Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt – es sind immerhin drei: Herr Gemkow, Frau Clauß und Frau Neukirch.
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 5 bis 9 festgelegt: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Mi
nuten, SPD 50 Minuten, AfD 45 Minuten, GRÜNE 35 Minuten und Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 47. Sitzung ist damit bestätigt.
Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 14 Minu
Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge ist Ihnen bekannt: DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Das Wort ergreift zunächst für die einbringende CDU-Fraktion Herr Kollege Ittershagen.
Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der Haushaltsschlacht der letzten zwei Tage hätte ich uns das heute gern erspart, eine Aktuelle Debatte zu führen. Nichtsdestotrotz, die Welt schläft nicht und die digitale Welt schläft gleich gar nicht.
„Bildung und Wissen der Zukunft – Lernen und Lehren im digitalen Zeitalter“ steht auf der Tagesordnung der Aktuellen Debatte. Das Thema ist komplex, sodass auch ich mich nur mit einem Teilaspekt beschäftigen kann, mit der digitalen Bildung an Schulen.
Mein Kollege Wöller vergleicht die heutigen Herausforderungen mit denen der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts. Damals war die Eisenbahn der Träger des Fortschritts und des Wohlstands. Zentrales Anliegen damals war die Erschließung von Regionen mit leistungsfähiger Infrastruktur. Heute stehen wir im Zeitalter der digitalen Revolution und müssen ähnliche Herausforderungen bestreiten. Was gestern die Eisenbahn war, ist heute das Glasfaserkabel.
Der Ministerpräsident hat vorgestern den Istzustand beim Breitbandausbau hinlänglich benannt. Er ist weniger als unbefriedigend. Dieser ist aber unabdingbar für die weitere digitale Entwicklung und besonders deren wichtige Säule: die digitale Bildung. Bei der digitalen Bildung sprechen wir nicht von einer bedauerlichen Begleiterscheinung oder einem Nebenprodukt, nein, es ist eine zentrale Grundlage der Digitalisierung. Sie wird immer
mehr notwendig für die Bestreitung des Alltags und ist essenzielle Grundvoraussetzung für die Industrie 4.0. Digitale Bildung umfasst dabei natürlich die Vermittlung von Lehrplaninhalten auf digitaler Basis, die Befähigung der Schüler zum qualifizierten Nutzen von Technik, auch Informatikunterricht mit Programmieren und – das ist besonders wichtig – den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Inhalten.
Voraussetzung für ein Gelingen der digitalen Bildung ist selbstverständlich die technische Ausstattung der Schulen, Breitbandanschluss der Schulen und das – mit Verlaub – nicht nur mit 50 Megabit sowie natürlich die Befähigung der Lehrer, digitale Bildung umzusetzen.
Wie ist der Istzustand im Freistaat? Grundsätzlich ist festzustellen, dass wir kein Erkenntnisproblem haben. Alle beteiligten Akteure sind sich der Herausforderung bewusst. Eine Reihe von positiven Pilotprojekten mit guter wissenschaftlicher Begleitung hat stattgefunden.
Nun gilt es, die dort gewonnenen Erkenntnisse auf breiter Ebene umzusetzen und einzuführen. Andere Bundesländer unternehmen eine Reihe von Anstrengungen zur digitalen Bildung. Unser Arbeitskreis war in Hamm in NordrheinWestfalen. Sie machen das dort bereits vorbildlich und zeigen, was mit digitaler Bildung alles möglich ist, aber auch dort ist es nur eine Insellösung. Auch der Bund arbeitet in diesem Bereich: 5 Milliarden Euro für digitale Bildung vom Bundesbildungsministerium und die Erarbeitung einer KMK-Strategie digitale Bildung. Hier lohnt es sich genauer hinzuschauen. Womit beschäftigt sich die KMK-Strategie? Was benennt sie? Schule und berufliche Bildung in der digitalen Welt und der sich ändernde Bildungsauftrag, Umsetzung der digitalen Bildung, besonders bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrern und die Bedeutung von Digitalisierung in der akademischen Bildung. Dies alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, unter maßgeblicher Federführung Sachsens.
Um zum Ziel zu kommen, ist die Festlegung von Verantwortlichkeiten notwendig. Frau Kurth, in Ihrem Hause ruht die Hauptverantwortung. Das ist ganz klar. Sie erarbeiten eine Strategie zur digitalen Bildung, Sie übernehmen die Koordination der mitverantwortlichen Ressorts und aller Beteiligten, vor allem auf Schul- und Schulträgerebene. Sie bilden das notwendige Netzwerk.
Ittershagen begann die Redeschlacht um die digitale Bildung in Sachsen. Die Aktuelle Debatte ist eröffnet. Als Nächster spricht jetzt für die miteinbringende SPDFraktion Herr Kollege Mann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Guten Morgen! Zu Beginn des letzten Plenums dieses Jahres nehmen wir uns kein kleines Thema für die Aktuelle Debatte vor, sondern sicherlich eines der Themen des nächsten, wenn nicht der nächsten Jahre. Die Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche: die Arbeitswelt, den Gesundheitssektor, das Ehrenamt, die Politik, am deutlichsten derzeit sicherlich den Medienbereich, aber auch die Verwaltung und vieles mehr. Für das Bestehen dieses sich immer schneller, ja selbstbeschleunigenden Wandels legt der Bildungs- und Forschungsbereich die Grundlagen.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist es überfällig, intensiv darüber zu debattieren, wie der digitale Wandel Lernen, aber auch Lehren verändert oder verändern sollte. Nachdem vor Kurzem „postfaktisch“ zum Wort des Jahres gewählt wurde, rufen einige schon das „postfaktische Zeitalter“ aus.
Das ist übrigens nicht ausgemacht, aber gerade deshalb müssen wir darüber reden, wie sich Lernkulturen, wie sich die Aneignung von Wissen verändern muss; denn Fakt ist: Das kollektive Wissen, zumeist in Texten niedergelegt, vervielfacht sich in immer kürzeren Abständen. War es schon bisher für einen einzelnen Menschen kaum möglich, dieses kollektive Wissen annähernd zu durchdringen, so wird es durch sich beschleunigende Wissensproduktion in Forschung, Kunst und Gesellschaft noch weniger möglich sein.
Wie – das wurde gerade von meinem Kollegen erwähnt – schon beim Wandel von der Arbeits- zur Wissens-, zur Informationsgesellschaft werden wir andere Kompetenzen brauchen, zu denen uns Bildung befähigen muss. Jede und jeder wird sich nach Lesen, Schreiben und Rechnen eine vierte Kulturtechnik aneignen müssen. Ich nenne sie einmal den „informierten Umgang mit digitalen Medien“. Wichtige Kompetenzen des Informationszeitalters liegen im Suchen und Verarbeiten, im Kommunizieren und Kooperieren, im Produzieren, weil wir nicht mehr nur Konsumenten von Wissen sind, sondern auch zu Produzenten werden können, im Schützen dieser Inhalte und natürlich im Problemlösen. Ich versuche es einmal zusammenzufassen: im Erschließen, Prüfen und Interpretieren von Wissen in digitaler Umgebung. Insbesondere das Analysieren und Reflektieren wird also wichtiger. Das Pauken dagegen sollte zunehmend den Orchestern vorbehalten bleiben.
Voraussetzungen für diese Kompetenzen, für diese vierte neue Kulturtechnik, den Umgang mit digitalen Medien und Wissen, gibt es jedoch viele: infrastrukturelle – den Breitbandausbau, die Inhalte – Plattformen, rechtliche – den Datenschutz und das Urheberrecht, personelle – für uns insbesondere die Frage der Qualifizierung der Lehrenden – und zeitliche. Ja, den Schülern und Studierenden müssen wir mehr Zeit einräumen, das eigene Lernen gestalten zu können; denn mit der Technik besteht die reale Chance, dass wir das individuelle Fördern und Fordern im Bildungssystem realisieren.
Nein, es ist keine Science Fiction. Es gibt heute schon Bildungsplattformen, die den Lehrenden zeitnah eine Rückmeldung über den Lernfortschritt geben, die durch angepasste Aufgabenstellungen bisher noch nicht ausreichend erschlossenes Wissen vertiefen oder den Lehrenden darauf hinweisen, welche didaktischen Vermittlungsformen beim Einzelnen in seiner Gruppe besonders gut ankommen.
Hochschulen – um für den ersten Teil zu sprechen – sind dabei schon heute nicht nur intensive Nutzer digitaler Medien und Teile dieser gerade beschriebenen Bildungsplattformen, sondern zugleich Treiber digitaler Möglichkeiten mit der Entwicklung neuer Techniken und dem steten Produzieren von mehr digitalisiertem Wissen. Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren – das zeigt uns die gerade laufende Debatte um den Umgang mit digitalen Inhalten mit der VG Wort –, sind auch Hochschulen hier noch am Experimentieren und Lernen.
Wir wollen sie in den nächsten Jahren insbesondere dabei unterstützen, Open Educational Resources stärker zu nutzen. Auch ihre Curricula werden sich ändern müssen. Es wird eben nicht nur in der Informatik notwendig sein, technische Lerninhalte und Didaktiken zu vermitteln, sondern insbesondere auch in den Lehrämtern. Die KMK hat dazu gerade eine Strategie „Bildung in der digitalisierten Welt“ verabschiedet, die wir nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern intensiv debattieren und weiterentwickeln sollten.