Günther Schneider

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es? Es geht um das Prinzip der Gewaltenteilung im demokratischen Staat. Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes bestimmt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Und weiter:
„Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe“ – der drei Gewalten – „der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“
Die Rechtsprechung ist damit sozusagen eine der maßgebenden Säulen im gewaltengeteilten Staat. Ohne eine funktionsfähige Justiz ist eine freiheitliche-demokratische Grundordnung nicht zu leisten.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, sage ich in aller Deutlichkeit und aller Entschiedenheit: Wir haben eine solche unabhängige, wir haben eine selbstbewusste, und wir haben vor allem auch eine integre Justiz im Freistaat Sachsen.
Lassen Sie mich daran erinnern, mit welchen Behauptungen der 2. Untersuchungsausschuss vor mehr als zwei Jahren gestartet ist.
Herr Hahn, hören Sie doch einfach mal zu!
Herr Kollege Christian Piwarz hat in seiner Rede bereits ausgeführt, was Herr Bartl schon am 5. Juni 2007 hier im Hause mitgeteilt hat. Herr Bartl hat davon gesprochen, es sei einer Gruppe gelungen, ein „noch nicht da gewesenes Netzwerk aufzubauen [...] unter dessen Wirkung zumindest in regional begrenzten Bereichen die in den Staatsgrundsätzen angelegte Gewaltenteilung praktisch paralysiert, gelähmt, aufgehoben war“.
Sie, Herr Bartl, sind – das müssen Sie sich vorhalten lassen – mit einer vorgefassten, schon als endgültig titulierten Meinung in den startenden Untersuchungsausschuss hineingegangen.
Von dieser Auffassung haben Sie bis dato – das haben Sie in schöner Deutlichkeit soeben klargemacht – nichts zurückgenommen.
Jetzt zu Ihnen, Herr Dr. Hahn. In einer Pressemitteilung vom 12.06.2007 hat der jetzige Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Hahn, der offensichtlich nicht gewillt ist, zuzuhören, ergänzt – ich zitiere –:
„Wir sehen uns in unseren Befürchtungen bestätigt, dass die sächsische Justiz“ – die sächsische Justiz, Herr Dr. Hahn! – „aus eigener Kraft den zutage getretenen Sumpf nicht trockenlegen kann und allenfalls Bauernopfer gesucht werden, um das Gros der Vorwürfe ohne vollständige Aufklärung unter den Teppich kehren zu können.“
Meine Damen und Herren! Gemessen an diesen beiden Behauptungen frage ich: Was haben die Ermittlungen im 2. Untersuchungsausschuss dazu im Bereich der Justiz ergeben? Ich sage Ihnen: Nichts, aber auch gar nichts!
Was ist im Bereich der parallel geführten – rechtsstaatlich geführten! – strafrechtlichen Ermittlungen und gegebenenfalls Gerichtsverfahren herausgekommen? Antwort: An den aufgestellten Behauptungen ist nichts, aber auch gar nichts dran.
Nicht ein vor dem Untersuchungsausschuss gehörter Zeuge – oder eine Zeugin – hat das von Ihnen Behauptete auch nur mit einem Wort im Ansatz bestätigt. Herr Dr. Martens, wir haben doch Zeugen vernommen, eine ganze Palette von Zeugen. Ich selbst habe die Zeugin „Sarah“ nach Ross und Reiter gefragt; daran müssten Sie
sich doch noch erinnern können. Was kam denn da als Antwort? Nichts!
Selbstverständlich ist sie frei, sich zu äußern. Sie hat sich nur auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen.
Meine Damen und Herren! Soweit es um den Rechtsanwalt Sommer, den Herr Bartl soeben angeführt hat, geht, so musste er, Rechtsanwalt Sommer, sich von mir die Frage gefallen lassen – nachdem in Strafverfahren mehrere Instanzen befasst waren, bis hin zum Bundesgerichtshof; nachdem es Wiederaufnahmeversuche von ihm gegeben hat, die rechtskräftig abgelehnt worden sind –, ob er unter Umständen eine falsche Strategie gewählt habe. Vielleicht könnte man das auch einmal so sehen.
Nein. – Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund bleiben im Sachzusammenhang Justiz, mit dem ich mich hier ausschließlich befasse, drei, wie ich meine, bittere Erkenntnisse:
Erstens: Vor allem Ihr Verhalten, Herr Bartl und Herr Dr. Hahn, hat das Ansehen der Richterschaft und der Staatsanwälte im Freistaat Sachsen maßgeblich diskreditiert.
Dass dies so ist, haben Sie offensichtlich in Kauf genommen. Vor allem Sie, Herr Bartl, haben die Existenz korruptiver und krimineller Netzwerke in Unkenntnis der Aktenlage bereits am 5. Juni 2007 als „feststehend und belastbar“ bezeichnet. Für diese Art der Stimmungsmache, Herr Bartl, sollten Sie sich in der Tat schämen.
Zweitens: Sie haben auch nicht davor zurückgeschreckt, einzelne Richter oder Staatsanwälte zu diffamieren und – ich möchte ergänzen – in den Dreck zu ziehen. Es geht um die Behauptung, dass Justizangehörige – so der Untersuchungsauftrag – Teil korruptiver Netzwerke gewesen sein sollen. Konkret ging es in der Presse um die Namen Norbert Röger und Jürgen Niemeyer. Sie, Herr Bartl, haben vom Justizminister am 12. Juni 2007 einen Bericht unter anderem über die Suspendierung Betroffener verlangt.
Sie haben in einem Interview am 21. Januar 2008 weiter gesagt: „Ich wusste, gegen wen die beiden ehemaligen Prostituierten vor der Staatsanwaltschaft aussagen würden: gegen einen Richter des Landgerichts Leipzig, einen Amtsgerichtspräsidenten und einen früheren Vorsitzenden Richter am Dresdner Oberlandesgericht – Vizepräsident war er sogar –. Diese drei sollen in dem Bordell, in dem
die Frauen arbeiteten, die Dienste Prostituierter in Anspruch genommen haben. Dieses Etablissement dürfte aber der Schlüssel“, so die weiteren Ausführungen, „für spätere Abhängigkeiten vom Rotlichtmilieu sein.“ Das war die Vermutung, die Herr Bartl in einem Interview gestreut hat.
Auf die Frage eines Journalisten, ob Sie die sofortige Suspendierung der Juristen forderten, haben Sie wörtlich geantwortet: „Das, was ich dem ‚Spiegel’ entnehme, ist wesentlich mehr als nur ein Anfangsverdacht.“ Der Jurist nennt das gemeinhin „dringender Tatverdacht.“ Jeder Polizist, der in einer Kaufhalle Angelzubehör mitnimmt, wird sofort suspendiert.
Herr Nolle, Sie haben eben von einer Diffamierungskampagne gesprochen. Das, was ich jetzt von Herrn Bartl zitiert habe, ist in der Tat die wahre Diffamierungskampagne. Abgesehen davon, dass diese Behauptung, die Sie mit befördert haben, von keinem Zeugen und keiner Zeugin bestätigt wurde: Ich bezeichne das, Herr Bartl, als Gesinnungsstrafrecht – als wirkliches Gesinnungsstrafrecht.
In einem Rechtsstaat, Herr Bartl, wird nicht aufgrund von Pressemitteilungen verurteilt oder abgeurteilt. Im Ergebnis geht es um ein förmliches Strafverfahren. Herr Bartl, das unterscheidet Sie von einem Rechtsstaatler.
Dann schauen Sie sich doch einmal die „Frankfurter Rundschau“ vom heutigen Tage an. In der heutigen Ausgabe geht es um den Richter Jürgen Niemeyer. Es wird berichtet, dass der Richter Niemeyer im angeblichen Sachsensumpf seinen Ruf verloren habe. Gegen ihn war das Gerücht verbreitet worden – das ist auch Gegenstand der heutigen Debatte –, er habe in einem Kinderbordell verkehrt.
Nein.
Meine Damen und Herren, Herr Niemeyer ist ebenso ein Opfer haltloser Gerüchte geworden wie die damaligen Mädchen, Herr Bartl, die in diesem Kinderbordell zur Prostitution gezwungen worden sind. Sie sind im Übrigen nicht nur Opfer sexuellen Missbrauches geworden, sondern im Verlaufe dieses Untersuchungsausschusses auch Opfer von Journalisten und angeblichen Aufklärern, die zwei der jungen Frauen zu Verleumdungen verleitet haben, für die sie sich jetzt verantworten müssen. – Das musste ich einmal sagen.
Meine Damen und Herren! Sämtliche Anschuldigungen, die gegen Herrn Niemeyer vorgebracht worden sind – Strafvereitelung im Amt und dass er jemand sei, so hieß es, der gelegentlich sexuell auf Kinder zurückgreifen würde –, haben sich als haltlos und Luft erwiesen. Ich bedaure die gegen die genannten Justizbediensteten entstandenen und beförderten Gerüchte zutiefst. Ich bedaure ebenso die von Ihnen, Herr Bartl, mitbetriebene öffentliche Vorverurteilung von Personen.
Drittens: Ganz eindeutig hat die Opposition den Bogen bei Verlautbarungen zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen Personen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss – und nicht nur dort – überspannt. Jüngstes Beispiel ist – das wurde bereits in der heutigen Debatte genannt – das Verhalten bei dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dresden gegen den Abg. Karl Nolle, den ich leider im Saal nicht sehe. Ich hätte mir gewünscht, dass er im Saal geblieben wäre. Ein Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges wurde gegen ihn eröffnet.
Ich werde mich hüten, mich zum Tatvorwurf oder zu den näheren Umständen des öffentlichen Bekanntwerdens der Ermittlungen zu äußern. Letzteres mag man sicherlich zu Recht beklagen. Allerdings muss sich der Abg. Karl Nolle, der leider nicht im Saal anwesend ist, die Frage stellen, ob er sich mit seiner Rede im Plenum nicht in eigener Sache geäußert hat. War das womöglich die Botschaft: Nolle über Nolle?
Meine Damen und Herren, so gesehen könnte man sich die Frage stellen, ob nicht eine Landtagsdebatte in eigener Sache politisch missbraucht wird.
Davon, meine Damen und Herren, möchte ich nicht weiter reden. Mir geht es um etwas anderes. Herr Lichdi, in der Plenardebatte am 14. Mai 2009 – vor wenigen Wochen – haben Sie Folgendes gesagt: „Für mich drängt sich eindeutig der Verdacht auf, dass hier ein missliebiger Abgeordneter“ – es geht um den Abg. Nolle – „mit den Mitteln der Justiz mundtot gemacht werden soll. Ich sage dies ganz bewusst.“ Und weiter: „Ich glaube, hier wurde gedreht, um Herrn Nolle in ein schlechtes Licht zu rücken.“ – So weit äußerte sich Herr Lichdi.
Meine Damen und Herren! Dieses Verhalten von Herrn Lichdi hat ganz offensichtlich System – es hat System.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungsverfahren gegen Personen im Bereich des Untersuchungsausschusses hat sich Herr Lichdi ebenfalls am 14. Mai 2009 in bemerkenswerter Weise im Plenum geäußert: „Ich möchte nur daran erinnern, wie die Staatsanwaltschaft mit allen Zeugen, Beamten und Mitarbeitern von Verwaltungen in Sachsen umgeht, die eine andere Version über den soge
nannten Sachsensumpf und Aktenaffäre streuen. Aufgrund der Kleinen Anfrage von mir im März kam heraus, dass mehr als 70 Disziplinar- und Ermittlungsverfahren in dieser Angelegenheit gegen Journalisten, Mitarbeiter der sächsischen Verwaltung und andere geführt werden. Das ist mittlerweile ein Großverfahren. All dies geschieht offensichtlich, um die Version der Staatsregierung zu stützen.“ Das waren die Worte von Herrn Lichdi.
Ich sage Ihnen, Herr Lichdi, für mich sind derartige Auslassungen und Aussagen erschütternd, zumal sie von Ihnen als Rechtsanwalt kommen.
Sie wollen glauben machen, dass Journalisten oder Zeugen deshalb einer Strafverfolgung ausgesetzt wären, weil sie eine andere Version als die Staatsregierung über den Tatbestand Sachsensumpf oder Aktenaffäre vertreten. Herr Lichdi, in den Ermittlungsverfahren und den sich gegebenenfalls anschließenden Gerichtsverfahren werden nun doch wirklich keine politischen Schlachten mit anderen Mitteln geschlagen – wirklich nicht. Das müssten Sie doch wissen. Es geht vielmehr darum, Persönlichkeitsrechte von Personen, die zum Ziel nachweislich unwahrer Vorwürfe geworden sind, vor Verleumdungen zu schützen. Es geht darum, die Rechtsordnung vor strafbewehrten Falschaussagen zu schützen. Das ist der Punkt – nichts anderes.
Sie, wie auch andere Abgeordnete, die in diesem Haus als Aufklärer tätig sind, müssen sich vorhalten lassen, dass sie womöglich ein nicht so ganz ungestörtes Verhältnis zum demokratischen Rechtsstaat haben.
Sie befinden sich auf dem Weg zum Gesinnungsstrafrecht. – Ja, natürlich.
Meine Damen und Herren, um nicht missverstanden zu werden und um eines klar zu sagen: Wo es Anhaltspunkte für Missstände in der Justiz gibt, darf es kein Pardon geben.
Wir haben beispielsweise im Ausschuss als CDU-Fraktion mit der SPD-Fraktion missbilligt, dass die Staatsanwaltschaft im Dezember 2008 gegen den Zeugen Wehling unmittelbar nach dessen Aussage vor dem Ausschuss ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage eingeleitet hat, obwohl Herr Wehling seine Aussage noch nicht beendet hatte. Das ist zu bedauern. Das ist das eine. Das andere ist: Der Untersuchungsausschuss hat klar herausgearbeitet, dass in unserer sächsischen Justiz kein Sumpf und kein Feuchtbiotop bestehen. Wir haben eine integre Justiz. Sie macht, das möchte ich Herrn Nolle sagen, ihre Arbeit gut.
Meine Damen und Herren! Sie von der Linkspartei und insbesondere Herr Bartl und Herr Lichdi müssen sich
vorhalten lassen, dass Sie die Skandalisierung als Mittel der Politik betreiben – und zwar auf dem Boden der sächsischen Justiz. Das nehme ich Ihnen übel.
Meine Damen und Herren! Den Richterinnen und Richtern, den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Freistaat Sachsen zolle ich ausdrücklich großen Respekt für ihre Arbeit, die sie leisten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Müller, Sie haben das Thema verfehlt.
Sie haben Ihr Thema schlicht und einfach verfehlt, weil Sie über die derzeitige Situation kein Wort verloren haben. Ihnen geht es um Schuldzuweisungen.
Ihr Vortrag gibt Anlass zu drei kurzen Bemerkungen.
Zunächst zum Stichwort „Ein Jahr Sachsen-LB-Debakel“: Sie zielen offenbar auf die Ergänzungsvereinbarung ab,
die vor einem Jahr, am 13. Dezember 2007, abgeschlossen wurde. Gegenstand dieser Vereinbarung war seinerzeit die Übernahme einer Garantie bis zu einem Betrag von 2,75 Milliarden Euro durch den Freistaat für etwaige Zahlungsausfälle. Es ging um besonders risikobehaftete Portfolien, wie beispielsweise Ormond Quay. Die Summe ist gigantisch.
Es gibt nichts zu beschönigen. Es gibt auch nichts schönzureden. Ich will daran überhaupt keinen Zweifel lassen. Allerdings ist bisher nicht bekannt – mir jedenfalls nicht –, dass es zu einer Inanspruchnahme der Bürgschaft gekommen wäre, und im Übrigen sind Zahlungsausfälle derzeit ebenfalls nicht zu erkennen.
Meine Damen und Herren! Ich will aber gleichwohl nicht verhehlen, dass der Verkauf der Bank schmerzhaft ist. Er ist eine Auswirkung der Bankenkrise. Es ist schmerzhaft, das lässt sich nicht in Abrede stellen. Auch wenn sich damit jede Schönfärberei verbietet, will ich den Ausdruck „Debakel“, den Sie verwandt haben, ebenso wenig stehen lassen wie den Zusatz „nichts gelernt“.
Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, meine Damen und Herren, dass sich die Krise an den internationalen Finanzmärkten, die die Bank im Sommer 2007 in eine Schieflage gebracht hat, bis heute dramatisch verschärft.
Die Sachsen LB und die IKB waren im Sommer 2007 die ersten, die am Rande standen. Es musste und müsste heutzutage, Herr Dr. Müller, jedem klar geworden sein, dass diese beiden Banken weiß Gott nicht die einzigen Kreditinstitute waren, die in eine Existenzkrise aufgrund einer tiefgreifenden Marktstörung der internationalen Finanzwelt gebracht worden sind. Es ist keine, wie Sie sagen, Systemkrise; nein, es ist eine Vertrauenskrise.
Wir haben gelernt, dass andere Länder und der Bund, meine Damen und Herren, zur Rettung ihrer Banken eine ganze Menge Geld in die Hand nehmen mussten. Ich nenne beispielsweise den Betrag von 4 Milliarden Euro, der zunächst die Bayern LB belastet hatte. Im zurückliegenden Jahr ist wohl daraus ein Mittelbedarf in Höhe von unglaublichen 30 Milliarden Euro geworden. Ich nenne die HSL Nordbank. Dort ist es ähnlich. Ich könnte noch weitere Beispiele bringen.
Meine Damen und Herren! Diese allgemeine Liquiditäts- und Vertrauenskrise, nicht Systemkrise, das ist die Lehre, macht vor keinem Marktteilnehmer halt. Sie hätte die Sachsen LB wohl auch dann nicht verschont, wenn diese kein Kapitalmarktgeschäft betrieben hätte. Das ist die Lehre.
Das Problem ist, dass die Banken derzeit einander kein Geld leihen oder wenig zur Verfügung stellen. Hier genau setzt meine Kritik an Ihrem Antrag an. Hier ist Vertrauen erforderlich. Sie wollen Vertrauen geradezu entziehen.
Meine Damen und Herren! Wer wie die NPD fortgesetzt und ohne Grund und ohne Not die Tatsachen verzerrt und wer wie sie dem Skandal Diener ist, dem geht es darum, Vertrauen zu destabilisieren. Herr Dr. Müller, unter
diesem Eindruck kann ich Sie nur als politischen Brandstifter bezeichnen.
Meine Damen und Herren! Wir haben aus der jüngsten Entwicklung gelernt, dass es uns heute wohl nicht mehr gelingen würde, für die Sachsen LB einen strategischen Partner zu finden, einen Partner im Range der LBBW, unter dessen Dach sich die Sachsen LB konsolidieren konnte. Unter diesem Eindruck ist der Freistaat, meine Damen und Herren, relativ glimpflich davongekommen. Es mag kurios klingen, aber ich glaube, heute wäre der Verkauf der Bank wohl unter diesen Bedingungen kaum mehr möglich.
Wir haben also eines aus den Geschehnissen der letzten Monate des letzten Jahres gelernt, meine Damen und Herren: dass es beim Verkauf am 13. Dezember 2007 geblieben ist und die LBBW nach den sich verschlechterten Rahmenbedingungen nicht wieder aus dem Vertrag ausgestiegen ist: Das ist das bleibende Verdienst des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. Es ist ihm zu verdanken, dass diese Haftungsbeschränkung noch zu seiner Zeit als Finanzminister und heute als Ministerpräsident im Grunde genommen entfallen ist. Es ist vor allen Dingen sein Verdienst, dass es nicht zu einer Doppelbelastung des Freistaates gekommen ist. Das ist die Lehre.
Meine Damen und Herren von der NPD-Fraktion! Das sollten Sie sich einfach einmal hinter die Ohren schreiben. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Lauterbach, Sie haben eben die Praxisgebühr als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bezeichnet. Meinen Sie damit den Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz?
Gestatten Sie eine weitere Frage?
Danke. Sie haben eben die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gerügt. Ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung der Praxisgebühr keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert hat?
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgehend von der Präsidiumssitzung am vergangenen Donnerstag, in der unser Fraktionsvorsitzender verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ursprungsantrag vorgetragen und zugleich einen Vorschlag vorgelegt hat, haben die Antragsteller eine überarbeitete Neufassung eingereicht. Diese Neufassung bewegt sich innerhalb des verfassungsmäßigen
Rahmens. Das ist gut so und das begrüßen wir ausdrücklich.
Uns geht es um die Sache. Daher werden die Koalitionsfraktionen der Neufassung des Antrages auf Erweiterung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses nicht widersprechen. Wir werden zustimmen, weil wir eine objektive Aufarbeitung wollen.
Hier unterscheiden wir uns schon von Ihnen, Herr Dr. Hahn, gerade unter dem Eindruck des soeben Gehörten. Und Frau Hermenau, wir operieren auch nicht mit Unterstellungen hier im Plenum. Das ist nicht an der Sache orientiert.
Meine Damen und Herren! Wir sind an einer objektiven Aufarbeitung der Gründe, der Ursachen und der Umstände, aber natürlich auch der Verantwortung in den jeweiligen Bereichen interessiert. Das haben wir, meine Damen und Herren, in der Plenardebatte im Dezember 2007 hier so geäußert. Es existiert auch ein Schreiben unseres Fraktionsvorsitzenden vom 20. September 2007 an Sie, Frau Hermenau.
Das haben Sie jetzt gerade bestätigt, und wir haben es genauso angekündigt.
Also, meine Damen und Herren, wir werden dem Antrag zustimmen. Wir wollen eine objektive Aufarbeitung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Koalition zum Zwölften Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes betrifft ein in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliches Gesetzgebungsverfahren. Weil er die Altersversorgung von Abgeordneten mit herausgehobener Funktion zum Gegenstand hat, betrifft er einen Bereich mit besonderer Verantwortung, aber auch mit besonderer öffentlicher Wahrnehmung.
Der Gesetzentwurf, den wir heute in 2. Lesung behandeln, wurde nach seiner 1. Lesung am 13. September 2007 vom Plenum an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss überwiesen. Nach Mitbefassung des Haushaltsausschusses erfolgte dann im federführenden Ausschuss am 14. Januar 2008, also vor wenigen Tagen, die abschließende Beratung.
Die Koalitionsfraktionen verfolgen mit ihrem Gesetzentwurf das Ziel, die staatlichen finanziellen Aufwendungen für die Altersversorgung von Mitgliedern des Landtages mit herausgehobenen Funktionen zu begrenzen. Es geht vor allem um die Zielsetzung, die Bemessung der Altersentschädigung für Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer nach der erhöhten Grundentschädigung des § 5 Abs. 3 des Abgeordnetengesetzes zurückzunehmen. Auch geht es darum, die erhöhten Altersentschädigungen für Präsidenten und Vizepräsidenten des Sächsischen Landtages ab der kommenden, der 5.
Legislaturperiode zu streichen. Das, meine Damen und Herren, ist der Kern des Entwurfs.
Ungewöhnlich ist der Entwurf vor allem in seinem zeitlichen Kontext. Der Landtag hat das Abgeordnetengesetz im hier maßgeblichen Zusammenhang vor wenigen Wochen geändert. Wir wollten damals, es war im November 2007, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes umsetzen, wonach nur bestimmte Funktionsträger in Parlamenten eine erhöhte Grundentschädigung erhalten dürfen. Mit unserer Beschlussfassung – ich erinnere nochmals, es war im November 2007 – haben wir neben dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und den Fraktionsvorsitzenden auch die Parlamentarischen Geschäftsführer für den Personenkreis in § 5 Abgeordnetengesetz benannt. Hinsichtlich dieser letztgenannten Gruppe, also der Parlamentarischen Geschäftsführer, entscheiden wir uns heute für eine andere Lösung, und zwar für eine steuerpflichtige monatliche besondere Entschädigung, die die Fraktionen in eigener Verantwortung gewähren können.
In Übereinstimmung mit dem Präsidenten des Sächsischen Landtages und dem Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes halten wir es für zulässig, eine solche besondere Fraktionszulage für den erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand von Parlamentarischen Geschäftsführern aufzunehmen. Ich verweise deshalb noch einmal auf die mit dem Änderungsantrag anliegenden – ich zitiere – „Prüfungsfeststellungen des Sächsischen Rechnungshofes zur Verwendung der Fraktionszuschüsse 1998 bis 2000“ vom September 2004.
Meine Damen und Herren! Wir folgen damit dem Beispiel vieler anderer Bundesländer.
Unser Gesetzentwurf in der Fassung des beigefügten Änderungsantrages, den ich hiermit einbringe, führt zu den folgenden Regelungen:
Erstens. Die erhöhte Versorgungsregelung für Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer im Sinne von Anwartschaften für noch aktive Landtagsabgeordnete wird mit Wirkung vom 1. September 2007 zurückgenommen.
Zweitens. Bei den betroffenen Altersgeldempfängern wird der Anspruch mit dem Folgemonat auf das Inkrafttreten dieses Gesetzes wieder gestrichen.
Diese im Änderungsantrag vorgelegte Übergangsregelung ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich einwandfrei.
Ebenfalls wird eine klarstellende Übergangsregelung für die mit der 4. Legislaturperiode auslaufende erhöhte Altersentschädigung für den Landtagspräsidenten und die Vizepräsidenten aufgenommen.
Meine Damen und Herren! Es geht hier – das wurde auch im Ausschuss diskutiert – natürlich um Regelungen mit Rückwirkungscharakter. Bei rückwirkenden Regelungen mögen immer verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Aus der Sicht der Koalition verlangt dies sofortiges Handeln. Unser Änderungsantrag greift die verfassungsrechtlichen Bedenken auf, die der Juristische Dienst des Landtages in der Sitzung des Rechtsausschusses angeführt hat und die im Folgenden Gegenstand der Ausschussberatungen gewesen sind.
Ich sage es in aller Deutlichkeit: Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf beseitigt die Koalition eine als ungerechtfertigt angesehene Rechtslage, und zwar umgehend und auf verfassungsgemäßer Grundlage.
Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat ebenfalls einen Änderungsantrag vorgelegt, den ich ausdrücklich als übereilt, als voreilig bezeichne.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, Sie wollen die Beseitigung der Regelungen des Abgeordnetengesetzes hinsichtlich der Überprüfung der Mitarbeiter von Landtagsmitgliedern auf die Tätigkeit bei der Staatssicherheit der DDR. Die von der Linksfraktion beantragte Aufhebung der einschlägigen Vorschriften – das ist § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 und der Anlage 1 des Sächsischen Abgeordnetengesetzes – halten wir als Koalition für nicht erforderlich. Diese Regelungen sind weiterhin anwendbar.
Sollte dem Landtag oder der Landtagsverwaltung bekannt werden, dass ein Mitarbeiter für die Staatssicherheit tätig gewesen ist, dann hat das Präsidium festzustellen, ob ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegen würde und ob damit die Aufwendungen für dessen Beschäftigung überhaupt ersatzfähig sind.
Die Änderungen im Stasi-Unterlagen-Gesetz haben allein zur Folge, dass eine Regelanfrage bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der DDR entfällt. Erlangt der Landtag anderweitig Kenntnis von einer früheren Tätigkeit bei der Staatssicherheit – und sei es, weil in einer persönlichen Erklärung mit Ja geantwortet worden ist –, dann ist die Vorschrift des Abgeordnetengesetzes zweifelsfrei anwendbar. Das erwarten wir im Übrigen auch als CDU und SPD von der Landtagsverwaltung und vom Präsidium.
Meine Damen und Herren! Was wäre denn, wenn es die von den Linken gewollte Neuregelung gäbe? Ich denke dabei etwa an den Fall, in dem ein Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheit, der später Landtagsabgeordneter wird, nach Anklageerhebung hier im Hohen Hause sein Mandat verliert. Dieser Abgeordnete könnte durch die Hintertür als Mitarbeiter einer Fraktion oder eines Abgeordneten zurückkehren. Genau darum geht es.
Meine Damen und Herren! Die Koalition will dies nun wirklich nicht. Gegen eine solche Sachlage, die ich nur als perfide bezeichnen kann, verwahren wir uns in aller Form.
Meine Damen und Herren, wie man redlich agiert,
hat vor allem Fritz Hähle gezeigt, Herr Martens. Am 7. Dezember 2007 und damit unmittelbar nach Bekanntwerden eines Artikels in der „Freien Presse“, für den ich dankbar bin, hat Fritz Hähle eine sofortige Änderung der Pensionsregelungen gefordert.
Diese Forderung – gerade Ihr Verhalten, Herr Bartl, zeigt, dass der getroffene Hund bellt – und die weitere Bemerkung: „Ansehen und Ehre sind mir wichtiger als Geld“, Herr Hähle, nötigen mir den allerhöchsten Respekt ab.
Für diese Äußerung und für Ihre Haltung danke ich Ihnen ganz persönlich. Mit der heutigen Verabschiedung lösen wir Ihre Zusage ein.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir sprechen aus den Gründen, die ich bereits genannt habe, gegen diesen Änderungsantrag. Die Änderungen im Stasi-Unterlagen-Gesetz haben allein zur Folge, dass eine Regelüberprüfung bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes entfällt. Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass, wenn der Landtag Kenntnis von einer früheren Tätigkeit beim Staatssicherheitsdienst, auf welche Weise auch immer, und sei es durch eine Vorlage der Erklärung, erhält, diesbezüglich die Vorschrift des Abgeordnetengesetzes anwendbar bleibt. Das erwarten wir – ich sage es noch einmal – ausdrücklich auch von der Landtagsverwaltung und vom Präsidium.
Wir werden also gegen den Antrag stimmen. Schnellschüsse sind hier überhaupt nicht angezeigt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Rechtsstreit vor Gericht kostet Geld. Will jemand Klage erheben, muss er für das Verfahren in der Regel Gerichtskosten bezahlen. Kommt ein Anwalt hinzu, kommen anwaltliche Gebühren hinzu. Das gilt für die Rechtsverfolgung und gegebenenfalls für die Rechtsverteidigung.
Prozesskostenhilfe ist eine Form des staatlichen Zuschusses. Sie ist für diejenigen Menschen gedacht, die die Kosten einer Rechtsverfolgung oder der Verteidigung nicht aufbringen können. Sie will diesen Leuten, die damit der Hilfe bedürfen, die Prozessführung ermöglichen. Prozesskostenhilfe wird aus Steuermitteln finanziert. So gesehen, Herr Dr. Müller, eröffnet sie doch gerade erst die Möglichkeit, den Anspruch auf rechtliches Gehör zu realisieren. Sie unterstellen hier schlicht und einfach Unrichtiges.
Anders als soeben von der NPD dargestellt, wird sich auch an der Zielsetzung der Prozesskostenhilfe nach dem neu geregelten Zustand in der Fassung des sogenannten Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetzes überhaupt nichts ändern.
Ich habe Ihnen eben zugehört. Jetzt möchte ich gern meine Rede ausführen.
Meine Damen und Herren, die NPD erspart sich mit dem hier vorgelegten Antrag die Mühe, sich auch nur ansatzweise inhaltlich mit dem Gesetzentwurf näher zu befassen. Sie begnügt sich mit ein paar Rechenbeispielen, die zudem noch unrichtig sind. Sie halten es, wie in den verschiedensten Ausschussverfahren, die ich hier im Hause miterlebt habe: Man hört dort von Ihnen kein Wort. Sie haben in den Ausschüssen – –
Herr Gansel, Sie sollten sich lieber für die Bemerkung, die Sie am Dienstag hier losgelassen haben, eher schämen, als hier Zwischenrufe zu machen.
Meine Damen und Herren! Ich will zwei Beispiele nennen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates, über den hier zu sprechen ist, sieht unter anderem eine stärkere Angleichung der Grundfreibeträge vor, auch des Erwerbstätigenzuschlages, und zwar an das Sozialhilferecht. Damit hat sich mein Vorredner ein wenig befasst. Nur vergisst er dabei eines: Die Regelung, die der Bundesrat auf den Weg bringen will, macht nichts anderes, als die Rechtspre
chung des Bundesverfassungsgerichtes diesbezüglich umzusetzen. Prozesskostenhilfe ist eine prozessuale Sozialhilfeleistung. Diese Rechtsprechung wird also nicht mehr und nicht weniger umgesetzt.
Ein zweiter Punkt: Wenn man von sozialer Unausgewogenheit redet, hätte man sich vielleicht einmal mit den Festlegungen der Ratenhöhe befassen müssen. Der Gesetzentwurf sieht beispielsweise die Festlegung der Ratenhöhe auf zwei Drittel des einzusetzenden Einkommens vor. Im Deutschen Bundestag wurde eine Anhörung durchgeführt – das hätten Sie sich auch im Internet besorgen können – und dort unter anderem der Sachverständige Kollege Eberhard Stilz angehört. Er hat zu dem einsetzbaren Einkommen ausgeführt: Die Regelung in der Fassung des Bundesrates wird dadurch nicht nur einfacher verständlich, sondern sie wird auch „sozial ausgewogener“, und zwar deshalb, meine Damen und Herren, weil sie Antragsteller mit geringen Einkommen gerade besserstellt als bisher. – Von sozialer Unausgewogenheit kann ich an dieser Stelle nichts sehen.
Ich könnte weitere Beispiele nennen, die Sie vielleicht selbst einmal hätten in Betracht ziehen können. Ich nenne die Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren. Ich nenne einschlägige Kostenbesonderheiten im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Sie haben wie die Prozesskostenhilfe den Zweck, jetzt, in der Vergangenheit, aber auch künftig, Menschen mit niedrigem Einkommen effektiven Rechtsschutz zu garantieren. Und das wird so bleiben.
Meine Damen und Herren! Im Ganzen bleibt für den NPD-Antrag nur eine Feststellung: Inhaltliche Arbeit ist das nicht.
Zum Schluss möchte ich schon noch darauf hinweisen, dass wir uns diese heutige Debatte schlicht und einfach hätten sparen können. Wir hatten vor einigen Monaten, und zwar in unserer 60. Sitzung – vielleicht ist Ihnen das, Herr Dr. Müller, entgangen – am 15. September 2006, exakt dasselbe Thema auf der Tagesordnung.
Ich hätte mir an sich gewünscht, dass Sie sich damals zu Wort gemeldet hätten. Da kam von der NPD nichts. Damals hatten Sie nichts zu sagen, heute auch nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich berichte über das Ergebnis der Beratung des für Rechtsfragen zuständigen Ausschusses über die Zulässigkeit des am 4. Juli 2007 eingebrachten Antrages von Abgeordneten der Linksfraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion GRÜNE auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wie folgt:
Am 28. Juni 2007 haben Abgeordnete dieser Fraktionen an den Landtag den Dringlichen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gerichtet, der unter anderem die Verantwortung der Staatsregierung für schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung von sogenannten kriminellen und korruptiven Netzwerken zum Gegenstand haben soll.
Mit dem Antrag hat sich das Plenum am 4. Juli befasst. Nach eingehender Diskussion, auf die ich noch zurückkommen werde, hat der Landtag den Antrag an den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuss überwiesen. Der Ausschuss hat am 5. Juli die Einholung des Gutachtens beschlossen, das der Juristische Dienst des Landtages auftragsgemäß erstattet hat. Auf der Grundlage dieses Gutachtens ist am 13. Juli 2007 abschließend beraten worden.
Meine Damen und Herren! Die Gutachtliche Äußerung des für Rechtsfragen zuständigen Ausschusses lautet dahin gehend, dass die Drucksache 4/9265 unzulässig ist, weil sie gegen die Verfassung verstößt. Ich werde dies im Folgenden näher begründen.
Nach Artikel 54 der Sächsischen Verfassung hat der Landtag auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dieses Minderheitenrecht dient üblicherweise der Opposition als Kontrollinstrument gegen die Staatsregierung. Es besteht zweifelsfrei und uneingeschränkt.
Durch den förmlichen Einsetzungsbeschluss übernimmt der Landtag als Ganzes die Verantwortung für die Untersuchung. Er ist bei der Entscheidung über die Einsetzung des Ausschusses an die verfassungsmäßige Ordnung, an Gesetz und Recht, gebunden. Er ist damit auch verpflichtet, die Verfassungsmäßigkeit des Auftrages zu überprüfen.
Anknüpfend an diese Verfassungsbestimmung regelt § 1 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes, dass bei Zweifeln über die Zulässigkeit der Einsetzungsantrag an den Rechtsausschuss zur Gutachtlichen Äußerung zu überweisen ist. Der Ausschuss hat diese Äußerung unver
züglich abzugeben. Über den Minderheitsantrag muss der Landtag dann auf Verlangen der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen, bei Überweisung an den Rechtsausschuss innerhalb von drei Wochen entscheiden.
Das Verfahren ist im Ganzen sehr stark formalisiert, und das aus guten Gründen. Allgemein gilt ein Untersuchungsausschuss als scharfes Schwert der Opposition gegenüber Regierungshandeln. Seine Stellung ist zwar nicht die eines Gerichtes, kommt diesem aber in der Aufgabenwahrnehmung nahe.
Ein Untersuchungsausschuss arbeitet beispielsweise auf der Grundlage der Strafprozessordnung. Er ist umfassend mit Zwangsmitteln ausgestattet. Er darf nicht nur Zeugen unter Eid vernehmen, sondern er kann auch Unterlagen beschlagnahmen lassen; er kann von anderen Stellen Akten beiziehen. Allein dies zeigt, dass der Untersuchungsausschuss weder eine parlamentarische Spielwiese noch ein Politinstrument ist.
Meine Damen und Herren! Es kommt mir sehr darauf an, eines zu sagen: Auch und gerade bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses steht die Politik nicht neben der Verfassung und schon gar nicht über ihr. Jedes politische Handeln hat sich viel mehr innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung zu bewegen.
Auf diese Feststellung kommt es mir sehr an. Wer auf Gerüchte baut, meine Damen und Herren, baut auf Sand. Wer sich im Zusammenhang mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Verfassung verschließt, bewegt sich außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Meine Damen und Herren! Die gesetzlich vorgesehene Dreiwochenfrist ist eingehalten. Es ist vielfach behauptet worden, es werde eine Verzögerungstaktik betrieben. Das ist falsch. Richtig ist, dass nach dem Untersuchungsausschussgesetz eine Verzögerung überhaupt nicht eintreten kann.
§ 2 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes lautet, dass ein Untersuchungsauftrag vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung der nächsten Landtagssitzung zu setzen ist.
Über einen Minderheitenantrag muss innerhalb von drei Wochen nach dessen Einreichung entschieden werden. Im hier gegebenen Fall, der Einschaltung des Rechtsausschusses, verlängert sich die Frist um eine Woche.
Herr Präsident! Der Rechtsausschuss hat binnen einer Woche zu entscheiden. Es geht um das Merkmal der Unverzüglichkeit. Die Unverzüglichkeit ist im Ausschuss sehr wohl erörtert und bestritten worden, sodass dies zweifelsfrei zu meinem Bericht gehört.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon. Präsident Erich Iltgen: Eine weitere Frage zur Ge- schäftsordnung? Prof. Dr. Günther Schneider, CDU: Ich lasse keine Zwischenfragen zu. Präsident Erich Iltgen: Bitte, Herr Lichdi, zur Ge- schäftsordnung. Johannes Lichdi, GRÜNE: Ich bitte Sie zu prüfen, ob es in diesem Hause üblich ist und der Geschäftsordnung entspricht, dass die Berichterstattung aus einem Aus- schuss auf die Redezeit einer Fraktion angerechnet wird, wie Sie es soeben dargestellt haben. Ich kenne das Verfah- ren so, dass ein Berichterstatter außerhalb der Redezeit der Fraktion den Bericht vorträgt. Hier scheint mir eine gewisse Vermischung der beiden Elemente Fraktionsrun- de und Berichterstattung vorzuliegen. (Beifall bei den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole: Im Rechtsausschussverfahren ist jede gesetzliche Frist eingehalten worden. Von einer Verzögerung kann nicht die Rede sein. Inhaltlich haben die Voraussetzungen für eine Überweisung an den Rechtsausschuss vorgelegen. Im Ausschuss ist dazu erörtert worden, dass sich die von mir genannte Vorschrift nicht auf die Einsetzung, sondern nur auf die Ausschussarbeit bezieht. Das ist unzutreffend. Die Worte „Zulässigkeit einer Untersuchung“ sind bei der Anwendung der üblichen juristischen Auslegungsmethode nur dahin gehend zu verstehen – so die Erkenntnis des Rechtsausschusses –, dass sie sich gerade auf die Entscheidung über die Einsetzung eines Ausschusses, um den es hier geht, beziehen.
Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, in der Plenardebatte am
4. Juli sind Zweifel über die Zulässigkeit des Einsetzungsauftrages geäußert worden. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Dr. Hähle, hat in der Plenardebatte wörtlich geäußert: „Nach unserer Rechtsauffassung ist jedoch der Untersuchungsauftrag, so wie er formuliert ist, durch die Bank verfassungswidrig.“ Herr Dr. Hähle hat gegenüber dem Einsetzungsauftrag unter anderem die Verletzung des Bestimmtheitsgebotes, die Verletzung des Grundsatzes der Wertungsfreiheit und vor allem die Verletzung des Verfassungsprinzips der richterlichen Unabhängigkeit gerügt.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Prof. Weiss, hat ebenso deutlich ausgeführt, dass für die Einsetzung eines Ausschusses ein Antrag vorliegt, dem die Verfassungswidrigkeit bereits auf die Stirn geschrieben steht. Unter Hinweis auf eine unzulässige Vorbewertung, auf eine Erstreckung des Untersuchungsgegenstandes auf nicht abgeschlossene Vorgänge, auf eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit und der fehlenden Bestimmtheit des Auftrages hat Herr Prof. Weiss bewertet: „Wer das schärfste Schwert der Opposition so unprofessionell schleift, darf sich nicht wundern, wenn er sich damit ins eigene Fleisch schneidet.“
Beide Fraktionsvorsitzenden haben in der Sache die Überweisung des Antrages mit der Drucksachennummer 4/ – –
Ich lasse keine Zwischenfragen zu.
Beide Fraktionsvorsitzenden haben in der Sache die Überweisung des Antrages an den Rechtsausschuss beantragt, der damit berufen war. Ich glaube, dass das zweifellos zu meinem Bericht zählt. Der Rechtsausschuss war damit, meine Damen und Herren, verpflichtet, seine gutachterliche Äußerung unverzüglich abzugeben. Ich habe die Sitzung daher auf den nächsten Tag, den 5. Juli, anberaumt und als Tagesordnungspunkt „Beratung und Entscheidung über die gutachtliche Äußerung nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz“ festgelegt.
Die Ausschussberatung war hauptsächlich von der Frage geprägt, ob beim Juristischen Dienst eine die Entscheidungsfindung fördernde gutachtliche Stellungnahme einzuholen sei. In der Sitzung ist dazu zunächst vor allem in einer Debatte über die Richtigkeit der Tagesordnung die Meinung geäußert worden, die Einholung eines Gutachtens sei nicht angezeigt, weil der Ausschuss die gutachtliche Äußerung unverzüglich abzugeben habe. Auch sei im Plenum davon nicht die Rede gewesen.
Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass die Wortwahl des Tagesordnungspunktes indifferent ist, waren beide Einlassungen bereits nicht schlüssig. Bei dem vom Plenum getroffenen Überweisungsauftrag musste von der Einbeziehung des Juristischen Dienstes nicht die Rede sein.
Wenn sich der Landtag entscheidet, nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz zu verfahren und sich des Rechtsausschusses zu bedienen, ist offensichtlich, dass dem Ausschuss damit hinsichtlich der Art und Weise seines Vorgehens Ermessen zukommt.
Soweit die Meinung vertreten wird, der Rechtsausschuss müsse unverzüglich handeln, ist das zweifellos richtig. Unrichtig ist aber die von einem Ausschussmitglied geäußerte Behauptung, „unverzüglich“ heiße nach seinem Verständnis nicht mehr als 24 Stunden, nötigenfalls über Nacht. Es sollte jedem Juristen bekannt sein, dass unter dem Wort „unverzüglich“ im Allgemeinen „Handeln ohne schuldhaftes Verzögern“ verstanden wird.
In diesem Sinne hat der Ausschuss „unverzüglich“ agiert, und zwar sowohl hinsichtlich der ersten Befassung als auch hinsichtlich des gesetzlich fixierten Rahmens von einer Woche.
Soweit im Ausschussverfahren – dies berichte ich – der Vorwurf einer Verzögerungstaktik geäußert worden ist, erweist sich dieser danach als haltlos.
Der Ausschuss hat dann mehrheitlich entschieden, den Präsidenten zu bitten, eine gutachtliche Stellungnahme bis zum 11. Juli 2007 erstellen zu lassen, die die Zulässigkeit der Untersuchung im Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Gegenstand haben sollte. Für die Einholung einer solchen gutachtlichen Stellungnahme sprechen gute Gründe.
Mit der Einschaltung des Rechtsausschusses nach § 1 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz soll das Verfahren zur Einsetzung auf eine geordnete rechtliche Grundlage gestellt werden. Der Landtag, meine Damen und Herren, bedient sich des Rechtsausschusses wegen der dort im Allgemeinen vermuteten juristischen Kompetenz. Dann muss diese innerhalb des ohnehin zeitlich vorgegebenen gesetzlich begrenzten Rahmens aber auch genutzt werden. Der Rechtsausschuss arbeitet, meine Damen und Herren, dann seriös, wenn er sich der infrage kommenden geeigneten juristischen Standards bedient. Auch und gerade bei seiner Tätigkeit – und dort umso mehr – steht die Politik nicht neben der Verfassung und nicht über ihr.
Meine Damen und Herren! Der Juristische Dienst hat die gutachtliche Stellungnahme innerhalb der vorgegebenen Zeit abgegeben. Im Namen des gesamten Ausschusses, aber auch persönlich als Ausschussvorsitzender danke ich den Autoren der gutachtlichen Stellungnahme und den damit befassten Mitarbeitern ausdrücklich.
Die Stellungnahme erfüllt – das will ich bereits hier in aller Deutlichkeit sagen; ich komme auf die materielle Bewertung zurück –
jegliche Standards, die an ein sorgfältiges, qualifiziertes juristisches Gutachten zu richten sind. Die Stellungnahme des Juristischen Dienstes hat maßgeblich zur Entscheidungsfindung des Rechtssausschusses beigetragen. Ich sage noch einmal den Autoren ausdrücklichen und herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Der Rechtsausschuss hat am 13.07.2007 abschließend beraten. Er ist mehrheitlich der Auffassung gefolgt, dass die Untersuchung mit der Drucksache 4/9265 unzulässig ist, und zwar aus den folgenden Gründen:
Auf der Grundlage des Grundsatzes der Gewaltenteilung darf der Landtag ausschließlich nach Maßgabe der Verfassung die vollziehende Gewalt kontrollieren. Das gilt auch und gerade für einen Untersuchungsausschuss. Vorgänge, für die die Exekutive keine rechtliche und keine politische Verantwortung trifft, verbieten von Verfassungs wegen eine Untersuchung. Vor allem in der durch das Grundgesetz und Artikel 77 Abs. 2 unserer Landesverfassung gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit findet die Zuständigkeit eines Untersuchungsausschusses ihre Grenze. Dort, meine Damen und Herren, wo Staatsanwaltschaften und Gerichte berufen sind, hat ein Untersuchungsausschuss nichts zu suchen. Die mit der Drucksache 4/9265 angestrebte Untersuchung verletzt diesen Grundsatz in mehrfacher Hinsicht:
Erstens. Wenn der Ausschuss die komplexen Sachverhalte zu kriminellen und korruptiven Netzwerken in Sachsen und dem Zustandekommen bzw. Begünstigungen – so weit das Zitat – zum Gegenstand haben soll, ist dies verfassungswidrig, und zwar so weit, als sich der Ausschuss danach aus eigenem Ermessen an die Stelle von Strafverfolgungsbehörden setzen könnte. Eigene strafrechtliche Ermittlungen liegen außerhalb der Zuständigkeit des Landtages und damit auch des Untersuchungsausschusses.
Zweitens. Soweit der Untersuchungsgegenstand mit den Worten – ich zitiere – „Feststellung der strukturellen Ursachen und Gründe für eine offenkundig unzureichend wirksame Aufklärung und Verfolgung der Organisierten Kriminalität durch die zuständigen Strafgerichte“ beschrieben wird, ist der Grundsatz der Gewaltenteilung
ebenfalls verletzt, weil der Ausschuss danach aus eigenem Ermessen richterliche Entscheidungen – und es sind Entscheidungen von Gerichten – untersuchen könnte.
Drittens. Soweit der Ausschuss – Zitat – „die Untersuchung der Geschäftsverteilung der Gerichte nach Eröffnung des Hauptverfahrens und nach Zurückverweisung im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens“ zum Gegenstand hat, liegt darin eine verfassungswidrige Einflussnahme – so die Erkenntnis des Rechtsausschusses – auf die unabhängigen Präsidien der Gerichte und damit letztlich auf richterliche Spruchkörper selbst. Der Geschäftsverteilungsplan wird von den Präsidien in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen. Kein Untersuchungsausschuss darf über Anlass und Gründe der Geschäftsverteilung Beweis erheben.
Ich bin froh, sage ich ganz ausdrücklich, dass die Zeiten der Beeinflussung der Gerichte durch die Staatsmacht einer Einheitspartei ein Ende gefunden haben, meine Damen und Herren.
Ein Untersuchungsausschuss darf sich mit Fragen dieser Art von vornherein nicht befassen.
Herr Präsident, ich nehme dies zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsauftrag verletzt in weiterer Hinsicht den Grundsatz der Gewaltenteilung. Danach sind die verschiedenen Staatsfunktionen Ausdruck selbständiger Tätigkeit.
Das muss der Landtag, auch der Untersuchungsausschuss respektieren. Kein Parlament hat das Recht, den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung auszuforschen.
Meine Damen und Herren! Das steht in dem Gutachten des Juristischen Dienstes, das sich der Ausschuss zu eigen gemacht hat und das Sie wohl gelesen haben sollten.
Ein weiterer Punkt ist die Verletzung des Grundsatzes der Ex-Post-Kontrolle. Die Kontrollkompetenz eines Parlaments erstreckt sich grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen einzugreifen. Eine Untersuchung ist unzulässig, wenn sie zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen könnte. Diese Möglichkeit besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von
Regierungsentscheidungen, solange die Entscheidung noch in der Schwebe ist.
Auch in dieser Hinsicht verletzt der Einsetzungsauftrag nach Auffassung des Rechtsausschusses Verfassungsrecht.
Beispiele: Erstens. Soweit auf Seite 2 des Auftrages auf Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden abgestellt wird, sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den im Rahmen der OK-Beobachtung des Landesamtes für Verfassungsschutz festgehaltenen Erkenntnissen noch nicht abgeschlossen.
Ich erinnere auch an Pressemitteilungen des Staatsministeriums des Innern, nach denen Akten noch an die Staatsanwaltschaft übergeben werden sollten.
Dasselbe gilt für die Frage, die beispielsweise lautet, ob im Ergebnis der Gesamtuntersuchungen davon auszugehen sei, dass angebliche Fehlentscheidungen der Staatsregierung und eine angeblich ungenügende Ausprägung von Mitbestimmungsrechten Anlass dafür gäben, grundsätzliche Konsequenzen zum Schutz sämtlicher an der Rechtspflege beteiligter Organe zu ziehen.
Nach Auffassung des Rechtsausschusses lassen all diese Untersuchungsgegenstände in der Auftragsdrucksache nur die Bewertung zu: verfassungswidrig.
Zweitens. Soweit die Untersuchung im zweiten Aufzählungspunkt auf den jeweiligen Kenntnisstand der Staatsregierung und ihrer Mitglieder, maßgeblicher Verantwortungsträger und nachgeordneter Behörden der Staatsanwaltschaften und Gerichte abstellt, liegt nach der Auffassung des Rechtsausschusses ebenfalls ein unzulässiger Untersuchungsgegenstand vor.
Im Rahmen des Fortgangs der noch laufenden strafrechtlichen Ermittlungen wird sich dieser Kenntnisstand wohl noch wandeln; mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist die heutige Erkenntnis eine andere, als sie vor einigen Wochen vorgelegen hat, auch gegenüber der Plenardebatte vom 4. Juli 2007.
Drittens. Soweit im achten Aufzählungspunkt auf die seitens der Staatsregierung gezogenen oder zu ziehenden Konsequenzen zur künftigen Gewährleistung der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit elementarer Mechanismen abgestellt wird, liegt ebenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der Ex-Post-Kontrolle vor. Es ist offensichtlich, dass die Staatsregierung derzeit selbst noch Klarheit zu den Konsequenzen sucht, die aus den dem Untersuchungsgegenstand zugrunde liegenden Vorgängen zu ziehen sind. Nach heutigem Kenntnisstand sind zwei Prüfteams mit hochrangigen Experten eingesetzt, die bis September 2007 die Arbeitsabläufe – –
– Herr Präsident, das alles war Gegenstand der Untersuchungen im Rechtsausschuss, und ich muss dies hier vortragen.
Meine Damen und Herren! Auch diesbezüglich ergibt sich nach Auffassung des Rechtsausschusses nur eine Bewertung: Der Untersuchungsauftrag ist an dieser Stelle verfassungswidrig. Ein weiteres Beispiel für die Verfassungswidrigkeit: Es wird beispielsweise auf Seite 5 des Auftrages die Ausübung des Gnadenrechtes – –
Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsauftrag wird beispielsweise auf die Ausübung des Gnadenrechtes durch den Ministerpräsidenten erstreckt. Dies steht originär dem Ministerpräsidenten zu. Das Gnadenrecht ist nicht justiziabel, sondern steht im alleinigen Verantwortungsbereich des Ministerpräsidenten. Daher zählt dieses nach Auffassung des Rechtsausschusses nicht zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, sodass der Untersuchungsauftrag auch an dieser Stelle verfassungswidrig ist.
Kommen wir zum Bestimmtheitsgebot. Der Antrag auf Einsetzung ist nur zulässig, wenn er die Bestimmtheit des Gegenstandes der Untersuchung hinreichend festlegt. Das bedeutet: Bereits der Antrag selbst muss spätestens zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zulässig sein, um der Rolle des Plenums als Hüter des Einsetzungsverfahrens zu entsprechen.
Meine Damen und Herren! Nach Auffassung des Rechtsausschusses ist klar, dass an den Grad der Bestimmtheit nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden dürfen. Allerdings: Unklarheiten und Unbestimmtheiten des eingereichten Auftrages gehen zulasten der Einreicher. Im Sinne dieser Vorgaben stößt die inhaltliche Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes nach Auffassung des Rechtsausschusses auf Bedenken, und zwar ist bereits die Verwendung der Worte „kriminelle und korruptive Netzwerke“ unklar.
Es bleibt unklar, welches strafrechtlich relevante Handeln untersucht werden soll. Außerdem bleibt unklar, welche konkreten rechtsstaatlichen Informations- oder Vorbeugungsmechanismen versagt haben. – So weit der erste Aufzählungspunkt.
Sämtliche erdenklichen Erkenntnisquellen unter Einbeziehung der öffentlichen Berichterstattung nennend, bleibt
auch hier offen, was der Antrag mit diesen „kriminellen und korruptiven Netzwerken“ meint. Die Einreicher tragen hier keinerlei konkrete Anhaltspunkte vor, sondern belassen ihre Meinung im Unkonkreten – so der Rechtsausschuss mit Mehrheitsentscheidung. Soweit im dritten Aufzählungspunkt einschlägige Komplexe der Organisierten Kriminalität benannt sind, bleibt offen, was darunter zu verstehen sein soll. Nach Auffassung des Rechtsausschusses ist auch hier ein Anwendungsbereich denkbar, der über den eigentlich gewollten Untersuchungsauftrag hinausgeht.
Meine Damen und Herren! Die Verwendung unbestimmter Begriffe lässt nach Auffassung des Rechtsausschusses die notwendige klare Abgrenzung des Untersuchungsauftrages nicht erkennen. Dasselbe gilt für die Auflistung der Fragenkomplexe, bei denen die Einreicher die Inhalte des Auftrages nicht verdeutlichen. Eine konkrete Zuordnung der Fragenkomplexe – so das Gutachten und die Diskussion, die im Rechtsausschuss geführt worden ist – lässt dem objektiven Betrachter nicht deutlich werden, wo hierbei konkrete Fragenkomplexe welchem Sachverhalt zugeordnet werden sollen. Es besteht – so das Gutachten des Juristischen Dienstes, dem sich der Rechtsausschuss anschließt – ein verwirrendes Konglomerat unterschiedlichster Fragenbereiche, die nicht erkennbar werden lassen, wie das eigentliche Thema der Untersuchung lauten soll.
Im Einzelnen sind im Rechtsausschuss dafür die folgenden Beispiele genannt und erörtert worden: Dies gilt beispielsweise für den ersten Aufzählungspunkt, nachdem, gestützt auf die Erkenntnisse der jetzt tätigen Strafverfolgungsbehörden, die öffentliche Berichterstattung gern mit sonstigen Erkenntnissen überzogen wird. Es bleibt offen, welche Strafverfolgungsbehörden zum Zeitpunkt der Einsetzung des Untersuchungsausschusses tätig gewesen sind. Es fehlt an einer Untersuchungsgrundlage, da heute noch keine abschließenden Erkenntnisse vorliegen; und es bleibt wiederum offen, was unter „kriminellen und korruptiven Netzwerken“ zu verstehen sein soll. Es geht also, mit anderen Worten, nach Auffassung des Rechtsausschusses darum, dass mit der eingereichten Forderung nach parlamentarischer Untersuchung Aufgaben wahrgenommen werden sollen, die in den Bereich der Justiz fallen. Dies ist nach Auffassung des Rechtsausschusses verfassungswidrig.
All dies zeigt: Die Einreicher wollen offensichtlich einen Rundumschlag durchführen. Der Ausschussauftrag in Drucksache 4/9265 berührt eine Vielzahl aufgeworfener Einzelfragen mit einem Zeitpunkt seit Beginn der Konstituierung des Freistaates Sachsen und einem extrem gefassten Anwendungsbereich. Genau dies läuft, meine Damen und Herren, dem Bestimmtheitsgebot zuwider.
Meine Damen und Herren! In der dem Rechtsausschuss vorgelegten Weise verletzt der Einsetzungsauftrag nach Meinung des Rechtsausschusses Verfassungsrecht. Sowohl das Thema als auch die Darstellung des Untersu
chungsgegenstandes beinhalten zahlreiche unbestimmte Begriffe, die eine Konkretisierung des Auftrages unmöglich machen.
Dasselbe gilt für einen weiteren Bereich. Auch hierzu meint der Ausschuss, dass der Einsetzungsauftrag an dieser Stelle verfassungswidrig sei, soweit er eine Ausforschung „ins Blaue hinein“ zulassen will. An keiner Stelle wird deutlich, dass nach dem dem Antrag beiliegenden Lebenssachverhalt greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sämtliche Mitglieder der Staatsregierung, ihre Ressorts sowie die nachgeordneten Behörden in einem fassbaren Zusammenhang mit den erhobenen Vorwürfen stehen sollen.
Nein. – All dies bedeutet, dass der Antrag an dieser Stelle gegen das Ausforschungsgebot verstößt. Der Rechtsausschuss ist weiterhin der Auffassung, dass der Untersuchungsauftrag den Grundsatz des Wertungsverbotes verletzt, da er zahlreiche unzulässige Wertungen und Tatsachenbehauptungen enthält.
Der gesamte Untersuchungsgegenstand, Herr Porsch – dies ist im Rechtsausschuss erörtert worden –, unterstellt – ich gebe das wieder, was im Rechtsausschuss erörtert wurde und was Gegenstand des juristischen Gutachtens war – –
Ich komme darauf zurück.
Der gesamte Untersuchungsgegenstand unterstellt als gegeben, dass im Freistaat Sachsen kriminelle und korruptive Netzwerke bestanden haben oder noch bestehen sollen. Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß dies der Fall ist, ist bis heute nicht annähernd geklärt. Ich erinnere: All diejenigen Wertungen, die im Gutachten des Juristischen Dienstes aufgeführt sind, hat sich der Rechtsausschuss zu eigen gemacht.
Meine Damen und Herren! Der im Einsetzungsantrag enthaltene Untersuchungsauftrag lässt nach Auffassung des Rechtsausschusses nur einen Schluss zu: Der Antrag ist unzulässig; er verletzt Verfassungsrecht. Der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat, wenn ich auf den möglichen Änderungsantrag, der heute auf den Tischen liegt, kurz zu sprechen komme, ausschließlich eine gutachtliche Äußerung zur Frage – –
Herr Müller, hören Sie mir doch erst einmal in meinen Ausführungen zu! –
der rechtlichen Zulässigkeit der Drucksache 4/9265 abzugeben. Es handelt sich um eine spezialgesetzliche Aufgabe, und, Herr Porsch, entgegen § 32 Abs. 3 der Geschäftsordnung – dies war ebenfalls Erörterungspunkt im Rechtsausschuss – ist dem Bericht an den Landtag daher keine Beschlussempfehlung beizufügen, sondern das – und damit die Bewertung des heute vorgestellten Antrages – obliegt allein dem heutigen parlamentarischen Prozedere. Es ergeben sich drei Konsequenzen für die parlamentarische Behandlung:
Erstens. Die Minderheitenantragsteller dürfen im Rahmen des Minderheitenrechtes laut Artikel 54 der Sächsischen Verfassung frei entscheiden, ob sie ihren Antrag weiter verfolgen oder nicht. Im Blick auf den Ausgangsantrag ist nach Auffassung des Rechtsausschusses der Untersuchungsauftrag, soweit er im Antrag formuliert war, verfassungswidrig.
Zweitens. Die Einbeziehung eines etwaigen Änderungsantrages war dem Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – dies ist ebenfalls in der Sitzung erörtert worden – verwehrt. Soweit die einreichenden Fraktionen heute einen die Drucksache 4/9265 ersetzenden Änderungsantrag vorgelegt haben, mag sich damit die im heutigen Bericht dargestellte verfassungsrechtliche Bewertung bestätigen.
Drittens. Mag die verfassungsrechtliche Beurteilung des heutigen Einsetzungsauftrages damit noch ausstehen, meine Damen und Herren, ist dies nicht Sache meines Berichts. Ich will nur eines hinzufügen: Im Rechtsausschuss ist eine Diskussion von den Einreichern auf der Grundlage dieser von mir jetzt dargelegten rechtlichen und verfassungsrechtlichen Substanz so nicht erfolgt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das ist eine Unverschämtheit! Das ist eine Missachtung der Geschäftsordnung! – Widerspruch bei der Linksfraktion und der FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte zunächst um Nachsicht, dass ich meine Rede nicht zu Protokoll gebe. Diesen Unsinn, den wir eben gehört haben, darf man nicht so im Raum stehen lassen. Seht!, möchte ich sagen, Herr Apfel, wie friedlich Sie dasitzen, die Reihe der Straftäter, die in Ihren Reihen sitzen.
(Jürgen Gansel, NPD: Haben Sie einen an der Waffel? – Dr. Johannes Müller, NPD: Moment mal! Herr Präsident? – Holger Apfel, NPD: Haben Sie sich einen Joint von Frau Bonk geliehen?)