Klaus Kaiser

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Renate Hendricks, da ich nun direkt nach deiner letzten Rede hier zu Wort komme, kann ich dir auch von unserer Seite sagen: Mit dir war jeder Streit eine Freude, weil man hinterher persönlich miteinander klargekommen ist. Wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft. Toi, toi, toi!
Leider müssen wir uns aber noch etwas über den Inhalt der Rede auseinandersetzen.
Ich kann jetzt nicht weiter ein uneingeschränktes Lob verteilen, was für die Abgeordneten von Rot-Grün wohl nicht überraschend ist.
Der FDP-Antrag zeichnet sich dadurch aus, dass er eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen richtig beschreibt, die eben den schleichenden Niveauverlust unseres nordrhein-westfälischen Bildungssystems dokumentieren.
Eines wird deutlich: Die hinteren Plätze bei allen Bildungsvergleichsuntersuchungen sind Folge falscher Bildungspolitik. Erst durch einen Neustart in der Bildungspolitik kann dies nachhaltig behoben werden. Das muss man sich klarmachen. Dadurch wird deutlich, dass der Anspruch, den Frau Kraft immer formuliert hat – Sie hat das bekanntermaßen bei dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten George Bush abgeschrieben; „No Child Left Behind“, kein Kind zurücklassen –, in der politischen Realität in NordrheinWestfalen zur Floskel verkommt. In der Realität ist das nicht mehr als eine hohle Phrase, die bei den Betroffenen eher Zynismus als Hoffnung auslöst.
Es geht darum, Aufstieg durch Bildung zu erreichen, und die anzusprechen, die vom Elternhaus nicht die nötige Unterstützung bekommen haben oder deren eigenes Elternhaus eben keinen akademischen Background hat. Es gelingt aber nicht, Bildungserfolg und sozialen Status voneinander abzubringen. Da liegen wir in Nordrhein-Westfalen hinten. Rot-Grün hat zwar den Anspruch, ganz vorne mit dabei zu sein, aber dieser wird nur ungenügend erreicht. Das Gegenteil dessen, was als Ziel formuliert wird, findet statt.
Man kann es daran messen, wenn die Klagen der Arbeitgeber über mangelnde Ausbildungsfähigkeit und die Abbruchquoten an den Universitäten gemessen werden. Das heißt, eigentlich sollte doch durch die Lehrpläne die Fixierung auf Kompetenzorientierung, eine bessere Employability – also eine bessere Anpassung an die Wirtschaft und die wirtschaftlichen Erfordernisse und damit an die Perspektiven, ein selbst gestaltetes Leben zu führen – erreicht werden.
Das gelingt in Nordrhein-Westfalen nur sehr unzureichend. Das wird nun deutlich, da Niveaus abgesenkt werden. Der Aufstieg durch Bildung kann nur durch Leistung erfolgen. Da, wo im Hintergrund kein Elternteil helfen kann, kann es eben nur durch Leistung erfolgen; dadurch, dass man besser ist als andere. Im Sport ist es für uns überhaupt kein Problem, das zu akzeptieren. Im Schulbereich tun wir uns da schwer.
Wo liegen die Fehler? – Nehmen wir als Beispiel die Inklusion. Der Inklusionsprozess ist überstürzt eingeführt worden, bei dem wir als CDU sehr dafür sind, dass es ein besseres Miteinander und eine bessere Integration von Kindern mit und ohne Behinderung im Schulsystem und in der gesamten Gesellschaft gibt. Heute ist das eigentlich zum Symbol für die Überlastung unseres Schulsystems geworden.
Die Klagen, die durch Umfragen der Lehrerverbände dokumentiert und belegt werden, sind ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern sie zeigen: Hier ist ein Reformschritt gemacht worden, der unser Schulsystem überlastet. Die Folge davon ist ein Niveauverlust auf breiter Front.
Wenn man es richtig macht, ist das Gegenteil erreichbar. Nur, liebe Frau Ministerin, erreicht man es nicht dadurch, dass man die Wirklichkeit ignoriert. Wenn ich jetzt aus dem Lager der Grünen höre, es gehe bei der Inklusion noch um ein Nachjustieren im System, dann sage ich: Nein! Durch Nachjustieren werden Sie die Wende in der Inklusionsdebatte nicht erreichen, sondern da brauchen wir einen Reset. Wir müssen als erstes sagen: Wir werden keine weiteren Förderschulen schließen, und wir werden das neu aufstellen, damit wir die Qualitätsansprüche definieren und diese dann erreichen, damit es für niemanden schlechter wird, weder für die Kinder mit noch für die Kinder ohne Behinderung.
Der zweite wichtige Bereich ist die Selbstständigkeit der Schulen. Damit wird den Lehrerinnen und Lehrern der Rücken gestärkt, und es gibt neue Freiräume. Diese müssen Zeit haben, um Wirkung zu entfalten.
Das alles findet wenig statt. – Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Eine weitere Sache ist die Ideologisierung, die Verteufelung von äußerer Differenzierung. Die Hinwendung dazu, dass für die Qualitätsanalyse bestimmte Methoden präferiert werden, führt dazu, dass das Niveau insgesamt abgesenkt wird und dass der Leistungsgedanke keine Notwendigkeit hat.
Wenn Sie diese Politik weitermachen, werden Sie die Disparität in Nordrhein-Westfalen größer machen; denn die Reaktion wird sein, dass wir Privatschulgründungen …
… in übergroßem Maße haben. Dann wird über den Geldbeutel über sozialen Aufstieg entschieden und nicht über Leistung. Über Leistung sollte es geschehen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP greift hier ein wichtiges Thema der aktuellen Schulpolitik auf. Denn dieser Antrag nimmt die Folgen der demografischen Entwicklung in den Fokus. Es geht um die Sicherstellung des wohnortnahen Schulangebots. Kollege Weiß hat es angesprochen: Mit dem Schulkonsens sind da Schritte unternommen worden. – Ich weise nur darauf hin, dass die von ihm stets gepriesene Schulform des längeren gemeinsamen Lernens nicht im Schulkonsens steht. Insoweit gibt es später immer entsprechende Interpretationen.
Ich denke, es ist wichtig, zu fragen: Was war das Ziel? – Das Ziel war, dafür zu sorgen, dass wohnortnahe Schulen auch im ländlichen Bereich auf Dauer angeboten werden können. Durch die Neugründung von Sekundarschulen, die in großer Zahl sehr positiv aufgenommen werden, gibt es hier eine erfreuliche Entwicklung.
Es ist aber wichtig, klarzumachen – da liegt die FDP aus meiner Sicht richtig –, dass wir keine einfache Patentlösung formulieren können, sondern wir müssen ein Konzept erarbeiten. Nach sechs Jahren Schulkonsens macht es Sinn, genauer hinzugucken. Ich denke, Rot-Grün hätte die Chance gehabt, diesen Antrag zum Anlass für die Aussage zu nehmen: Wir schauen noch mal genau hin und müssen vielleicht hier und da noch feinjustieren.
Das Thema betrifft nicht nur die Fortführungsgrößen. Vielmehr müssen wir uns auch mit den Themen „Mindestgrößen“ und „Mindestzügigkeiten“ befassen. Der Schulkonsens hat durch die Dreierlösungen im Bereich der Sekundarschulen und die Dependance-Lösungen in Zweizügigkeiten entsprechende Vorschläge gemacht. Der VBE hat inzwischen eine Untersuchung von Dr. Rösner vorgelegt, in der gefordert wird: Wir brauchen auch selbstständige zweizügige Sekundarschulen.
Das muss man sich genau ansehen. Es hätte die Chance bestanden, den Antrag genauer zu betrachten und zu sagen: Wir arbeiten an einem Konzept. Es hätte die Chance bestanden, Feinjustierungen vorzunehmen, die auf Dauer das schulortnahe Angebot sicherstellen, weil die demografische Entwicklung in einzelnen Teilen des Landes anders und schneller voranschreitet, als wir das zu der Zeit berechnen konnten.
Für mich stellt sich auch qualitativ die Frage: Ist die Dependance-Lösung immer richtig? Ist es nicht auch sinnvoll, inhaltlich zu fragen: Wie effektiv sind kleinere Systeme? Insbesondere in Schulformen, die mit
benachteiligten Schülergruppen umgehen, hat die Personalarbeit, die geleistet wird, die Arbeit am Menschen in kleinen, übersichtlichen Systemen zu durchaus großen Effekten geführt. Da hätte die Chance bestanden, an einem Konzept zu arbeiten und das auch entsprechend umzusetzen.
Dass das natürlich – ehe Frau Löhrmann gleich die wirtschaftlichen Überlegungen vorbringt – vor wirtschaftlichen Hintergründen wie Lehrerversorgung und vor allem Verfügbarkeit von Lehrerinnen und Lehrern geschehen muss, ist sicherlich völlig unstrittig.
Trotzdem können sich kleine Schulen und Bildungsqualität sehr wohl ergänzen. Der Aufstieg durch Bildung ist gerade in kleinen Systemen genauer in den Fokus zu nehmen. Die Chance dazu wäre da gewesen.
Gleich wird wie üblich vorgegangen: Ein Antrag, der nicht schlecht, sondern im Gegenteil gut ist, wird abgelehnt, weil er vom Falschen gestellt worden ist. Hier wird, wie ich das Abstimmungsverhältnis aus dem Fachausschuss kenne, die Chance des Nachjustierens vertan, um auf Dauer etwas Gutes zu erreichen und die Mindestgrößenanpassung für unsere Schulen voranzutreiben.
Daher stimmen wir diesem Antrag zu und stellen den Schulkonsens gar nicht infrage. Die hier vorgebrachte Legitimation war eine einseitige Interpretation, der man so nicht unbedingt folgen muss. – Schönen Dank.
Für Frau Beer habe ich immer Platz für eine Zwischenfrage.
Liebe Kollegin Beer, auf diese Reflexe habe ich gewartet. Denn im Moment ist der Modus der rot-grünen Landesregierung, dass reflexhaft auf jede Anregung, die kommt, so reagiert wird: Wir machen das schon lange – bis wir dann zufällig erfahren, dass 4.300 Lehrerstellen nicht besetzt sind –, wir tun genug, lobt uns nur. – Das Problem ist nur …
Ich weiß jetzt nicht, auf welche Zahl du dich beziehst.
Liebe Kollegin Sigrid Beer, es ist überhaupt kein Problem, darüber noch länger miteinander zu diskutieren, auch sehr kontrovers und sehr freudvoll. Trotzdem reagiert die Koalition im Moment bei jedem Vorschlag, der gemacht wird, bei jeder Anregung, die vorgebracht wird, reflexhaft, und es heißt: Das machen wir schon lange, macht euch keine Sorgen. – Das Problem ist nur, wenn wir irgendwo hinkommen, kriegen wir an jeder Schule gesagt: Die rot-grüne Bildungspolitik ist eine Katastrophe.
Das reflektieren wir hier auch allgemein. Vielleicht nehmt ihr eines aus der Diskussion mit: Zuhören ist im Moment in der Bildungspolitik ein Erkenntnisfortschritt, den ihr euch nicht nehmen lassen solltet. – So viel vielleicht zur Reflexion.
Frau Ministerin, der Vorteil des Antrages der FDP besteht darin, dass er ein Konzept fordert und allgemein bleibt. Daher kann man die Parameter, die im Schulkonsens vereinbart sind, durchaus auch zum Hintergrund der Überlegungen machen.
Ich habe in meiner Argumentation darauf hingewiesen, dass man – zurückgreifend auf das, was der VBE herausgefunden hat – über die Frage nachdenken muss: Macht es Sinn, bei den Sekundarschulen mit zweizügigen Dependancen zu arbeiten? Oder ist im Einzelnen nicht vielleicht auch darüber nachzudenken, dass man gleich zweizügige Sekundarschulen macht. Das würde den Schulkonsens als solchen nicht infrage stellen, würde aber vielleicht an mancher kommunalpolitischen Klippe erheblich leichter
zu Lösungen führen. Da ist die Chance, wenn man das Bisherige auswertet und entsprechend berücksichtigt.
Daher frage ich: Könnten Sie einer solchen Idee nahekommen, dass man sagt, es gibt den Grund, nachzujustieren, ohne alles infrage zu stellen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bevor es eine falsche Legendenbildung gibt, sage ich Folgendes – heute Morgen hat sich Frau Hendricks in dieser Frage ja schon leidlich aufgeregt –: Es waren die Fraktionen von SPD und Grünen, die 2004 G8 für die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen beschlossen.
Als wir 2005 in die Regierungsverantwortung kamen und G8 umsetzen wollten, war die große Überraschung, dass nichts vorbereitet war. Die Schubladen waren leer.
Damit das nicht wieder passiert, stellen wir heute unseren Antrag, sich entsprechend vorzubereiten.
Bevor die SPD auch in dieser Frage der angeblich überlasteten Mittelstufe unterwegs ist,
muss man sagen, dass der Vorschlag der Grünen weiterhin ein G8-Modell mit entsprechender Mittelstufe vorsieht.
Das in einer Vorbemerkung festzustellen, hilft vielleicht auch, zur Versachlichung beizutragen.
Die CDU hat in den letzten Wochen auf ihren Vorschlag, ein echtes G9 zu ermöglichen, positive Resonanz bekommen.
Frau Beer, wir hören das natürlich. – Natürlich gibt es auch Kritiker. Aber gerade außerhalb der Bildungskonferenz und in der Praxis sagen uns Lehrerinnen und Lehrer aus den Schulen: Was ihr vorschlagt, ist praktikabel.
Kommen wir zum Antrag selbst. Ich zitiere aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 13. September 2016: „Schulministerin Sylvia Löhrmann verteidigt das Turbo-Abi“. Darin warnt sie vor Aktionismus und spricht von offener Debatte am runden Tisch.
Weiterhin heißt es im „Kölner Stadt-Anzeiger“:
„Eine eigene klare Neupositionierung lehnt Löhrmann derzeit ab.“
„Damit würde sie alle brüskieren, die am ,Runden Tisch‘ der Regierung Verbesserungen am G8Modell erarbeitet, befürwortet und in einem Fazit vom Dezember 2015 für gut befunden hätten.“
Was sagt Frau Kraft? „Kraft legt sich in Debatte um ,Turbo-Abi‘ weiter nicht fest“. So stand es am 10. September 2016 in der „Aachener Zeitung“
Doch was passierte dann? Das war für den Beobachter ja nicht uninteressant. Die SPD legte ein Modell für G9 vor, das allerdings für die Schülerinnen und Schüler keine qualitativen Verbesserungen bringt und daher auch sehr stark diskutiert wurde.
Verpflichtender Nachmittagsunterricht wird danach weiterhin die Regel sein. Belastungen für die Qualifikationsphase der Oberstufe werden für alle Schüler im Vergleich zu heute sogar noch zunehmen. Für die G9-Schüler ändert sich damit nichts. Die Einführungsphase in Klasse 11 als bloßes zusätzliches Förderjahr ist ja auch mit „ein Jahr Sitzenbleiben für alle“ umschrieben worden.
Dann kommt Frau Löhrmann um die Ecke und verwirrt die Schullandschaft mit dem unausgewogenen und unausgegorenen Vorschlag einer Komme-ichheute-nicht-komme-ich-morgen-Schule.
Was ist das eigentlich für ein Regierungshandeln?
Es wird Verwirrung gestiftet, anstatt in Schulen für Ruhe zu sorgen und diese in Ruhe arbeiten zu lassen.
Es werden Signale gesendet, etwa „keine Schnellschüsse“, und dann geschieht das genaue Gegenteil.
Frau Löhrmann, das Chaos in unserer Schullandschaft und die dort vorhandene Unruhe suchen ihresgleichen. Sie haben ihre Ursache bei Ihnen und dem von Ihnen geleiteten Ministerium.
Damit sich dieses Chaos bei der G9-Frage nicht fortsetzt, haben wir diesen Antrag gestellt. Alle in diesem Landtag vertretenen Fraktionen haben sich ja entschieden, in der einen oder anderen Weise G9 an den Gymnasien zu ermöglichen. Also wird es nach der Wahl im Mai nächsten Jahres auf jeden Fall G9 an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen geben.
Insofern ist es sinnvoll und notwendig, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen und nicht einfach abzuwarten. Sie sollten nicht versuchen, durch Nichtstun in dieser Frage über die Runden zu kommen.
Die Lehrpläne können heute schon überarbeitet werden. Denn es sollen nicht einfach die G8-Pläne um ein Jahr verlängert werden. Wir benötigen dringend mehr Qualität. Die Zahl der Studienabbrecher gibt uns den entsprechenden Hinweis. Das hängt mit der Fachlichkeit zusammen. Man kann sehr wohl schon Vorarbeit leisten, wenn der gymnasiale Bildungsgang als Angebot ein Jahr länger dauern soll.
Die Frage des Ganztags ist für viele Eltern zentral. Auch da muss man über Flexibilisierungen nachdenken.
Diesen Aufgaben kann man sich heute stellen. Also fangen Sie an, Frau Löhrmann.
Dann kann man nach der Wahl im nächsten Jahr auch zu vernünftigen Lösungen kommen. Die Eltern, die in Sorge sind, haben Anspruch darauf, vernünftig und ernsthaft betrachtet zu werden. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Pieper, der Antrag ist vom Inhalt her ja nicht neu. Zudem ist er populistisch;
deshalb ist es sehr schwierig, sich mit ihm in der Sache auseinanderzusetzen.
Die Rückmeldungen, die wir bekommen, umfassen zwei Ebenen: Auf der ersten Ebene heißt es: G8 funktioniert bei uns ohne Probleme. – Auf der zweiten Ebene wird gesagt: Mit G8 geht gar nichts; wir müssen komplett zurück zu G9.
Wenn man jetzt hinginge und sagte: „Wir haben da jetzt eine ideale Lösung, also marsch, marsch zurück“, dann wäre das ja die gleiche Methode wie bei der Einführung von G8, wo es gelegentlich heißt, dass das zu schnell war.
Man geriete wieder in die gleiche Hektik und würde die gleiche unsichere Situation schaffen, in der man nicht weiß, wie man das Ding handeln kann.
Wenn man also seriös unterwegs ist und die wissenschaftlich fundierten Bedenken – die Studie von Prof. Dollase ist es übrigens durchaus wert, dass man sich näher damit befasst – sowie die Bedenken, die seitens der Landeselternschaft formuliert werden, ernst nimmt, dann muss man umso sorgfältiger agieren; denn eine populistische Lösung kann uns nicht zum Ziel führen.
Das ist der Hintergrund, warum diesem Antrag nicht zustimmen können.
Lassen Sie mich unsere Meinung kurz zusammenfassen: Erstens. Jede Änderung bedarf gut überlegter Vorbereitung. Zweitens. Ein Schnellschuss, wie er hier vorgeschlagen wird, bleibt an der Oberfläche, wird nicht zum Erfolg führen und ist auch nicht politikseriös. Drittens. Ständig gleiche Anträge werden auch dadurch nicht besser, dass sie wiederholt werden. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen! Natürlich kann es nicht genug Erkenntnisse aus den Bildungswissenschaften geben. Wenn wir sehen, wie sich Schule und Bildung insgesamt verändern und welche neuen Herausforderungen da sind, müssen wir sehr großes Interesse daran haben, dass wir neue Erkenntnisse und vielleicht auch neue Betrachtungsweisen aus wissenschaftlicher Sicht erhalten. Das ist insbesondere für politisch Handelnde sehr wichtig.
Andererseits hat mich ein bisschen der Antrag der FDP irritiert. Wenn man ihn von der Grundintention her so versteht, dass man mehr Erkenntnisse haben will, erfährt er natürlich Unterstützung. Jedoch steht darin – ich zitiere das –:
„Allerdings zeigen Rückmeldungen, dass Schulen oftmals nicht nur unter nachvollziehbaren Aspekten wie Organisationsfragen Wissenschaftler abschlägig bescheiden. Es herrscht offenbar bisweilen die Sorge vor, dass auch Defizite bekannt werden könnten.“
Ich glaube, dass diese Sichtweise nicht richtig ist. Sie darf nicht auf unsere Schulen projiziert werden. Wenn eine Erkenntnis da ist, die wir aus den letzten Jahren mitnehmen wollen, so hört man aus Schulen einen Wunsch: Wir brauchen Zeit, uns in Ruhe zu entwickeln. – Bei den Herausforderungen, die im Moment da sind, kann es an Schulen Interesse geben zu sagen: Wir brauchen unsere Zeit. Wir brauchen jetzt nicht den Blick von außen.
Ich weiß aber aus eigenen Erfahrungen, wie stark sehr viele Schulen interessiert sind, dass an ihnen geforscht wird. Untersuchungen werden unterstützt. Die Nähe zu Universitäten wird gesucht. Man sagt: Lasst uns spezielle Fragestellungen genauer bearbeiten und lasst uns da zu neuen Erkenntnissen kommen. – Daran sind die Hochschulen sehr interessiert.
Mir ist aber wichtig: Es geht nicht nur um die empirischen Bildungswissenschaften. Wenn man sich nur auf rein quantitatives Messen in den Bildungswissenschaften zurückzieht, wird man nicht unbedingt zu neuen Methoden kommen. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir in den Bildungswissenschaften genau dabei die Rückkopplung zu den Schulen erlangen und dass wir damit auch praxisnahe, alltagstaugliche Vorschläge bekommen.
Über das reine Ranking – dabei, Frau Schmitz, bin ich völlig Ihrer Meinung – haben wir oft genug gehört, dass Rot-Grün mit der Bildungspolitik auf dem letzten Platz ist; das muss man auch heute wiederholen.
Man sieht, dass Rot-Grün immer auf den Abstiegsplätzen ist.
Wir würden uns wünschen, dass es nach vorne geht. Sicherlich wird das mit dieser Regierung nicht mehr stattfinden.
Das heißt: Die Überlegung, PISA-E und damit Vergleiche innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nach vorne zu bringen, ist nicht ganz unvernünftig. Dem kann man sich sicherlich zuwenden. Wir müssen sehen, was Sie behauptet haben, wo Sperrungen seitens der KMK sind. Das kann ich heute nicht beurteilen. Ich bin da auch ein bisschen skeptisch. Ich glaube, ich gehöre nicht zu den rein Zahlengläubigen nach dem Motto: je mehr Zahlen, desto mehr Erkenntnisse. – Vielmehr muss man die richtigen Zahlen interpretieren. Ob da geblockt wird, kann ich nicht beurteilen. Wir werden das sicherlich im Rahmen der Beratungen im Ausschuss erörtern.
Kurz und gut: Jede Erkenntnis, die unsere Schulen besser macht, kann man nur unterstützen. Aber Wildwuchs in den Schulen muss auch nicht unbedingt sein. – Herzlichen Dank.
Ich sitze auf dem Platz von Herrn Hovenjürgen. – Frau Löhrmann, herzlichen Dank für Ihre Rede. – Jetzt aber noch mal zum Schulkonsens, an dem ich, wie Sie wissen, beteiligt war, und den ich auch nach wie vor für richtig halte. Nur – das, was wir im Schulkonsens in Bezug auf Grundschulen geregelt haben, ist die Überlebensfähigkeit von zu kleinen Systemen. Das ist mit einigen qualitativen und personellen Forderungen unterlegt. Das, was in unserem Antrag zum „Masterplan Grundschule“ steht, nimmt Fragestellungen auf, die im Schulkonsens überhaupt nicht angesprochen worden sind.
Zum Thema „Schulleitung“ und damit auch zur Qualität: Ich verstehe, wenn Sie vonseiten der Koalition jetzt bilanziell jede der vielen Stelle einzeln benennen und immer wieder sagen, was Sie alles ins System hineinpacken. Ein Masterplan – deshalb haben wir genau diesen Begriff aufgenommen – gibt eine Strategie vor, wie wir mit den Problemen, die wir im Grundschulbereich haben, langfristig umgehen können.
Beim Masterplan geht es eben nicht um einen Aktionsplan, bei dem kurzfristig Aktionismus betrieben wird, der übrigens bei dieser Koalition sehr zu Hause ist,
ihr hört ja doch noch zu –, sondern es geht darum, eine Strategie zu entwickeln: Wie können wir auf Dauer die Leistungsfähigkeit unserer Grundschulen absichern?
Das fängt mit dem an, was wir bisher immer schon im Rahmen von Haushaltsanträgen gebracht haben, nämlich die bessere Besoldung der Schulleitungen. Man bekommt Personal – und auch besseres Personal –, wenn man es amtsangemessen besoldet. Das
ist in den Grundschulen jedoch nicht der Fall. Das ist ein Teil unseres Masterplans.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Hendricks, ich nehme das mit dem Wahlkampf gerne auf und erzähle Ihnen einmal eine Geschichte, weil Sie das ja nicht glauben. Wenn wir im Moment mit Schulen sprechen, wenn wir in Schulen sind und wenn wir mit
Verbänden sprechen, dann sagen sie uns am Schluss immer: Lassen Sie uns doch einmal darüber reden, was nach Mai 2017 passiert. So kann es nämlich nicht weitergehen. Wir wollen wissen, wie Ihr schulpolitisches Konzept aussieht.
So viel zum Wahlkampf!
Ansonsten zeigt die Umfrage des VBE ja, wie das Stimmungsbild in den Schulen ist. Das, was an Feedback gekommen ist, macht deutlich, dass es für die Schulen repräsentativ ist. Wenn wir die Stimmung an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen messen wollen, dann sehen wir: Die Stimmung an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen ist hundsmiserabel.
Liebe Frau Löhrmann, das zeigt deutlich: Rot-grüne Schulpolitik ist auf breiter Front gescheitert.
Ich habe ja darauf gewartet, dass sich jetzt auf den Schulkonsens berufen wird. Das ist ja immer so. Der Schulkonsens wird insbesondere dann herbeizitiert, wenn es um Unangenehmes geht und wenn Fehlentwicklungen unter dem Schulkonsens zusammengefasst werden sollen, während das, was angeblich erfolgreich ist, gerne alleine vereinnahmt wird.
Nehmen wir als Beispiel die kleinen Grundschulen. Wir haben in Bezug auf die kleinen Grundschulen Standorte vereinbart, die gehalten werden können. Wir haben im Schulkonsens aber nicht das Missmanagement in Grundschulen vereinbart.
Um das ganz deutlich zu sagen, Frau Löhrmann: Wir haben nicht vereinbart, dass die Vertretungsreserve komplett im System aufgefressen wird und damit keine echte Vertretungsreserve mehr da ist. Das haben wir nicht vereinbart.
Frau Löhrmann, wir haben auch nicht vereinbart, dass Sie die Inklusion vor die Wand fahren.
Wir haben es Ihnen gesagt. Als wir das 9. Schulrechtsänderungsgesetz verabschiedet haben, habe ich hier am Pult gesagt: Frau Löhrmann, wenn Sie es so machen, fahren Sie das Ding vor die Wand. – Das Schlimme ist: Wir haben recht behalten. Sie fahren die Inklusion in Nordrhein-Westfalen vor die Wand.
Denn es geht nicht, zu sagen: Wir machen Inklusion ohne Qualitätskriterien. Wir machen Inklusion ohne ausreichende Mittel. Wir machen Inklusion ohne große Vorbereitung. Wir machen Inklusion ohne Förderschullehrer.
Das kann nicht gut gehen. Man kann doch nicht sagen: Wir machen Inklusion schnell vor gründlich. – Schnelligkeit vor Gründlichkeit kann kein erfolgreiches Reformrezept sein.
Deshalb muss uns das, was der VBE an Informationen herausgefunden hat, doch alle sehr nachdenklich machen. Wenn an 40 % der Schulen, also an fast jeder zweiten Schule, festgestellt wird, die Lehrerversorgung ist bei uns nicht ausreichend, dann ist das ein Fakt, den man nicht, wie Sigrid Beer es gemacht hat, mit dem Jonglieren von Zahlen hin und her …
Ich weiß, dass Sie es mit der Wahrheit im Moment …
Meine lieben Freunde von den Grünen, ich verstehe die Aufregung; denn ich lese die Umfragen ja auch. Deswegen verstehe ich auch die Aufregung bei der SPD.
Aber es hilft nur eines, nämlich sich ganz gelassen mit den Fakten zu befassen.
Wenn an jeder zweiten Schule berichtet wird, es laufe nicht vernünftig, wenn 62 % der Befragten meinen, sie hätten faktisch keine Vertretungsreserve, wird daraus deutlich: Es wird fehlgesteuert.
Wenn zu große Klassen reformiert werden und wir gleichzeitig Inklusion haben wollen, weiß man, dass das nicht gut gehen kann und dass es zu dem führt, was der VBE beschreibt: Die Zunahme der Krankenstände steigt ins Unermessliche, weil die Lehrerinnen und Lehrer überfordert sind.
Die Umfrage macht zutiefst deutlich, dass sie sagen: Wir sind gefrustet. Wir machen unseren Job gerne, aber die Rahmenbedingungen sind so, dass wir ihn nicht mehr gut machen können.
Eines will ich noch einführen zum Zahlenjonglieren. Jeder Journalist weiß, meine Damen und Herren von Rot-Grün: Im System unserer Schulen sind 180.000 Köpfe beschäftigt.
Wenn 1.000 von da nach dort geschichtet werden, hat das keinen systemischen Effekt.
Deshalb sind Sie entlarvt: Sie werfen mit vielen Tausenden Stellen immer um sich, aber Sie wissen, dass Sie das Gesamtsystem dadurch nicht nachhaltig verbessern.
Deshalb sind das alles Beruhigungspillen; das zeigt, dass Sie das System nicht im Griff haben.
Ich will einen Aspekt aufnehmen, der vom VBE vorgeschlagen worden ist. Wir negieren die Vielzahl der Probleme nicht. Die Inklusion in Grundschulen unterzubringen, ist eine große Herausforderung. Es geht natürlich nicht, dass jede zweite Grundschule dafür keinen Förderpädagogen hat, aber gleichzeitig Inklusion machen soll. Andere haben Glück und haben einen Förderpädagogen. Dass das zu Unzufriedenheit führt, ist doch überhaupt keine Überraschung.
Zweitens. Wir haben die Situation, dass Rot-Grün jetzt das große Dienstrechtsänderungsgesetz verabschiedet. Es ist aber so klein, dass nicht einmal eine Aussage zu den Perspektiven für die ungerechte Besoldung bei Grundschullehrerinnen und -lehrern getätigt wird.
Wir wissen um alle Probleme. Deshalb ist deutlich zu machen: Der Vorschlag von Udo Beckmann, dem Vorsitzenden des Verbandes Bildung und Erziehung, dass wir einen Masterplan Grundschule brauchen,
ist durchaus bedenkenswert.
Ich halte ihn für beachtlich und auch für vernünftig.
Ich habe, weil Frau Löhrmann manchmal taktisch nicht ungeschickt ist, eigentlich damit gerechnet, dass sie heute mit einem solchen Vorschlag gekommen wäre. Das ist sie leider nicht. Aber ich als Opposition rege an:
Lasst uns über einen Masterplan Grundschule ernsthaft nachdenken. Das ist es wert. Die Zahl der Probleme ist so großartig,
es ist eine so große Zahl an Problemen, dass wir daran müssen. Es geht nicht mit Einzelmaßnahmen. Mit den Einzelmaßnahmen sind Sie gescheitert. Deshalb ist die Bilanz Ihrer Politik: Nie zuvor sind so viele Kinder zurückgelassen worden wie unter RotGrün. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Landeselternschaft der Gymnasien darum bittet, einen Punkt, den sie intern berät, nicht auf die Tagesordnung des Landtags zu setzen, dann folgt man dem. Das tut auch die CDU-Fraktion. Wir wollen ausdrücklich dazusagen: Wir drücken uns um keine Diskussion um G8 oder G9
und nicht um die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Für uns ist es wichtig, dass heute darum gebeten wird, in die entsprechende Auswertung zu gehen. Wir sind wie andere Fraktionen ebenfalls in Gesprächen. Deshalb ist das für uns unverständlich.
Eine parteipolitische Bemerkung in Richtung der Anhänger der Piratenpartei sei mir gestattet: Durch dieses Verhalten haben Sie sicherlich dem demoskopischen Engpass nicht entgegengewirkt. Und bei dem Problem, das Sie haben, haben Sie sich heute keine neuen Freunde gemacht.
Ich finde, wir sollten so, wie ich vorgeschlagen habe, verfahren.
Wir werden Ihren Antrag aus rein verfahrensrechtlichen Gründen ablehnen. Und wir werden uns als Fraktion – ich denke, das werden die anderen Fraktionen ebenfalls tun –, sobald die Landeselternschaft der Gymnasien über diesen Punkt diskutieren will, dem sicherlich nicht verweigern. Von daher lehnen wir Ihren Antrag ab und halten ihn auch für ein bisschen unüblich. – Schönen Dank.
Ja, natürlich.
Herr Marsching, der Piratenpartei ist es natürlich vollkommen unbenommen, jeden Punkt zu jedem Zeitpunkt hier zur Debatte zu stellen. Das ist demokratisch, und das ist richtig.
Wenn Sie aber in Ihrem Antrag explizit auf eine Untersuchung, die die Landeselternschaft der Gymnasien in Auftrag gegeben hat, Bezug nehmen und das zum Anlass nehmen, dies in Ihren Antrag zu bringen, und wenn diese Landeselternschaft explizit darum bittet, diesen Antrag hier nicht zu debattieren, dann ist es für mich guter demokratischer und parlamentarischer Brauch, dem zu entsprechen.
Das ist der Grund, warum wir Nein sagen.
Ein Satz dazu. Ich habe gesagt: Wir lehnen den Antrag aus verfahrensrechtlichen Gründen ab. Wir befassen uns mit ihm in keiner Weise inhaltlich. Das ist der Hintergrund. Das hat mit Geschäftsordnungen und Verfahrenstechniken,
mit denen Sie sich stundenlang befassen, überhaupt nichts zu tun.
Kurz und gut: Aus dem Grunde lehnen wir ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Ziel der Lehrerausbildung muss es sein, dass wir in Nordrhein-Westfalen den Anspruch haben, bestausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in unsere Schulen zu bekommen und damit auch bestausgebildete Kinder anschließend ins Leben zu entlassen.
Dem diente auch das Lehrerausbildungsgesetz, was unter Schwarz-Grün – Entschuldigung, unter SchwarzGelb …
Jetzt wäre es interessant, nach rechts zu gucken, um zu sehen wer wie reagiert.
Ich denke, wir sind ein Stück weit nach vorne gekommen.
Mit der jetzt vorgelegten Reform wären sicherlich gesellschaftliche Phänomene richtig aufgegriffen, nämlich insbesondere, was die Zweitsprache angeht, was die Fragestellung der Integration angeht und zum anderen natürlich auch der Inklusion.
Trotz allem gibt es von unserer Seite einige Bedenken, die wir vielleicht kurz zusammenfassen sollten.
Die größte Sorge erfüllt uns und, wie wir wissen, auch Lehrerverbände, die das in der Anhörung entsprechend dargelegt haben, die Fachlichkeit. Wir alle wissen durch die damalige Baumert-Untersuchung, dass gute Lehrer, exzellente Lehrerinnen und Lehrer insbesondere erforderlich machen, dass sie mit einer hohen Fachlichkeit ausgestattet sind. Und das ist das, was hier etwas nivelliert wird. Wir betrachten es mit Sorge, dass der fachwissenschaftliche Bereich im Lehramt zugunsten bildungswissenschaftlicher Bereiche ein Stück weit verschoben wird.
Wir halten es auch für falsch, im Lehramtsstudienbereich auf das Latinum zu verzichten, in den Bereichen wie vorgesehen. Das ist für uns alles unter der Überschrift „Sorge um die hohe Fachlichkeit unserer Lehrerinnen und Lehrer“ zusammenzufassen.
Der zweite Bereich betrifft die Inklusion. Es ist richtig, dass alle Lehrerinnen und Lehrer, die künftig ausgebildet werden, mit der Fragestellung von Heterogenität und Fragen des Einbezugs auch von Menschen mit Handicaps in den Regelunterricht befasst werden und auch eine Grundkompetenz erreichen. Was wir uns gewünscht hätten, wäre eine stärkere Absicherung des Lehramtes für Förderschullehrer. Da hätte man auch quantitativ entsprechende Aussagen benötigt, weil wir auf Dauer auch diese Kompetenz brauchen. Dass man sagt, eine gewisse Grundausbildung für den inklusiven Bereich reicht, erfüllt uns ein Stück weit mit Sorge.
Der dritte Punkt ist die VBE-Kritik bezüglich der Seminare, der Seminarleiterinnen und Fachleiterinnen und Fachleiter: Auch da hätte man die Chance wahrnehmen können, um da ein Stück weit mehr Gerechtigkeit reinzubringen. Man hätte die Mehrbelastung und die Schlechterstellung nicht realisieren müssen. Da, denke ich, hat der VBE mit seiner Kritik vollkommen recht.
Bezüglich der Fristverlängerung, die vom AStA Köln angeregt wurde: Man kann über die Fristen reden. Ob man da noch einen Sprung hätte weitergehen können, sei dahingestellt. Alle diese Argumente führen uns zu dem Urteil, dass wir sagen: Diesem Gesetzentwurf der Landesregierung können wir seitens der CDU-Fraktion leider nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist der FDP-Fraktion dankbar, dass sie diesen Antrag gestellt hat. Wir hätten das Thema sogar gerne in einer Aktuellen Stunde erörtert. Denn hier wird angesprochen, dass die rot-grüne Landesregierung einen massiven Angriff auf die Rechte der Elternverbände in Nordrhein-Westfalen plant.
Denn es bedarf schon großer Naivität, zu glauben, das Ziel dieses Vorhabens einer einheitlich durchgewählten Landeselternvertretung sei, die Schlagkraft der Elternvertretungen zu erhöhen. Das Gegenteil ist der Fall. Denn wir haben in der letzten Anhörung erfahren, dass die Elternvertretungen in großen Teilen mit der Bildungspolitik dieser Landesregierung in keiner Weise mehr einverstanden sind. Unterrichtsausfall, mangelhafte Umsetzung der Inklusion, die Flüchtlingsbeschulung, die Lehrerversorgung, die Inhalte, all das sind Themen, mit denen sich die Elternverbände befassen und an denen sie starke Kritik üben.
Wenn es nur noch eine Vertretung gibt, gibt es auch höchstens eine kritische Stimme. Deshalb steht hinter den Plänen der Landesregierung die einfache Absicht, die Vielstimmigkeit und Vehemenz der Kritik der Elternvertretungen aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen.
Bei den Plänen der Landesregierung geht es, einfach ausgedrückt, nicht darum, die Schlagkraft der Elternverbände zu erhöhen, sondern die andauernde Kritik an der rot-grünen Bildungspolitik durch die Elternverbände einzudämmen. Hier geht es nicht um die Verbesserung der Elterninteressen, sondern um das Durchregieren von Rot-Grün in der Bildungspolitik.
Aber wenn wir uns ernsthaft mit dem Ansatz dieser Intention befassen, fragen wir uns doch einfach mal: Ist dieser Ansatz überhaupt modern? – Wir sind der festen Überzeugung, dass dieser Ansatz ein formaler und, wenn man die Rede von Frau Hendricks gehört hat, ein sehr formaler, im eigentlichen Sinne aber auch ein bürokratischer und – nach der Rede von Frau Hendricks – ein überaus bürokratischer Ansatz ist.
Denn diese Landesregierung denkt in Gremien und Institutionen. Hier geht es nicht um die einzelne selbstständige Schule oder um die unterschiedlichen Schulformen. Nein, hier werden alle Schulen über einen Kamm geschert.
Wenn wir die demokratischen Entwicklungen der neuesten Zeit wie etwa die Flüchtlingsbetreuung betrachten, sehen wir, was in der Zivilgesellschaft an bürgerschaftlichem und freiwilligem Engagement stattfindet. In dieser Tradition stehen die verschiedenen Elternverbände, die Beratung und Unterstützung für die einzelne Schule organisieren.
Dieses Engagement soll nun ausgebremst werden. Die Elternverbände haben das pressemäßig entsprechend dargestellt. Für mich ist es unglaublich, dass die Partei der Grünen, die einmal durch basisdemokratische Ansätze groß geworden ist, hier in plumpes Funktionärsdenken abgleitet. Selbstständige Schule und freie und nicht zwangsorganisierte Eltern und Elternverbände gehören zusammen.
Ja, natürlich.
Es gibt insgesamt 16 Elternverbände, wenn ich das richtig im Kopf habe. Es geht darum, ob sich die Elternverbände auf Dauer plural äußern können. Die Zahl ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass sie ihre verschiedenen Interessen auch unterschiedlich formulieren können. Genau das soll beschnitten werden.
Die CDU sieht in der Vielzahl der Elternverbände eine Chance und einen konstitutiven Bestandteil unseres vielfältigen Schulsystems. Eines wollen wir sicherlich nicht: eine einheitliche Funktionärsmeinung in der Elternschaft
und ein Einheitsschulsystem. Das ist eben nicht unser Interesse.
Es geht um Vielfalt statt um Funktionärstum und Gremienorientiertheit.
Wer die Presseäußerung der SPD-Vertreter zum Thema verfolgt, weiß, dass die Überschrift, die angeblich die Elternvertretung stärken will, das genaue Gegenteil von dem ausdrückt, was dabei herauskommen wird.
Rot-Grün sollte sich noch einmal folgenden Satz aus dem Koalitionsvertrag 2012 vor Augen führen – ich zitiere –:
„SPD und Grüne denken Bildung nicht von der Institution, sondern von Kindern und Jugendlichen, dem Menschen aus.“
Bezogen auf die Pläne zur geplanten Elternvertretung heißt das, die rot-grünen Pläne zur Schwächung der Elternvertretung gehören vom Tisch. Sie schwächen die Eltern.
Moderne Bildungspolitik braucht aber eine starke, vielfältige und auch vielstimmige Elternbeteiligung. Und an einer stärkeren Beteiligung – die auch im FDP-Antrag angesprochen wird – sind wir immer interessiert; wir unterstützen diese.
Deshalb: Vielfalt und Vielstimmigkeit tun unseren Schulen gut. Das, was Sie vorhaben, wird unseren Schulen nicht guttun. – Herzlichen Dank.
Frau Ministerin, da ich in Staatsbürgerkunde gerne von Ihnen belehrt werde, erlaube ich mir folgende Frage: Ist es richtig, dass es die Absicht ist, einer von unten durchgewählten Landeselternvertretung eine Stimme zu geben, die dann in Anhörungsverfahren Ansprechpartner für die Landesregierung ist? Ist es richtig, dass damit ein Ansprechpartner für die Landesregierung identifizierbar ist?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Antrag der FDPFraktion kann man als Bewertung nur sagen: richtiges Thema. Der vorgeschlagene Weg ist nach unserer Meinung allerdings nicht richtig; er ist falsch.
Die FDP ruft darin nämlich nach dem Bund – das ist aus meiner Sicht ordnungspolitisch und auch realpolitisch falsch – und hilft dieser Landesregierung indirekt, weil sie jedes Mal sagt: Wir wollen im Land etwas machen; aber Berlin soll bezahlen.
Genau diese Entlastung geben Sie dieser Landesregierung. Das hätte ich von der FDP eigentlich nicht erwartet, liebe Yvonne.
Dass das Thema richtig und wichtig ist, wird daran deutlich, dass CDU und SPD in der Großen Koalition in Berlin schon im letzten Jahr einen gemeinsamen Antrag verabschiedet haben. Dieser Antrag stammt vom 24. März 2015 und trägt den Titel „Durch Stärkung der Digitalen Bildung Medienkompetenz fördern und digitale Spaltung überwinden“.
Auch da ist Richtiges formuliert. Auch da ist man ein Jahr unterwegs. Das zeigt aber: Wenn man die Bundesebene zum Handeln aufruft, wird man Teil der Schnecke und gehört nicht zu den Vorreitern. Das muss aber unser Anspruch sein.
In dem Zusammenhang ist zu fragen: Wo stehen wir mit der KMK? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage habe ich nicht auf interne Informationen zurückgegriffen, sondern auf das, was Google bzw. die Suchkompetenz der KMK-Homepage hergibt. Dort habe ich heute Morgen festgestellt, dass
der letzte Eintrag zur digitalen Bildung aus dem Jahr 2014 stammt: Die damalige Präsidentin der KMK, Frau Löhrmann, hat auf der didacta in Stuttgart gesagt, dass dies ein wichtiges Thema sei.
Mehr habe ich nicht gefunden. Das zeigt: Wenn wir dieses Thema nach vorne bringen wollen, ist die KMK vielleicht nicht die richtige Organisation, um den Prozess zu beschleunigen.
Wie weit sind wir in NRW? Heute Morgen habe ich auch danach gegoogelt und dabei eine Ankündigung – wieder von Frau Ministerin Löhrmann, diesmal als Kultusministerin des Gastgeberlandes der didacta 2016, die unter dem Motto „Bildung ist Zukunft“ in Köln stattfindet – gefunden. Darin steht der programmatische Satz – ich zitiere –:
„Gerade in Zeiten, in denen der digitale Wandel sämtliche Bereiche des alltäglichen Lebens durchdringt, hat dieser Leitspruch eine besondere Bedeutung entlang der gesamten Bildungskette.“
Das ist natürlich richtig. Es ist aber – das ist das Dilemma – für den Bereich der digitalen Bildung zu wenig konkret.
Was wird auf der Homepage des Ministeriums sonst angegeben? Zum Beispiel wird dort darauf hingewiesen, dass am 27. Februar 2016 in Düsseldorf der Kongress „#NRWHackathon für Lern-Apps“ stattfindet. Ich zitiere:
„Die ganztägige Veranstaltung ist ein wichtiger Baustein zur Vorbereitung des NRW 4.0Kongresses.“
Das heißt: In Nordrhein-Westfalen sind wir auch bei diesem Thema über Kongresse und Absichtserklärungen noch nicht hinausgekommen.
Fazit: Die FDP hat mit dem Thema recht. Wenn wir es angehen wollten, müsste aber unser programmatischer Anspruch lauten: Wir wollen bei der digitalen Bildung Vorreiter in ganz Deutschland werden.
Das wäre die richtige programmatische Äußerung, die wir machen müssten. So müssten wir den Antrag auch stellen. Dann könnten wir erfolgreich sein.
Dann würden wir einen Gestaltungsanspruch erheben. Das wäre – daran sind wir als CDU etwas stärker interessiert – Föderalismus im bestverstandenen Sinne, nämlich als Stück eines Wettbewerbs, in dem es um die Frage geht, welches Land am besten ist.
Zur Agenda selbst möchte ich noch drei Anmerkungen machen.
Erstens. Ich glaube, dass eine schnelle Internetanbindung für alle Schulen dazugehört. Dabei ist nicht so sehr die Schulministerin gefragt, sondern eher der Wirtschaftsminister, der gerade hier war. Wenn
die Schulen nicht mit schnellem Internet ausgestattet sind, kann man nämlich wenig machen.
Zweitens. Wir brauchen eine Unterstützungsstruktur für die Schulträger. Wir brauchen Best Practice. Meines Erachtens ist das nicht nur eine Frage der Investitionen. Man muss auch nach dem Motto „Bring your own device“ vorgehen. Schließlich wird nicht alles nur über die Kosten entschieden.
Drittens. Deshalb brauchen wir eine gesamte Landesstrategie.
Für schwierig halte ich aber folgenden Aspekt: Da digitale Bildung eine Grundkompetenz wie Lesen und Schreiben ist, ist es wichtig, dass dafür auch fächerübergreifende Standards definiert werden. Das ist in der praktischen Umsetzung nicht ganz einfach, sondern anspruchsvoll. Es darf aber nicht auf die lange Bank geschoben werden, weil es enorm wichtig ist.
Ich nenne als schönes Beispiel einmal meine alte „Penne“, das Franz-StockGymnasium in Arnsberg. Christian Lindner war da; Frau Löhrmann wird dahin kommen. Ich habe es mir schon ein paar Mal angeguckt. Dort kann man sehen, dass zum Beispiel im Englischunterricht digitale Bildung vermittelt wird. Es geht über alle Fächer. Das muss unser Anspruch sein. Wir brauchen die Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schulen durch ausreichende Fortbildungsangebote.
Deshalb, liebe Damen und Herren, auch von der FDP als Antragstellerin, glaube ich, dass es uns allen helfen würde, wenn wir zu diesem Antrag eine Anhörung durchführen würden. So ist er für uns nicht zustimmungsfähig. Wir halten dieses Thema aber für wichtiger als viele andere Themen, die in der Bildungspolitik diskutiert werden. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie alle wissen, dass ich ein Anhänger von lebhaften und durchaus auch kontroversen Auseinandersetzungen bin.
Wenn man dann wie Sie, Frau Ministern Löhrmann, hingeht und meine Kollegin Vogt missversteht und ihr unterstellt, sie würde durch ihren Beitrag zur Stigmatisierung von Schülerinnen und Schüler beitragen, dann ist das nicht akzeptabel und auch nicht sachgerecht.
Was mich aber wirklich tief getroffen hat, ist das, was die Kollegin Beer hier veranstaltet hat.
Wenn wir in der Flüchtlingsfrage ernsthaft unterwegs sein wollen, dann tun wir uns alle als aufrechte Demokraten keinen Gefallen, wenn wir Fragen tabuisieren.
Wenn wir die Sorgen aufnehmen wollen, die in der Schulöffentlichkeit und in den Schulen formuliert werden, dann ist es richtig und demokratisch vernünftig, diese Fragen auch zu erörtern.
Eine Frage bei der Flüchtlingsbeschulung ist – Frau Pieper hat es angesprochen –: Müssen wir das Potenzial nicht viel früher heben? Können wir gewährleisten, dass alle möglichst früh in die Schule gehen? Frau Löhrmann weiß genau, wovon ich spreche. Das heißt, dass wir auch sehr detaillierte Fragen zum Konzept stellen müssen. Können wir mit Modellversuchen weiterarbeiten? Oder brauchen wir – wie in Bayern – einheitliche Richtlinien, damit es verbindlicher ist? Alle diese Fragen sind unmittelbar wichtig.
Deshalb, liebe Sigrid Beer, halte ich es für vollkommen daneben, die Worte von Frau Kollegin Vogt umzudrehen und zu sagen: Ihr bewegt euch damit in AfD-Nähe oder bedient AfD-Fragen. – Da erwarte ich auch eine Entschuldigung.
Herzlichen Dank für den Beitrag. Ich habe ja dieselbe Rede gehört.
Ich denke, dass sie vom Kontext her schon sehr deutlich gemacht hat, was zu bedenken ist und dass es eine differenzierte Argumentation gibt.
Ich glaube, man hat nicht immer gleich gute Tage. Vielleicht macht es einfach Sinn, liebe Sigrid, dass du das noch einmal nachliest, wenn das Protokoll erstellt ist. Vielleicht gibt es dann die Möglichkeit, dass man das miteinander wieder vernünftig geraderückt. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tim Mälzer hat eine Lehre gemacht. Karl Lagerfeld hat eine praktische Ausbildung. Heiner Lauterbach ist gelernter Installateur. Jan Josef Liefers ist gelernter Tischler. Stefan Raab hat eine Metzgerlehre absolviert. Nena hat, wie wir alle wissen, eine Goldschmiedelehre gemacht. Die Reihe ließe sich leicht verlängern und belegt eines: Karriere ist auch ohne akademische Bildung möglich. Die weniger prominenten Beispiele zeigen: Eine duale Ausbildung ist eine gute Gelegenheit, einen gut bezahlten Beruf zu erwerben, und eine duale Ausbildung ist auch das beste Beispiel für einen Aufstieg durch Bildung.
An dieser Stelle zunächst einmal herzlichen Dank an die Ausbildungsbetriebe und auch an die Berufskollegs! Noch heute gilt: Etwa 9.000 Schülerinnen und Schüler und damit rund 11 % der Abiturienten machen ihr Abitur, also die allgemeine Hochschulreife, an einem Berufskolleg, und etwa 24.000 haben an einem Berufskolleg ihre Fachoberschulreife und davon 52 % mit Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe erworben. Da wird Großartiges geleistet.
Aber wichtig in unserem Zusammenhang ist: Hier spielt die berufliche Orientierung eine wichtige Rolle. Hier wird aber auch deutlich: Eine gute berufliche Orientierung macht den Weg für einen Aufstieg durch Bildung frei.