Matthias Platzeck
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1990 bin ich zum ersten Mal in dieses Hohe Haus gewählt worden und durfte seither allen fünf Landesregierungen angehören. Wechselnde Koalitionen haben ihren jeweiligen Beitrag zum Aufbau unseres Landes geleistet.
Meine Damen und Herren! Wir haben - und viele von Ihnen erinnern das noch gut - gerade in den 90er-Jahren tiefe und lange Täler durchmessen. Strukturumbrüche bis dato nicht gekannter Art bestimmten das Geschehen. Hunderttausende Menschen mussten einen neuen Beruf erlernen, viele mussten das Land verlassen auf der Suche nach Arbeit, Perspektive und Auskommen für ihre Familie.
Heute, im Jahre 2013, können wir sagen: Das liegt im Wesentlichen alles hinter uns. Unser Heimatland Brandenburg ist heute ein modernes Land - ein modernes Land mit Herz und viel Gemeinsinn, wie beispielsweise die unzähligen Paten in den Netzwerken für gesunde Kinder aussagen oder auch, dass Brandenburg auf dem ersten Platz bei der Ausübung von Ehrenämtern im Osten liegt. Wenn wir gerade ein paar Wochen zurückdenken: Wir haben etliche Fluten erleben müssen, aber das waren immer Hochzeiten der Solidarität, des Miteinanders, der Nachbarschaftshilfe, und dadurch ist es uns gelungen, diese Herausforderungen allesamt gut zu überstehen.
Wir sind auch heute kein Land ohne Probleme - wahrlich nicht. Aber das Fundament ist stabil, die Strukturen sind wehrhaft. Wir nehmen seit einigen Jahren - und das ist ein wichtiger Zukunftsindikator - keine neuen Schulden mehr auf.
Und was mir das schönste Signal ist: Menschen, die vor 10, 15 Jahren das Land verlassen haben auf der Suche nach Perspektiven, beginnen zurückzukehren, weil sie hier in Brandenburg Zukunft sehen.
Die Brandenburgerinnen und Brandenburger fühlen sich in ihrem Lande zu Hause, und ein deutliches und gutes Selbstbewusstsein im Lande ist entstanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Parlament! Sie und Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger haben durch Ihre Ideen, Initiativen, die konsequente Vertretung der Bürgerinteressen und daraus erwachsende Konzepte für diese Entwicklung die entscheidenden Beiträge geleistet. Dafür danke ich Ihnen ganz ausdrücklich als jemand, der 23 Jahre in der Exekutive gewesen ist.
Und ich danke auch den unzähligen Menschen in unserem Lande, die nicht verzagten, die Rückschläge weggesteckt haben, immer wieder aufgestanden sind und das Brandenburger Grundmotto „Am Mute hängt der Erfolg“ mit Leben erfüllt haben. Dafür Dank an alle Brandenburgerinnen und Brandenburger, meine Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wir haben uns hier im Hause oft und nicht selten hart auseinandergesetzt. Streit ist wichtig. Ich glaube, Streit ist überhaupt ein konstituierendes Element einer funktionierenden Demokratie. Ohne Streit um richtige Wege werden wir die richtigen Wege nicht finden.
Ein solcher Streit hat eine Grundbedingung: Er muss ohne persönliche Verletzungen geführt werden, damit er wirklich konstruktiv ist und wirken kann. Ich habe mich darum seit 1990 immer bemüht. Ich weiß, dass es mir nicht immer gelungen ist. Liebe Frau Teuteberg, liebe Frau Dr. Ludwig, ich bitte im Nachhinein noch um Nachsicht. Ich gebe zu, da sind mir auch mal die Pferde durchgegangen - Ihre Vorlagen waren einfach zu gut.
Aber es passt eigentlich nicht in mein sonstiges Schema des Umgangs mit anderen Menschen.
Meine Damen und Herren! Meine gesundheitliche Situation ist, wie sie ist. Es gibt den ärztlichen Rat und den dringenden familiären Wunsch, aus der 7-Tage-Woche eine 5-Tage-Woche
oder wenigstens - ich baue schon einmal vor - 6-Tage-Woche zu machen.
Diesem Rat und diesem Wunsch komme ich nach.
Herr Präsident, ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten.
Ich danke dem brandenburgischen Landesparlament. Ich danke den Mitgliedern der Landesregierung und den Mitarbeitern des Landtages und der Regierung. Ihnen allen und Ihren Familien wünsche ich Glück und Gesundheit und unserem Land, dem Land des roten Adlers, immer Gottes Segen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben, wie wir alle in den letzten Tagen verfolgen konnten, nicht nur in Brandenburg eine außergewöhnliche Situation. Ich sage gleich vorweg: Wir haben uns schon vor längerer Zeit abgewöhnt, die über uns kommenden Hochwasser „Jahrhunderthochwasser“ zu nennen; das haben wir 1997 zum letzten Mal gemacht. Wir sind gut beraten, uns auf solche Situationen ein
zustellen. Die Dichte von Hochwasserereignissen in den letzten Jahren zeigt, dass es sich nicht mehr um außergewöhnliche Ereignisse handelt.
Für uns im Land Brandenburg liegt die Spezifität dieses Hochwassers darin begründet, dass wir, was die Elbe betrifft, nicht mehr so genaue Vorherhersagen treffen können. Früher wurde von unseren tschechischen Nachbarn der Wasserpegel gemeldet. Das Wasser floss dann durch Sachsen, und wir konnten relativ genaue Berechnungen anstellen - in Magdeburg steht der zentrale Hochwasserrechner für den gesamten Elbebereich - und uns einrichten.
Dass sich das dieses Mal als komplizierter erweist, kann man schon aus der Situation der Flüsse in Brandenburg heraus begründen. Wir verzeichnen parallele Hochwassersituationen an Neiße, Spree, Schwarzer Elster und Elbe. Das Eigenwasseraufkommen ist sehr hoch, weil es auch hier tagelang intensiv geregnet hat. Dazu bekommen wir das übliche Wasser von unseren tschechischen Nachbarn. Da das Wasser der Flüsse Mulde, Weiße Elster und Saale letztlich durch die Prignitz fließen muss, sind die Auswirkungen für diese Region besonders groß.
Betrachten wir die Flüsse von Osten nach Westen, können wir Stand heute Früh - sagen, dass die Situation an der Neiße beherrschbar ist. In den nächsten Tagen wird es dort wahrscheinlich vorbei sein. In Guben sind Verbaumaßnahmen ergriffen worden. Es sieht so aus, dass der Scheitel - in Bademeusel sinkt der Pegel bereits - heute Guben passiert und wir dort dann keinen größeren Ärger mehr haben werden.
Schwieriger ist die Situation an der Spree. Die Talsperre Bautzen ist zwar nicht kaputt, aber übergelaufen. Die Talsperre Spremberg ist sehr voll. Das bedeutet, dass aller Voraussicht nach in den nächsten Stunden durch Cottbus mehr Wasser geleitet werden muss als bis dato. Wir hatten 2010 Spitzenwerte von ungefähr 90 m3 pro Sekunde, die durch Cottbus fließen mussten. Diesmal wird es wahrscheinlich mehr sein, ungefähr 110 m3 pro Sekunde werden im Laufe des heutigen Tages in Cottbus erreicht werden. Nach den Informationen, die ich habe, und den von mir heute Früh geführten Gesprächen sind die Vorbereitungsarbeiten in Cottbus sehr gut gelaufen, sodass man annimmt, auch noch etwas mehr Wasser werde ohne Schäden für Menschen und Gebäude durch die Stadt geleitet werden können.
In Spremberg wird der Scheitel vorher erreicht. Auch dort hat man sich sehr gut vorbereitet. Es sieht so aus, als ob das Spreehochwasser auch diese Stadt ohne Schäden für Personen und Gebäude passieren kann.
An der Schwarzen Elster wird sich die Situation für einen längeren Zeitraum komplizierter darstellen. Stand heute Früh sieht es so aus, dass in Bad Liebenwerda und in Herzberg keine Evakuierungen nötig sein werden, aber wir werden noch etliche Tage speziell in Herzberg mit Alarmstufe 4 rechnen müssen. Das hängt nicht mehr mit den Zuflüssen aus den Oberläu
fen zusammen - insoweit ist an der Elster schon ein Rückgang zu verzeichnen -, aber das Elbewasser beginnt sich zurückzustauen, da der Abfluss nicht mehr gewährleistet ist. Eigentlich konzentriert sich das auf das sachsenanhaltinische Gebiet, aber es wird sich wohl bis Herzberg stauen. Deshalb haben wir dort lange mit einem hohen Wasserstand zu rechnen. Das ist angesichts des Zustands der Deiche eine große Herausforderung. Der Deichbruch von 20 m Länge in Arnsnesta, von dem Sie bestimmt gehört haben, gefährdet keine Personen. Es wird dennoch versucht, von sachsen-anhaltinischer Seite aus mit Helfern den Deich zu reparieren. Wir werden also sowohl in Bad Liebenwerda als auch in Herzberg weit über das Wochenende hinaus eine angespannte, komplizierte Situation haben.
An der Elbe konzentriert sich im Moment alles auf Mühlberg. Wir können noch nicht genau sagen, auch heute Früh noch nicht, ob der Höchststand von 2002, der für diese Stadt schon fast zu viel war, erreicht oder überschritten wird. Wir gehen davon aus, dass morgen in etwa der Stand von 2002 erreicht wird, und bereiten uns auf einiges mehr vor, auch durch Verbaumaßnahmen. Die Baustelle in Mühlberg ist gesichert. Ein Teil des Deiches dort ist bereits erneuert worden, ebenso die Hafenmauer und vieles andere.
Wir haben gestern Abend wahrnehmen können, dass in der Stadt eine sehr sachliche, nüchterne Stimmung herrscht. Es wird sehr professionell gearbeitet, zumal Mühlberg nicht zum ersten Mal in dieser Situation ist.
Ältere, hilfebedürftige oder pflegebedürftige Personen sind in sichere Gebiete gebracht worden. Auch viele Familien, insbesondere Familien mit kleinen Kindern oder mit älteren Angehörigen, haben die Stadt verlassen. Gestern ist auch eine entsprechende Aufforderung ergangen. Wir haben mit einigen Familien sprechen können. Sie sehen das sehr klar und haben alles vorbereitet. Die Sachen sind gepackt bzw. in höhere Stockwerke gebracht worden, damit man für den Fall der Fälle die Stadt schnell verlassen kann. Es kann sein, dass im Laufe des heutigen oder des morgigen Tages eine Anordnung ergeht, dass auch diejenigen, die noch da sind, die Stadt verlassen müssen, aber das wird sich zeigen.
Ich habe mit großer Dankbarkeit zur Kenntnis genommen, dass wir sehr mündige, aufgeklärte Bürger haben, die die Situation sachlich einschätzen und mit den städtischen und den kreislichen Stellen sehr gut zusammenarbeiten.
Wir werden in den nächsten Tagen viele Bemühungen auf den Nordwesten unseres Landes konzentrieren; denn all das Wasser, das den Süden Brandenburgs passiert hat, wird später oben in der Prignitz - salopp gesagt - „vorbeikommen“.
Denn da ist am Wochenende zwar ein Höchststand zu erwarten, aber es wird nicht so sein, dass dann ab Montag Ruhe ist. Wir wissen heute noch nicht - da ist auch das Modell überfragt, das bisher für die Elbe existiert -, wie die Scheitel laufen werden; das heißt, was die Entwässerung von Halle, Leipzig betrifft. Alles, was dort unterwegs ist, wird uns dann wahrscheinlich längere Zeit einen sehr hohen Wasserstand bescheren.
Wenn ich von manchen Unsicherheiten spreche, dann hat das mit dieser Situation, die ich schon geschildert habe, zu tun, aber wir können uns auch nicht auf die Erfahrungen von 2002
verlassen, was Mühlberg angeht, denn damals haben wir sehr viele Deichbrüche auf sächsischem Gebiet - im Vorlauf - gehabt. Das, was also der Pegel von Dresden ausgesagt hat und was er heute aussagt, ist nicht so klar. Denn wir werden jetzt damit rechnen müssen, dass es keine Deichbrüche auf dem Weg mehr geben wird und dass alles Wasser, das ankommt, dann auch bei uns vorbei kommt. Das ist eine andere Situation als vor zehn, elf Jahren. Das ist ja gut, denn die Gelder, die eingesetzt worden sind, müssen sich ja auch bemerkbar machen. Aber in Teilen wird uns das dann doch noch einmal vor neue Herausforderungen stellen.
Insgesamt kann man sagen, die Zusammenarbeit der Lagestäbe in den Kreisen, des Lagezentrums im Innenministerium, im Umweltministerium - das hat sich in diesen Tagen gezeigt läuft sehr gut, läuft sehr professionell. Man merkt, dass auch ein gewisser Trainingseffekt und -zustand da ist. Die Räder greifen sehr schnell ineinander. Da gibt es wenig Reibungsverluste. Aber natürlich gibt es auch immer Beschwerden, es gibt auch immer Gegenden bzw. Menschen, die sich nicht hinreichend gut behandelt fühlen.
Wir haben das Problem des Deichbaus als Generationenaufgabe. Wir haben die Oder fast fertig. Wir sind an der Elbe sehr, sehr weit. Das nächste große Projektgebiet wird die Schwarze Elster sein - keine Frage. Aber es sind über 400 Millionen Euro in diese Maßnahmen geflossen, und alles gleichzeitig geht nicht.
Ich sage hier aber auch: Wir werden dieses Hochwasser zum Anlass nehmen müssen, die Bemühungen im Gebiet der Schwarzen Elster noch deutlich zu intensivieren. Denn wir merken, es sind keine einmaligen Ereignisse. Wir werden immer wieder damit konfrontiert sein. Deshalb müssen wir jetzt wirklich die Kräfte konzentrieren und dort auch erheblich deutlicher und schneller vorankommen, damit niemand den Eindruck hat, man wäre in irgendeiner Form vergessen worden oder werde nicht ausreichend berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich ganz ausdrücklich sagen - viele von Ihnen werden ja ähnliche Eindrücke gesammelt haben -: Wir haben bei aller großen Herausforderung zu verzeichnen, dass sehr viel Gemeinsinn unterwegs ist. Wir waren gestern auf dem Weg in den Süden bei mehreren Sandsackplätzen, wo junge und ältere Leute aus der Region, aber auch aus Gebieten außerhalb der Region, zusammen waren und gesagt haben, dass sie das als etwas ganz Normales ansehen, sich für den Schutz ihrer Heimat einzusetzen. Sie haben gesagt: Wir sind gern dabei. - Es gibt viel Hilfsbereitschaft im Verhalten gegenüber älteren Mitbürgern - das haben wir auch gestern Abend erlebt -, dass der Nachbar kommt und sagt: Komm, ich fahre dich da hoch, fahre dich dorthin, wohin du willst, zu deinen Verwandten; du kannst das ja selber nicht machen.
Also, das ist auch ein gutes Gefühl. Ich möchte mich ganz ausdrücklich - wir haben mittlerweile Tausende Kräfte im Einsatz; wir haben Unterstützung durch die Bundeswehr mit zirka 500 Soldatinnen und Soldaten; wir haben Feuerwehren aus anderen Bundesländern; wir haben gestern Abend im Kreis Elbe-Elster einen Einsatzzug aus Hessen begrüßen können, der mit hoher Einsatzbereitschaft, aus Wiesbaden kommend, jetzt in Mühlberg helfen wird - bei den vielen Freiwilligen, aber auch bei
den Hauptamtlichen, die jetzt 12, 14, 16 Stunden unterwegs sind, bedanken. Ich denke, ich kann dies auch in Ihrer aller Namen tun. Ihnen allen ist es zu danken, dass wir bisher relativ schadlos durch die Situation gekommen sind, was wir auch gern bis zum Ende so tun wollen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie informieren, dass der zuständige Katastrophenstab beschlossen hat, die Stadt Mühlberg zu evakuieren. Die Evakuierung wird in Kürze beginnen, weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann. Ich bitte Sie um Ihr Verständnis die Stimmung können Sie sich vorstellen bei der Lage -, dass ich jetzt dort hinfahren werde. - Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Vogdt, Herr Mehdorn hat schon in der Sitzung des Sonderausschusses BER vor einigen Tagen erklärt, dass er etwaige Konflikte, die sich aus der Geschäftsbeziehung, die Sie soeben erwähnten, zwischen FBB und Air Berlin ergeben könnten, nicht begleiten wird, um Interessenkollisionen zu vermeiden.
Ungeachtet dessen enthält der zwischen Herrn Mehdorn und der Gesellschaft vereinbarte Anstellungsvertrag auch entsprechende Regelungen zur Vermeidung von solchen Konflikten. Das ist auch üblich. - Das war es schon. Viel mehr ist dazu nicht zu sagen.
Frau Vogdt, die Gesellschaft wird das entscheiden. Die Interessen müssen vertreten werden. Auf welche Art sie die Interessen vertritt, muss die Gesellschaft entscheiden. Der wichtige Punkt ist, dass Interessenkollisionen vermieden werden. Welcher Weg eingeschlagen wird, das wird sich zeigen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Nonnemacher - danke vor allem deshalb, weil ich glaube, dass dieses Thema, das uns ja noch lange begleiten wird, möglichst ohne Polemik - wo es geht, ein bisschen Polemik muss ja immer dabei sein - diskutiert werden sollte.
Es berührt alle gesellschaftlichen Schichten, es wird uns über Jahrzehnte treu bleiben, und deshalb wäre es gut, wenn wir versuchten, lange Linien zu ziehen.
Prof. Schierack, ich bin Ihnen und Ihrer Fraktion dankbar, dass Sie das auf die Tagesordnung gesetzt haben. Meine herzliche Bitte ist aber: Wir sollten bei allen Argumenten - auch wenn es politisch dann ein Stückchen wettbewerblich und gegeneinan
der geht - doch in der Nähe der Wahrheit bleiben. Nicht die Landesregierung ist auf die Idee gekommen, einfach in den luftleeren Raum Zeichnungen von Kreisgrößen, Kreisgrenzen und Ähnlichem zu setzen, sondern der Innenminister hat ganz korrekt und konkret einen Auftrag der Enquetekommission ausgeführt; der war genau formuliert, und dem ist er nachgekommen - nicht mehr und nicht weniger. Das sollten wir hier nicht polemisch verwursten, meine Damen und Herren.
Und wenn wir einmal bei dem Thema sind - weil Sie sagen, flächendeckend seien Polizeidienststellen usw. geschlossen worden -: Es ist eine einzige Wache geschlossen worden, nämlich die in Potsdam-Babelsberg; für alle anderen Wachen sind Lösungen gefunden worden. Auch das gehört zur Wahrheit.
Meine Damen und Herren, wir haben in den Vorträgen von Herrn Schierack und Herrn Büttner eben eine der Schwierigkeiten schon gehört. Auf der einen Seite sagen beide - sie haben es sogar expressis verbis zum Ausdruck gebracht -: Lasst die kommunale Selbstverwaltung wirken und regiert denen nicht rein! - Dann kommt zwei Minuten später die Forderung: Macht jetzt einen Masterplan, und sagt denen, was sie machen sollen!
Also, eins geht nur, und das müssen wir dann auch einmal ehrlich und klar sagen.
Herr Kollege Büttner, Sie haben hier eine Rede gehalten - Sie sind ja immer sehr engagiert, das ist auch völlig okay -, aber zum Thema Demografie klang es am Ende doch so: Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass. Also: Macht was, aber macht auch nichts. Geld darf es kosten, aber es ist keins da; also spart auch dabei.
Ganz so geht das nicht.
Meine Damen und Herren, für mich steht wirklich fest: Wenn wir jemals die Eurokrise bewältigt haben, wenn die Energiewende bewältigt ist, wenn vielleicht der Flughafen offen ist die Demografie wird als Herausforderung bleiben. Wir sollten sie aber - und dafür bin ich allen Rednern dankbar, weil es bei allen durchklang - nicht überproblematisieren.
Wir sollten sie nicht überproblematisieren, sondern als gesellschaftliche Herausforderung annehmen - ich komme gleich mit vier Punkten dazu -, die wir bewältigen können. Da sollten wir uns auch keine Angst machen lassen. Insbesondere Gutachter neigen manchmal dazu, ganz schwarze Bilder zu zeichnen. Wenn man die ernst nähme, könnte man sich gleich hinlegen und sagen: Tuch drüber und das war‘s.
Wir haben 1992/93 eine Studie bekommen - ich war damals für Raumordnung zuständig -, in der zwei Vorhersagen getroffen worden waren. Die eine war: In ca. 10 Jahren wird das Dorf
sterben beginnen. Die zweite war: In ca. 20 Jahren wird das Dorfsterben in bestimmten Regionen schon abgeschlossen sein. Wir haben die 10 Jahre danach erlebt, jetzt sind wir 20 Jahre danach. Glücklicherweise hat sich diese wissenschaftliche Vorhersage in keiner Weise bewahrheitet. Es ist bis heute kein Dorf in Brandenburg geschlossen worden.
Es ist wahr: Das Leben - der Charakter des Lebens - in etlichen Brandenburger Dörfern hat sich verändert, manchmal in eine schwierige Richtung - weil das Dorf älter geworden ist -, manchmal aber ist der Fächer der Möglichkeiten auch weiter aufgegangen. Wir haben uns alle gefreut, von links bis rechts, von oben bis unten, dass wir Projekte ehren konnten wie „Oper auf dem Dorf“ und „Musik für alle“. Da sind Kultur- und Kunstprojekte entstanden, da ist an vielen Stellen eine Vielfalt eingezogen, die wir vor 20 Jahren - gerade auf der Basis dieser Gutachten - nicht einmal annähernd für möglich gehalten hätten.
Ja, es begleiten uns dort Schwierigkeiten, weil manche Neubürger, die aus städtischen Räumen kommen, denken, dass sie in eine Gartenstadt und nicht auf ein Dorf ziehen, denn da soll kein Trecker fahren, kein Hahn krähen und kein Misthaufen sein. Aber darüber kommt man hinweg. Wichtig ist: Alle Dörfer in diesem Land existieren noch, und ich wage die Vorhersage: Sie werden auch in 10 Jahren noch existieren, sie werden nicht kaputtgehen, meine Damen und Herren.
- Fast alle. Richtig, Frau Schulz-Höpfner, fast alle. Ich habe mich jetzt aber auf demografische Dinge bezogen, in der anderen Frage haben Sie Recht.
Wir haben vor drei oder vier Jahren - ich weiß nicht mehr genau, wann es war - in der Europäischen Union ein Symposium gehabt, in dem gezeigt wurde, was in Europa demografisch passieren wird. Es wurde mit deutlicher Betonung gesagt: Es könnte Regionen geben, in denen jede vierte Schule geschlossen werden muss. Es könnte Städte geben, die 10 bis 20 % Bevölkerungsverlust zu beklagen haben - und, und, und; ich will das jetzt nicht alles wiederholen. Wir haben dabeigesessen, haben uns nur angesehen und gesagt: Ach nee, so etwas droht also in den nächsten Jahren in Europa. - Das war eine Zeit, als wir - Sie werden sich erinnern, weil Sie dabei waren und das auch sehr konstruktiv - das Schulsystem längst hatten darauf einstellen müssen, leider verbunden mit der Schließung jeder zweiten Schule. Das war zu Zeiten, als wir in Schwedt, Eisenhüttenstadt, Guben und anderen Städten bereits ein Drittel Einwohnerrückgang nicht nur hatten, sondern teilweise auch bereits verarbeitet hatten.
Ich habe im letzten Sommer mit Kollegen aus anderen Bundesländern, die das auch sehr interessiert hat, einen halben Tag einen Stadtrundgang in Eisenhüttenstadt mit der Stadtarchitektin gemacht, wobei alle Aspekte eines solchen Stadtrückbaus beleuchtet wurden. Diejenigen, die davon noch nicht berührt waren, haben mit großen Augen geguckt, was das für eine Herausforderung ist. Es ist ja nicht nur eine architektonische - Abriss und Rückbau gehören dazu -, sondern die Stadt verändert sich auch unter der Erde, der Charakter der Stadt verändert sich, die Zentralität verändert sich, die Verkehrsflüsse verändern sich. Darauf, dass das so bewältigt wurde, können wir auch stolz
sein. Das haben wir schon hinter uns, meine Damen und Herren, das ist schon passiert.
Wir haben 30 historische Stadtkerne - da wird jetzt einer fragen: Was hat das mit Demografie zu tun? - inzwischen wieder hervorragend in Schuss. Denn das erst ermöglicht, dass die Kernstädte weiterleben können, weil sie attraktiv für Bewohner, für Handel und Gewerbe, für das Handwerk geworden sind und dazu eine hohe Lebensqualität ermöglichen.
Wir haben den öffentlichen Personennahverkehr in den letzten 20 Jahren an vielen Stellen Stück für Stück umgestellt. Das waren herbe Einschnitte. Wer erinnert sich nicht noch an die 90er und den Anfang der 2000er-Jahre, wo es um manche Bahnhöfe ging, die nicht mehr zu halten waren? Aber da ist das Gros der Arbeit getan, und wir haben heute an vielen Stellen einen sehr gut funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr - trotz der demografischen Herausforderung.
Wir haben die Regionalen Wachstumskerne eingeführt; da waren Sie übrigens dabei. Wir haben damals in der Begründung gesagt: Auch das ist eine Reaktion - prophylaktisch - auf die demografische Herausforderung, um ein Gerüst im Land zu haben, ein Gerüst, das dieses Land am Ende hält, trägt und stabilisiert. Wir haben uns über viele Jahre bemüht, den Haushalt zu konsolidieren - natürlich auch mit Blick auf die demografischen Herausforderungen -, weil wir weniger Menschen werden und dadurch weniger Geld bekommen. Deshalb haben wir uns frühzeitig finanziell darauf eingestellt, mit dem Geld auszukommen. Wir gehören zu den wenigen Bundesländern, die ab 2014 geplant keine neuen Schulden mehr aufnehmen wollen.
Wir haben eine heiß umstrittene Personalbedarfsplanung aufgelegt, die ganz genau auf diese demografischen Herausforderungen schon präventiv reagiert. Das gefällt vielen nicht, das ist völlig klar, aber sie ist genau eine Reaktion auf das, was passiert.
Wir haben unseren Krankenhausplan darauf ausgerichtet, wie die Bevölkerungsstruktur in 5, 10, 15 und 20 Jahren sein wird. Wir haben ein Fachkräfteportal eingerichtet, weil wir wissen, dass wir Fachkräfte brauchen werden. Wir wollen sie anwerben. Wir wollen auch Rückkehrer, deshalb unterstützen wir entsprechende Initiativen. Wir wollen den Rückkehrern Mut machen, wir unterstützen sie, und wir hoffen, dass diese Initiativen sich weiter ausbreiten.
Alles das, Herr Schierack, sind Dinge, die ganz eng mit der demografischen Entwicklung zusammenhängen. Machen Sie von mir aus daraus einen Masterplan, aber wichtig ist, dass jeder mitdenkt - jeder Fachbereich, jedes Ministerium, jeder Bereich -: Was ist für eine Herausforderung da, wie machen wir es? Und ich denke: Wir stehen da wahrlich nicht schlecht da.
Meine Damen und Herren, wir haben eine Demografiekommission für die Grundschulversorgung im ländlichen Raum eingerichtet, um ab 2020 auch da möglichst auf der sicheren Seite zu sein und nicht erst reagieren zu müssen. Wir haben mit Gemeindeschwestermodellen, Telemedizin und anderen Dingen auf eine älter werdende, weniger werdende und multimorbider werdende Bevölkerung zu reagieren begonnen. Ich freue
mich auch sehr, dass neulich eine FDP-Staatssekretärin beim Besuch eines medizinischen Versorgungszentrums in einem Krankenhaus gesagt hat: Das ist eine ganz tolle Idee. - Und als ihr gesagt wurde „Früher hieß das Poliklinik!“, hat sie gesagt: Dann nennt es doch so!
Auch das sind doch Dinge, die wieder zurückkommen, aber auch Reaktionen auf die demografische Entwicklung sind. Denn wo kein niedergelassener Arzt mehr ist, gibt es auch keine Konkurrenz, da braucht die Kassenärztliche Vereinigung nicht zu protestieren.
Die Krankenhäuser beginnen mit Stipendien für Medizinstudenten, um sie anzuwerben. Sie bezahlen ihnen ein Teil des Studiums. Das ist auch eine Reaktion auf die demografische Herausforderung.
Herr Schierack oder Herr Büttner - ich weiß nicht wer es gesagt hat -: Natürlich ist es nur ein ganz kleiner Beitrag, wenn Auszeichnungen aktiven Bürgervereinen oder -verbänden verliehen werden, die sich zur Demografie etwas einfallen lassen. Aber ich habe jetzt schon gemerkt, dass dieses Demografieprojekt des Monats durch die Auszeichnung Öffentlichkeit erfährt und dadurch für andere nachnutzbar wird. Das ist der tiefere Sinn, und ich finde, das hat durchaus seinen Platz.
Meine Damen und Herren, wir werden uns in den nächsten Jahren sehr viel einfallen lassen müssen, um die Frage beantworten zu müssen, wie ein würdiger Übergang ins Alter passieren kann. Frau Nonnemacher hat den beruflichen Aspekt erwähnt. Der Innenminister ist dabei, mit Gewerkschaften auch darüber zu reden, wie Altersübergänge im öffentlichen Dienst passieren können, genau in dem Sinn, wie Sie es sagen: Viele Leute wollen noch arbeiten, können aber nicht mehr alles machen.
Wir müssen mit starren Systemen aufhören und stattdessen gleitende Übergänge schaffen. Diese sind übrigens auch für die Seelenlage des Menschen viel angenehmer als 100 % bis zum Stichtag zu arbeiten und dann gar nicht mehr; da haben wir noch viel Luft.
Wir müssen auch viele neue Ideen haben für Wohnformen im Alter. Die normale „Fruchtfolge“ - zu Hause wohnen, dann Altersheim, dann Pflegeheim - wird nicht mehr ausreichen. Das wird weder bezahlbar sein, noch ist es menschengerecht.
Wir brauchen Regeln, die verhindern, dass eine Wohngemeinschaft von sechs älteren Leuten schon unter die Heimverordnung fällt. Das wird nicht praktikabel sein, wir müssen andere Wege suchen.
Viele gute Initiativen vor Ort wurden erwähnt, aber wir merken bei fast allen - mehrere Redner haben es angeführt -, dass wir an Grenzen und Regeln, auf Gesetze und Verordnungen stoßen. Diese hatten in einer dichter werdenden Gesellschaft alle einen Sinn. Man muss Regeln aufstellen, wenn Leute dicht beieinander wohnen, wenn das Tempo höher wird. Wenn es aber ruhiger wird, wenn in ausgedünnten Gegenden weniger Menschen leben, muss man von dieser Regeldichte manches zurücknehmen
sonst funktioniert das Zusammenleben nicht mehr. Wenn der vorhin erwähnte KombiBus mittlerweile mit mehreren Dutzend Ausnahmeregelungen fährt, müssen wir in zwei Jahren - wenn das Modell ausläuft - so weit sein, dass wir die Ausnahme zur Regel machen, indem wir sagen: Der darf fahren - weil er erfolgreich fährt! Über diese Dinge müssen wir nachdenken.
Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass wir heute über dieses Thema sprechen, weil es jedes Nachdenken lohnt. Wir stehen in Brandenburg vor einer Herausforderung - Herr Schierack hat sie kurz berührt -, die kein anderes ostdeutsches Bundesland hat: Wir haben - anders als Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen - eine Monozentralität. Bis zum Jahr 2030 versammelt sich ungefähr die Hälfte unserer Wohnbevölkerung in „Rufweite“ Berlins. Daraus ergeben sich ganz andere Notwendigkeiten bei Schulbau, Kita-Bau, Verkehrsinfrastruktur usw. Die andere Hälfte der Bevölkerung hat 85 % der Landesfläche für sich. Das klingt zunächst nicht schlecht; man hat viel Platz und stört niemanden. Aber beiden Hälften das Gefühl zu vermitteln: Ihr lebt im gleichen Land, beides ist Brandenburg, beides bietet wenigstens ähnliche Lebensqualität, Herausforderungen und Herangehensweisen - das wird unsere gemeinsame Aufgabe sein. Ich freue mich darauf, weil ich glaube, dass wir diese Fragen in den letzten 20 Jahren gut bewältigt haben. Wir werden auch die nächsten 20 Jahre gut hinkriegen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben allein schon im Laufe dieser Debatte gemerkt, wie vielschichtig, wie schwierig dieses Thema ist.
Herr Goetz, zu Ihrer letzter Bemerkung will ich nur sagen - es haben mehrere Kollegen aus Ihrer Partei schon eine ähnliche Wortwahl gehabt -: Ich habe mir auch in den Jahrzehnten, die ich jetzt politisch arbeite, keinen Zynismus zu eigen gemacht. Das ist mir fremd. Deshalb ist eine solche Begrifflichkeit - das kann ich Ihnen klipp und klar sagen - völlig fehl am Platz. Ich
werde das nicht tun. Ich habe das nicht getan und will es auch künftig nicht tun.
Verehrter Herr Jungclaus, Sie haben von der Initiative von Rheinland-Pfalz gesprochen und gefragt, warum wir uns ihr nicht einfach angeschlossen, sondern eine andere geschrieben haben. Das hat einen ganz praktischen politischen Grund. Ich denke, man sollte Politik so machen, dass sie am Ende auch irgendwie ein Schrittchen nach vorn führt. Die Rheinland-Pfälzer Initiative hat null Chance, im Bundesrat angenommen zu werden. Übrigens auch von Regierungen, in denen Sie mitregieren, wird sie nicht angenommen. Deshalb haben wir gesagt: Dann versuchen wir eine mit anderen zusammen, die eine Chance hat, überhaupt einen Schritt in die richtige Richtung zu bewegen. Alles andere ist Schaufensterpolitik, Herr Jungclaus. Das sollten wir dann nicht tun.
Kollege Beyer, ich habe - wie allen anderen - Ihrer Rede aufmerksam zugehört. Den letzten Satz - das gebe ich zu - habe ich nicht ganz verstanden. Vielleicht können wir uns dazu noch einmal austauschen. Der war sehr bedeutungsschwanger. Ich hoffe, dass Sie ihn bewusst so ungenau gelassen haben, damit man nichts Böses dabei denken muss.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Parteien der Regierungskoalition haben aus meiner Sicht gemacht, was sie tun müssen. Sie haben gesellschaftliche Entwicklung nicht negiert. Sie haben Schwingungen in der Gesellschaft aufgenommen. Sie haben unterschiedliche Interessen, die manchmal meilenweit - wie wir hier auch in der letzten Stunde wahrnehmen konnten - auseinanderliegen, gedanklich ein Stück anzunähern und zusammenzubringen versucht und haben sich damit auf den Weg gemacht, einen sinnvollen Kompromiss zu suchen. In welcher Situation dies passiert - es wurde mehrfach darauf hingewiesen -: Ein sehr erfolgreiches Volksbegehren ist die Grundlage.
Wir haben des Weiteren zur Kenntnis zu nehmen, dass die Gräben relativ tief sind zwischen Menschen, die sich in den betroffenen Gegenden - aber wie wir aus Umfragen wissen, auch darüber hinaus - intensiv für mehr Nachtruhe einsetzen, und anderen Menschen, die sagen: Mir ist die Rolle, die der Flughafen, die dieses Infrastrukturprojekt in unserem Land spielen soll, wichtiger. Mir ist wichtiger, dass Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden, und dann müssen wir anderes hinnehmen. Das ist ein klarer, deutlicher Interessenkonflikt, wie er nun einmal in Gesellschaften keine Seltenheit ist.
Dazu kommt - das hat den ganzen Prozess nicht befördert, das ist doch auch keine Frage, machen wir uns doch nichts vor -, dass der Flughafen eben nicht eröffnet ist. Warum kommt das dazu? Weil ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass manche der Ängste von Betroffenen oder virtuell Betroffenen sich relativiert hätten, wenn der Flughafen in Betrieb wäre, weil manche, die heute Bedenken haben, vielleicht gemerkt hätten, dass sie diese Bedenken nicht mehr zu haben brauchen, weil die Belastung bzw. Belästigungen nicht so groß sind. Das können wir jetzt nicht nachweisen, denn er hat nicht eröffnet und er wird in den nächsten Monaten nicht eröffnen. Wir müssen auch virtuelle Ängste ernstnehmen und müssen mit ihnen um
gehen. Auch das gehört zur Demokratie, meine Damen und Herren.
Welche Möglichkeiten haben wir denn? Das sollten wir ganz nüchtern fragen. Wir haben als Parlament die Möglichkeit, das Begehren abzulehnen. Was folgt? Natürlich eine monatelange Kampagne. Und welchen Charakter wird die Kampagne haben? Das liegt ganz klar auf der Hand: Sie kann und sie wird keine flughafenfreundliche Kampagne sein, sondern sie wird versuchen - das muss sie ja auch, und sie wird gut geführt werden, das haben wir beim Volksbegehren gesehen -, alles darzustellen, was man auch an Negativa mit einem solchen Infrastrukturprojekt verbinden kann, denn sie will am Ende erfolgreich sein. Das ist doch auch völlig klar.
Wird eine solche Kampagne dem Standort Berlin-Brandenburg nutzen? Ich sage: Nein, das wird sie nicht. Wir haben so schon genug Schwierigkeiten mit dem Ruf dieses Projekts. Wird sie dem Flughafen speziell nutzen? Nein, wird sie nicht, sondern sie wird eher zusätzliche Schwierigkeiten für dieses Projekt bringen. Und im Lande wird es danach ganz automatisch keine flacheren Gräben geben, sondern sie werden nach einer solchen Kampagne eher noch tiefer sein. Auch das ist doch normal.
Natürlich kann man, Herr Beyer, der Meinung sein: Das wollen wir und das soll so sein. - Wenn es irgendeinen Nutzen am Ende bringen würde, eine veränderte Situation, würde ich Ihnen auch aus demokratietheoretischen Erwägungen - zustimmen. Wie ist aber am Ende die Situation? Sie ist so, wie ich sie geschildert habe. Es gibt negative Wirkungen, und sie sind mit dem möglichen Ergebnis verbunden, dass die Landesregierung genau denselben Verhandlungsauftrag hat, den sie nach einem eventuellen Landtagsbeschluss jetzt auch hat. Keine Puseratze anders. Sie müsste genauso verhandeln wie jetzt. Es hat sich dann also nichts verändert, außer dass die Stimmung schlechter geworden ist, dass sich die Standortbedingungen nicht verbessert haben und der Ruf des Flughafens nicht besser geworden ist. Deshalb finde ich einfach vernünftig, was sich die Regierungskoalition vorgenommen hat.
Da will ich auch einmal den Kollegen der Medien sagen: Wir wissen doch, wie eine Kampagne begleitet werden würde, denn wir haben es beim Volksbegehren erlebt. Die „Berliner Zeitung“ hat am 4. Dezember getitelt: „Das Volk begehrt mehr Nachtruhe“ - nach dem Volksbegehren. Lesen Sie die „Berliner Zeitung“ jetzt einmal! Ich sage noch einmal: Was alles so in einer Zeitung in wenigen Wochen möglich ist! - Auch das muss man, wenn man Politik macht in einem Land, einbeziehen.
- Ja, ich kenne doch die Vorhaltungen, ich kenne doch Ihre Vorwürfe. - Wenn gesagt wird, das wäre alles nur vordergründig, dann sage ich: Nein, das gehört alles dazu, dass man diese Dinge mit einbezieht, denn das wirkt sich auf das Klima im Land, auf die Entwicklung des Landes und auf die politischen Verhältnisse aus. Deshalb finde ich es überhaupt nicht vorwerfbar, dass man all das sehr wohl ins Kalkül zieht.
Ich sage noch einmal: Am Ende, meine Damen und Herren Herr Beyer, da schließe ich direkt an Sie an -, gibt es demokratietheoretisch auch noch andere Bedenken. Natürlich werden, wenn die Kampagne gut geführt ist und entsprechend engagiert durchgeführt wird, nicht hunderttausend, sondern Hunderttausende Menschen zur Wahl gehen. Und viele davon werden hingehen, ihre Stimme abgeben und die Hoffnung haben - legitimerweise aus ihrer Sicht -, dass es, wenn sie den Zettel hineingesteckt haben und die Volksabstimmung erfolgreich ist, eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr geben wird. Da sich aber an den rechtlichen Bedingungen auch dadurch nichts geändert hat, muss diese Hoffnung enttäuscht werden. Ich weiß nicht, ob man zuschauen muss, dass die Enttäuschung dann noch wächst, und frage, was das gesellschaftlich bringen soll. Ich kann den Nutzen für die Gesellschaft wirklich nicht erkennen.
Meine Damen und Herren, man muss auch einmal bei dem, was jetzt an Kommentierungen kommt, sagen: Wie denn nun bitte? Da gibt es auf der einen Seite die Frage: Stimmungen aufnehmen, Entwicklungen wahrnehmen und reagieren? Das wird dann betitelt mit Umfallen, Einknicken und Ähnlichem. Wenn wir heute dies abgelehnt und ignoriert hätten, hätte es geheißen: Durchregieren, Ignoranz, mangelnde Demokratie. Wie hätten wir es denn gern? Natürlich muss am Ende wieder ein Weg stehen, der möglichst viele - niemals alle, das wird nicht möglich sein - einbezieht. Deshalb haben sich die Regierungsparteien jetzt für Verhandlungen entschieden, weil das der bessere Weg für die Region und den gesellschaftlichen Frieden ist.
Ja, meine Damen und Herren, wir haben auch nicht vor, irgendjemanden hinter die Lampe zu führen. Der Entschließungsantrag beschreibt eine Situation klipp und klar und für jeden nachlesbar. Matthias Schubert und andere wissen genauso wie ich, dass die Gespräche schwierig werden. Sie werden kompliziert werden. Ich nehme den Verhandlungsauftrag mit ganzer Kraft an und werde alles, was geht, mit den Partnern, die wir haben, die zu dem Projekt gehören, versuchen.
Übrigens werden die Bedingungen in einem halben Jahr kein bisschen weniger schwierig; es werden genau dieselben Rahmenbedingungen sein, mit denen wir jetzt umgehen müssen. Klar, wir haben ein höchstrichterliches Urteil, das bereits Kompromisslösungen beinhaltet. Aber ich sage auch, weil immer gesagt wird: „Du als Aufsichtsratsvorsitzender“ - übrigens, wenn ich weiter normales Aufsichtsratsmitglied wäre, würde das genauso gelten -: Zum erfolgreichen wirtschaftlichen Bestehen eines Unternehmens, noch dazu eines solchen Infrastrukturunternehmens, das atmet, das mit der Region eng verwoben ist, das ganz viele Beziehungen in die Region hinein hat, gehört auch eine entsprechende Akzeptanz. Sonst würde es sich nicht entwickeln.
Diese Akzeptanz wird nie hundertprozentig herstellbar sein. Ich habe mir viele Umgebungen von anderen Flughäfen angeguckt. Übrigens, unsere alte Geschäftsführung hatte auch erhebliche Defizite beim Bemühen um Akzeptanz. Das ist eine tägliche Aufgabe.
Manche dieser mangelnden Bemühungen - damit hatten Sie ja vorhin Recht - hat natürlich auch zu der schlechten Stimmung in der Region und vielleicht auch teils zum Erfolg des Volksbegehrens beigetragen, keine Frage. Das ist auch die Ernte dessen, was an dieser Stelle versäumt worden ist.
Meine Damen und Herren, ich werde mit anderen zusammen alles dafür tun, dass am Ende eine Lösung steht, die für die Bürgerinnen und Bürger deutlich mehr Nachtruhe beinhaltet.
Das wird nicht durch ein Patentrezept gelingen. Dazu werden wir uns eine Menge einfallen lassen müssen. Es wird eines Bündels intelligenter Maßnahmen bedürfen, die in der Summe dann zu diesem Ergebnis führen.
Gleichzeitig - das sage ich genauso klar und deutlich - werde ich alles dafür tun, dass dieses Projekt, dieser Flughafen wirtschaftlich erfolgreich wird und unserem Lande, der gesamten Region und ihren Menschen dienen wird.
Ich denke dabei immer Berlin-Brandenburg als eine Region. Wir hängen wirtschaftlich zusammen. Ich denke dies zusammen, wir denken dies zusammen. Ich werde mich auch künftig in Inhalt und Ton so verhalten, dass man spürt, dass es eine Region ist, wie ich es bisher gemacht habe. Ich werde mich davon auch durch manche Äußerung aus Berlin nicht abbringen lassen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das noch sagen: Es werden in diesem Jahr 23 Jahre, dass ich in die erste brandenburgische Landesregierung eingetreten bin. Ich habe seitdem allen fünf brandenburgischen Landesregierungen angehört. Über all diese Jahre, man kann schon sagen, Jahrzehnte habe ich versucht, eigene Sichten immer wieder auch auf den Prüfstand zu stellen. Niemand ist im Besitz der alleingültigen Wahrheit. Ich habe immer versucht, Konflikte zu lösen - und dazu bekenne ich mich auch - im Sinne meines politischen Ziehvaters Johannes Rau, wo es geht, zu versöhnen statt zu spalten. Das werde ich auch künftig tun, und ich werde bis zum Schluss nicht davon ablassen, Kompromisse in der Politik nicht als eine Sünde anzusehen, sondern als eine Tugend, als eine Grundlage für den Umgang in der Demokratie überhaupt. Dazu gehört auch der Weg, den wir jetzt gehen, und nichts anderes ist es. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe aus zwei Gründen hier: erstens, weil ich weiterhin fest
davon überzeugt bin, dass unser neuer Flughafen Berlin-Brandenburg ein Erfolg wird,
und zweitens, weil ich weiß, dass der Bau dieses Flughafens bisher alles andere als erfolgreich verlaufen ist. Es gibt überhaupt kein Vertun, das Bauprojekt BER ist in sehr schwerwiegender Weise in Not geraten. Ob die Lage, die mit der nun erforderlich gewordenen erneuten Verschiebung der Inbetriebnahme des Flughafens eingetreten ist, als Desaster oder Katastrophe beschrieben werden sollte, ist nur eine Frage der individuellen sprachlichen Vorlieben. Klar ist: Keiner der harschen Begriffe, die in diesen Tagen, auf den BER gemünzt, zu hören und zu lesen sind, ist von der Hand zu weisen, und die Erschütterungen, die darüber hinaus vom Krisenherd BER ausgehen, sind beträchtlich.
Grundsätzlich infrage gestellt wird angesichts der eingetretenen Lage die Fähigkeit öffentlicher Träger, große Infrastrukturvorhaben überhaupt noch ordentlich planen und realisieren zu können. Grundsätzlich infrage gestellt wird in der öffentlichen Debatte auch die Kompetenz von global tätigen deutschen Industrieunternehmen. Hämisch oder mitleidig infrage gestellt wird aus europäischer und internationaler Perspektive sogar das erfolgreiche Gütesiegel „Made in Germany“. So bitter es ist, dies einzuräumen: Unser Flughafenprojekt ist vorerst zu einem negativen Symbol geworden - mit Auswirkungen weit über unsere Region hinaus.
In ihrer Pauschalität, meine Damen und Herren, sind die vernichtenden Bewertungen sicherlich nicht gerecht. Es ist keineswegs so, dass jeder Einzelne, der in den vergangenen Jahren am Bauvorhaben BER beteiligt gewesen ist, schlechte Arbeit abgeliefert hätte. Im Gegenteil, viele sehr tüchtige Menschen, gerade auch aus Brandenburg - Arbeiter, Handwerker, Techniker, Architekten, auch Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen -, haben beim Bau dieses Flughafens sehr wohl Gutes geleistet, auch sehr Gutes, und darin schließe ich auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FBB ein, nicht zuletzt die Beschäftigten - das betone ich ganz besonders -, die in diesen Monaten in Tegel den Betrieb am Laufen halten. Sie leisten wirklich Großes.
Sie leisten viel und finden wenig Anerkennung. Das ist ungerecht, überzogen und darf so nicht stehen bleiben. Das darf und wird auch nicht das abschließende historische Urteil zum Flughafen BER sein. Ja, das Projekt ist in eine tiefe Krise geraten, aber das griechische Wort „krisis“ bedeutet eben nicht Ende. Es bedeutet nicht Niederlage und nicht Pleite, sondern es bedeutet Zuspitzung oder entscheidende Wendung. Wir müssen diese entscheidende Wendung jetzt herbeiführen, und zwar ganz klar zum Besseren, und dazu bin ich fest entschlossen.
Der Bau des Flughafens BER muss zu einem guten Abschluss geführt werden, weil die Zukunftsfähigkeit unseres Landes mit davon abhängt, weil der Wohlstand und die Lebenschancen der Menschen in unserem Land auch davon abhängen, dass es in unserer Region einen leistungsfähigen, modernen Flughafen gibt. Das müssen wir erreichen, und das werden wir erreichen. Das wird den beschädigten Ruf und das ramponierte Image von Berlin, Brandenburg und Deutschland insgesamt wieder verbessern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Überall auf der Welt sind es heute vor allem die Einzugsbereiche großer Flughäfen, in denen Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Bevölkerungswachstum entstehen. Flughäfen sind und bleiben die entscheidenden Motoren wirtschaftlicher Entwicklung. Rund um große Flughäfen siedeln sich überall auf der Welt Gewerbeparks, Logistikzentren und Unternehmen der Informationstechnologie an, ebenso Unternehmen der Luftfahrtbranche hier bei uns bislang vor allem Rolls-Royce und MTU -, große, stabile Arbeitgeber. Hinzu kommen Hotels, Restaurants, Einzelhandel, Dienstleistungen, Tagungs- und Messezentren. Das alles schafft Tausende, schafft Abertausende und vielfach hochwertige Arbeitsplätze, gute Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes, die Brandenburger Familien ein auskömmliches Leben ermöglicht. Dies alles schafft wirtschaftlichen Aufschwung und Steuereinnahmen.
Die über alle Prognosen hinaus stark steigenden Fluggastzahlen sind für diese Entwicklung ein guter Indikator. Bereits heute haben wir über 25 Millionen Passagiere im Jahr; vorhergesagt waren für diese Zeit ca. 17 bis 18 Millionen. Wenn der BER startet, wird er gut ausgelastet sein, und ich sage deutlich: Das ist wahrlich keine negative Entwicklung. Ganz im Gegenteil, diese Entwicklung zeigt die Attraktivität der gesamten Hauptstadtregion und illustriert nochmals die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens.
Gleichzeitig zeigt sich, dass es sinnvoll war, bereits von vornherein Möglichkeiten zur Kapazitätserweiterung einzuplanen. Dafür brauchen wir keine dritte Start- und Landebahn, aber wir wissen sehr wohl, dass die Abfertigungskapazitäten stufenweise erweitert werden müssen.
Unser neuer Flughafen steht in einem wirtschaftlichen und strategischen Kontext. Wir brauchen ihn, um ein Industrie- und Wohlstandsland zu bleiben. Darum müssen wir alle Kräfte daransetzen, den Flughafen zu einem Erfolg zu bringen. Es stimmt: Am Ende wird es mehr Geld gekostet haben, als wir bisher geplant hatten. Das ist überhaupt nicht erfreulich, und natürlich müssen wir den zusätzlichen Aufwand so gering halten wie nur irgend möglich.
Aber was wäre die Alternative? Die einzige Alternative hieße doch, ganz auf den Flughafen zu verzichten; und das erklärt sich von selbst und wäre im Übrigen eine Fehlkalkulation von historischem Ausmaß. Verlässlich zu beziffern sein werden die zusätzlichen Kosten nur auf gesicherter Datengrundlage. Das ist derzeit noch nicht möglich, denn es hängt auch von den verschiedenen Finanzierungsvarianten ab, über die wir uns zunächst im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung zu verständigen haben; erst, wenn über diese Zahlen Klarheit besteht, werden wir mögliche Auswirkungen auf den Landeshaushalt absehen können.
Meine Damen und Herren! Wir in Brandenburg haben in den vergangenen Jahren einen beispiellosen Rückgang der Arbeitslosigkeit erlebt und einen ebenso erfolgreichen Zuwachs an beruflichen Perspektiven für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Brandenburg ist insgesamt auf dem besten Weg, tatsächlich zu einem Land für alle zu werden. Dafür haben unzählige Brandenburgerinnen und Brandenburger unter schwierigen Bedingungen hart gearbeitet. Erstmals nähern wir uns einem Zustand, von dem wir mit Selbstbewusstsein sagen können: Wir haben ein Fundament gelegt.
Jetzt sind wir so weit, dass wir die großen Schwierigkeiten der kommenden Jahrzehnte im Vertrauen auf unsere eigene Kraft angehen und bewältigen können. Wir können die Energiewende hin zum regenerativen Zeitalter schaffen - sozialverträglich und mit unserer heimischen Kohle als wichtiger Brückentechnologie. Wir können die demografischen Umbrüche bewältigen. Wir können die Gegensätze abfedern, die in unserem Land zwischen der berlinnahen und der berlinfernen Region bestehen. Wir können unsere öffentlichen Finanzen auf nachhaltige Weise organisieren - wir haben 2012 das zweite Jahr hintereinander keine neuen Schulden gemacht, sondern einen Überschuss erwirtschaften können -, ohne jährlich wiederkehrende Defizite, mit sinkenden Altschulden. Das alles können wir schaffen, und das müssen wir auch schaffen.
Aber das alles erfordert Voraussetzungen, vor allem ökonomische. Nur als wirtschaftlich dynamisches Land, nur als erfolgreiches Land werden wir in der Lage sein, mit den Herausforderungen der Zeit fertigzuwerden. Die Regierungskoalition aus SPD und Linken hat dazu einen klaren politischen Auftrag, und wir haben in dieser Legislaturperiode bereits gezeigt, wie viel wir gemeinsam nach vorne bewegen können. Gemeinsinn und Erneuerung - das ist nicht nur das Leitmotiv unseres Koalitionsvertrages. Das ist es auch, was wir brauchen, um dem Flughafenbau zu einem guten Abschluss zu verhelfen.
Meine Damen und Herren! Ich bin zutiefst überzeugt: Ohne diesen modernen Flughafen im Herzen Europas werden es die deutsche Hauptstadtregion, vor allem aber das Land Brandenburg schwer haben, als attraktive und wettbewerbsfähige Region auf der europäischen Landkarte ihren Platz zu finden und zu behaupten. Übrigens wissen das auch die Wählerinnen und Wähler der CDU, der Grünen und der FDP sehr gut. Sie wollen den Flughafen nämlich nutzen, und sie können auch seine Bedeutung sehr gut einschätzen.
Sie sind da sehr viel klarer orientiert als manche Bundes- und Landespolitiker der genannten Parteien, die sich derzeit in billiger Polemik ergehen. Das hilft uns nicht weiter.
Aus der Sicht des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft ist nach wie vor klar: Der Flughafen kann nur voll funktionsfähig ans Netz gehen, erst recht, wenn es um Fragen der Sicherheit geht, von denen Menschenleben abhängen. Ich will an dieser Stelle ohne Umschweife sagen: Das Landratsamt Dahme-Spreewald handelt in diesen Fragen konsequent und richtig. Kein Mitarbeiter, keine Mitarbeiterin muss sich hier verbiegen. Landrat Stephan Loge und seine Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit, das will ich hier ganz klar betonen.
Der klare Arbeitsauftrag an Technikchef Horst Amann im August 2012 lautete, vorhandene Missstände schonungslos aufzuklären. Es ist also ausdrücklich sein Job, den Finger in die Wunden zu legen, und genau das hat er getan. Dadurch haben sich
nicht nur Probleme beim Brandschutz bestätigt, sondern es sind weitere Mängel zutage getreten. Diese Mängel sind nicht in den letzten Monaten entstanden, sondern deutlich früher.
Der Auftrag, die gesamte Substanz des Flughafens auf Herz und Nieren zu prüfen, hat Missstände zutage treten lassen, die sonst vielleicht unentdeckt geblieben wären. Mögliche Schadensersatzansprüche werden umgehend geprüft und müssen gegebenenfalls durchgesetzt werden. Auch das gehört dazu. Sollten am Bau Beteiligte ihre Arbeit nicht, nicht vollständig oder fehlerhaft gemacht haben, so müssen sie dafür auch geradestehen.
Auch wenn jeder gefundene Mangel wehtut - diese rigorose Aufklärung ist absolut notwendig, damit wir einen funktionstüchtigen und durchweg soliden Flughafen in Betrieb nehmen können.
Eines bleibt festzuhalten: Primärer Grund für die abermalige Verschiebung der Eröffnung ist und bleibt der Brandschutz. Die Entrauchungsanlage - so, wie sie konzipiert ist - ist nicht funktionstüchtig und damit derzeit auch nicht genehmigungsfähig. Allerdings schien aufgrund externer Prüfergebnisse zunächst eine realistische Chance zu bestehen, durch Modifikation an der Anlage hohe Umbaukosten zu vermeiden. Der Aufsichtsrat hat nach Abwägung aller seinerzeit zur Verfügung stehenden Informationen diese Option mitgetragen.
Im Nachhinein müssen wir klipp und klar sagen: Unsere Einschätzungen nach damaligem bestem Wissen haben sich nicht bewahrheitet. Somit waren unsere Ambitionen hinsichtlich des angepeilten neuen Eröffnungstermins am 27. Oktober dieses Jahres zu hoch.
In den letzten Wochen und Monaten wurde viel über die Funktion und über die Aufgaben eines Aufsichtsrates sowie über die Eigenschaften, die seine Mitglieder mitbringen sollten, gesprochen. Dass dies unterschiedlich gehandhabt wird, konnte man gestern Abend in einer Fernsehsendung über ein gelobtes Projekt in London hören. Dort wurde gesagt, der Aufsichtsrat sei nur einmal im Jahr über das informiert worden, was getan wurde. Demnach gibt es sehr große Unterschiede in der Herangehensweise.
Diese Diskussion ist jedoch legitim; denn kritische Fragen zu stellen gehört zu den Aufgaben der Medien und auch der Opposition.
Meine Damen und Herren, Sie dürfen mir glauben, auch ich selbst habe mir diese Fragen klar und deutlich gestellt und bin zu dem Entschluss gekommen, nicht weniger, sondern mehr Verantwortung wahrzunehmen. Sie wissen, das Projekt des Flughafens Berlin Brandenburg - dies geht sicherlich nicht nur mir so - liegt mir persönlich am Herzen. Deshalb schmerzt mich diese aktuelle Situation außerordentlich.
Ich sage deutlich und klar: Ein Ministerpräsident hat seinem Land und den Bürgern gerade dann zu dienen, wenn die Zeiten
schwierig werden. Alles andere wäre mit meinem Amtsverständnis nicht vereinbar, und deshalb werde ich das auch tun.
Ich sage genauso deutlich: Es gibt zweifellos etliches wiedergutzumachen. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates will ich genau das mit vollem Einsatz tun. Dabei ist mir ein übergeordnetes Anliegen besonders wichtig: Ich werde die Geschäftsführung, die dann in Teilen neu sein wird, energisch dabei unterstützen, dass unter den Beschäftigten des Unternehmens wieder ein Klima des Vertrauens wächst. Das gibt es derzeit eindeutig nicht. Daran hat es in der Vergangenheit gemangelt, was auch Grund für manche ungute Entwicklung war.
Das, was wir gemeinsam hinbekommen wollen, wird uns nur in einem Betriebsklima gelingen, in dem Kooperation, gegenseitiger Respekt, fairer Umgang miteinander selbstverständlich sind und ein Geist des gemeinsamen Anpackens herrscht. Ich will so schnell wie möglich erreichen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Flughäfen wieder mit Stolz auf ihr Unternehmen blicken und mit Freude zur Arbeit kommen. Wir ziehen alle am selben Strang, und zwar in dieselbe Richtung - das muss ab sofort das Motto beim Bau des Flughafens BER werden, meine Damen und Herren.
Dieser Geist des gemeinsamen Zupackens muss alle Beteiligten erfassen - die vielen am Bau unseres neuen Flughafens beteiligten Unternehmen sowie die drei Anteilseigner.
In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass der Bund bzw. die Bundesregierung ebenso in der Verantwortung standen und stehen werden wie die Länder Berlin und Brandenburg. Das ist manchmal aus dem Blick geraten, meine Damen und Herren.
Deutsche Ingenieurskunst ist zu Recht in der ganzen Welt berühmt und hochgeachtet. In diesem Sinne stehen auch die Unternehmen in der Pflicht. Ob Handwerksbetrieb oder Weltkonzern nur, wenn jetzt alle zusammenrücken, werden wir diesen Karren wieder flottbekommen. Die kontinuierliche Arbeit an diesem neuen Teamgeist ist, glaube ich, das Wichtigste überhaupt.
Es wird zunächst fünf ganz konkrete Veränderungen geben, die ich bewirken will, sofern sich der Aufsichtsrat am Mittwoch dazu entschließt, dass ich den Vorsitz übernehmen soll.
Die erste Veränderung betrifft den Aufsichtsrat selbst. Der Flughafen, meine Damen und Herren, ist ein Projekt der öffentlichen Hand. Deshalb leuchtet die Idee nicht ein, die Erlösung aus der Misere hänge davon ab, dass ein unabhängiger Wirtschaftsexperte an der Spitze des Aufsichtsrates steht. Der Aufsichtsrat muss abhängig sein, nämlich von den Interessen der Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie der Bundesrepublik Deutschland. Das will ich hier klar und deutlich sagen.
Insofern bedarf es einer politisch legitimierten Aufsicht. Ich sehe mich in der Pflicht, diese Aufsicht mit aller notwendigen Umsicht
auszuüben. Zugleich bin ich mir der Unterstützung der beiden Aufsichtsratsmitglieder aus Brandenburg, Helmuth Markov und Ralf Christoffers, absolut gewiss.
Klar ist aber auch, dass der Aufsichtsrat möglichst um weiteren technischen und betriebswirtschaftlichen Sachverstand, also um solche Fachleute verstärkt werden muss, die bereits an solchen oder ähnlichen Projekten mitgewirkt haben. Ich sage „möglichst“, weil wir schon bei den Gesprächen gemerkt haben, dass man nicht gerade ansteht, um ein solches Mandat zu bekommen. Nach Übernahme des Amtes werde ich als Vorsitzender gemeinsam mit Berlin und dem Bund zügig einen Vorschlag unterbreiten, wie wir den Aufsichtsrat um diesen Sachverstand ergänzen können.
Der zweite Punkt, den ich als Vorsitzender ändern werde, betrifft die Struktur der Geschäftsführung. Die Verantwortlichkeiten das haben die vergangenen Monate und Jahre gezeigt - sind nicht klar genug geregelt.
In Zukunft sollen drei Geschäftsführer in einer klaren Hierarchie die Fluggesellschaft leiten.
Anders als bisher wird einer von ihnen als Vorsitzende oder Vorsitzender der Geschäftsführung die Gesamtverantwortung tragen.
Dabei gehe ich davon aus, dass wir in der Sitzung des Aufsichtsrates am kommenden Mittwoch einen Antrag auf Abberufung von Herrn Schwarz als Geschäftsführer diskutieren werden.
Als dritte wesentliche Änderung will ich eine transparentere Informationspolitik durchsetzen. Dazu gehört es, sowohl Sie als Abgeordnete als auch die Öffentlichkeit regelmäßig und zeitnah über alle Vorgänge zum Flughafenbau zu informieren. Insofern begrüße ich ganz ausdrücklich die Initiative der drei Fraktionen für einen BER-Sonderausschuss.
Zudem werden wir regelmäßig Gespräche mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen führen und sie in die relevanten Themen einbeziehen,
wobei ich glaube, in dieser Hinsicht war bislang wahrlich nicht alles schlecht.
Als Vorsitzender des Aufsichtsrates will ich ferner ein neues Berichtswesen installieren,
um einen kontinuierlichen Informationsfluss zu gewährleisten. Aber auch außerhalb der Sitzung des Aufsichtsrates will ich fortlaufend und im Detail über alle relevanten Themen rund um die Inbetriebnahme diskutieren und informieren bzw. infor
miert werden. Deshalb werde ich einen regelmäßigen wöchentlichen Besprechungstermin - voraussichtlich jeden Dienstag nach der Kabinettssitzung - einführen, bei dem ich mit der Geschäftsführung und den Mitgliedern der Landesregierung, die sich mit dem Thema BER befassen, alle bedeutsamen Themen erörtern will.
Zu einer veränderten Informationspolitik gehört es für mich aber auch, jetzt nicht unmittelbar einen neuen Termin für die Eröffnung zu nennen. Vielmehr müssen wir zunächst auf Grundlage aller Fakten einen wirklichen Gesamtüberblick gewonnen haben, meine Damen und Herren.
Viertens werde ich als Vorsitzender des Aufsichtsrates der FBB nicht nur die Themen rund um den Flughafenbau bearbeiten, sondern mich mit Nachdruck auch darum kümmern - das wird die nächsten Monate und Jahre ein sehr wichtiges Thema sein -, dass der Betrieb in Tegel und Schönefeld stabil und kundenfreundlich gestaltet werden kann.
In Tegel müssen notwendige Investitionen getätigt werden, um diesen Standort arbeitsfähig halten zu können. Solange wir auf Tegel angewiesen sind, um die Passagierströme der Hauptstadtregion zu bewältigen, soll und muss das ordentlich und in einem entsprechenden Ambiente und in entsprechender Qualität erfolgen. Das gebietet allein schon der Respekt vor den dortigen Mitarbeitern, die - wie ich bereits erwähnte - unter schwierigen Bedingungen sehr gute Arbeit leisten. Auch am Altstandort Schönefeld sind noch Investitionen erforderlich, wenn auch in geringerem Umfang. Diese wichtigen Aufgaben bleiben auf der Agenda.
Fünftens muss als eines der ganz wichtigen Themen der Lärmschutz und die Akzeptanz in der Region künftig im Aufsichtsrat im Zentrum der Aufmerksamkeit und der Debatten stehen.
Es geht um den Interessenausgleich zwischen den betroffenen Anwohnern, den 25 Millionen Passagieren im Jahr, den betriebswirtschaftlichen Zielen des Flughafens und dem Allgemeinwohl, das dahinter nicht zurückstehen darf. Meine Damen und Herren, das Schallschutzprogramm
wird und muss konsequent und in hoher Qualität umgesetzt werden. Auch das Volksbegehren haben wir nicht nur mit Respekt zur Kenntnis genommen, sondern wir werden uns mit dem Anliegen intensiv auseinandersetzen und Antworten suchen.
Meine Damen und Herren, als Sechstes wird es eine Änderung in der inneren Organisation der Landesregierung geben, worüber wir gestern Abend gesprochen haben. Staatssekretär Bretschneider, der dem Hause bekannt ist, wird in die Staatskanzlei wechseln und dort eine Arbeitseinheit führen, bis der Flughafen in Ordnung gekommen ist. Diese Arbeitseinheit wird sich ausschließlich mit Flughafen, Flugwesen und Flughafenbau beschäf
tigen. Auch durch diese Entscheidung wollen wir dazu beitragen, dass dieses wichtige und große Projekt auf ein gutes Gleis kommt.
Meine Damen und Herren, Verantwortung für den Bau unseres neuen Flughafens Berlin Brandenburg habe ich bereits wahrgenommen. Dennoch bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass ich noch mehr Verantwortung wahrnehmen muss. Auf diese Weise will ich mit all meiner Kraft dazu beitragen, dass der Bau unseres neuen Flughafens doch noch glücklich zu Ende gebracht werden kann.
Mir ist dabei vollauf bewusst: Ich verbinde mein politisches Schicksal mit dem Gelingen dieser Aufgabe. Das ist der Weg, den ich jetzt eingeschlagen habe. Dazu brauche ich den Rückhalt des Landtages und der gewählten Abgeordneten. Dafür bitte ich als Ministerpräsident des Landes Brandenburg um Ihr Vertrauen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Vogel, eigentlich - weil es kurz vor Weihnachten ist - will ich auf Ihre Rede gar nicht eingehen, weil es teilweise skurril war, wie Sie sich verstiegen haben, nur um irgendwo billig eine Schlagzeile zu bekommen.
Vielleicht schämen Sie sich in Teilen selbst, wenn Sie das Protokoll lesen: Die Sprachlehrer können nichts, die Kita-Erzieherinnen sind unfähig - lesen Sie es noch einmal durch, vielleicht entschuldigen Sie sich danach bei den Kolleginnen und Kollegen.
Ich spüre immer, wenn Sie reden, eine ganz eigenartige, mir nicht erklärliche Distanz zu diesem Land und den Realitäten in diesem Lande. Sie unterbreiten Vorschläge - ich habe Ihre Sätze noch im Kopf: Jeder Arbeitsplatz, der bei Fossilen verloren geht, wird bei Erneuerbaren doppelt wieder entstehen. Wir erleben in Frankfurt, dass die Welt komplexer ist, und deshalb folgen wir Ihren Vorschlägen auch nicht, sondern wollen hier eine Volkswirtschaft entwickeln, die am Ende auch eine Basis und ein Fundament hat und Menschen wirklich Perspektive und Zukunft gibt, meine Damen und Herren.
Lieber Herr Dombrowski, Sie haben eben ein schönes Bild gezeichnet: Seitdem wir regieren, seit drei Jahren, zieht hier ein Proteststurm nach dem anderen durch das Land. Das hat es vorher alles nicht gegeben. Solange Sie dabei waren, war alles friedlich, fromm und fröhlich. - Ich erinnere mich an andere Zeiten. Ich war ja auch dabei. Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, dass Jörg Schönbohm als Innenminister tausenden Polizisten gegenüberstand,
die ihm in einer einmaligen Aktion den Rücken zugedreht haben. Das haben sie bei Dietmar Woidke noch nie gemacht. Es gab auch in dieser Zeit durchaus Proteste. So ist das in der Demokratie. Dagegen kann man ja auch gar nichts haben. Übrigens, Herr Dombrowski, wenn Sie sagen, Sie wissen ganz genau, wie das mit dem Flughafen hätte sein sollen, ist und werden wird, rate ich Ihnen: Nehmen Sie sich einen anderen Gutachter. Ihr bevorzugter hat schon alles zu diesem Thema gesagt. Derselbe Mann hat gesagt, der Flughafen sei zu groß geplant, er sei zu klein geplant, er sei falsch geplant. Das macht er locker alles in drei Jahren. Sie glauben ihm noch. Das sollten Sie auch nicht machen. Wir haben bestimmt nicht immer Recht, aber ich glaube, Ihr Gutachter hat auch nicht immer Recht.
Als Staatssekretär Odenwald jetzt im Hauptausschuss war, haben Sie ihn richtig verliebt angeschaut. Wer ihn nicht kennt: Herr Odenwald ist der Chef der Soko, die übrigens alles richtig macht. Wir haben von Herrn Odenwald jetzt im Hauptausschuss gelernt, die Soko von Herrn Ramsauer wüsste alles besser, und er rät uns, ihr einfach zu folgen. Derselbe Herr Odenwald ist zufälligerweise Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn und musste dort zur Kenntnis nehmen, dass der Stuttgarter Bahnhof, noch ehe er gebaut ist, 1,5 Milliarden Euro teurer wird. Wer leitet denn die Soko, die überprüft, ob Herr Odenwald im Aufsichtsrat richtig gearbeitet hat?
Sie dann vielleicht? Das wäre doch mal ein Rat. Das könnte man doch so machen.
Deshalb sage ich, man sollte immer kritisch sein und Kritik üben, aber die Kirche im Dorf und die Füße am Boden lassen. Wer sich Großprojekte in Europa ansieht, entdeckt vielleicht auch dieses und jenes, was strukturell noch einmal überdacht werden muss, und erkennt, warum es oft nicht klappt.
- Ja, der Flughafen auch nicht. Dazu komme ich noch. - Aber vielleicht gibt es noch andere Ursachen, als dass nur der eine Aufsichtsrat völlig unfähig und der andere natürlich hoch fähig ist. Übrigens, nachdem die Geschäftsführung der Deutschen Bahn AG verkündet hat, der Bahnhof werde über 1 Milliarde Euro teurer, ist sie von Herrn Odenwald für die nächsten Jahre im Amt bestätigt worden. So etwas gibt es auch, trotz aller Soko.
Herr Dombrowski, in aller Bescheidenheit und Zurückhaltung: Ich bemühe mich auch im 23. Jahr und in der 5. Landesregierung, alles, was an Kritik kommt, aufzunehmen, zu verarbeiten und zu sehen, dass wir durch die Kritik besser werden. Dass Ihr Bild mit der Realität nicht völlig übereinstimmen kann - Umfragen sind Umfragen, das weiß ich, das wissen Sie auch -, zeigen aber alle Umfragen, auch die Ihren des ablaufenden Jahres. Sie ergeben, dass über 70 % der Brandenburger sagen, das Land bewege sich in die richtige Richtung. Und die Mehrheit der CDU-Wähler findet, die Landesregierung bewege das Land in die richtige Richtung. Das kann sich manch andere Landesregierung nur wünschen. Wir sind froh darüber und werden deshalb aber nicht unkritisch bei dem, was wir hier tun.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, dass trotz allem heute ein denkwürdiger Tag ist. Wir beschließen einen Doppelhaushalt, und den nächsten Haushalt wird schon ein neues Parlament beschließen. Daher lohnt es sich durchaus, noch einmal innezuhalten und zu schauen, was in den letzten Tagen und Wochen hier durch harte Arbeit entstanden ist. Ich möchte mich dem Dank an den Ausschussvorsitzenden, Herrn Burkardt, und an die Ausschussmitglieder ganz ausdrücklich anschließen.
Herr Burkardt, ich werde mit Ihnen zusammen dafür kämpfen, dass in unser Wappen nicht der Wolf hereinkommt, sondern der Adler dableibt. Im Horst ist er sicher, Wölfe können nicht klettern. Wenn man überlegt, wie oft heute schon über Wölfe gesprochen wurde - wir haben geschätzt 70 bis 80 im Lande habe ich manchmal das Gefühl, dass wir bald mehr Institutionen haben, die sich mit Wölfen beschäftigen, als es entsprechende Tiere im Land gibt. Da sollten wir ein wenig vorsichtig sein.
Ich denke - und da geht der Dank an alle -, dass dieser Haushalt, so wie er jetzt vorliegt und zur Abstimmung steht, ein durchaus vernünftiger Haushalt ist. Er ist konsequent. Ich halte ihn im Gegensatz zu manch anderen Rednern mit manch anderer Intention auch für einen verantwortungsbewussten Haushalt. Er muss uns nicht in allen Facetten gefallen. Jeder einzelne Abgeordnete jeder Fraktion hätte gerne für bestimmte Bereiche mehr Geld. Das ist doch völlig normal. Politik ist doch nichts weiter als die Kunst, einen Interessenausgleich herzustellen, Mut zu haben, Nein zu sagen und am Ende etwas zu tun, was auch im nächsten und in fünf und in zehn Jahren möglichst noch trägt. Ich finde, das ist hier passiert. Man kann dem Haushalt noch so kritisch gegenüberstehen, eines ist Fakt, das sagen die Zahlen: Er beinhaltet mehr Geld für Bildung, für Wissenschaft, für Forschung, für Innovation und damit für die Zukunftsfähigkeit des Landes. Das ist gut und richtig.
Herr Dombrowski, Sie haben Recht: Einige ostdeutsche Länder - nicht alle - nehmen früher als wir keine neuen Schulden mehr auf. Aber sehen Sie sich auch einmal an, wie dort die Verschuldung der Kommunen ist, schauen Sie sich an, wie die Verschuldung der Kommunen hier ist. Wir werden unseren Kommunen mit diesem Haushalt in der Summe - da ist die Entlastung des Bundes eingerechnet, darin sind die Gelder aus der erhöhten Finanzausgleichsmasse enthalten - im Jahr 2013 über 70 Millionen Euro mehr und im Jahr 2014 noch einmal über 46 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen.
Damit stehen die Kommunalfinanzen nicht auf einem idealen Fundament - keine Frage. Christian Görke hat über die drei großen kreisfreien Städte richtigerweise gesagt, dass wir uns etwas einfallen lassen müssen. Sie stehen aber auf einem soliden Fundament. Wenn ein Nachbarland seinen Landeshaushalt einen Tick früher schuldenfrei gestalten kann, aber sagt, die Hunderte Millionen, die wir dann nicht haben, müssen die Kommunen sparen, kann ich nur erwidern, dass wir diesen Weg dezidiert nicht gegangen sind. Wir wollten, dass die Kommunen hier im Land auch noch Luft bekommen, und das finde ich richtig.
Die Investitionsquote ist kritisiert worden. Reinhold Dellmann hat sich gemeldet, klar, muss er auch. Das verstehe ich auch, das würde ich an seiner Stelle auch tun. Mit einer Investitionsquote von 15,5 % im nächsten Jahr und noch weit über 12 % im übernächsten Jahr liegen wir aber noch weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Das muss man dann auch einmal sagen, das gehört auch zur Realität. Ich hätte auch lieber 20 oder 30 %, das ist keine Frage.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich ganz ausdrücklich beim Parlament für die Bereitstellung der zusätzlichen Mittel für den Flughafen bedanken. Ich weiß, dass das kein gewöhnlicher Prozess war, ich weiß, dass das eine Herausforderung war. Und ich hoffe, dass sich das nicht wiederholt. Deshalb bedanke ich mich bei allen, die daran beteiligt waren, dass diese Umstellung in den Jahresscheiben noch in kürzester Zeit, in Stunden, Realität werden konnte.
Natürlich ist es - da stimme ich jedem zu, der das hier zum Ausdruck gebracht hat - mehr als ärgerlich, was da mit unserem Flughafen, insbesondere durch die verzögerte Eröffnung, passiert ist. Ich sage trotzdem, und das sollten wir nicht aus dem Auge verlieren bei allem Ärger, den wir in diesen Monaten haben - ich ärgere mich selber am meisten -, dass dieses Infrastrukturprojekt den Menschen in der gesamten Region, in Berlin und Brandenburg, über Jahrzehnte hinweg einen großen Nutzen bringen wird. Da geht es nicht nur um Jahre. Er wird Wirtschaftsmotor sein. Er wird der Dreh- und Angelpunkt sein, er wird dieser Region Sicherheit in ihrer Entwicklung geben. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir müssen jetzt alle Kräfte darauf konzentrieren, ihn funktional eröffnet zu bekommen. Da ist die Kuh noch nicht vom Eis.
Verehrter Herr Vogel - lieber Herr Büttner, Sie konnten wohl im Hauptausschuss nicht da sein; Frau Vogdt war da - ich habe sehr deutlich gesagt, inwiefern die Kuh noch nicht vom Eis ist und was noch geleistet werden muss und wann erst wir hundertprozentig sagen können, ob der Eröffnungstermin steht. Wenn die
komplexen Entrauchungstests nicht funktionieren, haben wir ein Problem. Das wissen wir aber noch nicht, das wissen wir höchstwahrscheinlich im Februar oder im März. Sie werden dann im Verbund laufen. Ich weiß, schuld trifft automatisch immer die Politik. Mein Appell geht jetzt an alle beteiligten Firmen, die die Software entwickeln, die die Zusammenschaltungen machen. Nur dank einer gemeinsamen Kraftanstrengung kann das große Vorhaben am Ende auch funktionieren.
Meine Damen und Herren, die Debatte zum Haushalt, fand ich, war sehr gründlich. Sie war in Teilen sehr kontrovers. Das ist gut so. Das gehört zum demokratischen Umgang. Ich will trotzdem noch einmal daran erinnern, dass dieser Haushalt sehr wohl auch eine historische Dimension hat. Er ist der erste brandenburgische Haushalt, der keine neuen Schulden mehr macht; und das haben wir auch in Zukunft, in den Folgejahren vor. Das wird man vielleicht erst viele Jahre später sehen. Dieses Land wird verantwortungsbewusst handeln, seinen Kindern etwas hinterlassen, worauf sie bauen können. Wir werden ab 2014 keine neuen Schulden mehr machen. Ich halte das für eine essentielle Bedingung für die Stabilität und Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Wir haben 22 Jahre hinter uns.
Manche sind noch hier, die von Anfang an dabei sind, auch in diesem Hohen Hause. Gerade sie wissen - und das geht über alle Fraktionen hinweg -, wie tief die Täler auf dem Weg in diesen 22 Jahren waren, die die Menschen in diesem Land durchschreiten mussten. Dass wir aus diesen Tälern herausgekommen sind, alle Probleme bewältigt haben, daran haben Hunderttausende Menschen - Frauen und Männer in diesem Land einen großen Anteil. Sie können heute am Ausgang des Jahres 2012 mit allerhand Selbstbewusstsein sagen: Die Anstrengungen haben sich gelohnt.
Die Anstrengungen waren wahrlich nicht umsonst. Wir haben Ende 2012 auf vielen Feldern die besten Kennzahlen nach der Wiedererlangung der deutschen Einheit. Herr Dombrowski, Sie haben völlig Recht. Ich freue mich darüber nachhaltig. Es war ein Ziel für viele, die hier gearbeitet haben, die Zahl der Arbeitslosen endlich in den einstelligen Bereich zu bringen, weil es ein Symbol ist, weil es etwas beinhaltet, weil es aussagt: Über 90 % der Arbeitsuchenden finden inzwischen Arbeit in diesem Land. Darüber freue ich mich.
Worüber ich mich noch mehr freue, ist, dass wir heute jedem jungen Menschen eine Lehrstelle anbieten können. Wir haben andere Zeiten gehabt, ganz andere Zeiten, in denen die Menschen das Land verlassen mussten, weil sie hier überhaupt nichts gefunden haben. Heute findet vielleicht nicht jeder den Ausbildungsplatz, den er möchte, aber er hat eine Chance. Er findet eine Lehrstelle in seinem Land. Wenn er hier seine Zukunft gestalten will, dann kann er sie gestalten.
Die OECD hat uns gerade vor wenigen Tagen bescheinigt, dass wir sehr gut aufgestellt sind. Sie hat 23 europäische Regionen verglichen und hat Brandenburg bescheinigt, dass wir sehr gut aufgestellt sind.
Verehrter Herr Vogel, immer wenn ein Ranking aussagt, dass Brandenburg erfolgreich ist und in der wirtschaftlichen Dynamik und bei erneuerbaren Energien vorn liegt, sprechen Sie, wie vorhin in Ihrer Rede, von irgendwelchen Rankings. Wenn in einem Ranking steht, dass wir schlecht sind, ist es natürlich ein hoch solides Ranking. Sie sollten einmal überlegen, wie Sie die Dinge einschätzen.
Auf jeden Fall sagten dieses Jahr sehr viele solide Rankings, dass Brandenburg vorn steht. Also kann nicht alles verkehrt sein.
Bei der wirtschaftlichen Dynamik und bei erneuerbaren Energien liegen wir vorn; und das hängt miteinander zusammen. Beides zeigt, dass wir ein modernes Land geworden sind. Dieses Brandenburg ist ein modernes Land. Dafür haben viele viel getan. Wir haben in den letzten drei Jahren vor allem viel dafür getan, dass es ein Land für alle ist, bleibt und wird. Das sollte auch künftig unsere Hauptaufgabe sein. Wir brauchen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sonst lohnen alle anderen Erfolge gar nichts, weil die Menschen auch etwas davon haben und spüren müssen.
Meine Damen und Herren, wir haben noch eine Unmenge Arbeit vor uns. Das klang in manchen Reden heute an. Ich teile diese Einschätzung. Die nächsten Jahre werden kompliziert. Die Krise ist nicht zu Ende. Der Euro ist noch nicht gerettet. Es wird noch erheblicher Einschnitte bedürfen, ehe wir von einer wirklichen Rettung sprechen können. Der Wettbewerb auf der Welt - wir haben vorhin kurz über die Solarindustrie gesprochen - wird nicht schwächer, er wird härter. Ringsherum wird keiner dümmer. Ringsherum wird keiner langsamer. Keiner wird auf uns warten. Deshalb werden wir auch künftig hart arbeiten müssen. Wir haben weiterhin mit finanziellen Herausforderungen zu kämpfen. Ich will hier gar nicht alle aufzählen. Sie kennen sie. Die Energiewende hat gerade erst begonnen. Ja, Herr Vogel, ich stehe dazu. Eine meiner Hauptaufgaben ist auch in den nächsten Jahren dafür zu sorgen, dass Energie in diesem Land für alle Menschen bezahlbar bleibt. Es darf keine soziale Hauptfrage werden, ob man abends das Licht im Haus anmachen kann.
Dafür stehe ich, und dafür steht auch die Landesregierung.
Wir werden uns mit Blick auf die demografische Herausforderung noch viel einfallen lassen müssen. Wir sind da als Land weit vorn. Das wird anerkannt bis in die EU hinein. Das heißt aber nicht, dass wir das demografische Problem auch nur annähernd gelöst hätten. Wir haben eine Menge Pilotprojekte und Modellvorhaben, die am Beginn stehen. Wir sind aber noch nicht soweit, sagen zu können, wir könnten jetzt in aller Ruhe abwarten, dass wir mit der demografischen Herausforderung fertig werden.
Lassen Sie uns auch in den kommenden Jahren mit den Menschen im Lande und hier im Parlament hart darum ringen, auch offen streiten, auch Proteste aushalten und diese ernst nehmen. Wir können aber nicht allen Protestierenden sagen: Jawohl, ihr habt Recht! Denn auch Proteste bringen bestimmte Interessen zum Ausdruck. Es kann ein anderes Interesse gleich danebenliegen, für das im Moment nicht protestiert wird. Wir müssen es aber sehen und am Ende eine Lösung finden, die alle zufriedenstellt.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen vor dem, was in den nächsten Jahren vor uns liegt - und damit meine ich uns alle -, keine Angst zu haben. Das Fundament dieses Landes ist stabil. Die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahrzehnte kann uns niemand nehmen. Mit diesen Erfahrungen im Rucksack, mit dem, was bereits geleistet wurde, werden wir auch die Herausforderungen der nächsten Jahre bestehen können. Ich wünschen Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Bretz, wir waren vor 14 Tagen für zwei Tage mit einer Unternehmerdelegation in Frankreich. Das Themenspektrum dieser zwei Tage war relativ breit gefächert. Wir haben sehr interessante und auch ertragreiche Gespräche mit französischen Unternehmen gehabt. Die Brandenburger Unternehmen waren ausweislich ihrer eigenen Auskunft sehr zufrieden mit dem, was sie anbahnen und abschließen konnten. Es standen Fragen der Kultur und Wissenschaft auf der Tagesordnung.
Aber, Sie haben völlig Recht, die Frage der Energiepolitik zog sich wie ein roter Faden durch diese Reise. Das fing beim französischen Ministerpräsidenten an, der großes Interesse an der Themenstellung hatte: Wie leitet man eine Energiewende ein und wie setzt man sie Stück für Stück um? - Es hatte sich bis zu ihm herumgesprochen, dass Brandenburg über eine Energiestrategie verfügt, die sehr breit gefächert ist, mit einem sehr guten Mix aufgestellt ist und in der Bundesrepublik Anerken