Ralf Holzschuher
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Ende der Wahlperiode noch eine Änderung der Verfassung. Das ist kein ganz gewöhnlicher Vorgang, und ich würde mich freuen, wenn hier im Saal ein bisschen mehr Ruhe einkehrte; denn eine Änderung der Verfassung ist auch in diesem Hause keine Routineangelegenheit.
- Ja, auch ich würde mich freuen, wenn noch mehr Abgeordnete an dieser Sitzung teilnähmen, weil die Änderung der Verfassung einem in der Tat nicht ganz leicht fällt. Der Kollege Loehr hat das schon erwähnt.
Es ist auch uns nicht leichtgefallen, auch wenn es sich scheinbar um eine Marginalie handelt; eine Randvorschrift wird geändert. Der normale Bürger wird im Alltag davon nichts spüren. Die Strukturen des Staates werden nicht verändert, die Grundrechte werden nicht angetastet. Und doch ändern wir die Verfassung, und zwar, wie ich meine, in einem durchaus wichtigen Punkt.
Wir ändern ein Verfahren, das sich seit Jahrtausenden bewährt hat. Wir treten in ein neues Zeitalter ein. Eine kulturelle Evolution - ich will nicht sagen: Revolution - findet statt. Das digitale, das elektronische Zeitalter findet nun auch bei der Gesetzgebung Einzug. Das ist ein Schritt, den wir heute in seiner
Bedeutung vielleicht noch nicht so richtig erfassen können, den man aber sicherlich in einigen Jahrhunderten schon als bedeutenden auffassen wird.
Nicht nur Brandenburg will dieses Verfahren einführen. Es gibt in anderen Ländern Europas, auch in anderen Bundesländern, ähnliche Tendenzen, aber wir sind mit dem Gesetzentwurf sehr weit vorn. Das ist schon ein bemerkenswerter, ein mutiger Schritt. Wenn wir es am Ende der Wahlperiode machen, dann ist das in doppelter Hinsicht mutig, weil wir dafür eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Ich freue mich, dass es offenbar möglich sein wird, gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen dieses Hauses am Ende der Wahlperiode zu sagen: Das ist tatsächlich etwas, wofür es sich lohnt, die Verfassung zu ändern. Da können wir uns zu einem gemeinsamen Handeln auch in dieser Zeit - durchringen.
Es geht darum, dass zukünftig ein bruchfreier - so ist der untechnische Ausdruck - Übergang von der Tätigkeit im Gesetzgebungsverfahren zur Verkündung gewählt werden soll. Wenn die Landtagsverwaltung uns deutlich machen wollte, wie wichtig das ist, dann hat sie uns heute möglicherweise den neuen Tagesordnungspunkt 6 präsentiert, in dem wir darauf hingewiesen werden, dass gestern bei der Beschlussempfehlung, über die wir abgestimmt haben, ein Absatz fehlte, obwohl er doch im Gesetzentwurf vorhanden war. Das soll zukünftig nicht mehr vorkommen. Ich bin überzeugt, dass das Verfahren, das wir wählen, derartige Fehler zukünftig ausschließen wird, so wie ich auch als erfahrener Dilettant in diesen Dingen überzeugt bin, dass dann andere Fehler auftreten. Deswegen bin ich auch so froh, dass es uns gelungen ist, noch einige Veränderungen, unterstützt durch den Präsidenten, aber auch unterstützt durch die Tätigkeit - das kann man jetzt auch einmal erwähnen der Linksfraktion in diesen Entwurf aufzunehmen.
Die Archivierung wird es zukünftig nicht nur in elektronischer Form geben. Es gibt auch weiterhin Zugangsmöglichkeiten für die Bürger, die nicht über unbeschränkten Internetzugang verfügen. Das sind zwei wesentliche Änderungen, Verbesserungen.
So, denke ich, können wir heute guten Gewissens sagen, dass es dann doch ein wichtiger, ein mutiger und eben auch ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Ich bin gespannt, wie sich das in den nächsten Jahren in der Praxis entwickeln wird. Ich bin aber auch überzeugt, dass wir es nicht bereuen werden. Deswegen können wir zustimmen, und ich würde mich freuen, wenn es dafür eine breite Mehrheit in diesem Hause gäbe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich habe es schon beim letzten Mal und bei verschiedenen anderen Gelegenheiten betont: Dass ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz einmal eine Materie des Landes werden würde, war nicht von vornherein selbstverständlich, als wir hier 2004 unsere Tätigkeit angetreten haben. Die Übertragung dieser Aufgabe auf die Länder im Ergebnis der Föderalismusreform stieß bundesweit nicht auf breite Zustimmung. Man ging davon aus, das werde die Länder überfordern und zu einem eklatanten Rückschritt bei den Rechten des Strafvollzugs in Deutschland führen.
Wir haben erlebt, dass es in sehr kurzer Frist gelungen ist, ein Gesetz zu erarbeiten - ein Vorhaben, um das sich der Bund über Jahrzehnte ergebnislos bemüht hatte. Man müsste vielleicht sagen: abgemüht hatte. Er hatte es nicht vollbracht, das zu schaffen, was verfassungsrechtlich geboten ist.
Vor uns auf dem Tisch liegt ein Gesetz, das aus meiner Sicht „rund“, das heißt sehr gelungen ist. Das haben letzten Endes alle Sachverständigen in der Anhörung bestätigt. Ich kann mich an keine andere Anhörung in den letzten Jahren erinnern, in der alle Sachverständigen unisono sagten: Dieses Gesetz ist im Grundsatz ein sehr gutes Gesetz.
Wir können wirklich stolz darauf sein, dass ein solches Gesetz vorliegt. An der Erarbeitung war das Land Brandenburg gemeinsam mit elf anderen Bundesländern beteiligt. Es stellt die Praxis des Untersuchungshaftvollzuges in Deutschland erstmals auf eine gesetzliche Grundlage.
Natürlich gibt es zu Feinheiten immer Diskussionsmöglichkeiten und Kritik der Sachverständigen. Das wissen auch wir. Ich denke aber, es gibt keinen Anlass, konkrete Änderungen vorzunehmen. Die drei Änderungsvorschläge der Fraktion DIE LINKE, die heute noch auf dem Tisch liegen, sind für uns jedenfalls kein Anlass, diese Position zu überdenken. Zum Teil geht es nur darum, Formulierungen klarer zu fassen, von denen ich denke, dass sie in der Praxis selbstverständlich beachtet werden. Kein Anstaltsleiter wird es sich erlauben können, eine schwangere Untersuchungsgefangene anders zu behandeln als eine kranke; er wird sie vielmehr wesentlich sorgfältiger untersuchen und betreuen lassen, schon im eigenen Interesse. Dafür brauchen wir, glaube ich, keine gesetzliche Regelung.
Natürlich gibt es auch Punkte, bei denen man anderer Meinung sein kann. So kann man sicherlich die Frage stellen, ob im Zusammenhang mit den Trennungsgrundsätzen etwas von „Sicherheit oder Ordnung der Anstalt“ im Gesetz stehen darf. Ich meine, ja. Die Aufhebung der Trennung ist nämlich - so steht es ganz oben im Entwurf - ein Ausnahmefall. Wenn in einer Ausnahmesituation die Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht anders gewährleistet werden kann als durch eine vorübergehende Aufhebung des Trennungsgebotes, dann müssen
wir diese Möglichkeit einräumen. Was wäre denn die Alternative? Es gibt keine. Selbst wenn es nicht explizit im Gesetz stünde, wäre es unter Rückgriff auf allgemeine Vorschriften möglich, das Trennungsgebot in einer Krisensituation der Anstalt aufzuheben. Warum also soll es dann nicht im Gesetz stehen?
Auch der Streit über die Erfassung biometrischer Daten scheint mir unnötig zu sein. Warum um Gottes Willen soll das nicht auch noch erweitert erfasst werden? Es geht hier nicht um Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht, sondern nur darum, festzustellen: Wer ist der Gefangene tatsächlich? Wie können wir ihn erfassen?
Das ist gar nicht so theoretisch, wie man meinen könnte. Vor einiger Zeit gab es einmal das Problem, dass von einem eineiigen Zwillingspaar jemand als Straftäter in Betracht kam. Man hatte zwar die DNA, konnte diese aber keinem der beiden eindeutig zuordnen. Wenn einer davon in Haft gewesen wäre, hätte man nicht gewusst, ob es der Richtige ist. Wenn man weitere Angaben erfasst hätte, wäre dieser Fall - jedenfalls in der Untersuchungshaft - nicht zum Problem geworden. Das ist zwar nur ein begrenzt praktisch relevanter, aber, wenn er relevant ist, durchaus sehr wichtiger Fall, sodass man durchaus sagen kann: Das kann im Gesetz stehen.
All das sind eben für mich keine Gründe, an der Überzeugung zu rütteln, dass wir am Ende der Legislaturperiode ein wirklich erfreuliches Gesetzesvorhaben zum Abschluss bringen. Vielleicht lassen Sie sich auch einmal von mir überzeugen, sodass wir hier zu der einmütigen Feststellung kommen können: Das ist ein gutes Gesetz, dem wir zustimmen können. Es bringt den Strafvollzug im Land voran. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben einen Gesetzentwurf vorliegen, der, wie auch Herr Scharfenberg einräumt, ein moderner ist, einer, der in die Zukunft weist und der in wesentlichen Teilen auch von allen Beteiligten unterstützt wird.
Wir haben aber auch einen Beschlussvorschlag des Innenausschusses vorliegen, der sich auf Änderungsvorschläge stützt, die die Regierungsfraktionen erarbeitet haben und die da ansetzen, wo aus unserer Sicht etwas zu unkritisch in die Zukunft geguckt wurde, die ein bisschen die Bodenständigkeit wiederherstellt - wie man in dem Zusammenhang sagen kann -, jedenfalls was den ersten Teil des Änderungsantrags angeht.
Wir haben den Vorschlag: Wie bisher soll es der Regelfall bleiben, dass Abmarkungen vor Ort konkret im Boden erkennbar bleiben sollen, dass für jeden Eigentümer, auch für jeden sonst Interessierten erkennbar ist, wo ein Grundstück anfängt und aufhört, und dass man nicht darauf angewiesen ist, dies mit Hilfe von Satellitennavigationssystemen ermitteln zu müssen, die nicht diese Bodenständigkeit besitzen, die das Land Brandenburg, die Brandenburger und auch unsere Fraktion auszeichnet. Wenn Sie so wollen, ist das eine Art positiv verstandener Konservativismus.
In gewisser Weise ist auch der zweite Teil etwas, wie man sagen kann, Konservatives. Wir wollen nämlich, dass etwas bleibt, was sich bewährt hat. Deswegen habe ich Sie nicht so ganz verstanden, Herr Kollege Scharfenberg. Wir wollen, dass etwas bleibt, was Sie jetzt als wegfallend kritisieren, nämlich die Möglichkeit für die Kommunen, für die Katasterämter vor Ort, wie bisher Vermessungstätigkeiten auch im Auftrag von privaten Dritten entfalten zu dürfen.
Dahin zielt ein weiterer Änderungsvorschlag der Regierungsfraktionen, der mit zur heutigen Beschlussempfehlung des
Innenausschusses gehört. Wir wollen gerade, dass die bisherige Fassung, die eine Vermessung lediglich von Amts wegen bei öffentlichen Angelegenheiten vorsah, ausgedehnt wird, sodass die Katasterämter wie bisher neben den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren tätig werden können. Das ist im Übrigen nicht nur eine Frage, die sich mit Funktionalreform und Gebührenaufkommen befasst. Es geht aus unserer Sicht - aus Sicht der SPD-Fraktion - durchaus etwas weiter. Wir wollen zeigen: Wir sind nicht bereit, den Weg zu gehen, den man in den vergangenen Jahren manchmal zu unkritisch eingeschlagen hat - auch wir Sozialdemokraten vielleicht manchmal zu unkritisch eingeschlagen haben -, alles auszulagern, zu privatisieren und damit Kompetenzen beim Staat, bei den Kommunen aufzugeben.
Wir wollen diese Kompetenz, vermessen zu können, in den Kommunen erhalten. Das ist gerade in dieser Zeit ein richtiges Signal an die Kommunen und an die Bürger im Land. Wir wollen einen - wenn Sie so wollen - starken Staat, keinen, der alles regelt, aber einen, der die Fähigkeit hat, überall da regulierend einzugreifen, wo es möglicherweise zu Unstimmigkeiten auf dem Markt kommen könnte. Ein ganz kleiner Aspekt davon ist eben auch die Antragsvermessung durch die Katasterämter vor Ort.
Ich bin froh, wenn wir nachher dem Antrag so, wie er vorliegt, zustimmen. Damit haben wir ein wenig mehr Kompetenz bei unseren starken Kommunen im Land gesichert. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor ziemlich genau einem Jahr war es in der Tat so, dass wir vor der Situation standen, dass erhebliche Unruhe durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ins Land kam. Wir mussten uns fragen: Lassen wir das so laufen, oder handeln wir? Wir haben uns zum Handeln entschlossen, und DIE LINKE hat sich in Wahrheit dazu entschlossen, nichts zu tun. Das verwundert möglicherweise.
- Ich sehe, Frau Kaiser ist überrascht, zu hören, dass Sie nichts tun. „Wir haben doch einen Gesetzentwurf“, werden Sie gleich sagen, „einen wunderbaren Gesetzentwurf“. Dabei handelt es sich aber um einen Gesetzentwurf, der in Wahrheit nichts tut.
In diesem Gesetzentwurf steht bei richtiger Interpretation: Verjährte Forderungen sind verjährt. - Das ist gut. Da könnte man auch sagen: Wenn es regnet, wird es nass. Wenn wir das ins Gesetz schrieben, hätte es genau die gleiche negative und überhaupt völlig banale Folge, nämlich keine Auswirkungen.
Selbstverständlich sind verjährte Forderungen verjährt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestreitet das gar nicht.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sagt: Es gibt praktisch keine verjährten Forderungen in diesem Bereich.
Sie helfen mit Ihrem Gesetzentwurf in Wahrheit niemandem. Sie erzeugen mit dem, was hier auf dem Papier steht und was Sie zum Gesetz machen wollen, allenfalls den Eindruck, es wäre ein Ansatz zur Hilfe.
Sie würden - möglicherweise auch beim Verband der Wohnungsunternehmen - die Hoffnung erzeugen, es könnte damit
etwas gelöst werden. Dies ginge so lange, bis die Bescheide von den Verbänden kämen, die alle Altanschließer nach der geltenden Rechtslage in voller Höhe in Anspruch nähmen. Wenn man sich dann mit Ihrem Gesetzentwurf - in Ihrem Antrag steht es doch - dagegen wehrte und sagte: „Da steht es doch aber“, vom Oberverwaltungsgericht dann jedoch gesagt bekommt: „Ihr habt Pech gehabt, es war nicht verjährt!“, stellt man fest: Der Gesetzentwurf hilft nicht weiter.
Was soll so etwas? Es soll offensichtlich darüber hinwegtäuschen, dass auch Sie keine Lösung haben, die allen gerecht wird - womit wir bei unserem Gesetzentwurf wären. Ich räume gern ein: Endgültige Gerechtigkeit gibt es in diesem Bereich nicht. Es gibt keine Möglichkeit, alle so zufriedenzustellen, dass hinterher alle kommen und sagen: Wir sind voll überzeugt; das ist Gerechtigkeit.
Wir wollen einen Weg suchen, wie wir einen vernünftigen Ausgleich zwischen Altanschließern und Neuanschließern schaffen, wie wir den Altanschließern tatsächliche Entlastungen verschaffen können, und zwar dort, wo es möglich und nötig ist.
Bitte noch einen Moment! - Wir können aber kein Verfahren finden, das über das ganze Land erstreckt die gleichen Regelungen vorgibt. Das können wir nicht, weil wir an die Autonomie der Kommunen glauben und sie stützen wollen. Das können wir auch deshalb nicht, weil das Rechtschaos, das irgendwer - heute in der Presse - mit unserem Gesetz öffentlich verbreitet sieht, in Wahrheit schon im Lande herrscht.
Es herrscht in allen Verbänden eine unterschiedliche Rechtslage, und es ist überhaupt nicht möglich, ein Gesetz zu machen, das den 120 Verbänden - oder wie viele wir im Land auch immer haben - in jeder Hinsicht gleich gerecht würde. Wir sagen: Zu entscheiden, was geregelt werden muss und was nicht, obliegt den vor Ort Verantwortlichen. - Deswegen enthält unser Gesetztentwurf zwei wesentliche Elemente, nämlich die Differenzierungsmöglichkeit zwischen Alt- und Neuanschließern, aber eben die Möglichkeit - nicht den Zwang - für die Kommunen, davon Gebrauch zu machen. Dies stärkt die Kommunen in der Tat, gibt dort auch Verantwortung, macht dort vielleicht auch Probleme - ich weiß das; so ist das mit der kommunalen Selbstverwaltung -, aber dies schafft die Lösungsmöglichkeit dort, wo sie hingehört, und dies entlastet - im Gegensatz zu Ihrem Entwurf - tatsächlich da, wo man davon Gebrauch macht, Altanschließer in Euro und Cent.
Jetzt, Herr Kollege Scharfenberg, dürfen Sie gern noch eine Frage stellen.
Das tut mir leid, Frau Präsidentin.
Das waren drei Fragen und nicht eine Zwischenfrage. Ich versuche sie, falls ich sie alle behalte, zu beantworten. Ich darf jetzt beliebig lange darüber reden, hoffe ich. So ist die Geschäftsordnung, wunderbar, danke.
Erstens: 2004 war ich noch nicht im Landtag; das wissen Sie. Ich weiß deswegen nicht ganz genau, was man damals gewollt hat. Da gibt es unterschiedliche Interpretationen. Das ist aber, Herr Kollege Scharfenberg, im Augenblick auch wirklich nicht von Belang,
denn wenn ein Gesetz in der Welt ist, dann entscheidet ein Gericht, wie es zu interpretieren ist. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat es so interpretiert, wie es jetzt auf dem Papier steht. Ob das richtig ist oder falsch, haben wir als Gesetzgeber nicht zu kommentieren. Wir haben nur die Chance, Änderungen zu treffen, die in der Zukunft wirken. Das ist eine der Sachen, die wir hier versuchen.
Die zweite Frage war: Was erreichen wir dadurch? - Wir erreichen eine Entlastung der Altanschließer insofern, als das, was die bloße Erweiterung der Netze angeht, auf die Altanschließer nicht umgelegt werden muss - eine, wie wir sagen, sachgerechte Differenzierung, keine, die, um noch einmal einen juristischen Begriff aufzugreifen, das Gesamtanlagenprinzip infrage stellt, sondern eine, die einen Berechnungsmaßstab schafft, um die unterschiedliche Wertschöpfung zu berücksichtigen, die bei
vor dem 3. Oktober 1990 bebauten Grundstücken entstanden ist - im Verhältnis zu denen, die später bebaut oder später angeschlossen wurden. Das ist der Unterschied. Wir können eine Entlastung dort erreichen, wo es sinnvoll ist. Es ist aber nicht das weiß ich auch - in allen Bereichen des Landes sinnvoll.
Die letzte Frage war: Haben Sie es geschafft, klarzumachen, was wir wollen? - Herr Kollege, der Gesetzestext ist ja unverändert geblieben - wie gesagt: Wenn es regnet, wird es nass; verjährt ist verjährt. Das steht in dem Gesetz, das bleibt so. Mit der Begründung können Sie das auch nicht grundsätzlich infrage stellen. Möglicherweise wollten Sie etwas anderes. Sie wollten das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch ein Gesetz uminterpretieren. Das ist aber ein verfassungsrechtlich nicht zulässiger Weg. Wir können nicht sagen: Das, was das OVG sagt, ist falsch. - Dazu ist ein Gesetzgeber nicht berufen. Es ist nun einmal eine Konsequenz der Gewaltenteilung. Wir dürfen Gerichtsurteile nicht uminterpretieren. Wir können nur Gesetze für die Zukunft machen, die möglicherweise auch Rückwirkung entfalten; auch das mag zulässig sein. Wenn Sie das wollen, eine noch nicht verjährte Forderung für die Zukunft als verjährt zu betrachten, hätte das die Konsequenz, dass wir ganz erhebliche Entschädigungszahlungen leisten müssten. Wenn Sie dies sagen wollten - Sie haben es jedenfalls nicht ins Gesetz geschrieben -, wäre das die Thüringer Lösung. Da haben wir auch gesagt: Eine solche Lösung ist für uns nicht akzeptabel, weil sie den Landeshaushalt, den Steuerzahler belastet. Das ist nun auch nicht gerecht, weil wir wollen, dass diejenigen, die vor Ort von den Anschlüssen profitieren - das sind die Grundstückseigentümer -, vorrangig zahlen und nicht alle, nicht die Mieter, nicht die einfachen Steuerzahler im Land.
Deswegen ist übrigens auch ein Umlagemodell falsch, wie das etwa die Grundstückseigentümer in der Anhörung gefordert haben. Alles über Gebühren zu finanzieren ist in einzelnen Bereichen, in einzelnen Regionen richtig. Potsdam und Brandenburg an der Havel haben ein solches System. Da mag es richtig sein, aber im Großen und Ganzen wäre dies im Land nicht sozial gerecht. Dafür stehen wir Sozialdemokraten nicht, weil wir eben nicht wollen, dass der Hartz-IV-Empfänger für den Grundstückseigentümer den Anschluss finanziert, und darauf läuft es hinaus, wenn man alles, wie Sie ja auch mittelbar fordern, über Gebühren finanziert. Erklären Sie das mal Ihren Leuten, erklären Sie das der Klientel, die Sie immer bedienen wollen, warum Sie die belasten und die Grundstückseigentümer entlasten wollen!
Wir wollen das nicht. Wir wollen Gerechtigkeit, soweit irgend möglich. Es wird nicht hundertprozentig möglich sein, ist aber ein richtiger Schritt, ein guter Weg. Ich hoffe, dass wir nach diesem Tag doch wieder auf einen gemeinsamen Weg kommen und gemeinsam vorangehen. Ich hoffe, dass unser Entwurf die Zustimmung dieses Hauses findet.
Vielen Dank, meine Damen und Herren. Vielen Dank, Frau Präsidentin, für Ihr Verständnis dafür, dass ich Sie nicht zu Wort kommen ließ.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz hat einen technischen Namen; Sie sagten selbst: Es ist eine technische Umsetzung. In Wahrheit soll damit eine neue Ära in der deutschen Rechtsgeschichte eingeleitet werden. Deshalb finde ich es schon gut, dass wir einmal kurz darüber reden, was es eigentlich bedeutet. Eine neue Ära, ein neues Zeitalter, das elektronische Zeitalter - vielleicht sollten wir auch sagen, das virtuelle Zeitalter - der Gesetzgebung soll beginnen.
Die deutsche Rechtsgeschichte ist eine lange Geschichte. Das erste schriftlich fixierte Gesetz, das noch auf germanischrechtliche Ursprünge zurückgeht, ist die Lex Salica vom Beginn des 6. Jahrhunderts, aus der Merowingerzeit. Die erste Urkunde, die dieses Gesetz wiedergibt - nicht ganz aus der Zeit, aber immerhin stammt sie aus dem Jahr 794 -, befindet sich in der Stiftsbibliothek St. Gallen. Sie existiert seit 1 200 Jahren und dokumentiert, was Recht und Gesetz zur Merowingerzeit war. Die erste umfassende rechtliche Darlegung in deutscher Sprache ist der vielleicht allseits bekannte Sachsenspiegel vom Beginn des 13. Jahrhunderts. Auch da liegen mehrere handschriftliche Dokumente vor, das älteste in Heidelberg wohl auch vom Beginn des 14. Jahrhunderts, jetzt 700 Jahre alt. So lange existieren diese fixierten Urkunden.
Wenn wir heute entscheiden wollen, dies in die Ausschüsse zu geben, dann sollte uns klar sein, dass wir auch darüber diskutieren müssen, ob diese neue Ära nun wirklich in jeder Hinsicht erstrebenswert ist. Ich habe Ihnen einen USB-Stick mitgebracht. Wir werden im Ausschuss zu diskutieren haben, was man wohl in 500 Jahren mit diesem Ding wird anfangen können, wenn man unsere heutigen Gesetze lesen möchte. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Untersuchungshaftvollzugsgesetz ist - das steht im Gegensatz zu dem, was der Kollege Loehr gerade vertreten hat - aus meiner Sicht ein sehr gutes Beispiel dafür, dass die Föderalismusreform I hervorragend gelungen ist.
Ich will mich kurz fassen und die inhaltliche Diskussion im Ausschuss nicht vorwegnehmen. Auf einen wesentlichen Punkt möchte ich hinweisen: Über ein derartiges Gesetz ist auf Bundesebene schon sehr lange geredet worden. Wir können auch bei diesem Thema wieder in die Rechtsgeschichte zurückgehen, nicht bis zu den Merowingern, aber bis zur sozial-liberalen Koalition auf Bundesebene. In den Anfangsjahren dieser Koalition 1971 kam die Diskussion über ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz auf. Dann vergingen 35 Jahre. Es wurde immer wieder diskutiert, und es gab immer mehr Verfassungsrechtler und Strafrechtler, die sagten: Wir brauchen ein solches Gesetz nicht nur aus Praktikabilitätserwägungen, sondern weil es verfassungsrechtlich zwingend geboten ist. Wir greifen massiv in die Freiheit Einzelner ein. Dafür brauchen wir eine klare gesetzliche Grundlage. - Trotzdem hat es 35 Jahre gedauert, und es ist nichts passiert. Im Zuge der Föderalismusreform schließlich wurde dieser Teil des Strafvollzugs auf die Länder übertragen.
Obwohl die Länder gezwungen waren, sehr kurzfristig ein Jugendstrafvollzugsgesetz zu realisieren, und das auch, wie ich meine, in hervorragender Weise geschafft haben, ist es dann, nicht einmal zweieinhalb Jahre später, gelungen, ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz vorzulegen, und das Ganze auch noch in Abstimmung mit mehreren - elf haben Sie gesagt
Ländern. Das widerlegt die Befürchtungen, in Deutschland würde jetzt eine Rechtszersplitterung eintreten. Nein, die Länder sind sehr wohl in der Lage, konsequent zusammenzuarbeiten, etwas auf den Tisch zu bringen und etwas zu leisten. Ich meine, das kann man an dieser Stelle gar nicht oft genug betonen. Dies ist für mich - ich war anfangs auch ein Kritiker der Übertragung dieser Kompetenz - ein klarer Beweis dafür, dass es ein Erfolg war, diese Kompetenzen auf die Länder zu übertragen. Der Bund - davon bin ich überzeugt - würde heute noch diskutieren, und irgendwann würde das Bundesverfassungsgericht dem Bund eine Frist setzen. Dieser Fristsetzung sind wir zum Glück zuvorgekommen.
Über Einzelheiten können wir im Ausschuss diskutieren. Aber im Grundsatz freue ich mich sehr, dass wir heute einen solchen Entwurf haben und dass diese Debatte aller Voraussicht nach noch in dieser Legislaturperiode einen Abschluss finden wird. Dies ist ein außerordentlich erfreulicher Gesetzentwurf. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Mit dem heutigen Gesetzentwurf haben wir ein Ergebnis vorliegen, mit dem es sich die Koalitionsfraktionen nicht leichtgemacht haben. In den vergangenen Monaten - man kann sagen, fast ein Jahr lang - haben wir intensiv die Problematik diskutiert, die infolge eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg aus dem Dezember 2007 akut wurde und die im Land verständlicherweise sehr große Unruhe ausgelöst hat. Wir haben einen Gesetzentwurf erarbeitet und vorgelegt, der aus unserer Sicht sehr gut geeignet ist, um diese Unruhe ein für allemal aus dem Land zu schaffen, und der eine gerechte Lösung beinhaltet.
Die Rechtslage im Zusammenhang mit Abwasser und Trinkwasser und dem Kommunalabgabenrecht sind außerordentlich kompliziert. Das ist der Grund dafür, warum es lange gedauert hat, einen Vorschlag zu unterbreiten. Das ist auch der Grund dafür, warum bis heute, trotz vielfacher Diskussionen im Land, immer noch falsche Vorstellungen darüber herrschen, worüber wir eigentlich reden, was die Konsequenz des Handelns ist, was möglich und was nicht möglich ist, im Land zu regeln. Deswegen eingangs einige klare Feststellungen, was dieser Gesetzentwurf bezweckt und was er beinhaltet.
Erstens: Es gibt eine klare Regelung. Niemand wird in Anspruch genommen für Investitionen aus DDR-Zeiten, für Investitionen, die vor dem 3. Oktober 1990 in Abwasser oder Trinkwasser in irgendeiner Form, sei es durch staatliche Stellen, sei es sogar in Eigenleistung, getätigt wurden. Niemand wird dafür in Anspruch genommen. Es wird keine Umlage dieser Investitionen geben. Es darf sie nicht geben. Das steht im Gesetz, und das ist so. Das kann man leider gar nicht oft genug betonen, weil dieser Kernpunkt immer wieder in der Diskussion im Land auftaucht und leider auch von einigen Medienvertretern immer noch in Fragestellungen verbreitet wird. Es ist so: Es wird keine Inanspruchnahme geben.
Zweitens: Wir ermöglichen eine differenzierte Beitragserhebung für Altanschließer und Neuanschließer, indem wir es ermöglichen wollen, dass Investitionen, die allen zugute kommen, wie die neue Kläranlage, auch auf alle umgelegt werden, dass aber Investitionen, die nur der Erweiterung des Netzes dienen, das schon zu DDR-Zeiten existierte, nur von denen zu tragen sind, denen sie letztendlich Vorteile bringen - den Neuanschließern. Diese differenzierte Beitragserhebung ähnlich einem Modell, das in Sachsen-Anhalt bereits erfolgreich praktiziert ist, führt dazu, dass es möglich ist, Altanschließer gegenüber der derzeitigen Rechtslage erheblich zu entlasten, allerdings nicht überall; das wissen wir auch.
Deswegen, weil überall der Sachverhalt nicht greifen würde im Land herrschen nämlich unterschiedliche Rechtsverhältnisse -, sagen wir: Dies können wir nicht durch Gesetz zwingend vorschreiben. Dies gestalten wir als eine Kann-Bestimmung. Wir richten eine Möglichkeit für die Verbände, für Kommunen ein, sich zu entscheiden, ob dieser Weg tatsächlich der geeignete ist. Des Weiteren sagen wir: Wir wünschen uns eine möglichst flexible Handhabung des Ermessens im Bereich von Stundungs- und Erlassregelungen, denn wir wollen unter keinen Umständen, dass jemand, der mit Beiträgen in Anspruch genommen wird - seien es Neu- oder Altanschließer -, gezwungen ist, deswegen sein Haus zu belasten, sein Haus am Ende gar zu verkaufen. Niemand soll durch einen Beitragsbescheid in finanzielle Schwierigkeiten gestürzt werden. Dafür bietet das Abgabenrecht Möglichkeiten, und diese Möglichkeiten werden im Gesetz ausdrücklich noch einmal erwähnt - mit der Bitte des Landtages - mehr können wir nicht tun, es ist eine kommunale Angelegenheit -, aber der ausdrücklichen Bitte des Landtages, hier doch möglichst großzügig das Ermessen auszuüben, wenn wir denn dazu kommen, dies gemeinsam zu verabschieden. Ich hoffe, dass wir uns da auch verständigen.
Eine weitere Sache möchte ich noch nennen: Wir haben uns natürlich auch mit Alternativen befasst, Alternativen dazu, welche Möglichkeiten es noch gäbe, die aktuelle Problematik zu klären. Wir waren uns schnell einig, dass nichts zu tun nicht der Weg ist. Das wäre der einfachste Weg, aber ein politisch nicht verantwortbarer Weg gewesen, denn dann hätten alle in gleicher Weise in Anspruch genommen werden müssen. Die Unruhe im Land wäre verständlicherweise groß gewesen und geblieben, und die Verbände hätten erhebliche Probleme mit der Situation gehabt. Aber wir haben uns auch nicht verständigen können, dem Gesetzentwurf der Linken zu folgen, der hier schon im Haus diskutiert worden ist, denn dieser Gesetzentwurf ist - davon sind wir überzeugt; übrigens nicht nur wir, sondern die Fachleute, die sich damit befassen - rechtlich nicht
haltbar. Es tut mir leid, er ist rechtlich nicht haltbar. Darüber hinaus führte er dazu, dass die Gebührenzahler diejenigen Beitragsausfälle ausgleichen müssten, die nach dem Gesetzentwurf der Linken auftreten würden. Wir würden also die Kosten verlagern, weg von den Besitzern der Grundstücke hin zu allen Anschlussnehmern, den Gebührenzahlern im Land. Das sagen wir auch ganz bewusst: Das ist aus sozialdemokratischer Sicht eine ungerechte Lösung. Das wollen wir nicht, denn diejenigen, die vor Ort profitieren - die Eigentümer der Grundstücke -, sind diejenigen, die zunächst einmal in Anspruch genommen werden müssen.
Wir werden, denke ich, dies in den Feinheiten weiter diskutieren, wenn wir dazu kommen, diesen Entwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Es wird selbstverständlich zu beiden Entwürfen eine Anhörung geben, in der wir die Feinheiten diskutieren können. Ich will das Haus nicht damit langweilen, die sehr komplexen juristischen Probleme im Einzelnen darzulegen, die wir in der Vergangenheit schon diskutiert haben. Aber ich bin sicher, dass im Ausschuss sehr schnell klar wird, dass unser Entwurf nicht nur der Beste, sondern aus meiner Sicht der alternativlose ist, um einerseits Gerechtigkeit im Lande zu schaffen und andererseits eben auch Ruhe in die Diskussion einkehren zu lassen.
Lassen Sie mich abschließend noch darauf hinweisen, dass das aus meiner Sicht auch durchaus ein besonderer Entwurf ist. Es gab hier eine Diskussion, oftmals den Ansatz, dass wir in einen Konflikt mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kommen, wenn wir unseren Entwurf so, wie er ist, in die Welt setzen. Es gab verfassungsrechtliche Bedenken, aber die wurden eben auf die Rechtsprechung unseres Oberverwaltungsgerichts oder anderer Oberverwaltungsgerichte gestützt. Ich war darüber immer etwas verwundert, denn diejenigen, die so argumentierten - es waren erstaunlicherweise sogar einzelne Abgeordnete darunter -, verhielten sich so, als seien wir hier eine Satzungsversammlung eines Zweckverbandes, der die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu beachten hat. Das sind wir aber nicht, das sind wir in keiner Weise. Wir sind die demokratisch gewählten Repräsentanten des Souveräns im Land Brandenburg, und wir haben die Verpflichtung, für diesen Souverän gerechte Lösungen zu erarbeiten, ohne dass wir uns dabei - bei allem Respekt vor den Gerichten - an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu halten hätten. Wie der Name schon sagt, sind diese nämlich nur zur Kontrolle der Exekutive, aber nicht des Landtages zuständig, und deswegen stehen über uns nur die Verfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Landesverfassungsgerichts. Die haben wir zu beachten, und die haben wir beachtet. Die haben wir sehr intensiv geprüft, und wir sind sehr, sehr überzeugt, dass dieser Weg, dieser Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, in jeder Hinsicht mit dem Grundgesetz, mit der Verfassung des Landes und auch mit der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte in Einklang steht.
Ich freue mich daher, dass dieser Gesetzentwurf - gerade auch wegen des aufgezeigten Konflikts - aus den Landtagsfraktionen von SPD und CDU heraus erarbeitet worden ist, und hoffe, dass wir nach einer intensiven Diskussion im Ausschuss in einigen Monaten dazu kommen, diesen Entwurf in diesem Haus - auch gemeinschaftlich von allen demokratischen Fraktionen getragen - zu verabschieden. Das wäre wohl das beste Signal an das Land, dass wir einen Weg gefunden haben, der
bei diesem sehr schwierigen Thema Gerechtigkeit und Zuversicht schafft. - Ich danke.
Herr Baaske! Meine Damen und Herren! Es wird ein Antrag zum Täter-Opfer-Ausgleich gestellt. Schon dieser Tenor ist an sich nicht völlig korrekt. Ein Täter-Opfer-Ausgleich meint normalerweise etwas anderes, nämlich eine Art Mediation bzw. eine Konfrontation des Täters mit dem Opfer, um dadurch dem Täter vor Augen zu führen, welche Konsequenzen seine Tat für das Opfer hatte. Zugleich soll es dem Opfer eine Art psychologische Genugtuung geben.
Ein ganz anderer Fall ist das Adhäsionsverfahren. Man muss es vielleicht einmal deutlich aussprechen, damit auch die Stenografen wissen, was gemeint ist. Adhäsionsverfahren: Das betrifft unstreitige zivilrechtliche Ansprüche des Opfers gegen den Täter. Dieses Verfahren ist bisher in der Tat im Strafbefehlsverfahren nicht möglich. Die Bundesratsinitiative wurde
bisher nicht weiter verfolgt, weil man der Auffassung ist, es bedarf zunächst einiger fachlicher Klärungen, inwieweit es tatsächlich unter prozessökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, ein solches Verfahren einzuführen.
Ich denke nicht, dass jemand hier im Landtag - ich schließe mich ein - in der Lage ist, diese fachkompetente Klärung herbeizuführen, und halte es deshalb für sinnvoll, dass man das Verfahren im Bundesrat bisher noch nicht abschließend betrieben hat. Wir sollten darauf warten, was diese Fachleute als Ergebnis erzielen, und den Antrag der DVU-Fraktion ablehnen. Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag enthält drei Punkte: Einer davon ist falsch, einer ist überflüssig und einer ist jedenfalls für mich rätselhaft.
Sie begrüßen in einem Punkt, was die Landesregierung tut. Das finden wir natürlich nicht falsch. Auch wir unterstützen die Landesregierung bekanntlich. Das ist ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Tätigkeit, und ich freue mich, dass wir in dieser Hinsicht eine Gemeinsamkeit haben. Aber ein Beschluss, wie es in Ziffer 1 des Antrags formuliert ist, ist durch die Landesregierung bei genauerer Betrachtung aus meiner Kenntnis jedenfalls überhaupt nicht gefasst worden, sodass eine entsprechende Unterstützung insofern eher Verwirrung schafft, als das Thema zu erledigen.
Der zweite Teil Ihres Antrags ist überflüssig. Darin steht, dass die Justizstruktur berücksichtigen müsse, was Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz vorgibt: die Rechtsweggarantie. Das ist klar. Das wollen wir auch. Wir wollen das Grundgesetz im Land beachten. Das tun wir. Das wissen Sie. Auch die Amtsgerichtsstruk
tur im Land dürfte mit dem Grundgesetz in jeder Hinsicht im Einklang sein. Etwaige Überlegungen dazu haben diese auch nicht infrage gestellt. Dies ist demnach ein überflüssiger Teil.
Interessant ist für mich der dritte Teil; denn dieser verursacht bei mir einige Fragen. Er ist für mich, wie ich bereits sagte, rätselhaft. Danach soll kurz vor Ende der Legislaturperiode ein Gutachten zur Struktur der Amtsgerichte im Land in Auftrag gegeben werden, und zwar mit dem Ziel, zu klären, ob die derzeitige Struktur die richtige sei, ob es Veränderungen in der Zuständigkeit und in der Zahl der Amtsgerichte geben könne so verstehe ich zumindest den Antrag -, welche Erfahrungen man in anderen Ländern damit gemacht habe, welche Konzentrationen möglich seien und wie weit die Wege zu den Gerichten sein könnten. Dies alles ist durchaus interessant. Jedoch verstehe ich nicht, warum die Linke diesen Antrag stellt; denn bisher hatte ich die Linke immer so verstanden, dass sie sagt: Die derzeitige Struktur ist die einzig richtige,
wir wollen keine Schließung der Amtsgerichte und keine Veränderung. - Wenn man dies so sieht, dann braucht man kein Gutachten. Wenn man es - ich beginne, es zu verstehen - nicht so sieht, so ist es aber der falsche Zeitpunkt.
Lassen Sie uns doch bitte kurz vor Ende der Legislaturperiode kein Thema beginnen, das wir für diese Legislaturperiode bereits beendet haben. Eventuell gibt es in der nächsten Legislaturperiode Ansätze zu neuen Überlegungen, aber heute und für die nächsten Monate
sollten wir uns mit zentralen Themen im Land befassen. Diesen Antrag können wir aus den dargelegten Gründen leider nur ablehnen. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Scharfenberg, ich glaube, wir müssen Sie heute enttäuschen, enttäuschen deshalb, weil es von der Oppositionspartei natürlich immer gern gesehen wird, wenn die Regierungsfraktionen in Schwierigkeiten geraten. Bei diesem Thema sind wir in der Tat alle gemeinsam zunächst einmal über die letzten Monate hinweg in rechtliche Schwierigkeiten geraten. Aber im Gegensatz zu Ihrer Auffassung haben wir sehr intensiv daran gearbeitet.
Ich muss Sie enttäuschen, weil Sie eine Kritik an die Landesregierung richten, die sie nicht nur hier, aber hier ganz besonders, überhaupt nicht verdient. Der Antrag, den wir hier im Landtag gemeinsam beschlossen haben, richtet sich nicht an die Landesregierung. Wenn Sie hineinsehen, werden Sie lesen, dass dort nur steht, dass dem Landtag im Januar etwas vorgelegt werden soll. Wir waren uns damals als die regierungstragenden Fraktionen schon im Klaren, dass dies möglicherweise auch aus den Fraktionen heraus kommen müsse, weil wir die Initiative dazu bereits sehr weit geführt hatten.
Ich muss Sie weiter enttäuschen: Wir haben diesen Auftrag umgesetzt,
zwar nicht heute, aber ich bin sehr optimistisch, dass wir im Januar einen gemeinsamen Vorschlag beider Regierungsfraktionen auf den Tisch legen werden, ein Gesetzesvorhaben initiieren werden, mit dem das Problem der Altanschließer im Land aus unserer Sicht in gerechter Weise und ohne unangemessene Belastungen für die Bürger im Land gelöst werden wird. Wir arbeiten aktuell noch daran - ein bisschen Spannung muss noch bleiben - und ich bin tatsächlich sehr optimistisch.
Ihr Vorschlag, dem man immerhin das Verdienst zusprechen kann, dass er auf dem Tisch liegt - auch Sie haben sich bemüht, das will ich anerkennen -, ist für uns - das ist die dritte Enttäuschung, die Sie aber vielleicht nicht vollständig überraschen wird -, jedenfalls in dieser Form, nicht akzeptabel, weil er keine Probleme löst, weil er von falschen Voraussetzungen ausgeht. Sie beziehen sich auf das Gutachten von Prof. Steiner. Wenn man es wörtlich nehmen würde, wenn er wirklich Recht hätte - ich hätte kein Problem damit, wenn er Recht hätte -, dann sagt er, der Landtag hat 2004 eigentlich kein schlechtes Gesetz gemacht, nur das OVG hat es in einer verfassungswidrigen Weise falsch interpretiert. Wenn er also Recht hätte, dann müssten wir jetzt nur abwarten, dass ein Verfassungsgericht diese Auffassung bestätigt, und dann wären alle Probleme im Land gelöst. Damit hätten wir keine Schwierigkeiten. Nur: Als Gesetzgeber, als politisch Verantwortliche können wir uns nicht darauf zurückziehen, dass das schon so sein wird. Sie wissen wohl, dass es viele Gutachter, viele Fachleute in diesem Bereich gibt, die sagen, Prof. Steiner, ein außerordentlich fähiger, erfahrener, qualifizierter Jurist, hat ein sehr gutes Gutachten vorgelegt, das jedoch in einem entscheidenden Punkt am Anfang einen Denkfehler enthält, weil die Forderungen gar nicht verjährt waren, weil es im vorliegenden Fall tatsächlich nicht um eine Rückwirkung, sondern um einen ganz anderen Sachverhalt ging. Das ist in der Tat juristisch außerordentlich
komplex. Es ist so kompliziert, dass es schwer ist, das hier in einer Landtagssitzung im Einzelnen zu erörtern.
Wenn Sie dachten, dass wir uns jetzt verhalten, wie wir das immer tun, dann müsste ich Ihnen schon die vierte Enttäuschung beibringen. Deswegen, denke ich, ist es gut, dass wir auch Ihren Entwurf in Ruhe weiterdiskutieren, um die Probleme besser im Einzelnen verständlich machen zu können, um Sie zu überzeugen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und Sie tatsächlich auf dem falschen. Deswegen werden wir einer Überweisung in den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bernig, ich teile nicht Ihren Pessimismus, wenn Sie an dieser Stelle davon reden, dieses Gesetz sei nichts weiter als die
bloß formelle Umsetzung der Anforderungen, die die Föderalismusreform an uns stellt. Im Gegenteil, ich sehe sehr wohl, dass dieses Gesetz ein Bekenntnis des Landes zum Beamtentum ist. Ich finde das absolut richtig. Wir brauchen in Deutschland und im Land Brandenburg gut ausgebildete, qualifizierte, engagierte und loyale Beamte. Es ist richtig, dass wir den Beamten in den Bereichen der hoheitlichen Tätigkeit, der Kernaufgaben der Verwaltung, eine möglichst große Flexibilität verschaffen. Ich sehe sehr wohl, dass der Gesetzentwurf sehr weitreichende Ansätze bietet, etwa durch eine Flexibilisierung der Laufbahnmöglichkeiten den Anforderungen an einen modernen Arbeitsalltag auch im Beamtenbereich wesentlich besser als bisher gerecht zu werden.
Die größeren Möglichkeiten, die er eröffnet, etwa mehr Urlaub, mehr Freizeit, Teilzeitarbeit zu gewähren - auf Antrag des Beamten selbstverständlich -, sind Fortentwicklungen, die weit über die tradierten Grundsätze des Berufsbeamtentums hinausgehen und die, denke ich, eine gute Richtung aufzeigen. Wir sind uns vielleicht darin einig, dass es diskutable Punkte in diesem Gesetzentwurf gibt, Dinge, über die man noch reden wird. In der Ausschussberatung werden wir uns darüber unterhalten müssen, ob jeder einzelne Punkt sinnvoll ist, ob vielleicht auch das eine oder andere fehlt.
Es fehlt ein Hinweis auf die Verfassungstreue der Beamten. Ich denke, der Fall in Passau hat gezeigt, wie wichtig es für unseren Staat ist, dass wir Beamte haben, die nicht nur auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, sondern die sie auch mit ihrem Leben verteidigen wollen. Es ist selbstverständlich, dass niemand Beamter werden darf, der auch nur den leisesten Zweifel daran aufkommen lässt, dass er für die Verfassung des Landes Brandenburg und das Grundgesetz einstehen würde. Da, denke ich, wäre eine Ergänzung im Gesetz mehr als eine überflüssige Doppelung, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Statusrecht des Bundes ähnliche Hinweise enthält. Ich denke, das wäre ein guter Zusatz.
Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen Ansatz, über den man reden muss. Aber im Grundsatz, Herr Kollege Dr. Bernig, meinen wir: Das ist ein Gesetzentwurf, der Brandenburg zukunftsfähig macht, der Konkurrenzfähigkeit schafft. Natürlich wird es in den kommenden Jahren weitere Änderungen geben, weil es in Deutschland eine erhebliche Dynamik im Bereich des Beamtenrechts gibt. Auch können wir heute noch nicht alle Entwicklungen hundertprozentig absehen. Auf diese müssen wir dann reagieren, damit Brandenburg für Beamte ein attraktiver Standort bleibt und junge Männer und Frauen, die hier ihre Ausbildung abschließen, einen Grund haben, im Land zu bleiben; vielleicht gewinnen wir auch qualifizierte Kräfte aus anderen Ländern, damit sie unsere Landesregierung unterstützen. Das ist und bleibt das Ziel. Wir werden weiter darauf hinarbeiten müssen, vielleicht auch mit weiteren Regelungen im Gesetz. Für die aktuelle Situation ist dieser Entwurf jedenfalls ein sehr guter Weg. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sarrach, Sie beenden die Tätigkeit in diesem Haus mit einem nun wirklich sehr einvernehmlichen Thema, was nicht heißt - dazu komme ich gleich -, dass wir diesem Antrag zustimmen werden.
So weit geht das Einvernehmen nicht. Es geht deshalb nicht so weit, weil wir diesen Antrag in der Tat für überflüssig halten, denn Sie rennen absolut offene Türen ein. Sie selbst haben aus einem Bericht der „Märkischen Allgemeinen“ zitiert. Sie haben den Kollegen Petke, den Vorsitzenden des Rechtsausschusses, in einer auch für mich sehr positiven Stellungnahme zitiert. Auch die Justizministerin, Frau Blechinger, wird in diesem Artikel zitiert. Sie führt aus, dass man eine angemessene Entschädigung suchen müsse für diejenigen, die unschuldig im Gefängnis saßen, und dass der Gerechtigkeit Sparzwänge nicht entgegenstehen dürften. Auch ich habe mich geäußert, werde in diesem Artikel in ähnlicher Weise zitiert. Da ist auch der Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer, Suppé, zitiert, der die Entschädigung für unangemessen niedrig hält.
Sie werden leider nicht zitiert. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum Sie die Auffassung der Linken noch einmal dokumentieren wollten. Dies haben Sie auch getan. Es ist nicht überraschend, dass Sie - genauso wie wir - sagen: Die derzeitige Höhe der Entschädigung ist nicht mehr akzeptabel.
Ich gebe Ihnen auch in der Hinsicht Recht, dass eine Erhöhung auf 15, 17, 18 oder 19 Euro eine Frechheit wäre. Das kann man nicht anders sagen. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten muss der Staat denjenigen, die zu Unrecht in Haft waren, eine absolut angemessene Entschädigung bieten. Es gibt kaum etwas Schlimmeres, was ein Rechtsstaat einem Bürger zumuten kann, als einen möglicherweise sogar langjährigen Verlust seiner Freiheit.
Dabei muss man jedoch Folgendes sagen: Es geht nicht um Opfer oder Schuld; denn diejenigen, die in Haft waren, sind dies nicht rechtswidrig, sondern zunächst aufgrund einer rechtmäßigen Handlung - sei es in Untersuchungshaft oder aufgrund eines Urteils, das sich möglicherweise erst nach Jahren aus objektiven Gründen als Fehlurteil herausstellt. In diesen Fällen ist derjenige, der in Haft war, zunächst zu Recht in Haft gewesen. Nachträglich stellt sich dann jedoch vielleicht heraus - das gehört zu einem Rechtsstaat -, dass es doch Unrecht war. Dann muss der Staat - so ist es auch in der Tat - alles tun, um diesem zu Unrecht Inhaftierten zu helfen. Dabei ist in der Tat kaum ein Betrag angemessen; denn derjenige, der über lange Jahre in Haft war, wird nie wieder das Leben führen können, das er vorher hatte - egal, wie viel Geld er dafür auch bekommt. Ich hoffe, dass sich in Deutschland alle, die dafür verantwortlich sind, dieser Problematik bewusst sind.
In Berlin gab es einen sehr offenkundigen dramatischen Fall, der für die Berliner Justizsenatorin Anlass dafür war, diese Forderung aufzustellen. Es bringt jetzt nichts, über konkrete Beträge zu sprechen. Ich denke, es ist ein Ansatz für eine Diskus
sion. Zudem glaube ich, dass auch unser Finanzminister - er ist jetzt nicht anwesend, aber er liest die Sitzungsprotokolle sicherlich sehr intensiv - weiß, dass das keine rein fiskalisch zu entscheidene Frage ist. Wir brauchen diesen Antrag heute wirklich nicht.
Ich weiß auch nicht, ob ein Sendschreiben, wie es von den Linken formuliert wurde, derzeit in Deutschland unbedingt hilfreich wäre.
Die Intention, die hinter Ihrem Antrag steckt, können wir jedoch uneingeschränkt unterstützen.
Herr Kollege Sarrach, ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. Ich wünsche Ihnen auch, dass Sie niemals in eine Lage versetzt werden, möglicherweise an einem anderen Gericht ein Urteil zu fällen, das dann dazu führt, dass eine solche Entschädigung ausgesprochen werden muss.
Ich denke, dass wir gemeinsam - alle Justizpolitiker in Deutschland - dafür sorgen werden, dass es nicht dazu kommt, dass diejenigen, die zu Unrecht in Haft waren, sich an das Sozialgericht Frankfurt (Oder) wenden müssen, weil sie finanziell keine Alternative mehr haben. Diesbezüglich sind wir in Deutschland hoffentlich auf einem guten Weg. - Ich danke Ihnen persönlich, Herr Sarrach, und den Kollegen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich denke, wir können es kurz machen, denn wir sind in diesem Punkt alle einer Meinung. Wir haben uns nach der sehr einmütigen Diskussion im Rechtsausschuss gefragt, warum heute diskutiert werden muss, da Diskussionen kontroverse Punkte voraussetzen. Vielleicht wollten Sie auch nur Lob für Ihre Positionen. Das kann ich hier geben, Kollege Sarrach, denn das war auch unsere Meinung. Der einzige Punkt, bei dem ich herausgehört habe, dass es einen Dissens gibt, sind die 600 Euro. Es ist die Frage einer Verordnung, die kommen wird, und wir und Sie wissen: Gebühren können nicht willkürlich festgesetzt werden; sie sind abhängig von den tatsächlichen Kosten. Die werden wir uns darstellen lassen; das haben wir angefordert. Wenn sie niedriger sind, wird auch die Gebühr niedriger sein. Ob sie so hoch ist, werden wir sehen. Ich denke, dass es für diejenigen angemessen ist, die angehende Juristen sein wollen, die eine Perspektive auf einen - wie wir hoffen gut bezahlten Arbeitsplatz haben, weshalb wir hier die Chance sehen, auch ein bisschen den Verwaltungsaufwand auszugleichen. Ob der in Brandenburg höher als in Bayern ist, werden wir sehen; und wenn ja, werden wir nach den Gründen fragen. Das müssen wir aber nicht im Plenum diskutieren. Ich freue mich, dass wir al
le gemeinsam einem Gesetz zustimmen und wünsche Ihnen allen noch eine schöne Debatte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich möchte ich nicht „ebenso“ reagieren, sondern sachlich.
Herr Kollege Scharfenberg, Ihren Vorschlag können wir leider auch nicht unterstützen, weil das, was Sie vorschlagen, nun
einmal rechtlich sehr zweifelhaft ist. Abgesehen davon würde das das Land sehr viel Geld kosten. Sie sagen einfach, wir sollen mit einem Federstrich bestehende Forderungen der Verbände streichen. Wir sollen sagen, dass sie nicht mehr geltend gemacht werden dürfen, weil sie jetzt wieder verjährt sind, nachdem ein Gericht gesagt hat - insofern ist das Oberverwaltungsgericht zuständig für die Interpretation unserer Gesetze -, dass diese Forderungen bestehen. Sie würden diese also aus der Welt schaffen, und das würde, selbst wenn es zulässig wäre, Entschädigungsforderungen auslösen, die die Steuerzahler, das heißt alle Bürger im Lande, tragen müssten. Alle Hartz-IVEmpfänger müssten sich mittelbar daran beteiligen, dass Grundstückseigentümer entlastet werden. Das ist nicht unser Ziel. So wollen wir es nicht machen. So einfach, wie Sie sich das denken, ist die Welt leider nicht.
Wir suchen einen ernsthaften, funktionsfähigen Weg, der Gerechtigkeit und Zufriedenheit im Lande schafft. Wir sind dabei. Ich bitte Sie noch einmal - wir haben es ja schon gestern erörtert und werden es auch weiterhin erörtern -, uns dabei zu unterstützen und die Bürger im Land nicht immer in die falsche Richtung, auf die Bäume, zu jagen, von denen Sie sie irgendwann wieder herunterholen müssten.
Wir versuchen, uns daran zu beteiligen, dass es eine sachliche Lösung gibt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Beschlussempfehlung und der beabsichtigten Verabschiedung gehen wir einen weiteren Schritt in die Richtung, dass Unruhe im Land im Hinblick auf die Frage, wie es zukünftig mit Abwasser- und Trinkwasseranschlüssen weitergeht, beigelegt werden kann. Es ist für uns ein Schritt, aber nicht der Endzustand. Das haben wir mehrfach dargelegt. In der letzten Debatte zu diesem Thema bei der 1. Lesung haben wir es gesagt, wir haben es zwischendurch in vielen Pressemitteilungen gesagt. Aber immer wieder wird behauptet, wir würden es nicht ernst nehmen, wir wollten nur den Zweckverbänden mehr Zeit geben und im Übrigen die Bürger ihrem scheinbar so ungerechten Schicksal überlassen.
Das ist mitnichten so. Weil es nicht so ist, auch wenn die Linke nicht müde wird, das Gegenteil im Lande zu behaupten, haben wir, die Fraktionen von SPD und CDU, einen Entschließungsantrag vorbereitet, in dem wir nochmals diese Position klarstellen. Das mag objektiv nicht erforderlich sein, aber im Hinblick darauf, wie sich gerade die Partei DIE LINKE im Lande verhält, eben dann doch, weil ich meine, die Bürger im Land haben einen Anspruch darauf, endlich Klarheit und Sicherheit zu bekommen und die Wahrheit zu erfahren. Die Wahrheit ist, dass Anschlüsse aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 nicht mehr in Rechnung gestellt werden können, dürfen und werden. Wir werden es - so ist jedenfalls unsere Absicht im Augenblick - dann noch einmal im Gesetz klarstellen.
Wir wollen aber darüber hinaus weitere Veränderungen an der derzeitigen Rechtslage, Veränderungen im Hinblick darauf, dass im Land in allen Kommunen und Zweckverbänden unterschiedliche Verhältnisse herrschen. Kaum ein Verband gleicht dem anderen, was die Situation vor Ort angeht. Deswegen sagen wir: Wir wollen den Kommunen möglichst große Handlungsspielräume einräumen. Dazu wollen wir eine weitere Möglichkeit schaffen - so ist die Zielstellung - und in Anlehnung an das, was in Sachsen-Anhalt geltendes Recht ist, weitere Differenzierungen ermöglichen. Insbesondere wollen wir erreichen, dass die bloße Erweiterung eines schon zu DDR-Zeiten funktionierenden Netzes nicht dazu führt, dass Kosten auf die umgelegt werden können, die schon zu DDR-Zeiten über eine funktionierende Trink- oder Abwasseranlage verfügten.
Das ist unser Ziel mit dem Entschließungsantrag. Ich meine, dass wir mit diesem Weg Gerechtigkeit im Lande schaffen können. Das geht nicht von heute auf morgen, und es setzt insbesondere voraus, dass wir möglichst viele Situationen vor Ort kennenlernen, dass wir die Zweckverbände einbeziehen und dass wir prüfen, was tatsächlich die vernünftigste Lösung im Land ist. Deswegen kann das nicht heute erfolgen, aber es muss schnell erfolgen. Das wissen wir, und deswegen haben wir auch das Ziel, dass spätestens im Januar, möglicherweise auch vorher, ein Gesetzentwurf vorliegt, der Neuregelungen schafft.
Jetzt geht es erst einmal darum, auch dadurch Druck herauszunehmen, dass kein Verband, weil er meint, in diesem Jahr würde er sonst seine Forderungen durch Verjährung der Festsetzungsfrist verlieren, gezwungen ist, diese Ansprüche jetzt schon geltend zu machen. Klar ist: Wir wollen nicht erreichen, dass schon einmal verjährte Forderungen wieder aufleben und festgesetzt werden können. Deswegen ist das auch - vielleicht müssen wir darüber noch einmal diskutieren - im Gesetz aufgeführt. Wir wollen dafür sorgen, dass es Ruhe im Land gibt, dass die Verbände vor Ort entscheiden können, was das Beste ist. Möglicherweise stellt sich auch in dem einen oder anderen Fall heraus, dass gar nichts gemacht werden muss. Das ist dann sicherlich für alle Beteiligten das schönste Ergebnis. Wenn niemand mit der Lage vor Ort unzufrieden ist, kann sie nicht ungerecht sein. Aber da, wo Handlungsbedarf besteht, wollen wir den Verbänden etwas an die Hand geben. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Es wäre schön, wenn die Linke das auch endlich einsehen würde. Ich denke, das wäre ein Weg, um hier in diesem Land in Zukunft einmal vernünftig gemeinsam Politik zu machen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! „Opferschutz vor Täterschutz“ - das ist eine sehr plakative Überschrift für die heutige Aktuelle Stunde. Herr Kollege von Arnim, ich schätze Sie als sehr besonnenen, vernünftig denkenden und handelnden Menschen. Deswegen hätte ich mir schon gewünscht, dass Sie sich mit dieser Überschrift etwas mehr auseinandergesetzt hätten. Täterschutz - so etwas kennen wir im deutschen Recht nicht. Das ist unserer Rechtsordnung, un
serem Selbstverständnis fremd. Der Straftäter wird verfolgt, angeklagt, verurteilt und seiner Strafe zugeführt.
Natürlich hat der Täter in Deutschland Rechte. Das ist eine Selbstverständlichkeit, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Auch der Täter genießt als Mensch den Schutz des Staates, wie jeder andere Mensch das Recht auf Achtung seiner Menschenwürde hat. Das ist selbstverständlich. Deswegen finde ich es bedauerlich, dass gerade die Partei, die sich doch auf die christlich-humanistische Tradition unseres Landes am meisten berufen sollte - sie trägt das „C“ im Namen -, diesen Grundsatz durch die Wahl der Überschrift ein bisschen infrage gestellt hat.
Aber auch der zweite Teil der Überschrift scheint mir an der Sache vorbeizugehen: „Möglichkeiten und Grenzen der nachträglichen Sicherheitsverwahrung“. Wir haben einen aktuellen Anlass. Es ist in der Tat so, dass zukünftig auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden, die nach Jugendstrafrecht verurteilt werden, in seltenen Ausnahmefällen eine nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann. Die Zahl dieser Fälle wird in Deutschland - nach allem, was wir wissen - eine Handvoll im Jahr nicht überschreiten; schon die Zahl der Jugendlichen und Heranwachsenden, die zu Freiheitsstrafen über fünf Jahren verurteilt werden, liegt in Gesamtdeutschland gegenwärtig zwischen 70 und 80 im Jahr. Von denen wiederum kommen nur sehr wenige überhaupt für die Verhängung einer derartigen Maßnahme in Betracht. Im Land Brandenburg wird das mit Sicherheit nur einmal in mehreren Jahren vorkommen. Deswegen ist es weder sinnvoll noch zielführend, dies zum zentralen Thema zu machen, wenn wir über den Opferschutz debattieren.
Herr Kollege Sarrach hat zur Sicherungsverwahrung sehr viel gesagt; ich brauche mich dem jetzt nicht diskutierend anzuschließen. Die Erfolge bzw. Misserfolge und die verfassungsrechtlichen Probleme der Sicherungsverwahrung sind ein anderes Thema.
Wichtig aber ist, dass Sie das Thema Opferschutz hier einmal zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde gemacht haben. Ein besserer Anlass wäre doch gewesen, dass wir gerade - unter reger Anteilnahme vieler wichtiger Persönlichkeiten, unter anderem des Landtagspräsidenten und des Ministerpräsidenten 15 Jahre „Weißer Ring“ im Land Brandenburg gefeiert haben.
Der „Weiße Ring“ repräsentiert wie kaum eine andere Organisation das gesamte Spektrum der Problematik des Opferschutzes. Damit sollten wir uns heute auch schwerpunktmäßig befassen.
In der Tat ist der Schutz des Opfers einer Straftat eine zentrale Aufgabe des Staates. Opfer einer Straftat - zumal einer Gewaltstraftat - zu werden bedeutet für das Opfer eine unvorstellbare Erniedrigung; die Menschenwürde des Opfers wird in unvorstellbarer Weise missachtet. Der Staat, der zuallererst - Artikel 1 Grundgesetz - die Verpflichtung hat, diese Würde zu schützen, muss alles tun, einem Opfer zu helfen. Er muss natürlich auch alles tun - dazu komme ich gleich noch -, um zu verhindern, dass jemand überhaupt Opfer wird.
Das Opfer einer Straftat bedarf des besonderen Schutzes des Staates. Damit ist die Forderung verbunden, dass das Opfer im Strafverfahren nicht, wie es leider immer noch vorkommt, zu einem Objekt degradiert wird, das heißt, nur als Beweismittel, als Zeuge dient. Das Opfer muss im Zentrum des Strafverfahrens stehen. So weit würde ich schon gehen. Denn die Ahndung der Tat, die wir dem Täter angedeihen lassen wollen, ist nur verständlich aus der Tatsache, dass es ein Opfer gibt; ohne Opfer gibt es auch keine Straftat. Das Opfer hat deswegen darauf Anspruch - und muss mehr Anspruch als bisher haben -, dass seine Rolle gewürdigt wird. Herr Kollege Sarrach hat es angesprochen: Die Unterstützung im Verfahren ist zentral. Ebenso zentral sind die Beratung über die Rechte des Opfers und die psychologische Betreuung.
Jeder Mensch, der Opfer einer Tat wird, muss die Chance haben - unterstützt vom Staat mit allem, was ihm zur Verfügung steht -, wieder ein normales Leben, ein Leben frei von Angst zu führen. Die Angst, die ein Opfer erleidet, ist die größte Beschränkung - nicht nur der Menschenwürde, sondern auch der Freiheit. Wer sich nicht mehr auf die Straße traut - weil er Opfer war oder auch nur, weil er Angst vor Straftaten hat -, der ist unfrei. Dies unter allen Umständen zu vermeiden ist auch Aufgabe staatlichen Handelns. Jeder Mensch soll sich zu jeder Zeit überall in diesem Lande gefahrlos und angstfrei auf der Straße bewegen können. Auch das ist ein Aspekt des Opferschutzes.
Die wichtigste Gruppe aber, wenn ich an Opferschutz denke, sind die Kinder; heute sind Schüler anwesend. Kinder als Opfer einer Straftat - das ist ein ganz besonderes Problem. Es wird zu einem existenziellen Problem für den Staat, wenn Kinder Straftaten in der Familie erleben, insbesondere wenn Gewalt permanent Teil des Lebens in der Familie ist. Kinderschutz ist, für mich jedenfalls, der wichtigste Opferschutz. Diejenigen, die als Kind Opfer werden, sind nicht nur Opfer in dieser Zeit, sondern werden später wesentlich häufiger als andere zu Tätern und schaffen wiederum Opfer. Kinderschutz in frühester Kindheit, insbesondere Schutz vor Gewalt, ist deswegen eine sehr wichtige Aufgabe des Staates, wenn es darum geht, Opfer zu vermeiden. Dazu gehört eine vernünftige, sehr früh ansetzende Bildung und Erziehung. Wenn es nötig ist, bedarf es auch des staatlichen Eingriffs in Strukturen, die Kinder zu Opfern werden lassen. Gegebenenfalls sind die Kinder aus den Familien herauszunehmen. Auch das ist Teil des Opferschutzes.
Wir wollen und müssen verhindern, dass es überhaupt Opfer gibt. Wenn es gelingt, Kindern klarzumachen, dass gewaltfreies Leben das Entscheidende in der Welt ist und dass man Konflikte auf andere Weise löst als durch Aufeinander-Einschlagen, dann haben wir schon viel gewonnen. Die Kriminalität wird zwar nicht aus der Welt sein, aber eine niedrigere Stufe von Kriminalität wird möglich werden. Das ist schon einmal ganz wesentlich.
Natürlich müssen wir darauf achten, dass diejenigen, die später, wenn sie älter sind - trotz aller Bemühungen im Kindesalter -, zu Straftätern werden, wenigstens nicht rückfällig werden. Deswegen - der Kollege Sarrach hat es angesprochen -: Resozialisierung ist auch Opferschutz. Das ist nicht etwas, was wir dem Täter antun, weil es so schön ist, für den Täter etwas zu tun, sondern es ist für mich Opferschutz, Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten. Wir müssen uns darum kümmern, dass jeder Straftäter, der aus der Haft entlassen wird - und das ist nun einmal der Regelfall in einem Rechtsstaat, in einem huma
nistisch-christlich geprägten Staat -, noch einmal eine Chance erhält. Wir müssen dafür sorgen, dass er diese Chance auch umsetzen kann. Deswegen - der Kollege Sarrach hat es angesprochen - müssen wir auch überlegen, wie wir den Übergang von der Haft in die Freiheit besser regeln können. Das Stichwort heißt Resozialisierungsgesetz, über das wir in der Tat nicht nur reden wollen, sondern von dem ich mir wünsche, dass es eines Tages, sehr sorgfältig vorbereitet, in diesem Land Gesetz wird. Das ist eine der Voraussetzungen dafür. Da gibt es noch eine ganze Menge zu tun.
Opferschutz ist also eine sehr vielfältige Thematik, und ich freue mich, dass wir heute Gelegenheit haben, einige wenige Aspekte davon anzusprechen. Die Opfer von Straftaten haben es verdient, dass wir uns mehr um sie kümmern und dass sie Mittelpunkt des Handelns werden, wenn etwas schiefgegangen ist. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Mit dem hier vorliegenden Entwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschreiten wir einen Weg, der mit diesem Gesetzentwurf beginnt und nicht etwa endet. Es ist der erste Schritt - das betonen wir ganz deutlich, Herr Kollege Scharfenberg -, der aber für uns nicht hinreichend ist. Das haben wir schon mehrfach gesagt, hier im Plenum und bei verschiedenen anderen Gelegenheiten. Wir betonen es hier nochmals: Es ist für uns nur ein erster Schritt, um in Ruhe darüber diskutieren zu können, wie es weitergehen soll. Wir haben - im Gegensatz zu dem, was Sie geäußert haben - durchaus eine sehr konkrete und konsequente Linie entwickelt. Sie haben sie skizziert, auch der Innenminister hat sie erwähnt: Es ist das Modell aus Sachsen-Anhalt, das wir im Moment bevorzugen. Dieses Modell beinhaltet einen wesentlich weitergehenden Schritt als nur eine Verlängerung der Verjährung. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass dieses Modell gerecht ist und nicht nur als gerecht empfunden würde.
Damit bin ich bei dem von Ihnen aufgeworfenen Problem. Sie haben erneut das Scheinproblem aufgeworfen, dass Altanschließer für Leistungen in Anspruch genommen werden, die schon zu DDR-Zeiten erbracht worden sind. In der Tat ist in den entsprechenden Bescheiden von „erstmaliger Herstellung der Anlage“ die Rede. Das ist ein juristischer Begriff. Er ist unglücklich, und wir würden ihn gern ändern, aber noch steht er im Gesetz, und noch können die Verbände gar nichts anderes machen, als diesen Ausdruck in die Bescheide zu schreiben. Das trifft den Sachverhalt aber nicht. Das sollten wir eigentlich inzwischen gelernt haben; wir sind doch in den letzten Mona
ten alle zu Fachleuten geworden, was das Beitragsrecht im Bereich von Abwasser und der Trinkwasser angeht. Dieser Ausdruck bedeutet nicht, unter keinen Umständen, dass irgendwer in diesem Land etwas für Leistungen zahlen muss, die bereits zu DDR-Zeiten erbracht worden sind. Das ist so nicht gemeint; das ist so nicht gewollt, und wenn es doch irgendein Verband einmal anders machen sollte, so wäre das rechtswidrig.
Möglicherweise brauchen wir eine Klarstellung im Gesetz, damit auch die LINKE das begreift; das mag sein.
Vielleicht werden wir das im Gesetzgebungsverfahren einführen. Aber auch das wäre für uns nicht der hinreichende Schritt, von dem ich sprach. Wir wollen eine gerechte Lösung, und wir meinen in der Tat, dass es erforderlich ist, Altanschließer und Neuanschließer differenziert zu betrachten. Wohlgemerkt, mit Altanschließern und Neuanschließern sind nicht etwa DDRBürger und hinzugezogene Bundesbürger, Wessis, gemeint; vielmehr handelt es sich dabei um diejenigen, die zu DDR-Zeiten einen Trink- oder Abwasseranschluss hatten, und diejenigen, die ihn nicht hatten. Die letzteren sind im Allgemeinen auch DDR-Bürger gewesen, allerdings DDR-Bürger, die das Pech hatten, in einer Gegend zu wohnen, in der man nach dem Konzept der DDR keine zentrale Abwasserentsorgung oder Trinkwasserversorgung vorsah. Das waren typischerweise die ländlichen Regionen oder abgelegene Wohnsiedlungen. Es handelt sich dabei keineswegs um Leute, um die wir uns als Landtag weniger zu kümmern hätten: die Neuanschließer, die nach dem Urteil der Oberverwaltungsgerichts scheinbar ebenfalls einen Nachteil erlitten haben, indem sie nämlich mehr zahlen mussten, als es eigentlich gerecht gewesen wäre - so sieht es jedenfalls das Oberverwaltungsgericht.
Nun ist es durchaus eine problematische Sicht, so simpel an die Sache heranzugehen und zu sagen: Alle, die jemals einen Trink- und Abwasseranschluss bekommen haben, werden über einen Kamm geschoren und müssen gleich zahlen. - Diese Sicht teilen wir nicht. Wir meinen, dass es unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten erforderlich ist, hier weiter zu differenzieren. Was gerecht ist - das ist ohnehin eine verdammt schwierige Frage. Juristisch gesehen lässt sie sich kaum abstrakt beantworten. Es gibt Gerechtigkeitsdefinitionen, solange es Menschen gibt. Ich kann einmal aus der Nikomachischen Ethik des Aristoteles zitieren:
„Das Gerechte ist die Mitte, das Ungerechte dagegen der Verstoß gegen die Proportionen.“
Das hilft beim Kommunalabgabengesetz noch nicht wesentlich weiter. Schauen wir uns doch jetzt an, was das Bundesverfassungsgericht - um das geht es im Übrigen, nicht so sehr um Oberverwaltungsgerichte - zur Frage der Gerechtigkeit sagt. Es führt zum Gleichheitsgrundsatz aus:
„Der allgemeine Gleichheitssatz ist insbesondere dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders... behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können.“
Auch dieses Zitat hilft uns nicht, zu sagen, worin denn eine gerechte Lösung im Kommunalabgabengesetz bestehen müsste. Ist das Modell von Sachsen-Anhalt unvereinbar mit diesen Grundsätzen des Aristoteles oder des Bundesverfassungsgerichts? Ist das, was wir im Augenblick haben, möglicherweise ungerechter als das, was wir erreichen wollen? Wir können es nicht beantworten. Gerechtigkeit ist in der Tat ein ganz schwieriges Thema. 100 Euro auf 100 Leute zu verteilen - da bekommt jeder 1 Euro. Aber wenn man 50 Äpfel und 50 Birnen, die dazu noch unterschiedlich groß sind, auf 100 Leute verteilen will, würde auch der Jurist nicht mehr sagen: Das ist einfach. - Da wird es dann schwierig.
So ist es auch mit unserem vorliegenden Problem. Es ist ein verdammt schwieriges Problem. Deswegen sollten auch Sie von der LINKEN Verständnis dafür haben, dass wir es uns nicht so leicht machen und sagen: Wir haben die Lösung für alle Fälle, eine Lösung, die gerecht ist und die als gerecht empfunden wird. - Vielmehr müssen wir darüber diskutieren.
Wenn es um Gerechtigkeit geht, sollte man einen Ansatz nicht außer Acht lassen, nämlich das Bauchgefühl. Da der Jurist nicht in der Lage ist, eine für alle Fälle in gleicher Weise gültige, abstrakte Regelung zu finden, ist es auch nicht so falsch, zu fragen: Wie wird das eigentlich empfunden? - Da ist in der Tat etwas Merkwürdiges festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts waren ja die Neuanschließer benachteiligt; seit 2001 wissen wir, dass sie benachteiligt sind: Sie mussten höhere Gebühren oder höhere Beiträge zahlen, obwohl sie sie gar nicht zu zahlen gehabt hätten. Das Merkwürdige ist nur: Es schreit keiner. Kein neuangeschlossener Grundstückseigentümer hat beim Landtag angerufen und gesagt: Was habt ihr Landtagsabgeordneten gemacht? Ihr habt verfassungswidrige Zustände geduldet. - Das ist so, obwohl man die Rechtsprechung kennt und obwohl man auch ohne Rechtsprechung eigentlich merkt, wenn etwas ungerecht ist. Die Neuanschließer haben nicht reagiert. Aber diejenigen, die schon zu DDR-Zeiten angeschlossen waren, fühlen sich durch diese Rechtsprechung zu Unrecht belastet.
Wenn man darüber nachdenkt, kann man zu dem Schluss kommen: Da mag doch auch irgendetwas dran sein, dass das, was bisher galt, so ungerecht nicht war und dass das, was jetzt durch die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts geschaffen worden ist, nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Dann sind wir in der Tat aufgerufen, zu handeln, und das wollen wir, indem wir versuchen, eine Lösung, etwa in Anlehnung an das Modell von Sachsen-Anhalt, zu finden.
Auch deswegen halten wir Ihre Lösung für zwar diskussionswürdig, aber nicht für der Weisheit letzten Schluss. Ihr Vorschlag, das, was bisher gegolten hat, auch zukünftig wieder in Kraft zu setzen, würde das Problem gelöst haben, wenn wir es 2004 so gelöst hätten; da gebe ich Ihnen Recht. Aber heute würden wir in einen Tatbestand eingreifen; wir würden möglicherweise die Zweckverbände belasten. Denn sie hätten dann die Forderungen nicht mehr, die sie durchsetzen wollen. Ob es mit dieser Lösung gerechter wäre, weiß ich nicht. Wir werden weiter darüber diskutieren; das ist im Ausschuss sehr gut möglich. Wir werden weiter versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden, eine Lösung, die auch DIE LINKE endlich versteht und die im Land als gerecht empfunden wird. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, und ich habe das Gefühl, DIE LINKE nähert sich dem an. Denn immerhin ist das, was Sie jetzt
vorlegen - das will ich anerkennen -, gegenüber dem Antrag, den wir in der letzten Sitzung behandelt haben, ein Fortschritt. Denn die von uns damals kritisierte absolute Stichtagsregelung ist jetzt aus der Welt.
- Richtig. Schön, dass Sie unserer Ablehnung folgen. Diese Stichtagsregelung, die in der Tat nicht gerecht gewesen wäre und die die Altanschließer von allem ausschließen würde, was nach der Wende neu geschaffen wurde, wäre nicht richtig. Das haben Sie offenbar eingesehen.
Deswegen sehe ich: Wir bewegen uns allmählich aufeinander zu. Wenn das die Landesregierung so sieht und unser Koalitionspartner ebenfalls, dann werden wir, denke ich, in absehbarer Zeit gemeinsam ein gutes Gesetz, das die Probleme dauerhaft klärt, in diesem Landtag verabschieden können. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Zunächst vier Vorbemerkungen.
Erstens: Ich bin davon überzeugt, dass es das gemeinsame Ziel aller demokratischen Abgeordneten in diesem Haus ist, einmütig gegen Rassismus, menschenverachtendes Handeln, neonazistisches Denken - allgemein: gegen jede Art von gegen die Menschenwürde gerichtetes Handeln - aufzutreten.
Zweitens: Da durch Rassismus, Menschenverachtung, nationalsozialistisches Denken der Mensch in seiner Würde negiert wird, müssen diese Erscheinungen für uns alle ein zentrales Thema sein.
Deswegen ist es - drittens - unabdingbar, dass wir parteiübergreifend dieses Thema angehen und uns dem Kampf stellen.
Viertens aber muss es möglich sein, über die Mittel des Kampfes gegen Rechtsextremismus, Menschenverachtung, Rassismus zu diskutieren, auch zu streiten. Davon bin ich ebenfalls überzeugt.
Wir in der SPD-Fraktion haben uns mit dem Thema sehr intensiv befasst und dazu - jedenfalls mehrheitlich - eine relativ klare Position: Es wäre richtig, das Bekenntnis zur Demokratie in unserem Land dadurch zu fördern, dass wir in der Verfassung Klarstellungen vornehmen und im Zusammenhang mit Wahlen ein klares Bekenntnis zur Demokratie - es gibt den Begriff „Demokratie-Check“ - einfordern. Wir stehen daher grundsätzlich zur Möglichkeit einer Verfassungsänderung, die ein Staatsziel eröffnen würde. Das heißt aber nicht, dass wir unbedingt dem Text folgen würden, den DIE LINKE vorgelegt hat. Wie gesagt, dem Weg stehen wir grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.
Aber - Herr Kollege Bernig, Sie haben es vorhin gesagt - es wäre völlig falsch, wenn die demokratischen Parteien dieses Hauses das Thema parteipolitisch instrumentalisieren würden. Leider hat DIE LINKE genau das getan. Sie hat nämlich einen Antrag eingereicht, der auf eine Änderung der Verfassung zielt, wohl wissend, dass man dazu zwei Drittel der Abgeordneten überzeugen und damit alle drei demokratischen Fraktionen dieses Hauses ins Boot holen muss. Sie von der Fraktion DIE LINKE haben vor Einreichung Ihres Antrags nicht versucht, eine gemeinsame Linie herbeizuführen.
Sie haben nicht die Fraktionsvorsitzenden konsultiert und nicht versucht, die Fraktionen in eine gemeinsame Diskussion einzubeziehen, bevor der Antrag auf dem Tisch lag. Damit haben Sie es erschwert, hier vorab eine gemeinsame Linie zu finden.
Nun könnte man sagen, dass Überweisung und anschließende Diskussion in den Ausschüssen der normale Weg wäre. Ich muss zugeben, dass wir auch darüber diskutiert haben, ob wir auf ein derartiges Verfahren eingehen.
Leider aber ist die CDU-Fraktion der Meinung - jedenfalls ist das meine Information -, dass der hier vorgeschlagene Weg der falsche sei. Ich betone: Ich bin überzeugt, dass auch die
Mitglieder der CDU-Fraktion den Kampf gegen Rechtsextremismus als zentrales Thema ansehen und dass auch sie mit Sicherheit versuchen wollen, hier einen gemeinsamen Weg zu finden. Man ist dort im Augenblick aber anderer Meinung. Ich bedauere das, insbesondere deshalb - dass will ich an die Adresse des Koalitionspartners sagen -, weil man sich hinter dem Prinzip versteckt, möglichst keinen Anträgen zuzustimmen, die aus der falschen Richtung kommen, und stattdessen nicht versucht, sich über Sachargumente auszutauschen.
Das hat mich, als ich es hörte, enttäuscht. In der ersten Reaktion darauf haben einige von uns gesagt: Lasst uns den Gesetzentwurf trotzdem überweisen und dann darüber diskutieren! Aber das wäre im vorliegenden Fall der falsche Weg. Herr Dr. Bernig, Sie selbst haben es gesagt: Wir brauchen parteiübergreifendes, gemeinsames Handeln. Wenn eine Fraktion dieses Hauses noch nicht überzeugt ist, dass das der richtige Weg ist, dann müssen wir versuchen, sie zu überzeugen. Daran wollen wir als SPD-Fraktion gern mitwirken.
Aber der Weg, den Sie sich möglicherweise im Augenblick wünschen, nämlich die Überweisung gegen den Willen einer dieser Fraktionen, würde keine Überzeugung herbeiführen, sondern Druck, Streit, Missgunst und Konfrontation erzeugen, und das ist nun das Letzte, was wir bei diesem Thema brauchen. Wir brauchen gerade bei diesem Thema keine taktischen Spielereien, sondern einen breiten Konsens.
Deswegen ist der Weg einer Überweisung mit dem Ziel einer Diskussion der falsche, weil wir dann gezwungen wären - es sei denn, ich könnte zur Kenntnis nehmen, dass man in der CDU anderer Auffassung ist -, uns mit Verfahrensfragen statt mit der Sache, dem Kampf gegen den Rechtsextremismus, auseinanderzusetzen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie bitten, darüber nachzudenken, was eigentlich das Ziel Ihres Antrages ist. Wollen Sie ein gemeinsames Handeln in diesem Land? Dann nehmen Sie diesen Antrag zurück und versuchen, einen gemeinsamen Weg in diesem Haus herbeizuführen. Darin würden wir Sie gern unterstützen. Oder wollen Sie - wie schon bei verschiedenen anderen Anlässen - gucken, wie weit es geht, das heißt, wie weit wir uns provozieren lassen? Dann wäre ich auch von Ihnen enttäuscht, weil das bei diesem Thema vollständig fatal, vollständig falsch wäre und Ihnen auf die Füße fallen würde. Wir werden deshalb Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. Danke.
Frau Kollegin Kaiser, es geht vorliegend um eine Verfassungsänderung.
Es ist Konsens in anderen Landtagen. Ich habe das gerade über Hessen gelesen, die haben viele Probleme, und trotzdem gibt es dort den Konsens, Verfassungsänderungen gemeinschaftlich vorzubereiten, weil es eine so wichtige Sache ist. Es ist - so ist meine Information - nichts Konkretes gelaufen. Der Kollege Dr. Scharfenberg und ich haben miteinander gesprochen, jedoch erst wenige Tage vor Einreichung des Antrages. Das ersetzt, wie ich meine, nicht das, was von mir gewollt ist, nämlich eine gemeinsame Diskussion.
Wenn wir als Regierungskoalitionsfraktionen einen Antrag auf Verfassungsänderung ohne vorherige Absprache mit der Opposition einbringen würden, stieße das bei der Opposition, bei Ihnen, sicherlich auch auf tiefes Missfallen.
Es ist in solchen Fällen schlichtweg üblich, sich untereinander abzustimmen. Deswegen ist vorliegend auch die Überweisung
an einen Ausschuss nicht zielführend, wenn eine der maßgeblichen Fraktionen erklärt, diesem Weg nicht folgen zu wollen. Das ist zu spät. Dann brauchen wir die Diskussion nicht in den Ausschuss zu tragen. Das ist der falsche Weg, auch wenn wir inhaltlich nicht weit auseinander sind, Frau Kollegin Kaiser.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist wieder einmal ein schwieriges Thema, mit dem wir uns heute befassen müssen, ein Thema, das die Bevölkerung im Lande wie kaum ein anderes in den letzen Monaten oder Jahren bewegt und das wie kaum ein anderes Missverständnisse ausgelöst hat. Diese sollten wir als Abgeordnete aufklären und nicht weiter vertiefen.
Zunächst einmal danke ich Ihnen, Herr Kollege Scharfenberg, für die, wie ich meine, relativ sachliche Darstellung Ihrer Position. Wir werden darüber gleich noch diskutieren.
Anfangen möchte ich aber mit einer anderen Position, und zwar der des von mir ansonsten durchaus geschätzten Kollegen Sarrach. Er hat vor einigen Tagen eine Zeitungsannonce zu dem Thema geschaltet, die ich hier bei mir habe. Diese Zeitungsannonce erfüllt gerade nicht den Auftrag, Missverständnisse aufzuklären. Vielmehr ist sie aus meiner Sicht ein Musterbeispiel für Populismus. In einem Lehrbuch für Populismus könnte man die Annonce so bunt, wie sie hier ist, gut
abdrucken. Ich zitiere ganz kurz daraus. Die Überschrift lautet:
„Keine Beiträge für Abwasseraltanschlüsse“
Das ist Ihre Position, die wir kennen. Im Text heißt es:
„Durch eine Gesetzesänderung der Potsdamer Regierungskoalition aus SPD und CDU drohen Eigentümern von Altanschlüssen, Mietern und Unternehmen Beitragsforderungen in großem Rahmen.“
Das ist in zweifacher Hinsicht falsch. Falsch ist, dass die Gesetzesänderung im Jahre 2003 diese Konsequenz auslöst. Das Oberverwaltungsgericht hat bekanntlich nur eine Rechtslage festgestellt, die schon vorher bestand. Durch die Gesetzesänderung wurde lediglich die Verjährungsfrist verändert. Das ist nicht mit dem Ziel geschehen, Herr Kollege Scharfenberg, für vergangene, schon verjährte Beitragsforderungen für Anschlüsse eine Beitragserhebungspflicht wieder einzuführen. Vielmehr ist es, wie Sie auch vorgelesen haben, ausdrücklich darum gegangen, zukünftige Beitragsausfälle bei zukünftigen Satzungen und Beitragserhebungen zu vermeiden. Dass das Oberverwaltungsgericht das anders auslegt, müssen wir zur Kenntnis nehmen. In der Tat müssen wir jetzt überlegen, was wir damit machen.
Vollständig falsch ist auch der Satz, dass die Mieter in Anspruch genommen würden. Darüber wundere ich mich, Herr Kollege; denn Sie sind Jurist und wissen deshalb, dass die Mieter damit nichts zu tun haben, jedenfalls so lange nicht, wie Ihr Modell nicht umgesetzt wird. Anderenfalls hätten wir das Problem, dass auf die Altanschließer plötzlich Gebührenforderungen zukämen. Diese Gebühren wären dann möglicherweise auch für die Mieter relevant, weil diese dann höhere Gebühren tragen müssten. Eine Umlegung von Beiträgen auf Mieter ist aber nicht möglich. Dass Mieter Beiträge nicht selber zahlen, wissen im Übrigen wohl wir alle.
DIE LINKE will also eine Regelung vorlegen - das haben Sie jetzt getan -, durch die die Probleme angeblich gelöst werden; dazu komme ich gleich. Sie löst diese Probleme natürlich nicht. Dann sagen Sie auch noch: Wir machen uns stark für Ihren Schutz. - Ich frage: Schutz vor wem? Schutz vor der bösen Landesregierung, den bösen Koalitionsparteien, die den armen Menschen im Lande immer nur etwas wegnehmen wollen? Sie bieten den Menschen also Schutz. Herr Kollege Sarrach, so kann man vielleicht als Vertreter einer Oppositionspartei argumentieren, wenn man Regierungsparteien angreift. Aber wenn man eines Tages selbst regierungsfähig sein will, dann darf man das nicht. Dann ist das Populismus, der nicht zum Ziel führt und der im Übrigen die Menschen im Lande auch belügt.
Ich komme jetzt zu Ihrem und unserem Antrag. Es ist ja einfach, zu sagen: Diejenigen, die damals schon angeschlossen waren, sollen nicht zahlen. - Vielleicht ist das auch der erste Gedanke bei einigen von uns gewesen. Allerdings haben wir uns mit der Materie sehr intensiv befasst und wissen heute, dass es so nicht geht. Es geht verfassungsrechtlich nicht, Altanschließer vollständig auszunehmen. Das widerspräche dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Es wäre auch nicht gerecht, weil dadurch nämlich den Neuanschlussnehmern alle
Lasten für sämtliche Investitionen nach der Wende aufgebürdet würden. Das ist nun einmal nicht gerecht, weil die Vorteile allen, also auch den Altanschlussnehmern, zugute kommen.
Deswegen ist Ihr Antrag schlichtweg falsch. Er ist juristisch nicht haltbar. Wenn man den Antrag so interpretierte, wie es der Parlamentarische Beratungsdienst getan hat, dann fände man vielleicht einen Weg. Aber dann müssten Sie den Menschen im Lande auch sagen, dass das zur Konsequenz hätte, dass alle Altanschlussnehmer höhere Gebühren zahlten als die Neuanschlussnehmer. Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie das bitte und lassen Sie uns darüber diskutieren. Unser Weg wäre das nicht, weil das wiederum zu Verwerfungen führte, die meiner Ansicht nach im Lande nicht verstanden würden.
Wir haben sehr lange darüber diskutiert, und die Diskussionen sind noch nicht abgeschlossen. Das wird durch unseren Entschließungsantrag deutlich. Wir haben versucht, Wege zu finden.
Dazu zunächst einmal eine ganz klare Feststellung: Diejenigen, die bereits vor 1990 einen Trinkwasser- oder Abwasseranschluss hatten, brauchen - unter keinen Umständen - nichts für das zu bezahlen, was damals schon im Boden lag, nichts für die damaligen Leitungen, nichts für die damaligen Anlagen und schon gar nichts für die Eigenleistungen, die damals in der Tat sehr viele erbracht haben. Niemand darf diese Kosten auf Altanschlussnehmer umlegen.
Wir sagen das nicht nur in unserem Antrag, sondern vielleicht müssen wir auch darüber nachdenken, das gesetzlich noch einmal klarzustellen.
Das ist, denke ich, erst einmal eine Kernaussage. Nichts, was vor 1990 im Boden war, darf kostenmäßig umgelegt werden und wird kostenmäßig umgelegt. Aber es ist eben, wie ich sagte, nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, einen vollständigen Schlussstrich zu ziehen und zu sagen: Diejenigen, die damals einen Anschluss hatten, zahlen nichts mehr. Verfassungsrechtlich ist das nicht zulässig. Wir können hier nicht guten Gewissens den Menschen im Lande so etwas vorgaukeln und eine Regelung beschließen, die vor den Gerichten mit Sicherheit keinen Bestand haben dürfte. Das tragen wir nicht mit. Deswegen werden Sie auch in namentlicher Abstimmung von uns keine Zustimmung zu einem verfassungswidrigen Vorschlag bekommen.
Aber wir sagen auch: Wir müssen Lösungen suchen, die die Besonderheiten der Altanschlussnehmer und der Lage im Land berücksichtigen. Deswegen haben wir in den Antrag einen Prüfauftrag an die Landesregierung aufgenommen. Dieser gilt aber auch für uns; wir denken noch weiter darüber nach. Es ist nicht nur die Landesregierung am Arbeiten. Der Prüfauftrag geht dahin, die Rechtslage in den Ländern Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zu prüfen. Ich verrate hier kein Geheimnis - es ist schon öffentlich geworden -, wenn ich sage, dass unsere Fraktion die Rechtslage in Sachsen-Anhalt für sehr erwägenswert hält. Dort wird nämlich nicht nur klargestellt, dass das, was vor 1990 war, nicht umlagefähig ist. Es wird auch gesagt, die Kosten der Investitionen nach der Wende, die allen zum Vorteil gereichen, also die großen Kläranlagen und Pumpwerke, sollen auch von allen getragen werden. Wir halten das für gerecht und denken, dass wir das den Menschen im Lande, insbesondere den Eigentümern, erklären können und
müssen; denn es ist nicht nur gerecht, es gebietet der Gleichheitsgrundsatz.
Aber wir sehen sehr wohl Möglichkeiten, so wie in SachsenAnhalt zu differenzieren und zu sagen: Investitionen, die keine Vorteile bringen, etwa Leitungsnetze in anderen Stadtvierteln bzw. Erweiterungen, können unter Umständen ausgenommen werden.
Ich weiß wohl, es gibt auch dagegen Bedenken. Einige argumentieren, auch das würde dem Gleichheitsgrundsatz und der bisherigen Rechtsprechung von Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht widersprechen. Aber diejenigen, die diese Bedenken vortragen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Gleichheitsgrundsatz zwei Aspekte hat. Der eine fordert, gleiche Sachverhalte nicht ungleich zu behandeln. Aus Artikel 3 folgt aber auch, dass ungleiche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen. Ich denke, es gibt genügend Ansatzpunkte dafür, um zu der Auffassung zu gelangen, dass es doch etwas Ungleiches wäre, wenn wir diejenigen, die vor 1990 einen Anschluss hatten, kritiklos mit denen gleichsetzten, die erst in den 90er Jahren angeschlossen wurden. Das sind tatsächliche und rechtliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen, vielleicht sogar gebieten könnten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit dieser Situation bisher nicht befasst. Es hat auch keine Entscheidung des Landesverfassungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts dazu gegeben. Wir sollten deshalb keineswegs vorschnell sagen: Das, was man in Sachsen-Anhalt mit Erfolg praktiziert und was aus unserer Sicht gerecht ist, geht nicht. - Gerechtigkeit geht immer umzusetzen, zumal auf dem Boden des Grundgesetzes. Deswegen haben wir diesen Vorschlag in den Vordergrund gestellt, wenn auch nicht als einzige Möglichkeit und wenn auch unter dem Vorbehalt natürlich, dass wir selbst uns sehr vorsichtig bewegen sollten. Einen Schnellschuss, einen juristisch nicht korrekten Weg werden wir im Ergebnis nicht mittragen können. Wir brauchen eine Datenerhebung - das ist klar -, aber parallel dazu eine weitere juristische Prüfung und möglichst schnell Klarheit, wie der Weg sein wird, nicht erst 2010, sondern die Bürger im Land - da geben wir Ihnen Recht - haben Anspruch darauf, das so schnell wie möglich zu erfahren.
Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten nicht nur eine Regelung zur Verlängerung der Verjährungsfrist finden werden, sondern dass wir gleichzeitig einen Weg finden werden, der Gerechtigkeit im Land schafft, die Unruhe besänftigt und die Bürger davon überzeugt, dass wir das, was wir hier tun, verantwortungsvoll und im Interesse aller tun. Es geht nicht um den Schutz vor der Landesregierung und den Parteien hier im Landtag, sondern um den Schutz durch sie. - Vielen Dank.
Zwischen der Anschlussstelle Wollin der Bundesautobahn A 2 und der derzeitigen Ortsumgehung Wusterwitz ist eine neue Strecke, die später einmal ein Teil der Bundesstraße 102 werden soll, geplant. Die derzeitige Streckenplanung sieht eine Trassenführung im Bereich des Brandenburger Ortsteils Mahlenzien vor, die durch das dortige Trinkwasserschutzgebiet geführt würde. Dieses Trinkwasserschutzgebiet hat für die Stadt
insofern eine große Bedeutung, als das Wasserwerk Mahlenzien fast die gesamte Stadt Brandenburg an der Havel mit Trinkwasser versorgt. Vonseiten der Stadtverwaltung in Brandenburg an der Havel wurden daher erhebliche Bedenken gegen die derzeitige Streckenplanung geäußert und wurde eine andere Trassenführung gefordert.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie ist der Stand der Planungen für die B 102 neu im Abschnitt Brandenburg-Süd im Hinblick auf die von der Stadtverwaltung geäußerten Bedenken?
Es ist nur eine kurze Nachfrage: Wann ungefähr wird das Gutachten vorliegen?
Frau Ministerin, Sie haben eine sehr ausführliche Antwort gegeben, aus meiner Sicht letztlich aber die Frage nicht exakt beantwortet. Aufgrund dessen habe ich zwei Nachfragen.
Sie haben dargelegt, was der Stiftungsrat für Vorstellungen hat bzw. was in der Stadt Brandenburg an der Havel - im Übrigen parteiübergreifend - in den letzen Monaten sehr eindeutig als Vorzugsvariante gesehen wird. Gefragt war nach der Ansicht der Landesregierung. Deswegen meine erste Frage: Gibt es eine im Kabinett abgestimmte, klare Position der Landesregierung, nach der der Vorschlag bzw. die Vorstellungen aus der Stadt Brandenburg zu einer zentralen Gedenkstätte für alle drei Themenkomplexe abgelehnt wird, oder gibt es eine solche Abstimmung noch nicht?
Die gegenwärtige Gedenkstätte im ehemaligen Zuchthaus der derzeitigen Vollzugsanstalt ist eine Gedenkstätte in einer funktionierenden, laufenden Justizeinrichtung dieses Landes. Sie ist also nur unter erschwerten Bedingungen zugänglich. Deswegen meine zweite Frage: Halten Sie unter diesen Umständen diese Einrichtung für eine geeignete Gedenkstätte, zumal sich dort in einer existierenden, im Betrieb befindlichen Justizvollzugsanstalt bundesweit einmalig eine Guillotine befindet?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte der Bodenreform ist auch eine Geschichte von Ungerechtigkeiten, von gefühlten Ungerechtigkeiten und von tatsächlichen Unge
rechtigkeiten. Nach der politischen Wende in der DDR gab es keinen denkbaren Weg, Ungerechtigkeiten im Umgang mit der Bodenreform zu verhindern.