Rico Gebhardt
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Last Statements
Freuen Sie sich, Herr Barth? –
Das ist doch schön! –
Wenn wir
Ihnen eine Freude machen können!)
Herr Lippmann hat es mir vorgesagt: Ich möchte gern eine persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach § 94 Abs. 1 der Geschäftsordnung abgeben.
Ob Sie das nun hören wollen oder nicht, Sie werden es ertragen.
Ich habe mir tatsächlich nicht träumen lassen, dass wir in Sicherheitsfragen gesellschaftlich wieder eine Mehrheit dafür finden, die sagt: Wir müssen Sicherheit über individuelle Freiheitsrechte stellen. Das ist heute mit unserem Polizeigesetz, welches von der Koalition soeben mehrheitlich verabschiedet worden ist, passiert.
Das ist auch nicht plötzlich passiert, sondern es ist ein schleichender Prozess, den wir seit vielen Monaten, eigentlich schon seit vielen Jahren beobachten. Ich will nur daran erinnern, dass wir im Jahr 2015 hier eine Sondersitzung des Parlaments hatten, in der es um das Verbot einer Veranstaltung in der Stadt Dresden ging, als ein Versammlungsverbot für einen ganzen Tag ausgestellt worden ist. Schon damals hat der Innenminister des Freistaates Sachsen gesagt: Sicherheit geht vor Freiheit.
Das übertriebene Misstrauen, das der Staat gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zeigt, haben wir schon einmal erlebt. Mit dem heutigen Beschluss zeigen wir ein tiefes Misstrauen gegenüber der eigenen Bevölkerung, etwa wenn es um Meldeauflagen geht, wenn es um das Aufenthaltsverbot geht, wenn es um Kontaktverbote geht, wenn es um die Videografie mit Gesichtserkennung geht.
Aus diesem Grund konnte ich diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Teil dieser Aktuellen Debatte hat die Überschrift „Versöhnen statt Spalten“. Was wollen Sie uns eigentlich mit dem Leitbild von Johannes Rau sagen, der es während seiner Zeit als Bundespräsident angewandt hat? Wer soll denn jetzt versöhnt werden und wer hat denn eigentlich gespalten?
Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, dass es tatsächlich die CDU gewesen ist, die in diesem Land genau diese Spaltung hervorgerufen hat, wenn Sie jetzt jammern, dass irgendein Ökonom vor sich hin denkt und alle Leute schreiben: Nein! Das geht ja überhaupt nicht! – Entschuldigung! Ich darf Ihnen einmal zitieren, was Herr Gillo im Jahr 2003 gesagt hat – es ist also schon ein paar Jahre her –: „Das ist eine Bestätigung für unsere Politik, nämlich der Leuchtturmpolitik der vergangenen 13 Jahre.“
Dann hat Ministerpräsident Biedenkopf auch einen schönen Spruch gesagt, aus dem Jahr 2004: „Wo Tauben sind, fliegen Tauben hin. Das Schwierigste ist, die ersten Tauben einzufangen.“ Das hat er erklärt, nachdem Siemens angesiedelt worden ist und er auch noch AMD nach Sachsen gelockt hatte. Herr Kollege Milbradt hat auch noch mitgemacht und erklärt: „Entweder Dresden oder gar nicht.“
Also, liebe Kollegen von der CDU, warum jammern Sie hier eigentlich? Genau diese Politik haben Sie die letzten Jahre hier, in Sachsen, vollzogen. Sie haben eine Leuchtturmpolitik betrieben. Sie haben eine Konzentration betrieben. Sie haben nicht darauf gehört, dass die Kommunen lamentiert haben. Es hat Sie nicht interessiert, dass große Teile aus dem ländlichen Raum weggezogen sind. Danach haben Sie die Wohnungen abgerissen. Ja! Danach haben Sie die Schulen geschlossen. Okay! Danach haben Sie die Buslinien abgeschafft. Den Auszug der Polizei haben Sie auch noch vorangetrieben. Den Nahverkehr haben Sie abgestellt. Nachdem die Kommunen so klein geworden sind, haben Sie sie zusammengeschlossen. Dann haben Sie noch große Kreise gebildet. Das ist nichts weiter als Leuchtturmpolitik zugunsten von einzelnen Städten, weil Sie dann eine Konzentration von Verwaltungen vor Ort vorgenommen haben. Jetzt lamentieren Sie herum, dass das alles sozusagen nicht gehen würde. Hallo! Was ist das für eine Politik?
Wenn es von Herrn Heidan kommt und hilft.
Herr Heidan, ich nehme zur Kenntnis, dass es eine Ausgangssituation gegeben hat, ja. Diese war vielleicht auch nicht einfach. Ich darf Ihnen aber, weil Sie mir die Gelegenheit geben, noch ein Zitat zur Antwort geben, nämlich warum sich unter anderem AMD damals in Dresden angesiedelt hat. Damals hat der Manager dieser Firma gesagt, die Ansiedlung in Dresden sei wegen der vorausschauenden Weisheit der Staats- und Parteiführung der DDR möglich gewesen, weil sie damals nämlich die Mikroelektronik in Dresden angesiedelt habe.
Also, Herr Heidan, tun Sie nicht so, als wenn hier alles nur grau, heruntergekommen und heruntergewirtschaftet gewesen wäre. – Das war die Antwort auf Ihre Frage.
Wenn Sie mir diese Frage stellen, Herr Heidan, Entschuldigung, dann kann ich Ihnen nur antworten, was hierzu auch gesagt worden ist.
Ich will Sie noch einmal darauf hinweisen, dass Ihr heutiges Lamentieren auf hohem Niveau tatsächlich mit Ihrer eigenen Politik zu tun hat. Ich will auch daran erinnern, dass schon im Jahr 1999 einer meiner Vorgän
ger, nämlich Peter Porsch, eine heftige Auseinandersetzung auch während des Wahlkampfs geführt hat, nämlich genau über diese Ansiedlungspolitik. Das kann man übrigens gut nachlesen in einem Buch, das ein nicht ganz unbekannter Mann aus dem Sächsischen Landtag, der heute hier Verantwortung trägt, nämlich Herr
Dr. Schubert, herausgegeben hat. Er hat nämlich damals aufgelistet, welche Auseinandersetzungen die politischen Parteien gerade auch im Zusammenhang mit der Leuchtturmpolitik der sächsischen CDU geführt haben.
Ich will am Ende meiner Ausführungen in der ersten Runde vor allen Dingen noch einmal darauf hinweisen, worum es uns jetzt geht. Ich darf dazu Herrn Dr. Brückner vom sächsischen Verband der Wirtschaft zitieren. Er hat uns ans Herz gelegt:
„Die Landespolitik muss vielmehr mit einer klugen Strukturpolitik dafür sorgen, dass dort leistungs- und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen bestehen, wo produktive Arbeit zur Wertschöpfung und damit zur Sicherung des gesellschaftlichen Wohlstands beiträgt, das heißt beispielsweise, auch im ländlichen Raum eine wohnortnahe Versorgung bei Kindergärten und Schulen zu gewährleisten sowie Berufsschulstandorte zu sichern.
Zudem müssen die sächsischen Fördermittel für die öffentlichen Forschungseinrichtungen konsequent an die Zusammenarbeit mit konkreten Kooperationen mit regionalen Unternehmen vor Ort gebunden werden.“
Hätten wir diese Forderung aufgemacht, würden Sie uns Sozialismus vorwerfen und Kommunismus, was Sie nicht mehr wollen. Also wenn Sie wenigstens Ihre Fehler eingestehen würden und sagten, wir haben erkannt, dass wir Fehler gemacht haben und deswegen umsteuern, dann würde ich sagen: Sie machen jetzt vielleicht doch eine ehrliche Politik. Da Sie das aber nicht machen, glaube ich Ihnen das nicht. Deswegen ist das alles nur Wahlkampfgetöse, das Sie aufgrund einer Aussage eines Professors aus Halle vornehmen. Das ist unredlich.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache Ihnen ein Angebot: Sie stimmen unserem Gesetzentwurf zu, damit haben Sie am 7. Juni einen Tag frei und können mit Ihrer Familie und Ihren Freunden ein verlängertes Pfingstwochenende genießen.
Wenn dann noch Lust besteht, können wir gemeinsam nach Meißen fahren und den zusätzlichen Tag beim Literaturfest begehen. Frau Kuge wird sich wahrscheinlich freuen, vielleicht auch Frank Richter. Sie müssen natürlich zustimmen. Das ist die Voraussetzung dafür. Aber da ich Sie ein wenig wie die Briten einschätze, dass Sie keinen Deal wollen, versuche ich es mit einigen Argumenten.
Ich vermute, dass allen hier die Bedeutung des Kindertages präsent ist. In 145 Staaten dieser Welt begehen die Menschen am 1. Juni den Kindertag. Im Mittelpunkt steht die Frage der Rechte der Kinder. Das sollte uns auch in Sachsen ein wichtiges Thema sein, wo derzeit jedes fünfte Kind in Armut lebt. Das ist Grund genug für diesen besonderen Tag.
Aus unserer Sicht gibt es aber noch einen Grund, einen gesetzlichen Feiertag einzuführen. Es gibt ein weiteres großes Thema, mit dem wir es zu tun haben, nämlich das Thema „Mehr Zeit für Familie“. Der Freitag – also im wahrsten Wortsinne –, der regelmäßige Familienfeiertag am Freitag, soll als gesetzlicher Feiertag am ersten Freitag im Juni stattfinden und diesem Ansinnen dienen. Ich denke, wir als termingeplagte Abgeordnete sollten ein großes Interesse daran haben.
Mit Ihnen gemeinsam, Herr Schmidt, würde ich den Tag gern begehen wollen, weil er nicht nur für die Familie ist, sondern man sollte diesen Tag auch mit Freunden begehen.
An die CDU-Fraktion: Sie haben aus unserer Sicht den größten Wiedergutmachungsbedarf, weil – wie wir alle wissen – es in Sachsen einen gesetzlichen Feiertag gibt, den Buß- und Bettag. Den gibt es nur in Sachsen.
Das ist seit einem knappen Vierteljahrhundert so, eine sächsische Spezialität. Nun besteht diese Spezialität nicht darin, dass wir mehr Feiertage hätten als Bayern zum Beispiel, das seit Anfang der Neunzigerjahre von der CDU als leuchtendes politisches und wirtschaftliches Vorbild geführt wird. Nein, wir haben zwei Feiertage weniger als Bayern. Die Besonderheit ist, dass die Menschen in Sachsen für einen ihrer gesetzlichen Feiertage zusätzlich bezahlen müssen, nämlich für die Pflegeversicherung.
Der DGB hat es einmal ausgerechnet: Jeder Beschäftigte in Sachsen zahlt im Schnitt 10 Euro im Monat oder bei einem Bruttoeinkommen von 3 100 Euro 190 Euro im Jahr. Neben dem speziellen Wiedergutmachungsbedarf der CDU gibt es auch einen grundsätzlichen Entschädigungsbedarf, nämlich den für die zunehmende unbezahlte Arbeit in unserem Land. So hat es nach den letzten verfügbaren Zahlen von 2017 in Sachsen 58,4 Millionen Überstunden gegeben. Die Hälfte ist unbezahlt. Das entspricht einer Steigerung von sagenhaften 35 % zu 2016. Wenn man das einmal auf jeden Einzelnen umrechnet, kommt man leicht darauf, dass jeder Beschäftigte dem Unternehmen zwei Arbeitstage geschenkt hat. Nun denke ich, dass es recht und billig ist, wenn wir als Landtag den Beschäftigen im Freistaat Sachsen einen dieser Arbeitstage zurückschenken.
Ein solcher Feiertag wäre aus meiner Sicht ein starkes Signal an die Familien in Sachsen. Wobei für uns LINKE Familien nicht ausschließlich Mama, Papa, Kind sind – damit Herr Schmidt noch einmal ins Spiel kommt. Dieser neue Feiertag passt auch als nicht konfessioneller Feiertag zu einer Gesellschaft, die zu drei Vierteln nicht religiös, aber an humanistischen Werten des Zusammenlebens interessiert ist. In einer Zeit, in der es immer um höher, schneller, weiter geht, wäre ein solcher Feiertag genau der richtige.
Die IG Metall hat in ihrem letzten Tarifabschluss mit dem Slogan „Mein Leben, meine Zeit“ eine neue Richtung eingeschlagen. So können die Beschäftigten zwischen mehr Geld und mehr Freizeit – in dem Falle acht zusätzli
chen Urlaubstagen – wählen. Eine erste Zwischenbilanz einer Befragung ergab, dass es für die Beschäftigten entscheidend ist, dass sie mehr Freizeit haben. 70 bis 80 % haben sich für diese acht Urlaubstage entschieden.
Ich komme noch einmal zurück: In Sachsen gibt es aktuell elf gesetzliche Feiertage. Damit liegt es im Bundesvergleich im Mittelfeld. Wenn ich mir die Aktuellen Debatten in manchen Bundesländern anschaue, gibt es dort eine lebhafte Feiertagsdebatte. In sieben Bundesländern wurden 2018 und 2019 neue Feiertage eingeführt. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen wurde 2018 der Reformationstag als Feiertag eingeführt.
In Berlin hat das Abgeordnetenhaus vor wenigen Tagen der Einführung eines Feiertags am 8. März, dem Internationalen Frauentag, zugestimmt. In Thüringen soll der 20. September, der Weltkindertag, erstmals ein Feiertag werden. Der zuständige Ausschuss hat bereits in der vorvergangenen Woche seine Zustimmung dazu signalisiert. Man sieht also, dieses Thema bewegt die Republik – gerade in einer Zeit der Arbeitsverdichtung und der allgemeinen Klagen über zu viel Stress und Hektik.
Ich will die Chance nutzen, auf einige Kritiken zu unserem Gesetzentwurf einzugehen, die es im Ausschuss gab. So gab es den Vorwurf, dass es keine Anhörung gab, die von uns beantragt wurde. Das stimmt. Jedoch frage ich mich, wenn es Informationsbedarf bei den anderen Fraktionen gibt, warum sie keine Anhörung beantragt haben. Es gab zwischen der ersten Lesung und heute ausreichend Zeit.
Die SPD und die GRÜNEN waren im Ausschuss der Meinung, das sei ein Familienfreitag, der die Probleme der Familien nicht löse. Hier seien vielmehr weitgehendere Maßnahmen notwendig. Etwas anderes hat meine Fraktion nie behauptet. Patrick Schreiber selbst kritisierte, dass die Einführung eines Feiertages, der stets auf einen Werktag fällt, die Anhebung der Pflegebeitragssätze für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach sich zöge.
Ich will das hier noch einmal deutlich sagen, auch für Herrn Schreiber: Das stimmt nicht. Ich darf kurz darauf hinweisen, dass es zwar richtig ist, dass 1995 die Pflegeversicherung als Pflichtversicherung eingeführt worden ist. Darüber habe ich schon gesprochen. Es ist aber auch richtig, dass alle Bundesländer zum Ausgleich der Kostensteigerung den Buß- und Bettag abgeschafft haben – alle außer Sachsen. Deshalb müssen die sächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ein Verdienst der CDU – den Beitrag bis zum heutigen Tag vollständig selbst bezahlen.
Die Einführung eines neuen Feiertages hat nach dem SBG XI keinen Einfluss auf die Pflegebeiträge. Meine Empfehlung: Lesen Sie das selber noch einmal nach, ich kann es Ihnen aber auch vortragen: „Zum Ausgleich der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft werden die Länder einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufheben.“ So steht es im § 58 Abs. 2 des SGB XI.
Liebe SPD und liebe GRÜNE, mit dem Familienfeiertag herrscht tatsächlich noch kein Paradies auf Erden. Aber für dieses Versprechen ist DIE LINKE nicht zuständig. Meine Fraktion hat in dieser und in der letzten Legislaturperiode eine Vielzahl von familienpolitischen Initiativen in den Landtag eingebracht und thematisiert. Ich darf Sie gern noch einmal daran erinnern.
So haben wir das Thema Kinderarmut als zentrales Problem immer wieder in den Fokus gerückt. Wir haben die Themen Familienbildung, Familienfreizeitangebote und Familienberatung vorgestellt. Familien in besonderen Lebenslagen war ein Thema. Eltern mit Suchtkrankheiten, Eltern mit Behinderung und allgemeine familienpolitische Forderungen, wie zum Beispiel ein Familienpass und Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, wurden von uns hier im Sächsischen Landtag angesprochen und thematisiert. Im gerade beschlossenen Doppelhaushalt haben wir gefordert, dass für Familien 13 Millionen Euro im Jahr 2019 und 18 Millionen Euro im Jahr 2020 in Form einer Familienpauschale für die Landkreise und kreisfreien Städte zusätzlich fließen sollen. Abgelehnt wurde das leider auch von der SPD.
Ich schlage also vor, Sie stimmen unserem Gesetzentwurf zu. Wir legen Ihnen gern alle familienpolitischen Maßnahmen wieder vor – in der Reihenfolge, die ich eben genannt habe. Dann kann der Landtag diesen zustimmen, und dann befinden wir uns in dem von Ihnen gewünschten Paradies für Familien.
Nicht zu vergessen – und das ist noch als Kritik für Herrn Fischer, weil er sich gern darüber aufregt –, die üblichen wirtschaftspolitischen Ladenhüter als Gegenargument noch einmal vorzutragen. Ein weiterer Feiertag schadet der Wirtschaft, ist die Botschaft von Herrn Fischer, die er laut und deutlich sendet.
Die Wirtschaft in Bayern und Baden-Württemberg müsste längst zusammengebrochen sein, weil sie mehr Feiertage als wir haben. Tatsächlich sind aber die Länder Bayern und Baden-Württemberg die wirtschaftlich stärksten, obwohl sie die meisten Feiertage haben. Ansonsten verweise ich gern auf ein Wirtschaftsgutachten, das in den letzten Wochen erst erstellt wurde, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Feiertagen geringer sind als vermutet. Die Auswirkungen fallen zudem branchenspezifisch unterschiedlich aus. Da Sie aus dieser Branche kommen, wissen Sie, dass das Hotel- und Gaststättengewerbe davon sogar profitieren würde.
Unabhängig davon, wie die Mehrheiten heute hier im Landtag entscheiden, darf ich Ihnen sagen, dass meine Fraktion gestern per Beschluss die Betriebsvereinbarung mit den Beschäftigten unserer Fraktion dahin gehend geändert hat, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab diesem Jahr einen Familientag als freien Tag gewährt bekommen – für immer am ersten Freitag im Monat Juni.
Fazit: Es spricht viel für und nichts gegen einen sächsischen Familienfeiertag. Geben Sie sich also einen Ruck und stimmen Sie zu!
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Das war der Beitrag von Herrn Gebhardt von den LINKEN. Es folgt Frau Kuge von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Frau Kuge.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank an die Koalition, dass wir uns heute mit diesem Thema beschäftigen können. Ich glaube, Frau Springer, wir sind uns alle darüber einig, dass das nicht nur eine Herzensangelegenheit der CDU-Fraktion bzw. der Koalition ist, an den 9. November 1938 zu erinnern.
Wir wissen, dass die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 das Ergebnis von Geschichte gewesen ist, das Ergebnis einer Geschichte, die nicht erst 1933 begonnen hat, sondern viel früher, aber gerade und besonders mit der Machtübernahme Adolf Hitlers und seiner NSDAP: nämlich die Ausgrenzung einer Menschengruppe und einer Religion. Das Ergebnis war Auschwitz. Das Ergebnis war auch, dass die Menschen – Frau Kliese hat es gerade gesagt – geschwiegen, zugeschaut, weggeschaut und letztendlich toleriert und akzeptiert haben. Nur deswegen konnte es Auschwitz geben.
Den aktuellen Bezug herzustellen, fällt dem einen mehr oder anderen weniger schwer oder leicht. Wir erinnern uns alle an den Überfall auf das Chemnitzer Restaurant vor wenigen Wochen. Die Polizei war relativ schnell vor Ort. Dann passierte wieder etwas, wo ich sage: Genau das ist es, wo wir hinschauen müssen, wo wir nicht wegschauen dürfen und wo wir uns selbst immer wieder daran erinnern müssen, dass ein Überfall auf ein jüdisches Restaurant nichts Normales sein darf. Dass es einige Tage gedauert hat, bis es öffentlich geworden ist und man darauf hingewiesen hat, ist ein bisschen das, wo ich denke, dass wir aufpassen müssen, Antisemitismus nicht als etwas Normales, als etwas, das uns alle nicht betrifft, anzusehen.
Deswegen hatte meine Fraktion bereits Anfang dieses Jahres im Sächsischen Landtag einen Antrag gestellt, der die Errichtung eines sächsischen Antisemitismusbeauftragten – in dem Falle nach dem Modell der Bundesregierung – vorsieht. Wir haben vorgeschlagen, diesen Antisemitismusbeauftragten bei der Staatsregierung in der Staatskanzlei anzusiedeln. Dazu gab es vor wenigen Wochen im Sächsischen Landtag eine Anhörung. Ich darf Ihnen von einer Sachverständigen ein Zitat vorlesen. Den meisten hier im Saal ist sie sicherlich bekannt: Frau Dr. Nora Goldenbogen, die auch die Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Sachsen ist. Sie sagte Folgendes: „Da wir müssen feststellen, dass die Hemmschwelle, antisemitische Klischees und offenen Antisemitismus auszusprechen, gesunken ist – sie ist eindeutig gesunken –, denke ich, reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus, so viel in den letzten Jahren in Sachsen auch gemacht wurde.“
Weiter heißt es – wieder Zitat Frau Goldenbogen –: „Wir befürworten das Amt eines oder einer Antisemitismusbeauftragten für den Freistaat Sachsen einzurichten oder eine adäquate Stelle.“ Ich denke, dass das Thema konzentriert angegangen werden muss.
Wir nehmen als Fraktion zur Kenntnis, dass die Staatsregierung, nachdem sie uns damals geantwortet hat, keinen
Bedarf für einen solchen Beauftragten sieht. Nach dem Besuch des Ministerpräsidenten in der jüdischen Gemeinde in Chemnitz, bei dem er hoffentlich nicht nur laut gedacht hat, sondern auch seinen Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vielleicht einen ordentlichen Auftrag erteilt – nämlich angesichts der Situation, die er in Chemnitz im Nachhinein persönlich erlebt hat – und in Aussicht gestellt hat, dass er prüft, ob es im Freistaat Sachsen einen Antisemitismusbeauftragten geben könnte.
Wir haben zur Kenntnis genommen: Auf Bitte haben wir unseren Antrag im Innenausschuss, davor im Verfassungs- und Rechtsausschuss von der Tagesordnung genommen. Ich kann mein Angebot nur erneuern. Uns geht es weder darum, die Ersten gewesen zu sein, noch darum, dass unser Antrag beschlossen wird. Es geht uns darum, dass wir als sächsisches Parlament gemeinsam mit allen demokratischen Kräften ein Zeichen setzen und die Stelle für einen solchen Antisemitismusbeauftragten – wo immer die Stelle dann auch angesiedelt sein mag; ob in der Staatskanzlei oder im Sächsischen Landtag oder als gemeinsames Gremium – einrichten wollen.
Wir sollten gelernt haben, nicht wegzuschauen, nicht wegzuhören, zu tolerieren, ja nicht zu akzeptieren. Die Ausgrenzung von bestimmten Bevölkerungsgruppen kann wieder zu Auschwitz führen. Das kann niemals unser gemeinsames Ziel sein.
Vielen Dank.
Dann schaffen wir eines!)
Nein, Sie haben es immer noch nicht verstanden.
Herr Präsident! Lassen Sie mich mit einer kleinen Geschichte beginnen. In der vergangenen Woche habe ich mir Medienberichte über die Ereignisse in Chemnitz angeschaut, vor allem vom Montagabend. Plötzlich erschallten aus meinem Rechner die Rufe „Ausländer raus! Ausländer raus!“. Mein sechsjähriger Sohn stand neben mir und fragte mich: „Papa, was sind denn Ausländer?“. Ich erzählte ihm, dass seine Asia aus seiner Kindergartengruppe eine Ausländerin ist. Daraufhin sagt er mir: „Warum soll sie raus? Sie hat mir doch schon ein paarmal geholfen. Das sind doch dumme Menschen, die das sagen.“. Es ist also ganz einfach, eine Haltung anzunehmen. Wenn es ein Sechsjähriger schafft, können es Erwachsene, meine Damen und Herren, auch.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Ich habe Ihnen bei Ihrer Pressekonferenz der vergangenen Woche am Dienstag nach den Vorfällen von Chemnitz aufmerksam zugehört. Ich habe den Journalistinnen und Journalisten gesagt, dass ich Ihre wohlfeilen Worte vernommen habe. Nach Ihrer jetzigen Regierungserklärung bleibt für mich wieder die entscheidende Frage offen: Meint der Mann das ernst oder redet er so, weil das gerade von ihm erwartet wird?
Sie geben sich zwar redlich Mühe, den Anschein zu erwecken, sich einem Problem zu stellen, aber aus meiner Sicht klappt das nicht so recht.
Denn was jahrzehntelang durch die sächsische CDU, durch Ihre Fraktion, negiert wurde, kann schwer mit einem Mal glaubwürdig bejaht werden. Ihre CDU, Herr Ministerpräsident, kommt mir vor wie die drei Affen: nichts sehen, nichts hören und nichts sagen.
Da Sie der Chef dieser Partei hier in Sachsen sind, sind Sie für mich der Inbegriff dessen, Sie sehen, aber Sie schauen nicht richtig hin. Sie hören, aber Sie hören nicht richtig zu. Sie reden viel, sagen aber nicht wirklich etwas.
Ich sage Ihnen, worum es geht: Es geht um Sachsens Problem mit den extremen Rechten, mit dem Rassismus, mit Fremdenfeindlichkeit, mit einer rechten Bewegung, die sich in diesem Land ausbreitet.
Herr Ministerpräsident, ich war wie Sie in Ostritz vor Ort bei den Gegenprotesten des Rechtsrockkonzertes. Ich bin bei der Veranstaltung „Rechts rockt“ nicht gewesen, aber beim Friedensfest auf dem Markt, wie Sie. Auf dem Friedensfest haben Sie eine bemerkenswerte Aussage getroffen, nachdem Sie Sebastian Krumbiegel von den Prinzen getroffen haben. Sie haben öffentlich die von den LINKEN organisierte Veranstaltung gelobt. Sie haben sie als Beitrag zum zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen Nazis gewürdigt. In den Medien galt das später als einmalige Sache in Sachsen.
Ich war, so wie Sie, Herr Ministerpräsident, am 1. Mai dieses Jahres in Chemnitz. Hier haben Sie nicht nur bei der DGB-Kundgebung gesprochen, sondern auch gemeinsam mit vielen anderen, unter anderem auch wieder mit mir, ein Transparent getragen, auf dem stand: „Vielfalt. Gerechtigkeit. Solidarität. Chemnitz – dem Rassismus keine Chance“. Auch das war bis jetzt mit keinem CDUMinisterpräsidenten in Sachsen vorstellbar.
Hier hört es dann allerdings auf; denn was ich dann schon nicht mehr verstanden habe, war Ihre Erklärung einige Tage später, Ihre Erklärung, warum Sie nicht länger geblieben sind. Das hatte wieder mit der Band „Kraftklub“ aus Chemnitz zu tun. Zitat von Ihnen: „Ich bin da ein Stück mitgelaufen, aber als dann das Konzert mit dieser unmöglichen linken Band begonnen hatte, war ich nicht mehr dabei, weil ich mit denen auch nichts zu tun haben will.“
Sie waren halt nicht mehr in Chemnitz, sondern in Limbach-Oberfrohna, wo Sie diese Aussage beim Sachsengespräch getroffen haben. Sie dachten sich wohl, dass es vielleicht der Mehrheit des dortigen Publikums mit diesem Spruch besser gefallen könnte.
Am vergangenen Donnerstag dann lobten Sie in Chemnitz, dass „Kraftklub“ das großartige Konzert dieser Wochen in Chemnitz organisieren würde. Aber nach Zwischenrufen aus dem Publikum meinten Sie dann wieder, na ja, ich kann das ja nicht verbieten.
Genau solche Aussagen lassen mich an Ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln. Sie sind nur dann aktiv und offensiv gegen Rassismus, wenn Sie damit beim aktuellen Publikum punkten können.
Ihr Kernproblem, Herr Ministerpräsident, ist Ihre Widersprüchlichkeit, mit der Sie ein typischer Vertreter der sächsischen Union sind. Auf der einen Seite haben Sie den Staat von den Menschen entfernt, Schulen, Polizeireviere und Ämter geschlossen, eine Kreisgebietsreform durchgesetzt und die Gemeindezusammenschlüsse vorangetrieben, und das alles, ohne auf die Identität der Menschen vor Ort Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite wollen Sie den Menschen in den Sachsengesprächen ganz nah sein, nennen Heimat als Kraftquelle der Gesellschaft. Das ist unglaubwürdig; es sei denn, Sie eröffnen wieder die Schulen vor Ort, Sie machen die Polizeireviere wieder auf, richten neue Ämter ein und machen die Gemeindezusammenschlüsse rückgängig.
Nun reden Sie hier und bei allen anderen Ihrer Auftritte in Sachsen nicht als Privatperson, sondern als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen und im Ehrenamt auch als CDU-Landesvorsitzender. So haben Ihre Worte, Ihre Taten eine Bedeutung, zumindest sollten sie sie haben. Nach den Straßenschlachten in Heidenau vor der Geflüchtetenunterkunft und nach dem Besuch der Bundeskanzlerin in Heidenau einige Tage später hat sich auch der Sächsische Landtag mit den Ausschreitungen in Heidenau beschäftigt.
In dieser Sitzung hat der damalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich erstmalig öffentlich zugegeben, dass das Problem des Rechtsextremismus in Sachsen unterschätzt wurde. Zitat: „Ja, es stimmt. Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer als viele, ich sage es ehrlich, auch ich, wahrhaben wollten.“ So weit der Ministerpräsident Tillich.
Ich habe ihm damals nach seiner Rede Respekt gezollt. Jedoch – und damit komme ich wieder zu Ihnen, dem damaligen Generalsekretär des Landesvorsitzenden
Tillich und heutigen Ministerpräsidenten: Was hat denn die CDU-Staatsregierung aus Heidenau und den Aussagen des Ministerpräsidenten Tillich gelernt? Was hat denn die sächsische CDU daraus gelernt? Meiner Meinung nach nichts, wirklich nichts.
Heute haben Sie wieder diese hilflosen Erklärversuche gemacht, wieder die Ankündigung von Handeln seitens der CDU-Staatsregierung, wieder der Hinweis auf die Soko Rex, das Operative Abwehrzentrum und das jetzige polizeiliche Terror- und Extremismusabwehrzentrum und natürlich auch das Projekt „Weltoffenes Sachsen“, das die SPD der sächsischen CDU überhaupt abringen musste.
Meine Herren, meine Damen von der sächsischen CDU, das reicht nicht. Das sind leider nichts weiter als wohlfeile Worte, Herr Ministerpräsident. Was Ihnen fehlt, ist der Wille, die Haltung der sächsischen Union zum Thema extreme Rechte zu ändern. Für viele innerhalb der sächsischen CDU steht der Feind links und nicht rechts. Sie negieren ein vorherrschendes Problem seit vielen Jahren. Sie kriminalisieren lieber zivilgesellschaftlichen Protest, und darin sind Sie echt spitze.
Da Sie bei der CDU in dieser Angelegenheit an Gedächtnisschwund leiden, helfe ich Ihnen noch einmal auf die Sprünge. Der europaweit größte Nazi-Aufmarsch wurde im Jahr 2010 von 12 000 Menschen gestoppt, die sich denen entgegenstellten. Jahr für Jahr missbrauchte dieser Aufmarsch das Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg. Jetzt raten Sie einmal, wer den zivilgesellschaftlichen Protest als kriminell bezeichnet hat. Na klar, die CDU Sachsen. Oder Stichwort Extremismusklausel, der von der CDU Sachsen gepflegte Generalverdacht gegen zivilgesellschaftliche Initiativen und Institutionen. Jeder Protest, der über einmal kurz „an der Gardine wackeln“ hinausging, wenn sich Nazis irgendwo breitmachen wollten, wurde von der sächsischen CDU für kriminell erklärt und als linksextrem stigmatisiert.
Die CDU war es, die sich oftmals verweigerte, vor allem wenn es darum ging, sich breiten Bündnissen anzuschließen und gemeinsam gegen Nazis irgendwo Gesicht zu zeigen. Jeder Protest gegen rechts ist bei Ihnen links. Da kommt dann Ihre Extremismusdoktrin dazwischen, und deshalb können Sie nicht dabei sein. Es waren vor allem die CDU-Bürgermeister, die am liebsten nicht darüber sprechen wollten, wenn es rechte Vorfälle in ihrer Kommune gab. Es hat ja dem Tourismus geschadet. Letztendlich sind es die CDU-Innenminister gewesen, denen jedes Mittel recht war, wenn es um die Vorwegkriminalisierung linker Demonstranten und Demonstrantinnen ging, wenn es um die Einschüchterung vor Ort auf Demos ging.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an Wurzen vor einem Jahr. Eine SEK-Mannschaft in militarisierter Vollmontur hat an der Route der Demo Aufstellung genommen. Wenn es also gegen links geht, ist man in Sachsen schon in der Lage, alles aufzubieten, was man hat – im Gegensatz zum letzten Montag in Chemnitz.
Weil wir gerade bei diesem Polizeieinsatz sind, Herr Ministerpräsident: Ob Sie es nun wahrhaben wollen oder nicht, es war kein erfolgreicher Polizeieinsatz.
Das zuzugeben heißt nicht, den Polizeibeamten in den Rücken zu fallen.
Es zeigt Ihnen und der geneigten Öffentlichkeit nämlich nur, es soll aus Fehlern gelernt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Regierungserklärung lautet: „Für eine demokratische Gesellschaft und einen starken Staat“. Ja, wir brauchen einen Staat, der die demokratische Gesellschaft schützt. Die Bekämpfung, Aufklärung und Bestrafung von Kriminalität gehört dazu; denn jedes Opfer von Verbrechen ist ein Opfer zu viel.
Auch mich hat der Tod von Daniel in Chemnitz betroffen gemacht. Mann oder Frau darf sich darüber auch empören. Daniel H. war nach allem, was wir bisher wissen, ein lebensfroher und freundlicher Mensch. Er war 20 Jahre jünger als ich. Er sollte also eigentlich noch sehr viel Leben vor sich haben, ein Leben mit Liebe, Freude miteinander, aber auch mit vielen geteilten Erlebnissen. Dieses Leben wurde ihm entrissen und damit auch seiner Frau, seinem Kind und allen, die gern mit ihm zusammen gewesen sind.
Was aber seit diesem Verbrechen durch AfD, Pegida, Pro Chemnitz und andere Rechte auf den Straßen und Plätzen in Chemnitz veranstaltet wurde, ist einfach nur ekelerregend. Sie sind verantwortlich dafür, dass ein rechter Mob Angst und Schrecken verbreitet und Jagd auf anders aussehende Menschen gemacht hat.
Herr Urban, Herr Hütter, Sie und Ihre blau-braune Truppe haben meine ganze Verachtung, insbesondere gerade, wie Sie den Tod eines Menschen missbraucht haben. Sie reden von Sicherheit und verbreiten Unsicherheit. Sie schüren Ängste und missbrauchen diese für Ihre Zwecke. Sie rufen nach dem Rechtsstaat, wenn es angemessen erscheint und wollen ihn doch abschaffen.
Ihr politisches Geschäftsmodell ist die Zerstörung unserer Zivilgesellschaft. Das werden wir Ihnen auf keinen Fall durchgehen lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie erinnern sich vielleicht, es gab einmal in Dresden für einen Tag ein totales Versammlungsverbot, weil es darum ging, PegidaGründer Bachmann vor einem Terroranschlag zu schützen. Also, wenn Pegida nicht auf die Straßen darf, dann dürfen auch alle anderen nicht auf die Straße, die gegen diesen Rassisten protestieren wollen. So geht sächsisch.
Etwas untergegangen ist in den letzten Tagen der Vorgang mit dem ZDF-Team am 16. August 2018 in Dresden. Es sieht immer nach einem Einzelfall aus, gehört aber in eine lange Kette von Vorfällen, die Sachsen genau in diesem Licht stehen lässt. Sachsen scheint ein Land von Pegidisten und Rassisten zu sein, und dazu kommt noch eine Hand voll Deppen. Das aber ist falsch.
Es gibt glücklicherweise auch das andere Sachsen. Das haben wir nicht zuletzt an diesem Montag in Chemnitz bei dem Konzert, das „Kraftklub“ organisiert hat, erlebt. Da waren 65 000 Leute dabei, 65 000, die ein Zeichen gesetzt haben – einfach großartig.
Mein Problem ist schon lange nicht mehr der einzelne Polizeibeamte, der einzelne Verwaltungsmitarbeiter oder der einzelne Demonstrant. Mein Problem ist eine CDUStaatsregierung, sind die CDU-Abgeordneten, die endlich
begreifen müssen, dass sie das Problem in diesem Land sind.
Denn Sie akzeptieren, Sie verharmlosen, Sie negieren, Sie zeigen mit dem Finger auf andere. Dabei sind Sie es, die das Bild von Sachsen in der Öffentlichkeit prägen. Ihre Einstellung, Ihre Haltung sind das, was das Bild von Sachsen ausmacht.
Gerne nehme ich, Herr Ministerpräsident, Ihre Bitte auf, es möge nicht alles schlechtgeredet werden. Man möge bitte zum Wohle der Menschen in Sachsen zusammenarbeiten. Ich habe schon einmal Ihrem Vorgänger und der Koalition ein Bündnis für Humanität angeboten, damals, als die sogenannte Nein-zum-Heim-Bewegung überall Unfrieden und Hass verbreitete und den Nährboden für Gewalt gegen Geflüchtete legte. Ich habe angeboten, dass wir gemeinsam parteiübergreifend vor Ort für eine humane Gesellschaft ohne Ausgrenzung kämpfen. Aber es war Herr Kupfer, der als CDU-Fraktionsvorsitzender ein solches gemeinsames Bündnis für Humanität ausgeschlagen hat. Er pflegt stattdessen lieber sein Mantra, die Sachsen seien – Zitat – „skeptisch vor dem Fremden. Das ist aber auch ihr gutes Recht.“ Diese Erklärung ist seit 2016 offenbar das Dogma der sächsischen CDU, dem sie alles unterordnet.
Da ich aber ein unerschütterlicher Optimist bin, erneuere ich mein Angebot. Es gab aus meiner Sicht zwischenzeitlich ein positives Beispiel in Sachsen: „Dresden Respekt“, bei dem wir von Prof. Ehninger parteiübergreifend zusammengebracht wurden. Sie erinnern sich, Herr Ministerpräsident: Sie haben als General für die sächsische CDU und ich als Vorsitzender der sächsischen LINKEN unterschrieben und an einer gemeinsamen Pressekonferenz teilgenommen. Es geht also, wenn Sie wollen. Also fordern Sie nicht die Menschen auf, sich einen Ruck zu geben, sondern fangen Sie bei sich selbst an. Geben Sie sich einen Ruck!
Worum geht es? Ich zitiere den Schluss der gemeinsamen Erklärung von „Dresden Respekt“:
„Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die solidarisch ist, offen für Neues und für andere. Es ist unsere humanitäre Pflicht, hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen. Humanität und Empathie sind stärker als Hass und Gewalt, bürgerliches Engagement stärker als Abwehr. Trotz unterschiedlicher politischer Meinungen einen uns die Grundrechte unseres Grundgesetzes. Wir wehren uns gegen die Feinde der Demokratie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, aber wir bieten allen den Dialog an, die an einer Lösung orientiert sind! Wir stehen auf gegen Gewalt und Ausgrenzung! Wir treten ein für Toleranz und Respekt! Zeigen wir Mut und Menschlichkeit! Darin sind wir uns einig.“
So weit ein Auszug aus einer Erklärung, die wir beide gemeinsam unterschrieben haben.
Was also hindert uns daran, das gerade in Chemnitz zu probieren oder in ganz Sachsen? Was hindert uns, uns zusammenzusetzen, weitere Akteurinnen und Akteure einzuladen und nach gemeinsamen Strategien zu suchen, um eine tief gespaltene Stadtgesellschaft, ein tief gespaltenes Land wieder zu einen? Grundlage bei diesen Gesprächen und gemeinsamen Aktionen sind Toleranz und gegenseitige Achtung.
Weil manche Projekte auch Geld kosten werden, mache ich Ihnen einen weiteren Vorschlag: Lassen Sie die immer sinnloser gewordene Standortkampagne „So geht sächsisch“ auslaufen. Nutzen wir das Geld für zivilgesellschaftliche Projekte, die das Image des Freistaates langfristig und nachhaltiger verbessern,
anstatt für Werbefilmchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit Gegenwart und Zukunft bewältigt werden, muss man zunächst aber die Altlasten der Vergangenheit aufarbeiten.
Ich finde, Sie könnten sich hinsichtlich der 28 Jahre CDU-Regierung in Sachsen einmal dazu durchringen, nachdem Sie uns das seit 28 Jahren mit Blick auf 40 Jahre SED-Herrschaft regelmäßig erzählen. Wir haben uns mit dem Scheitern des real existierenden Sozialismus viele Jahre lang unter Schmerzen auseinandergesetzt.
(Lachen bei der CDU, der AfD und den fraktionslosen Abgeordneten – Carsten Hütter, AfD: Aber nichts verstanden! – Susanne Schaper, DIE LINKE: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir das getan! – Zuruf von der AfD: Ja, ist klar! Stuhlkreis!)
Sie hingegen, meine Damen und Herren von der CDU, stehen bei der Aufarbeitung Ihres Scheiterns im Umgang mit rechten Tendenzen noch nicht einmal am Anfang.
Herr Ministerpräsident Kretschmer, Sie sagten: „Wir führen einen entschiedenen Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Dieser Kampf geht uns alle an. Wir brauchen einen Ruck in Deutschland, auch in der sächsischen Gesellschaft. Wir brauchen die breite Unterstützung aus der Bevölkerung, um diesen Kampf zu gewinnen.“
„Wenn sie jetzt verzweifelt nach einer mutigeren, aktiveren Zivilgesellschaft rufen, ist das zynisch“, schreibt meine Fraktionskollegin Kerstin Köditz dieser Tage in der „taz“. Recht hat sie.
Deshalb wäre zunächst einmal eine echte, ehrliche, umfassende Entschuldigung fällig – selbstverständlich nicht bei meiner Partei, aber bei der Zivilgesellschaft hier im Freistaat Sachsen. Diese reißt sich seit Jahren ein Bein aus, um Schlimmeres zu verhindern, und bekommt dabei
von der CDU durchweg Stöcke in die Speichen geworfen. Die sächsische CDU war es, die uns in Sachsen seit Jahren immer weiter in diesen Strudel gerissen hat. Biedenkopfs Aussage zur Immunität der Sachsen dem Rechtsextremismus gegenüber ist ja nun wirklich genügend zitiert worden. Viele weitere sächsische CDUPolitiker haben sich in den letzten Jahren aber ebenfalls mit drastischen Positionen zu Wort gemeldet.
Erinnern möchte ich an den CDU-Bundestags
abgeordneten Henry Nitzsche, der 2005 den Patriotismus als nötig angesehen hat, um „endlich“ vom „Schuldkult“ herunterzukommen und damit „Deutschland nie wieder von „Multi-Kulti-Schwuchteln“ in Berlin regiert werde.
Ich erinnere an den CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz, der bis 2007 dem Studienzentrum Weikersheim angehört hat, einer Denkfabrik der neuen Rechten.
Ich erinnere auch an den sächsischen CDU-Fraktionsvorsitzenden Frank Kupfer, der 2015 das 19-PunktePapier der Pegida ein „Gesprächsangebot“ nannte, welches er sofort unterschreiben könne.
Ich möchte auch an den Meißner CDU-Stadtrat Jörg Schlechte erinnern, der 2016 linke Aktivistinnen und Aktivisten „Dreckzecken“ und „heimatlose Brüllaffen“ nannte.
Herr Ministerpräsident, waren Sie es nicht, der 2015 den Buttersäureanschlag auf die Wohnung des Justizministers Gemkow dem linken Spektrum zuordnete? Schrieben Sie nicht damals auf Twitter: „Linksextremisten erobern immer mehr Stadtraum, Stadtpolitik. Nicht wegsehen, handeln!“ Überführt und verurteilt wurde übrigens ein Nazi. Sie fordern heute dazu auf, gegen Fake News vorzugehen, und waren doch einer der Erfinder und Verbreiter an vorderster Front.
Zu Recht herrscht heute deutschlandweit Empörung, weil in Chemnitz Jagd auf anders aussehende Menschen gemacht worden ist.
Wir haben nicht vergessen, dass das leider keine traurige Premiere war, sondern eine Wiederholung ist. Bei rassistischen Ausschreitungen 2007 in Mügeln flüchteten acht Inder nach einer Auseinandersetzung mit 50 Besuchern eines Stadtfestes, die sie bedrohten und beschimpften. Aufgrund des rassistischen Charakters der Beleidigungen wurden später mehrere Personen wegen Volksverhetzung verurteilt.
Heute ist die Stunde der Wahrheit. Springt die CDUgeführte Staatsregierung und endlich auch die von Herrn Kupfer geführte CDU-Fraktion über ihren Schatten oder führt sie Sachsen weiter in den Abgrund? Der Karren steckt tief im Dreck, es wird dauern, ihn wieder flott zu machen. Eine oder zwei Maßnahmen werden nicht ausreichen, auch nicht das, was Sie uns heute hier aufgezählt haben, Herr Ministerpräsident. Sachsen braucht jetzt
einen gemeinsamen, konsequenten Einsatz gegen menschenverachtende Denkmuster wie Antisemitismus und andere diskriminierende Einstellungen.
Geben Sie sich doch einmal einen Ruck und öffnen Sie sich unserer Idee, dem Land einen Antisemitismusbeauftragten zu geben. Notwendig sind rasche Aufklärung und konsequente strafrechtliche Verfolgung von rechten Straftätern und Hassverbrechern. Dazu braucht man aber keinen Verfassungsschutz, zumal Sie diesen seit Montag voriger Woche selbst nicht mehr ernst nehmen. Benötigt wird ausreichend fachkundiges Personal bei Polizei und Justiz. Daran fehlt es bisher.
Notwendig ist die Entkriminalisierung des vielfältigen Protestes gegen rechte Aufmärsche und Solidarität mit Opfern rechter Gewalt. Rassistische Einstellungen und Handlungen müssen als Problem benannt werden. Es ist analytisch falsch, verallgemeinernd von Extremismus zu sprechen. Zu lange hat die Politik und haben die Behörden unter Anwendung dieses Begriffs die Bedrohungslage der Rechten verkannt.
Die Sächsische Staatsregierung muss dafür Sorge tragen, dass Fort- und Weiterbildungsangebote zur präventiven Arbeit gegen extreme Rechte im Bereich Jugend- und Sozialarbeit, für Lehrerinnen und Lehrer, für die Verwaltung in den Kommunen, für Polizei und Justiz verstärkt werden. Gerade bei der Polizei, an den Gerichten und im Justizvollzug mangelt es oft an der nötigen Sensibilität für dieses Thema. Hier könnten Sie als CDU endlich Ihren Widerstand gegen ein Bildungsfreistellungsgesetz in Sachsen aufgeben.
Herr Ministerpräsident! Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion! Ihre Erklärungsmuster funktionieren nicht mehr. Nicht die Geflüchteten sind an der tief gespaltenen Gesellschaft schuld.
Schuld ist Ihre Politik der Spaltung der Gesellschaft, die Sie seit Jahren betrieben haben. Sie haben die Menschen verunsichert. Sie haben sie entwurzelt. Sie haben ihnen ihre Zukunft genommen.
In Chemnitz mussten wir erleben, dass es zu einer Allianz aus Normalbürgerinnen und Normalbürgern und rechten Gewalttätern gekommen ist. Neonazis, Hooligans und AfD-Anhänger haben sich mit Wut- und Hutbürgern verschmolzen
und empfinden sich als „das Volk“. Das sind sie aber bei Weitem nicht. Das dürfen wir auch niemals zulassen.
Ein Wort noch an die Chemnitzerinnen und Chemnitzer. Ich weiß, dass es in Chemnitz nicht nur Nazis, Rassisten, Wutbürgerinnen und Wutbürger gibt.
Da brauche ich mich nur hier im Plenarsaal umzuschauen. Aber wer mit Neonazis und Rechtsextremen mitläuft und „Ausländer raus“ brüllt oder das mindestens in Kauf nimmt, der hat alle meine Sympathien verspielt. Toleranz und Respekt verbieten es, mit genau solchen Gruppen mitzulaufen.
Wir alle tragen Verantwortung. Wir haben die Möglichkeit, uns zu engagieren – der eine mehr, der andere weniger. Wir alle haben die Pflicht, den demokratischen Rechtsstaat, die Grundlagen unseres Gemeinwesens zu verteidigen.
Herr Ministerpräsident, jeder Versuch, bei den Rechten mit AfD-Light-Positionen zu punkten, wird scheitern. Die Rechten werden gewinnen, wenn wir uns weiterhin von ihrer Hetze ihre Themen aufdrücken lassen. Die Zeit für entschlossenes Handeln für die Demokraten in unserem Land ist reif. Wir sind dazu bereit. Herr Ministerpräsident, ich hoffe, Sie auch.
Herr Landtagspräsident! Lassen Sie mich mit einigen wenigen Zitaten beginnen: „Dank der soliden Haushaltspolitik der vergangenen Jahrzehnte, niedrigen Zinsausgaben und einer günstigen Entwicklung der Steuereinnahmen wird der Freistaat auch künftig erfolgreich in Sachsens Zukunft investieren. Politische Schwerpunkte im Haushalt sind vor allen Dingen Bildung, Gesundheit und Sicherheit. Die Kommunen erhalten so viel Geld wie nie zuvor, dass Sachsen bleibt wie es ist – für die vielen Menschen eine gute Heimat.“ Übrigens ein Zitat aus dem Jahre 2016, unterschrieben von Dulig und Tillich zum Regierungsentwurf des Doppelhaushaltes 2017/2018.
Wenn ich mir die Pressemitteilungen von vergangener Woche anschaue, kann ich lesen: „Der Haushaltsentwurf ist ein Investitionsprogramm in die Zukunft unserer Heimat“. Das hat der neue Ministerpräsident gesagt, und der amtierende Finanzminister sagt: „Wir haben im Regierungsentwurf für den kommenden Doppelhaushalt deutliche Schwerpunkte in den Bereich Bildung und Innere Sicherheit gelegt, und besonders wichtig sind uns die Kommunen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage Sie jetzt ernsthaft: Warum musste Tillich eigentlich gehen? Wieso wurde eigentlich Ulbig in die Wüste geschickt und der Finanzminister für die Sparorgien der CDU-Fraktion verantwortlich gemacht? Sie haben an Ihrer Kommunikation nichts geändert.
Es ist alles dasselbe geblieben. Ich stelle nichts fest, was sich verändert hat – eine leichte inhaltliche Verschiebung. Obwohl – da Herr Panter jetzt hier ist, damit er sich anschließend wieder aufregen kann – es gibt noch eine Neuerung.
Ihr stellvertretender Ministerpräsident hat nämlich festgestellt, der Staat kehrt zurück. Nun frage ich mich: Wo war er vor zwei Jahren, als derselbe stellvertretende Ministerpräsident hier diese Loborgien über den Haushalt und wie das Land aussieht abgegeben hat? Ja, es hat sich etwas geändert in diesem Land. Es gab eine Bundestagswahl. Jetzt plötzlich tun viele – auch in der Fraktion der CDU – so, als müsse man plötzlich alles ändern. Dabei waren Sie weiterhin verantwortlich für das, was Sie hier 27, 28, 29 Jahre angestellt haben.
Wenn man durch das Land fährt und mit Kommunalverantwortlichen der CDU redet, die mittlerweile etwas offener reden als noch vor einigen Jahren, bekommt man zu hören, dass es wohl im nächsten Jahr schwierig sein wird, den Haushalt für die kommunalen Haushalte zu schließen. Jetzt sagen Sie mir nicht, die haben genug Geld, Herr Patt – das sagen Sie uns immer –, sondern es geht um Ihr neues oder altes Lieblingsthema der Doppik, weil es wieder einmal so ist – die Jahreszahl läuft wieder einmal ab –, dass im nächsten Jahr die Zeit heran ist, dass eigentlich eine Eröffnungsbilanz vorgelegt werden muss.
Da wir aber wissen, dass die Eröffnungsbilanz in den meisten Kommunen auch im nächsten Jahr nicht vorliegen wird, haben wir das Problem, dass wir keine geschlossenen Haushalte haben werden, zumindest in großen Teilen der Kommunen. Was macht jetzt der Ministerpräsident? Der hat einen Prüfauftrag ausgelöst,
nämlich in seiner Staatsregierung. Das Ergebnis, Herr Ministerpräsident, ich sage es Ihnen schon einmal voraus, wird sein, eine weitere Fristverlängerung zur Erstellung der Eröffnungsbilanzen und zusätzliche Übergangsbestimmungen im Ergebnis weiterer Unsicherheit in den Kämmereien, welches Recht denn nun gilt. Das nenne ich echt mutig. Das ist wirklich einmal etwas ganz Neues. Aber im Ernst: Nehmen Sie doch die Kommunen ernst, und die, die es wollen, entlassen Sie doch endlich aus diesem Unsinn mit dieser Doppik, weil eine Kommune kein Wirtschaftsunternehmen ist. Eine Schule und eine Straße müssen nicht abgeschrieben werden. Wenn sie
verschlissen sind, müssen wir für Erneuerung sorgen. Punkt.
Ich will noch eine andere aktuelle Luftbuchung der Staatsregierung ansprechen. Da verkündet der Innenminister plötzlich einen Aufwuchs bei der Polizei um 1 000 Beamte; dies soll nämlich deutlich schneller gehen. Das gilt schon ab dem Jahr 2020. Wie will der Innenminister das erreichen? Er erklärt uns, er nehme die Mitarbeiter, die ausgebildete Polizeibeamte sind, aus der Verwaltung und schicke sie zum Streifendienst. Na dann mal viel Spaß!
Ich frage mich nur: Wer macht dann die Verwaltungsarbeit, und woher nimmt er die Beschäftigten für die Verwaltung? Aber er hat eine weitere Idee – das beschließen wir ja heute noch mit einem Gesetzentwurf –: Er will den älteren Beamten eine Zulage geben und sie damit überreden, länger im Dienst zu bleiben. Im Übrigen sind das dieselben Beamten, denen Sie vor vielen Jahren das Weihnachtsgeld gekürzt haben und diese es erst einklagen mussten. Diese wollen Sie jetzt überzeugen, länger Dienst zu machen. Na dann viel Spaß! Ich glaube, das wird niemals funktionieren.
Dann gibt es noch einen Ministerpräsidenten, der gern über den Bürokratieabbau redet – das hat er erst gestern Abend beim Wirtschaftsverband wieder gemacht –, indem er sagt: „Der Staat muss sich endlich einmal darum kümmern, dass die Bürokratie in diesem Land abgebaut wird.“
Ich frage mich, wer in den letzten 27, 28 Jahren dafür gesorgt hat, dass dieser Bürokratieaufbau überhaupt stattgefunden hat. Das war doch nicht die Opposition, sondern in dem Fall war das doch die Regierung. Tun Sie also nicht so, als hätten Sie damit nichts zu tun. Wer schuld ist an dieser Politik, ist ganz klar: Es ist die CDU, die hat es verbockt, sie ist dafür verantwortlich.
Ihr Haushaltsentwurf ist: Geldausgaben ohne Geist.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer kennt das nicht, dass Kinder, Eltern, Großeltern oder auch die Partnerin oder der Partner einem mal wieder vorwerfen, keine Zeit für sie zu haben. Nun können wir uns als Abgeordnete das Jahr noch relativ flexibel einteilen, aber die Mehrheit in diesem Land kann das nicht.
Eva und Adam sind moderne Eltern. Beide können und wollen berufstätig sein, beide wollen sich um ihre vierjährige Tochter kümmern. Das macht aus beiden zwei wandelnde Terminkalender. Ständig stimmen sie also miteinander ab, wer wann wo welche Aufgaben übernimmt. Wer geht ins Büro? Wie lange musst du heute bleiben? Wer holt die Vierjährige aus der Kita ab? Wer schafft sie zum Kindersport? Übernimmst du den Einkauf? Soll ich kochen? Ihr Leben ist also extrem getaktet. Noch schlimmer ergeht es Alleinerziehenden. Zeit ist also ein kostbares Gut, vor allem bei Familien, in denen die Eltern berufstätig oder alleinerziehend sind.
Expertinnen und Experten empfehlen, Familienzeiten einzuführen. Das können Stunden sein. Auf jeden Fall sind Rituale für Kinder ganz wichtig, denn auch große, gesunde, glückliche, starke und selbstbewusste Kinder brauchen die Zuwendung und Zeit ihrer Eltern. Wir wissen aus Umfragen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung mehr Zeit mit ihrer Familie haben möchte. Mit der Einführung eines Familienfeiertages, so wie wir ihn mit diesem Gesetzentwurf vorschlagen, soll genau diesem Wunsch entsprochen werden: einen ganzen Tag mit den Kindern bzw. der Familie, die im Mittelpunkt steht. Der Tag soll also als Tradition des Kindertages stehen und deshalb am ersten Freitag im Juni begangen werden. Wenn es so einen Tag in Sachsen schon gäbe, hätten wir morgen alle frei und könnten ein verlängertes Wochenende mit Kindern, Eltern, Großeltern oder der Partnerin oder dem Partner verbringen.
Der Kindertag wird in 145 Staaten weltweit begangen. Die Idee entstand bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. 1949 wurde vom Weltkongress der Internationalen Demokratischen Frauenföderation – IDF – der 1. Juni als Internationaler Kindertag eingeführt. Bis heute wird der 1. Juni in über 40 Staaten als Internationaler Kindertag gefeiert. Die UN sowie weitere Staaten begehen den Kindertag am 20. September. Trotz unterschiedlichen Datums und verschiedener Formen, den Kindertag zu begehen, stehen immer die Rechte der Kinder im Mittel
punkt. Man sieht daran, dass es ein Tag mit großer Tradition und globaler sozialer Bedeutung ist.
In Sachsen gibt es aktuell elf gesetzliche Feiertage. Damit liegen wir im Vergleich zu anderen Bundesländern im Mittelfeld.
Die meisten davon sind christliche Feiertage oder haben einen historischen Bezug. Mit der Einführung eines Familienfeiertages würden wir mit der bisherigen Logik der Herleitung von gesetzlichen Feiertagen brechen.
Im Jahre 2018 – das zeichnet uns aus.
Zu Gott komme ich noch, Herr Piwarz.
Im Jahre 2018, in dem in Sachsen drei Viertel der Bevölkerung keiner Konfession angehören, halten wir es für geboten, dass auch die humanistischen Werte und die soziale Verantwortung einen Feiertag begründen können. Familie ist dabei sicherlich ein Wert, der Gläubige und Nichtgläubige, Herr Piwarz, einen sollte.
Die in diesem Zusammenhang – aber Sie haben doch die DDR überwunden, um es besser werden zu lassen, also bohren Sie nicht in der Vergangenheit – vorgebrachte Angst, ein weiterer Feiertag schade der Wirtschaft, entbehrt nach unserer Einschätzung jeglicher Grundlage. Es sind doch vor allem die wirtschaftlich starken Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, die über die meisten Feiertage in Deutschland verfügen.
Zur Kritik des sächsischen Ministerpräsidenten an der Bestrebung der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen, einen neuen Feiertag am Reformationsfest einzuführen, sagte ich bereits: Seine Angst, einen Feiertag mehr könnte die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb zu sehr belasten, ist völlig aus der Zeit gefallen. Ganz von der Peinlichkeit abgesehen, dass er Bundesländern Vorhaltungen macht, die noch weniger Feiertage haben als Sachsen.
Gerade in dieser hektischen Epoche brauchen Familien mehr Zeit miteinander. Mehr Zeit für Familie ist ein Grundbedürfnis unserer Zeit. Ein solcher Feiertag wäre ein starkes Signal an die Familien in Sachsen und er passt als nicht konfessioneller Feiertag in eine Gesellschaft, die
zu drei Viertel nicht religiös, aber an humanistischen Werten des Zusammenlebens interessiert ist.
In einer Zeit ständiger Arbeitsverdichtung und wachsenden Berufsstresses geht es also um nicht weniger, sondern um mehr Feiertage. Bayern macht Sachsen vor, dass das auch wirtschaftlich gut geht.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein Wort zur Polemik des Sprechers der evangelisch-lutherischen Landeskirche, Matthias Oelke, gegen unsere parlamentarische Initiative, die den Pressedienst der evangelischen Nachrichtenagentur – idea – vom 20. April zu entnehmen ist. Ich zitiere: „Die Kirche sehe die Debatte kritisch. Es käme nicht Parteien zu, mit immer neuen Ideen die bestehenden Gefüge des gernerationsübergreifend entstandenen Ists infrage zu stellen; denn grundsätzlich sollen Festlegungen auf Feiertage keine Verschiebemasse der Tagespolitik sein. Es kann nicht sein, dass ideologische Profilierungssucht die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt. Denn grundsätzlich sollen Festlegungen auf Feiertage keine Verschiebemasse der Tagespolitik sein. Es kann nicht sein, dass ideologische Profilierungssucht die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt.
Die Kirche habe ein besonderes Interesse und Anliegen, dass christliche Feiertage erhalten bleiben, um sie angemessen feiern zu können und den Sinngehalt in die Gesellschaft zu tragen.“
Ich sage ganz offen: Diese Polemik ist anmaßend und entspringt dem Geist einer Zeit, die in Sachsen seit Jahrhunderten vorbei ist, Herr Fischer. Es gibt nicht nur Gott und Geistlichkeit, sondern auch das Geistesleben einer demokratischen Gesellschaft, an deren Meinungs- und Willensbildung verfassungsgemäß die Parteien entsprechend dem Auftrag ihrer Wählerinnen und Wähler mitwirken.
Niemand stellt christliche Feiertage infrage, außer die Kirche selbst, die den Buß- und Bettag abgeschafft hat, außer aufgrund des Hinweises eines Parteipolitikers, nämlich Kurt Biedenkopf in Sachsen.
Ansonsten hat die Kirche nämlich überall ihre Zustimmung dafür gegeben, einen christlichen Feiertag abzuschaffen. So viel zu Ihrer Aufregung in Bezug auf das, was DIE LINKEN wollen.
Ich weiß gar nicht, warum Sie sich heute so aufregen, Herr Piwarz. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass die große Mehrheit der Bevölkerung konfessionslos ist und das Recht auf eigene Sinnstiftung hat, ohne dabei von den Vertreterinnen und Vertretern der Kirche bevormundet zu werden. Bisher dachte ich, dass Familie ein Wert ist, der Gläubige und Nichtgläubige eint. Ich würde mich sehr freuen, wenn die evangelische Kirche die stattfindenden Sachverständigenanhörungen zu unserem Gesetzentwurf dafür nutzen würde, eine differenzierte Stellungnahme abzugeben und einzunehmen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ ist der Titel dieser Aktuellen Debatte, die meine Fraktion vorgeschlagen hat. Sie wissen wahrscheinlich, dass diese Textzeile einem Gedicht aus dem Jahre 1961 entspringt.
Vor 73 Jahren endete in Europa der opferreiche Kampf der Alliierten. Er endete mit besonders großen Opfern in der Sowjetarmee gegen Hitlerdeutschland, gegen millionenfaches Morden, gegen millionenfaches Morden an den europäischen Juden, gegen Folter und Zwangsarbeit, gegen Versklavung und Unterdrückung.
Auch 73 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa müssen wir das Erbe – nie wieder Krieg – aktiv pflegen. Deshalb nehmen wir mit großer Besorgnis zur Kenntnis, dass die Politik gerade in Westeuropa, aber auch in Teilen von Osteuropa, immer mehr von den antirussischen Vorurteilen in der Außen- und Wirtschaftspolitik, vor allem aber auch in vielen Massenmedien beherrscht bzw. geschürt wird. Wir teilen deshalb die Einschätzung der Leipziger Bürgerinitiative „Gute Nachbarschaft mit Russland“, die im Konfrontationskurs des Westens die Gefahr eines neuen Krieges sieht.
Ich freue mich besonders, dass der frühere Fraktionsvorsitzende der SPD, Prof. Cornelius Weiss, im Sächsischen Landtag dieser Initiative maßgeblich seinen Stempel aufdrückt. Damit komme ich zu einer ersten sächsischen Bedeutung dieser Aktuellen Debatte: Die Kaserne in Frankenberg bietet US-Soldaten nach eigener Darstellung eine – Zitat: „Zeit der Pause und des Auftankens, der Ruhe und des Ausspannens“. So kann man es zumindest nachlesen.
Für die Bevölkerung des angrenzenden Wohngebietes ist die besagte Ruhe leider des Öfteren vorbei, wenn sich die
lärmenden US-Militärfahrzeuge durch enge Wohnstraßen zwängen – ganz im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der Bundeswehr, die bei ihrer Einfahrt in die Kaserne das Haupttor verwendet. Deshalb haben sich auch Menschen aus dem Wohngebiet aus Frankenberg an unsere Fraktion gewandt. Auch in der Berichterstattung der „Freien Presse“ in den letzten Tagen und in sozialen Netzwerken sind Probleme der Belästigung durch Militär und der Beschädigung von öffentlicher Infrastruktur zu entnehmen – ganz zu schweigen von den zahlreichen Militärkonvois auf sächsischen Autobahnen, die in letzter Zeit wieder verstärkt wahrzunehmen sind. Ziel ist ein bevorstehendes NATO-Manöver in Polen – Sie kennen das alle.
In einem Zeitungsbeitrag heißt es von einem Sprecher der Bundeswehr – Zitat: „Die Hoheitszeichen an den Fahrzeugen der US-Streitkräfte seien in Ostdeutschland noch gewöhnungsbedürftig.“ – Ich sage Ihnen ganz offen: Wir wollen uns daran gar nicht erst gewöhnen. Denn es sind nicht vor Jahrzehnten die Streitkräfte einer Weltmacht abgezogen, damit nun die Streitkräfte einer anderen Weltmacht ein Aufmarschgebiet Richtung Osten haben. Das kann nicht das Erbe der friedlichen Revolution sein.
Was Europa jetzt braucht, sind keine Truppenverlegungen, sondern eine neue Entspannungspolitik. Es würde Sachsen gut zu Gesicht stehen, wenn die Staatsregierung hierbei klar Farbe bekennen würde.
Dazu hat ihr bisher im Zusammenhang mit den fatalen Sanktionen gegen Russland, die auch der sächsischen Wirtschaft Schaden zufügen, der Mut gefehlt. Sachsen hat selbst leidvolle Erfahrung als Schlachtfeld des Krieges gemacht. Dass nun durch Sachsen Truppen für die Übung einer Schlacht gegen einen Feind im Osten geführt werden, ist historisch bodenlos dumm und ein Affront gegen die Bevölkerung.
Zum Schluss von meiner Seite: Es geht nicht darum, wer der beste Putin-Versteher ist oder nicht. Ich habe an der Politik von Präsident Putin viel zu kritisieren. Wer jedoch wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Kupfer dem Grundrechteverächter Orbán in Ungarn zur Wahl gratuliert und mit ihm Gespräche führt – ob nun privat oder auf Staatskosten –, soll sich mit Kritik an dieser Aktuellen Debatte zurückhalten.
Es geht uns um friedenspolitische Vernunft. Es wäre doch etwas, wenn die Sächsische Staatsregierung ihre Abneigung gegen die aktuellen Truppentransporte durch Sachsen ebenso zum Ausdruck bringen würde, wie es die Landesregierung in Brandenburg getan hat.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Seit der Rücktrittsankündigung von Stanislaw Tillich am
18. Oktober letzten Jahres herrscht nun über 100 Tage Stillstand in Sachsens Staatsregierung.
Gerade hat uns der Nachfolger sein lange angekündigtes 100-Tage-Programm präsentiert. Eigentlich gewährt man einem neuen Amtsinhaber genau diese 100 Tage als Schonfrist. Ich will klar sagen: Diese Schonfrist werden wir Ihnen nicht gewähren, Herr Ministerpräsident. Warum? – Darauf werde ich in meiner Rede zu sprechen kommen.
Herr Ministerpräsident, Sie wollten laut Titel der Regierungserklärung den Zusammenhalt festigen. Sorry, aber das klappt ja noch nicht einmal in der eigenen Regierungskoalition von CDU und SPD. Der stellvertretende Ministerpräsident Dulig wollte es dem Ministerpräsidenten Kretschmer nicht allein überlassen, sich entsprechend den Gepflogenheiten im Namen der Koalition zur weiteren Entwicklung des Freistaates Sachsen zu äußern.
Deshalb mussten wir nun zwei Reden der Staatsregierung ertragen.
Ich weiß gar nicht, warum ihr von der SPD euch so aufregt. – Für mich drängt sich deshalb der Verdacht auf, dass der Vizechef seinem Regierungschef von Beginn an kein Vertrauen entgegenbringt. So haben wir also gerade eine gespaltene Regierungserklärung erlebt,
eine für die CDU und eine für die SPD. Sagen Sie jetzt nicht, das sei der neue Stil des Umgangs miteinander. Ich denke, Sie brauchen vielleicht schon früh einen Partnertherapeuten, denn professionelles Regieren sieht anders aus.
Herr Dulig, wenn Sie herumpöbeln wollen, dann müssen Sie sich bitte einmal auf die Abgeordnetensitze begeben; denn das dürfen Sie als Regierung nicht.
Der zweite, aber realitätsferne Spruch im Titel der Regierungserklärung heißt: Bildung sichern. Aber darüber, wie das gehen soll, herrscht ein ergebnisloses internes und öffentliches Gezerre in der Koalition, das nun wirklich kein Vertrauen in die Lösungskompetenz dieser Koalition schafft. „Für mich ist wichtig, dass die Verbeamtung eine Rolle spielt“, hat der Ministerpräsident gerade gesagt und uns den Beweis geliefert, dass er ein Mann von vorvorgestern ist. Die Verbeamtung spaltet die Lehrerschaft, schafft neue soziale Ungerechtigkeit und belastet langfristig die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Ein moderner, attraktiver Lehrerberuf in Sachsen braucht wirklich andere Rahmenbedingungen, aber keine Verbeamtung.
Deshalb hat auch der dritte Slogan Ihres heutigen Auftrittes nichts mit der Wirklichkeit zu tun: neue Wege gehen. Das geht nämlich nur, wenn man gemeinsam am selben Startpunkt steht und von diesem dann auch losgeht. Sie aber machen Politik, als würde Martin Dulig im Moritzburger Wald Rad fahren und Michael Kretschmer gleichzeitig im Zittauer Gebirge wandern. Sie könnten sich zwar zwischendurch WhatsApp-Selfies schicken, aber ein gemeinsames Ziel werden Sie so nicht erreichen, meine Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte Ihnen das an einem eigentlich allen bekannten Beispiel etwas ausführlicher erläutern. Am 6. Dezember verkündete die CDU-Fraktion nach einer Sondersitzung: „Die CDU-Fraktion hat nicht die Verbeamtung von Lehrern beschlossen, sondern die Staatsregierung aufgefordert, bis 31. Januar 2018 sowohl eine Attraktivitätssteigerung im bestehenden tariflichen System als auch für eine befristete Verbeamtung von Neulehrern zu prüfen.“ Am selben Tag verkündete der SPD-Fraktionsvorsitzende: „Bisher gab es weder auf Regierungsseite noch mit der SPD-Fraktion Gespräche zur Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen. Über das unprofessionelle Kommunikationsverhalten bei dem wichtigen Thema Bildung sind wir zutiefst verärgert. Wer die Lösung des Lehrermangels wirklich will – und die SPD will das ausdrücklich –, sollte erst einmal mit seinem Koalitionspartner sprechen, bevor er auch noch eigene Beschlüsse öffentlich unklar interpretiert.“ – So weit Dirk Panter.
Am 11. Dezember 2017 verkündeten Sie dann in Ihrer Absichtserklärung – um die Wahl des Ministerpräsidenten sicherzustellen –: „Wir wollen bis zum 31. Januar 2018 einen abgestimmten Vorschlag der Staatsregierung mit den Koalitionsfraktionen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs im Freistaat Sachsen vorlegen.“ Kurz vor Ablauf der Frist vom 31. Januar 2018 meldete eine sächsische Tageszeitung, dass es zu einer Einigung zwischen dem CDU-geführten Finanzministerium und dem CDU-geführten Kultusministerium unter anderem zur Verbeamtung gekommen sei. Danach ist wohl jemandem in der CDU aufgefallen: Oh je, wir haben ja noch einen Koalitionspartner oder eine Koalitionspartnerin. Sie wurde dann vor ein paar Tagen informiert und – oh, Wunder! – sie ist jetzt bockig und nicht Ihrer Meinung, weil Sie sich nicht an das gewählte Verhalten vom 11. Dezember gehalten haben.
Nun ist mir das ja echt egal, wie Sie miteinander in Ihrer Koalition umgehen. Was mir aber nicht egal ist, ist die Arroganz und das politische Unverständnis, unter dem die Sachsens Kinder, Eltern und die Lehrerschaft zu leiden haben, und dass Sie heute Ihren großen Entwurf zur Attraktivitätssteigerung nicht geleistet und dies wieder einmal vertagt haben, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
Ich stelle also jetzt schon einmal fest: Es wird wirklich ein Segen für Sachsen, dass das Kabinett Kretschmer im Herbst nächstes Jahres mit den Landtagswahlen sein natürliches Ende nehmen wird.