Protocol of the Session on November 16, 2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 63. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Tillich, Herr Wehner, Herr Panter, Herr Barth, Frau Dr. Petry und Frau Klotzbücher.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor.

Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 und 6 bis 10 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 95 Minuten,

DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 35 Minuten, GRÜNE 35 Minuten, fraktionslose MdL je 4,5 Minuten, Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 12, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. – Die Tagesordnung der 63. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Erste Aktuelle Debatte: Wichtiger Erfolg auf dem

Weg zur Exzellenz – Sächsische Spitzenforschung unterstützen

und Wissenschaftsstandort Sachsen weiter stärken

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Zweite Aktuelle Debatte: Ein politischer Neuanfang braucht eine neue

demokratische Kultur – moderne Bürgergesellschaft statt Obrigkeitsstaat

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu liegen mir die rechtzeitig eingegangenen Anträge auf Aktuelle Debatten vor. Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minu

ten, GRÜNE 17 Minuten, fraktionslose MdL je 1,5 Minuten, Staatsregierung zwei Mal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir kommen jetzt zu

Erste Aktuelle Debatte

Wichtiger Erfolg auf dem Weg zur Exzellenz – Sächsische Spitzenforschung

unterstützen und Wissenschaftsstandort Sachsen weiter stärken

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge: DIE LINKE, AfD, GRÜNE, die fraktionslose Abgeordnete Frau Dr. Muster und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Für die einbringende CDU-Fraktion ergreift jetzt Frau Kollegin Fiedler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anlass der heutigen Aktuellen Debatte ist die Entscheidung von vor rund einem Monat, sieben Forschungsprojekte aus Sachsen in die zweite Phase des Exzellenzwettbewerbs aufzunehmen. Das ist ein großer

Erfolg, nicht nur aus sächsischer Sicht oder aus der Sicht der neuen Bundesländer, sondern auch deutschlandweit.

14 Antragsskizzen gab es. Die Hälfte davon hat es in die nächste Runde geschafft. Das ist ein starkes Signal, wenn man weiß, dass es um einen harten Wettbewerb geht. Es geht um internationales Spitzenniveau in der Forschung. Es ist von einem international besetzten Expertengremium bewertet worden. Das Ergebnis ist ein toller Erfolg für Sachsen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wenn man sich die Antragsskizzen anschaut, erkennt man, dass Wissenschaft nicht etwas Abgehobenes ist oder nur das Interesse einzelner Forscher betrifft, sondern dass es ganz klar um die Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes geht. Hier wird nach Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft gesucht. Hier werden Ideen entwickelt, die Arbeitsplätze entstehen lassen; die sich mit existenziellen Fragen beschäftigen. Ich denke beispielhaft an die Projektskizze zum taktilen Internet, aber auch an Themen, die die Gesundheit und das Leben der Menschen betreffen. In diesem Zusammenhang ist das Projekt „Regenerative Therapien“ mit den Bereichen Krebsforschung und Adipositasforschung in Leipzig zu nennen. Das betrifft, wie gesagt, existenzielle Fragen.

Das Abschneiden in der ersten Phase der Exzellenzstrategie ist ein Indikator für die hohe Qualität und Leistungskraft der Hochschulen, für exzellentes Arbeiten, gute Teamarbeit, ein innovatives Umfeld und generell für gute Rahmenbedingungen. Zu Letzteren gehören eine entsprechende finanzielle Ausstattung und ein entsprechender gesetzlicher Rahmen; diesen bildet unser Hochschulfreiheitsgesetz.

Die finanziellen Bedingungen haben wir in den letzten Jahren deutlich verbessern können. Die Hochschulen haben durch den Hochschulentwicklungsplan wesentlich mehr Planungssicherheit und Berechenbarkeit erlangt. Sie erreichen mehr Stabilität durch die Anzahl der festgeschriebenen Stellen. Die Mittel sind noch einmal erhöht worden; 1,3 Milliarden Euro stehen 2017 und 2018 für die Hochschulen zur Verfügung, 600 Millionen Euro für die Forschung. Das ist Geld, das in die Köpfe in unserem Land, in die Wissenschaft in unserem Land fließt.

Neben der Investition in die Köpfe gehört auch eine hohe Investitionsquote dazu. Ich möchte, dass wir auch weiterhin in Beton investieren, den die Wissenschaftseinrichtungen benötigen. Vielleicht ist es perspektivisch mehr Carbonbeton, der in Dresden entwickelt wird. Wir brauchen jedenfalls weiterhin Geld für die Sanierung bzw. den Neubau von Einrichtungen.

Ich möchte als Beispiel den Hochleistungsrechner in Dresden nennen: Allein das Gehäuse hat 45 Millionen Euro gekostet, und 15 Millionen Euro wurden in die technische Ausstattung investiert. Das sind Summen, die im Wissenschaftsbereich durchaus notwendig sind.

Ein weiterer Eckpfeiler ist das Hochschulfreiheitsgesetz. Mit diesem geben wir den Hochschulen die notwendige Freiheit, die sie in diesem dynamischen Umfeld für ihre Entwicklung brauchen. Andererseits – das haben wir schon in der vergangenen Landtagssitzung deutlich gemacht – haben wir dort, wo es notwendig war, nachjustiert. Wir ermöglichen Tenure-Track zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Berufungsmöglichkeit auf W 3 zur Rufabwehr. Notwendige Nachjustierungen erfolgen also.

Was wollen wir? Wir wollen ein Hochschulwesen, das in der Spitzenforschung mithalten kann und das die zukünftigen Lehrer, Ärzte, Staatsanwälte, Richter und Informati

ker, die auf dem Arbeitsmarkt so dringend gebraucht werden, ausbildet. Diese Balance ist wichtig. Wir wünschen uns weiterhin die kluge Begleitung durch das Wissenschaftsministerium; diese ist notwendig.

Wir wollen exzellente Universitäten, starke Hochschulen für angewandte Wissenschaften – dass sie stark sind, haben sie in ihrem eigenen Exzellenzwettbewerb „Innovative Hochschule“ unter Beweis gestellt – sowie eine in die Fläche wirkende Berufsakademie. Jede Einrichtung soll entsprechend ihrer Spezifikation gefördert und gestärkt werden.

Das vorliegende Ergebnis der ersten Phase der Exzellenzstrategie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist für uns Ansporn, die leistungsfähige Hochschullandschaft in Sachsen im Dialog mit den Einrichtungen weiterzuentwickeln, verlässlicher Partner zu sein, dort, wo es notwendig ist, zu unterstützen, Dresden und Leipzig auf ihrem Weg zu begleiten, aber auch das Potenzial, das im Zuge des Bewerbungsverfahrens in Chemnitz entstanden ist – Chemnitz hat es leider nicht in die nächste Runde geschafft –, weiter zu nutzen. Darauf wird mein Kollege Stephan Meyer in der zweiten Runde eingehen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war die einbringende CDU-Fraktion. Auch die SPD-Fraktion ist Einbringerin. Das Wort ergreift jetzt Herr Kollege Mann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erinnert sich noch jemand an 2004? Durch die Medien geisterte das Motto „Brain up! Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten“. Nein, das war keine Castingshow, sondern der erste Titel – man könnte ihn „Arbeitstitel“ nennen – eines wissenschaftsgeleiteten Wettbewerbs in der Spitzenforschung, der Beginn der Bundesexzellenzinitiative.

Das war zugleich ein Impuls zur Stärkung der Innovationsfähigkeit Deutschlands und auch der Versuch, Erstarrung in Forschung zu überwinden und eine stärkere Kooperation zwischen Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen zu erreichen. Diese Initiative war unmittelbar mit dem Namen Edelgard Bulmahn, der damaligen SPD-Bundesforschungsministerin, verbunden.

Keine Sorge, meine Damen und Herren, ich will hier nicht lange Ausführungen machen und sagen, früher war alles besser. So begann 2004 auch eine andere Debatte, die zur ersten Föderalismuskommission, die uns zwei Jahre später das strikte Kooperationsverbot für Bildung und Wissenschaft bescherte. Dennoch: 2004 markiert einen Aufbruch, der die Wissenschaftslandschaft in Deutschland und insbesondere in unserem Freistaat Sachsen verändert hat. Inzwischen haben wir drei Runden der Exzellenzinitiative erlebt, die insbesondere zur Schärfung der Forschungsprofile beigetragen haben.

Die Technische Universität Dresden – das wurde gerade schon von Kollegin Fiedler angedeutet – war von Beginn an erfolgreich bei der Antragstellung, sowohl in der Förderlinie Graduiertenschule als auch bei den Exzellenzclustern. Seit 2012 wird auch das Zukunftskonzept „Die synergetische Universität“ der TU Dresden gefördert, als eines von elf deutschlandweit. Auch die Universitäten in Leipzig und Chemnitz konnten sich mit einer Graduiertenschule und einem Exzellenzcluster erfolgreich beteiligen. Zudem – und hier sticht Sachsen durchaus unter den anderen Bundesländern heraus – haben wir 2007 unter Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange eine eigene Landesexzellenzinitiative auf den Weg gebracht. Fünf Projekte entstanden damals, die noch heute profilgebend sind und inzwischen teilweise von der Bundesexzellenzinitiative oder anderen hoch dotierten Bund-LänderProgrammen gefördert werden.

Der Blick zurück zeigt übrigens auch, dass mit der 2012 vom Ministerpräsidenten abgegebenen Patronatserklärung ein riesiges Investitions- und Bauprogramm für die Spitzenuniversität Dresden ins Leben gerufen wurde, um nachhaltige Forschungsstrukturen zu schaffen. So hat der Freistaat Sachsen seitdem allein in Dresden über 214 Millionen Euro investiert und auch für das schon angesprochene Exzellenzcluster MERGE in Chemnitz wurden knapp 30 Millionen Euro eingesetzt. So ein Forschungsneubau entsteht ja meist als sichtbarstes Zeichen dafür, dass eine wissenschaftliche Struktur dauerhaft besteht. Man kann also mit Fug und Recht sagen: Die Bundesexzellenzinitiative hat unser Wissenschaftsland Sachsen verändert, ja, sie hat diese geprägt.

Aber blicken wir nach vorn. Inzwischen ist die Erkenntnis gereift, dass das strikte Kooperationsverbot in der Wissenschaft nicht zielführend war. SPD und CDU haben 2014 gemeinsam den Artikel 91 b des Grundgesetzes verändert. Mit der neuen jetzt auch zu Recht Exzellenzstrategie genannten Initiative nutzen Bund und Länder diesen verfassungsrechtlichen Spielraum zum ersten Mal. Die Vereinbarung zur Exzellenzstrategie wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Wir haben gemeinsam gelernt, dass neben Wettbewerb eben auch für eine Verstetigung bei der Forschung gesorgt werden muss.

Es kam schon zur Sprache: Am 29. September 2017, kurz nach dem letzten Plenum, wurde bekannt, welche Projektskizzen der sächsischen Universitäten zu einer Antragstellung in der nun vierten Runde aufgefordert werden. Dieses Zwischenergebnis bringt Licht, aber auch Schatten mit sich. Erfreulich ist, dass gleich sechs Clusterspitzen der TU Dresden und eine der Universität Leipzig positiv begutachtet wurden. Sie haben nunmehr die Chance, im Februar nächsten Jahres den Förderzuschlag zu erhalten. Den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möchte ich auch in Namen der SPD-Fraktion herzlich gratulieren und unsere weitere Unterstützung zusichern.

Bitter ist die Entscheidung jedoch für die Leichtbauexperten der TU Chemnitz ausgefallen. Der Folgeantrag für das Exzellenzcluster MERGE wurde nicht zur Antragstellung