Uta Windisch
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema meines Beitrages, nämlich der wirtschaftlichen Entwicklung im ländlichen Raum, komme, seien mir noch einige Bemerkungen zu dem vorher Gehörten gestattet.
Es ist von der Opposition kritisiert worden, dass sich der Staatsminister zu sehr auf das Ehrenamt im ländlichen Raum stützt. Dazu Folgendes: Nirgendwo in Sachsen ist die Verbundenheit mit der Heimat und sind die sozialen Netzwerke größer als im ländlichen Raum.
Diese sozialen Netzwerke sind der Kitt in den Regionen. Dort wird eine wesentliche Arbeit zur Entwicklung der Gesellschaft geleistet, die in den Ballungsräumen mit sehr viel Geld und mit Sozialarbeit geleistet werden muss. Es ist für viele, die ehrenamtlich tätig sind, keine Zumutung, sondern ein Bedürfnis, sich in Feuerwehren, in Sozial-, Musik-, Sport- und Heimatvereinen zu engagieren.
Der ländliche Raum ist auch nicht die sterbende und sich entleerende Region, wie sie hier dargestellt worden ist. Sie ist auch nicht die Idylle von gestern, sondern sie ist attraktiver Wirtschaftsraum mit Zukunft.
Bitte, Herr Günther.
Ich glaube, es war Frau Altmann, die sagte, der Staatsminister würde sich in den ländlichen Regionen zu sehr auf das Ehrenamt stützen. Wir können das ja nachher im Protokoll noch einmal nachlesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ländliche Raum ist, auch was die Strukturdaten betrifft, nicht homogen, sondern sehr heterogen geprägt, denn es gibt auch im ländlichen Raum Regionen, in denen die Wirtschaftsleistung höher ist als im Landesdurchschnitt. Ich führe hier beispielhaft die Muldental-Region, den AltLandkreis an, der 108 % des Landesdurchschnitts hat. Das ist ein Indiz dafür, dass auch in reizvoller Landschaft wirtschaftliche Entwicklung stattfinden kann.
Das Herz der sächsischen Wirtschaft sind Mittelstand und Handwerk. 351 Firmen der Ernährungswirtschaft, die
mehr als 20 Mitarbeiter haben, und 2 400 Handwerksbetriebe mit insgesamt 45 000 Arbeitsplätzen sichern Einkommen und Erwerb im ländlichen Raum.
Die CDU-Fraktion hat sich stets für deren Unterstützung und für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe eingesetzt. Mit der Einführung des Förderprogramms „Regionales Wachstum“, das die CDU-Fraktion maßgeblich mit initiiert hat, ist in Sachsen ein wirksames und besonders auch für den ländlichen Raum wachstumsförderndes Programm geschaffen worden.
Jedoch verfehlt jede einzelbetriebliche Förderung dann ihre Wirkung, wenn nicht auch andere infrastrukturelle Nachteile des ländlichen Raumes systematisch überwunden werden. Zuallererst ist das die noch unzureichende Verkehrserschließung der weiter von der Autobahn entfernt liegenden Räume.
Neben schneller Verbindung zur Autobahn spielt auch der Zugang zur schnellen Datenautobahn eine existenzielle Rolle. Ein immer noch zu großer Teil der Unternehmen und Bürger im ländlichen Raum kann sich gegenwärtig sprichwörtlich nur im Schneckentempo in der digitalen Welt fortbewegen. Um das abzustellen, sind auch abseits der Ballungsräume schnelle Verbindungen unabdingbar. Solange die digitale Erschließung ländlicher Räume nicht vorankommt, wird die Wirtschaft in ihrer Entwicklung weiter gehemmt.
Mit der Änderung der sächsischen Förderrichtlinie ist die Förderung durch die Anhebung der Höchstsätze von bisher 60 % auf 90 % nochmals verbessert und sind die Zuwendungsempfänger um die Landkreise erweitert worden – ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Ein Schwerpunkt des EU-Landwirtschaftsfonds in der neuen Förderperiode ist die sogenannte Säule 3, die Förderung der diversifizierten ländlichen Wirtschaft. Neue Einkommens- und Erwerbsalternativen neben der originären Landwirtschaft werden entwickelt. Eine wichtige Säule ist dabei neben neuen Erwerbsfeldern durch erneuerbare Energien und durch die Produktion nachwachsender Rohstoffe der Landtourismus in seiner Vernetzung mit der Ernährungswirtschaft, mit ländlichem Brauchtum, traditionellem Handwerk, Schlössern, Burgen und anderer Infrastruktur. Aufgrund fehlender Industrie- und Gewerbeansiedlung bietet er einen sinnvollen Ansatz zur Sicherung von Beschäftigung.
Der Landtourismus bietet, insbesondere wenn er den Einklang von Natur, Kultur und den in der Region lebenden Menschen authentisch abbildet, den industriell strukturschwachen Regionen, aber auch ganz grundsätzlich dem ländlichen Raum große Chancen, die gesamtwirtschaftliche Situation nachhaltig zu verbessern.
Die CDU-Fraktion wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass der Landtourismus aufgrund seines Alleinstellungsmerkmals eine eigenständige und langfristige Förderung erfährt.
Bei der gestrigen Tourismusdebatte hatte ich bereits die DWIF-Studie zum Wirtschaftsfaktor Tourismus in Sachsen zitiert. Danach erbringt der Tourismus in Sachsen eine Bruttowertschöpfung von etwas über 6,8 Milliarden Euro bzw. Einkommensäquivalente von 230 000 Menschen. Da sich mehr als die Hälfte der Sachsen-Touristen für einen Besuch in ländlichen Ferienregionen entscheidet und dort auch die Aufenthaltsdauer länger als in der Stadt ist, finden circa 60 % der touristischen Wertschöpfung im ländlichen Raum statt.
Unternehmen im ländlichen Raum sind somit auch die Hoteliers, die Gastwirte, die Pensionsbetreiber, die Landwirte, die Ferienwohnungen anbieten, usw. usf. Die Zahl der Arbeitsplätze im Tourismus ist inzwischen höher als in der originären landwirtschaftlichen Produktion und in der Ernährungswirtschaft zusammengenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Investitionen in die touristische Infrastruktur sind, um die Attraktivität der touristischen Angebote im ländlichen Raum weiter zu erhöhen, nach wie vor sehr nötig. Deshalb ist es auch ein Weg in die richtige Richtung, mit der Änderung der Förderrichtlinie die kleine touristische Infrastruktur künftig mit 75 % statt wie bisher nur mit 65 % zu fördern. Mit diesem Geld können zum Beispiel Lehr- und Erlebnispfade, Besucherinformationen, Lenkungssysteme in Schutzgebieten, Park-, Spiel- und Rastplätze im Wald, Einrichtungen für Aktivitäten der Feriengäste zur Verbesserung des touristischen Angebotes, also für Schlechtwetterangebote usw. usf. gefördert werden.
Diese Investitionen kommen nicht nur den Touristen, sondern in erster Linie auch den in der Region lebenden Menschen zugute und erhöhen deren Lebensqualität, erzeugen Heimatverbundenheit und Identität. Wo der Mensch gern lebt, fühlen sich auch die Gäste wohl, und wo sich ein Gast wohlfühlt, lassen sich auch gern Investoren nieder. Diese brauchen wir auch weiterhin vor allem im ländlichen Raum.
Ein Problem des ländlichen Raumes ist natürlich die räumliche und damit die zeitliche Distanz zu Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die sich meist in den Zentren befinden. Diese verstärkt bestehende Abwanderungstendenzen insbesondere bei qualifizierten jungen Menschen. Aus diesem Grund ist es ganz besonders wichtig, große Anstrengungen zum Erhalt der wenigen Einrichtungen, die im ländlichen Raum sind, zu unternehmen.
Ich denke da zum Beispiel im Erzgebirge an die Berufsakademie in Breitenbrunn, die für diesen Ort von immenser strukturpolitischer Bedeutung ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen ist ein industriell geprägtes Bundesland und eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen Deutschlands. Trotz erheblicher Unterschiede in der Wirtschaftskraft sind in allen sächsischen Regionen wirtschaftliche Potenziale und
auch Entwicklungskerne vorhanden. Diese profitieren von der Ausstrahlung der Oberzentren.
Wir wollen uns als CDU auch weiterhin dafür einsetzen, dass der ländliche Raum die eingeschlagene Entwicklung vom Hinterland der urbanen Zentren zum eigenständigen Wirtschaftsraum fortsetzen kann. Denn eines ist Fakt: Voraussetzung für die künftige Attraktivität ländlicher Regionen ist die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen mit überregional wettbewerbsfähigen Einkommenschancen. Lassen Sie uns auch künftig gemeinsam in dieser Richtung arbeiten!
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der FDP-Fraktion trägt den Titel „Tourismusstandort Sachsen stärken“.
Den Tourismusstandort Sachsen stärken, ich glaube, in dieser Grundaussage ist sich dieses Hohe Haus weitestgehend einig. Über die Mittel zum Ziel kann man trefflich streiten. Auf alle Fälle kommen wir nicht weiter voran, wenn wir hier Fensterreden halten, die schon sehr auf Wahlkampf hingetrimmt sind.
Es handelt sich in der Tat bei der Stärkung des Tourismusstandortes Sachsen um eine anspruchsvolle Aufgabe; denn der Tourismus ist inzwischen von einer Nischenbranche zu einem anerkannten und beachteten Wirtschaftsfaktor in unserem Land geworden. Er ist von einer einzigartigen Kombination vieler kleiner Elemente einer umfassenden Dienstleistungskette geprägt. Die Akteure dieses Dienstleistungsbereiches bilden alle Facetten wirtschaftlicher Strukturen, öffentlichen und ehrenamtlichen Engagements, gemeinnütziger und bürgerschaftlicher Vereinigungen ab.
Reisen bildet, verbindet Menschen und ist weltweit die erfolgreichste Friedensinitiative. Tourismus steht in Sachsen für Standortgarantie der Arbeitsplätze, die nicht ins Ausland ausgelagert werden können. Das Ziel für Sachsen ist, von diesem weltweiten Wachstum in entsprechender Weise zu profitieren.
Die im letzten Jahr veröffentlichte Studie des DWIFInstitutes (Deutsches Wissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr in München) hat gezeigt: Mit mehr als 6,8 Milliarden Euro Umsatz in allen touristischen Leistungsbereichen werden landesweit für mehr als 230 000 Menschen Arbeit und Beschäftigung gesichert.
„Tourismusstandort Sachsen stärken“ ist ein anspruchsvoller Titel für die Große Anfrage, der allerdings hohe Erwartungen an die Verfasser, die FDP-Fraktion, weckt, die aber leider enttäuscht werden; denn die Große Anfrage ist in ihrer Struktur nicht mehr als eine Datensammlung ohne Struktur und ohne erkennbares Ziel. Wie ich eingangs sagte: Wahlkampf lässt grüßen. Die FDP will auch dieses Thema besetzen. Dabei sind viele der abgefragten Daten bereits bekannt, so zum Beispiel durch den jüngsten Tourismusbericht der Staatsregierung, die LTV-Fachinformation „Wirtschaftsfaktor Tourismus“, den Marketingplan der TMTS, um nur einige zu nennen.
Die Große Anfrage offenbart allerdings in einer Vielzahl der Fragen großes Unwissen über die grundsätzlichen Strukturen der inneren Organisation des Tourismus. Ein Beispiel ist die Frage nach Marketingprojekten des LTV oder der AMS.
Verwunderlich ist ebenfalls, dass bei der Ausrichtung der FDP auf die freien Kräfte des Marktes und dem sonstigen Plädoyer für weniger Staat und mehr unternehmerische Initiative in vielen Fragen das aktive Eingreifen des Freistaates eingefordert wird. Um nur ein Beispiel zu nennen: die Steuerung bei der Destinationsentwicklung.
Es genügt eben nicht, punktuell nicht Erreichtes zu kritisieren. Es gilt, selbst Visionen und Zielstellungen für den Tourismusstandort Sachsen zu entwickeln. Diese sehe ich nicht – nicht in der Struktur der Großen Anfrage, aber auch nicht in der eben gehörten Rede. Die Antwort, wie die Verdopplung der Bruttowertschöpfung im Tourismus in Sachsen erfolgen soll, ist nicht durch einen Rundumschlag zu allen möglichen Themen – von GEZ über Umsatzsteuer usw. – zu geben.
Die CDU-Fraktion war es, die für dieses Ziel seit 1990 und in der Koalition seit 2004 die entsprechenden Initiativen für die Tourismusentwicklung in Sachsen entwickelt und die dazu erforderlichen Rahmenbedingungen maßgeblich vorangebracht hat. Das heißt für uns aber nicht, auf dem Erreichten auszuruhen, sondern weiter nach vorn zu denken, und zwar immer im harten Kampf mit den Wettbewerbern. Deshalb möchte ich einiges zu den künftigen Aufgaben und zu der Frage anmerken, wie wir das Ziel, den Standort Sachsen weiter zu stärken, erreichen wollen.
Eine wichtige Zukunftsfrage für das Reiseland Sachsen ist die Neuausrichtung der gegenwärtig neun touristischen Regionen unter den Aspekten der finanziellen Tragfähigkeit, der Wettbewerbs- und der Zukunftsfähigkeit. Sie sind in dieser Struktur nicht überlebensfähig. Das ist den Akteuren im Land längst bekannt, nur zieht noch nicht
jede Region die entsprechenden Schlüsse, weil eben meistens Besitzstände die bremsende Rolle spielen.
Jedoch liegt der langfristige Prozess der Destinationsbildung in der Verantwortung der Regionen selbst. Die Staatsregierung kann und soll aus Sicht der CDU-Fraktion auch keine Strukturen vorgeben. Ein geeigneter Moderator könnte hierbei, wenn das von den entsprechenden Akteuren gewünscht wird, der LTV sein. Er hat bereits in den zurückliegenden Jahren als zentraler Ansprechpartner für Tourismuspolitik, als Koordinator und Mittler in Grundsatzfragen sehr erfolgreich gewirkt.
Eine weitere Zukunftsfrage ist das generelle System der Finanzierung des Tourismus unter Beachtung des Rückgangs der öffentlichen Förderung. Auch zu diesem Thema habe ich in dem Vortrag von Herrn Günther nichts gehört. Allein mehr öffentliche Mittel in das System zu geben löst die Zukunftsfragen nicht. Vielmehr kommt es auf den koordinierten Einsatz der Mittel an, um eine strukturierte und organisierte Aufgabenteilung zwischen kommunaler, regionaler und Landesebene zu sichern. Die Finanzierung touristischer Aufgaben muss langfristig und nachhaltig durch eine stabile Grundfinanzierung gesichert werden. Zusätzlich ist aber auch die Ausschöpfung aller jetzt schon vorhandenen Finanzierungsquellen, wie zum Beispiel der Fremdenverkehrsabgabe und der Kurtaxe, erforderlich. Die Antwort auf die Große Anfrage hat gezeigt, dass das noch längst nicht von allen gemacht wird.
Vor allem aber kommt es auf qualifizierte öffentlichprivate Partnerschaften an. Ein positives Beispiel dafür ist das erfolgreiche Projekt „Sachsen unter Dampf“ zur landesweit einheitlichen Vermarktung der sächsischen Schmalspurbahnen.
Zur Frage II.13: Mit der Feststellung, es gäbe noch keine Dachmarke in Sachsen, wird doch offenbart, dass die seit 2006 existierende Marke „Sachsen – Land von Welt“ vermutlich an der FDP-Fraktion vorbeigegangen sein muss. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch anmerken, dass die Dachmarke Sachsen im gegenwärtigen Stadium noch sehr unterentwickelt ist. Während Südtirol sowohl für die touristische Destination als auch für alle Produkte und Dienstleistungen des Landes mit einem gemeinsamen Signet wirbt und damit Marketingkräfte und -mittel bündelt und Synergiepotenziale ausschöpft, ist „Sachsen – Land von Welt“ noch nicht einmal auf allen touristischen Broschüren zu finden, bestenfalls auf den mit staatlicher Förderung erstellten.
Für den Wirtschaftsstandort Sachsen wirbt die WFS mit „Sachsen!“. Auch internationale Präsentationen und Auftritte sächsischer Museen, Klangkörper usw. müssen künftig alle unter einer gemeinsamen Marke Sachsen stattfinden. Dabei geht es uns nicht darum, Uniformität zu erzeugen, sondern darum, einen wechselseitigen Imagetransfer mittels einer visuellen Klammer und einer gemeinsamen Botschaft herzustellen. Daran muss mit Nachdruck weiter gearbeitet werden.
Ebenso wichtig ist die weitere Förderung der Errichtung und Weiterentwicklung von privater und öffentlicher touristischer Infrastruktur in den wichtigen Zukunftsfeldern, wie Gesundheitstourismus, barrierefreier Tourismus, aktiver Tourismus usw. usf. Für die durchgängige Qualitätssicherung ist ein Lückenschluss- und Qualifizierungsprogramm „Touristische Wege“ erforderlich. Das hat auch Herr Günther gefordert. Am Beispiel des Elsterradweges möchte ich deutlich machen, dass gerade durch das Konjunkturpaket II wesentliche Impulse gesetzt und viele Investitionen angeschoben werden können, und zwar nicht nur beim Elsterradweg, sondern auch bei vielen anderen touristischen Infrastrukturmaßnahmen im Land.
Zu den touristischen Wegen sei noch gesagt: Nicht die Kilometerzahl der entsprechenden Wege ist die Messzahl, sondern deren Qualität und deren überregionale Vernetzung. Zertifizierte touristische Wege mit allen Annehmlichkeiten für den Gast und mit einer geschlossenen Servicekette sind „in“. Der Voigtland-Panoramaweg oder der Malerweg in der Sächsischen Schweiz sind solche positiven Beispiele, die den Tourismus in der Region nachhaltig fördern.
Die touristischen Regionen müssen weiterhin weg von der Saisonalität und systematisch hin zu Ganzjahreszielen entwickelt werden. Die Auswirkungen der Klimaveränderungen in den sächsischen Mittelgebirgen zwingen dazu. Dazu gehört die entsprechende touristische Infrastruktur. Beschneiungsanlagen allein lösen das Problem nicht, schon gar nicht im Sommer.
Die Vielzahl der Förderprogramme, der Ressortzuständigkeiten und der beteiligten Ebenen bei der Projektbearbeitung, -beantragung und -genehmigung, aber vor allem der Koordination ist strukturell noch nicht optimal gelöst. Seit Langem steht die Forderung nach einer Koordinierungs- und Clearingstelle im Raum. Es ist verständlich, dass die Ressorts an ihren Zuständigkeiten festhalten, aber bei größeren touristischen Projekten, bei denen Infrastruktur- und Projektförderung aus unterschiedlichen Häusern kommen – es sind ja nicht nur das SMWA und das SMUL beteiligt, sondern zum Beispiel bei Sportstätten auch das SMK oder im Bereich der Jugendfreizeitstätten oder der Gesundheitseinrichtungen das SMS –, muss darüber nachgedacht werden, ob die bisherigen Strukturen passen.
Es wäre noch sehr viel zu sagen, es wären noch sehr viele Vorschläge zu machen. Das lässt die Zeit im Rahmen der Erörterung dieser Großen Anfrage nicht zu. Ich möchte aber Dank sagen, Dank an alle, die sich tagtäglich bemühen, mehr Gäste für Sachsen zu werben und den Gästen, die in Sachsen sind, mit hoher Servicequalität und Freundlichkeit zu begegnen, damit diese dann in ihre Heimat und in die Welt zurückkehren mit der Botschaft: Sachsen ist ein freundliches und ein weltoffenes Land.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir, jetzt noch einige Bemerkungen zum Entschließungsantrag zu machen, weil ich ihn erst zu Beginn der Debatte zur Kenntnis bekommen habe.
Ich sagte eingangs in meinem Redebeitrag, dass die Große Anfrage fachlich sehr flach war – noch flacher ist der Entschließungsantrag. Um festzustellen, dass Sachsen ein attraktives Tourismusland ist, bedarf es nicht dieses Antrages. Er wimmelt in Punkt 1 von Plattitüden und das sogenannte Zehn-Punkte-Programm macht genau das deutlich, was ich vorhin kritisiert habe: Es geht um Bürokratieabbau und Kosten- und Abgabensenkung – eigentlich ein hehres Ziel; aber was ich in einer Entschließung vermisse, ist die Entwicklung von Visionen, wie es besser werden kann.
Fakt ist, dass diese sogenannten zehn Punkte ein Sammelsurium von Forderungen sind, die in erster Linie an den Bund gerichtet werden.
Zum Rundfunkstaatsvertrag wissen wir, dass die Reform der GEZ-Gebühren der MPK obliegt. Grundlage dafür sind die KEF-Erhebungen über den Kostenbedarf.
Ich bin gespannt, wenn das System geändert wird und die Belastungen vielleicht in anderer Richtung höher werden, wie Ihre Fraktion dann reagiert, wenn die Erhöhung andere Bereiche betrifft.
Sie fordern dann die Senkung, genauso ist es.
Bei der Umsatzsteuer ist es dasselbe. Selbstverständlich sehen wir hier Regulierungsbedarf, aber im Rahmen einer Neuregulierung des Gesamtsystems der Umsatzsteuer in der Bundesrepublik als Ganzes.
Fakt ist, diese zehn Punkte sind nicht geeignet, kurzfristig in irgendeiner Art und Weise etwas zu bewegen. Wenn Sie sich für den Tourismusstandort Sachsen einsetzen wollen, dann mit konkreten Sachanträgen, aber nicht mit solch einem Sammelsurium von Wünschen.
Wir werden deshalb ihren Entschließungsantrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zugegebenermaßen nicht das übliche Prozedere in diesem Hohen Hause, dass Berichte der Staatsregierung Gegenstand einer Aktuellen Debatte sind. Aber ich denke, dem Anliegen des Umweltberichts wird es gerecht, wenn er nicht, wie sonst bei Berichten üblich, am Ende der Tagesordnung, sondern an einem prominenten Platz besprochen wird. Deshalb geht mein Dank an alle Fraktionen, die sich diesem Verfahren angeschlossen haben.
Der Bericht ist im zuständigen Fachausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Er umfasst den
Zeitraum 2002 bis 2006 und ist wesentlich umfangreicher und detailreicher als alle vorhergehenden Berichte ausgefallen. Eine verdienstvolle Arbeit – diesem Urteil konnte sich sogar unser Herr Kollege Lichdi anschließen. Ich denke, diese Einschätzung tragen alle mit, die den Bericht gelesen haben.
Danke an alle, die an der Erstellung des Berichts beteiligt waren. Aber vor allem geht mein Dank an diejenigen, die wesentlich selbst dazu beigetragen haben, dass sich die Umweltsituation in Sachsen in allen Facetten signifikant verbessert hat.
Im Berichtszeitraum standen die Bemühungen zur nachhaltigen Gestaltung unserer Lebensumwelt zunehmend im Vordergrund. Demgegenüber sind die Sanierungsaufgaben, insbesondere der immensen Altlasten durch den
Raubbau an Natur und Umwelt im real existierenden Sozialismus, fast vollständig erledigt.
Meine Damen und Herren! Die Bewertung der gegenwärtigen Umweltsituation in Sachsen kann nicht objektiv erfolgen, ohne den Blick auf die Ausgangslage zurückzuwerfen. Deshalb war ich regelrecht geschockt, als ich die Ergebnisse der Studie des Forschungsverbundes SEDStaat der Freien Universität Berlin zum Thema „Das DDR-Bild von Schülern“ zur Kenntnis genommen habe. Wir haben gestern bereits über andere Aspekte der Studie gesprochen. Aber die Aussagen im Hinblick auf die Umweltsituation waren aus meiner Sicht verheerend. Es ist kaum zu fassen, dass nach Aussage der Studie der größte Teil der befragten Schüler annimmt, die Umwelt sei in der DDR sauberer als in der Bundesrepublik gewesen. Die richtige Antwort gab nur jeder Fünfte.
Warum wissen junge Leute heute nicht mehr, wie es in Schlema, Espenhain und Böhlen ausgesehen hat, welchen Zustand die Wälder auf dem Erzgebirgskamm hatten, dass Flüsse und Bäche bessere Kloaken waren und dass mir im Winter vom höchsten Punkt meines Heimatortes der Blick ins Tal durch eine dicke Smog-Schicht versperrt war, aus der nur der Schornstein des filterlosen Rohbraunkohlekraftwerks herausragte?
Ein Grund dafür ist neben dem Verdrängen oder Vergessen eine nicht zu entschuldigende Bildungslücke, was die Lebenssituation in der DDR insgesamt betrifft. Es fehlt aber auch das Wissen, dass gerade die prekäre Umweltsituation – neben der Sehnsucht nach Freiheit – der Grund für die friedliche Revolution war.
Drei Handlungsfelder möchte ich kurz beleuchten: Klima, erneuerbare Energien und Luft.
Im Umweltbericht schlagen sich die Anstrengungen der Staatsregierung im betrachteten Zeitraum deutlich nieder, den sächsischen Energiemix zugunsten der erneuerbaren Energien zu verändern. So ist das Ziel des Sächsischen Klimaschutzprogramms, von 2001 bis 2010 einen Anteil von 5 % erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch zu erreichen, bereits 2006 erfüllt worden. Allein die 2006 aus erneuerbaren Energien erzeugte Energie hat einen CO2-Ausstoß von 2,6 Millionen Tonnen vermieden. Seit 2003 stagnieren bei steigendem Anteil der erneuerbaren Energien die Zahlen des Gesamtenergieverbrauchs. Dabei ist hervorzuheben, dass die Energieintensität – das Maß, wie viel Energie für eine Einheit BIP benötigt wird – ständig zurückgeht. Das ist auch der Beweis dafür, dass eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch stattgefunden hat.
Zum Thema Luft. Das Messnetz von 31 Luftmessstationen registriert feinste Abweichungen der Qualitätsparameter. Durch die konsequente Modernisierung der Großfeuerungsanlagen spielt die SO2-Belastung kaum noch eine Rolle. Die bodennahe Ozonbelastung ist seit 2003 rückläufig und Benzole sind um 67 % zurückgegangen, grobe Stäube ebenso. Bei Feinstaub sind weitere Anstrengungen nötig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns die im Umwelt- und Klimaschutzbericht erreichten Erfolge auch Erfolge nennen und nicht mit der Lupe das Haar in der Suppe suchen. Es gilt vielmehr, gemeinsam nach gangbaren, nachhaltigen Strategien zu suchen, um die Umweltsituation in Sachsen weiter kontinuierlich zu verbessern.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politik pro Rad heißt nicht, Politik kontra Auto oder kontra andere Verkehrsträger, sondern heißt, die Vorteile des einen mit den Vorteilen des anderen intelligent zu verbinden.
Ich möchte zu Beginn meiner Rede einen sachlichen Akzent zu der eifernden Rede meines Vorredners setzen. Radfahren ist in. Für die einen ist es ein willkommener sportlicher Ausgleich, für die anderen der Weg zur Arbeit oder zur Schule und für die Touristen eine beliebte Möglichkeit, eine Region zu erkunden. Egal, welcher Ansatz vorliegt: Eine entsprechende fahrradgerechte Infrastruktur ist die Voraussetzung für jede Nutzung eines Rades.
Die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage belegen, dass inzwischen mit deutlichen regionalen Differenzierungen, die ihre objektiven Gründe haben, vieles erreicht worden ist und dass mit dem Radverkehrskonzept der Staatsregierung aus dem Jahre 2005 auch Zielstellungen für die Weiterentwicklung formuliert worden sind.
Zurückweisen muss ich aber Ihren Negativtenor der in der Einleitung zur Großen Anfrage getroffenen Feststellung, die sich auch im Entschließungsantrag wiederfindet und die Sie bereits vorgetragen haben: dass im Gegensatz zu anderen Bundesländern der motorisierte Verkehr im Vordergrund sächsischer Verkehrspolitik stand. Jawohl, Herr Lichdi, er stand im Vordergrund sächsischer Verkehrspolitik. Wenn Sie die Verhältnisse von 1990 zwischen Sachsen und Baden-Württemberg oder Flächenländern wie Nordrhein-Westfalen vergleichen, dann hatten wir in Sachsen andere Prioritäten zu setzen. Ich hätte die Opposition in diesem Haus einmal reden hören wollen, wenn wir zuerst die Radwege gebaut hätten und jetzt bei den Autobahnen angekommen wären.
Zum Stand des Radverkehrs in Sachsen: Ich bin mir nicht sicher, ob jeder, der aus dem Fenster des Plenarsaals auf
den heute leider nicht so stark frequentierten Elberadweg blickt, weiß, dass vor uns der beliebteste deutsche Fahrradweg liegt.
Seit Jahren führt der Elberadweg das Ranking der Reiseanalyse des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs als beliebtester deutscher Radfernweg an.
Im Jahre 2007 wurde er von 145 000 Radwanderern befahren, die im Durchschnitt neun Tage unterwegs waren, also über der durchschnittlichen Übernachtungsdauer der Städtetouristen, und dabei pro Tag circa 70 Euro ausgaben. Das bedeutet einen touristischen Umsatz von circa 91 Millionen Euro. Hierbei sind die Tagestouristen noch nicht berücksichtigt.
Der Elberadweg zieht zudem eine große Anzahl ausländischer Radtouristen an. Dieser nachhaltige Erfolg ist sicherlich zum einen der einzigartigen Kulturlandschaft, aber auch der guten Infrastruktur und der koordinierten und kompetenten Vermarktung durch die verantwortlichen Tourismusverbände zu verdanken.
Durch Sachsen führen von den insgesamt zwölf deutschen Fernradwegen außer dem Elberadweg noch der OderNeiße-Radweg und die Mittellandroute von Görlitz über Chemnitz, Jena bis nach Nordrhein-Westfalen.
Das sind drei wichtige deutsche Radfernrouten. Der Elberadweg ist außerdem attraktiver Bestandteil der Euroveloroute, die vom Nordkap bis nach Malta ausgewiesen ist. Auch der Oder-Neiße-Radweg, der ein wenig im Schatten des Elberadweges steht, hat sich im Ranking der beliebtesten Fernradwege in den letzten Jahren stets unter den Top Ten etabliert. Diese Leistung sollte anerkannt werden.
Die Oberlausitz, zu Recht als die „touristische Raddestination Nummer eins“ in Sachsen bezeichnet,
wird in dem durch die Deutsche Zentrale für Tourismus und den ADFC erstellten Katalog „Deutschland per Rad entdecken“ international mit mehreren Routen in 26 Ländern vermarktet; er hat eine Auflage von 500 000 Exemplaren in deutscher und englischer Sprache.
Wir wissen, im Tourismus zählt nur noch hohe Qualität. Wir stehen vor der Frage: „Champions League statt Kreisklasse“. Deshalb hat die Oberlausitz als eine der wenigen Destinationen für Radurlauber in Deutschland ein eigenes Qualitätssiegel kreiert. Mit dessen Einführung werden in dieser Region mehr als 600 Mieträder an 30 Stationen angeboten. Durch diese konsequente Investition und eine nachhaltige Vermarktungsstrategie konnten
in den letzten Jahren an den knapp 2 500 Kilometern Radrouten teilweise zweistellige Zuwachsraten verzeichnet werden. – Zu all diesen positiven Ergebnissen, Herr Lichdi, habe ich von Ihnen kein Wort gehört.
Eine ausgezeichnete Hilfe für eine noch bessere Vermarktung der sächsischen Radwege ist das im September 2007 durch das SMWA freigeschaltete Internetportal „Fahrradland Sachsen“, auf dem umfassende Informationen rund um das Thema Rad für Alltagsradler sowie für Touristen gegeben werden.
Auch im wissenschaftlichen Umfeld besitzt Sachsen mit der Fakultät für Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ an der TU Dresden kompetente und international anerkannte Wissenschaftler, die sich mit dem Radverkehr gerade im Alltagsverkehr auseinandersetzen und deren Ergebnisse in die entsprechenden Fachplanungen zur Integration von Fuß- und Radverkehr in den Alltagsverkehr einfließen.
Nun zum spannenden Thema „Verknüpfung von Bahn und Rad“. Das bloße Kopieren von Maßnahmen anderer Bundesländer bringt uns in Sachsen überhaupt nicht weiter. Zweifelhaft ist für mich, ob die Mitnahme von Fahrrädern zum Beispiel im ICE erstrebenswert ist und ob es nicht sinnvoller ist, zunächst die bahntechnische Erschließung Sachsens mit dem ICE insgesamt weiter voranzutreiben. Ich erinnere hier nur an die nach wie vor bestehenden Defizite bei der Sachsen-FrankenMagistrale, und ich frage mich schon, ob es nicht intelligentere fahrradfreundliche Lösungen als Alternative zur Mitnahme von Rädern im ICE gibt.
Dies trifft ebenfalls auf den Schienenpersonennahverkehr zu. Bekannt ist ja, dass die Aufgaben zur Bestellung von Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs durch den Freistaat Sachsen an fünf Zweckverbände vergeben wurden. Diese dezentralen Strukturen können Vor- und Nachteile haben; das ist gegeneinander abzuwägen. Ein Nachteil ist sicher die unterschiedliche Gestaltung von Tarifen innerhalb Sachsens. Ein großer Vorteil ist jedoch, dass damit die Zweckverbände in die Lage versetzt worden sind, sehr gut auf regionale Besonderheiten reagieren zu können und gerade Verknüpfungen von SPNV- und ÖPNV-Angeboten mit weiteren regionalen Verwaltungen und Institutionen sowie Leistungsträgern passgenau umzusetzen. Das betrifft insbesondere die Erstellung von grenzüberschreitenden Angeboten sowohl nach Tschechien und Polen als auch nach Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern. Bei den letztgenannten ist unter anderem eine kostenlose Fahrradmitnahme möglich.
Es ist aber mitunter auch hilfreich, über den eigenen Tellerrand hinaus in andere touristische Topregionen zu schauen. Als Beispiel hierfür möchte ich die Vinschgaubahn in Südtirol nennen, eine touristisch sehr attraktive Bahn sowohl für Wanderer als auch für Radfahrer. Dort wird empfohlen – erstens –, die Fahrräder an Fahrradstationen an der Strecke auszuleihen, um den Transport im Zug und damit Transportraum zu minimieren, oder – zweitens – das eigene Fahrrad auch an Bord der Vinsch
gaubahn mitzutransportieren, vorausgesetzt natürlich, dass darin Platz ist und man vier Euro pro Rad zahlt.
Die generelle kostenfreie Fahrradmitnahme ist nicht in jedem Fall erstrebenswert und sinnvoll. Wir wollen das Radfahren insgesamt – gerade auch bei Jugendlichen und Kindern – unterstützen und fördern, aber wir können den ÖPNV nicht nur nach dieser einen Zielgruppe ausrichten. Es ist nicht in jedem Fall sinnvoll, diese Leistungen kostenlos anzubieten; denn dann gäbe es Effekte wie zum Beispiel bei der S-Bahn im oberen Elbtal: Kostenlose Fahrradmitnahme würde hier bedeuten, den Anreiz zu erhöhen, dass alle Radler das Rad mit der S-Bahn nach Schmilka transportieren und dann den Radweg an der Elbe nur noch flussabwärts fahren. Die S-Bahn könnte gerade an den Wochenenden und in den Ferienzeiten die große Zahl der Wanderer vermutlich gar nicht mehr transportieren. Sollten Sie schon einmal mit der Vinschgaubahn gefahren sein, dann wissen Sie, dass in Urlaubszeiten auf einzelnen Streckenabschnitten nicht einmal mehr ein Stehplatz zu ergattern ist. Die Oberlausitz ist deshalb mit ihrer Doppelstrategie mit einer Vielzahl von Radverleihstationen und der kostenpflichtigen Beförderung von Rädern auf dem richtigen Weg, dass jeder das für ihn passende Angebot wählen kann.
Bleiben wir in der Oberlausitz und betrachten die Situation des Ausbaues der Übergangsstellen. Dieses langfristig angelegte Programm – es ist ja nicht von heute auf morgen zu leisten – ist noch nicht abgeschlossen. Jährlich kommen neue Stellen hinzu, zahlreiche neu gebaute Übergangsstellen verfügen über Fahrradabstellanlagen auf hohem Niveau, die aber auch nicht in jedem Fall ausgelastet sind. Zum Beispiel wurden in Bautzen 105 überdachte Plätze installiert, ebenso in Neukirch-Ost, Rietschen, Reichenbach, Ebersbach und Wilthen, um nur einige aus der langen Liste zu nennen. Auch in anderen Verkehrsverbünden hat die Errichtung von Fahrradabstellanlagen an Übergangsstellen eine hohe Priorität. Inzwischen haben die Mitarbeiter in den Verkehrsverbünden durch ihre regionale Kenntnis über das jeweilige Erfordernis zur benötigten Anzahl von Abstellplätzen eine sehr gute fachliche Kompetenz erworben.
Das Thema Wegweisung und Beschilderung ist gerade für ortsunkundige Radfahrer ein wesentlicher Faktor, um unnötigen Zielsuchverkehr grundsätzlich zu vermeiden. Seitens der Bundesregierung wird zurzeit die „Richtlinie für touristische Beschilderungen in Deutschland“ überarbeitet und soll Ende dieses Jahres zum verbindlichen Standard erhoben werden. Nach diesem Zeitpunkt sollte die touristische Beschilderung – auch die zwischen Radwegen und ÖPNV-Schnittstellen – zügig vorangebracht werden.
Zu Fördermöglichkeiten ist in der Stellungnahme des SMWA bereits umfangreich geantwortet worden. In Frage 22 der Großen Anfrage der GRÜNEN – darauf möchte ich noch eingehen – sowie in ihrem Entschließungsantrag wird unter Verweis auf das Landesprogramm
von Nordrhein-Westfalen, „100 Fahrradstationen“, das Thema Fahrradverleih und Fahrradservicestationen angesprochen. Dabei stehen wir in Sachsen doch gar nicht schlecht da. Herr Lichdi, rechnen Sie mal mit: Allein im Gebiet des Verkehrsverbundes Mittelsachsen gibt es mindestens 24 Radverleihstationen, die direkt an den ÖPNV und einen überregionalen Radweg angrenzen. Im weiteren Umkreis von über einem Kilometer Entfernung gibt es mindestens 30 weitere. Rechnen Sie noch die oben erwähnten 30 Stationen der Oberlausitz hinzu, so existieren allein im Bereich dieser zwei Verkehrsverbünde 84 Fahrradverleihstationen, im Wesentlichen durch private Initiative geschaffen. Dabei sind die anderen Verbünde noch gar nicht mitgerechnet. Ich denke, im Verhältnis zu dem großen Flächenland NRW sind 84 zu 100 ein respektables Ergebnis.
Nein, jetzt nicht, danke. – Für die Verkehrsverbünde stellen die Radfahrer inzwischen eine wichtige Zielgruppe dar, was immer wieder auch innovative Lösungen erfordert. Als Beispiel sei der VVO genannt, der auf ausgewählten Strecken auch Fahrradbusse einsetzt und damit die Schnittstelle Rad – Bus ermöglicht.
Parallel dazu erfolgt eine professionelle Vermarktung der Angebote durch die Verbünde und im Zusammenhang mit den touristischen Leistungsträgern. Die Vermarktung und die Entwicklung der radtouristischen Angebote beschränken sich nicht allein auf die von den GRÜNEN genannten Werbemedien. Da ist wesentlich mehr und in hoher Qualität vorhanden.
Ziel muss doch sein, mit hohen Qualitätsstandards noch mehr attraktive, zertifizierte Bett-und-Bike-Angebote auf den Markt zu bringen und mit radtouristischen Events neue Gästegruppen für Sachsen zu erschließen. Eines dieser Events, Deutschlands größtes MountainbikeEtappenrennen, führte in diesem Juni wiederum 500 Mountainbike-Sportler sowie zusätzlich deren Gefolge und die entsprechenden Zuschauer quer durch Deutschland, über die sächsischen Etappenorte Schöneck im Vogtland, Oberwiesenthal bis hin nach Seiffen.
Seiffen hat sich ja inzwischen einen Namen gemacht, auch als Austragungsort des jährlichen ErzgebirgsbikeMarathon. Dieses Rennen gehört zu den Top Ten in Europa. Die TMGS hat seit diesem Jahr eine zusätzliche Urlaubsofferte für sportliche Radfahrer unter dem Katalogtitel „Sax Tracks“ herausgebracht. Ich könnte noch viel zu diesem Thema sagen, um es erschöpfend zu behandeln. Ich will es aber aus Zeitgründen dabei belassen.
Fazit. Ist alles paletti? Das kann ich natürlich nicht bejahen, denn nie ist etwas so gut, als dass es nicht noch besser werden könnte. Deshalb folgt, aufbauend auf die
Erkenntnisse aus der Großen Anfrage, der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, auf den meine Kollegin Simone Raatz in der Einbringung noch näher eingehen wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Da hat uns die Linksfraktion wieder einmal ein buntes Päckchen auf den Tisch unseres Parlaments gelegt, auf dem steht, dass es
Verbesserungen enthalte, die zum Allgemeinwohl die Rechte der Bürgerinnen und Bürger stärken sollen.
Es soll Heilmittel gegen vermeintliche Krankheiten des Sächsischen Wassergesetzes enthalten. Aber wie so oft, wenn man das bunte Papier entfernt und schaut, was darin ist, sieht man nur Placebos oder – was noch schlimmer ist – Mittel mit erheblichen Nebenwirkungen. Lassen Sie mich auf einige wenige Punkte eingehen.
Eine Abschaffung der Vorkaufsrechte für Hochwasserentstehungs- und Überschwemmungsgebiete findet mit der CDU-Fraktion nicht statt. In diesen Rechten sehen wir ein wichtiges, aber nicht das einzige, jedoch sehr wesentliches Instrument der öffentlichen Hand, präventive Hochwasserschutzmaßnahmen in Hochwasserentstehungs- und Überschwemmungsgebieten zu planen und durchzuführen.
Nach Vorliegen der Negativliste der Landestalsperrenverwaltung sind die notwendigen Prüfverfahren zur möglichen Inanspruchnahme von Vorkaufsrechten deutlich beschleunigt worden. Dass die Linken ihre Argumente selbst als wenig stichhaltig ansehen, kommt wohl auch darin zum Ausdruck, dass sie in der Begründung zum Gesetzentwurf auf eine drei Jahre alte Kleine Anfrage des Kollegen Tino Günther zurückgreifen. Der dort beschriebene und damals noch vorhandene Antragsstau nach dem Hochwasser ist längst abgearbeitet. Das wissen Sie selbst.
Zur gesetzlichen Festschreibung der Bürgerbeteiligung bei der Aufstellung von Abwasserbeseitigungskonzepten: Dazu haben die Sachverständigen in der Anhörung ein eindeutig ablehnendes Votum gegeben, und das nicht, weil sie gegen Bürgerbeteiligungen sind, sondern weil erstens bereits in der Sächsischen Gemeindeordnung in den §§ 11 und 12 die Informationspflicht gegenüber den Bürgern und deren Petitionsrechte ausreichend geregelt sind. Keine Gemeinde und kein Zweckverband können heutzutage Bau- und Erschließungsmaßnahmen, die von den Bürgern oftmals lang erwartet werden, ohne deren Information durchführen.
Und zweitens scheinen die Linken selbst nicht genau zu wissen, was sie wollen, denn der Änderungsbefehl im Gesetzentwurf und die Begründung widersprechen sich. Unter Ziffer 2 des Gesetzentwurfs wird lediglich eine Bürgerbeteiligung in Form der Auslegung der ABK vorgesehen. In der Begründung hingegen verlangen die Linken aber eine Anlehnung des Verfahrens an die Bauleitplanung. Die Grundstückseigentümer sollen gegen Festsetzungen der Abwasserbeseitigungskonzepte verwaltungsrechtlich vorgehen können.
Der Blick in die Praxis würde sie vor derart abstrusen Vorstellungen bewahren. Die Aufgabenträger arbeiten sehr öffentlichkeitswirksam. In den Mitgliedsgemeinden liegen die Pläne langfristig aus. Bis hinein in die Ortschaftsräte werden ABK vor der Beschlussfassung diskutiert.
Es obliegt im Übrigen jeder Mitgliedsgemeinde eines Verbandes und den entsprechenden Gremien, wie sie ihre Bürgerbeteiligung organisieren.
Ihr Ansinnen, das Beteiligungs- und Einspruchsrecht auf den einzelnen Bürger zuzuspitzen, würde bedeuten, dass dieser dann im Klageverfahren die Erschließung eines ganzen Ortsteils oder einer ganzen Region über Jahre blockieren könnte. Vielleicht ist es das, was Sie eigentlich wollen. Abgesehen davon hat ein Abwasserbeseitigungskonzept nicht den Rechtscharakter eines Bebauungsplanes, sondern ist eine fachliche Strategie der Abwasserbeseitigung für ein Verbandsgebiet, also eine technische Systementscheidung, und es beinhaltet wasserrechtliche Anforderungen, die nicht gerichtlich ausgelegt werden können. Damit können Sie das ABK auch nicht als Grundlage eines Verwaltungsgerichtsverfahrens heranziehen.
Zur Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungen und des Baues von Wasserkraftanlagen im Freistaat Sachsen: Die bestehenden Regelungen sind von den Sachverständigen als gut und ausreichend bezeichnet worden. Dass sich DIE LINKE nun ausgerechnet das Votum des einen Sachverständigen zu eigen macht, dessen Rechtsauffassung bis zum obersten Sächsischen Verwaltungsgericht verworfen wurde und wofür eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen worden ist, ist das eigene Problem der Linksfraktion. Das aber dann als rechtsstaatlich unsauberes Mittel zu bezeichnen, Frau Kagelmann, nachdem Gerichte darüber entschieden haben, zeugt auch von Ihrem verqueren Rechtsverständnis.
Mit Verlaub: Allgemeinwohlinteressen vorzuschieben bei der Lösung eines Problems, das nur einige wenige Einzelfälle betrifft und darüber hinaus noch, wie Sie geschrieben haben, fundamentale Bedeutung als Maßnahme gegen den Klimawandel hat, ist einfach dümmlich. Nur ein Rechenbeispiel, das zeigt, dass die Linken jeglichen Bezug zur Realität verloren haben: Will man zum Beispiel die Stromerzeugung sächsischer Braunkohlenkraftwerke mit Wasserkraft kompensieren, müssten auf der Grundlage der Zahlen des Sächsischen Umweltberichtes und des Verbandes der Wasserkraftbetreiber circa 50 000 Kleinwasserkraftwerke errichtet werden.
Abgesehen davon, dass der ökologische Kollaps schon bei einigen Promille dieser Zahl in sächsischen Fließgewässern eintreten würde, wären damit auch alle erreichten Ergebnisse bei der Verbesserung der Gewässerökologie vernichtet.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Die CDUFraktion steht zum Ausbau erneuerbarer Energien und auch zum Ausschöpfen der Potenziale für Wasserkraftanlagen, aber nicht dazu, wie DIE LINKE das Kind mit dem Bade auszuschütten und andere ökologische Probleme zu
schaffen, je nachdem, welche Klientel man gerade bedienen will.
Zur Herstellung des Einvernehmens der Landestalsperrenverwaltung mit der Naturschutzbehörde ist Folgendes zu sagen: Nach § 10 des Sächsischen Naturschutzgesetzes muss bei Eingriffen bereits jetzt das Einvernehmen mit den Naturschutzbehörden hergestellt werden. Ohne Anhörung der Naturschutzbehörde kann bei einem wasserrechtlichen Eingriff auch jetzt keine Entscheidung getroffen werden. Also, der Iststand ist ebenfalls ausreichend.
Last but not least zum Außerkrafttreten von § 100 Abs. 3, der die Überschwemmungsgebiete betrifft, die kraft Gesetzes gelten. Würden wir so verfahren, wie Sie vorschlagen, würde das bedeuten, dass die aus den Erfahrungen der Hochwasserkatastrophe von 2002 in den letzten Jahren mit riesigem Verwaltungsaufwand in Arbeitskarten erfassten Überschwemmungsgebiete per Anfang Januar 2009 nicht mehr kraft Gesetzes bestünden, außer wenn sie vorher per Rechtsverordnung der Wasserbehörden noch einmal förmlich festgestellt würden. Ein trefflicher Vorschlag, Frau Kagelmann, zur Versenkung öffentlicher Gelder!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren ist es guter Brauch, Expertenmeinungen in Anhörungen einzuholen und in den Fachgremien darüber zu diskutieren. Die Anhörung – insbesondere auch die Statements der kommunalen Spitzenverbände – hat im Grundsatz alle von mir vorgetragenen Positionen der CDU-Fraktion bestätigt.
Eine gewisse fachliche Urteilskraft sollte man auch bei Politikern der Linksfraktion voraussetzen. Hätten Sie diese tatsächlich, dann wären Sie gut beraten gewesen, diesen fachlichen Unsinn vor der öffentlichen Beschlussfassung hier im Plenum zurückzuziehen. Unsinn bleibt nun einmal Unsinn, daran kann auch ein parlamentarisches Verfahren nichts ändern.
Ich bitte daher das Hohe Haus, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft zu folgen und den Gesetzentwurf aus fachlichen Gründen abzulehnen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was Frau Roth eben geliefert hat, war eine Farce. Solange ich in diesem Landtag bin und Umweltpolitik mache, höre ich mir die
Predigten von Frau Roth für dezentrale Anlagen als Heil der Abwasserentsorgung in Sachsen an,
und jetzt, da das fachliche Umsteuern für die verbliebenen Restgebiete erfolgt, die sich wirtschaftlich nicht zentral erschließen lassen, ist es das gleiche Gezeter in die andere Richtung.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich hatte vorhin bereits ausgeführt, welche rechtliche Relevanz Abwasserbeseitigungskonzepte haben, dass sie Fachplanungsunterlagen sind und nicht, wie die Bauleitplanung, geeignet sind, förmliche Verfahren nach sich zu ziehen. Ich spreche einzelnen Bürgern überhaupt nicht die Möglichkeit ab, im Einzelfall für ihr eigenes Grundstück vielleicht eine Entscheidung treffen zu können; aber Abwasserplanungen sind für große Gebiete und für Solidargemeinschaften zutreffend, und an diesem Punkt hört oft das Wissen des Einzelnen auf, um den fachlichen Überblick über das Ganze zu haben.
Ich habe einen kurzen Auszug aus der Anhörung zum Gesetzentwurf der Linksfraktion mitgebracht.
Dort hat der Vertreter des Sächsischen Städte- und Gemeindetages ausgeführt, „dass nur wenige Bürger in der Lage sind, die fachlichen Fähigkeiten zu haben, um die Richtigkeit solcher Fachplanungen in der Summe beurteilen zu können.“ Sie haben vorhin gesagt, es kontrolliere niemand. Frau Roth, es kontrolliert der Bürger. Die Abwasserplanungen werden doch nicht im luftleeren Raum gemacht, sondern im Gebiet einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes bzw. eines großen Zweckverbandes, in denen die Bürgermeister und Verbandsräte in den Verbandsversammlungen sitzen. Die wirksamste Kontrolle geschieht doch am Ende durch den Bürger, mit einem entsprechenden Votum zur nächsten Wahl, ob die Entscheidung richtig war oder nicht.
Bitte schön, Frau Roth.
Die Oma mit dem Eigenheim wäre auch vor zehn Jahren betroffen gewesen, als Sie überall dezentral erschließen wollten.
Frau Roth, genauso wenig wie die Oma vor zehn Jahren in der Lage war, das zu überblicken
mit allen Folgen für die Gewässerökologie, die Umsetzung der EU-Richtlinie Abwasser usw. usf., genauso wenig kann sie das heute. Dafür ist doch als beratendes Gremium der entsprechende Zweckverband da.
Hören Sie doch auf, immer diese Generalverdächtigungen gegen die Aufgabenträger auszusprechen. Hören Sie auf, in den Zweckverbänden einen Popanz, also ein Gegenüber des Bürgers, zu konstruieren. Die Verbände sind sozusagen Erfüllungsgehilfen in der Daseinvorsorge. Unterstützen Sie diese Gremien lieber und säen Sie nicht immer wieder Misstrauen gegen sie.
Es ist einfach kontraproduktiv, was Sie machen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Günther hat den öffentlichen Eindruck schon ein wenig relativiert, der nach der bisherigen Debatte entstehen muss, dass der Landkreis Erzgebirge möglicherweise nur aus den Landkreisen Aue-Schwarzenberg und Annaberg gebildet wird. Nein, es gibt auch noch Stollberg und Marienberg. Das sage ich ausdrücklich auch im Namen meines Kollegen Günther Schneider, der sich nicht noch einmal extra zu Wort melden möchte.
Ich möchte noch einmal feststellen, dass drei Landkreise – nämlich Stollberg, Marienberg und Annaberg – dem Vorschlag der Staatsregierung in ihren Stellungnahmen zugestimmt haben und ebenso – ich kann jetzt nur für meinen Wahlkreis sprechen – die überwiegende Anzahl der angehörten Kommunen. So viel dazu.
Die vorgetragenen Argumente im Änderungsantrag möchte ich ein wenig auf die Schippe nehmen; auch das muss erlaubt sein. Wenn die Verkehrsanbindung das entscheidende Kriterium ist, dann gäbe es nur einen Kreissitz Stollberg. Wir haben sogar zwei Autobahnanschlussstellen.
Meine Damen und Herren, die Bürger kommen doch zum Kreissitz nicht über die Autobahn, oder?
Die zentrale Lage des Kreissitzes ist ein gutes Argument für die gewonnene Entscheidung für Annaberg. Meine Damen und Herren, die Stärke der Region Aue im Silberbergverbund und der bisherigen Kreisstadt Stollberg liegt doch darin, dass sie sehr eng in die Wirtschaftsregion Chemnitz/Zwickau eingebunden sind. Das möchte ich nicht für den Status Erhalt des Kreissitzes eintauschen. Diese Anbindung ist viel, viel wichtiger als alle hier genannten Argumente. Im Übrigen bin ich auch Fan vom FC Erzgebirge Aue,
obwohl ich sonst ein relativ unsportlicher Typ bin. Mir ist aber bis heute nicht bekannt, dass das ein Raumordnungskriterium wäre.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Klima auf der Erde wandelt sich. Es wandelt sich so schnell, wie es sich noch nie in der Erdgeschichte gewandelt hat. Das ist Fakt. Wie groß der anthropogene Anteil daran ist, darüber lässt sich trefflich streiten; dass er anthropogen verursacht ist, das ist Fakt. – So viel vorangestellt.
Ich denke, es ist in diesem Hohen Hause auch unstrittig, dass wir nur, wenn wir frühzeitig die möglichen Auswirkungen von Klimaänderung ermitteln und darauf mit Anpassungsstrategien reagieren, die Risiken und damit auch die Kosten begrenzen können. Ich beschränke mich heute absichtlich auf die Anpassungsstrategien; über die Vermeidungsstrategien haben wir in diesem Hause in den vergangenen Plenartagungen schon sehr oft gesprochen.
Zunächst zu unserem Antrag und zu Sachsen – weg von den weltweiten Szenarien. Wir haben mit unserem Antrag ein Gesamtpaket vorgelegt, das letztlich in einen Klimaaktionsplan der Staatsregierung münden soll – richtig, Herr Lichdi –: Termin 31.12.2007. Nur, wir beraten und beschließen diesen Antrag erst heute. Wir hätten ihn im letzten Plenum schon gern gemeinsam mit Ihrer Großen Anfrage auf der Tagesordnung gehabt; aber das haben Sie abgelehnt. Die Staatsregierung hätte damit einen Monat mehr Zeit zur Erarbeitung gehabt, und ich denke, es ist
auch nur recht und billig, der neuen Hausspitze, also unserem neuen Staatsminister Prof. Wöller, genügend Gelegenheit zu geben, dem Thema Aktionsplan eine eigene, persönliche Handschrift zu geben. – So viel zu Ihrem Vorwurf.
Herr Lichdi, ich würde gern mit Ihnen in Dialog treten, aber ich gebe Ihnen auf diese Art und Weise keine zusätzliche Redezeit.
Um noch einmal auf unseren Antrag zurückzukommen: Ich denke, insbesondere die Umsetzung der Anpassungsstrategien wird eine langfristige Aufgabe sein. Das geht nicht von heute auf morgen. Dabei ist auch nichts mit eifernden Reden getan.
In der sehr detaillierten und sehr konkreten Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag sind die einzelnen Maßnahmen angeführt, deshalb spare ich mir Wiederholungen und möchte nur einige wenige Aspekte herausheben.
Stichwort: Tourismus. Die Wintersaison kann künftig im Mittelgebirge kürzer werden; aber jeder, der mit dem Tourismus zu tun hat, weiß genau, dass keine Tourismusregion existieren kann, wenn sie nur auf eine Saison setzt. Deshalb ist die Erarbeitung von Ganzjahresangeboten sehr wichtig. Dies tun unsere regionalen Tourismusverbände auch, und es gibt sehr, sehr gute touristische Produkte hinsichtlich Aktivurlaub, Kur- und Wellnessurlaub usw. usf. Hier entscheidet die Qualität und nicht das jeweilige Wetter. Ich könnte noch sehr viel dazu sagen.
Auch die Artenvielfalt verändert sich. Die Natur und die Pflanzenwelt ist in unseren Breiten nie statisch gewesen. Dabei gehe ich gar nicht ins Erdmittelalter oder Ähnliches zurück, sondern in die letzten Jahrhunderte. Ich denke, es freut sich jeder, wenn er heute im Vorgarten Pflanzen findet, die vor 30 oder 40 Jahren bei uns nicht denkbar gewesen sind.
Entschieden zurückweisen muss ich allerdings den Vorwurf von Herrn Lichdi, die Sächsische Union, die CDUFraktion, gehe mit den Klimaverbrechern Hand in Hand. Das ist der Gipfel an Dreistigkeit, was in diesem Hause je gesagt worden ist.
Nur so viel dazu. Nun zu Ihrem Antrag: Wir brauchen für den Bürger und die Unternehmen eine langfristig sichere, bezahlbare und grundlastfähige Energieversorgung, die Versorgungssicherheit, Strompreise und Klimaschutz
gleichermaßen im Blick hat. Wird der Fokus nur auf einen der drei Bestandteile – ohne die beiden anderen Komponenten – gerichtet, wie Sie es tun, würden wir als Politiker der Gesamtverantwortung für dieses Land nicht gerecht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Antrag ist wesentlich weitgehender als der der GRÜNENFraktion und umfasst ein Gesamtpaket von Maßnahmen, das sowohl auf Vermeidungs- als auch auf Anpassungsstrategien zielt. Dieses geht über ein reines Energieprogramm hinaus und bietet ein allumfassendes Klimaschutzkonzept. Darüber hinaus sollen auch Strategien aufgezeigt werden, wie mit dem Klimawandel in Sachsen künftig umzugehen ist. Statt eifernder Reden, wie wir sie von Ihnen kennen, Herr Lichdi, werden wir Schritt für Schritt unseren Weg gehen, der sowohl die Minderungsziele und internationalen Verpflichtungen der Weltklimakonferenz auf Bali als auch das Energie- und Klimapaket der Bundesregierung auf Landesebene vernünftig flankieren wird.
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und um Ablehnung des Antrages der GRÜNEN-Fraktion.
Danke schön.
Ich spreche gleich vom Platz aus. – Grundsätzlich verlässt der Änderungsantrag die Systematik unseres Antrages. Dieser betrifft Anpassungsstrategien. Ihr Antrag betrifft eine Vermeidensstrategie.
Im Übrigen ist nicht klar bzw. überhaupt nicht aus den drei Punkten erkennbar: Wollen Sie weg vom Vermeiden des Ausstoßes hin zu einer Verringerung? Eine Vermeidung ist aus meiner Sicht – ich denke, diese Meinung teilen viele mit mir – der weitergehende Weg als eine Verringerung.
Den Punkt 2 betrachte ich, so wie er formuliert ist, als ein Stück weit weltfremd. Diese Maßnahme wäre nur in der Planwirtschaft möglich. Er ist so nicht realisierbar.
Zu Punkt 3. Es geht hierbei doch nicht um ein strengeres Vorgehen. Das kann das Problem nicht lösen, sondern es geht um die strikte und abstrichlose Umsetzung bestehender Gesetze. Wenn wir so handeln – das macht unsere Verwaltung und unsere Fachbehörde –, dann brauchen wir solche Lyrik nicht.
Ich plädiere für die Ablehnung des Antrages.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich in der 1. Legislaturperiode dem Sächsischen Landtag nicht angehört und damit die Sächsische Verfassung nicht mitbeschlossen habe, so trage ich doch voll die Intention des § 118 und wehre mich dagegen, wenn Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hohen Haus, die keine Sozialisation in der früheren DDR haben, dessen Verfassungswidrigkeit infrage stellen.
Wenn wir dieses Verfahren führen, dann führen wir es nicht verfassungswidrig, sondern in Ausführung der Verpflichtung, die uns die Sächsische Verfassung auferlegt hat.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich noch einmal mit einer Besonderheit auseinandersetzen, die dieses Verfahren hatte. Ich habe leider einige derartige Verfahren schon miterleben müssen – Herr Bartl hatte es noch einmal angesprochen –: Die Besonderheit ist gewesen, dass es plötzlich eine Beweislastumkehr gegeben hat und ich den Eindruck hatte, in diesem Verfahren steht die Birthler-Behörde am Pranger und nicht derjenige, über den die Birthler-Behörde Material zur Verfügung gestellt hat.
Wir wissen, dass diese Behörde institutionell die Aufarbeitung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der untergegangenen DDR zum Auftrag hat. Die Behörde war es, die in mühevoller und langwieriger Detailarbeit Fragmente der Unterlagen wieder zusammensetzte, die der Führungsoffizier von Dr. Külow in den letzten Tagen der Staatssicherheit durch Zerreißen und Vermischen der Schnipsel vernichtet zu haben glaubte. Die Behörde vereitelte damit in Ausführung ihres gesetzlichen Auftrages, dass die Absicht des Führungsoffiziers, die Spitzeltätigkeit Dr. Külows für die Nachwelt unzugänglich zu machen, zu tarnen und zu verschleiern, Wirklichkeit werden konnte.
Was war nun die Reaktion von Dr. Külow auf diese Arbeit, unterstützt natürlich von den Kollegen der Linksfraktion im Ausschuss? Die Reaktion war nicht, ich sage es einmal so, die Dankbarkeit dafür, dass diese Unterlagen der Erinnerung auf die Sprünge geholfen haben, die vorhandene unvollständige Erinnerung an seine Stasitätigkeit aufzufrischen, sondern es war eine Anklage an die Behörde, dass sie nicht in seinem Sinn gehandelt hat.
Ich muss es noch einmal richtigstellen: Das, was Herr Bartl in Rede gestellt hat, dass die Birthler-Behörde die Unterlagen nicht geliefert hätte, die sie an die Presse gegeben hat, ist unzutreffend. Diese Unterlagen sind nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Denn aufgrund dieser Unterlagen, um die es im Jahr 2005 ging, ist in der ersten Anhörung im Bewertungsausschuss kein Verfahren auf Erhebung der Abgeordnetenanklage durch den Sächsischen Landtag angestrebt worden, sondern erst aufgrund der Unterlagen, die uns vor einem Jahr übergeben worden sind.
Ich möchte auch Folgendes feststellen: Es ist von den Vertretern der Linksfraktion – wir werden es dann sicher auch noch einmal von Dr. Külow hören – immer wieder betont worden, dass niemandem Schaden entstanden sei. Das konnten wir fürwahr nicht nachweisen. Ich bewerte das Ganze nicht als Jurist. Ich bewerte es aber mit einem Bild: Wenn jemand auf einer Brücke steht, die über die Autobahn führt, und von dort Steine hinunterwirft und es zum Glück kein Fahrzeug trifft, dann macht er sich trotzdem schuldig, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemacht zu haben. Es ist nicht Dr. Külows Verdienst, dass nachweislich kein Schaden entstanden ist. Dieser Fakt ist dem Untergang der ehemaligen DDR zu verdanken.
Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen. Eine grundsätzliche Aufarbeitung durch die Linksfraktion fehlt nach wie vor. Es handelt sich gerade nicht um ein parteipolitisch geprägtes Verfahren wegen eines, wie es oft ausgedrückt wurde, „missliebigen Oppositionspolitikers“. Es verwundert mich schon, dass ausgerechnet der Vertreter der Neonationalsozialisten dieses Argument auch aufgeführt hat. Dieses Verfahren müssten wir aus Achtung vor dem § 118 der Sächsischen Verfassung ohne Ansehen der Person gegen jedes andere Mitglied dieses Hohen Hauses mit gleicher Sorgfalt führen, wenn gleichartige Vorwürfe erhoben würden.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion! Es ist nicht den anderen Fraktionen anzulasten, dass stasibelastete Abgeordnete regelmäßig nur in der Linkspartei zu finden sind. Ich fordere Sie auf, ich fordere insbesondere die jüngeren Kollegen in Ihrer Fraktion auf, diejenigen, die ihr Studium, den wesentlichen Teil ihres Lebens in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verbracht haben: Setzen Sie sich kritischer mit der Vergangenheit Ihres Fraktionskollegen auseinander! Es ist keine Bagatelle, wenn Kommilitonen verpfiffen werden, wenn die Funktion des Seminarsekretärs ausgenützt wird, um über Studenten, über Kollegen, über Freunde und Bekannte zu berichten. Das ist mit freiheitlich-demokratischen Werten nicht vereinbar.
In dieser Zeit in der DDR, in einem Unrechtssystem – ich nenne es so, auch wenn Herr Dr. Külow über diese Brücke nicht gehen wollte –, hatten Recht und Rechtsstaatlichkeit keinen Wert. Es kam darauf an, dass der Einzelne ein stabiles moralisches Wertegerüst hatte, dass bei ihm die Warnlampen angegangen sind, wenn es darum ging, für die Stasi zu arbeiten und andere zu bespitzeln. Wer diesen inneren Kompass, dieses innere Wertegerüst damals nicht hatte, dem spreche ich auch ab, in einer herausragenden Funktion in einem demokratisch gewählten Parlament weiter seine Arbeit zu tun. Aus diesem Grunde unterstütze ich den Antrag auf Erhebung der Abgeordnetenanklage.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige wenige Punkte aus den bisherigen Diskussionsbeiträgen aufnehmen. Es ist ja bekannt, dass, seit es die Erde gibt, Wasser auf der Erde ist. Das Wasser braucht den Menschen nicht, aber der Mensch kann keinen Tag ohne Wasser auskommen. Deshalb müssen wir als Abgeordnete, als Landesparlament und Landesgesetzgeber gerade mit diesem Thema sehr, sehr sorgfältig umgehen. Weil das Wasser eben unser wichtigstes Lebensmittel ist, wird es zu Recht durch öffentlich-rechtliche Vorgaben der freien Verfügbarkeit des Marktes entzogen.
Das staatliche Wasserregime auf der Grundlage der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zielt gerade auf die Erhaltung der Voraussetzungen für die gesellschaftlich unabdingbare Daseinsvorsorge, also die zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser in Lebensmittelqualität zu sozialverträglichen Preisen ab. Wasser hat eben nicht – wie auch Sachverständige in der Anhörung gesagt haben, insbesondere der von der FDP-Fraktion benannte – die Eigenschaft einer Handelsware. Warenverkehrsfreiheit, Herr Günther, ist europäisches Recht, aber die Liberalisie
rung per Durchleitung hat das Europäische Parlament abgelehnt. Das müssen wir deutlich auseinanderhalten.
Es existiert für Wasser in unseren Verbundsystemen kein Fernwassermarkt, deshalb gibt es auch keine Marktmechanismen ähnlich dem Strommarkt, wo es Netzbetreiber und Durchleitungsrechte für Mitbewerber gibt. Die involvierten Aufgabenträger haben kein beliebiges, frei zu variierendes Bestell- und Bezugsrecht. Sie sind Mitglieder eines Zweckverbandes und das trifft auch auf die Stadt Chemnitz zu. Andere Marktteilnehmer kann es nicht geben. Es gibt keinen Markt, weil die Wasserversorgung nach § 57 Sächsisches Wassergesetz eine originäre Pflichtaufgabe der Kommunen ist. Das will ich noch einmal ausdrücklich festhalten.
Nun zu Ihnen, Herr Zais. Sie sprachen von der Privatisierungswut der CDU. Gerade beim Trinkwasser haben wir sehr sorgfältig darauf geachtet, Sie erinnern sich vielleicht – Sie hören nicht zu, aber ich sage es trotzdem –: Der § 63 Abs. 4 des Sächsischen Wassergesetzes sieht prinzipiell die Möglichkeit der Pflichtenübertragung vor. Aber bisher haben wir diese Möglichkeit nie durch eine entsprechende Verordnung untersetzt, und das aus gutem Grunde.
Richtig ist, dass der Wasserpreis sozialverträglich sein muss und dass wir darauf achten, dass er auch nicht durch Quasi-Monopolisten, wie gesagt worden ist, künstlich hoch gehalten wird. Nur, das Argument, höhere Rohwasserpreise in Sachsen trieben den Wasserpreis hoch, zieht ja gerade nicht. Wenn ich vergleiche, dass der Rohwasserpreis in Thüringen, subventioniert aus dem Landeshaushalt, eben nur 16 Cent zu 23 Cent in Sachsen beträgt, und die Trinkwasserpreise gegenüberstelle, die ich mir gestern für Weimar, Erfurt und Gera aus dem Internet geholt habe, zeigt sich, dass diese höher als in Chemnitz sind. – Das zu diesem Argument.
Wenn schon der Rohwasserpreis mit Landesmitteln durch Austarierung des Haushaltes der Landestalsperrenverwaltung abgesenkt werden soll, dann darf das nur mit dem Ziel geschehen, dass diese Absenkung beim Verbraucher ankommen muss und nicht am Ende die Ertragssituation der Anteilseigner verbessern hilft.
Lassen Sie mich zuletzt noch ein Wort als Wahlkreisabgeordnete eines Versorgungsgebietes sagen, das, würden die Pläne der Stadt Chemnitz umgesetzt, in Form höherer Preise Nachteile zu erleiden hätte, wie das auch in anderen Regionen Sachsens der Fall wäre, die durch eine andere Preisstruktur beim Fernwasserverbund Südwestsachsen die Ausfälle aus dem Nichtverkauf eines Viertels der vorgehaltenen Menge der Fernwasserversorgung Südwestsachsen tragen müssten.
Wir haben – und hier spreche ich wieder als Landespolitikerin – bei der Trinkwasserversorgung insgesamt den Blick auf größere Räume als einzelne Versorgungssysteme zu richten. Wir dürfen nicht nur auf eine Stadt achten. Unsere Pflicht ist es vielmehr, dafür zu sorgen, dass das
freie Spiel der Marktkräfte bei der Trinkwasserversorgung dort aufhören muss, wo es mehr Verlierer als Gewinner gibt. Dazu sind wir verpflichtet. In diesem Sinne ist es auch hinsichtlich der notwendig werdenden technischen Anpassungen an Veränderungen – wie Klima, schrumpfende Bevölkerungszahlen und steigende Energiekosten – unverzichtbar, gerade unsere kommunalen Aufgabenträger bei der Modernisierung ihrer Versorgungsstrukturen hin zu mehr Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Dem soll der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in erster Linie dienen.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Aussprechen einer Beschlussempfehlung auf Einreichung eines Verfahrens zur Aberkennung des Mandats fällt niemandem, der in diesem Bewertungsausschuss gesessen hat, leicht. Wir sind uns dieser schweren Verantwortung durchaus im Klaren.
Der Bewertungsausschuss hat seine Arbeit – Herr Hahn, das wissen Sie ganz genau – sehr gewissenhaft gemacht und sehr sorgfältig die von Herrn Külow vorgelegten Stellungnahmen geprüft und gegen die Aktenlage abgewogen. Aber diese war eben so erdrückend, dass kein anderes Resultat herauskommen konnte.
Ich denke, alle, die diese Debatte jetzt verfolgt haben, werden mir recht geben, dass die Arbeit im Bewertungsausschuss nicht vergnügungsteuerpflichtig ist. Deshalb drängeln sich auch nicht viele Kollegen da hin, in diesem Ausschuss mitzuarbeiten.
Beim Lesen der Akten und auch bei den beiden Debattenbeiträgen des Betroffenen und des Kollegen Hahn war bei mir nach 17 Jahren wieder dieser Würgegriff der Beklemmung aus dieser Zeit da.
Das Erschrecken über die Banalität und Subtilität der Vorgehensweise und die Angst davor kommen wieder hoch, dass sich so etwas wiederholen könnte. Davor bewahre uns der Himmel und unsere wehrhafte Demokratie.
Die Frage, mit der wir uns in der Öffentlichkeit auseinandersetzen müssen und bei der sicher viele unserer Zeitgenossen auch nachfragen, ist: Soll ein solches Verfahren 17 Jahre nach der friedlichen Revolution noch eingeleitet werden? Die Frage, die für uns heute steht, ist eben, inwiefern dieser lange Zeitablauf relevant für die Einleitung dieses Verfahrens und ob der Zeitablauf von erheblicher Bedeutung ist.
Die schon zitierte arbeitsrechtliche Rechtsprechung und der Charakter des Artikels 118 unserer Verfassung als Übergangsbestimmung legen eine solche mögliche Erwägung nahe. Aber diese Argumentation berücksichtigt gerade nicht die besondere hervorgehobene Bedeutung, die für das Funktionieren unseres demokratischen Gemeinwesens das Vertrauen in die Integrität aller Mitglieder des Parlaments besitzt.
Das einschlägige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bzw. dessen Argumentation ist der Beschlussempfehlung
beigefügt und von jedem nachzulesen. Dort ist noch einmal explizit klargestellt worden, dass aktive Tätigkeit für den Unterdrückungsapparat einer Diktatur und die gleichzeitige Mitgliedschaft in einem mit besonderem Vertrauen betrachteten Repräsentativorgan wie dem Landtag sich in der Demokratie gegenseitig strikt ausschließen.
Ja, Freiheit und Unterdrückung passen nicht zusammen. Das ist ein unauflösbarer Widerspruch. Die Zeitabläufe, die hier angeführt werden, relativieren doch auch nicht die Folgen bei den Opfern. So beschreibt zum Beispiel der bekannte Hallenser Psychotherapeut Prof. Maatz, welche schweren psychischen Belastungen aus dem DDR-Regime heute noch nachwirken. Ich zitiere nur ein ganz kurzes Stück, und das insbesondere für die jungen Parlamentsmitglieder und vielleicht auch für die Kollegen, die eine andere Sozialisation vor 1990 hatten, als wir sie erlebt haben. Prof. Maatz schreibt: „Wer nie erlebt hat, was es heißt, wenn alles vorgeschrieben ist, was man sehen, hören, denken, sprechen, fühlen oder tun darf, der wird kaum ahnen, was das SED-Regime in den Körpern und Seelen derer angerichtet hat, die ihm unterworfen waren. Diese Wirkungen lähmen vermutlich über mehrere Generationen auch Kinder und Kindeskinder...“ So viel zu den Zeitabläufen.
Deshalb ist es nur legitim, bei der Abwägung der Argumente nicht nur die schnelle Rehabilitation der Täter, sondern auch die Belange der Opfer im Auge zu haben. Kollege Heinz Eggert hat es gerade noch einmal geschildert.
Wir stehen als CDU-Fraktion in unserer Verantwortung für das Erbe der friedlichen Revolution und wir stehen in der Pflicht, die Lehren aus Diktaturen zu ziehen. Von dieser Pflicht kann uns der Zeitablauf nicht befreien.
Herr Kollege Hahn, ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass die Bürgerrechtler 1990 eine Frist vorgegeben hätten, wie viele Wahlperioden sich jemand enthalten sollte, ein öffentliches Amt anzustreben. Es geht auch nicht darum, wie es von der Linksfraktion gesagt worden ist, einen missliebigen Oppositionspolitiker mundtot zu machen. Was jemand denkt, ist in der Demokratie völlig egal. Es geht um die nachgewiesene bewusste und finale Tätigkeit für das MfS. Nichts anderes haben wir hier zu bewerten. Dies ist nachgewiesen und wurde auch von Herrn Dr. Külow selbst nicht bestritten.