Protocol of the Session on September 17, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserer heutigen Landtagssitzung. Ihnen liegt der Neudruck des Entwurfs der Tagesordnung vor. Gibt es zu dieser Tagesordnung Bemerkungen oder Abänderungsvorschläge? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Somit können wir zur Beschlussfassung kommen. Wer dieser Tagesordnung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Diese gibt es nicht. Damit wurde die Tagesordnung einstimmig beschlossen.

Ich teile Ihnen mit, dass es für den Nachmittag einige Abwesenheitserklärungen gibt. Herr Minister Schönbohm wird ab 17 Uhr von Ministerin Blechinger vertreten. Zudem sind heute einige Abgeordnete entweder für den Nachmittag oder ganztägig entschuldigt.

Nun begrüßen wir sehr herzlich Schülerinnen und Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums in Teltow. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Städte und Gemeinden sind das Rückgrat eines erfolgreichen Landes

Antrag der Fraktion der SPD

Ich eröffne die Aussprache mit dem Redebeitrag der Fraktion der SPD. Frau Abgeordnete Melior erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Was erwarten Sie, wenn wir als SPD-Fraktion hier im Landtag das Thema „Städte und Gemeinden sind das Rückgrat eines erfolgreichen Landes“

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

elf Tage vor den Kommunalwahlen auf die Tagesordnung setzen? - Ich schaue den Kollegen Scharfenberg freundlich an: Viel Lob

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Nein!)

und die Schilderung einer Erfolgsgeschichte. Das können Sie erwarten, und das ist auch so.

Den brandenburgischen Kommunen geht es gut, und zwar auch deshalb, weil das Land in den Anfangsjahren die größere Last getragen hat. Die Finanzausstattung hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, und unser Finanzausgleichsgesetz sorgt dafür, dass auch die Schwächeren ihre Aufgaben erledigen können.

Aber keine Bange - ich schaue wieder zur Fraktion DIE LINKE -: Ich möchte nicht schönreden, was nicht schön ist, und werde im Folgenden - neben den wirklich sehr positiven Entwicklungen - auch auf Schwachstellen hinweisen, an denen wir in den nächsten Jahren gemeinsam Veränderungen vornehmen werden.

Das Sprichwort „Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser werden könnte!“ trifft auch auf den kommunalen Finanzausgleich in Brandenburg zu. Lassen Sie mich dennoch mit den positiven Daten und Fakten beginnen. Die Einnahmen der Kommunen aus eigenen Steuern sind im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr um 19,9 % - fast 20 % - angestiegen. Daran hat die Gewerbesteuer einen großen Anteil. Im Jahr 2007 stieg sie gegenüber dem Jahr 2006 um mehr als 22 %. Damit liegt Brandenburg bundesweit an erster Stelle hinsichtlich des Zuwachses bei den Gewerbesteuereinnahmen.

Dieser Trend setzt sich im Jahr 2008 fort. Die Einnahmen im 1. Halbjahr 2008 stiegen gegenüber dem 1. Halbjahr 2007 um 8 %. Zeitgleich sanken die Kassenkredite der gesamten kommunalen Familie um 12,5 % auf 661 Millionen Euro. Am 30.06.2007 waren es noch 756 Millionen Euro. Der Schuldenstand betrug am 30.06.2008 1,6 Milliarden Euro und liegt somit nur leicht unter dem Vorjahreswert.

1 Euro ist mehr als 75 Cent. „Das stimmt!“ werden Sie sagen. Im kommunalen Finanzausgleich bedeutet das Folgendes: 1 Euro selbst verdientes Geld ist für den eigenen Haushalt besser als 75 Cent, die wir über die Schlüsselzuweisungen von Landesseite ausgleichen und womit wir die fehlende eigene Finanzkraft der Städte und Gemeinden auffangen. Aber auch bei dieser banalen Betrachtung sind die Effekte von Jahr zu Jahr verschieden und durch den verzögerten Ausgleich der Mehrund Mindereinnahmen manchmal fast abenteuerlich.

„Steuerwachstum ohne Effekt für den Etat“ titelte die „Märkische Allgemeine“ am 22. August dieses Jahres in ihrem Regionalteil für Potsdam-Mittelmark und meinte damit die Gemeinde Michendorf. Hier rechnete der Kämmerer vor, dass bei 490 000 Euro Mehreinnahmen aus der Einkommensteuer die Zuweisungen des Landes nach dem FAG im Folgejahr um 113 000 Euro sinken werden und die Kreisumlage um 370 000 Euro steigen wird. Somit stehen den gestiegenen Einnahmen unterm Strich 7 000 Euro gegenüber. Das ist nicht viel, dennoch sagt der Kämmerer:

„Es ist trotzdem besser, zu den Starken zu gehören.“

Das System des horizontalen Finanzausgleichs sei nun einmal so aufgebaut, dass die Stärkeren die Schwachen stützen. Recht hat er.

Bestätigt wurde unser Ausgleichssystem inzwischen auch von höchstrichterlicher Stelle, dem Landesverfassungsgericht, im sogenannten Uckermark-Urteil. Der Landkreis Uckermark Sie erinnern sich - führte Klage gegen das Land Brandenburg und beschwerte sich über eine ungenügende Finanzausstattung. Das Urteil wurde auch im Landtag mit Spannung erwartet - wir befanden uns damals gerade in den Haushaltsberatungen - und war in seiner Begründung klar und eindeutig. Ich zitiere:

„Das Verteilungssystem des Finanzausgleichsgesetzes ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Gesetz

geber verbleibt bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs ein weiter Ermessens-, Gestaltungs- und Prognosespielraum.“

Die Entwicklungen der Landeszuweisungen in den vergangenen Jahren können durchaus positiv betrachtet werden. Die Verbundgrundlage ist aufgrund der verbesserten Steuereinnahmesituation des gesamten Landes Brandenburg gestiegen, und es gibt mehr Gemeinden, die ihre Aufgaben fast vollständig aus eigenen Einnahmen finanzieren können. Beides führt dazu, dass hilfebedürftige Gemeinden über den horizontalen Finanzausgleich größere Zuweisungen vom Land erwarten können.

Mit dem Ausgleichsfonds für hochverschuldete Kommunen haben wir zusätzlich die Möglichkeit, Gemeinden und Städte in besonders schwierigen Situationen zu unterstützen. Seit der Einrichtung des Fonds im Jahr 2001 wurden dafür - mit Stand 31. März dieses Jahres - 119 Millionen Euro ausgereicht.

In diesem Jahr kam das Geld erstmals auch den Landkreisen zugute. Insgesamt wurden knapp 60 Millionen Euro an sieben Landkreise ausgezahlt. Ihre sehr schwierige Finanzsituation ist vor allem auf die dramatisch gestiegenen Sozialausgaben Bundesgesetzgebung - zurückzuführen. So hatten im Jahr 2006 nur vier Landkreise, nämlich Oberhavel, Barnim, Dahme-Spreewald und das Havelland, einen ausgeglichenen Haushalt.

Die Sonderbedarfsergänzungszuweisungen - eine wichtige zusätzliche Finanzeinnahme auch für die kommunale Familie, wie man immer wieder erwähnen muss - soll, neben dem Schließen der Infrastrukturlücke in den neuen Ländern die unterproportionale Finanzkraft der ostdeutschen Kommunen auffangen. Sie werden vor Ort genutzt, um notwendige Investitionen zu stemmen. So etwas Schönes gibt es in den alten Ländern nicht. Man beneidet uns darum und schaut beim sogenannten Fortschrittsbericht immer ganz genau hin, was wir damit treiben.

Den Solidarpakt III wird es nicht geben. Damit steht fest, dass die Sonderbedarfsergänzungszuweisungen 2019 bei null sind und nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Bis dahin muss die unterproportionale Finanzkraft der Landkreise, Städte und Gemeinden im Osten auf eine mindestens durchschnittliche Finanzkraft gestiegen sein, um die stetige Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Das heißt: Investitionen müssen im Verwaltungshaushalt erwirtschaftet werden, eine Vorstellung, die jedem kommunalen Abgeordneten die Sorgenfalten auf die Stirn treibt.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen kurzen Blick in die Zukunft. Die Einnahmen der Kommunen steigen, nicht zuletzt auch wegen des gestiegenen Steueraufkommens des Landes, an dem die Kommunen mit 20 % über den kommunalen Finanzausgleich beteiligt sind. Die Mehreinnahmen sind erforderlich, denn die Personalausgaben stiegen im laufenden Haushaltsjahr um über 5 % - ein guter Tarifabschluss, der aber gestemmt werden muss.

Die Aufwendungen für den laufenden Sachaufwand gingen um 4,1 % nach oben. Das zeigt, dass die kommunalen Haushalte auch deutlich von den Preissteigerungen bei Energie und Waren sowie Dienstleistungen betroffen sind.

Die gestiegenen Ausgaben für Personal und für die Bewirtschaftung der Gebäude werden aber gut durch die Mehreinnah

men kompensiert. Die kommunale Familie gewinnt zunehmend an Finanzkraft. Probleme der Kommunen nehmen in der Summe ab. Das lässt sich auch an der Verringerung der Kassenkredite - ein Barometer für das Wohlergehen von Städten, Gemeinden und Landkreisen - ablesen. Dennoch kann es in Einzelfällen zu einer Verschlechterung der Finanzkraft einer Kommune gekommen sein.

Die Abhängigkeit von schwankenden Einnahmen bei der Gewerbesteuer ist dabei noch immer das Hauptproblem. Das wissen alle Bürgermeister aus leidvoller Erfahrung. Ich erinnere nur an Heckelberg-Brunow: Wenn man eine üppige Finanzzuweisung aus der Gewerbesteuer erhalten hat und zwei Jahre zitternd zum Briefkasten geht, ob sie nicht zurückgefordert wird, ist das schon eine große Belastung.

Für das Jahr 2010 ist die nächste Überprüfung der Verteilung nach dem Finanzausgleichsgesetz im Gesetz verankert. Wir werden uns die Ergebnisse genau ansehen und die notwendigen Veränderungen vornehmen.

Es muss vor allem darum gehen, das Auseinanderdriften von stadtnahen und weiter entfernten Regionen aufzuhalten und hier die Stellschrauben noch besser zu justieren. Wir sollten gemeinsam unsere Kraft dort hineinstecken und damit einen Beitrag für das Rückgrat im Land leisten.

Mein Kollege Werner-Siegwart Schippel wird hier zu den Dingen, die kommunales Leben ausmachen, meine Ausführungen ergänzen. Ich wünsche uns allen, dass keine rechten Parteien in die kommunalen Parlamente einziehen.

(Beifall bei der SPD und bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich freue mich ganz besonders auf die nächsten Beratungen meines kommunalen Haushalts im Landkreis Potsdam-Mittelmark. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Domres.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In elf Tagen sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, neue Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen und Ortsteilvertretungen zu wählen.

Es ist unübersehbar: Im Land tobt der Kommunalwahlkampf. Mit gut oder weniger gut gelungenen Plakaten wird versucht, die Wählerinnen und Wähler für den Gang zur Wahlurne zu begeistern.

Ich finde, dass manche Plakate schon etwas merkwürdig anmuten und Fragen aufwerfen. Da plakatiert die CDU: „Taten statt Bürokraten!“ Als ich das Plakat das erste Mal sah, habe ich mich gefragt, wer dieses Land seit 1999 regiert und wer die Initiativen der damaligen PDS für ein Standardöffnungsgesetz und für die Einführung von Experimentierklauseln in die Kommunalverfassung abgelehnt hatte. - Das war die CDU.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Auf einem anderen Plakat ist zu lesen: „CDU macht Schule!“ Oh, dachte ich mir, hätten sie es einmal seit 1999 gemacht!

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die CDU trägt wie die SPD, die ebenfalls kurz vor der Wahl erkannt hat, dass gute Bildung eine Frage der Gerechtigkeit und eine Frage von mehr Chancengleichheit ist, dafür die Verantwortung, dass seit 1999 307 Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Land geschlossen wurden. Somit sind lange Schulwege für die Kinder und erhöhte Kosten für die Eltern vor allem in den ländlichen Regionen zu verzeichnen.

(Bischoff [SPD]: Berlin aber auch!)

Die Linke fordert nach wie vor, von weiteren Schulschließungen Abstand zu nehmen, kleinere Klassen zuzulassen und - damit verbunden - keine weiteren Kürzungen von Lehrerstellen vorzunehmen.