Protocol of the Session on July 5, 2007

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heutigen - letzten - Plenarsitzung vor der Sommerpause.

Zur Tagesordnung gibt es folgende Bemerkung zu machen: Der Tagesordnungspunkt 3 - Beitrag des Landes Brandenburg zur Senkung der klimaschädlichen CO2-Emissionen des Verkehrs, Drucksache 4/4739 - ist zusätzlich auf die Tagesordnung gekommen. Es ist vereinbart worden, dass zu diesem Tagesordnungspunkt jeweils fünf Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Gibt es ansonsten zum vorliegenden Entwurf der Tagesordnung Bemerkungen? - Das ist nicht der Fall, sodass ich über die Tagesordnung abstimmen lasse. Wer nach dieser Tagesordnung verfahren möchte, den bitte ich um sein zustimmendes Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? Beides ist nicht der Fall. Damit ist diese Tagesordnung so angenommen.

Auch heute haben wir auf Ministerin Ziegler zu verzichten, die durch Minister Speer vertreten wird; ab 15.30 Uhr auch auf Minister Schönbohm, der von Ministerin Blechinger vertreten werden wird.

Inzwischen kann ich auch unsere Gäste begrüßen: Die Schülerinnen und Schüler der Maxim-Gorki-Gesamtschule in Kleinmachnow sind unter uns. - Ein herzliches Willkommen und einen interessanten Vormittag für euch!

(Allgemeiner Beifall)

Ich eröffne die Tagesordnung mit dem Aufruf des Tagesordnungspunktes 1:

Aktuelle Stunde

Thema: Forstreform

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Mit dem Redebeitrag der Abgeordneten Wehlan für die Fraktion DIE LINKE beginnen wir die Debatte.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg thematisiert zur heutigen Aktuellen Stunde die Forstreform der Landesregierung, und das aus gutem Grund.

Erstens wollen wir der Landesregierung nicht durchgehen lassen, dass sie als Geschäft der laufenden Verwaltung 1 100 Personalstellen mal einfach so abbaut und den Landeszuschuss um 36 Millionen Euro kürzt. Denn das hätte erhebliche Einschnitte für den Forstbereich und insgesamt für den ländlichen Raum zur Folge.

Zweitens wollen wir Ihnen ebenso wenig durchgehen lassen, dass die von Berlin und zu großen Teilen von Ihnen selbst ver

ursachte aktuelle Kassenlage die Abkehr von Gemeinwohlleistungen in Brandenburg bestimmt.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Um nicht mehr und nicht weniger geht es: Wie ordnet sich Brandenburg ein im allgemeinen Richtungsstreit in der deutschen Forstwirtschaft zwischen einer multifunktionalen Forstwirtschaft und einem neoliberalen Forstwirtschaftsmodell, das auf marktliche Steuerung setzt?

Das dabei immer wieder ins Feld geführte Argument, das europäische Wettbewerbsrecht würde das geradezu einfordern, ist einfach falsch. Sie wissen das auch. Denn Entscheidungen auf europäischer Ebene zu Artikel 86 Abs. 2 EG räumen den politischen Entscheidungsträgern auch in Zukunft erhebliche Freiheiten bei der Definition und der Finanzierung der Gemeinwohlleistungen im Forstbereich ein.

Dieser Diskussion haben Sie sich aber bisher verwehrt und sind tunlichst bemüht, eine solche Diskussion im politischen Raum gar nicht erst zuzulassen. Wie anders ist Ihre fehlende Gegenwehr, Herr Dr. Woidke, als Fachminister gegenüber dem Finanzminister zu werten? Die bereits im Dezember verfügte Reduzierung des Landeszuschusses um 36 Millionen Euro wurde von Ihrem Haus ohne mit einer Wimper zu zucken in die dafür notwendigen Personalabbauzahlen von 1 100 gebracht.

Wo waren die Aufgabenkritik und die sorgfältige Abwägung von ökologischen, ökonomischen und auch sozialen Belangen, die eine nachhaltige forstpolitische Handlungsstrategie gegenüber dem Finanzminister hätte begründen können? Warum ließen Sie den Fachausschuss außen vor und machten nur Ihr Ding bzw. das Ding Ihrer obersten Forstbehörde? Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, als wir beide im Fachausschuss gemeinsam mit dem Agrarausschuss und dem damaligen Minister Schlimmeres in der Forstreform 2000 verhindern konnten.

Die Forstwirtschaft mit ihrer speziellen Bedeutung für das Gemeinwohl lässt sich schwer in ein neoliberales Wirtschaftsmodell einbinden. Das liegt in der Besonderheit des Wirtschaftens mit dem Naturgut Wald begründet und findet auch mit der Novelle des Landeswaldgesetzes 2004 seine inhaltliche Bestätigung.

Ihre Antwort dazu: Es werden keine Aufgaben wegfallen, sondern alle Aufgaben eben um 42 % gekürzt. Das ist Augenverkleberei, Herr Minister. Da sind Mitarbeiter Ihres Hauses schon deutlicher und hinterfragen den zukünftigen Wegfall der Betreuung im Privatwald.

Was dann mit der einen Million Kubikmeter Holz im kleinen Privatwald wird, die schon für die heutige Nutzung brachliegen, kann ich Ihnen sagen: Die werden auch zukünftig nicht erschlossen werden. Hierbei handelt sich immerhin um 500 Arbeitsplätze, um Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der „MAZ“ war vor einigen Tagen zu lesen, Agrarminister Woidke habe die Oberförstereien als „nicht mehr bezahlbare Folklore“ bezeichnet. Auch wenn der Minister sich daran nicht mehr erinnern möchte, so waren doch eine Reihe von Forstbediensteten und ein Journalist zugegen, dem diese Vermeldung wichtig war, bringt sie doch eine bezeichnende Abgehobenheit gegenüber den Forst

bediensteten auf den Punkt. Das ordnet sich ein in die Handlungsweisen der obersten Forstbehörde, wo die Einbeziehung der Beschäftigten und ihrer Verbände in die Forstreform nur noch auf den „Akt der Kenntnisnahme Ihrer Verkündungen“ reduziert wird. Ich wünsche Ihnen nicht, Herr Minister, dass Ihnen jemals eine solche Geringschätzung Ihrer Arbeit begegnet.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Stil ist jedenfalls für den gesamten Forstreformprozess symptomatisch. Sie gefährden auf diese Art eine ganze Branche, ein von Ihnen selbst identifiziertes Branchenkompetenzfeld, und Sie setzen Ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel - auch in der Auseinandersetzung mit uns. Denn der Appell des Ministerpräsidenten auf dem Landesparteitag der SPD an die Brandenburger LINKE, keinen Krawallkurs zu fahren, verkommt angesichts des Crash- und Krawallkurses der Landesregierung bei der Forstreform nun wirklich zur Farce.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Forstreform muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden; dafür haben Sie unsere Unterstützung. Das beginnt mit der Zurückstellung des Kabinettsbeschlusses zu den Eckpunkten für die Weiterentwicklung der Landesforstverwaltung. Diese Eckpunkte sind nicht schlüssig, in sich widersprüchlich und werden im dazu erarbeiteten Detailkonzept sogar konterkariert.

Worum geht es? - Erstens: Es ist nicht geklärt, wie mit 42 % weniger Personal die vom Parlament im Waldgesetz fixierten Aufgaben erfüllt werden sollen. Eine Aufgabenkritik muss her und eine politische Debatte über die Gemeinwohlleistungen im Forstbereich. Auch dafür stehen die rund 20 000 Unterschriften der Bürgerinitiative Brandenburger Wald.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Zweitens: Aus einem vom Finanzministerium vorgelegten Ländervergleich geht hervor, dass Brandenburg eine äußerst geringe Finanzausstattung im Forstbereich hat: 66 Millionen Euro Minderausstattung im Vergleich der Flächenländer Ost und sogar 111 Millionen Euro im Vergleich der Flächenländer West. Auch dazu möchten wir eine Analyse mit belastbaren Aussagen.

Drittens: Erst nach Aufgabenkritik einschließlich einer politischen Debatte zu den Gemeinwohlleistungen ist die Frage einer Strukturveränderung zu stellen. Dazu ist ein nachvollziehbarer Variantenvergleich über alle ostdeutschen Länder im Personal, in den Finanzen und in der jeweiligen Rechtsform darzustellen. Allen drei Punkten ist der Agrarausschuss auf Antrag der Fraktion DIE LINKE gefolgt.

Viertens: Tariftreue, Kündigungsschutz und Mitbestimmung müssen Bestand haben. Sie haben das bereits auf der Waldtagung zugesagt. Wir werden über diese Festlegung mit wachen.

Fünftens: Die Einbeziehung der Beschäftigtenvertretungen ist auf der Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu sichern.

Sechstens: Das Merkmal der Gemeinschaftsforstverwaltung ist bis auf Revierebene zu erhalten.

Siebentens: Für die Fraktion DIE LINKE ist der Erhalt des Landeswaldbesitzes nicht verhandelbar.

Dder Kabinettsbeschluss geht von einem Finanzbudget aus, das vorsieht, den Zuschuss für die Bewirtschaftung des Landeswaldes bis 2014 auf null zu senken. Die übrigen Bereiche werden um 36 Millionen Euro auf einen Zuschuss von 42,4 Millionen Euro abgesenkt. Gleichzeitig erfolgt eine vom Budget entkoppelte Vorgabe zur Absenkung des Personals. Damit wird im Grunde eine budgetierte Haushaltsführung selbst infrage gestellt. Anders ausgedrückt: Genau die Argumente, mit denen Sie die Rechtsform „Anstalt des öffentlichen Rechts“ begründen, sind an dieser Stelle bereits ad absurdum geführt.

Die Organisation der Landesforstverwaltung soll um eine Ebene reduziert werden. Wenn nun in Umsetzung dessen die Oberförstereien, also bürgernahe Ansprechpartner im ländlichen Raum, abgeschafft werden sollen und stattdessen eine echte neue Ebene - die der Anstaltsleitung - geschaffen wird, sind wir bei der Wiederbegründung des 1997 geschlossenen Landesforstamtes angekommen. Das sind Strukturspielereien ohne sachgerechten Hintergrund.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Gemeinschaftsforstverwaltung wird laut Kabinettsbeschluss die strikte Trennung der marktorientierten und gemeinwohlorientierten/hoheitlichen Bereiche beibehalten. Das ist etwa so, als würde ein Standesbeamter bei der Trauung das Zusammenleben eines Paares untersagen, oder - für die Scheidungsexperten hier im Saal - als sollte ein Paar geschieden werden, aber weiter zusammenleben müssen.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Transparenzrichtlinie, mit der die Trennung der Geschäftsbereiche auch begründet wird, verlangt lediglich die haushaltsrechnerische Trennung. Dieser Forderung kommt die Landesforstverwaltung bereits heute nach. Der budgetierte Forstbereich im Einzelplan 10 lässt grüßen.

Ebenfalls nicht gedeckt ist die These, die Bewirtschaftung des Landeswaldes sei nicht eine Kernkompetenz staatlichen Handels. Hier verweisen wir auf die in der Landesverfassung vorgesehene Eigentumsvielfalt. Selbstverständlich ist öffentliches Eigentum auch öffentlich zu betreiben.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Ansprüche an den Wald sind übrigens ganz real und ganz praktisch eigentumsabhängig differenziert. Die Kahlschlagdebatte hat das jüngst anschaulich verdeutlicht.

Ob dieser paradoxen Vorgaben braucht man sich über fehlendes Vertrauen und Mutmaßungen nicht zu wundern. Betrachtet man die reale Personalentwicklung, also die einschließlich des natürlichen Abbaus, bleibt zur Erreichung der Zielzahl eine Differenz von 365 Stellen von 2015 bis 2021. In Geld ausgedrückt entspricht das einer jährlichen Mehrbelastung von 7 Millionen Euro, und das über einen Zeitraum von sechs Jahren. Ich gestatte mir die These, dass sich diese Differenz in Anbetracht der aktuellen Holzmarktentwicklung problemlos über die Einnahmen kompensieren lässt.

Herr Minister Woidke, Sie haben - auch im Agrarausschuss unsere Unterstützung, wenn es darum geht, die Landesforst als moderne, effiziente und dem Gemeinwohl verpflichtete Ver

waltung zu führen, Holzreserven zu mobilisieren, Beschäftigung im ländlichen Raum zu entwickeln und die Aufgaben nach dem Waldgesetz besser zu erfüllen. Nutzen Sie diese Chance!

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Gregor.