Susanne Schaper

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Last Statements

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bundesweit leben nach sozialwissenschaftlich fundierten Erhebungen 13,7 Millionen Menschen in Armut, so viele wie seit 1990 nicht, und das trotz der guten wirtschaftlichen Lage. In Sachsen sind über 685 000 Menschen von Armut bedroht, fast 17 % der Bevölkerung. Jedes fünfte Kind lebt in Armut.
Armut bedeutet ein Leben mit Entbehrungen und gesellschaftlichen Ausgrenzungen. Armut macht krank, sowohl psychisch als auch physisch. Das alles ist nicht neu. Dennoch hat diese Staatsregierung in den letzten fünf Jahren nicht viel unternommen, um die Situation der Betroffenen zu verbessern.
Dabei geht es mitnichten nur um arbeitslose Menschen, die Sie offenbar nicht als Ihre Kernklientel betrachten. Deutschlandweit ist ein Drittel der armen Erwachsenen erwerbstätig. Ein weiteres Viertel ist in Rente oder in Pension. 12,4 % befinden sich in Ausbildung bzw. in der Lehre. Diese Menschen brauchen Unterstützung.
Sie bekommen aber nicht einmal eine ordentliche Sozialberichterstattung hin. Bei allem Respekt: Bisher haben Sie
nur eine Datensammlung. Niemand hier weiß, was damit passiert, weil das Thema weiter auf die lange Bank geschoben wird, während Sachsen von Armut bedroht oder direkt betroffen ist und die Betroffenen weiterhin vieles entbehren müssen. Das ist das soziale Fazit leider auch dieser Wahlperiode.
Mehr als einmal haben wir Sie auch in dieser Legislatur aufgefordert, etwas dagegen zu unternehmen. Sie haben sich aber darauf beschränkt, uns Populismus vorzuwerfen. Was Sie als Populismus abtun, ist für einen erheblichen Teil der Menschen außerhalb dieses Sitzungssaals grausamer Alltag.
Für diese traurige Realität tragen in Kontinuität fast alle hier im Landtag und im Bundestag vertretenen Parteien die Verantwortung, seien es nun die schwarzen, schwarzroten oder schwarz-gelben Staatsregierungen in Sachsen, die das teils erbärmliche Lohnniveau gegenüber Investoren ernsthaft als Standortvorteil gepriesen haben, oder die ganz großen Koalitionen auf Bundesebene, die vor gut 15 Jahren mit der Agenda 2010 und den sogenannten Hartz-IV-Reformen die Axt an den Sozialstaat gelegt haben. Damit haben sie den Grundstein für den größten Niedriglohnsektor in Europa gelegt und haben befördert, dass sich die Gesellschaft weiter spaltet und entsolidarisiert.
Auch die sogenannte Alternative, die hier rechts sitzt, ist nicht sozial. Sie steht für Radikalisierung des neoliberalen Programms. Klar, um der Schlagzeile willen wollen Sie Hartz IV abschaffen, aber ersatzlos. Das Ergebnis wäre, dass die Betroffenen gar kein Geld mehr bekommen.
Dagegen steht unser Konzept einer solidarischen Mindestsicherung. Auf die Solidargemeinschaft muss Verlass sein.
Ihr Parteivorsitzender Meuthen hingegen sprach auf einem Parteitag im Sommer 2018 sogar von einer Privatisierung von Sozialversicherung. Wie sozial das ist, hat man gesehen, als die Finanzmarktkrise 2008 die private Altersvorsorge von Millionen Deutschen ruinierte.
Die umlagefinanzierte Rente hat diese Krise nicht nur gut überstanden, nein, sie wirkte sogar konjunkturbeständig. Daher sind die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme nicht nur zu erhalten, sie sind vielmehr zu fördern und zu stärken.
Die einzige Partei in Deutschland, die sich im Parlament und außerparlamentarisch immer gegen neoliberalen Sozialstaatsabbau und für die Rechte der Armen eingesetzt hat, ist, war und bleibt DIE LINKE.
Deshalb fordern wir Sie heute auf, aus dem desaströsen Bild, das sich im Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands niederschlägt, endlich Konsequenzen zu ziehen.
So muss der gesetzliche Mindestlohn sofort und ohne Schlupflöcher auf 12 Euro pro Stunde angehoben werden. Das reicht zwar nicht, denn erst ab 12,63 Euro bekommt ein Vollzeitbeschäftigter nach 45 Beitragsjahren eine Rente, mit der er nicht auf Sozialleistungen angewiesen ist. Aber 12 Euro sind zumindest ein Zeichen. Alles darunter sind sittenwidrige Armutslöhne mit vorprogrammierter Altersarmut.
Um die gesetzliche Rentenversicherung zu stärken, muss das Rentenniveau generell wieder auf 53 % angehoben werden.
Die Beitragsbemessungsgrenzen müssen weg – das gilt für die Renten-, die Gesundheits- und die Pflegeversicherung. Wer ein Einkommen erzielt, ob nun aus Arbeit oder aus Kapitalanlagen, sollte für die gesamte Höhe Sozialbeiträge entrichten. Das stärkt die Solidargemeinschaft und entlastet Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen. Der VW-Vorstandsvorsitzende zahlt bisher nicht mehr Sozialversicherungsbeiträge als ein VW-Facharbeiter – ein Wunder, dass das nicht zu Protesten führt.
Modelle wie Riester- und Rürup-Rente sind übrigens nur auf staatlich geförderte Konjunkturprogramme für Versicherungskonzerne ausgelegt. Geringverdienern oder
Selbstständigen in Sachsen bringen sie wenig bis gar nichts, von ihrer Krisenanfälligkeit ganz zu schweigen.
Heute hart abgespartes Geld bringt im Rentenalter vielleicht ein paar Euro mehr. Das nutzt aber nichts, wenn es bei der Beantragung von Sozialleistungen wieder als Einkommen gegengerechnet wird. Am Ende gewinnt nur der Staat, weil er Sozialleistungen in Höhe der Auszahlungsbeträge einspart. Riester und Rürup sind Mogelpackungen und ein schamloser Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger. Das gilt übrigens genauso für die Doppelbesteuerung von Renten.
Um diesem Betrug ein Ende zu setzen, muss sich die Rente an der Armutsgefährdungsgrenze orientieren. Daher fordern wir eine solidarische Mindestrente von mindestens 1 050 Euro im Monat, ebenso eine sanktionsfreie Mindestsicherung in gleicher Höhe. Es muss der zivilisatorische Anspruch zumal einer der reichsten Industrienationen der Welt sein, dass hier niemand von Armut bedroht ist.
Wie man dann noch auf die Idee kommen kann, an den ohnehin schon zu niedrigen Hartz-IV-Regelsätzen die Sanktionsschere bis zu 100 % des Regelsatzes anzusetzen, bleibt mir unverständlich. Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Vollsanktionierung von Erwerbslosen ist staatlich organisierte Unmenschlichkeit. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht dies in seinem noch ausstehenden Urteil zu den Hartz-IVSanktionen genauso sehen wird.
Ebenso ungerecht ist derzeit die Praxis beim Kindergeld. Die Bundesregierung hat es zum 1. Juli um 10 Euro auf 204 Euro im Monat erhöht. Wissen Sie, was das der alleinerziehenden, vielleicht noch in Teilzeit arbeitenden, mit Hartz IV aufstockenden Mutter bringt, die besonders von Armut gefährdet ist? Es bringt null Komma nichts, weil das Kindergeld auf den Hartz-IV-Satz angerechnet wird.
Diese Praxis muss sofort beendet werden. Das Kindergeld muss kurzfristig auf mindestens 328 Euro im Monat erhöht werden, um der ausufernden Kinderarmut Einhalt zu gebieten.
Perspektivisch ist eine Grundsicherung für jedes in Deutschland lebende Kind einzuführen; denn jedes Kind, egal wie arm oder reich seine Eltern sind, hat das Recht, unter gleichen Voraussetzungen ins Leben zu starten. Kinderarmut zementiert die soziale Spaltung unserer Gesellschaft sonst über Generationen hinweg.
Sie werden jetzt einwenden, dass das alles Angelegenheiten sind, die auf Bundesebene entschieden werden. Das stimmt, aber es entbindet Sie nicht von Ihrer Verantwortung und darf nicht dazu führen, dass Sie die Hände in den Schoß legen. Sie sollten endlich im Bundesrat initia
tiv werden. Aber Sie können auch hier in Sachsen konkret etwas gegen Armut tun. So kann der Landesfamilienpass hinsichtlich der Anspruchsberechtigung und des Geltungsbereiches ausgebaut werden. Das hatten wir als LINKE schon beantragt, aber in Ihrer üblichen Manier haben Sie das abgelehnt.
Auch die Pflege ist ein Armutsrisiko für die Betroffenen und für deren Angehörige, denn damit ist oft die Notwendigkeit verbunden, aus dem Berufsleben zeitweise oder teilweise auszusteigen – verbunden mit den entsprechenden finanziellen Ausfällen. Hier könnte mit einem Landespflegegeld gegengesteuert werden. Doch nicht einmal das Pflegewohngeld wird von Ihnen konsequent beschlossen und umgesetzt, obwohl das zumindest ein klein wenig geholfen hätte.
Weiterhin könnten Sie dafür sorgen, dass zumindest besonders von Armut betroffene Gruppen günstig oder gar kostenlos mit Bus und Bahn fahren können. Sie könnten auch einen Mietdeckel einführen, um der Mietenexplosion in Dresden und Leipzig entgegenzuwirken. Doch Sie machen es einfach nicht. Ihr Dogma lautet: Es ist allen geholfen, wenn der Wirtschaft geholfen ist. Das ist ein grandioser Irrtum. Der enorme Anstieg der Armut bei jahrelang brummender Konjunktur belegt das eindeutig.
Wir fordern Sie daher auf, umzusteuern. Keine demokratische Gesellschaft hält eine solche soziale Polarisierung lange Zeit durch. Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben sich etwas dabei gedacht, dass sie den Sozialstaat mit Ewigkeitsgarantie in die Verfassung geschrieben haben. Helfen Sie dabei, ihn wieder zu stärken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal aufrichtig für die sachliche Debatte bedanken. Ich möchte mich auch bedanken, dass hier verschiedene Wege, wie wir zu einer vernünftigen Sozialpolitik kommen könnten, aufgezeigt wurden.
Auf die Einlassung der AfD gehe ich nicht ein. Sie zeigt nur einmal mehr, wes Geistes Kind Sie eigentlich sind. Sie leben nur über Ihre Ausgrenzung von Minderheiten. Für Sie gibt es Menschen erster und zweiter Klasse, das finde ich zutiefst verabscheuenswert. Dies entspricht nicht meinem Menschenbild. Sie sollten sich schämen.
Ich möchte die Zeit in meinem Schlusswort zu diesem Antrag noch kurz nutzen, um mich für die Zusammenarbeit bei dir, Dagmar, zu bedanken. Sie war immer auf Augenhöhe, trotz Koalition. Dafür hab‘ herzlichen Dank! Meine lauteren Töne und meine „emotionale Inkontinenz“ haben auch manchmal geholfen.
Insofern: Einigen wir uns darauf, dass von jedem ein wenig vorhanden ist. Ich halte es mit Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift.“ Ich werde aber nicht versuchen, mich zu heilen. Seht mir das bitte nach. Der eine ist so, der andere ist so. Ich hatte dabei mit Herrn Schreiber auch immer einen Sparringspartner, und, liebe CDU-Fraktion, eines muss ich Ihnen sagen: Ich halte es für einen herben Verlust, dass Ihnen Herr Schreiber „abhandenkommt“. Er ist nicht nur fachlich sehr fundiert, sondern er ist ein Politiker mit Leidenschaft und Herz. Das erkenne ich an und es hat meine höchste Wertschätzung. Manche von Ihnen können sich eine Scheibe davon abschneiden, auch in der Debatte.
Uns nicht nur dauernd mit der Arroganz der Macht „abzuwischen“, sondern uns auch inhaltlich auseinanderzusetzen und vielleicht auch einige Anregungen aufzunehmen, das wünsche ich mir für die Zukunft noch mehr. Vielleicht kommen wir dann zu Ergebnissen, die für die Bevölkerung noch wesentlich besser sind als das, was Sie allein unter sich ausmachen. Denken Sie einmal darüber nach.
Auch an Sie, Frau Staatsministerin, vielen Dank für die Augenhöhe. Sehen Sie es mir nach: Ich kann mich für nichts entschuldigen. Ich habe alles so gemeint.
Aber auch Wertschätzung ist Ihnen zuteil geworden, wie Sie sie mir auch umgekehrt zuteilwerden ließen. Aber denken Sie bitte über Ihren Dogmatismus nach. Alles von der Opposition per se abzulehnen ist eigentlich einer Demokratie nicht würdig.
Haben Sie herzlichen Dank.
Mein sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So richtig weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Das ist auch selten.
Ja, das haben Sie echt geschafft. – Ich fange einmal mit dem an, worauf Frau Lang schon eingegangen ist, nämlich mit Ihrem Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag steht auf Seite 56 – ich zitiere –: „Das Sächsische Kran
kenhausgesetz werden wir modernisieren und Qualitätskriterien für die Krankenhausplanung berücksichtigen.“
Da Sie das aufgrund der fast abgelaufenen Legislatur nicht mehr geschafft haben, legen Sie heute diesen inhaltlich, mit Verlaub, eher schwachen Antrag vor. Darin fordern Sie, dass die Staatsregierung einen Fachdialog führt. Ich gehe davon aus – ich muss die Staatsregierung einmal in Schutz nehmen –, dass sie das bereits tut. Dagegen ist auch wenig zu sagen. Ich frage mich nur, warum Sie das nicht schon in den letzten fünf Jahren mit den im Antrag erwähnten Mitgliedern des sächsischen Krankenhausplanungsausschusses getan haben, zumal es, wie Sie selbst mehrfach betont haben, seit dem Jahr 1993 überfällig ist.
Bedauerlich ist zudem, dass ein so wichtiges Thema derart auf die lange Bank geschoben und jetzt in aller Eile ein Antrag vorgelegt wird. Ob es auch dazu dienen soll, Ihre Staatsregierung vorzuführen – keine Ahnung. Ich erkenne aber an, dass Sie durch diesen Antrag die nächste Staatsregierung dazu verpflichten, etwas im Bereich der Krankenhausversorgung zu unternehmen, und zwar verbindlich.
Die Probleme der sächsischen Krankenhäuser und der medizinischen Versorgung in Sachsen sind hinlänglich bekannt. Frau Lang ist auf einiges eingegangen. Ich sage einmal, ohne dieses Allgemeine, was das Krankenhaus leistet oder nicht leistet, sind es ganz dezidiert unter anderem die mangelnde Investitionsfinanzierung in der sächsischen Krankenhauslandschaft, die wir schon seit Jahren monieren, und die Planungsunsicherheit, weil der Krankenhausplan auch ewig gebraucht hat. Dass es nicht ohne Grund so lange gedauert hat, weil es ebendiese Sachzwänge und dieses multifaktorielle und längst veraltete Finanzierungsmodell gibt, ist keine Frage.
Dazu kommt erneut die überbordende Bürokratie, wodurch sich manche Krankenhäuser mehr mit dem Medizinischen Dienst und mit den Krankenkassen beschäftigen. Dass sie gezwungen sind, Stäbe von Juristen einzustellen, um Leistungen anerkannt zu bekommen, worunter letztlich der Patient leidet, ist auch etwas, das die sächsischen Krankenhäuser beschäftigt, und schließlich auch Gewinnzwang, weil wir in Sachsen immer mehr privatwirtschaftlich arbeitende Krankenhäuser haben.
Das liegt zum einen daran, dass die Krankenhäuser in der Vergangenheit – darum hat man sich in dieser Legislatur doch einigermaßen bemüht – unterfinanziert waren, und zum anderen an dem DRG-Fallpauschalensystem. Es führt zur Ausdünnung von Versorgungsstrukturen und ist längst nicht mehr zeitgemäß.
Die Herausforderungen bei der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum führen auch dazu, dass immer mehr Krankenhäuser ambulante Tätigkeiten übernehmen
müssen. So toll ist das Modellprojekt nicht. Eigentlich ist es eine Katastrophe, weil zwar sektorenübergreifend gearbeitet wird, es aber nicht wirklich geregelt ist. Dies liegt allerdings – das muss ich auch sagen – nicht am Freistaat Sachsen. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Eine elementare Geschichte ist der Fachkräftemangel und nicht zuletzt die Reformierung der Ausbildung im Pflegeberuf.
Deshalb hätte in diesen Antrag auf jeden Fall das Personal hineingehört. Ohne dieses ist es relativ sinnfrei.
Die Gutachten, welche die Staatsregierung zur ambulanten und zur stationären Versorgung für viel Geld in Auftrag gegeben haben, sind offensichtlich in den ewigen Jagdgründen gelandet. Über die Sinnhaftigkeit dieser Gutachten haben wir bereits in der Vergangenheit viel gestritten. Nun ja, wir erfinden das Rad neu. Es ist halt so.
Ich bin gleich wieder beim nächsten Kritikpunkt, nämlich beim Titel des Antrags: „Zukunftswerkstatt für ein neues Krankenhausgesetz“. Das schränkt das Ganze leider zu sehr ein. Es geht vielmehr um die medizinische Versorgung, und zwar sektorenübergreifend. Sie sagen das selbst. Warum Sie es dann nicht aufschreiben, erschließt sich mir allerdings nicht. Aber auch mit der Änderung zur Krankenhausversorgung in der Überschrift wäre schon Abhilfe geschaffen. Eigentlich müsste man diesem Antrag schon mal die Finanzierung mit aufbürden, sie zumindest berücksichtigen. Aber das ginge Ihnen ja wahrscheinlich schon wieder zu weit.
Die Änderungen der GRÜNEN treffen, abgesehen von der fehlenden Finanzierung, des Pudels Kern. Daher haben wir auf einen Änderungsantrag verzichtet. Die im Antrag genannten Anstriche sind alle nötig, aber doch nicht nur für die Krankenhäuser, sondern für eine sektorenübergreifende Versorgung, also für die medizinische Versorgung, sprich Krankenhausversorgung insgesamt und in Gänze. Das kann man nicht losgelöst betrachten und man darf den Fehler, wie bei den zwei Gutachten, ambulant und stationär, nicht noch ein zweites Mal machen. Man wäre da wesentlich offener in dieser Zukunftswerkstatt. Ich kann nur an Sie appellieren, vielleicht den Änderungsantrag der GRÜNEN noch zu übernehmen. Es sollte doch eigentlich auch nicht so schwerfallen, denn wir stehen nicht mit drauf.
Im Änderungsantrag ist auch richtigerweise der Punkt der personellen Absicherung berücksichtigt, was im Antrag der Koalition tatsächlich fehlt. Denn das wird eine große Herausforderung. Das muss man mitdenken, wenn man über Zukunftswerkstatt redet, und das muss auch gesetzlich verbindlich geregelt werden. Aber das ist eben der Punkt. Also zum Beispiel allein das Thema Personaluntergrenzen muss da mit hinein und genauso die Veränderung in der Pflegeausbildung. Das ist noch gar nicht abzusehen und muss dringend mit hinein. Ein Krankenhausgesetz an sich kann aber im besten Fall dann, wenn es denn Versorgung hieße, nur das Nebenprodukt eines solchen von Ihnen gelenkten Erarbeitungsprozesses sein, aber nicht das oberste Ziel. Denn das ist, wie beschrieben, wesentlich vielfältiger als allein die Fokussierung auf das Krankenhausgesetz.
Wir werden unter der Voraussetzung der Annahme des Änderungsantrages der GRÜNEN dem Antrag zustimmen, weil wir anerkennen, dass Sie das Thema, wenn auch etwas spät, nun doch zumindest verbindlich regeln wollen. Das ist wirklich sehr gut. Ohne den Änderungsantrag wird es nur eine Enthaltung, weil die Öffnung von Gesetz auf Versorgung aus unserer Sicht unabdingbar ist sowie der Einbezug des Personals tatsächlich wesentlich sachgerechter, zielorientierter und zukunftsweisender wäre.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Die Argumentation der Ablehnung erschließt sich mir in keiner Weise. Ich finde, die Ablehnung ist auch nicht fundiert, denn Personal steht eben nicht explizit im Antrag. Mit Digitalisierung kann genauso gut die technische Infrastruktur gemeint sein, was für die Krankenhäuser sehr wichtig ist. Sie haben das mit keiner Silbe erwähnt, aber das ist elementar. Denn ein Krankenhaus wird von Menschen gemacht.
Bei den ganzen bundesgesetzlichen Änderungen müssen wir auch im Land darauf eingehen, was sich letztendlich auch im Krankenhausgesetz niederschlagen wird. Aus unserer Sicht ist es extrem kurzsichtig, sich nur auf das Gesetz zu beziehen. Ich habe es vorhin schon gesagt: Es geht hier um die Gesamtversorgung. Man kann das Krankenhausgesetz nicht losgelöst von medizinischer oder von Krankenhausversorgung machen; das funktioniert nicht.
In dieser Zukunftswerkstatt kann dann ein Produkt oder ein Nebenprodukt das Krankenhausgesetz sein. Es macht überhaupt keinen Sinn, dies nur auf das Krankenhausgesetz einzuschränken. Das ist überhaupt keine schlüssige Erklärung, sondern es ist nur dazu da, es abzulehnen. Vielleicht liegt es daran, dass die Legislaturperiode fast vorbei ist, aber ich bin es wirklich leid. Ein solches Verhalten macht wirklich sehr müde.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gäste auf dem Podium im Dresdner Kulturrathaus waren sich mit dem Publikum darüber einig, dass es auch 2019 keinen Grund gibt zu glauben, die Ost-West-Problemlage werde sich irgendwann von selbst auflösen, biologisch auswachsen und den Graben verschwinden lassen. Im Gegenteil: Wenn wir wie bisher weitermachen, ist das Fragezeichen hinter „Kolonie Ost“ weg, behauptete
Prof. Raj Kollmorgen, Soziologe an der Hochschule Zittau/Görlitz. So lautete unter anderem das Resümee im gestrigen Feuilleton der „Sächsischen Zeitung“ auf Seite 7 zu der im Dresdner Institut für Kulturstudien in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Industriemuseum Energiefabrik Knappenrode veranstalteten und von der Bundeszentrale für politische Bildung, vom Sächsischen Staatsministerium für Gleichstellung und Integration sowie vom Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien
geförderten dreitägigen Tagung zum Thema „Kolonie Ost – Aspekte von Kolonialisierung in Ostdeutschland seit 1990“.
Dass wir auch 30 Jahre nach der Wende in der heutigen Bundesrepublik immer noch zwei unterschiedliche
Rentensysteme haben und dass die erarbeiteten Rentenpunkte in Ost und West immer noch nicht gleich viel wert sind, ist einer dieser bis heute viele Menschen in Sachsen wie auch in den anderen Bundesländern betreffenden OstWest-Problemlagen, die es endlich und schnellstmöglich zu lösen gilt. Der aktuelle Rentenwert wird zum 1. Juli 2019 im Rentengebiet West 33,05 Euro betragen, im Rentengebiet Ost nur 31,89 Euro.
Ich habe schon aufgehört zu zählen, wie oft diese Bundesregierung angekündigt hat, diese Benachteiligung, diese Ungerechtigkeit für Ostdeutsche in der Rentenberechnung zu beenden und endlich eine Rentenangleichung herbeizuführen.
In der Regel kommen solche Ankündigungen – das muss ich heute auch einmal sagen – kurz vor den Wahlen, bei denen die Stimmen der ostdeutschen Wählerinnen und Wähler natürlich äußerst willkommen sind. Dementsprechend skeptisch sehen wir als LINKE die aktuellen Ankündigungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, dass es nun statt 2025 – hört, hört! – schon Anfang 2024 so weit sein soll. Das ist ja super! Dann muss ein 1990 mit 65 Jahren in Rente gegangener Mensch ja nur noch 99 statt 100 Jahre alt werden, dass er endlich von der deutschen Renteneinheit profitieren kann. Na herzlichen Glückwunsch!
Dieses Vorgehen steht exemplarisch für die Missachtung ostdeutscher Arbeits- und Lebensleistungen, und das seit 1990. Zumindest fühlt es sich für die Betroffenen genau so an, und wissen Sie warum? Weil es genau so ist! Oder wie ist denn zu erklären, dass bei der sogenannten Mütterrente derselbe Unterschied gemacht wird. Ist ein Kind, um das sich seine Mutter im Osten gekümmert hat, wodurch sie weniger in die Rentenkasse einzahlen konnte, etwa weniger wert? Nein, das ist es nicht, und darum gilt es, diese Ungerechtigkeit zu beenden, zumal ostdeutsche Rentnerinnen ohnehin bei der Mütterrente benachteiligt werden. Denn sie sind häufiger als die Mütter in Westdeutschland bald nach der Geburt ihrer Kinder wieder einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Durch diese Unterschiede in den Erwerbsbiografien von Frauen in der ehemaligen DDR und der alten BRD und die Beitragsbemessungsgrenze haben Rentnerinnen im Osten meist erheblich weniger von der Mütterrente beziehungsweise können im Extremfall sogar leer ausgehen.
Eine ähnliche Benachteiligung erleiden zu DDR-Zeiten geschiedene Frauen. Anders als im Westen gab es für sie in der DDR keinen Versorgungsausgleich, weil Frauen nicht durch abgeleitete Ansprüche von ihren Männern abhängig bleiben sollten. Dem standen aber in der DDR andere Begünstigtenregelungen gegenüber, wie die freiwillige Versicherung bei beruflichen Auszeiten zum Beispiel, großzügige Regelungen bei der Kindererziehungszeit oder der Pflege von Familienangehörigen. Diese Begünstigtenregelungen wurden jedoch im Zuge der Überführung des DDR-Rentensystems in das bundesdeutsche einfach gestrichen, ohne den Betroffenen je
einen Ausgleich zu verschaffen. Während die Männer nach der Wiedervereinigung Bestandsschutz genossen und im Gegensatz zu den West-Ex-Ehemännern noch nicht einmal einen Teil ihrer Rente als Versorgungsausgleich an ihre geschiedenen Frauen abtreten mussten, gingen die in der DDR geschiedenen Frauen leer aus.
Die Folge ist, dass die in der DDR geschiedenen Frauen weniger Rente erhalten und, wenn sie zu DDR-Zeiten wenig oder gar nicht gearbeitet haben, von extremer Altersarmut betroffen sind. Nach 30 Jahren kämpfen diese Frauen nun um ihr Recht. Sie gingen mit unzähligen Klagen bis vor höchste europäische Gerichte. Es gab etliche Bundesratsinitiativen, die von den jeweiligen Bundesregierungen allesamt abgelehnt wurden. Sogar ein Ausschuss der Vereinten Nationen hat sich 2017 mit dem Thema beschäftigt
und der Bundesrepublik empfohlen, ein Entschädigungssystem für hiervon betroffene Frauen zu etablieren. Geschehen ist bislang gar nichts. Wir fordern die Staatsregierung auf, auch in dieser Angelegenheit gegenüber der Bundesregierung und dem Bundesrat auf eine Lösung zu drängen.
Auch damit ist die Liste der diskriminierenden Wirkungen der Rentenüberleitung für die ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner beinahe 30 Jahre nach der sogenannten Wende noch lange nicht zu Ende. Diese Liste ist sehr lang, wie Sie am Punkt I.5 unseres Antrags sehen können. Wir haben in dieser Wahlperiode immer wieder parlamentarische Initiativen eingebracht und Lösungen für diese seit 30 Jahren bestehenden Probleme vorgeschlagen. Zu nennen wären hier folgende Initiativen:
Erstens unser Antrag, das Bekleidungs- und Verpflegungsgeld bei der Rentenberechnung für ehemalige Angehörige der Deutschen Volkspolizei als Arbeitsentgelt anzuerkennen. Die Landesregierung muss die Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts endlich umsetzen. Aber dazu sind CDU und SPD nicht bereit, wie sie bereits in der letzten Plenartagung gezeigt haben.
Zweitens unser Antrag, die Lebensleistung von in der DDR geschiedenen Frauen anzuerkennen. Die Forderung der Vereinten Nationen nach dem Nachteilsausgleich muss endlich erfüllt werden.
Drittens haben wir uns wiederholt, etwa im März 2017, dafür eingesetzt, dass die Rentenwerte zügiger angeglichen werden. Das Renten- und Versorgungsrecht Ost, unter dem zahlreiche Berufsgruppen bis heute leiden, muss endlich überwunden werden.
Besonders möchte ich – viertens – unseren Antrag „Gerechtigkeit für sächsische Bergleute herstellen“ vom Januar 2017 hervorheben. Darin haben wir gefordert, dass die Ansprüche der DDR-Braunkohlekumpel aus dem Zusatzversorgungssystem endlich anerkannt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ich finde es ja lobenswert, dass die SPD mal wieder das Thema Osten für sich entdeckt, zwar wieder ziemlich knapp vor den Wahlen, aber das kennen wir ja schon. Ihr kürzlich vorgestelltes Zukunftsprogramm Ost hört sich relativ gut an. Selbst unser Bundestagsfraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch hat es gelobt.
Man könnte fast glauben, dass Sie in den letzten 30 Jahren nicht mit an der Regierung waren.
Eine Frage habe ich dennoch: Wenn Ihre Bundesvorsitzende Nahles dazu aufruft, Ungerechtigkeiten zwischen Ost und West zu beseitigen, warum haben Sie dann hier, in diesem Hohen Haus, sämtliche Initiativen von uns, dieses Unrecht zu beheben, abgelehnt? Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder hatten Sie gegenüber der CDU schlicht und ergreifend dazu den Arsch nicht in der Hose, oder Sie meinen es doch nicht so ernst mit den ostdeutschen Wählerinnen und Wählern. Solche Politik kennen die Leute hier im Osten zur Genüge aus den letzten Jahren und Jahrzehnten, und sie haben zu Recht die Nase voll davon.
„Wer diese Anerkennung gerade auch der ostdeutschen Lebensleistung will, der muss in diesem Jahr in Sachsen, in Brandenburg und in Thüringen SPD wählen“, so Nahles bei der Vorstellung ihres Zukunftsprogramms.
So viel Dreistigkeit ist schon ganz schön heftig. Was haben Sie eigentlich die letzten 30 Jahre lang dafür getan, ostdeutsche Lebensleistung anzuerkennen?
In einem Punkt, den wir ebenfalls in unserem Antrag ansprechen, haben wir indes keinen Dissens. Es kann nicht sein, dass der Bund die ostdeutschen Länder mit den Zahlungen der DDR-Sonderrenten alleinlässt. Die Wiedervereinigung war eine gesamtdeutsche Angelegenheit. Sie ist deshalb eine Angelegenheit des Bundes. Also hat er auch die daraus folgenden Kosten zumindest anteilig stärker, wenn nicht sogar vollständig zu tragen. Ein entsprechender Passus findet sich zwar im Koalitionsvertrag von Union und SPD von 2018, im aktuellen Haushaltsgesetz findet sich davon aber nichts.
Hört! Hört! Ja. – In Ihrem ureigenen Interesse fordern wir die Staatsregierung auf, zusammen mit den anderen ostdeutschen Bundesländern im Bundesrat weiter Druck in dieser Sache auf die Bundesregierung zu machen.
Ich werbe schon aus einer rentenpolitischen Perspektive deshalb für die Zustimmung zu unserem Antrag. Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen sind Enttäuschungen in dieser Frage hinreichend gewöhnt. Sie werden sehr genau beobachten, wie Sie sich dazu verhalten. Lassen
Sie Ihren wohlfeilen Worten zu Nachwendeunrecht und ostdeutschen Interessen auch Taten folgen! Ansonsten gilt: Nur eine starke LINKE in den Parlamenten ist eine Garantie dafür, dass ostdeutsche Interessen wirklich nachhaltig vertreten werden –
und jetzt kommt es –, und zwar nicht nur vorgeblich kurz vor den Wahlen, sondern aus tiefster Überzeugung.
Es geht um konkrete Lösungen, und eines sage ich Ihnen: Für uns gibt es keinen Frieden mit dem Nachwendeunrecht.
Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Arroganz der Macht ist wirklich echt übel.
Es werden Dinge gleichgesetzt und vermischt, aber Hauptsache, man hat den großen Zampano gemimt. Ach, naja, was soll´s. Auf jeden Fall müssen Sie nicht in irgendeiner Weise darüber richten, was Benehmen oder
Kinderstube – das haben Sie gestern ganz oft reingerufen – betrifft. Das war jetzt wirklich unnötig.
Erstens ist ein Antrag zur Pflegeversicherung etwas grundsätzlich anderes als das, was hier vorgelegt wird, als es um die Deckelung von Eigenbeiträgen ging oder was die E-Mails anbelangt. Es war einfach in der Vergangenheit nicht üblich, trotz der Pflegesatzverhandlungen, die in großen Abständen stattfinden, dass Kostensteigerung von weit über 20 % stattgefunden haben.
Das ist ein Fakt und das ist neu. Das ist alles kein Thema.
Es ist trotzdem für die Menschen neu und irgendwann ist das Einkommen bzw. die Rente am Ende. Das ist nun einmal ein Unterschied, ob es 1 500 Euro sind, die man sich noch leisten kann, oder ob man jetzt bei 2 000 Euro ist. Was ist denn das für Gerede? Das sind Nebelkerzen, jetzt so zu tun, als wäre es das Normalste der Welt.
Das ist es nicht. Zum Sozialamt zu gehen und soziale Leistungen zu beantragen ist für einen Menschen, der ein ganzes Leben lang gearbeitet hat, ein Problem. Da kann man sich nicht einfach darüber hinwegsetzen –
und schon gar nicht auf so eine Art und Weise, abwatschen rechts und links und wir sind hier die Einzigen, die einen Plan haben. Nein, das sind Sie eben nicht.
Dann hätte man das vorhersehen können, und zwar bevor man es so strukturiert, dass man in Pflegegrade übergeht. Es war abzusehen, dass dann viel mehr Leistungen erbracht werden müssen.
Nun zum Antrag der AfD. Wir werden dem vorliegenden Antrag der AfD nicht zustimmen –
das ist gestern in der Debatte schon deutlich geworden –, weil er die Probleme in der Pflege nicht lösen wird und wir ganz anders, nämlich viel grundsätzlicher herangehen.
Ich begründe das gern. Vielleicht hören Sie einmal zu, dann könnten Sie auch einmal mit Sachargumenten auf irgendetwas eingehen und Ihre Rundumschläge diesbezüglich einfach lassen.
Unter I.4 bemängelt die AfD, dass der Freistaat derzeit seiner Verantwortung nur unzureichend nachkommt, die pflegerische Versorgungsinfrastruktur finanziell zu
fördern. Das stimmt, muss man aber aus unserer Sicht konkretisieren. So sollen doch bitte – und jetzt haben wir wieder einen Dissens – nur kommunale und landesrechtliche, organisierte und gemeinnützige Pflegeeinrichtungen von den Investitionspflegekostenfinanzierungen profitieren, sonst landet am Ende nur noch mehr Steuergeld in den Taschen von tatsächlich privaten Investoren und Aktionären. Aktiendotiert ist auf Gewinn aus.
Jetzt sage ich Ihnen einmal eines, und das werde ich später wiederholen: Für uns als LINKE ist Gesundheit keine Ware!
Denn solange noch Gewinne eingefahren und gemacht werden können – und die sind bei Alloheim oder Korian durchaus nicht wenig –, kann man sich auch selbst um Investitionen kümmern. Das gehört zum Geschäftsmodell dazu. Aber da unterscheiden wir uns grundsätzlich. Ich finde, das ist auch überhaupt nicht schlimm.
Ich komme nun zu Ihren Forderungen unter Punkt II. Hier fordern Sie unter erstens ein Konzept zur Investitionskostenfinanzierung von Pflegeeinrichtungen gemäß
§ 9 SGB XI. Aber ist das wirklich eine Forderung? Im SGB X § 9 heißt es, dass durch Landesrecht bestimmt werden kann, ob und in welchem Umfang eine im Landesrecht vorgesehene oder an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegebedürftigen orientiere finanzielle Unterstützung gilt. Sie fordern die Staatsregierung auf, vielleicht etwas zu unternehmen, wenn sie es denn möchte. Warum fordern Sie nicht einfach verbindlich, dass der Freistaat die Investitionskosten in Pflegeheimen übernimmt, wenn Pflegebedürftige sich das nicht mehr leisten können? Das sollte doch zumindest dem Titel Ihres Antrages nach das Ergebnis eines solchen Konzeptes sein.
Die Idee – das muss ich leider auch sagen – ist überhaupt nicht neu, sondern einfach das vom Sozialministerium selbst bereits zur Sprache gebrachte Pflegewohngeld. Darauf hätten Sie einmal eingehen können, wenn Sie sich mit dem Inhalt beschäftigt hätten, was aber nicht klar benannt wird. Ich muss sagen, AfD, gut gedacht, schlecht nachgemacht.
Angesichts Ihrer weichen Formulierung der zu langen Frist, die Sie als AfD setzen wollen, könnte man fast auf die Idee kommen, Sie wollen schon heute Punkte sammeln für einen möglichen Koalitionsvertrag mit der CDU und ihr so wenig wie möglich wehtun.
Was den Punkt 2 angeht, so haben wir tatsächlich schlicht eine andere Vorstellung. Wir wollen, dass alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit eines Menschen stehen, von der Pflegeversicherung übernom
men werden. Dazu hatten wir gestern den Antrag „Pflegevollversicherung“ eingebracht und auch alles Notwendige gesagt. Es ist ein grundsätzlich anderer Ansatz, aber für uns der richtige. Die von Ihnen vorgeschlagenen Lösungen greifen zu kurz und überbrücken es aus unserer Sicht auch nicht adäquat.
Herr Schreiber ist auf Punkt d eingegangen. Wir sehen das völlig anders. Maßnahmen zur Verhinderung von Gewinnsteigerungen zu verhängen ist für uns der falsche Weg. Denn wir meinen, dass Pflegeeinrichtungen gar keine Gewinne machen dürfen. Das hatte ich bereits vorhin angesprochen: Gesundheit ist keine Ware und Daseinsvorsorge gehört klar in die öffentliche Hand.
Deswegen wollen wir auch eine Pflegeversicherung für alle, in die alle solidarisch einzahlen. Das tut dem aber keinen Abbruch. Wer das Geld hat, kann sich gern in private Einrichtungen begeben. Die sollten aber nicht steuerfinanziert sein. Beiträge zu gesetzlichen Sozialversicherungen dürfen unserer Auffassung nach nicht in Form von Gewinn bei privaten Konzernen und Anlegern landen. Gewinnmaximierung und maximal gute Versorgung von Pflegebedürftigen schließen sich aus, es sei denn, es wird überproportional bezahlt. Entweder möchte ich das eine oder das andere. In dieser Entscheidung ist man tatsächlich frei.
Der Antrag ist für uns nichts weiter als Kosmetik. Wir müssen aber die Finanzierung der Pflegeversicherung vom Kopf auf die Füße stellen. Das ist richtig. Dazu reicht Kosmetik nicht aus, sondern nur eine grundlegende Änderung. Daher lehnen wir den Antrag ab.
Mein sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ja, das kann mal passieren.
Infektionskrankheiten sind keine Bagatellen. Da haben Sie mit Ihrem Debattentitel direkt einmal ins Schwarze getroffen – im wahrsten Sinne des Wortes. Gerade wenn wir über Krankheiten wie Masern und die daraus resultierenden Folgeerkrankungen sprechen, wird uns immer wieder bewusst, dass das schwere Verläufe bis hin zum Tod nach sich ziehen kann. Doch außer, dass wir heute darüber, speziell zum Thema Impfen, ein weiteres Mal im Parlament sprechen, passiert bedauerlicherweise nicht viel. Dabei stirbt statistisch gesehen alle fünf Minuten ein Mensch an einer Masernerkrankung. Meist sind es Kinder unter fünf Jahren. Das heißt also, allein im Verlauf dieser Debatte werden etwa zwölf Menschen gestorben sein, weil sie nicht geimpft waren.
Während weltweit Hilfsorganisationen unterwegs sind, um Kinder zu impfen, während weiter fleißig Masern-, Mumps- und Röteln-Partys gefeiert werden, leisten wir uns hier lange und differenzierte Debatten. Ich frage mich wirklich, was es da noch zu besprechen gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition. Selbst der Bundesgesundheitsminister scheint zu erkennen, was den allermeisten Menschen gerade hier im Freistaat Sachsen längst klar ist, nämlich dass wir mindestens bei Mumps, Masern und Röteln eine Impfpflicht brauchen.
Überzeugung ist besser als Zwang. Ja, Frau Lang, selbstverständlich. Das ist keine Frage. Aber Überzeugung reicht offensichtlich nicht aus. Anstatt erneut zu debattieren, wie und ob wir Impfbereitschaft erhöhen können oder wollen oder nicht und was sinnvoll ist, wäre es besser gewesen, Sie hätten heute konkrete Maßnahmen, Entschließungsanträge zum Beschluss vorgelegt.
Dass heutzutage 20-mal weniger Menschen an Masern erkranken als noch vor 50 Jahren, liegt allein an der seit den Siebzigerjahren erfundenen bzw. verfügbaren Impfung. Dennoch kommt es zu Erkrankungen, weil eben nicht alle Eltern ihre Kinder impfen lassen, obwohl diese impffähig sind. Welche schweren Folgen das für die Kinder haben kann, die aufgrund ihres Alters noch nicht geimpft werden können, wurde jüngst anschaulich als Titel im „Spiegel“ geschildert, und der ist tatsächlich nicht als linkes Blatt verschrien.
Binnen weniger Wochen wurde ein fröhliches Kind zum Pflegefall. Erkrankt ist dieses Mädchen an einer sklerosierenden Panenzephalitis, kurz SSPE, als Spätfolge einer Masernerkrankung im Alter von sechs Monaten, als es noch nicht geimpft werden konnte. Diese spätere Erkrankung verläuft in der Regel in vier Stadien. Das Mädchen, über das im „Spiegel“ geschrieben wurde, hat bis jetzt überlebt, und nein, es handelt sich zweifelsfrei nicht um einen Impfschaden, sondern um eine Erkrankung von Wildmasernerregern. Die wäre wohl nicht aufgetreten, wenn die Kinder in ihrem Umfeld sämtlich geimpft gewesen wären.
In Sachsen sind laut einer Antwort auf meine Kleine Anfrage von 2006 bis 2015 drei Sterbefälle mit SSPE als Todesursache registriert. Das sind aus unserer Sicht drei zu viel und völlig überflüssig. Sie hätten verhindert werden können, wenn flächendeckend geimpft worden wäre.
Auf die 95 % ist Herr Wehner schon eingegangen, den sogenannten Herdenschutz. Hiervon sind wir aber im Freistaat Sachsen noch entfernt, auch wenn wir in Sachsen schon relativ nah dran sind. In Sachsen sind wir bei den Kindern nah dran, bei den Erwachsenen allerdings dürfen wir nicht schauen. Frau Lang ist darauf eingegangen. Hier haben wir erhebliche Impflücken. Man kann nicht von einer Lücke sprechen, sondern es ist ein Abstand.
Das sind die Fakten, die jeder kennt und von denen gerade im Osten viele Menschen überzeugt sind, dass eine Impfpflicht sinnvoll ist. So sind es in Ostdeutschland 86 %, vor allem bei Krippen-, Kindergarten- und Schulkindern; im Westen sind es 75 %, und das aus gutem Grund: 2015 gab es von der Regierungskoalition den Antrag „Impfbereitschaft erhöhen“, den Frau Lang hier angesprochen hat. Die dort genannten Maßnahmen sind bis jetzt in Teilen umgesetzt, aber es hat bisher überhaupt nicht den Erfolg gebracht, den es hätte zeitigen sollen.
Die Impfbereitschaft hat sich nicht wirklich verbessert. Hätten Sie stattdessen damals unserem Antrag Folge geleistet, dann wären wir jetzt schon weiter. Aber es nützt ja nichts.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin schon darauf eingegangen: Hätten Sie damals unseren Antrag „Impfquoten erhöhen“ mit beschlossen, dann wären wir jetzt schon weiter und könnten uns die heutige Debatte sparen. Wir führen aber jetzt die Debatte und konstatieren am Ende, dass in Deutschland in den letzten 20 Jahren mindestens 10 000 Maserninfektionen dazugekommen sind. Ob die Betroffenen später auch an den schweren Folgen wie SSPE erkranken, können wir bislang noch nicht vorhersagen. Was wir aber mit Sicher
heit wissen, ist, dass ein ausreichender Impfschutz dies hätte verhindern können.
Wir werden also, um einen Herdenschutz zu gewährleisten – was bei Rindern so funktioniert, ist bei uns Menschen nicht anders –, auf eine Quote von 95 % kommen müssen, sodass wir kollektiv geschützt sind. Daher werden wir unserer Auffassung nach um eine Impfpflicht nicht herumkommen. Dies setzt voraus, dass Patientinnen und Patienten bzw. betroffene Eltern ausreichend aufgeklärt werden und sich aufgeklärt fühlen – natürlich auch über die Nebenwirkungen; das sollte man an dieser Stelle nicht verhehlen. Dafür müssen aber auch die Kinderärzte Zeit haben und sie müssen für diese Impfberatung auch vergütet werden.
Impfstoffe – das ist eine Voraussetzung, Frau Staatsministerin – müssen vorhanden sein. Wir hätten auch mit einer Impfpflicht eine kalkulierte und planbare Menge an Impfstoff, die man schon vorher bereitstellen kann, und würden nicht wie so manches Mal im Desaster enden, weil Impfstoffe gerade fehlen. Nicht umsonst hatten wir zum Beispiel auch zum Thema Impfberatung in den Haushaltsberatungen gefordert, den öffentlichen Gesundheitsdienst wieder zu stärken. In den letzten 27 Jahren ist er um die Hälfte abgebaut worden, obwohl er die präventivste Aufgabe in den Kommunen hat und ganz unten direkt bei den Menschen sitzt und in die Schulen geht.
Masern sind – da haben Sie recht, Herr Wehner – nicht die einzige schwere Infektionskrankheit. Was ist beispielsweise mit Hepatitis, die zu Leberzirrhose oder Organversagen führen kann, eventuell auch zur Dialyse und zum Tod? Was ist mit Keuchhusten bei den kleinen Mäusen? Wer einmal ein solches Kind gesehen hat, der weiß, dass sie verrecken. Sie sterben nicht, sondern sie verrecken, weil sie ersticken. Bei Diphterie betragen die Impfquoten – das muss man sich einmal vergegenwärtigen! – nur etwas über 40 %. Es sieht dort also nicht annähernd so gut aus wie bei den Masern. Das sind ebenfalls mitnichten Bagatellen. Die Ziele jeder Impfung sind Verhütung von Krankheiten, Vermeidung von Komplikationen, Reduktion von Krankheits- und volkswirtschaftlichen Kosten sowie – last but not least – Solidarität. Und das täte unserem Land gut!
Wir sollten uns nicht von einer kleinen Gruppe Impfgegner einschüchtern lassen, die teils militant und mit Drohgebärden vorgehen und für Argumente nicht zugänglich sind. Ihren Fake News lässt sich nur mit sachlicher, individueller Beratung kontern. Davon zu unterscheiden sind allerdings die Impfskeptiker. Diese lassen noch mit sich reden, und viele lassen sich überzeugen, dass Obst und frische Luft nicht vor schweren Krankheiten schützen. Wir brauchen Taten!
Impfungen bringen keine hundertprozentige Sicherheit vor Erkrankungen. Das ist richtig. Hundertprozentig sicher aber ist, dass Menschen ohne ausreichenden Impfschutz stärker gefährdet sind als jeder andere. Auch als
Mutter und als Krankenschwester rufe ich dazu auf, dass wir uns alle unserer Verantwortung als Mitmenschen bewusst werden und auf einen ausreichenden Impfschutz achten. Es gab in Deutschland schon über hundert Jahre eine Impfpflicht mit der Folge, dass beispielsweise Pocken ausgerottet wurden. Durch Impfen verschwand auch Polio, also die Kinderlähmung. Die Liste ausgestorbener Krankheiten muss länger werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich finde es in der Debatte, ob pro oder contra, nicht sachdienlich, im Prinzip eine Impfpflicht auszuschließen und mit den Risiken zu argumentieren oder zu unterstellen, dass durch eine Impfpflicht eine ordentliche Beratung entfallen würde. Ich halte das für keine lautere Debatte und es beantwortet den Eltern, die ihr Kind nicht schützen können, nicht ihre Fragen, wenn sie zum Beispiel ein sechsjähriges Kind im
Kindergarten und ein neugeborenes zu Hause haben, das nicht geimpft werden kann und solchen Gefahren ausgesetzt ist. Was sagt man denn diesen Eltern über dessen Risiken?
Okay. Das ist sehr schade, dass Sie mich gesehen haben und nicht gesehen haben, Herr Präsident. Wie konnte denn das passieren?
Wir haben wohl zur Kenntnis genommen, wie viele Maßnahmen getätigt wurden. Aber unterm Strich mussten Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, ja auch konstatieren, dass das nicht ausreicht und dass wir im Freistaat Sachsen noch nicht über einen Herdenschutz verfügen. Bei anderen Krankheiten wie Masern liegt die Durchimpfungsrate weit unter 50 %.
Ich hätte Ihnen gerne die Frage gestellt: Wie sehen Sie das persönlich? Wofür kämpfen Sie? Sind Sie für oder gegen eine Impfpflicht? Ich glaube, das Herumfabulieren und Drumherumformulieren bringt uns nicht weiter.
Ich würde gern auch von meinem Recht Gebrauch machen, sehr geehrter Herr Präsident.
Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil unserer Meinung nach damit die ärztliche Schweigepflicht deutlich Schaden nimmt. Wer sich in medizinische Behandlung begibt, vertraut sich dem Arzt, dem Krankenhaus, dem medizinischen Personal an, und zwar in intimster Art und Weise und im Zweifel auch in extremen Notlagen.
Dort dürfen staatliche Behörden nicht herumschnüffeln. Das ist ein eklatanter Konflikt für die Ärztinnen und Ärzte selbst, die eine Berufsordnung zu beachten und zum Teil einen Eid geleistet haben, nämlich dass das ärztliche Handeln ausschließlich am Patienten orientiert ist und die Interessen Dritter dabei keine Rolle spielen dürfen. Dass hier jetzt der Staat eingreift, und zwar nicht nur, wenn nachgewiesenermaßen eine Straftat bestanden hat, ist ein Rückschritt in der Geschichte, der seinesgleichen sucht.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mitte Februar erhielt ich eine E-Mail eines Bürgers, dessen Angehörige in einem privaten Pflegeheim untergebracht ist. Zum 1. Februar 2019 hat es in diesem Pflegeheim eine Erhöhung der Zuzahlung von 1 372 Euro pro Monat – was schon sehr viel Geld ist – auf 1 686 Euro gegeben. Das sind fast 23 % mehr!
In den Pflegeeinrichtungen nehmen das viele Bewohnerinnen und Bewohner notgedrungen mehr oder weniger einfach hin – sie haben ja keine Wahl –, und das, obwohl ihre höheren Zuzahlungen nicht immer den Pflegekräften oder ihrem Wohnumfeld zugutekommen. Das ist kein Phänomen privater Einrichtungen, die Rendite machen wollen, sondern zieht sich quer durch die gesamte Pflegelandschaft – egal, ob kommunal, ob von Wohlfahrtsverbänden oder von freier Trägerschaft betrieben. Niemand kommt daran vorbei, Eigenanteile erhöhen zu müssen. Das macht deutlich, dass das Konstrukt der Pflegeteilversicherung nicht funktioniert. Wenn es zu wohlverdienten Lohnerhöhungen bei den Pflegekräften sowie zu längst überfälligen Verbesserungen bei der Pflegeausbildung kommt, gehen die Kosten dafür aktuell allein zulasten der
Pflegebedürftigen. Dadurch werden zu Pflegende und Pflegende gegeneinander ausgespielt.
Das ist nicht nur unsere Meinung, sondern spiegelt auch die von der AWO in den Bundestag eingereichte Petition eindrucksvoll wider, die mit 74 000 Unterschriften das notwendige Quorum in einer relativ kurzen Zeit deutlich überschritten hat. Das Thema brennt den Bürgerinnen und Bürgern förmlich auf den Nägeln. Die Kostenentwicklung beobachten wir nicht erst seit gestern oder heute, sondern schon sehr lange. So sind zu einem Teil die Pflegesätze, aber auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung kontinuierlich gestiegen, jedoch ist das bisher nie besonders aufgefallen – zum einen, weil in Sachsen seit Jahren die Pflegekräfte schlecht bezahlt werden, zum anderen, weil viele Bürgerinnen und Bürger über Renten verfügten, mit denen sie die Kosten noch begleichen konnten.
Doch mit sinkenden Rentenzahlbeträgen bei den neuen Rentnerinnen und Rentnern ändert sich das jetzt. Das heißt, immer mehr Menschen müssen zum Sozialamt gehen, um sich die teuren Pflegeheimplätze überhaupt leisten zu können – und das, obwohl viele ihr Leben lang hart gearbeitet haben. Jetzt könnte man sich natürlich herausreden – wie es die Staatsregierung immer wieder gern macht – und sagen: „Wir haben ja Sozialleistungen, es ist doch alles schick.“ Aber: Um Sozialleistungen zu erhalten, ist für die Menschen ein entwürdigender Gang zum Amt erforderlich. Bei diesem muss man dann sprichwörtlich die Hosen herunterlassen. Das verschwei
gen Sie gern! Selbst danach kann man immer noch nicht sicher sein, ob man die beantragten Leistungen auch bekommt oder nicht oder ob nicht vielleicht ein direkter Angehöriger über ein paar Euro zu viel verfügt.
Meine Damen und Herren! Es ist beschämend, wie dieser Staat mit Menschen umgeht, die zum größten Teil ein Leben lang gearbeitet haben und aufgrund ihres Alters und/oder einer Erkrankung auf die professionelle Pflege in einer Einrichtung angewiesen sind oder weil die Angehörigen schlicht zu weit weg wohnen. Hinzu kommt, dass durch die Hilfen zur Pflege die Sozialausgaben eklatant ansteigen.
Jetzt, wo die Wahlen nahen, kommen Sie als Staatsregierung mit dem halbgaren Vorschlag eines Pflegewohngeldes. Davon würden aber nur diejenigen profitieren, deren höhere Eigenanteile tatsächlich auf die Investitionen in Heimen zurückzuführen sind. Wir alle wissen, dass dieses Pflegewohngeld in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr kommen wird. Meine Vermutung ist, dass es wahrscheinlich überhaupt nicht kommen wird. Das ist Populismus, meine Damen und Herren! Das ist reine Wahlkampfpropaganda und keine Lösung für die wahren Probleme, vor denen wir nicht nur hier im Freistaat stehen.
Warum fordern wir also eine Pflegevollversicherung? Wenn Sie sich anschauen, wie sich die Zahl der Pflegebedürftigen von Jahr zu Jahr entwickelt, nämlich zunimmt, und Sie dann die dadurch steigenden Kosten betrachten, muss man zu dem Schluss kommen, dass nur eine Pflegevollversicherung tatsächlich noch helfen kann. Denn mit einer solchen ließe sich das Problem ganz leicht lösen: Alle Bürgerinnen und Bürger zahlen ihren Beitrag – bemessen an der vollen Höhe aller ihrer Einkommen – in diese Pflegeversicherung solidarisch ein. Im Falle von Pflegebedürftigkeit müssten sie dann für alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Pflege stehen, nichts draufzahlen. Außerdem käme mehr Geld ins System, um die Pflegekräfte endlich anständig zu bezahlen.
Wenn alle solidarisch einzahlen, dann könnte der mögliche Beitragssatz für eine solche Versicherung im einstelligen Prozentbereich liegen. Das bedeutet wiederum für die sächsischen Beschäftigten, dass die Abzüge vom Bruttoeinkommen um nicht einmal 3 % steigen würden. Dafür bekämen sie in Sachsen Pflegeplansicherheit für ihr ganzes Leben. Nur für die sächsischen Arbeitgeber würde die Mehrbelastung etwas höher ausfallen, da sie seit 1995 weniger in die Pflegeversicherung einzahlen. Schließlich war die sächsische Regierung unter Kurt Biedenkopf der Meinung, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten für den Buß- und Bettag in Form höherer Beitragszahlungen im Vergleich zum Arbeitgeber im wahrsten Sinne des Wortes büßen.
Die Einnahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung belaufen sich bundesweit auf etwas mehr als 36 Milliarden Euro. Die Ausgaben wiederum liegen bei 38,5 Milliarden Euro, und das mit einem Beitragssatz von aktuell 3,05 % bzw. 3,3 %. Das Minus ist hier ganz offensicht
lich. Es beruht auf dem skandalösen Konstrukt der Beitragsbemessung. Sie sorgt dafür, dass Menschen mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4 537 Euro ebenso viele Beiträge zur Pflegeversicherung abführen wie jemand, der drei- oder zehnmal so viel verdient. Das ist ungerecht, unsolidarisch und unsozial.
Eine solidarische Pflegevollversicherung wäre für alle finanzierbar. Es stellt sich nur die Frage nach dem politischen Willen und dass man genau das auch durchsetzen möchte. Eine solche solidarische Lösung ist mit dieser Regierungskoalition eben leider nicht zu machen. Sie wird nicht kommen, solange die CDU regiert. Das erkennt man leicht, wenn man sich die Stellungnahme der Sozialministerin zu unserem Antrag durchliest.
Die CDU setzt weiter darauf, dass Angehörige selber pflegen, wohl wissend, dass es sich meist um Frauen handelt, denen dann wiederum selbst Armut im Alter oder im Pflegefall droht. Lohnersatzleistung gibt es bisher noch nicht. Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich und unterstützende Pflegekräfte reichen aktuell noch nicht einmal annähernd aus, um eine gute, menschenwürdige Pflege ohne Nachteile für die pflegenden Angehörigen zu garantieren.
Sie können also weiter Nebelkerzen zünden und Scheinlösungen vorlegen oder einfach unserem Antrag zustimmen, um sich auf Bundesebene für eine Pflegevollversicherung einzusetzen. Das kann ja eigentlich nicht so schwer sein und wäre auch zutiefst sinnvoll.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Punkt 1: „Die Staatsregierung wird daher aufgefordert, sich gegenüber dem Bund und im Bundesrat mit Nachdruck für eine grundsätzliche Umgestaltung der gesetzlichen Pflegeversicherung in eine solidarische Pflegevollversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, die alle Leistungen, die mit der Pflegebedürftigkeit eines Menschen im Zusammenhang stehen, in die Versicherung einbezieht... entsprechende Dynamisierung“ usw.
Punkt 2: „... in einem ersten Schritt bis zur Umgestaltung der bestehenden gesetzlichen Pflegeversicherung in eine solidarische Pflegevollversicherung im Bundesrat unverzüglich die Gesetzesinitiative zur Schaffung einer bundesgesetzlichen Übergangsregelung zu ergreifen.“
Es geht einfach darum, jetzt zu beginnen, denn das Problem ist nicht neu. Es besteht nicht erst seit gestern, und es ist richtig: Enquete-Kommissionen, die RothgangStudie und viele andere Studien gibt es dazu. Viele davon habe ich auch gelesen, auch wenn das hier abgestritten wird. Wir als LINKE sehen die Pflegevollversicherung als Möglichkeit an, Menschen vor der Armutsfalle Pflege zu bewahren. Ob ein Sozialstaat dieses Namens würdig ist, wird daran deutlich, wie er mit dem schwächsten Glied in der Kette umgeht.
Es muss ein Grundsatz von Demokratinnen und Demokraten sein, Lösungen für jene zu finden, die den Wohlstand, den einige befeiern und auf dem sie sich ausruhen, erarbeitet haben, damit sie ohne Not und Sorge alt werden können – und zwar relativ zeitnah, da jetzt die Menschen in Rente gehen, die in den letzten zwei Jahrzehnten im Niedriglohnstandort Freistaat Sachsen in Lohn und Brot standen, aber in so wenig Lohn und Brot, dass sie jetzt nicht wissen, wie sie ihre Pflege finanzieren sollen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger beinhaltet unser Antrag, und ich bitte noch einmal herzlich um Zustimmung.
Vielen Dank.
– Auch eine Art und Weise, mit Anträgen der Opposition umzugehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zweieinhalb Jahren haben die GRÜNEN mit dem Antrag „Gesundheitsfolgen durch den Klimawandel ernst nehmen – im Aktionsplan ,Klima und Energie‘ angekündigte Maßnahmen endlich umsetzen“ dieses Thema schon einmal auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt. Schon damals wurde deutlich, dass die gesundheitlichen Risiken der Klimaerhitzung und die nötigen Gegenmaßnahmen weit unten auf der Prioritätenliste der Regierung stehen – um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Der Londoner Umwelt-Epidemiologe Shakoor Hajat kam im Interview mit der „Zeit“ vom 13. Dezember 2018 zur Prognose, die Zahl der Hitzetoten könne sich bis 2050 sogar verdreifachen. Mit dieser Meinung steht der Wissenschaftler mitnichten allein – deshalb ist die ignorante Haltung der Staatsregierung und zumindest einer der Regierungsparteien fatal und auch ein Stück weit verantwortungslos.
Auch eine kürzlich vom Münchner Helmholtz Zentrum veröffentlichte Studie mit Daten aus dem Zeitraum von 28 Jahren befand: „Wegen der Hitze ist das Herzinfarktrisiko in den vergangenen Jahren gestiegen. In der jüngeren Zeit steigt das Herzinfarktrisiko mit zunehmender täglicher Durchschnittstemperatur stärker als im vorangegangenen Untersuchungszeitraum.“ Die Studie legt mehr als nahe, dass hohe Temperaturen als Auslöser für einen Herzinfarkt häufig mitgedacht werden sollten – insbesondere mit Blick auf die Klimaerhitzung.
Wie wir wissen, können die Rettungskräfte in Sachsen wegen multifaktorieller Probleme der letzten Jahre die Hilfsfrist von 12 Minuten nur schwer einhalten – was das Risiko eines tödlich verlaufenden Herzinfarkts in Sachsen zusätzlich erhöht –, und wir führen die Statistik der Herzinfarkte an.
Selbst angesichts des extremen Hitze- und Dürresommers 2018 sieht diese Staatsregierung – das kann man der Stellungnahme entnehmen – keine Veranlassung, sich auf künftige Extremwetterlagen einzustellen. Sie müsste aber zum Beispiel, wie im Antrag gefordert, die Erstellung und Umsetzung regionaler Hitzeaktionspläne koordinieren. Wahrscheinlich sind Frau Staatsministerin Klepsch und Herr Staatsminister Schmidt wie im Jahr 2016 leider immer noch der Meinung, es reiche wohl aus, den Newsletter des Deutschen Wetterdienstes abonniert zu haben.
Wenn ein Pflegeheim, eine Kita oder eine sonstige besonders betroffene Institution es nicht macht, dann ist es ebenso. Ich zitiere: „Eine zentrale Koordinierung der Hitzeaktionsplanung erscheint durch die Beteiligung der vielen betroffenen Ressorts und Institutionen insbesondere vor dem Hintergrund der vorhandenen Personalressourcen nicht sachgerecht.“ Das schreiben Sie in Ihrer Stellungnahme. Es ist also nicht erfunden und es sind auch keine bösartigen Unterstellungen. Es steht einfach so da. Ja, so viele betroffene Ressorts und Institutionen. Das klingt nach Arbeit, und Personal dafür haben wir auch nicht. Dann lassen wir es also lieber gleich.
Meine Damen und Herren! Sie machen es sich, wie ich finde, ziemlich einfach. Verantwortungsvolles Regierungshandeln sieht anders aus. Eigentlich geben Sie damit zu, dass Ihnen auch in diesem Bereich Ihre Personalabbaupolitik der letzten Jahrzehnte auf die Füße fällt – zulasten der Gesundheit der sächsischen Bevölkerung.
Zum Glück gibt es auf kommunaler Ebene durchaus politische Initiativen, die sich der Problematik stellen, wenn schon auf Sie kein Verlass ist. So hatte der Chemnitzer Stadtrat bei seiner letzten Sitzung am Mittwoch vor einer Woche einen Beschlussantrag der Fraktion DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einstimmig angenommen, dass bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen der Stadt Chemnitz künftig eine Fassadenbegrünung geprüft wird, dass Fassadenbegrünungen als Ausgleichsflächen für öffentliche und private Bauherren anerkannt werden und dass ein Förderprogramm für die Begrünung in Höhe von jährlich 50 000 Euro eingeführt wird.
Fassadenbegrünung ist eine Maßnahme, die Herr Zschocke vorhin angesprochen hat – leicht umsetzbar und auch relativ zügig gemacht. Sie trägt zur CO2-Reduzierung bei und fördert die Abkühlung der Städte. Gerade bei lang anhaltenden Hitzeperioden wie im Sommer 2018 und – wie von Herrn Zschocke bereits ausgeführt – gerade bei enger Bebauung. Damit trägt dieses einfache stadtplanerische Element auch zum Schutz der Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern bei.
Das von den GRÜNEN unter Abschnitt II Punkt 3 geforderte Landesförderprogramm wäre also durchaus eine Möglichkeit, dass der Freistaat auch andere sächsische Kommunen bei solchen Schritten unterstützt. Wieso ein solches Programm laut der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag in vollständiger Konkurrenz zu anderen ähnlich gelagerten Programmen von Freistaat, Bund und EU stehen soll, erschließt sich uns nicht wirklich. Lieber mehr solcher Programme als zu wenig, schließlich haben Sie sich in den letzten Jahren nicht gerade mit Maßnahmen überschlagen, die Gesundheitsrisiken infolge der Klimaerhitzung abmildern könnten.
Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN setzt aus unserer Sicht ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung und bietet gute Ansätze, um der Problematik auf landespolitischer Ebene zu begegnen, die wir als LINKE selbstverständlich unterstützen können. Meine Fraktion wird dem Antrag daher zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst einmal einen wunderschönen guten Morgen allen. Als Fraktion DIE LINKE stellen wir auch zufrieden fest, dass mit der vorliegenden Sozialberichterstattung ein Punkt des Koalitionsvertrages erfüllt wurde. Wir können uns der Dankbarkeit von Herrn Dierks anschließen. Dass das bei Ihnen nicht selbstverständlich ist, sehen wir am Tagesordnungspunkt 10 der morgigen Sitzung, wenn Sie einen Antrag für ein neues Krankenhausgesetz, aber eben kein
neues Krankenhausgesetz vorlegen werden. Entschuldigung, aber das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.
Ein Sozialbericht ist ein unentbehrliches Instrument sozialpolitischer Steuerung. Daher sollte es ihn mindestens einmal pro Wahlperiode geben. Der letzte Bericht ist allerdings von 2006. Erschwerend kommt hinzu, dass er dem Landtag erst vor Ende der 6. Wahlperiode übergeben wurde, aber sei es drum. Schade ist es nur deshalb, weil wir jetzt die Debatte führen müssen und uns nicht ausführlich im Sozialausschuss damit befassen konnten, etwa im Rahmen einer öffentlichen Anhörung. Wir würden uns wünschen, dass das zukünftig etwas besser gehen kann. Ich hätte gern von externen Sachverständigen oder von Multiplikatoren der sozialen Arbeit gewusst, inwieweit die Planung tauglich ist, sinnvolle Verbesserung erforderlich oder was für diese Leute wünschenswert wäre, weil man das im Beirat auch nicht so rüberbringen kann. Ich möchte das als Anregung für die nächste Runde mitgeben.
Es sind noch weitere Punkte aufgefallen. Zu einigen komme ich jetzt. Die kann ich Ihnen leider nicht ersparen.
Nein, kann ich nicht.
Sie finden Sie in unserem Entschließungsantrag.
Zum Punkt 1. Eine Sozialberichterstattung kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn eine Vergleichbarkeit mit früheren Daten gegeben ist. Der vorliegende Bericht ist mit dem Sozialbericht von 2006 nur eingeschränkt vergleichbar. Das liegt zum Beispiel daran, dass im früheren Bericht Bereiche enthalten waren, die diesmal nicht berücksichtigt wurden. Das betrifft die Themen Arbeitsmarkt, Bildung ab Schuleintritt oder Wohnen bis hin zur
Wohnungslosigkeit sowie die Personengruppe der Menschen mit Migrationshintergrund. Wir halten die Betrachtung dieser Lebensbereiche für unentbehrlich, denn der Anspruch, nach dem Lebenslagenkonzept zu arbeiten, bedeutet, wirklich alle Lebenslagen zu erfassen.
Wir alle wissen, dass der Zugang zu allgemeiner und insbesondere zu beruflicher oder höherer Bildung die persönliche Entwicklung von Menschen wesentlich beeinflusst. Bildung hat gravierenden Einfluss auf die berufliche Entwicklung bis hin zum Einkommen und damit zum Lebensstandard. Sie müssen unbedingt in einem Sozialbericht erscheinen oder, wie von uns mehrfach in dieser Legislaturperiode beantragt, in einer separaten Wohnungsnotfallberichterstattung.
Zu Punkt 2, nur kurz angerissen – ich versuche schon zu kürzen, wo es geht –: Eine sächsische Sozialberichterstattung ist eindeutig als Querschnittsaufgabe umzusetzen. Als Folge dieses selbstbeschränkten Arbeitens liegen uns sehr ausführliche und umfangreiche Daten für praktisch alle Bereiche vor, die das Sozialministerium betreffen, aber ansonsten eben leider keine. Allein der Bereich zur Gesundheit nimmt knapp 130 der insgesamt 560 Seiten ein, was mich als Gesundheitspolitikerin zwar freut, aber das Ziel eines Sozialberichtes nicht zwingend sein soll. In einem Sozialbericht werden Aussagen benötigt, die die Zusammenhänge herstellen lassen können, zum Beispiel in welchen Lebenslagen für welche Erkrankung höhere Risiken zu befürchten sind. Andere wiederum müssen nicht drinstehen.
Dass zum Beispiel die gastroösophageale Refluxkrankheit – zu deutsch: Sodbrennen – im Jahr 2011 die zehnthäufigste Diagnose in allgemeinärztlichen Praxen in Sachsen war, ist zwar ein interessanter Effekt, hat aber in einem Sozialbericht aus unserer Sicht nun wirklich nicht allzu viel zu suchen. So etwas gehört in eine eigenständige Gesundheitsberichterstattung.
Punkt 3: Die Sozialberichterstattung und die Strategien der Staatsregierung, Armut zu bekämpfen und allen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, müssen aufeinander abgestimmt sein. Das sind sie aber bisher noch nicht. So wurde hier zwar der Diskussion zum Sozialbericht Zeit eingeräumt, aber nicht der Diskussion zur Strategie der Staatsregierung zur Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe und Prävention von Armut. Sie wurde im Sozialausschuss zur Kenntnis genommen. Wir finden das falsch; denn auch zu dieser Strategie gäbe es noch etliches zu sagen.
Punkt 4: Wenn die Sozialberichterstattung zukünftig wie angekündigt fortgeführt werden soll, sollte das unbedingt verbindlich gemacht werden. Bisher gibt es zwar öffentliche Absichtserklärungen, aber keine Pflicht. Niemand weiß, wie die Landtagswahl ausgehen wird. Umso wichtiger würden wir es deshalb empfinden, so viel Verbindlichkeit bezüglich der Weiterführung zu schaffen, wie noch möglich ist. Das wäre aus unserer Sicht nur in einem einschlägigen Gesetz möglich gewesen. Das will ich nur ganz kurz begründen.
Eine nutzbringende Sozialberichterstattung bis in die Gemeinden ist nur zu erreichen, wenn der Indikatorenkatalog einheitlich ist und wenn die Gemeinden bei der Datenbeschaffung und deren Auswertung finanziell unterstützt werden. Solange das Ganze im Bereich des Ermessens, des guten Willens oder vorbehaltlich der Haushaltslage bleibt, werden wir uns immer mit unvollständigen und alten Daten begnügen müssen, die nur wenig vergleichbar sind.
Wenn eine kontinuierliche Sozialberichterstattung keine Eintagsfliege bleiben soll, von deren Spezies alle zwölf Jahre wieder einmal eine auftaucht, bleibt nur der Weg der verbindlichen Regelung. Der ist in dieser Wahlperiode nun leider nicht mehr zu schaffen. Aber wir plädieren dafür, dass er zumindest geebnet wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss: Die Fraktion DIE LINKE unterstützt selbstverständlich das Anliegen einer sächsischen Sozialberichterstattung grundsätzlich sehr. Aber wir wollen auch, dass sie nützlich und qualitativ ausgereift ist. Deshalb haben wir einen Entschließungsantrag vorgelegt. Der soll nicht despektierlich sein. Er ist wohl überlegt überarbeitet und bietet eine Chance, das zu quantifizieren oder verbindlicher zu gestalten. Deshalb kann ich Sie nur ausdrücklich bitten, dem zuzustimmen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Dank gilt den vielen Beschäftigten in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und in der ambulanten Pflege sowie den pflegenden Angehörigen, die mit großem Einsatz Menschen umsorgen. Sie alle gehen bis an ihre körperlichen und seelischen Grenzen und oft auch darüber hinaus. Ihnen gebühren unser Dank und unsere Anerkennung.
Auch wir danken den Kolleginnen und Kollegen der Kommission, aber vor allem den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Sachverständigen, die ihre Expertise zur Verfügung gestellt
haben. Der Bericht der Enquetekommission ist eine fundierte Analyse der Schief- und Problemlagen im Bereich der Pflege. Er liefert aber auch detaillierte Lösungsansätze. Doch was ist die Ausgangslage? Das Durchschnittsalter – Herr Schreiber hat es gesagt – der sächsischen Bevölkerung ist hoch. Es liegt drei Jahre über dem gesamten Bundesdurchschnitt.
Es gibt immer mehr Pflegebedürftige, aber immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter. Die erhöhte Lebenserwartung geht oft mit Mehrfacherkrankungen einher. Eine wesentliche Rolle spielen in diesem Zusammenhang gerontopsychiatrische Erkrankungen, vor allem Demenz. Etwa jeder Fünfte über 65 Jahre, der in einem Krankenhaus aufgenommen wird, leidet daran. Wir brauchen eine Art demenzsensibler Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, vor allem aber brauchen wir sehr gut geschultes Pflegepersonal, das auf die besonderen Bedürfnisse dieser Erkrankung eingehen kann.
Das Thema Wohnen hat in der Kommission sehr viel Raum eingenommen. So lange wie möglich selbstbestimmt zu wohnen, ist der nachvollziehbare Wunsch der meisten Menschen mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf. Deshalb ist ein abgestufter rechtlicher Anforderungs- und Kriterienkatalog zur Anerkennung der unterschiedlichen Wohnformen mehr als dringend nötig. Förderverfahren müssen vereinfacht und Ansprechpartner für Leistungsberechtigte bestellt werden. Wir brauchen Quartiersentwicklungskonzepte in den Kommunen, flächendeckend initiiert und steuernd begleitet durch die Staatskanzlei, damit generationsgerechte Sozialräume entstehen und das Leitbild der sorgenden Gemeinschaft umgesetzt werden kann.
Pflegebedürftige fachlich fundiert und qualitativ gut versorgen ist ein Gebot der Menschlichkeit. Die Arbeitsbedingungen für professionell Pflegende sind aber miserabel: Dauerstress, keine verlässlichen Dienst- und Freizeiten, Dokumentationsirrsinn, Zeitdruck – das alles steht dem im Weg, was gute Pflege braucht, nämlich Zeit, Zuwendung und Geduld. Damit sinkt nicht nur die Qualität der Versorgung, auch die Pflegenden werden verschlissen.
Mittlerweile bleiben Pflegekräfte – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – im Schnitt nur acht Jahre im Beruf. Auch die Entlohnung ist unterirdisch und in Sachsen besonders schlecht. Hinzu kommt die Ungerechtigkeit bei den Entgelten in Ost und West – und das über 30 Jahre nach der Einheit. Das Median-Bruttogehalt für Altenpflegekräfte ohne fachliche Spezialisierung betrug im Jahr 2017 bundesweit 2 621 Euro. Selbst von diesem geringen Bruttolohn können Pflegekräfte in Sachsen trotz ihrer verantwortungsvollen und anstrengenden Arbeit nur träumen. In Sachsen beträgt das Median-Gehalt sogar nur 2 050 Euro und ist somit über 20 % niedriger. Die Hälfte der Pflegekräfte in Sachsen bekommt nicht einmal 2 000 Euro brutto im Monat – das ist beschämend.
Vergleicht man dann noch die Bruttomedianentgelte der Altenpflegekräfte mit denen in anderen Bundesländern,