Protocol of the Session on March 14, 2019

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 89. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Zuerst gratuliere ich ganz herzlich Frau Köditz zum Geburtstag.

(Beifall des ganzen Hauses)

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Schaper, Herr Bienst, Frau Zais, Herr Prof. Dr. Wöller, Frau Dr. Petry, Frau Lauterbach, Frau Dietzschold, Frau Fiedler, Herr Lehmann und Herr Beger.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 8 bis 12 festgelegt: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 35 Minuten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 35 Minuten, Fraktionslose je MdL 4,5 Minuten und Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Da keine Fragen von Mitgliedern des Landtags eingereicht wurden, ist der Tagesordnungspunkt 13 – Fragestunde – zu streichen. Ebenso ist der Tagesordnungspunkt 14 – Kleine Anfragen – zu streichen.

Meine Damen und Herren! Nach der Feststellung der Tagesordnung durch das Präsidium hat die Staatsregierung mitgeteilt, dass der Staatsminister der Justiz beabsichtigt, eine Fachregierungserklärung zum Thema „Strafverfolgung in Sachsen – Keine Toleranz für Straftäter; Opfer schützen“ abzugeben. Da die Staatsregierung gemäß § 86 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung jederzeit gehört werden muss, schlage ich gemäß § 79 Abs. 5 vor, die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung um einen neuen Punkt 1 „Fachregierungserklärung des Staatsministers der Justiz“ zu erweitern. Im Anschluss können wir dann in eine Aussprache mit den üblichen Redezeiten entsprechend unserem Redezeitenmodell treten. Die anderen Tagesordnungspunkte würden sich jeweils um eine Ziffer verschieben. Gibt es Widerspruch gegen diesen Vorschlag? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Damit ist die Tagesordnung um den neuen Punkt 1 erweitert.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 89. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Fachregierungserklärung: Strafverfolgung in Sachsen –

Keine Toleranz für Straftäter; Opfer schützen!

Ich übergebe das Wort an den Staatsminister der Justiz, Herrn Sebastian Gemkow. Herr Staatsminister, das Pult gehört Ihnen – jedenfalls für die Fachregierungserklärung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Dinge. Ich kann mich noch gut an die ersten Vorlesungen im Strafrecht in den ersten Semestern erinnern. Oft wurden dabei Beispielsfälle gebildet. Davon wurden uns Hunderte vorgelegt. Sie klangen in etwa so: B. steckt in einer Parfümerie eine Parfümflasche im Wert von 23,90 Euro in seinen Rucksack, ohne zu bezahlen, um diese für sich zu behalten. Als angehender Jurist – und später ist es immer noch so – beginnt dann im Kopf auch bei anderen Sachverhalten die Prüfung, wonach sich B. strafbar gemacht haben könnte. Diese fiktiven Fälle auch in dieser großen Zahl haben einen emotional aber eher weniger berührt. Es war sehr fachlich und sehr statisch.

In der Praxis sieht das ganz anders aus. Diese Erfahrung habe ich auch persönlich im Laufe der letzten vier Jahre gemacht. Wenn Mitarbeiterinnen eines Supermarktes oder eines anderen Ladengeschäftes verzweifelt zu mir kom

men und mir erzählen, dass in ihren Geschäften wiederholt Waren gestohlen und die gefassten Täter gleichwohl nicht immer dafür bestraft wurden und womöglich sogar in den nächsten Tagen wieder im Laden erscheinen, um es wieder zu tun, dann berührt mich das sehr wohl. Die Enttäuschung, die Machtlosigkeit, die Hilflosigkeit, teilweise auch die Wut der Betroffenen lässt mich nicht kalt.

Noch einprägsamer ist es, wenn mir Menschen von Gewalttaten erzählen, die sie erlitten haben, und man ihre Traumatisierung dabei ganz deutlich spürt. Beispielsweise kam ein junger Mann zu mir, der bei Tageslicht in aller Öffentlichkeit zusammengeschlagen und dabei erheblich verletzt wurde. Er war so traumatisiert, dass er mehrere Monate lang nicht mehr aus seinem Haus gegangen ist, dass er versucht hat, jede Gelegenheit zu vermeiden, das Haus verlassen zu müssen. Nach einigen Monaten erhielt er dann Post von der Staatsanwaltschaft, in der ihm mitgeteilt wurde, dass das Ermittlungsverfahren wegen anderer schwerer Straftaten der Täter nach § 154 der Strafprozessordnung eingestellt wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Versetzen Sie sich selbst einmal in diese Situation: Sie werden am

helllichten Tag zusammengeschlagen oder Ihnen wird am helllichten Tag in der Stadt etwas gestohlen, was vielleicht nur 15 Euro wert ist, für Sie aber gleichwohl einen viel höheren ideellen Wert hat und möglicherweise aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse auch einen erheblichen Schaden bedeutet. Der Täter wird gefasst und ist vielleicht sogar geständig. Was passiert? – Nichts.

Wenn es sich um einen strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretenen Täter handelt, dann wird das Ermittlungsverfahren gegen ihn oft wegen Geringfügigkeit eingestellt. Wenn der Täter kein unbeschriebenes Blatt ist, dann wird das Verfahren womöglich wegen anderer schwerer Straftaten des Täters und der dafür zu erwartenden Strafe – wie die Juristen sagen – wegbeschränkt. Wie würden Sie sich als Opfer fühlen?

Solche Fälle kommen auch in Sachsen jeden Tag vor. Allein wegen Diebstahls wurden im Jahr 2017 im Freistaat Sachsen 5 779 Personen nach § 242 des Strafgesetzbuches verurteilt. Insgesamt wurden von den sächsischen Staatsanwaltschaften im selben Jahr aber 35 743 Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls – bei dieser Zahl ist die Unterschlagung dabei – erledigt. Das heißt, man sieht eine ganz deutliche Diskrepanz.

Auch wenn Ladendiebstähle wie der zu Beginn geschilderte unproblematisch und mit vergleichsweise wenig Aufwand zu erledigen scheinen, ist jeder einzelne Fall für die Justiz und natürlich auch für die Polizei mit einem großen Aufwand verbunden. Auch der Bundesgesetzgeber hat das gesehen und mit §§ 153 ff. der Strafprozessordnung die Möglichkeit geschaffen, unter gewissen Voraussetzungen Straftaten aus Opportunitätsgründen einzustellen, zum Beispiel wegen Geringfügigkeit.

Bisher war es in Sachsen praktisch so, dass ein strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretener Täter, der etwas im Wert – bleiben wir bei dem Beispiel – von 23,90 Euro gestohlen hat, in der Regel nicht bestraft wurde. Üblicherweise wurde das Verfahren gemäß § 153 StPO eingestellt, also ohne weitere Folgen. Der Täter hatte letztlich keine Konsequenzen zu fürchten.

Bei Straftätern, die schwere Straftaten begangen haben und deswegen mit einer hohen Strafe rechnen mussten, wurden Ermittlungsverfahren wegen leichterer Straftaten zum Teil nach § 154 StPO aus Opportunitätsgründen eingestellt. Der eingangs geschilderte Fall mit dem jungen Mann wäre zum Beispiel ein solcher gewesen. Das ist für die Opfer der Straftat oft nur schwer nachvollziehbar. Es sorgt bei den Betroffenen für Unmut. Ich kann diesen Unmut ehrlich gesagt verstehen.

Die sächsische Strafverfolgungspraxis wurde deswegen in den letzten Monaten einer intensiven Prüfung unterzogen. Straftaten und vor allem auch deren Folgen bei den Opfern sind verstärkt in den Blick genommen worden. Der Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen hat deshalb eine neue Rundverfügung zur einheitlichen Strafverfolgungspraxis sowie zur Strafzumessung und zu sonstigen Rechtsfolgen erlassen, die am 1. März 2019 in Kraft getreten ist.

Lassen Sie mich eines ganz klarstellen: Diese Rundverfügung richtet sich nur an Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Sie richtet sich nicht an Richterinnen und Richter. Von einem Eingriff in die Unabhängigkeit der Gerichte zu sprechen ist schlichtweg falsch,

(Beifall bei der CDU)

und zwar auch deswegen, weil das Gesetz bereits vorsieht, dass das Gericht nach Anklageerhebung aus Opportunitätsgründen Verfahren nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft einstellen kann. Außerdem wird es natürlich auch weiterhin möglich sein, Einstellungen durchzuführen, wenn sowohl das Gericht als auch die Staatsanwaltschaft in einem Verfahren zu der Überzeugung kommen, dass das für den Einzelfall schuld- und tatangemessen ist.

Ich möchte nochmals betonen: auch unter Geltung der bisher geltenden gemeinsamen Richtlinien der leitenden Oberstaatsanwälte; das heißt, diese Richtlinie ist nichts Neues, es gibt Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Fällen; sachsenweit funktioniert die sächsische Strafverfolgung schon seit vielen Jahrzehnten sehr gut, haben sich Staatsanwaltschaften und Gerichte an der täglichen Arbeit aufgerieben und ihr Möglichstes getan. Dafür möchte ich bei dieser Gelegenheit auch allen Richtern, Staatsanwälten genauso wie Rechtspflegern, Urkundsbeamten, Justizwachtmeistern und übrigen

Justizbediensteten ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wie bereits gesagt: Auch vor dieser Rundverfügung gab es einen gut aufgestellten und funktionierenden Rechtsstaat, der Straftaten verfolgt und sanktioniert hat. Das bedeutet nicht, dass man Dinge nicht auf den Prüfstand stellen kann oder auf aktuelle Entwicklungen nicht eingehen oder reagieren darf. Solche aktuellen Entwicklungen sind eben auch zunehmend zu beobachten gewesen. Es entstand bei sogenannten Bagatelldelikten, was im Fall vieler Delikte sehr euphemistisch ist, auch bei Straftaten, die zum Bespiel an Bahnhöfen, in Einkaufspassagen oder öffentlichen Verkehrsmitteln, also im öffentlichen Raum, begangen worden sind, bei der Bevölkerung durchaus der zum Teil berechtigte Eindruck, solche Delikte würden durch die Justiz nicht geahndet, als könnten Straftaten nach Belieben begangen werden, ohne dass Täter Folgen zu fürchten hätten. Solche Entwicklungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen am Ende das Vertrauen in den Rechtsstaat schwinden.

Die Rundverfügung des Generalstaatsanwalts wirkt dem entgegen und dafür bin ich dem Generalstaatsanwalt Hans Strobl sehr dankbar. Dass er dafür jetzt angegriffen wird, ist aus meiner Sicht unverständlich. Denn durch seine Arbeit macht er vor allem deutlich, dass Sachsen eine handlungsfähige Justiz hat und Straftaten, gleich welcher Art, nicht toleriert werden.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das sind wir, glaube ich, auch den Opfern von Straftaten schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem 1. März 2019 sind deswegen die bisherigen Werte für Verfahrenseinstellungen aus Opportunitätsgründen bei Eigentums- und Vermögensdelikten herabgesenkt worden. Es ist damit, anders als das in den letzten Wochen teilweise verbreitet wurde, nach wie vor möglich, bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen, nur jetzt eben regelmäßig bei einer deutlich niedrigeren Schadenshöhe als bisher.

Noch einmal zurück zum Beispiel vom Beginn, Diebstahl einer Parfümflasche von 23,90 Euro: Das bedeutet konkret, dass der bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Täter noch immer mit einer Einstellung rechnen kann, allerdings nur mit einer Auflage wie zum Beispiel die der Zahlung eines Geldbetrages oder der Ableistung von Arbeitsstunden. Der Täter kommt somit nicht ohne Sanktionen davon und spürt damit auch ganz konkrete Folgen seines Verhaltens. Das halte ich aus generalpräventiver Sicht für einen ganz großen Fortschritt.

Außerdem soll von Wegbeschränkungen nach § 154, die ich auch eingangs beschrieben hatte, eher abgesehen werden, wenn gewichtige Gründe der Spezial- oder Generalprävention vorliegen. In einer Einzelfallprüfung soll dann auch verstärkt die Wirkung einer Einstellung auf die Opfer betrachtet werden. Deren Belange dürfen nicht vernachlässigt werden. Denn es mag zwar sein, dass eine Straftat im Verhältnis zu einer anderen Tat des Beschuldigten für den zuständigen Staatsanwalt schwerer wiegt; wir dürfen aber nie vergessen, dass vor allem Opfer unter der Tat leiden und durch eine Einstellung auch erneut traumatisiert werden können. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass jede einzelne Tat einen ganz spezifischen eigenen Unrechtsgehalt hat.

Ein anderer Schwerpunkt dieser neuen Regelung betrifft den öffentlichen Raum. Straftaten, die im öffentlichen Raum begangen wurden, sollen nur noch eingeschränkt eingestellt werden dürfen. Um es plastisch zu machen: Das gilt zum Beispiel für neuralgische Orte wie öffentliche Plätze, aber zum Beispiel auch für Körperverletzungen und Beleidigungen, die in öffentlichen Verkehrsmitteln begangen werden. Diese Straftaten werden nicht nur von den Opfern, sondern von allen Anwesenden bewusst als Bedrohung wahrgenommen. Dem wird jetzt deutlich entgegengetreten. Niemand soll sich fürchten müssen, wenn er im öffentlichen Raum unterwegs ist. Im Gegenteil: Straftäter und potenzielle Straftäter sollen spüren, dass ihr Verhalten nicht toleriert wird. Hier gilt ganz bewusst die frühzeitige und klare Botschaft, dass sich Straftaten nicht lohnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle wissen außerdem, dass Angriffe auf Rettungskräfte und Amtsträger in letzter Zeit deutlich zugenommen haben. Wir beobachten in den letzten Jahren immer wieder, dass diese Menschen, beispielsweise Sanitäter, die verletzten Menschen zu Hilfe eilen, oder Polizisten, die Menschen in

Notsituationen helfen, sich mehr denn je um ihre eigene Gesundheit sorgen müssen, weil sie immer öfter während ihrer Arbeit, die sie letztlich für uns alle in dieser Gesellschaft leisten, angegriffen werden. Solche Straftaten sind nicht nur ein Angriff auf die betroffenen Personen. Sie sind auch ein Angriff auf die öffentliche Sicherheit und Ausdruck der Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Deswegen müssen sie mit aller Entschiedenheit verfolgt und geahndet werden, indem grundsätzlich Anklage erhoben oder der Erlass eines Strafbefehls beantragt wird. Das gilt auch spezifisch für Reichsbürgerstraftaten, mit denen die Ablehnung der rechtlichen Existenz der Bundesrepublik Deutschland oder die Anmaßung staatlicher Hoheitsrechte – das haben wir in der Vergangenheit gerade in Sachsen in einigen Fällen beobachten müssen – einhergehen. Solche Straftaten verfolgen letztlich das Ziel der Destabilisierung unserer Demokratie. Wie gefährlich diese sogenannten Reichsbürger sind und wie sehr die Vernetzung sogar in rechtsextremistische Kreise geht, das haben wir alle hinlänglich gesehen. Auch dem muss der Rechtsstaat entschlossen entgegentreten.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Deswegen hat der Generalstaatsanwalt in dieser Rundverfügung auch seine bereits im Mai 2018 erlassene Rundverfügung zu Straftaten gegen Amtsträger, Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Rettungskräfte mit übernommen, so dass es jetzt eine einheitliche Richtlinie geworden ist.

Ein ganz wichtiges und auch von der Praxis inzwischen sehr gut angenommenes generalpräventives Instrument ist die Anwendung des sogenannten beschleunigten Verfahrens. Es ist gut, dass seit dem Erlass der Rundverfügung zur Anwendung des beschleunigten Verfahrens zum 1. September 2018 die Zahl der Urteile im beschleunigten Verfahren innerhalb kürzester Zeit ganz deutlich angestiegen ist. Wir hatten zuvor im Jahr üblicherweise nicht mehr als 15 dieser Verfahren und insbesondere nicht mehr als 15 Urteile aus diesen Verfahren im gesamten Jahr. Seit Inkrafttreten der Regelung vor etwa einem halben Jahr sind es bereits jetzt über 200 dieser Verfahren gewesen, die im beschleunigten Verfahren bis zum Urteil behandelt worden sind. In diesen geeigneten Verfahren ist die Strafe direkt auf dem Fuße gefolgt. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Moment für Täter, dass sie wissen, dass sie sich so nicht weiter verhalten dürfen.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Das ist auch eine klare Botschaft an die Täter und vor allem auch an die Opfer. Das verstärkt letztlich das Vertrauen in die Justiz und in ein funktionierendes Rechtssystem. Deshalb werden wir diesen Weg in Sachsen kontinuierlich weitergehen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich bei allen Neuregelungen in der Strafverfolgung trotzdem ganz klar sagen: Wir werden auch die schwerwiegenden Straftaten nicht außer Acht lassen, im Gegenteil. Gerade im Bereich der Intensivtäter haben wir durch eine täterorientierte Bearbeitung von Intensivtatverdächtigen deutliche Fortschritte erzielt. Wir haben gebündelte Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehörden organisiert; denn die Konzentration der Ermittlung hat den Vorteil, dass der sachbearbeitende Strafverfolger ein Gesamtbild über alle Straftaten eines Täters erhält. Das ist wichtig für die optimale Einschätzung, welche Maßnahmen erfolgversprechend und erforderlich sind. So kann schneller und besser reagiert werden. Es können effektiv neue Behandlungs- und insbesondere Ermittlungsansätze gewonnen und ggf. kurzfristig auch weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. In diesen Verfahren können auch mehrere Delikte in einer Anklage zusammengefasst werden, sodass das letztlich erkennende Gericht sich ein umfassenderes und klareres Bild vom Täter machen kann und eine häufige Straffälligkeit in der Strafzumessung auch würdigen kann.

Ein anderes deutliches Beispiel für die Verbesserung bei der Verfolgung teils schwerer Kriminalität ist die Errichtung der sächsischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime, kurz ZCS, bei der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden vor drei Jahren. Wir haben diese Stelle damals geschaffen, um auch in der Strafverfolgungspraxis auf die Wandlung zum digitalen Zeitalter zu reagieren. Viele Verbrechensformen finden mittlerweile über das Tatmittel Internet und IT-Systeme statt.

All das erfassen wir unter dem Kriminalitätsbereich Cybercrime. Dort ist die Veränderung rasant und vielfältig. Da sind hier zum Beispiel das Ausspähen von Daten und deren missbräuchliche Verwendung zu nennen. Viele von Ihnen kennen sicherlich das mulmige Gefühl, wenn man seine PIN am Automaten eingibt oder möglicherweise auch Online-Banking macht. Aber das betrifft nicht nur das. Es betrifft auch Verletzungen von Urheberrechten, Hackerangriffe, die Nutzung des Internets für Ehrverletzung, Hasskriminalität oder Kinderpornografie und auch zu Zwecken des Terrorismus. Das Internet ist eine ideale Plattform zum Austausch von inkriminiertem Material, aber auch Erfahrungen unter Tätern. So eröffnet zum Beispiel das Darknet als eine Art virtueller Marktplatz die Möglichkeit, anonym, schnell und kostengünstig Waffen, Betäubungsmittel und auch kinderpornografisches Material zu beschaffen. Es gibt Extremfälle selbst dort, wo man Tötungen beauftragen kann, als würde man gerade bei Amazon ein Buch einkaufen.