Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Es ist die 105. Sitzung in dieser Wahlperiode. Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 21 Abgeordnete entschuldigt. Ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.
in Nordrhein-Westfalen: Subsidiarität stärken, Förderinstrumente verzahnen, Beratungsangebote an tatsächlichen Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten!
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk Drucksache 16/10439
Ich weise darauf hin, dass der Antrag der Fraktion der CDU gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk mit der Maßgabe überwiesen wurde, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgen soll. Beschlussempfehlung und Bericht liegen uns vor.
Ich eröffne daher die Aussprache. Als Erstes hat Frau Kollegin Müller-Witt für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Tribüne! Der vorliegende Antrag wurde im Rahmen einer Anhörung einer Überprüfung auf Relevanz unterzogen. Im Ergebnis ist festzustellen – um es mit Shakespeare zu sagen –: Viel Lärm um nichts.
Der Antrag unterstellt, dass in NRW die Förderinstrumente nicht ausreichen, die Beratungsangebote nicht zielgenau aufgestellt seien und die Förderinstitute mangelhaft aufeinander abgestimmt handeln würden. Um mit dem Letzteren anzufangen: Die anwesenden Vertreter sowohl der Bürgschaftsbank als auch der NRW.BANK haben unisono betont,
Beim Vertrieb der Produkte gibt es eine ganz enge Zusammenarbeit. Allein im ersten Halbjahr 2015 hat es landesweit 15 gemeinsame Informationsveranstaltungen gegeben.
Das ist eigentlich auch nicht weiter verwunderlich, da die NRW.BANK Gesellschafterin bei der Bürgschaftsbank ist. Eine Nachfrage vorweg hätte also diese Forderung überflüssig gemacht. Ähnlich sieht es bei den weiteren Forderungen aus. Das im Antrag als verwirrend vielfältig beschriebene Förder- und Beratungsangebot für Existenzgründer wird von den handelnden Akteuren – so auch vom Westdeutschen Handwerkskammertag – als transparent und erfolgreich beschrieben.
So könnte man eigentlich an dieser Stelle einen Schlussstrich ziehen und feststellen: Die Forderungen an die Landesregierung erübrigen sich, da sowohl Förderbanken als auch Kammern und Verbände vernetzt und transparent beraten und somit ein ausreichendes Beratungsangebot zur Verfügung steht.
Allerdings hat die Anhörung weitere Erkenntnisse gebracht, die durchaus Erwähnung verdienen. So bin ich den Sachverständigen der IHK und des Westdeutschen Handwerkskammertages dankbar, dass sie den Mythos, dass das Bundesland Bayern erfolgreicher agiert, entlarven. Wenn bei Gründung auch Nebenerwerbsgründungen einbezogen würden, dann sähe das Bild etwas anders aus. Hier verzeichnet man in Nordrhein-Westfalen einen starken Aufwärtstrend.
Des Weiteren lohnt es sich nicht nur, die Zahlen der Gründungen zu erfassen, sondern auch, davon die sogenannten Scheinselbstständigen zu unterscheiden. Ich zitiere mit Erlaubnis, Frau Präsidentin, Herrn Nolten vom Westdeutschen Handwerkskammertag:
„Daher würde ich da nicht sagen, dass jedes Instrument nötig ist, um Leute in die Gründung zu treiben, erst recht, wenn man überlegt, was auf die Gesellschaft von denen zukommt, die nicht für ihr Alter vorsorgen. Das wird am Ende dann nämlich wieder die Allgemeinheit zahlen. Mehr qualifizierte Gründungen gerne, aber nicht Gründungen um jeden Preis!“
Weitere Ergebnisse, die ebenfalls im Rahmen der Anhörung klar herausgearbeitet wurden, möchte ich nur kurz herausstellen.
NRW ist sehr erfolgreich im Aufbau von Netzwerken von Gründern. Das Land unterstützt dabei deutlich das rege Gründungsgeschehen. Nicht zuletzt erfahren Gründerinnen und Gründer durch das
Nordrhein-Westfalen ist zudem bei der Vereinheitlichung von Standards federführend in Deutschland. Standards erleichtern einen Austausch zwischen den Behörden und sind beispielsweise in Kammern und Städten in Pilotprojekten erprobt worden. Mit dabei ist immer IT.NRW.
Die in der Vergangenheit vielleicht berechtigte Forderung nach Vereinfachung der Bürokratie ist längst im Visier der Landesregierung, aber auch der Kammern und anderer beim Gründungsprozedere Involvierter.
Fazit: NRW ist gut aufgestellt. Vielleicht ist nicht alles allen politischen Akteuren bekannt, wie auch der Antrag zeigt. Der Antrag ist also überflüssig und wird von uns abgelehnt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag nicht umsonst in umgekehrter Reihenfolge lesen lassen, weil wir nach ersten Gesprächen mit den Finanzvertretern der regierungstragenden Fraktionen durchaus die Hoffnung hatten, am Ende zu einem gemeinsamen Antrag darüber zu kommen, wie wir künftig in Nordrhein-Westfalen die Aktivitäten von Bürgschaftsbank und NRW.BANK besser miteinander verzahnen können.
Frau Müller-Witt, dieser Antrag ist nicht vom Himmel gefallen. Sie können davon ausgehen, dass er mit entsprechenden Akteuren besprochen worden ist.
Sie wissen wohl auch, dass es im Vorfeld der Antragstellung im Zusammenhang mit der Einbringung von einer Seite massiven Druck auf die andere Seite gegeben hat, dafür Sorge zu tragen, dass dieser Antrag zurückgezogen wird.
Das haben wir aber nicht getan, und ich will Ihnen das auch begründen: Wenn Sie auf die verschiedenen Internetseiten der Industrie- und Handelskammern im Land Nordrhein-Westfalen gehen oder sich auch bei den Handwerkskammern informieren, finden Sie dort nach wie vor die Hinweise, dass wir nicht nur im Existenzgründerbereich über einen Förderdschungel verfügen, sondern auch bei anderen Finanzierungen im Investitions- oder Erhaltungsbereich für Unternehmen.
Dieses verwirrend vielfältige Förder- und Beratungsangebot für Existenzgründer und für etablierte Unternehmen ist immer noch ein Problem – auch in Nordrhein-Westfalen. Deshalb haben wir Ihnen offen formuliert vorgeschlagen, uns darüber abzu
stimmen, wie wir das Ganze verschlanken und gleichzeitig besser auf die tatsächlichen Entwicklungen und Bedarfe von Unternehmen ausrichten können.
Das ist nichts, was heute obsolet ist oder durch die Anhörung im Wirtschaftsausschuss obsolet geworden ist.
Wir haben mit der Bürgschaftsbank einen Partner in Nordrhein-Westfalen, der über die Gesellschafterebene mit den verschiedenen Partnern – Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, auch der NRW.BANK als Gesellschafter – sehr marktnah aufgestellt ist und marktnah beraten und informieren kann. Sie wissen auch, dass die Bürgschaftsbank im Verhältnis zur NRW.BANK beispielsweise als Erstes über ein Fördercluster für digitale Wirtschaft verfügt hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem wir das Thema im Landtag Nordrhein-Westfalen noch debattiert haben.
Allein an dieser Entwicklung merken Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass mit der Bürgschaftsbank ein Partner im Boot ist, den zu stärken sich lohnt, weil er aus der Wirtschaft getragen wird und für die Wirtschaft arbeitet.
Gleichzeitig sprechen wir das aber der NRW.BANK nicht ab. Da widerspreche ich Ihnen, Frau MüllerWitt. Nur, wenn Sie beispielsweise – deshalb haben wir das extra angeführt – im Bereich der Mikrofinanzierung sind, sehen Sie, dass die Bürgschaftsbank allein im Jahr 2014 235 Existenzgründer und kleine Unternehmen – in dem Fall mit einer Mikromezzaninfinanzierung – unterstützt hat.
Wenn Sie meine Kleine Anfrage aus dem Jahr in Bezug auf die Mikrodarlehensfinanzierung durch die NRW.BANK nehmen, wissen Sie, dass sie um ein Vielfaches kleiner war. Sie wissen auch, dass beispielsweise die Abwicklung von Mikrodarlehensangeboten über die NRW.BANK in der NRW.BANK im Verhältnis teurer ist als eine Finanzierung, die man näher über die Bürgschaftsbank organisiert.
Insofern wäre das ein Bereich gewesen, über den es sich in der Tat gelohnt hätte, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vonseiten des Haushalts- und Finanzausschusses hat es da über die Sprecher diverse Austausche gegeben.
Deshalb: Selbst wenn Sie diesem Antrag heute nicht zustimmen, ist der Antrag von der Intention her – eine bessere Verzahnung zu erreichen, zu einer Verschlankung bei Förderinstrumenten zu kommen, die gleichzeitig für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen schlagkräftiger werden –, eben nicht obsolet, sondern bleibt auf der Tagesordnung.
Frau Kollegin Scharrenbach, in der Anhörung habe ich den anwesenden Vertretern sowohl der Bürgschaftsbank als auch der NRW.BANK dezidiert Ihre Anwürfe vorgetragen. Diese stießen auf Unverständnis. Können Sie sich das erklären?
Frau Müller-Witt, wenn Sie gestatten, würde ich das gerne nachher mit Ihnen unter vier Augen erläutern und mich mit Ihnen austauschen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es im Zusammenhang mit dieser Antragstellung entsprechende Beeinflussungsversuche der jeweils anderen Seite gegeben hat. Wer da was getan hat, würde ich gerne mit Ihnen persönlich austauschen und hier nicht zu Protokoll geben. Ich hoffe, dass Sie das Angebot annehmen und wir uns dann gleich treffen.