Protocol of the Session on January 19, 2005

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Plenarsitzung im Landtag Brandenburg. Wir haben mit Rücksicht auf unser Geburtstagskind mit einigen Minuten Verspätung begonnen. Das soll uns aber nicht hindern, dem Bildungsminister Holger Rupprecht zu seinem heutigen Geburtstag herzlich zu gratulieren,

(Allgemeiner Beifall)

ihm im Verlauf des Tages möglichst viele Gratulationen sowie ein erfolgreiches neues Lebensjahr zu wünschen, obwohl er heute Abend noch gefordert ist und nicht mit der Familie feiern kann.

Neben unseren ständigen Gästen begrüße ich in der heutigen Landtagssitzung 19 Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse des Gymnasiums „Villa Elisabeth“ in Wildau. Herzlich willkommen und für euch einen interessanten Vormittag!

(Allgemeiner Beifall)

Zu der vorliegenden Tagesordnung gibt es drei Ergänzungen:

Es ist verabredet worden, als Tagesordnungspunkt 3 die 2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes einzufügen. Das betrifft Drucksache 4/189 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, Drucksache 4/395. Redezeiten nach Variante 1.

Als Tagesordnungspunkt 5 soll eingefügt werden: Rechnungen des Präsidenten des Landtages, der Landesregierung, des Landesrechnungshofes und des Präsidenten des Verfassungsgerichtes für das Rechnungsjahr 2002, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle, Drucksache 4/403, in Verbindung mit den Drucksachen 4/44, 4/154, 4/404, 4/405 und 4/406. Redezeiten nach Variante 1.

Schließlich noch zusätzlich der Tagesordnungspunkt 11: Erarbeitung der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg, Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses in der Drucksache 4/400 - Neudruck.

Diese Ergänzungen sind mit den Parlamentarischen Geschäftsführern abgesprochen und sollen Bestandteil der Tagesordnung werden.

Wer der in dieser Weise geänderten Tagesordnung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen und wir können damit zügig in die Tagesordnung eintreten.

Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 1:

Fragestunde

Drucksache 4/401

Da heute keine Dringliche Anfrage vorliegt, erhält als Erste die Abgeordnete Dr. Schröder zu der Frage 139 (Ausschreibung Auslandsplattform Singapur) das Wort.

Dem Land Brandenburg drohen Klage und Sanktionen vom Europäischen Gerichtshof wegen Nichtausschreibung der Brandenburger Auslandsplattformen. Auf Anfrage erklärte das Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg, dass die Vergabe von Dienstleistungen für Auslandsrepräsentanzen in Moskau und in Dubai Anfang November 2004 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften sowie im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg öffentlich neu ausgeschrieben wurden.

Ich frage die Landesregierung: Warum wurde die Vergabe von Dienstleistungen zur Pflege von Außenwirtschaftsbeziehungen im Hinblick auf die Auslandsplattform in Singapur nicht ebenfalls neu ausgeschrieben?

Zur Beantwortung der Frage erhält Herr Minister Junghanns das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Esther Schröder, dem Land Brandenburg droht keine Klage in der von Ihnen geschilderten Angelegenheit. Die Ausschreibung der Leistungen in Singapur ist deshalb noch nicht auf den Weg gebracht worden, weil der Vertrag mit dieser Repräsentanz zum 31.12.2005 gekündigt worden ist. Dementsprechend wird eine Ausschreibung rechtzeitig im zweiten Halbjahr 2005 auf den Weg gebracht werden.

Haben Sie noch eine Nachfrage? - Herr Präsident, die Abgeordnete will nachfragen.

Nachfragen anzumelden ist nur zulässig, solange der Redner die Frage beantwortet. Das ist Gegenstand der neuen Geschäftsordnung. - Haben Sie vorher auf den Knopf gedrückt?

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Ja!)

- Dann ist die Frage zulässig und ich bitte Sie, sie zu stellen.

Ich habe den Knopf nach der Bemerkung gedrückt, dass angeblich doch kein Verfahren drohe. Die EU hat aber eine entsprechende Presseerklärung veröffentlicht.

Meine Nachfragen: Sie haben gesagt, der Vertrag mit der Auslandsplattform Singapur werde bis Ende 2005 gekündigt.

Er ist gekündigt.

Er ist gekündigt zum Ende des Jahres 2005. - Die erste Frage: Enthält dieser Vertrag Konditionen, die das Land Brandenburg noch etwas kosten werden, sind Bedingungen an diese Kündigung geknüpft?

Die zweite Frage, Herr Minister: Mir liegen Reiseberichte vor, aus denen eindeutig hervorgeht, dass der Leiter der Auslandsplattform in Dubai seit mehreren Jahren eine völlig unzureichende Arbeit vor Ort leistet, was durch Mitarbeiter in Ihrem Ministerium aktenkundig gemacht wurde. Ich frage Sie: Warum haben Sie in der Vergangenheit daraus keine Konsequenzen gezogen? Denn gerade diese Plattform in Dubai hat das Land Brandenburg enorme Summen gekostet.

Frau Dr. Esther Schröder, dieser Vertrag ist - so weit kann ich an dieser Stelle auch gehen - im Jahr 2001 so geschlossen worden, dass es die Möglichkeit gibt, ihn regelmäßig, erstmals zum 31.12.2005, zu kündigen. Das habe ich getan. Unter Beachtung dieser vertraglichen Rahmenbedingungen wird es eine Trennung geben.

Ihre Einschätzungen - ich weiß nicht, welche Quellen Sie für Ihre Bewertungen haben; ich unterstelle, dass Sie immer gut informiert sind - taugen aber nicht dazu, auf dieser Bühne hier über die Arbeit von Repräsentanten des Landes zu reden, zumal die Arbeit der Auslandsplattform und damit auch die Tätigkeit aller an der Ausgangsplattform Beteiligten mehrere Male auch Gegenstand der Beratungen im Wirtschaftsausschuss dieses Hauses gewesen sind und dort auch Gelegenheit bestand und genommen wurde, über Unstimmigkeiten, über unterschiedliche Einschätzungen zum Wert und Unwert dieser Arbeit, zu den Erfolgen und Misserfolgen der Arbeit zu diskutieren.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Keine Konsequenzen!)

Diese Beratungen gingen niemals so weit, dass Sie, wie Sie das jetzt selbst schildern, ultimativ eine Ablösung oder andere Konsequenzen forderten.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Kennen Sie die Berichte?)

- Natürlich kenne ich die Berichte. - Mir liegt sehr viel daran, dass in meinem Ministerium eine Atmosphäre herrscht, die mir die Möglichkeit gibt, genau das zu hören, was in der Praxis vor sich geht, sodass ich darauf Einfluss nehmen kann. Deshalb gehen Sie bitte davon aus, dass wir im Umgang mit den Repräsentanzen, mit den Auslandsplattformen und mit den beteiligten Mitarbeitern einen Stil pflegen, der Positives loben, aber auch Negatives auswerten und Veränderungen anbahnen lässt.

In diesem Sinne glaube ich auch, dass mit Unterstützung des Wirtschaftsausschusses in Begleitung dieser Auslandsplattform eine sehr gründliche Arbeit geleistet worden ist. - Danke schön.

Ich danke Herrn Minister Junghanns für die Beantwortung der Frage 139.

Frau Dr. Enkelmann hat nunmehr Gelegenheit, die Frage 140 (Änderungsbedarf bei so genannter Arbeitsmarktreform Hartz IV) zu stellen. Bitte sehr.

Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich die Landesregierung, partielle Änderungen bei der Hartz-IV-Reform (SGB II) an die Bundesregierung heranzutragen. Das betrifft insbesondere die Angleichung der Grundleistung Ost an den Zahlbetrag West sowie Änderungen der Regelungen für nach dem 01.01.1948 Geborene. Auch Bundesverkehrsminister, Ost-Beauftragter und Ex-Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Stolpe, SPD, sieht diesbezüglich die Notwendigkeit zu Korrekturen. Dagegen hat Bundesarbeitsminister Clement, SPD, inzwischen vom Bundeskanzler für den Erfolg von Hartz IV persönlich in Haftung genommen, mehrfach klargestellt, dass er - so überhaupt - zumindest in nächster Zeit keinen Änderungsbedarf bei Hartz IV erkenne.

Ich frage die Landesregierung: Was unternimmt sie, um den von ihr selbst festgestellten Änderungsbedarf schnellstmöglich gegenüber der Bundesregierung durchzusetzen?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann, wir haben diese beiden Problemstellungen bereits im vergangenen Jahr in die Monitoringgruppe eingebracht; sie sind dort also bekannt. Die Befassung ist zurückgestellt worden, weil die Sicherstellung der Auszahlung der Leistungen am Beginn dieses Jahres in den Vordergrund gerückt war. Wir werden die Problemstellungen nunmehr in die Beratungen der Monitoringgruppe Anfang Februar noch einmal mit Nachdruck einbringen. Möglicherweise werden wir sogar eine Bundesratsinitiative ergreifen, damit die Ungereimtheiten und die Ungleichbehandlungen zügig beseitigt werden.

Es gibt noch Informationsbedarf.

Frau Ministerin, ich habe drei Nachfragen.

Erstens: Sowohl eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages als auch eine erst seit kurzem vorliegende Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bestätigen die Auffassung der PDS, wonach es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen Hartz IV gibt. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse dieser Studien?

Zweitens: Inwieweit hat die Landesregierung vor ihrer Zustimmung zu Hartz IV die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes geprüft?

Drittens: Teilt die Landesregierung die Auffassung eines brandenburgischen SPD-Bundestagsabgeordneten, man könne im Osten mit 331 Euro sehr gut leben?

Zunächst zu Ihrer dritten Frage: Die Menschen haben sehr unterschiedliche Einschätzungen, wenn es um die Frage geht, mit wie viel Geld man auskommen kann. Auch die Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich. Wir wissen, dass 331 Euro sehr wenig Geld ist. Allerdings steht den Leistungsbeziehern nicht nur dieser Betrag zur Verfügung. Hinzu kommen Wohngeld sowie eine Beteiligung an den Heiz- bzw. Betriebskosten. Ferner können besondere Aufwendungen geltend gemacht werden. Kein Mensch muss ausschließlich von 331 Euro seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Zu Ihrer ersten und zweiten Frage: Die Landesregierung bewertet die Verfassungsmäßigkeit nicht. Zu dieser Frage gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Auch die vom Bundestag in Auftrag gegebenen Studien sind noch nicht ausgewertet. Letztlich muss ein Gericht über die Verfassungsmäßigkeit entscheiden. Die Bundesregierung und der Bundestag sind zu der Auffassung gelangt, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Darauf verlassen Sie sich?)

Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, gilt das Gesetz. Wir müssen uns darauf verlassen. Jeder ist für das verantwortlich, was er verabschiedet.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie haben zugestimmt! In- sofern tragen auch Sie Verantwortung!)