Klaus Ness

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir erst einmal alle wieder ein bisschen herunter. Sie werden im Laufe meiner Rede aber auch noch Gelegenheit haben, wieder hochzukommen.
Ich finde es völlig normal und selbstverständlich, dass man hier am vorletzten Plenartag eine Bilanzdebatte führt. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob die FDP nicht etwas kreativer hätte sein können und sich für morgen ein anderes Thema hätte überlegen können.
Ich glaube, dass wir am Ende dieser Aktuellen Stunde alles gesagt haben werden, was zu diesem Thema zu sagen ist. Wenn es aber der Wunsch der FDP ist, in ihrer letzten Landtagssitzung noch einmal eine Bilanzdebatte zu führen,
dann werden wir das natürlich gern machen.
Worüber streiten wir eigentlich? Das ist an den beiden Anträgen erkennbar. Wir streiten nämlich darüber, welche Bilanz nach fünf Jahren in Brandenburg zu ziehen ist. Wie ist die Situation im Vergleich zum Jahr 2009? - Die Opposition sagt, es seien fünf verlorene Jahre gewesen. Ich habe wirklich darüber nachgedacht, ob es fünf verlorene Jahre gewesen sind. Man muss die Fakten sprechen lassen. Ich glaube, die Menschen in diesem Land haben eine klare Meinung dazu, nämlich: Das Land Brandenburg ist deutlich vorangekommen. Dem Land Brandenburg geht es heute besser als im Jahr 2009.
Das lässt sich ganz simpel an zwei Zahlen verdeutlichen, nämlich an den Arbeitslosenzahlen. Im Mai 2009 gab es 168 000
Arbeitslose. Heute, im Mai 2014, sind es 123 000 Arbeitslose. Das heißt, wir haben es in diesen fünf Jahren geschafft, die Arbeitslosenzahl um 45 000 zu verringern. Das ist fast ein Drittel. Das sind 45 000 Menschen und deren Familien, die neue Chancen haben, die neue Hoffnung haben. Deshalb ist auch die Stimmung in diesem Land besser geworden. Das muss auch die Opposition zur Kenntnis nehmen.
Ich kann mich noch erinnern, dass CDU und FDP in anderen Wahlkämpfen gesagt haben, das Wichtigste sei Arbeit. Alles, was Arbeit schaffe, sei gut. Ich glaube, wenn ich mir die Leistungsbilanz dieser Landesregierung unter diesem Gesichtspunkt anschaue, dann kann man ihr nur ein gutes Zeugnis ausstellen. Wir werden daran weiterarbeiten. Wir werden es in diesem Jahr möglicherweise schaffen, das erste Mal eine Arbeitslosenquote von weniger als 9 % zu erreichen, aber auch das wird uns noch nicht reichen.
Das ist die wesentliche Aufgabe, die Kernaufgabe. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muss im Mittelpunkt stehen. Dabei ist Brandenburg sehr gut vorangekommen. Ich glaube, das sollten wir alle anerkennen. Dann kann man nicht davon sprechen, dass dieses Land fünf Jahre verschlafen hätte, sondern hier ist wirklich etwas passiert.
Wenn ich mir die letzten Umfragen anschaue, die wir gerade vom rbb präsentiert bekommen haben, dann ist die Zufriedenheit mit dieser Landesregierung deutlich gestiegen, um 13 Punkte. Das hat Ursachen. Diese Ursachen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sollten Sie einmal genau analysieren. Im Gegensatz zur FDP in der Bundesregierung zwischen 2009 und 2013 haben wir das, was wir im letzten Wahlkampf versprochen und im Koalitionsvertrag vereinbart haben, umgesetzt. Hätten Sie das gemacht, wären Sie vielleicht noch im Bundestag.
Wie gesagt, schauen wir es uns genau an. Im Wahlkampf 2009 hat die SPD versprochen, dass in dieser Legislaturperiode 1 250 Lehrer eingestellt werden. Die CDU hat 1 500 gefordert und die Linke, glaube ich, 2 000. Damals haben alle gesagt: Das macht ihr sowieso nicht, das kriegt ihr nicht hin. - Wir haben am Ende der Legislaturperiode 2 800 neue Lehrer eingestellt. Das Ziel ist deutlich übererfüllt worden.
Ich glaube, es muss schlicht und ergreifend zur Kenntnis genommen werden, dass 2 800 neue Lehrer an die Schulen gekommen sind, die neues Engagement und frischen Wind mitbringen. Das ist gut für unsere Schulen. Das verbessert die Bildung in diesem Land. Das ist ein großer Erfolg.
Wir haben es gestern Abend erlebt, und heute Mittag wird es auch die Kita-Demonstration geben. Wir haben in dieser Legislaturperiode 1 000 zusätzliche Erzieher eingestellt und damit den Betreuungsschlüssel insbesondere für Kinder unter drei Jahren, aber auch für Kinder von 3 bis 6 Jahren deutlich verbessert.
Wir haben unser Schüler-BAföG eingeführt. Das SchülerBAföG ist ein großer Erfolg in diesem Land. Es hat 5 000 jungen Menschen wieder das Gefühl gegeben, dass für sie der soziale Aufstieg möglich ist. Das ist eine gute, wichtige Botschaft.
5 000 junge Menschen in Brandenburg haben im Laufe dieser Legislaturperiode Hoffnung bekommen.
Unser größtes Problem ist, dass in den unteren Etagen dieser Gesellschaft der Glaube, sozialer Aufstieg ist möglich, der in den 60er- und 70er-Jahren noch selbstverständlich war, abgebrochen ist. Deshalb muss Politik solche Signale setzen. Das haben Sie bis heute nicht verstanden. Das bedauere ich außerordentlich. Die Menschen in Brandenburg nehmen das zur Kenntnis, und deshalb akzeptieren sie diese Landesregierung.
Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen, dem Thema Mindestlohn. Was haben wir hier über das Vergabegesetz gestritten. Unendlich lange! Sie haben die Einführung des Kriteriums „Zahlung des Mindestlohns“ als Voraussetzung für die Vergabe bis zum geht nicht mehr bekämpft. Ich bin stolz darauf, dass wir das durchgesetzt haben.
Wir waren damit ein Vorreiter, ein Vorreiter, der auch einen Beitrag dazu geleistet hat, dass die CDU heute mit uns in der Großen Koalition den Mindestlohn auf Bundesebene einführt.
Führen Sie sich vor Augen, welche Reden Sie hier in diesem Landtag gegen den Mindestlohn gehalten haben, und heute beschließen Sie ihn mit uns zusammen. Also, ihr Wort von gestern gilt heute gar nichts mehr.
Die Kollegin Mächtig hat schon etwas zu dem Thema Neuverschuldung gesagt. Seit dem Jahr 2011 hat dieses Land Brandenburg keine Neuverschuldung mehr zugelassen. Wir haben im Jahr 2014 das erste Mal Schulden getilgt. Wer hätte das für möglich gehalten! Eine rot-rote Regierung ist die erste im Land Brandenburg, die Schulden tilgt.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt nennen, der, finde ich, noch gar nicht richtig wahrgenommen worden ist. Die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen haben die Privatisierung von Seen in diesem Land verhindert. Das ist ein riesiger Erfolg.
Wir haben Seen gekauft und den Kommunen zur Verfügung gestellt, damit sie auch weiterhin allen Bürgerinnen, Bürgern und Touristen zugänglich sind - eine für unser Land wichtige Grundsatzentscheidung. Das hat diese Regierung durchgesetzt; von daher verstehe ich den Vorwurf fünf verlorener Jahre nicht.
Jetzt steht uns der Wahlkampf bevor und die Parteien positionieren sich; Herr Senftleben hat eben eine kämpferische Rede
gehalten. Natürlich haben die Wählerinnen und Wähler Anspruch darauf, zu erfahren, wie es in Brandenburg weitergeht. Wir als SPD warten das Wahlergebnis ab. Wir machen keine Koalitionsaussage, sagen aber, mit wem wir definitiv nicht regieren werden: NPD und AfD. Die CDU hingegen hat bei diesem Thema Erklärungsbedarf. Herr Schierack, ich bitte Sie, nachher klarzustellen, warum Sie im Gegensatz zu Herrn Tillich, Frau Lieberknecht, Herrn Kauder und auch Frau Merkel eine Koalition mit der AfD nicht ausschließen. Das ist ein unerhörter Vorgang!
Mir geht es nicht um Elbe-Elster - nehmen Sie dort so viele AfD-Mitglieder in eine Fraktion auf, wie Sie wollen. Aber seit 14 Tagen steht die Frage im Raum, ob Sie zu einer Koalition mit der AfD bereit sind. Sie halten sich eine solche offen oder beziehen - anders als Herr Tillich und Frau Lieberknecht - zumindest nicht klar Position. Ich glaube, Ihr Problem ist, dass Sie sich mit dieser Partei noch gar nicht beschäftigt haben. Ich gebe Ihnen gern Nachhilfe.
Es mag sein, dass Sie Herrn Gauland, den Spitzenkandidaten der AfD, kennen; er war 40 Jahre Mitglied der CDU. Wenn Sie mit ihm eine Koalition anstreben, ist das Ihr Problem. Ob damit allerdings alle Kollegen in Ihrer Fraktion einverstanden sind? Das weiß ich nicht so genau. Ich kann mich nämlich noch gut daran erinnern, wie Herr Gauland sie - ich glaube, er meinte Frau Ludwig, die heute nicht da ist; Herr Petke ist, wie üblich, schon gegangen - als „russische Anarchisten“ bezeichnet hat. Ob Sie mit einem Mann, der so über Ihre Leute redet, eine Koalition eingehen wollen? Sei’s drum.
Herr Gauland ist natürlich kein Rechtsextremist, sondern nur das Aushängeschild. Wir haben uns aber angeschaut, wer noch in der AfD herumläuft: zum Beispiel Rainer van Raemdonck, auf Platz 2 der AfD-Landesliste. Er war bis 1989 Mitglied der SED. Nun ja, sei‘s drum, das waren auch viele Mitglieder dieses Hauses - in fast allen Fraktionen.
2005 bis 2010 war er CDU-Mitglied und wurde dann Mitglied der Partei „Die Freiheit“; er war ihr stellvertretender Landesvorsitzender.
- Nein, gestatte ich nicht.
Kennen Sie „Die Freiheit“? Sie wird in Bayern aus gutem Grund vom Verfassungsschutz beobachtet. Angesichts Herrn van Raemdoncks frage ich mich ernsthaft, warum Sie eine Koalition nicht ausschließen wollen. Nun können Sie sagen, er stelle eine Ausnahme dar. Aber auf Platz 6 der AfD-Landesliste steht Thomas Jung, auch er zunächst Mitglied bei Ihnen in der
CDU, dann in der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“. Auch er könnte in diesen Landtag einziehen.
Auf Platz 7 geht es mit Andreas Galau weiter. Er war Mitglied bei den Republikanern. Wollen Sie in diesem Land mit solchen Leuten koalieren? Positionieren Sie sich dazu! Ich habe ein Riesenproblem damit, dass Sie in dieser Hinsicht herumeiern. Ich glaube, auch Frau Merkel hat damit ein Problem. Nutzen Sie die Gelegenheit und stellen Sie das heute klar!
Falls es Ihnen noch nicht reicht, möchte ich Ihnen einen weiteren Namen von der Landesliste nennen: Steffen Königer auf Platz 8. Er war Redakteur der „Jungen Freiheit“ - vielleicht hat ihn der eine oder andere CDU-Politiker in Brandenburg schon kennengelernt. 1999 war er Kandidat der BFB und hat danach versucht, den Brandenburger Ableger der Schill-Partei aufzubauen. Als er dann CDU-Mitglied werden wollte, ließ ihn die Potsdamer CDU nicht, denn sie war nicht doof; sie sah, was los war. Aber auch er kandidiert heute - durchaus aussichtsreich für die AfD. Wollen Sie wirklich mit solchen Leuten dieses Land regieren? Oder nutzen Sie heute endlich die Gelegenheit zu sagen: „Das kommt für uns nicht infrage!“? Herr Schierack, Sie sind den Brandenburger Wählern eine Aussage schuldig! Nehmen Sie die heutige Gelegenheit wahr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen.
Herr Vogel, Sie haben wirklich eine Rede wie ein Maschinengewehr gehalten. Ich habe zum Schluss nur noch darauf gewartet, dass der Satz kommt: Weg mit dem rot-roten Unrechtsregime!
Herr Prof. Schierack, ich habe Ihnen jetzt zwei Wochen lang eine Chance gegeben.
Ich habe sie Ihnen heute noch einmal gegeben. Ich sage Ihnen: Mit Ihrem Verhalten werden Sie dafür sorgen, dass auf diesen Plätzen - und hoffentlich nicht noch auf mehr - in Zukunft die AfD sitzt. Sie machen diese Partei hoffähig, indem Sie eine Koalition mit dieser Partei nicht ausschließen, Sie vergeben jegliche Chance. Ihre Kollegen Tillich, Lieberknecht und Kauder werden sich bei Ihnen bedanken. Dieses Thema wird uns bis zum 14. September begleiten. Sie müssen jetzt eine Klarstellung vornehmen, welche Haltung Sie dazu einnehmen. Der Ministerpräsident hat Sie gefragt: Wollen Sie eine Rechts/rechte Regierung in diesem Land bilden? Streben Sie das an?
Geben Sie eine Antwort darauf, das erwarten die Menschen von Ihnen. Hören Sie auf, durch Ihr Verhalten die AfD weiter aufzuwerten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen wunderschönen guten Morgen!
Wir sind es ja nicht gewohnt, so früh anzufangen. Aber es gelingt ganz gut, der Saal ist schon ganz ordentlich gefüllt, und wir haben heute auch ein wichtiges Thema.
Der Ministerpräsident hat gestern in seiner Regierungserklärung eine Vokabel geprägt, die, glaube ich, sehr treffend ist: Brandenburg ist wirtschaftlich ein Aufsteigerland. Und das ist keine Selbstverständlichkeit, darüber können wir uns, glaube ich, alle in diesem Land freuen.
Denn wir müssen uns vor Augen halten, woher wir kommen, welche Entwicklung dieses Land Brandenburg genommen hat.
Wir haben gestern an die vielen Gedenkjahre erinnert. Für uns ist das Wichtigste in diesem Herbst „25 Jahre friedliche Revolution“. Aber damit begann auch die Transformation in Ostdeutschland.
Die Transformation in den 90er-Jahren in allen ostdeutschen Ländern, auch in Brandenburg, war davon geprägt, dass die Wirtschaftsstruktur, die bis dahin existiert hatte, zunächst zusammenbrach. Wir haben in Brandenburg in den 90er-Jahren eine dramatische Deindustrialisierung erlebt. Wir haben erlebt, dass auch im landwirtschaftlichen Bereich Arbeitsplätze in Größenordnungen vernichtet worden sind. Heute gibt es dort noch gut 36 000 Arbeitsplätze. Wir hatten einmal 230 000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum, in der Landwirtschaft in Brandenburg. Das alles brach weg. Und das hat in den 90er-Jahren dazu geführt, dass eine dramatische Abwanderung aus allen Regionen, aus allen Städten, aus allen Gemeinden, einsetzte, größtenteils nach Westdeutschland; mit den Folgeproblemen haben wir heute noch zu tun. Es sind ja damals nicht die 60-/65-Jährigen abgewandert, sondern abgewandert ist die Generation der 20- bis 40-Jährigen. Sie haben zum Teil ihre Kinder mitgenommen bzw. die Kinder, die sie noch zeugen wollten eigentlich geplant hier in Brandenburg -, haben sie dann in Baden-Württemberg und Bayern gezeugt. Das hat die Effekte gehabt, die wir alle kennen, nämlich dass zunächst die Krippen geschlossen wurden, dann die Kindertagesstätten, dann die Grundschulen. Das Ganze zog sich einmal durch das gesamte Bildungssystem. Mit den Folgeproblemen des demografischen Echos auf diese Abwanderung haben wir heute immer noch zu tun.
Es gab in den 90er-Jahren in Brandenburg, auch in Sachsen, auch in Thüringen, eine Phase der Depression. Es war nicht selbstverständlich, dass wir eine neue Wirtschaftsstruktur aufbauen. Wir können aber heute feststellen, dass wir da sehr rasant herausgekommen sind, und zwar vor allem in den letzten acht Jahren. Noch 2005 hatten wir in Brandenburg 240 000 Arbeitslose. Heute, acht Jahre später, hat sich diese Arbeitslosenzahl halbiert. Das ist ein Riesenerfolg, an dem viele mitgearbeitet haben.
Ja, wir sind ein Aufsteigerland,
Brandenburg ist auf einem guten Weg, auf einem sehr guten Weg, und Sie, liebe Kollegen von der CDU, haben daran auch einen gewissen Anteil. In der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung sind auch wichtige Entscheidungen getroffen worden. Malen Sie Ihre eigenen Leistungen nicht so schwarz! Sie haben auch Ihren Beitrag geleistet, und das erkennen wir an.
Aber ich will nicht nur an den Zahlen der Arbeitsplätze festmachen, dass Brandenburg ein Aufsteigerland ist. Zwischen 2005 und 2013 ist das Bruttoinlandsprodukt von 47,5 Milliarden Euro auf mittlerweile 59,1 Milliarden Euro gestiegen. Damit liegt Brandenburg auf dem zweiten Platz im Osten. Das ist eine gute Entwicklung, auf die wir gemeinsam stolz sein können.
Unser Außenhandel hat sich in diesem Zeitraum verdoppelt. Der Export war 1990 quasi auf null gefahren worden. Wir waren kein Exportland mehr. Wir haben es geschafft, unseren Außenhandel zwischen 2005 und 2013 von 6,6 Milliarden Euro auf 13 Milliarden Euro zu verdoppeln. Das ist gut. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir in Brandenburg immer konsequent dazu gestanden haben, dass wir ein Industrieland sind und auch bleiben wollen.
Wir brauchen industrielle Produktion, um beim Export mithalten und dort wachsen zu können.
Aber es gibt noch einen anderen Bereich, von dem 1990 einfach noch nicht vorstellbar war, dass er sich so gut entwickelt: Wir haben heute in Brandenburg mehr als 100 000 Arbeitsplätze im Tourismus. Hätte das 1990 jemand gesagt, der wäre ausgelacht worden. Wir haben dieses Land zu einem Land entwickelt, wo Menschen gerne Urlaub machen, gerne hinfahren, sich erholen und damit auch Arbeitsplätze schaffen.
Aber wir haben auch noch Probleme, und zwar auch neue Probleme, die in der aktuellen Debatte, glaube ich, noch einmal intensiv diskutiert werden müssen. Ein Problem ist, dass diese positive wirtschaftliche Entwicklung vor dem Hintergrund auch von Abwanderung in den 90er-Jahren mittlerweile zu Facharbeitermangel führt. Wir haben in der Tat im Land Regionen, in denen fast schon so etwas wie Vollbeschäftigung herrscht, insbesondere im engeren Verflechtungsraum um Berlin. Wir haben allerdings auch noch Regionen, in denen die Arbeitslosigkeit bei 13, 14 % liegt. Aber in den Regionen, in denen faktisch Vollbeschäftigung herrscht, gibt es mittlerweile die Situation, dass Fachkräftesicherung ein riesengroßes Thema wird. Ich glaube, wir müssen ernsthaft darüber diskutieren, was als wirtschaftspolitisches Signal gesetzt werden muss, damit das gelingt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, da muss ich Sie ansprechen: Wir haben noch mit einem Manko zu kämpfen,
das Ihr früherer Wirtschaftsminister Junghanns diesem Land als Stempel aufgedrückt hat, nämlich dass wir ein Niedriglohnland waren.
Deshalb sage ich von dieser Stelle aus ganz ausdrücklich: Diese Zeit ist vorüber. Wir wollen kein Niedriglohnland sein. Wir werben auch nicht damit, sondern wir wollen ein Land der guten und vor allem der gut bezahlten Arbeit sein.
Sagen Sie jetzt nicht, Herr Junghanns ist weg und das sei nicht mehr die Linie der CDU. Gerade in der letzten oder vorletzten Woche hat Herr Homeyer - ich glaube, mit Herrn Schierack zusammen, ich weiß gar nicht, ob Sie dabei waren - Ihr wirtschaftspolitisches Papier vorgestellt. Da konnten wir wieder feststellen, dass diese CDU immer noch an diesen Träumereien festhält. Herr Homeyer hat nämlich erklärt, dass er den gesetzlichen Mindestlohn, den die CDU auf Bundesebene mit uns gemeinsam verabschieden wird, nicht durchsetzen wolle, sondern dass er regionale und sektorale Unterschiede anstrebe. Das muss man mal übersetzen.
Das heißt, er will keinen gleichen Mindestlohn in Ost und West, er will sogar noch innerhalb Brandenburgs unterschiedliche Mindestlöhne. Das ist die Position der CDU,
das ist die alte Linie des Niedriglohnlandes Brandenburg. Das werden wir nicht mitmachen!
Wir müssen uns, wenn wir das Thema Facharbeitermangel in den Griff bekommen wollen, insbesondere auch darum kümmern, dass wir Rückkehrern, von denen es in Brandenburg mittlerweile eine nennenswerte Anzahl gibt, eine richtig gute Perspektive aufzeigen. Rückkehrerinitiativen vor Ort werden von der Landesregierung unterstützt; sie werden auch von diesem Hohen Haus, ich denke, über alle Fraktionen hinweg, unterstützt. Aber wir müssen auch die richtigen politischen Signale setzen. Ich glaube, dass insbesondere der gesetzliche Mindestlohn, der jetzt zum 1. Januar kommen wird, ein wichtiges Signal ist, denn er ist eben die Untergrenze. Und weil diese Untergrenze eingeführt wird, wird das Lohngefüge in Deutschland insgesamt steigen. Das ist auch dringend notwendig.
Es wird uns nur gelingen, junge Lausitzer - mittlerweile nicht mehr so junge Lausitzer wie vor 15 oder 20 Jahren - oder Uckermärker, die nach Baden-Württemberg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen gegangen sind, zurückzuholen, wenn sie hier erwarten können, dass sie Gehälter erhalten, die ihren Lebensstandard sichern. Wir können ihnen gute Schulen bieten, wir können ihnen gute Kinderbetreuung bieten. Wir können ihnen auch guten Wohnraum bieten. Aber die Menschen werden nur hierher zurückkommen, wenn sie ähnlich hohe Gehälter bekommen. Das ist die große Herausforderung. Deshalb muss
jetzt, im 25. Jahr nach der Revolution, endlich durchgesetzt werden, dass wir gleiche Löhne in Ost und West haben.
Ich glaube, dass insbesondere die Brandenburger CDU, die in ihrer Positionsbestimmung zur Wirtschaftspolitik weit hinter ihrer Bundespartei zurückbleibt, aber auch die FDP, ihren neoliberalen Verirrungen einfach einmal abschwören muss. Sie handeln mit diesen Positionierungen, die Sie da auf die Tagesordnung setzen, auch gegen die Interessen Ihrer eigenen Klientel. Unternehmerinnen und Unternehmer in Brandenburg sind da viel weiter. Die haben das längst verstanden.
Die haben längst verstanden, dass gute Löhne eine notwendige Voraussetzung auch für die wirtschaftliche Entwicklung ihres eigenen Betriebes sind. Sie werden gute Facharbeiter nur motivieren können, wenn sie eine ordentliche Perspektive haben. Wir haben hier eine Situation, dass viele Menschen in Brandenburg immer noch überlegen, ob sie abwandern. Sie wandern aber nicht ab, weil sie von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sondern weil sie Löhne und Gehälter bekommen, die so niedrig sind, dass sie es nicht schaffen, als junge Menschen eine Familie zu gründen.
Wer 1 000 Euro, 1 200 Euro netto verdient, der überlegt sich als junger Mann, als junge Frau: Kann ich mich trauen, eine Familie zu gründen, ein Kind in die Welt zu setzen, kann ich meine Wünsche, die ich an das Leben habe, beispielsweise ein eigenes Haus zu bauen, erfüllen, wenn ich kein Erbe antreten kann? Das sind konkrete Fragen, die sich stellen. Daran müssen wir arbeiten. Es ist wichtig, dass Politik da das richtige Signal gibt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schöne als Schlussredner in einer solchen Debatte ist, dass man die Möglichkeit hat, Bilanz zu ziehen. Daher einige Feststellungen meinerseits: Ich stelle fest, dass die Opposition ziemlich frustriert ist, weil es im Land offensichtlich keine Wechselstimmung gibt.
Ich stelle fest, dass es die größte Oppositionspartei, die sich vor allem Wirtschaftskompetenz auf die Fahnen schreibt, versäumt hat, ihren Spitzenkandidaten an das Rednerpult zu schicken, um die Wirtschaftskompetenz unterstreichen zu lassen, sondern nur die zweite und die dritte Reihe geschickt hat. Ich stelle drittens und abschließend fest, dass es wahrscheinlich einen gravierenden Unterschied zwischen den beiden Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen gibt: Wenn wir über Wirtschaft sprechen, sprechen wir über die Menschen und ihre Sorgen. Sie sprechen abstrakt über „die Wirtschaft“, bestenfalls noch über „die Unternehmer“. Für uns sind die 800 000 Menschen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die Bezugsgruppe. Sie wollen von uns wissen, wie sich ihre Arbeitsbedingungen und ihre Lohneinkünfte verbessern.
Sie von der Opposition haben es versäumt, über die Auswirkungen des Mindestlohns zu sprechen. Herr Homeyer, Sie hatten heute die Möglichkeit, zu rechtfertigen, warum Sie weiterhin fordern - obwohl auf Bundesebene ein einheitlicher Mindestlohn eingeführt wird -, dass es in Brandenburg regional und sektoral unterschiedliche Mindestlöhne gibt. Damit kommen Sie nicht durch! Wir werden die Brandenburgerinnen und Brandenburger daran erinnern, dass Sie eine CDU repräsentieren, die im Land - wenngleich sie auf Bundesebene anders agiert - die Ost-West-Lohnunterschiede aufrechterhalten will.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Es gab in den letzten Tagen und Wochen kein Thema, auf das ich häufiger angesprochen worden bin - von Wählerinnen und Wählern
aus meinem Wahlkreis, natürlich auch von Journalisten. Ich habe dabei festgestellt: Es gibt zwei Fraktionen in der Brandenburger Bevölkerung. Die eine Fraktion sagt: Habt ihr nichts Wichtigeres zu tun, als dieses Thema zu debattieren?
Die zweite Fraktion - ich glaube, die ist etwas größer - sagt: Wann nehmt ihr endlich den weißen Adler ab?
Ich glaube, wir alle müssen aufpassen, wenn wir diese Debatte heute endlich zum Abschluss bringen, dass wir eines nicht in Vergessenheit geraten lassen: dass wir in einem der wunderschönsten Landtage ganz Deutschlands zu Hause sind
und dass sich viele Menschen stark engagiert haben, uns so ein tolles Haus zu ermöglichen, nachdem der Landtag 2005 den Weg dazu freigemacht hatte.
Die will ich heute hier erwähnen: Das sind der Präsident dieses Landtags, Gunter Fritsch, und die Vizepräsidentin, die sich sehr stark engagiert haben, der Finanzminister und Prof. Kulka. Denen haben wir es an vorderster Stelle - neben vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - zu verdanken, dass dieser Landtag ermöglicht worden ist. Und ich glaube, dieser Landtag kommt in der Bevölkerung insgesamt auch gut an.
Trotzdem stellen wir fest, dass die Entscheidung des Architekten, hier einen weißen Adler als Kunstwerk anzubringen, bei aller Freude über das Haus insgesamt bei großen Teilen der Bevölkerung Unverständnis auslöst. Andere wiederum verstehen die Aufregung dieses Teils der Bevölkerung nicht.
Ich habe es mir und viele meiner Fraktion haben es sich nicht leichtgemacht, auf diese Frage einzugehen; wir haben lange darüber diskutiert, woran das liegt. Ich glaube, dass es diese Aufregung eines Teils der Bevölkerung über den weißen Adler gibt, hat sehr viel mit unserer Landesgeschichte in der unmittelbaren Nachwendezeit zu tun. Die Brandenburg-Identität ist in Zeiten der DDR verlustig gegangen, war auch bei Teilen der Bevölkerung nicht in dem Maße präsent, wie beispielsweise die sächsische oder die thüringische Identität präsent war. Aber in der Nachwendezeit entstand eine Situation, in der viele sagten: Jetzt steht viel Veränderung an. Wir sind nicht mehr DDR-Bürger, fühlen uns aber auch noch nicht als vollständige Bürger des neuen Deutschlands, das da entsteht. Diese Landesidentität hat in allen Ländern eine große Bedeutung angenommen. In Sachsen und Thüringen war das natürlich - da hat man sich auch zu DDR-Zeiten als Sachse oder Thüringer empfunden -, hier in Brandenburg war es ein kleines Wunder.
Dieses kleine Wunder ist auch ausgelöst worden durch ein Lied, das heute noch auf vielen Volksfesten gesungen wird: „Steige hoch, du roter Adler“. Man hat in der Nachwendezeit in vielen Gärten und an vielen Häusern die Brandenburg-Fahne gesehen. Es war ein kleiner Rettungsanker in einer Zeit der Verunsicherung. Das hat diese Landesidentität geprägt. Ich glaube, dass das Parlament heute gut beraten ist, den Vorschlag von Herrn Kulka, der diese Debatte aufgenommen hat, aufzugreifen und das zu tun, was Frau Blechinger heute eingefordert hat: hier am Rednerpult einen roten Adler auf weißem Grund anzubringen.
Ich finde, Herr Kulka hat eine tolle Arbeit abgeliefert und einen super Landtag geschaffen, in dem wir hervorragende Arbeitsbedingungen haben.
Ich finde es anerkennenswert, dass er in Gesprächen mit den Präsidiumsmitgliedern gesagt hat: Ich nehme diese Debatte auf, erarbeite einen Vorschlag, der das aufgreift, was viele Brandenburgerinnen und Brandenburger offensichtlich bewegt, nämlich dass sie in diesem Haus den roten Adler präsentiert haben wollen. - Ich finde, es ist ein guter Kompromiss. Alles andere - würden wir dem CDU-Antrag zustimmen - führte dazu, dass wir in weitere, auch rechtliche Auseinandersetzungen gerieten. Damit ist uns nicht gedient. Ich glaube, dass es dem Ansehen des Ho
hen Hauses dienlich ist, einen guten Kompromissvorschlag anzunehmen, einen Schritt auf den Architekten zuzugehen, nachdem er einen großen Schritt auf uns zugegangen ist.
Ich bitte Sie herzlich, dem Antrag der 46 Abgeordneten zuzustimmen. Der rote Adler wird kommen, hier vorn auf weißem Grund. - Schönen Dank.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher! Ich war sehr gespannt darauf, wie diese Debatte laufen würde. Ich hatte auch ein paar Befürchtungen. Aber diese sind noch übertroffen worden - negativ übertroffen worden. In den bisherigen Äußerungen waren Stilblüten enthalten, die eigentlich unerträglich sind.
Ich fange mit Ihnen an, Herr Beyer. Ich bin sehr dafür, dass wir im Plenarsaal die Brandenburger Landesfahne in originaler Form aufstellen. Aber ich bin sehr dagegen, dass irgendjemand noch unter dieser Fahne stirbt.
Bei allem Respekt vor Ihnen, Herr Dombrowski: Die nationalistische Überhöhung, die die CDU hier abgeliefert hat - ich konnte bei Ihnen, Herr Dombrowski, kaum hinschauen angesichts Ihrer Mimik und Gestik -, ist mir ein bisschen zu viel. Wir führen in unserem Land eine ernsthafte Diskussion über die Frage, wie wir unseren Plenarsaal gestalten. Ich glaube,
viele, die für den heraldischen Adler oder den roten Adler unterschrieben haben, hätten, wenn sie Ihre Rede hier gehört hätten, ihre Unterschrift zurückgezogen.
- Spätestens dann.
Wir finden heute hoffentlich eine Mehrheit für den Kompromissvorschlag, den Herr Kulka in Absprache mit den Präsidiumsmitgliedern gefunden hat. Ein Ergebnis wird sein, dass dieser weiße Adler nicht mehr in diesem Saal ist. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn er an anderer Stelle, beispielsweise im Foyer, aufgehängt würde; das müssen wir mit Herrn Kulka besprechen.
Wir werden hier vorne einen roten Adler - in stilisierter Form auf weißem Grund haben. Das ist das, was die Brandenburger wollen. Sie wollen einen roten Adler in diesem Saal sehen. Ich glaube nicht, dass an den Volkshochschulen gerade in Massen Heraldik-Kurse belegt werden, um herauszubekommen, wie der Brandenburger Adler genau aussieht.
Nein, ich glaube nicht. Ich werde nämlich gleich zum Schluss kommen, da, wie ich finde, in dieser Debatte der Erkenntnisgewinn nicht mehr gesteigert wird. Wir sollten jetzt zur Abstimmung kommen.
Darauf gebe ich Ihnen gerne eine Antwort. Wer so austeilt wie Sie, darf nicht so ein Glaskinn haben.
Ich bleibe dabei: Der Erkenntnisgewinn ist auch durch Ihren Beitrag nicht gesteigert worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich kurz an die Vorgeschichte der heutigen Debatte erinnern. Ich glaube nämlich, durch den Wortbeitrag des CDU-Spitzenkandidaten, der wohl im Hinblick auf die Landtagswahl gehalten wurde, ist der eigentliche Anlass, aus dem wir heute diese Debatte führen, etwas ins Hintertreffen geraten.
Wir führen diese Debatte heute, weil bis Ende 2012 ein Volksbegehren von mehr als 100 000 Brandenburgerinnen und Brandenburgern unterschrieben worden war, die sich für mehr Nachtruhe einsetzen wollten und die dies von dieser Landesregierung, von diesem Landtag verlangten. Dieses Volksbegehren ist das erste, das diese zweite Stufe erfolgreich bestanden hat. Die Landesregierung hat heute diese Regierungserklärung abgegeben, um eine Bilanz vorzulegen, was sie bisher erreicht hat.
Sie hat keine Regierungserklärung beantragt, um einen Wahlkampfauftritt des Spitzenkandidaten der CDU zu allen möglichen Themen zu ermöglichen. Wenn ich Ihre Rede bilanziere, würde ich sagen: Sie haben das Thema heute vollständig verfehlt.
Dieser Landtag hat nämlich unter dem Eindruck des erfolgreichen Volksbegehrens am 27. Februar 2013, übrigens - und das sollte man in Erinnerung behalten, wenn man die weiteren Wortbeiträge hört - mit Stimmen aus allen Fraktionen, das Volksbegehren angenommen. Der Auftrag des Volksbegehrens sollte auch nicht uminterpretiert werden, sondern wir sollten uns an den Text erinnern; deshalb möchte ich ihn Ihnen hier noch einmal vortragen:
„Der Landtag möge beschließen, die Landesregierung aufzufordern, in Verhandlungen mit dem Land Berlin einzutreten, um den Staatsvertrag vom 7. August 1997 über das gemeinsame Entwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg … zu ändern.“
Das ist der konkrete Auftrag, den dieser Landtag beschlossen hat. Er hat nicht beschlossen, einseitig einen Weg zu gehen. Er hat auch nicht beschlossen, die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr einseitig durchzusetzen. Der Beschluss lautet vielmehr: Wir sollen Verhandlungen mit Berlin aufnehmen, um das Landesentwicklungsprogramm zu ändern. Und genau diesen Auftrag hat dieser Landtag strikt erfüllt.
Wir haben das Volksbegehren hier im Landtag sehr ernst genommen; auch die Regierung hat sehr lange und ernsthaft ver
handelt, Wege ausgeleuchtet und nach Lösungen gesucht, die dem Auftrag des Volksbegehrens Rechnung tragen. Dabei haben wir als Sozialdemokraten immer klargemacht: Wir müssen auf der einen Seite die Interessen der Anwohner genauso wie auf der anderen Seite die Sicherheit der Fluggäste und unser aller Interesse an einem wirtschaftlichen Erfolg des größten ostdeutschen Infrastrukturprojektes unter einen Hut bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat sich aber in den vergangenen Wochen auch gezeigt, dass der von der Volksinitiative vorgeschlagene Weg leider zu einer Sackgasse wird, die wegen des strikten Widerstandes aus Berlin und vom Bund eben nicht zu mehr Nachtruhe für die Bewohner im Flughafenumfeld führt. Eine zweite Sackgasse ist aber auch der von der CDU wiederholt geforderte Brandenburger Alleingang beim Nachtflugverbot.
Auch heute, Herr Prof. Schierack, haben Sie das wieder gefordert.
Herr Schierack, ich möchte Sie daran erinnern: Selbst die Bürgerinitiativen, die sich gegen den Flughafen insgesamt wehren, haben mittlerweile erkannt, dass dieser Alleingang nicht möglich ist. Das haben auch die Anwälte der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow festgestellt; sie haben die Landesregierung sogar explizit gewarnt, einen solchen Alleingang einzuschlagen, weil dieser am Ende durch den Bund kassiert würde. NordrheinWestfalen hat das selbst erlebt. Deshalb halte ich diese Forderung nach dem Alleingang auch für einen Versuch, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Das führt nicht zum Erfolg.
Die Landesregierung hat in Dutzenden Gesprächen mit der Flughafengesellschaft, dem Berliner Senat, der Bundesregierung, aber auch mit Airlines und anderen Betroffenen nach Lösungen für mehr Nachtruhe gesucht. Dabei hat die Landesregierung Vorschläge unterbreitet, die jetzt unter anderem in der Fluglärmkommission bei der Deutschen Flugsicherung geprüft werden. Es geht dabei um andere An- und Abflugwinkel, aber auch um eine alternierende Lande- und Startbahnnutzung. Auch diese auf den ersten Blick nur kleinen Erfolge sind sehr, sehr wichtig, denn es sind ganz pragmatische und praktikable Vorschläge, die den Menschen im Umfeld des Flughafens effektiv mehr Nachtruhe bringen, wenn sie denn - hoffentlich umgesetzt werden.
In allen Verhandlungen des Landes wurde aber auch deutlich, dass die anderen Gesellschafter des Flughafens, der Bund und das Land Berlin, schlicht nicht willens sind, dem Kernanliegen des Volksbegehrens entgegenzukommen. Wenn man dies bilanziert und dabei erkennt, dass man in eine Sackgasse gerät, muss man schlicht und ergreifend nach neuen Wegen suchen, und genau das hat die Landesregierung vorgestern getan und auch öffentlich gemacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all diesen Gesprächen mit dem Bund und Berlin hat unser Ministerpräsident den anderen beiden Gesellschaftern nun einen fairen und wohlausgewogenen Kompromissvorschlag unterbreitet, der gerade nicht
dazu dient, das Volksbegehren auszuhebeln, sondern der helfen soll, den Bewohnern der Umlandgemeinden eine längere Nachtruhe zu verschaffen. Genau das und nichts anderes ist der Auftrag des Volksbegehrens.
Nun haben Sie, hat die Opposition den Vorschlag von Ministerpräsident Dr. Woidke noch am Montagnachmittag kritisiert. Ich frage mich: Warum eigentlich? Wenn Sie jetzt Kritik daran üben, dass wir dieses Volksbegehren nicht durchsetzen, dann müsste sich Ihre Kritik doch eindeutig an Berlin richten. Dort, beim Land Berlin und beim Bund, ist das Volksbegehren nicht aufgenommen worden. Hier in Brandenburg haben wir alles versucht, um es umzusetzen.
Und bei aller Wertschätzung für das bürgerschaftliche Engagement der Volksinitiative: Wir alle müssen gemeinsam feststellen, es ist uns bisher nicht gelungen, genügend Druck auf die Berliner Landes- und auf die Bundespolitik auszuüben. In Berlin ist das Volksbegehren leider gescheitert, und es ist uns bisher nicht gelungen, diesen Druck aufzumachen. Wir müssen weiter gemeinsam daran arbeiten.
Vor diesem Hintergrund rate ich im Interesse der betroffenen Menschen, das neue Angebot von Ministerpräsident Dr. Woidke genau zu prüfen, bevor Sie es vorschnell und ohne Alternativen verwerfen. Der Vorschlag von Dietmar Woidke ist - erstens ein Vorschlag, der wirtschaftlich Sinn macht, denn vorgeschlagen wird eine zusätzliche Stunde ohne Flugverkehr, und zwar zu einer Zeit, zu der höchstens 1 % des täglich erwarteten Flugverkehrs abgewickelt wird. Die Regelungen würden es Flugzeugen ermöglichen, abends noch nach Berlin hineinzukommen und dort auch gewartet zu werden.
Es ist aber - zweitens - auch ein Vorschlag, der für die Menschen Sinn ergibt, denn effektiv bedeutet er eine absolute Lärmpause von 6,5 Stunden, da die Zeit von 23.30 Uhr bis 00.00 Uhr ohnehin nur für Verspätungen vorgesehen ist.
Nun kann man sagen, all das sei nicht genug. Sicherlich, das ist nicht die Maximalforderung der Volksinitiative. Nur: Mit dieser Maximalforderung sind wir im Bund und in Berlin vor die Wand gelaufen. Die Maximalforderung werden wir bei realistischer Betrachtung nicht erreichen. Nun könnte es sich die Landesregierung einfach machen, über den Vorschlag abstimmen lassen und fertig. Stattdessen legt die Regierung einen Kompromissvorschlag vor. Ja, es ist ein Kompromiss. Aber die Mutter der Demokratie ist nun einmal der Kompromiss.
Deshalb rate ich: Wir sollten alles versuchen, das Bestmögliche für die Menschen im Umfeld des Flughafens herauszuholen.
Ich sage auch: Jeder Kompromiss, jede Minute weniger Fluglärm ist besser als gar keine Lösung. Deshalb sollte, wer es wirklich ernst meint mit mehr Nachtruhe im Umfeld des Flug
hafens, unsere Landesregierung dabei unterstützen, eine Mehrheit für diesen Kompromissvorschlag zu erreichen. Es gibt keinen besseren Vorschlag.
Ich habe auch von Ihnen keinen besseren Vorschlag gehört, Herr Schierack. Ich habe von Ihnen viel heiße Luft gehört, aber keinen konkreten Vorschlag, der am Ende mehr Nachtruhe für die Menschen bringt.
Es gibt auch keinen, der rechtlich besser wäre; keinen, der besser umsetzbar wäre; keinen, der die Chance hätte, eine Mehrheit bei den anderen Eignern zu finden.
Ich frage vor allem Sie von der CDU: Was genau wollen Sie denn eigentlich?
Bei der Abstimmung im Februar letzten Jahres haben sich die meisten CDU-Abgeordneten mannhaft enthalten. Was wollen Sie heute? Immer nur auf rechtlich nicht gangbare Wege verweisen? Immer nur kritisieren, dass alles nicht weit genug gehe? Wäre es nicht besser, Sie täten alles dafür, dass wir in Berlin Mehrheiten für den Brandenburger Vorschlag finden?
Herr Prof. Schierack, ganz persönlich: Zeigen Sie doch mal Überzeugungskraft! Beginnen Sie in Ihrem eigenen Landesverband.
Überzeugen Sie doch mal Ihre Potsdamer Parteifreundin Frau Reiche, dass sie sich für mehr Nachtruhe im Flughafenumfeld einsetzt!
Frau Reiche ist als Staatssekretärin …
- Hören Sie erst einmal zu! Nehmen Sie doch Frau Reiche einfach nur beim Wort.
Frau Reiche ist als Staatssekretärin im Verkehrsministerium für Lärmschutz und Luftverkehr zuständig. Ich habe noch zwei Sätze von ihr im Ohr:
„Die Bundesregierung nimmt das Thema Fluglärm ernst und kümmert sich um die Betroffenen.“
Ferner sagte sie im Bundestagswahlkampf, da in ihrem Wahlkreis viele Menschen vom Fluglärm betroffen sind:
„Mir geht es darum, für die Bürger etwas zu erreichen, nämlich gute Bildung, innere Sicherheit, Lebensqualität und Lärmschutz.“
Hier nehmen wir sie beim Wort. Nehmen auch Sie sie beim Wort und arbeiten Sie mit uns gemeinsam, damit wir wenigstens diesen Kompromiss hinbekommen!
Der Schlüssel zu mehr Nachtruhe liegt in Berlin. Es kommt also darauf an, dass wir Brandenburger diesen Vorschlag mit aller Entschlossenheit vertreten.
Die Widersacher von mehr Nachtruhe sitzen nicht in diesem Haus - das hoffe ich jedenfalls. Deshalb geht meine Bitte auch an die Kollegen von den Grünen und den Linken: Nutzen Sie Ihren Einfluss im Abgeordnetenhaus und werben Sie auch dort für unseren Kompromissvorschlag!
Ich will ganz klar sagen: Ich erwarte von Berlin, ich erwarte auch von Klaus Wowereit, dass er uns Brandenburgern entgegenkommt.
Ich erwarte von Berlin, dass es Rücksicht auf die Bewohner im Umfeld des BER nimmt. Ich selbst habe in den letzten Wochen und Monaten einige Gespräche mit Vertretern der Berliner Politik zum Thema Nachtflug geführt und dabei ein für mich erschreckendes Maß an Ignoranz gegenüber den Brandenburgern und ihren Sorgen vorgefunden.
Deshalb ist für mich ganz klar: Gerade die fusionswilligen Berliner sollten zeigen, wie wichtig ihnen Brandenburg und die Interessen seiner Bewohner sind. Wenn Berlin nicht endlich die nötige Rücksichtnahme entwickelt, kann ich mir persönlich jedenfalls nicht vorstellen, wie man irgendwann, zu irgendeinem Zeitpunkt jemals Mehrheiten in der Brandenburger Bevölkerung für eine Fusion der beiden Bundesländer finden will. Wenn Berlin nicht zumindest den vorgelegten Kompromissvorschlag aufgreift, wird es zwangsläufig zu einem veränderten Blickwinkel der Brandenburger auf die größte märkische Stadt kommen. Das kann nicht im Interesse Berlins liegen, aber auch nicht im Interesse der Gesamtregion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ball liegt nach dem Vorschlag von Dr. Dietmar Woidke jetzt im Berliner Spielfeld,
und zwar beim Bund wie auch bei der Berliner Landesregierung. Ich hoffe, dass sowohl der Bund als auch der Senat den vorgelegten Kompromissvorschlag aufgreifen werden. Wenn uns das Anliegen der Bürger für mehr Nachtruhe wichtig ist, sollten wir hier im Landtag der Landesregierung den Rücken für die Verhandlungen stärken und nicht in kleinteiliges Polittheater verfallen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Hier und heute geht es nicht um Wahlkampf. Hier und heute und in den nächsten Tagen, bis zur Gesellschafterversammlung am 7. April 2014, geht es darum, ob wir überhaupt mehr Nachtruhe für die betroffenen Brandenburger Bürgerinnen und Bürger erreichen. Der Vorschlag unseres Ministerpräsidenten bietet dafür eine sehr konkrete Chance und eine ausgestreckte Hand. Ich appelliere an das Land Berlin und den Bund, diese Hand nicht auszuschlagen - im Interesse einer weiterhin guten Zusammenarbeit und eines friedlichen Zusammenlebens im Umfeld des Flughafens.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit zwei Danksagungen beginnen. Als Erstes möchte ich mich bei meinem Fraktionskollegen Manfred Richter bedanken. Er hat heute eine herausragende Rede gehalten, in der alles gesagt worden ist, was zu diesem Thema gesagt werden musste. Das war ein großer Beitrag!
- Ja, Herr Büttner, da können Sie ruhig weiter lachen. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei Ihnen bedanken, nämlich dafür, dass Sie der SPD heute einen kostenlosen Werbeblock in dieser Plenarsitzung geschenkt haben. Danke, dass Sie die Aufmerksamkeit auf den Entwurf unseres Regierungsprogramms gelenkt haben. Ich habe es mitgebracht und kann es allen nur zur Lektüre empfehlen: „Unser Brandenburg-Plan: 50 Vorhaben, auf die Sie sich verlassen können“. Sie finden es im Internet auf www.spd-brandenburg.de.
Danke, dass Sie uns die Möglichkeit gegeben haben, dieses Programm hier heute ausgiebig zu diskutieren.
Es ist ja auch gut und wichtig, wenn die stärkste Fraktion und die Partei, die seit 1990 die wesentliche Regierungsverantwortung in diesem Land getragen hat, ihr Programm als Erstes vorlegt und klare Ansagen macht, was sie vorhat. Darauf warten wir bei Ihnen noch. Darauf warten wir auch bei den Grünen.
Frau Nonnemacher hat mich ja sehr neugierig gemacht auf das, was da noch kommt. Ich bin schon gespannt, ob Sie in Ihr Wahlprogramm schreiben werden: Ja, die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) muss abgeschafft werden. - Ich erwarte das geradezu nach den Ansagen, die Sie in den letzten Wochen und Monaten gemacht haben. - Ich würde mich sehr freuen, wenn das käme.
Die CDU hat eine gewisse Kontinuität in dieser Wahlperiode gewahrt; das will ich Ihnen einräumen. Sie sind in der Ackerfurche weggetaucht und haben darauf gewartet, dass das Thema weggeht.
Herr Schierack, Sie haben sich in Ihrer Rede auch auf Herrn Schönbohm bezogen. Ich weiß, dass die Brandenburger ein sehr verlässliches Volk sind, und deshalb merken sie sich auch bestimmte Erfahrungen mit Parteien. Ich kann mich noch sehr genau an den Wahlkampf 1999 erinnern, als Sie sich hingestellt haben und sagten: Zwangsfusionen und Gemeindefusionen wird es mit uns nicht geben! - Doch schon 2003 hat dann der Spitzenkandidat diese Zwangsfusionen durchgesetzt; das haben sich die Brandenburger gemerkt.
Sie dürfen sich also ruhig Mühe geben bei diesem Thema, aber ich glaube, die Brandenburger haben da eine klare Einschätzung.
Lassen Sie uns doch einfach einmal ehrlich sein in diesem Parlament.
Wir haben in der Enquetekommission eine große Übereinstimmung zwischen den Parteien gefunden - mit Ausnahme der CDU, die abgetaucht ist -,
dass wir uns einig darüber sind, in der nächsten Legislaturperiode eine Kreisgebietsreform diskutieren zu müssen, dass aber zuvor eine Funktionalreform vorzunehmen ist. Genau das hat der SPD-Landesvorsitzende in seiner Pressekonferenz gesagt.
Das Design der Struktur des Landes wird den Entscheidungen zur Funktionalität folgen, also den Entscheidungen darüber, welche Aufgaben beispielsweise vom Land an die Kommunen
oder Kreise übergeben werden. Diese Entscheidungen sind noch nicht abschließend getroffen. Deshalb ergibt es absolut keinen Sinn, irgendwelche Karten zu malen und damit die Leute zu irritieren. Das sollten wir alle vermeiden. Wenn Sie von der FDP das machen wollen, dann machen Sie es.
In Ihrem Papier - Sie haben ja am 22. Februar einen Parteitag gehabt - steht nichts dazu drin. Es ist ein Plagiat unseres Wahlprogramms; ich kann daraus gern einmal zitieren.
Ja, Herr Büttner, Sie haben sich hier hingestellt und viel erzählt über vermeintliche Feigheit, der Sie ausweichen würden. Deshalb habe ich mir extra noch einmal das hereinbringen lassen, was Sie da geschrieben haben.
Da steht auf den Zeilen 210 bis 214 - damit schließe ich dann auch -:
„Wir streben eine Funktionalreform an, die alle wesentlichen Aufgaben auf die gemeindliche Ebene unter Einhaltung des Konnexitätsprinzips verlagert. Wir setzen uns für die verstärkte interkommunale Zusammenarbeit auf allen Verwaltungsfeldern ein. Das reicht von der Bildung gemeinsamer Zweckverbände bis zur freiwilligen Fusion von Gemeinden. Zwangsweise Gemeindegebietsreformen lehnen wir jedoch ab.“
Da steht also kein Wort zum Thema Kreisgebietsreform.
Es ist wortgleich das, was bei uns drinsteht. Also tun Sie nicht so, als seien Sie ein Volksheld! - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was machen wir hier heute eigentlich?
Ich muss sagen, ein paar Antworten habe ich mir von der Rede des Gesundheitspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion versprochen, aber es war keine Antwort zu erkennen. Ich glaube, wir sollten trotzdem noch einen Augenblick darüber nachdenken. Ich glaube nämlich, dass die Entscheidung für die heutige Sondersitzung einer sehr genauen Betrachtung würdig ist.
Ich will Ihnen ganz klar meine Einschätzung sagen, warum wir hier heute zusammengekommen sind: Wir sind hier heute zu einer Sondersitzung als Teil einer Wahlkampfinszenierung der Brandenburger CDU zusammengekommen, und das halte ich für einen Missbrauch dieses Hohen Hauses.
Ich will noch ein paar Sätze dazu sagen, wie diese Inszenierung zustande gekommen ist. Sie ist nämlich ein gigantisches
Manöver zur Ablenkung von den eigenen Problemen der Brandenburger CDU-Fraktion.
Wie es zur heutigen Wahlkampfinszenierung als Ablenkungsmanöver gekommen ist, können wir uns anhand der Terminkette anschauen. Am Montag, dem 27. Januar 2014, wurde bekannt, dass der Kollege Eichelbaum von der CDU-Fraktion die Einstellung eines staatsanwaltschaftlichen Verfahrens wegen falscher Angaben zu seinem Wohnsitz gegen Zahlung von man höre und staune! - 20 000 Euro akzeptiert hat.
Natürlich sind an diesem Tag sofort Forderungen laut geworden, dass der CDU-Kollege Eichelbaum umgehend seinen Posten als Vorsitzender des Rechtsausschusses aufgeben müsse. Es ist weiterhin - völlig berechtigt - die Forderung erhoben worden, dass der Kollege Eichelbaum die offensichtlich zu viel gezahlten Fahrtkostenpauschalen in einer Gesamthöhe - eine Zeitung hat geschrieben - von etwa 20 000 Euro an die Landtagsverwaltung zurückzahlen müsse.
Ich gebe zu, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, eine ausgesprochen peinliche Situation für Ihre Fraktion - und dann auch noch der Zeitpunkt, direkt zu Beginn eines Wahlkampfjahres. Das ist nun wirklich - wie sagt man? unschön.
Da ich auch, wie Sie wissen, ein wenig Wahlkampferfahrung habe, weiß ich, was einem dabei durch den Kopf geht, und offensichtlich haben Sie deshalb zwischen Montag, dem 27. Januar, und dem darauf folgenden Dienstag entschieden, dass Sie von Herrn Eichelbaum ablenken müssen.
Ich verstehe Sie ja, Herr Dombrowski, Herr Senftleben, Herr Schierack oder wer gerade bei Ihnen das Sagen hat - man weiß es ja nicht so genau -: Sie hatten keine Lust, auf Ihrer Pressekonferenz am Dienstag ständig Fragen zu Herrn Eichelbaum zu beantworten. Also, was haben Sie gemacht? Sie haben Herrn Eichelbaum als Rechtsausschussvorsitzenden aus dem Verkehr gezogen, um nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ eine Sondersitzung des Landtags zu einem - das sage ich hier ganz deutlich - an den Haaren herbeigezogenen Thema zu beantragen.
Dazu gleich noch mehr, aber zunächst noch ein paar Worte zu Herrn Eichelbaum. Herr Eichelbaum, Sie sind als Vorsitzender des Rechtsausschusses zurückgetreten. Das war notwendig und richtig. Danke dafür und wirklich auch meinen Respekt. Aber ich sage Ihnen auch: Das ist erst die erste von zwei notwendigen Konsequenzen. Ich fordere Sie deshalb hier von dieser Stelle aus auf: Zahlen Sie umgehend die Fahrtkostenpauschalen an
die Landtagsverwaltung zurück, die Sie seit 2009 eindeutig zu viel erhalten haben.
Sehr geehrter Herr Kollege Eichelbaum, nehmen Sie diese Aufforderung sehr ernst. Hier geht es nicht nur um Ihr persönliches Ansehen und Ihre Integrität. In Ihrem Fall geht es auch um das Ansehen aller Volksvertreterinnen und Volksvertreter dieses Hohen Hauses.
Wir alle hier wissen, dass wir als Abgeordnete von den Bürgern sehr genau beobachtet werden. Wenn der Eindruck entsteht, dass sich einer von uns ungerechtfertigt bereichert, schadet das dem Ansehen aller, aber auch der Demokratie insgesamt.
Und bei Ihnen, lieber Kollege Eichelbaum, ist es offensichtlich so, dass Sie aus Steuermitteln eine überhöhte Fahrtkostenpauschale in Anspruch genommen haben. Also bitte ich Sie ganz persönlich noch einmal in Ihrem eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Ansehens der Demokratie in Brandenburg: Zahlen Sie das Geld zurück!
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, die Sie hier mit großem Tamtam eine Sondersitzung des Landtags beantragen: Kümmern Sie sich lieber um die Probleme in Ihren eigenen Reihen! Klären Sie umgehend den Fall Eichelbaum! Und wenn Sie schon einmal dabei sind, dann kümmern Sie sich gleich auch noch um Ihren Kollegen Petke.
Auch im Fall Petke ermittelt die Staatsanwaltschaft. Hier steht der fast unglaubliche Vorwurf im Raum, dass der Kollege Petke einen Wachmann des Landtages als Nazi beschimpft habe, weil dieser ihm nicht den Parkplatz zugestanden habe, den Petke sich ausgesucht hatte. Auch dieser Vorgang wird in der Öffentlichkeit mit Recht als ein unermesslicher Schaden für das Ansehen dieses Hohen Hauses betrachtet.
Sehr geehrter Herr Dombrowski, sehr geehrter Herr Schierack, das alles geschieht unter Ihrer Verantwortung. Weichen Sie dieser Verantwortung nicht länger aus! Klären Sie diese Vorgänge und sorgen Sie endlich dafür, dass Schaden vom Ansehen des Parlaments und des Landes Brandenburg abgewendet wird.
- Ja, ich weiß, dass Ihnen das peinlich ist, und ich bin noch längst nicht am Ende.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, denken Sie darüber nach, ob Sie Ihren Kurs in die Isolation selbst in der Opposition - weder FDP noch Grüne wollten Ihnen bei Ihrem Antrag zu dieser Sondersitzung folgen - wirklich fortsetzen wollen.
Ich möchte mich an dieser Stelle deshalb ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen von FDP und Grünen dafür bedanken, dass Sie den Antrag für die heutige Sondersitzung nicht unterstützt haben. Das zeigt nicht nur Ihre selbstverständliche Eigenständigkeit in der Opposition. Es zeigt auch, dass Sie das Parlament sehr ernst nehmen und sich im Gegensatz zur CDUFraktion nicht für Inszenierungen missbrauchen lassen. Dafür meinen herzlichen Dank.
Lassen Sie mich nun noch ein paar Anmerkungen zur aktuellen Diskussion über die Förderpolitik im Land Brandenburg machen. Erste Anmerkung: Mich erstaunt die unglaubliche Selbstgewissheit und Selbstvergessenheit der CDU-Fraktion in beiden aktuell diskutierten Fällen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, nur zur Erinnerung: Sie haben bis 2009 dieses Land zehn Jahre mitregiert und während dieser ganzen Zeit den Wirtschaftsminister gestellt.
Die Herren hießen übrigens - falls Sie es vergessen oder verdrängt haben - Fürniß und Junghanns. Nachdem Herr Fürniß, gegen den übrigens aktuell wieder die Staatsanwaltschaft Heidelberg wegen Betrugsverdachts ermittelt, sehr unrühmlich das Amt und dieses Bundesland verlassen musste, hat Herr Junghanns dieses Amt übernommen.
Falls Sie es vergessen haben sollten: Herr Junghanns war auch Ihr Landesvorsitzender, der Landesvorsitzende der CDU. In die Amtszeit von Herrn Junghanns fielen auch die Ansiedlungen von Odersun und die Fördermittelbescheide für HBS in Luckenwalde.
HBS hat sich seit 2005 um Fördermittel bemüht. 2008 sind die Förderbescheide ergangen. Also, Herr Homeyer, wenn Sie jetzt herumtönen, dass man von Anfang an hätte wissen können, dass dieses Unternehmen total unseriös ist, dann frage ich Sie: Warum haben Sie das damals als Abgeordneter dieses Hauses nicht Ihrem Minister und Landesvorsitzenden Junghanns gesagt?
Herr Homeyer, ich gebe Ihnen einen dringenden Rat: Schreiben Sie nicht die Geschichte um! Nicht unter der politischen Verantwortung von Herrn Minister Christoffers ist die Förderung von HBS entschieden worden. Herr Christoffers hat hier das Erbe Ihres Ministers angetreten, Herr Homeyer, und dieses Erbe konnte er rechtlich nicht ausschlagen. Der Fehler war gemacht, und zwar unter der Verantwortung eines CDU-Ministers.
Zweite Anmerkung: Ich finde, dass die politische Kultur in Brandenburg in den letzten Tagen Schaden genommen hat.
Es ist das legitime Recht einer Opposition, den Rücktritt eines Ministers zu fordern, doch wer den Rücktritt damit begründet,
dass der Minister ein Lügner sei, muss das schon sehr stichhaltig belegen können. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU - muss ich an dieser Stelle sagen -, sind Sie aber schuldig geblieben.
Ich und viele andere haben Ihren Auftritt, Herr Homeyer, im rbb gesehen. Mein Eindruck war: Nachdem Sie in Akten Einsicht genommen hatten, war Ihr Auftritt sehr, sehr kleinlaut, und ich habe dann nicht mehr das Wort „Lüge“ gehört.
Sie haben in den Unterlagen nach eigenen Aussagen keinen Beleg dafür gefunden, dass Herr Minister Christoffers gelogen hat. Was Sie sagen, ist, dass Ihr Gefühl Ihnen sagt, dass der Minister gelogen habe. Ich sage Ihnen eindeutig: Ich respektiere Ihre Gefühle, aber ich finde, die sollten Sie für sich behalten.
Diese Art des Umgangs werden wir nicht akzeptieren, auch nicht unter politischen Konkurrenten. Ich fordere Sie deshalb auf - das geht an Sie, Herr Homeyer, und an Sie, Herr Beyer -:
Legen Sie entweder eindeutige Beweise dafür vor, dass Herr Christoffers gelogen hat, oder tun Sie etwas, was in den Resttrümmern Ihres bürgerlichen Anstands vielleicht noch vorhanden ist: Nehmen Sie Ihren Vorwurf förmlich zurück und entschuldigen Sie sich hier und heute!
Dritte und letzte Anmerkung: Der Fall HBS zeigt, dass das Land Brandenburg betrogen worden ist. Das muss und das wird Konsequenzen haben, und zwar andere, als Sie von der CDUOpposition sie fordern. Ich begrüße für die SPD-Fraktion ausdrücklich, dass Ministerpräsident Woidke in Abstimmung mit Wirtschaftsminister Christoffers angekündigt hat, dass seine Regierung gemeinsam mit der ILB Vorkehrungen treffen wird, um es in Zukunft Betrügern, die es immer wieder geben wird, unmöglich zu machen, missbräuchlich an Fördergelder des Landes Brandenburg heranzukommen.
Das ist die richtige Konsequenz aus den Debatten der vergangenen Tage.
Zum Abschluss einige persönliche Worte an Sie, Herr Schierack: Sie haben gefordert, dass Ministerpräsident Woidke eine Regierungserklärung abgibt. Was haben Sie denn da erwartet? Dass der Ministerpräsident gebeugten Hauptes ans Rednerpult schleicht?
Dass er dann Minister Christoffers entlässt, anschließend die rot-rote Koalition aufkündigt und Sie zum stellvertretenden Ministerpräsidenten beruft?
Und anschließend - ich versuche, mir Ihre Phantasie vorzustellen - werden dann Saskia Ludwig als Wirtschaftsministerin, Sven Petke als Innenminister und Danny Eichelbaum als Justizminister berufen?
Also, liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger, das ersparen wir diesem Land wirklich!
Sehr geehrter Herr Schierack, als Sie gemeinsam mit Herrn Dombrowski Ihre Vorsitzende Frau Ludwig weggeputscht haben, haben Sie diesem Land eine andere, eine bessere CDU versprochen. Davon ist mit der heutigen Sitzung nichts übrig; das heute ist der Rückfall der Brandenburger CDU in die finsterste Zeit von Saskia Ludwig.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Das Thema SchülerBAföG, um das es heute geht, ist ein Thema, über das wir in diesem Land schon lange - nicht erst in dieser Legislaturperiode - diskutieren. Die Debatte gab es bereits in der Zeit, als die Große Koalition noch aus SPD und CDU bestand, und nicht erst in der Zeit, als sich die Große Koalition aus SPD und die Linke zusammensetzte.
Wir als Sozialdemokraten haben uns damals vehement für dieses Schüler-BAföG eingesetzt. Dies war mit der CDU nicht umsetzbar. Rot-Rot hat es als eines der ersten Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode verwirklicht. Dieses Gesetz ist nach wie vor umstritten, aber auch eine Erfolgsgeschichte.
Heute - fast am Ende der Legislaturperiode - können wir erfreut feststellen, dass mittlerweile 5 000 Brandenburger Jugendliche dieses Schüler-BAföG in Anspruch genommen haben. Es gab eine Evaluation dieses Gesetzes - so, wie es ursprünglich vereinbart war -, die Ergebnisse dieser Evaluation sind sehr erfreulich. Ich würde mir wünschen, dass auch die Opposition die Ergebnisse dieser Evaluation zur Kenntnis nähme.
Wenn mehr als 50 % der befragten Jugendlichen sagen, dass sie ohne diese Förderung den Weg zum Abitur wahrscheinlich nicht gegangen wären, muss man zur Kenntnis nehmen, dass von diesen 5 000 Schülern, die diese Förderung bekommen haben, etwa 2 500 eine Unterstützung erhalten haben, die es ihnen ermöglichte, das Abitur abzulegen. Wenn etwas ein Erfolg ist, dann das. Dafür bin ich sehr dankbar.
Mit diesem Gesetz ist es uns gelungen, tatsächlich sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Ich wünsche mir, dass sich die Kritiker unseres Schüler-BAföGs hier in Brandenburg schlicht und ergreifend auf die Debatte „Wie ermöglichen wir sozialen Aufstieg?“ einlassen würden.
Wenn Sie das Schüler-BAföG abschaffen wollen - das sagen sowohl die CDU, die FDP als auch, wenn ich es richtig verstanden habe, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -, bitte ich Sie darum, uns Ihr Alternativ-Instrument zu nennen, um sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Mit diesem Schüler-BAföG haben wir ein Instrument, das funktioniert. Ich würde mich freuen, wenn Sie das schlicht und ergreifend zur Kenntnis nähmen.
Nach mir wird der Kollege Hoffmann sprechen, der aus der Prignitz stammt. Ich habe mir einmal die Lage in der Prignitz angeschaut. Schließlich ist die Evaluation insgesamt ein - wenn man so will - Sozialatlas des Landes Brandenburg.