Protocol of the Session on February 4, 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 28. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Raether-Lordieck, Frau Kagelmann und Frau Nicolaus.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Es liegt dazu ein Antrag der AfD-Fraktion vor, den Tagesordnungspunkt 10 der heutigen Sitzung, Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 6/4008, von der Tagesordnung abzusetzen. Das ist nach § 79 Abs. 5 der Geschäftsordnung jederzeit möglich. Gibt es Widerspruch dagegen, diesen Tagesordnungspunkt, diesen Antrag abzusetzen? – Ich sehe keinen Widerspruch. Der Tagesordnungspunkt 10 ist damit gestrichen.

Die vom Präsidium festgelegten Redzeiten für die Tagesordnungspunkte 3 und 6 bis 11 werden entsprechend angepasst und betragen nunmehr: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 45 Minuten, GRÜNE 35 Minuten, Staatsregierung 64 Minuten. Diese Redezeiten können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 13, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion GRÜNE liegt Ihnen in der Drucksache 6/4113 mit dem Titel „Nie wieder Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der deutschen Grenze“ vor. Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 53 Abs. 3 Geschäftsordnung die Dringlichkeit des vorliegenden Antrags festzustellen. Dann müsste der Antrag noch während dieser Sitzung abschließend behandelt werden. Voraussetzung für eine Dringlichkeitserklärung ist, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung des Landtags über den Antrag nicht mehr erreichbar ist. Ich bitte jetzt die einbringende Fraktion um die Begründung der Dringlichkeit; wie gesagt, der Dringlichkeit. Auf Inhalte wird bei dieser Begründung noch nicht eingegangen. Bitte, Herr Kollege Lippmann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich begründe die Dringlichkeit des Antrags wie folgt: Am 30. Januar erklärte die Bundesvorsitzende der AfD und Mitglied des Sächsischen Landtags, Frau Dr. Frauke Petry, in einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“, dass der illegale Grenzübertritt nach Deutschland notfalls auch durch Schusswaffengebrauch verhindert werden müsse. Am 31. Januar äußerte das Mitglied des Europäischen Parlamentes und Stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch, dass dieser Schusswaffeneinsatz auch gegen Frauen und Kinder gelten müsse.

Aufgrund dieser Äußerungen hat sich meine Fraktion entschieden, einen Dringlichen Antrag zur Auseinandersetzung mit diesen Forderungen einzureichen. Die Forderungen nach einem Schusswaffeneinsatz an der deutschen Grenze sind von ungeheurer Dimension. Sie brechen mit dem entscheidenden Grundsatz, dass es einen Schießbefehl an der deutschen Grenze nie wieder geben darf, und sind zutiefst menschenverachtend.

Derartigen Äußerungen muss der Landtag schnell, deutlich und entschlossen entgegentreten. Wir stehen als Hohes Haus in der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung, unverzüglich deutlich zu machen, dass derartige Äußerungen eine Grenze überschreiten. Es muss unverzüglich und sofort geschehen, um eine weitere Verfestigung der Forderungen nach Schusswaffengebrauch an deutschen Grenzen entgegenzutreten. Dies gilt nicht zuletzt, weil eine maßgebliche Protagonistin Mitglied dieses Landtags ist und die Äußerungen damit auch auf dieses Haus zurückfallen.

Aufgrund dieses akuten Handlungsdrucks ist der Antrag dringlich. Bei der Behandlung im üblichen Verfahren würden eine unmittelbare Auseinandersetzung unterbleiben, sich die Forderungen gegebenenfalls verfestigen. Es bedarf jedoch eines schnellen und deutlichen Beschlusses in dieser Frage, der auch nicht durch eine bloße Aussprache, beispielsweise im Rahmen einer Aktuellen Debatte, hätte erfolgen können. Da die Äußerung erst am Wochenende gefallen war, war überdies eine Einreichung in den Geschäftsgang im rechtzeitigen Verfahren nicht möglich.

Ich bitte um Bejahung der Dringlichkeit.

Vielen Dank, Kollege Lippmann. So der Bedarf besteht, können jetzt andere Fraktionen jeweils eine Stellungnahme abliefern. – Bitte, Kollege Piwarz für die CDU-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Wir haben großes Verständnis dafür, dass man über die Äußerungen von Frau Petry und Frau von Storch auch parlamentarisch diskutieren kann und diskutieren muss. Nur, Herr Kollege Lippmann, Sie haben schlicht und ergreifend das falsche parlamentarische Mittel dafür gewählt. Ich will noch einmal in Erinnerung rufen, was in unserer Geschäftsordnung zum Thema „Dringliche Anträge“ steht: Voraussetzung für die Dringlichkeit eines Antrages ist, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung des Landtags über einen solchen Antrag nicht erreichbar ist.

Nur eine aktuelle Diskussion in der Öffentlichkeit wird nicht reichen, um diese Notwendigkeit hier zu begründen. Man kann der AfD zwar relativ viel zutrauen, ich glaube nur nicht, dass sie bis zur nächsten regulären Landtagsplenarsitzung im März in der Lage ist, über parlamentarische oder gar administrative Mehrheiten zu verfügen, um ihre abstrusen Ideen in irgendeiner Weise in die Tat umzusetzen.

Deshalb ist ein normales, übliches Verfahren hier durchaus angezeigt. Wenn Sie es unbedingt zum Gegenstand dieser Plenarsitzung hätten machen wollen – es wäre Ihnen unbenommen gewesen, bis Montag, 12 Uhr, das Thema Ihrer Aktuellen Debatte entsprechend zu ändern. Dann hätten wir die Möglichkeit gehabt, hier darüber zu sprechen.

Ein Dringlicher Antrag ist das untaugliche Mittel. Die Dringlichkeit ist nicht gegeben und dementsprechend werden wir die Dringlichkeit ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Scheel an Mikrofon 1 für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Auch wir haben mit Bestürzung am Wochenende die Äußerungen von Frau Petry, dem Mitglied dieses Hohen Hauses, zur Kenntnis genommen. Es ist Ihnen entgangen, dass es einen Unterschied gibt, ein Verbrechen auszuüben und an diesem Verbrechen gehindert zu werden, und dem Vergehen, das bei einem illegalen Grenzübertritt stattfindet. Aber das passt natürlich in das Weltbild der AfD. Für sie sind Flüchtlinge offensichtlich Verbrecher, die mit der Schusswaffe aufzuhalten sind.

(Jörg Urban, AfD: Die Dringlichkeit begründen!)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen – das ist dringend geboten – eine Debatte in diesem Haus –

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das debattieren wir gern!)

und auch eine Entscheidung, die diese Äußerung ganz klar zurückweist.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Machen Sie sich nicht lächerlich!)

Daher ist auch die Rechtzeitigkeit hier gegeben. Wir müssen relativ schnell handeln, weil der Schaden, der für dieses Haus entstanden ist, mit einem weiteren Zögern und Warten nicht kleiner wird. Wir brauchen dieses dringende Signal und deshalb auch den dringenden Antrag. Wir werden deshalb der Dringlichkeit dieses Antrages zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN – Dr. Frauke Petry, AfD: Dass Sie sich nicht schämen, Herr Scheel!)

Bitte, Frau Kollegin Neukirch, an Mikrofon 3.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Antragstellern geht es um Äußerungen von Frau Petry und weiteren AfDMitgliedern vom Wochenende, mit denen sich die AfD vom demokratischen Grundverständnis in unserer Gesellschaft verabschiedet.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Sie sollten es auch besser wissen!)

Darüber muss eine Debatte geführt werden.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Sehr gern!)

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist aber die Dringlichkeit aus Gründen, wie sie Herr Piwarz schon beschrieben hat, nicht gegeben, da die zweite Stufe, nämlich das normale parlamentarische Verfahren, offensteht. Das heißt, die Debatte über diese Äußerung wird im parlamentarischen Verfahren notwendig und auch möglich sein. Wir sollten uns in diesem Verfahren damit beschäftigen, ob wir in einer Welt leben wollen wie die AfD – mit Kleingeist, Intoleranz und Unfreiheit – oder ob wir für die Werte unserer Gesellschaft für Freiheit, Menschenachtung und Minderheitenschutz einstehen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das war Frau Neukirch für die SPD-Fraktion. Jetzt erhält Herr Wurlitzer für die Fraktion AfD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Wir werden der Dringlichkeit zustimmen, weil wir mit den abenteuerlichen Erklärungen, die wir gerade gehört haben, aufräumen und ganz klar auch über die Gesetzeslage sprechen wollen, auch wenn das, wie es Herr Piwarz beschrieben hat, nicht unbedingt der Geschäftsordnung entspricht.

(Christian Piwarz, CDU: Gar nicht!)

Aber, lieber Herr Piwarz, wenn es Themen gibt, die besprochen werden müssen, dann müssen wir sie besprechen, und zwar jetzt, so schnell es geht. In vier Wochen ist es dann verpufft. Wir werden dem Antrag der Dringlichkeit zustimmen.

(Beifall bei der AfD – Unruhe)

Gut.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU – Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist doch lustig, warum nicht!)

Wir haben die Begründungen der verschiedenen Fraktionen gehört. Wir stimmen nun darüber ab, ob die Dringlichkeit gegeben ist oder nicht. Wer dafür ist und die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Keine. Meine Damen und Herren! Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.

Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 28. Sitzung ist damit bestätigt. Wir können in diese eintreten.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Wir für Sachsen –

bürgerschaftliches Engagement wird gestärkt

Antrag der Fraktionen CDU und SPD