Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 74. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Gleich zu Beginn gratuliere ich Herrn Kollegen Günther ganz herzlich zum Geburtstag.
Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Dulig, Herr Schmidt, Frau Dr. Petry, Frau Klotzbücher, Frau Neuhaus-Wartenberg und Herr Richter.
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 bis 15 festgelegt: CDU 195 Minuten, DIE LINKE 130 Minuten, SPD 113 Minuten, AfD 65 Minuten, GRÜNE 65 Minuten, Fraktionslose je MdL 8,5 Minuten und die Staatsregierung 130 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Ich sehe keine Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 74. Sitzung ist damit bestätigt.
Die Anträge auf die genannten Aktuellen Debatten sind bei mir rechtzeitig eingegangen. Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE
25 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minuten, GRÜNE 12 Minuten, fraktionslose MdL je 1,5 Minuten; Staatsregierung zwei Mal 10 Minuten, wenn gewünscht.
Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, AfD, GRÜNE, Staatsregierung, wenn gewünscht, und Herr MdL Wurlitzer. Das Wort ergreift für die einbringende CDU-Fraktion Herr Kollege Hartmann.
Jetzt haben alle, die unsere Sitzung gestört haben, den Raum verlassen. Wir können die Sitzung also fortsetzen. Das Wort ergreift für die einbringende CDU-Fraktion Herr Kollege Hartmann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem belebten Einstieg in die heutige Plenardebatte möchte ich gern zum Thema „Sicherheit nach innen braucht Sicherheit in Europa“ sprechen.
Der Bremer BAMF-Skandal wirft nun doch seine sicherheitspolitischen Schatten. Nach Berichten des „RedaktionsNetzwerkes Deutschland“ haben insgesamt mindestens 115 nachrichtendienstlich relevante Personen einen Schutzstatus erhalten. Diese Personen sind den Verfas
sungsschützern bekannt und stehen unter Beobachtung. Die meisten dieser Verdächtigen halten sich zurzeit in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin auf. Der BAMF-Skandal erhält dadurch nun doch eine sicherheitspolitische Dimension. Weitere Aufklärung ist dringend geboten. Insbesondere – so hat es der BKA-Chef Münch deutlich gemacht – lässt sich derzeit kein verlässlicher Gesamtüberblick über Gefährder oder sicherheitsrelevante Personen erfassen.
Das derzeitige System der Asylverfahrensbearbeitung scheint jedoch damit Lücken aufzuweisen, die es zügig zu schließen gilt. Wir brauchen ein System, mit dem Verfahren schnell, rechtssicher und vor allem ohne Sicherheitsdefizite durchgeführt werden können. Die von Bundesinnenminister Seehofer vorgeschlagenen Ankerzentren hält meine Fraktion für ein probates Mittel, um genau das zu erreichen. Insofern unterstützen wir auch Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller bei seinem Vorhaben, ein solches Pilotcenter in Dresden zu etablieren.
In den Ankereinrichtungen können die kompletten Asylverfahren abgewickelt werden, von der Aufnahme bis hin zur Rückführung jener, die keinen Anspruch haben, in unserem Land zu bleiben. Eine solche Einrichtung bietet einen großen Vorteil gegenüber den jetzigen Aufnahme- und Unterbringungssituationen. Sie sind sicherer; denn nur diejenigen verlassen das Ankerzentrum, die wirklich eine Bleibeperspektive haben.
Alle anderen werden direkt aus den Ankerzentren zurückgeführt. Die Ankerzentren sind jedoch nur ein Baustein für mehr Sicherheit nach innen. Auch unsere Grenzen müssen sicherer werden. Damit meine ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, in erster Linie die europäischen Grenzen. Es ist gut, wenn es unter den Regierungschefs in Europa weitgehende Einigkeit gibt, den europäischen Grenzschutz auf neue Füße zu stellen. Ohne sichere Außengrenzen ist alles, was wir nach innen versuchen, nur Makulatur.
Die Kommission hat hierzu erste Pläne vorgestellt, die einen massiven Ausbau der Grenz- und Küstenschutzbehörde Frontex versprechen. Dies ist dringend notwendig, denn in ihrer jetzigen Form kann die Grenzschutzagentur ihrer Aufgabe nur unzureichend nachkommen. Ohne sichere Außengrenzen wird es uns jedoch nicht gelingen, die Flucht- und Migrationsbewegung in einem verträglichen Maße zu steuern; und Steuerungsmaßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind dringend geboten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass ein einheitliches Asylsystem in Europa nur möglich ist, wenn wir europäische Außengrenzen haben, an denen wir bestimmen können, wer hinein darf und wer nicht. Nur so haben wir es auch in der Hand, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft für ein Höchstmaß an Sicherheit zu sorgen.
Bis es aber so weit ist, sollten wir – wie Bundesinnenminister Seehofer vorgeschlagen hat – nicht davor zurückschrecken, an den deutschen Binnengrenzen Asylsuchende und Flüchtlinge, die schon in anderen EU-Staaten registriert sind, abzuweisen.
Deutschland hat bis Ende 2017 nach den Zahlen der UNHCR mit Abstand die meisten Asylsuchenden und Flüchtlinge aufgenommen: 1,4 Millionen! Mit weitem Abstand folgen Frankreich mit 402 000 und Italien mit 355 000. Angesichts dieser Zahlen halte ich es schon für legitim, davon zu sprechen, dass Deutschland bisher die gesamte Hauptlast der Asylmigration seit 2014 in Europa getragen hat.
Die Forderung nach mehr europäischer Solidarität an dieser Stelle halte ich daher nicht für überzogen.
Bisher sind jedoch alle Verhandlungen auf europäischer Ebene, eine gerechtere Verteilung der Asylsuchenden auf 28 EU-Mitgliedsstaaten zu erreichen, gescheitert. Noch immer werden monatlich circa 10 000 Asylanträge in Deutschland gestellt. Zum Schutz unserer Bevölkerung und zum Erhalt der gesellschaftlichen Integrität ist es daher zwingend notwendig – und ich füge hinzu, auch unter Berücksichtigung der Integrationsfähigkeit –, die maßgeblichen Rechtsvorschriften der Europäischen
Gemeinschaft – und hier rede ich von der Dublin-IIIVerordnung im Umgang mit asylbegehrenden Flüchtlingen – zur Anwendung zu bringen.
Für die einbringende CDU-Fraktion hörten wir gerade Herrn Kollegen Hartmann. Jetzt spricht für die einbringende SPDFraktion Kollege Pallas.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Beim Debattentitel „Sicherheit nach innen braucht Sicherheit in Europa“ kann man sehr viel diskutieren. Wir könnten über das große Feld der europäischen Innen- und Sicherheitspolitik diskutieren, über Themen wie nationale und europäische Sicherheitsbehörden und ihre Arbeit, Informationsaustausch, unterschiedliche Maßnahmen des Europäischen Parlaments und der Kommission, um die europäischen Außengrenzen zu sichern.
Natürlich ist es so, dass der Streit auf der Bundesebene auch uns dazu bringt, das Thema ein Stück weit auf die Migrationsthematik zu verengen. Offensichtlich lassen auch wir uns von einem ehemaligen bayerischen Minis
terpräsidenten, dessen Regionalpartei gerade bundesweit Landtagswahlkampf macht, die Agenda bestimmen.
Warum das schlecht ist, möchte ich mit einem Zitat des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier aus der heutigen Tagespresse über den Streit zwischen den Unionsparteien umschreiben: „Ich habe mich dieser Tage häufiger gefragt: Wie sollen wir erfolgreich für Vernunft und Augenmaß in der politischen Debatte werben, wenn auf höchster Ebene und selbst im Regierungslager mit Unnachsichtigkeit und maßloser Härte über eigentlich doch lösbare Probleme gestritten wird?“ Wir hätten diese Debatte anders führen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.