Protocol of the Session on February 5, 2015

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 8. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags.

Gleich zu Beginn darf ich ganz herzlich Frau Kollegin Raether-Lordieck und Herrn Kollegen Brünler – bei ihm ist es der 40. – herzlich zum Geburtstag gratulieren.

(Allgemeiner Beifall – Rico Gebhardt und Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, gratulieren Nico Brünler, DIE LINKE. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, überreicht Blumen.)

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Hösl, Herr Hirche, Herr Kupfer – Herr Hösl ist da; ihn können wir streichen –,

(Christian Piwarz, CDU: Ich habe ihn noch nicht gesehen!)

Herr Wild, Frau Kagelmann, Herr Neubert, Frau Neukirch und Herr Colditz.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Dort sind zwei Tagesordnungspunkte für die Einbringung der drei Gesetzentwürfe vorgesehen. Mir liegt aber die Information vor, dass die Fraktionen beabsichtigen, ihre Stellungnahmen in

einer Debatte abzugeben. Auch der Staatsminister der Finanzen wäre bereit, seine beiden Einbringungsreden zu einer zu verbinden. Insofern ist es sinnvoll, die beiden Tagesordnungspunkte – selbstverständlich unter Beibehaltung der vereinbarten Redezeiten – zusammenzufassen. Dies ist nach § 79 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung jederzeit möglich.

Weiterhin haben sich die Fraktionen darauf verständigt, dass jede Fraktion weitere fünf Minuten Redezeit erhält.

Wenn es keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so. – Vielen Dank.

Daraus ergeben sich die folgenden Redezeiten: CDU 38 Minuten, DIE LINKE 29 Minuten, SPD 21 Minuten, AfD 19 Minuten, GRÜNE 17 Minuten, Staatsregierung 45 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können wie immer nach Bedarf verteilt werden.

Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder gar Widerspruch gegen die Tagesordnung. – Die Tagesordnung der 8. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist

Tagesordnungspunkt 1

1. Lesung der Entwürfe

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen

für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 (Haushaltsgesetz 2015/2016 –

HG 2015/2016) und die Festlegung der Finanzausgleichsmassen

und der Verbundquoten in den Jahren 2015 und 2016

(Finanzausgleichsmassengesetz 2015/2016 – FAMG 2015/2016)

Drucksache 6/777, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Gesetz begleitender Regelungen zum Doppelhaushalt 2015/2016

(Haushaltsbegleitgesetz 2015/2016 – HBG 2015/2016)

Drucksache 6/778, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Neuntes Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Drucksache 6/779, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es spricht zunächst für die Staatsregierung als Einreicherin der Staatsminister der Finanzen, Herr Prof. Dr. Georg Unland. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Seit dem 26. Januar liegt Ihnen der Haushaltsentwurf für die Jahre 2015 und 2016 vor. Nach der Landtagswahl Ende August des vorigen Jahres, den anschließenden Koalitionsverhandlungen und der Regie

rungsbildung ist es nun möglich, dass wir über den Haushalt beraten.

Lassen Sie mich zunächst auf die Rahmenbedingungen eingehen, unter denen dieser Haushalt aufgestellt wird: Viele haben das Gefühl, die Rahmenbedingungen seien derzeit hervorragend. Doch trifft das wirklich zu? Entspricht dieses Grundgefühl der tatsächlichen Lage? Wir haben uns bei der Aufstellung des Haushalts nicht von den guten Steuereinnahmen des Jahres 2014 blenden

lassen. Stattdessen haben wir unseren Entwurf auf eine solide Grundlage gestellt.

Zugegeben – im Jahr 2014 hat der Freistaat Sachsen erhebliche Steuermehreinnahmen erzielt, nämlich 616 Millionen Euro. Aber daran dürfen wir uns nicht berauschen. Vielmehr müssen wir realistisch bleiben. Es wäre ein fataler Irrglaube, diese Einnahmesituation als Dauerzustand für die Folgejahre zu unterstellen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Sosehr ich mir persönlich eine weiterhin positive wirtschaftliche Entwicklung wünsche – die globale politische und wirtschaftliche Lage ist derzeit unsicher. Das bedeutet, dass die guten bis sehr guten Faktoren der letzten Monate auch schnell in das Gegenteil umschlagen können. Die Einnahmesituation kann sich innerhalb kurzer Zeit entscheidend ändern.

Meine Damen und Herren! International gibt es viele Unwägbarkeiten, von denen wir momentan noch nicht wissen, wie sie sich auswirken werden. Ich denke dabei etwa an die Situation im Euro-Raum. Allein in den vergangenen vier Wochen fielen wichtige Entscheidungen, die die finanzielle Ausstattung des Freistaates negativ beeinflussen können, zum Beispiel das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank, die Freigabe des Mindestkurses beim Schweizer Franken oder das Wahlergebnis in Griechenland. Auch die anhaltenden Spannungen in Osteuropa und die dortige – unsichere – politische Lage können weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In den arabischen Ländern liegt ein weiterer geopolitischer Krisenherd, dessen langfristige finanzielle Auswirkungen noch nicht absehbar sind.

In Fernost blicken wir vor allem auf die Entwicklung Chinas. Die seit 2013 größte Handelsnation der Welt ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands. Gerade auch für unsere sächsischen Produkte ist China einer der größten Exportmärkte. 2014 verbuchte China das langsamste Wachstum seit 1990. Die schwächere Konjunktur wird sich auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken und kann dazu führen, dass die Exporte nach China unter den Erwartungen bleiben.

Meine Damen und Herren! Dies sind nur einige Beispiele dafür, wieso die derzeitige Lage und die weitere wirtschaftliche Entwicklung so unsicher sind. Was die Unsicherheit vor allem ausmacht: Alle von mir soeben genannten Faktoren können wir hier in Sachsen in keiner Weise beeinflussen, aber mit den möglichen negativen Auswirkungen müssen wir zurechtkommen.

Weitere Unwägbarkeiten für unsere Einnahmesituation bringen die zukünftige Entwicklung der Bund-LänderFinanzbeziehungen und der Rückgang der EU-Mittel mit sich. Der Freistaat erhält derzeit mehr als die Hälfte seiner Staatseinnahmen von Dritten: von der Europäischen Union, vom Bund und aus dem Länderfinanzausgleich. Diese stehen derzeit alle auf dem Prüfstand. Der Länderfinanzausgleich wird neu verhandelt, der Solidarpakt II

läuft aus, die EU-Mittel gehen zurück und die Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel werden verhandelt. Sachsen ist aber für seine weitere wirtschaftliche Entwicklung nach wie vor auf Hilfe angewiesen. Mit einer Wirtschaftsleistung von 73 % des Bundesdurchschnitts und einer eigenen Steuerkraft von 43 % steht der Freistaat im Bundesvergleich im unteren Viertel.

All dies zeigt: Die Einnahmeentwicklung der vergangenen zwei Jahre war sehr gut. Zukünftig bestehen aber auch erhebliche Risiken. Trotz dieser Situation erwarten die Menschen im Freistaat – ich meine: völlig zu Recht –, dass wir auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig sind – und bleiben. Sie erwarten, dass wir die vorhandenen Spielräume nutzen, um in die Zukunft unseres Landes zu investieren.

Was die ungewisse Situation trotz der positiven finanziellen Lage des Jahres 2014 verschärft: Bereits jetzt verändern sich die Rahmenbedingungen, die unsere Spielräume der nächsten Jahre entscheidend prägen werden. Momentan sind die Bundesrepublik und die meisten Bundesländer aufgrund der hohen Steuereinnahmen in einer geradezu komfortablen finanziellen Situation. Aber fest steht: Die Einnahmesituation ändert sich. Schon lange ist bekannt – wir haben das hier im Hohen Haus schon des Öfteren diskutiert –, dass dem Freistaat durch den Rückgang der Solidarpakt- und EU-Mittel bis zum Jahre 2020 zwischen 2 und 2,5 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen werden.

Nun stehen zusätzlich noch die Neuregelungen – und damit mögliche Veränderungen beim Länderfinanzausgleich und bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen – im Raum. In dieser Situation kann ich nur betonen: Realismus ist angebracht. Bislang konnten die rückläufigen Transfermittel durch Steuermehreinnahmen kompensiert werden. Trotzdem ist unser Handlungsspielraum bereits jetzt ausgabenseitig eingeengt. Ein Grund dafür sind die Preis- und Tarifsteigerungen bei einem gleichbleibenden Haushaltsvolumen.

Das bedeutet: Mit der identischen Einnahmehöhe werden wir uns im Jahr 2020 weniger als im Jahr 2015 leisten können. Daher ist klar: In Zukunft müssen wir mit weniger Mitteln für gezielte Investitionen und Projekte auskommen. Das bedeutet eine große Herausforderung, die der Freistaat in den kommenden Jahren zu meistern hat. Aus diesem Grund ist weiter Zurückhaltung erforderlich, was die Ausgaben angeht. Auf der anderen Seite gilt: Jetzt müssen wir die Chancen nutzen, die wir uns durch unsere nachhaltige Haushaltspolitik der letzten Jahre als solide Basis erarbeitet haben.

Meine Damen und Herren, diese Haushaltspolitik ist eines der Markenzeichen der sächsischen Politik und besitzt seit einiger Zeit sogar Verfassungsrang.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Als erstes Bundesland haben wir 2014 ein sofort wirksames Neuverschuldungsverbot in die Verfassung aufgenommen und dadurch eine solide Finanzpolitik abgesi

chert. Bereits seit dem Jahr 2006 nimmt der Freistaat keine neuen Schulden auf, sondern tilgt diese Jahr für Jahr. Das ist auch für die Jahre 2015 und 2016 vorgesehen. Seit einiger Zeit folgen andere Bundesländer und der Bund unserem Beispiel. Das Bundesfinanzministerium meldete Anfang des Jahres, dass der Bund für das Jahr 2014 keine neuen Schulden aufnehmen musste. Das erste Mal seit 1969, also seit 45 Jahren, hat er diese schwarze Null erreicht.

Wir in Sachsen hingegen feiern dieses Jahr ein kleines Jubiläum: nämlich zehn Jahre ohne Neuverschuldung. Das ist das Ergebnis unserer Haushaltspolitik.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Durch die Zinsersparnisse des vergangenen Jahrzehnts haben wir uns politische Handlungsspielräume erarbeitet. Das ermöglicht uns, weiter in die Zukunftsfähigkeit des Freistaates zu investieren, ohne unsere Kinder und Enkel mit Schulden zu belasten. 25 Jahre nach der Neugründung des Freistaates Sachsen können wir sagen: Der Aufbau unseres Landes gelingt, ohne den Landeshaushalt überzustrapazieren. Der Entwurf der Staatsregierung für den Doppelhaushalt 2015/2016 gestaltet die weitere positive Entwicklung Sachsens. Er bildet die Grundlage für eine weiterhin zuverlässige Politik zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger im Freistaat.