragung vor Augen führen. Die Rechtspfleger sind schon jetzt genauso wie die Richter sehr stark belastet. Weitere Aufgaben ohne neue Stellen wären nicht vertretbar. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, dass dies ohne weiteres angenommen würde. Außerdem würde es sich um besonders hochwertige und verantwortungsvolle Tätigkeiten handeln, die hoch oder zumindest höher besoldet wären. Ein finanzieller Vorteil wäre somit kaum zu erzielen, weil die Höhe der Besoldung der zuständigen Rechtspfleger ziemlich dicht an die der Richterbesoldung heranreichen würde. Damit bleiben erhebliche Zweifel am Sinn einer Aufgabenüberragung.
Nachdenken kann man allenfalls über weniger intensive Eingriffe, wie die Zuständigkeit bei einem Betreuerwechsel oder sonstigen Änderungen im Betreuungsverhältnis oder bei der Bestellung von Ergänzungs- oder Ersatzbetreuern. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass die SPD den Fraktionen von CDU und FDP gern möglichst schnell falsches Handeln nachweisen möchte. Das ist für die Opposition eine völlig legitime und eigentlich auch eine originäre Aufgabe, wenn man es denn kann. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum Sie nicht die Geduld aufbringen, die Entwicklung dessen abzuwarten, was wir eingeleitet haben, nämlich die Abschaffung der Widerspruchsverfahren beim größten Teil der bisher vorgesehenen Vorverfahren. Warum bringen Sie nicht die Geduld auf und warten erst einmal ab, welche Entwicklung sich ergibt? Es sind jetzt erst ungefähr vier Monate vergangen, seitdem diese Regelung in Kraft getreten ist. Im ersten Monat haben wir aufgrund der Übergangsregelungen ohnehin noch Verfahren gehabt, bei denen Klagen gegen die jeweiligen Widerspruchsbescheide eingelegt werden konnten. Sie meinen, schon nach vier Monaten belegen zu können, dass das, was wir sinnvollerweise eingeleitet haben, verkehrt ist. Es gibt dafür bisher kein belastbares Material und auch keine belastbaren Zahlen.
Nein, das ist jetzt leider nicht möglich. - Es gibt also noch keine belastbaren Zahlen. Es gibt nur einzelne Verlautbarungen von Gerichten, aber noch keine belastbaren Zahlen, die belegen, dass eine Entwicklung eingetreten ist, die auf die Änderungen, die wir vorgenommen haben, zurückzuführen ist. Wenn es Belege in dieser Hinsicht gäbe, hätte man eine vernünftige Gesprächsgrundlage. Ich vermag sie nicht zu erkennen.
Ihnen bleibt heute nichts anderes übrig - daran wird auch die Sinnlosigkeit Ihres Antrages deutlich -, als die alten Argumente, die Sie schon in der Diskussion über die Abschaffung der Bezirksregierungen und die Abschaffung des Widerspruchs
verfahrens angeführt haben, einfach wieder aufzuwärmen. Sie können schlicht und ergreifend nichts Neues bieten, sondern kommen immer wieder mit den alten Argumenten.
Es ist völlig klar, dass dann, wenn das Widerspruchsverfahren weggefallen ist, die Zahl der Klagen zunächst steigen wird, weil die Leute natürlich eine Rechtsschutzmöglichkeit suchen und auf die Klage Rückgriff nehmen. Es ist aber auch so - das ist von dem Kollegen von der CDU richtig gesagt worden -, dass wir dazu kommen wollen, dass sich die Kommunen vor einer Entscheidung viel mehr mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern auseinander setzen. Dass dies passiert, weiß man doch aufgrund der Rückkoppelungen mit der Praxis. In Einzelfällen - Frau Saalmann wollte vielleicht eben gerade nach dem Beispiel Braunschweig fragen - versuchen die Kommunen durchaus kreativ - „kreativ“ ist in diesem Falle nicht negativ gemeint -, das vorhandene rechtliche Instrumentarium zu nutzen. Wenn die Kommunen kreativ handeln, indem sie sagen „Wir gewähren euch Jahresfristen bis zur Klageerhebung, damit wir in Ruhe eine Prüfung durchführen können“, so ist dagegen grundsätzlich doch gar nichts einzuwenden.
Natürlich kann man sagen, Herr Professor Lennartz, zwei Jahre wären vielleicht die geeignete Zeit gewesen, um das zu beurteilen. Daran hätte sich die Sache aber nicht entschieden. Man sollte jetzt erst einmal sagen: Lasst uns erst einmal angucken, wie sich das Ganze über das Jahr oder die Jahre wirklich entwickelt, ob sich das Ganze also einspielt. Wenn die Kommunen sich darauf eingestellt haben, auf den einzelnen Rechtsgebieten vernünftig vorbereitete Entscheidungen zu treffen, wenn es dann aber immer noch so sein sollte, dass die Leute keinen anderen Ausweg sehen, als vermehrt Klagen einzureichen, und wenn diese Klagen darüber hinaus auch durchweg eine große Erfolgsquote hätten - dies wäre eine weitere Voraussetzung; auch diesbezüglich können Sie bisher noch keine Belege anführen, weil die Verfahren noch nicht entschieden sind -, würden wir uns das Thema gern wieder zu Gemüte führen und sagen: Lasst uns überprüfen, ob das Ganze sinnvoll war. Natürlich gibt es auch weniger gute Beispiele aus anderen Bundesländern, angesichts deren gesagt wurde, es habe nicht gut funktioniert. Wir haben daher gesagt: Wir treffen eine Auswahl bestimmter Rechtsgebiete, auf denen wir das Widerspruchsverfahren anwenden wollen bzw. auf denen es Ausnahmen vom Widerspruchsverfahren
geben soll. Ich bin gespannt, was Sie uns in der weiteren Ausschussberatung darbieten werden und wie Sie Ihren Antrag wirklich begründen wollen. Bis jetzt fehlt uns eine überzeugende Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bekämpfung von Folter ist unstreitig ein Thema, das alle demokratischen Parteien uneingeschränkt unterstützen. Deshalb ist es auch sehr lobenswert - das ist eben schon gesagt worden -, dass im Rechtsausschuss alle Landtagsfraktionen der vorliegenden Beschlussempfehlung zugestimmt haben. Das wird ohne Zweifel auch heute der Fall sein.
Indem künftig ein nationales Kontrollgremium eingerichtet wird - so sieht es ja das Zusatzprotokoll vor -, wird eine regelmäßige, flächendeckende
Überprüfung des Umgangs mit Gefangenen gewährleistet. Wir alle sind uns einig, dass das notwendig ist. Es ist gut, dass sich Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland aktiv und offensiv an der Bekämpfung von Folter beteiligen. Auch in einem Rechtsstaat wie dem unsrigen - Herr Kollege Briese hat es gerade gesagt - kann es nicht per se ausgeschlossen werden, dass Folter angewendet wird - auch wenn sie so gut wie nie vorkommt, was ich noch einmal betonen möchte.
Darum ist es sicherlich notwendig, ein Kontrollnetz aufzubauen und auch Personen und Institutionen, die nicht unmittelbar zur Exekutive gehören, einzubeziehen. Trotzdem ist es mir wichtig, an dieser Stelle noch einmal festzustellen, dass das Thema Folter in unserem Land wirklich eine untergeordnete Bedeutung hat, und zwar nicht zuletzt aufgrund unseres Rechtssystems und vor allem weil unsere unabhängige Justiz jedem Folterverdacht nachgeht und Folter entsprechend verurteilt. Ich meine, man sollte keinen Beigeschmack geben, indem man sagt, dass gerade bei uns in der Bundesrepublik Sachen unter den Tisch gekehrt werden, die vielleicht in anderen Staaten an der Tagesordnung sein mögen - bei uns jedenfalls nicht.
Indem wir das Zusatzprotokoll zur Anti-FolterKonvention auf Bundesebene umsetzen werden - dieser Antrag dient ja letztlich dazu, das zu beschleunigen -, setzen wir gleichsam ein Zeichen an alle Länder, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Ich betone das ausdrücklich, weil es ja Länder gibt, die gerade auf europäischer Ebene mit uns zusammenarbeiten wollen und in denen es in diesem Bereich sicherlich noch Nachholbedarf gibt. Es ist sicherlich ein großes Anliegen und eine große Verantwortung für uns, besonders darauf zu achten, dass das Folterverbot umgesetzt und eingehalten wird.
Ungeachtet dessen wäre es sinnvoll - um das Thema auf die Landesebene herunterzubrechen -, die Bundesländer in ihrem Zuständigkeitsbereich selbst die Kontrolle vornehmen zu lassen und das Ganze nicht nur auf nationaler Ebene einzurichten. Denn hier würden eine wesentlich direktere Zugriffs- und Kontrollmöglichkeit bestehen. Auch würden überbordende Kosten vermieden werden, wenn man das hier auf der Ebene der Justiz einrichten könnte.
Entscheidend ist letztlich aber, dass dem Land durch eine Kommission keine zusätzlichen Kosten entstehen. Daher ist der Antrag ergänzt und im Ausschuss letztlich einvernehmlich beschlossen worden. Ich bitte deshalb um Ihre Unterstützung, die ich nicht infrage stelle. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem ich die Große Anfrage der Fraktion der Grünen und insbesondere die Antwort der Landesregierung darauf gelesen hatte, war ich zu der Überzeugung gekommen, dass sie der Sache sehr dienlich hätte sein können, zumal die Landesregierung sehr ausführliche und tief gehende Antworten auf die einzelnen Fragen gegeben hat. Nachdem ich allerdings den Beitrag des Kollegen Briese gehört habe, frage ich mich: Warum haben Sie diese Anfrage überhaupt gestellt? Sie haben sich in Ihrem Beitrag nur zu einem verschwindend geringen Teil mit der Anfrage als solcher auseinander gesetzt.
Stattdessen haben Sie sich dazu hinreißen lassen - ob bewusst oder unbewusst -, über die grüne Gesamtschulherrlichkeit zu philosophieren und andere Lebensweisheiten aus Ihrer grünen Lebenswelt darzubringen. Es ist aber zu schade, ein Ministerium mit immerhin 28 Fragen und diversen Unterfragen zu beschäftigen, um dann einfach zu sagen: Na ja, viel ist nicht dabei herausgekommen, aber wir wollen gerne einmal sagen, wie wir die Welt sehen. - Das ist kein vernünftiger Umgang mit den Ressourcen unserer Landesregierung.
Ihr ursprüngliches Ziel war offensichtlich, aufzuzeigen, dass die Landesregierung bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität auf dem falschen Weg ist.
Aber das ist Ihnen nicht gelungen, das wurde durch die Ausführungen des Justizministeriums widerlegt.
Der Kollege Albers hat es deutlich besser angepackt. Er hat sich mit dem Thema und den Antworten wirklich auseinander gesetzt. Ich will nicht sagen, dass die Schlüsse, die er gezogen hat, richtig waren, aber er hat zumindest das gemacht, wozu eine Besprechung eigentlich dient, er hat sich nämlich mit den Antworten der Landesregierung auseinander gesetzt.
Jetzt aber zu den Inhalten, die wir, die FDPFraktion, wie folgt beurteilen.
- Wir sind gerade bei den Inhalten, Frau Korter. Hören Sie einfach zu, dann kriegen Sie auch was mit.
Zu den Kriminalitätszahlen ist schon gesagt worden, dass wir in den letzten zwei Jahren einen Rückgang zu verzeichnen hatten. Ich will das gar nicht darauf zurückführen, dass wir jetzt eine andere Landesregierung haben; denn eine neue Landesregierung führt nicht automatisch zu weniger Straftätern. Man kann allerdings feststellen, dass es mit dieser neuen Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen eine ganz andere Konsequenz in der Strafverfolgung gibt. Ich glaube, dass dies in der Entwicklung der Kriminalitätszahlen insgesamt seinen Niederschlag gefunden hat.
Es ist relativ schwierig, eine Verbindung zwischen der Kriminalitätsentwicklung, ihren Hintergründen und den verschiedene Maßnahmen, die im Rahmen der Bekämpfung der Jugendkriminalität ergriffen werden, herzustellen. Das ist bereits in einem früheren Beitrag von Ihnen zum Ausdruck gekommen. Deshalb kann man nur sagen: Es gibt diese Entwicklung, und wir nehmen sie zur Kenntnis.
Aber welche Folgerungen sollten wir daraus ziehen? - Wir haben gesagt - deshalb gibt es die verschiedenen Gesetzesinitiativen, die heute schon angesprochen worden sind -: Man muss im Jugendstrafrecht in Einzelbereichen zu Veränderungen und Verschärfungen kommen.
Aus der Antwort auf die Große Anfrage ergibt sich, dass bisher rund 70 % der Heranwachsenden unter Anwendung des Jugendstrafrechts verurteilt worden sind. Das ist vor allem deswegen interessant, weil der Gesetzgeber ursprünglich davon ausgegangen war, dass es eher die Ausnahme sein müsste, das Jugendstrafrecht anzuwenden. Das hat sich jetzt genau ins Gegenteil verkehrt. Von daher halten wir es für konsequent zu sagen: Die Regel muss sein, das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, und nur dann, wenn es besondere Gründe dafür gibt, dass jemand nicht unter das Erwachsenenstrafrecht fallen soll, sollte richtigerweise das Jugendstrafrecht angewendet werden.
Des Weiteren gibt es keinen Anlass, schon jetzt gegen die Einführung des Warnschussarrestes oder gegen die Erhöhung der Höchststrafe Zeter und Mordio zu schreien, so wie es der Kollege Briese heute wieder gemacht hat. Mit dem Warnschussarrest verbreitern wir die Möglichkeiten der
Jugendgerichte, durch intensivere Mittel wesentlich fühlbarer - wenn ich das so sagen darf - zu reagieren als z. B. mit einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe mit Bewährung. Das kann nicht pauschal damit abgelehnt werden, dass höhere Strafen keine abschreckende Wirkung hätten. Über die Wirkung des Warnschussarrestes, der sicherlich durch die Bewährungshilfe zu begleiten wäre - ihn kann man nicht isoliert stehen lassen -, liegen keine Erkenntnisse vor. Darauf haben Sie hingewiesen. Aber wenn noch keine insbesondere empirisch begründeten Erkenntnisse vorliegen, kann man auch noch keine Schlüsse ziehen.
Ferner dürfte unbestritten sein, dass es besonders schwere Straftaten gibt, die mit dem Rahmen des Jugendstrafrechts von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe nicht mehr angemessen sanktioniert werden können. Dem Grundsatz, dass es immer eine tat- und schuldangemessene Bestrafung geben soll, wird damit nicht mehr in allen Fällen Rechnung getragen. Daher halten wir die Erweiterung des Strafrahmens von zehn auf fünfzehn Jahre für vertretbar.
Das heißt aber nicht automatisch - darauf will ich noch einmal hinweisen -, dass es höhere und schärfere Strafen geben muss. Wir müssen uns aber klar machen - das werden Sie sicherlich nicht bestreiten wollen -, dass wir es mehr und mehr mit anderen Tätern zu tun haben, mit Tätern, die insbesondere aus dem osteuropäischen Raum kommen und die sich von niedrigschwelligen Strafen nicht mehr abschrecken lassen. Gerade deshalb muss man die Möglichkeit haben, in Einzelfällen und bei besonders schwer wiegenden Straftaten mit einem wesentlich schärferen Schwert zuzuschlagen. Aber wie gesagt: Das heißt nicht - ich glaube, da würde man den Jugendrichtern in Deutschland und Niedersachsen Unrecht tun -, dass man grundsätzlich zu schärferen Mitteln greifen sollte. Wir glauben, dass die unabhängige Justiz noch immer in der Lage ist, tat- und schuldangemessen zu handeln. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können uns jetzt natürlich trefflich darüber streiten, wie qualitativ wertvoll die Antwort war. Da haben Sie zugegebenermaßen eine andere Auffassung als wir. Nachdem wir hier schon einige Fragen gehört haben, rate ich Ihnen jedoch, die Qualität Ihrer Fragen zu verbessern und nicht immer nur nach den Sachen zu fragen, die Sie auch schon aus den Unterlagen entnehmen können.
Sie fragen hier immer nach Dingen, die Sie auch nachlesen könnten. Sie sollten stattdessen Fragen stellen, die uns weiterführen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal wird man in der Politik von aktuellen Geschehnissen überrollt. So könnte es bei der Problematik der Graffiti-Schmierereien durchaus sein - allerdings nur dann, lieber Kollege Briese, wenn das, was in Berlin vollmundig angekündigt wurde, tatsächlich umgesetzt wird. Solange das nicht passiert, müssen und werden wir konsequenterweise an diesem Antrag festhalten und notfalls in Niedersachsen eine Verordnung erlassen.
Nachdem sich die Grünen seit ewiger Zeit standhaft gegen die Kriminalisierung von GraffitiSchmierereien gewandt haben und die SPD in Berlin offensichtlich nicht in der Lage war, sich gegen ihren kleineren Koalitionspartner durchzusetzen, hat jetzt offenbar ein Gesinnungswandel eingesetzt. FDP und CDU hatten bekanntlich seit vor rund zwei Jahren über ihre Bundestagsfraktionen entsprechende Gesetzentwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches eingebracht. Diese schmorten dann allerdings in den Ausschüssen vor sich hin. Das ist beim letzten Mal während der Plenardebatte ausführlich dargelegt worden.
Diese Tatsache war für uns der Anlass, diesen Antrag einzubringen und zu sagen: Wenn auf Bundesebene nichts passiert, dann müssen wir alle Möglichkeiten ergreifen, die uns auf Landesebene zur Verfügung stehen. Eine Möglichkeit ist, eine Verordnung zu erlassen, um zumindest auf
dem Wege des Ordnungswidrigkeitenrechts eine Bestrafung zu erreichen.
Herr Kollege Nerlich hat es schon erwähnt: Jetzt gibt es in Berlin Tiefflugeinsätze gegen GraffitiSprayer. Die Verfechter von Graffiti als speziellem künstlerischen Ausdrucksmittel - wenn man das einmal so sagen darf - sind inzwischen auch verstummt. Ich glaube, Herr Ströbele ist noch der einsame Rufer in der Wüste. Aber ihn wird man wahrscheinlich ohnehin nie eines Besseren belehren können.
Die Botschaft aus Berlin, dass jetzt endlich auch die Bundesregierung tätig werden will, ist erfreulich. Aber das sind - wie gesagt - nur Ankündigungen. In Anbetracht der bisherigen Verzögerung kann man nur hoffen, dass es endlich auch zu einer Umsetzung kommt. Aber das ist noch nicht passiert. Wir wollen gemeinsam hoffen, dass den Worten jetzt auch Taten folgen werden. Um so erfreulicher ist es, dass sich zumindest die SPD-Fraktion in Niedersachsen unserem Antrag anschließen will.
Sie haben offensichtlich die Notwendigkeit des Handelns erkannt, und zwar auch insofern, als Sie sagen: Na ja, wir waren ja eigentlich schon immer dafür. - Sie haben eben allerdings noch einmal dargelegt, dass es echte Lücken gibt, bezüglich der Umsetzung des Strafgesetzbuches bzw. der einzelnen Tatbestandsmerkmale, weil nicht immer klar ist, ob eine Substanzverletzung vorliegt.
Aber Sie wollen jetzt ja den Weg der Verordnungsgebung mit uns gehen, wenn in Berlin nicht gehandelt wird. Wir können nur sagen: Da die Einsicht der erste Schritt zur Besserung ist, hoffen wir als FDP-Fraktion auf eine schnelle Umsetzung zum Schutz der Grundeigentümer und des Grundeigentums in Niedersachsen. Ich empfehle der Fraktion der Grünen: Schließen Sie sich uns an, und bringen Sie die Sache auf den richtigen Weg. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Welt kann doch so einfach sein in diesem Fall die juristische Welt. Was muss man tun, um die Arbeit der Gerichte, in diesem Fall insbesondere der Amtsgerichte, zu sichern? - Wir belassen einfach die bisherigen Aufgaben und denken nicht weiter. - Auf diese einfache Formel lässt sich zusammenfassen, was unter dem Stichwort „Justizmodernisierung“ in dem Antrag ausgedrückt wird.
Nichts anderes lässt sich aus Ihrem Antrag herauslesen. Sie begründen Ihre Forderung nach dem Verbleib der Nachlasssachen ausschließlich fiskalisch - das hat der Kollege Noack eben schon angedeutet - und natürlich mit der Unterstellung - auch die findet keine Begründung; das finde ich sehr schade, Herr Kollege Helberg, weil Sie es ja eigentlich aus fachlicher Sicht viel besser wissen müssten -, kleinere Amtsgerichte müssten schließen, wenn die Nachlasssachen nicht bei ihnen verbleiben würden. Mit diesem Argument, dass Standorte kleinerer Amtsgerichte gefährdet seien, ziehen Sie ja schon seit Monaten durch die Lande. Jeder Veränderung, die seitens der Landesregierung oder der Fraktionen von FDP und CDU ange
dacht wird, wird dieses Argument entgegengehalten. Das ist zwar noch nie in irgendeiner Weise begründet gewesen, aber macht zumindest Stimmung. Das scheint sich ja jetzt in Bezug auf die Verlagerung von Nachlasssachen fortzuführen.
Es wäre schön, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, wenn Sie sich einmal konstruktiv mit dem Thema Justizmodernisierung befassen würden.
Mir ist völlig unbegreiflich, warum ein Einnahmeüberschuss das Argument für einen Verbleib der Nachlasssachen sein sollte. Das gilt insofern auch für die Ausführungen, die der Kollege Briese eben gemacht hat. Zum einen dürfen nach dem Kostendeckungsprinzip ohnehin nur kostendeckende Gebühren genommen werden - daran können wir aber nichts ändern, weil das bundeseinheitlich geregelt ist -, und zum anderen geht es auch beim Thema Justizmodernisierung nicht in erster Linie um Kosteneinsparung bzw. Haushaltspolitik, sondern um Effizienzsteigerung, also Veränderungen in der Justiz. Diesem Thema haben Sie sich bisher noch gar nicht gewidmet. Es geht zuallererst um die Frage: Was nützt den Bürgern? - Denn wir wollen eine Justiz, die den Bürgern dient, die den Bürgern schnell und unkompliziert zum Recht verhilft. - Sie stimmen zu. Wunderbar!
Deshalb müssen wir uns fragen: Welche Aufgaben soll die Justiz künftig noch wahrnehmen? - Zu diesem Themenkreis gehört dann die Frage: Welche Aufgaben sollen die Gerichte zukünftig wahrnehmen? Welche Aufgaben können entfallen und von anderen - nämlich Dritten - wahrgenommen werden? - Zu dieser abgeschichteten Vorgehens- und Denkweise sind Sie aber offensichtlich nicht fähig oder zumindest nicht willens. Das habe ich jedenfalls Ihren Ausführungen so entnommen.
Zunächst muss die Justiz als dritte Säule eindeutig erkennbar und von den anderen Gewalten abgrenzbar und unabhängig sein. Ich glaube, da sind wir uns einig.
Ferner heißt Justiz für uns Liberale im Kern spruchrichterliche Tätigkeit. Grundsätzlich können nach unserer Auffassung alle anderen Aufgaben auch von dritter Seite wahrgenommen werden. Das betrifft in diesem Fall die Nachlasssachen.
Das Argument „Entfallen die Nachlasssachen, entfällt auch ein Teil der Arbeit der Gerichte, und darum seien Gerichtsstandorte gefährdet“ zieht nicht. Nachlasssachen machen nur einen kleinen
Teil der Arbeit der Amtsgerichte aus. Ich denke, auch hier dürfte kein Streit entstehen. Bekanntlich sind die Mitarbeiter auch in Amtsgerichten über Gebühr belastet. Wir alle kennen die Klagen über zu hohe Pensen. Wenn die Nachlasssachen als Aufgabe wegfallen würden, könnten somit andere Aufgaben von ihnen wahrgenommen werden. Das würde zu einer Entlastung der Bediensteten insgesamt und gleichzeitig zu einer Beschleunigung der Arbeit in den Amtsgerichten führen. Ich denke, das ist doch unser aller Ziel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem vorliegenden Antrag findet sich kein einziges sachliches Argument, warum aus Sicht der Kunden der Justiz - und das sind die Bürger - die Nachlasssachen zwingend bei den Amtsgerichten verbleiben müssen. Hier ist es aber so wie in vielen anderen Bereichen: Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sorgen dafür, dass der Staat möglichst viel selbst macht. Wir von der FDP aber wollen die Verantwortung, soweit vertretbar, auf Dritte verlagern.
Hier zeigt sich eine grundsätzlich andere politische Auffassung. Wir werden den Antrag daher ablehnen, und Sie können über Ihre Haltung nachdenken.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es steht außer Frage - das ist bei den Vorrednern auch angeklungen -, dass die DNAAnalyse als erfolgreiches Verfahren zur Bekämpfung der Kriminalität unverzichtbar ist. Gerade die Aufklärung von Sexual- und Morddelikten wird dadurch erheblich erleichtert. Die Frage ist allerdings, welche Konsequenzen wir auch als Landtagsfraktion daraus ziehen.
Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zur DNAAnalyse sind vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die molekulargenetische Untersuchung, die Speicherung und der Abgleich der gewonnenen Informationen als staatlicher Zugriff auf die in der DNA verschlüsselten Informationen angesehen wurden. Die Rechtsprechung sieht darin einen gravierenden Eingriff in das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch das ist unbestritten. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss deshalb bei der Dis
kussion um eine Ausweitung der DNA-Analyse in besonderem Maße Rechnung getragen werden.
In der Praxis - das ist ein ganz wichtiger Punkt in dieser Diskussion - stellt sich die DNA-Analyse allerdings tatsächlich als Zugriff auf eindeutige Identifikationsmerkmale und nicht auf Erbinformationen dar. Die entsprechend den bisherigen technischen Möglichkeiten vorgenommenen Untersuchungen lassen keinen Rückschluss auf Erbinformationen zu. Eine entsprechende Informationsgewinnung ist im Übrigen durch das Gesetz auch ausdrücklich verboten. Diesen Punkt darf man nicht übersehen. Man muss sogar ausdrücklich auf ihn hinweisen. Das ist wichtig. Denn wenn wir ein klares Verbot im Gesetz haben, kann man nicht einfach unterstellen, dass per se darauf zugegriffen wird. Natürlich müssen wir weitestgehend und auch durch Regelungen ausschließen, dass der Zugriff anderweitig möglich sein könnte. Insoweit besteht also eine große Ähnlichkeit zwischen der DNA-Spur und dem daktyloskopischen Fingerabdruck.
Die Forderung nach einer Ausweitung der DNAAnalyse wird in erster Linie von der Politik erhoben. Wir kennen die verschiedensten Äußerungen dazu. Das spricht gerade vor dem Hintergrund, dass ein Grundrechtseingriff vorliegt, dafür, nicht ohne Not die rechtsstaatlichen Hürden abzubauen. Da werden auch die einen oder anderen Unterschiede deutlich.
Für die FDP-Landtagsfraktion treffe ich daher folgende Feststellungen:
Erstens. Die bisherigen Regelungen haben sich bewährt.
Zweitens. Der bisherige Mechanismus des § 81 g StPO, also die Tatbestandsmerkmale qualifizierte Anlasstat, qualifizierte Negativprognose und der Richtervorbehalt bezüglich der Entnahme, Untersuchung und Speicherung von DNA-Mustern von Beschuldigten, sollte vor dem Hintergrund, dass es sich um einen grundrechtsrelevanten Eingriff handelt, beibehalten werden.
Die Fassung des Straftatenkataloges könnte modifiziert werden. Hier müsste man im Einzelnen auch über Formulierungen sprechen. Eine uferlose Er
weiterung auf alle Straftaten lehnen wir jedoch als unverhältnismäßig ab.
Sinnvollerweise sollte z. B. die entsprechende Vorschrift auf Wiederholungstäter erweitert werden. Auch hier kann ein Konsens erreicht werden. Das kommt auch aus dem Antrag, der uns vorliegt, heraus.
Drittens. Der Richtervorbehalt bei der anonymen Tatortspur kann entfallen. Hierbei hat sich die Spur vom Spurenverursacher gelöst, sodass ein Grundrechtseingriff nicht vorliegt.
Viertens. Die Negativprognose sowie der Richtervorbehalt müssen erhalten bleiben.
Der gezielte staatliche Zugriff auf die DNA muss qualitativ als etwas anderes als der Zugriff auf Äußerlichkeiten im Rahmen der normalen erkennungsdienstlichen Behandlung angesehen werden.