Flemming Meyer

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dass der aktuelle Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten hier im Landtag diskutiert wird, ist enorm wichtig. Auch wir vom SSW begrüßen, dass wir diesmal als gesetzten Tagesordnungspunkt darüber beraten und der Bericht nicht - wie zuletzt zigmal - vertagt wird.
Im Vergleich zum letzten Bericht gibt es wenig Neues. Das Arbeitspensum und die Arbeitsschwerpunkte von Frau Wille und ihrem Team haben sich kaum verändert. Aber der vorliegende Bericht ist in jedem Fall ein eindeutiger Beleg dafür, dass es heute nach wie vor enorme Probleme im Sozialbereich gibt. Für den SSW ist damit klar, dass ohne die wertvolle Beratungsarbeit der Bürgerbeauftragten noch viel mehr Bürgerinnen und Bürger an der Sozialgesetzgebung verzweifeln würden. Wir danken Frau Wille und ihrem Team ausdrücklich für die engagierte und couragierte Arbeit. Vielen Dank!
Leider scheint es damit für viele hier im Haus getan zu sein: Man ist zwar schockiert über die unverändert hohe Zahl der Petitionen und lobt das große Engagement der Bürgerbeauftragten, doch die Anregungen aus dem Bericht werden kaum umgesetzt. Über 3.700 Petitionen wurden von Frau Wille und ihrem Team im Jahr 2011 bearbeitet. Wieder haben wir es mit einer Steigerung von über 3 % im Vergleich zum Vorjahr zu tun. Und grundsätzlich wird deutlich, dass die Zahl der Menschen, die sich mit einem Problem an die Bürgerbeauftragte wenden, viel zu hoch ist. Natürlich ist es erfreulich, dass auch im letzten Jahr dem weit überwiegenden Teil der Petenten schnell und effektiv geholfen wurde. Doch wenn wir ehrlich sind, lässt diese Entwicklung mit über 3 % Steigerung nur einen Schluss zu: Bestehende Probleme werden nicht entschlossen genug angepackt. Missstände und Hürden für viele Bürgerinnen und Bürger im Land werden einfach nicht ausgeräumt.
Sicherlich haben viele der Probleme, mit denen die Menschen zu kämpfen haben, ihre Wurzeln auf Bundesebene. Aber die Bürgerbeauftragte nennt seit Jahren auch ganz konkrete Ansatzpunkte, um hier im Land zu notwendigen Verbesserungen zu kommen. So gibt es zum Beispiel bis heute nicht in allen Kreisen einen dringend benötigten Pflegestützpunkt. Außerdem sind wir weit davon entfernt, wirklich allen bedürftigen Kindern Zugang zu
den Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu geben. Und der Durchbruch bei der längst überfälligen landeseinheitlichen Kita-Sozialstaffel ist nicht in Sicht. Der SSW fordert daher nicht zuletzt mit Blick auf diese Punkte, dass der Bericht zum Anlass genommen wird, um endlich konkrete Taten folgen zu lassen. Die bloße Kenntnisnahme ist uns zu wenig; denn damit ist keinem der Ratund Hilfesuchenden geholfen.
Eine traurige Erkenntnis, an der wir nicht vorbeikommen, ist, dass der Bereich rund um das Sozialgesetzbuch II unverändert Spitzenreiter unter den Eingaben ist. Damit wird deutlich, dass die Probleme beim Verwaltungshandeln und bei der Gesetzgebung nicht gelöst sind. Die zuständigen Behörden haben die rot-grüne Hartz-Reform offensichtlich auch nach Jahren nicht im Griff. Den Mitarbeitern in der Arbeitsverwaltung fehlt es bis heute an Orientierung und an Sicherheit im Umgang mit dem viel zu komplexen Regelwerk. Wir alle sind daher aufgefordert, diese Tatsache zu verinnerlichen und uns endlich ernsthaft mit den bestehenden Problemen auseinanderzusetzen.
Für den SSW ist jedenfalls klar, dass die Hartz-IVGesetzgebung ungenügend ist.
Der Bereich rund um das Sozialgesetzbuch II muss im Sinne der Hilfebedürftigen grundlegend verändert werden. Die vergangenen kleinen Reformen der Reform haben am Grundproblem nichts geändert. Mitunter war sogar das Gegenteil der Fall, und die bestehenden Missstände wurden noch verschärft.
Ich will noch einmal daran erinnern, dass mit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze nicht zuletzt das Ziel verbunden war, ein verbessertes Verhältnis zwischen den Komponenten „Fordern“ und „Fördern“ zu erreichen. Umso enttäuschender ist es, dass sich auch hier die Probleme so hartnäckig halten. Auch wenn diese Aufgabe mühsam erscheinen mag, ist dieser Ansatz zentral, wenn es darum geht, den Menschen echte berufliche Chancen zu eröffnen. Der SSW sieht hierzu überhaupt keine Alternative. Das bloße Verwalten der Arbeitsuchenden darf uns nicht genügen. Doch auch heute fühlen sich noch zu viele Ratsuchende alleingelassen und hilflos.
Ich denke, durch den vorliegenden Bericht wird eins völlig klar: Egal ob über den Weg einer Bundesratsinitiative oder durch Anstrengungen hier in Schleswig-Holstein, wir müssen die Hinweise von Frau Wille und ihrem Team endlich ernst nehmen und entsprechend Lösungen suchen. Baustellen gibt es ganz offensichtlich genug.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit welcher abenteuerlichen Begründung und durch welche merkwürdigen Zwänge auch immer auf Bundesebene Beschlüsse zu diesem Thema gefasst werden, für den SSW steht eins unverändert fest: Das Betreuungsgeld ist ausgemachter Blödsinn und darf niemals eingeführt werden.
Nicht nur wir, sondern die gesamte Opposition und so mancher auch in den Reihen von CDU und FDP in Bund und Land vertritt diese Auffassung. Die Gründe für die strikte Ablehnung dieser Idee wurden von verschiedenen Seiten immer wieder vorgetragen. Eins ist dabei doch fast allen klar: Das Betreuungsgeld verfehlt die einfachsten Grundsätze der Sozial- und Gleichstellungspolitik und passt überhaupt nicht in ein modernes Familienförderungskonzept.
Doch offensichtlich scheint man die Argumente, die für oder gegen diese Maßnahme sprechen, auf Bundesebene nicht sorgfältig abgewogen zu haben. Dass das Betreuungsgeld Teil der Koalitionsvereinbarung ist, ist klar. Dass diese Tatsache allein aber reicht, um weiter an so einem katastrophalen Vorhaben festzuhalten, ist sehr bedauerlich.
Leider bleibt uns letztlich nur der Appell an unsere Landesregierung und an die Verantwortlichen in Berlin, diese unsinnige Maßnahme endlich zu stoppen.
Man muss sich doch einmal Folgendes klarmachen: Nur weil sich einige Ewiggestrige bei den Koalitionsverhandlungen im Bund durchgesetzt haben, sind wir hier im Land drauf und dran, zig Millionen € pro Jahr aus dem Fenster zu werfen. Mal ganz abgesehen von der Finanzlage in Bund und Ländern, Geld auszugeben, um Kinder weniger an Bildung teilhaben zu lassen, um ihnen damit schlechtere Lebenschancen zu geben und noch dazu, um ihre Eltern vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, das ist politischer Schwachsinn!
Für den SSW gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass dieses Geld beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur besser angelegt ist. Denn wir alle wissen: Die Zeit drängt, und wir hinken den Zielen hinterher. Natürlich ist die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für 35 % der unter Dreijährigen eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Und unser Land steht auch heute noch auf einem der letzten Plätze, wenn es um die Versorgungsquote geht. Schleswig-Holstein stellt aktuell nur für rund 21 % der unter Dreijährigen einen Krippenplatz, und damit ist das Land noch weit vom Ziel entfernt.
Ja.
- Ja.
- So einfach ist das. Daraus folgt doch ganz klar, dass wir mit aller Kraft am Ausbau der Kinderbetreuung arbeiten müssen.
Wir haben es hier mit einer äußerst wichtigen familien-, gleichstellungs- und bildungspolitischen Weichenstellung zu tun. Umso trauriger ist die Tatsache, dass gerade hier geschachert wird wie auf einem Basar: Es bleibt rätselhaft, was zusätzliche Rentenleistungen nun genau mit dem Betreuungsgeld zu tun haben sollen. Das ist in unseren Augen nicht mehr als ein unglaublich plumper Versuch, die Zustimmung zu dieser unsinnigen Maßnahme zu erkaufen.
Übertroffen wird das Ganze nur noch dadurch, Hartz-IV-Empfänger vom Betreuungsgeld auszuschließen. Offensichtlich glaubt so mancher Politiker in Berlin, dass nur Kinder aus Hartz-IV-Familien von einem Kitabesuch profitieren und zu ihrem Glück gezwungen werden müssen. Für den SSW steht fest: Hiermit ist der Gipfel der Lächerlichkeit erreicht.
Das Betreuungsgeld ist Ausdruck einer Politik von gestern. Sie muss mit allen Mitteln verhindert werden, notfalls auch über den Weg einer Verfassungsklage. Der SSW hat völlig andere familien- und bildungspolitische Vorstellungen. Wir wollen den konsequenten Ausbau der frühkindlichen Bildung, weil wir damit ganz konkret in die Zukunft Schleswig-Holsteins investieren.
So lernen Kinder schon früh, soziale Kontakte zu knüpfen. Dadurch verbessern sich ihre Bildungschancen ganz erheblich. Auch die Zahl der Erwerbstätigen steigt durch Investitionen in diesen Bereich. Und nicht zuletzt muss uns allen klar sein, dass für eine moderne Familienförderung auch eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung notwendig ist. Wir brauchen verbindliche Qualitätsstandards und eine angemessene Finanzierungsgrundlage für die frühkindliche Bildung, um endlich allen die gleichen Bildungschancen geben zu können. Dies alles kostet Geld. Das haben wir anscheinend. Man muss es aber sinnvoll verwenden, anstatt veralteten Gesellschaftsbildern nachzuhängen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der Bericht zur Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung kommt um das grundlegende Problem unserer Krankenhäuser nicht herum. Bei allen großen finanziellen Herausforderungen im Gesundheitssektor sind es vor allem die Kliniken in Schleswig-Holstein, die mit besonders ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben.
Natürlich ist es in erster Linie der zu niedrige Basisfallwert, der Schuld an dieser schwierigen Lage ist. Mit Blick auf die finanzielle Gesamtsituation der Krankenhäuser ist es deshalb dringend notwendig, eine Angleichung an den Bundesdurchschnitt und damit eine deutliche Anhebung zu erreichen. Obwohl wir uns bei diesem Punkt alle einig sind, hält es der SSW für wichtig, immer wieder an diese zentrale Aufgabe zu erinnern.
Was die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser und damit den Kern des vorliegenden Berichts angeht, können wir der Landesregierung durchaus folgen; denn der Weg der Schuldenfinanzierung über den Kapitalmarkt hätte über kurz oder lang zu großen Problemen geführt. Wir hoffen, dass
durch die Neuordnung endlich Planungssicherheit für alle Beteiligten hergestellt wird, wenn auch leider auf einem recht niedrigen Niveau.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Schuldenbremse in unserer Landesverfassung halten wir die Umstellung auf eine dauerhafte Finanzierung aus dem Zweckvermögen der Investitionsbank für folgerichtig. Wir begrüßen ausdrücklich, dass auf diesem Weg keine neuen Schulden durch die Kreditaufnahme am Kapitalmarkt entstehen und gleichzeitig die angelaufenen alten Schulden abgebaut werden.
Doch bei aller grundsätzlichen Einigkeit über das Finanzierungsmodell möchte ich eines klarstellen. Viele Krankenhäuser in Schleswig-Holstein pfeifen trotz enormer Anstrengungen und größter Opfer durch die Mitarbeiter aus dem letzten Loch. Nicht nur für das Universitätsklinikum, sondern für weite Teile des Krankenhausbereichs gilt, dass sie vor einem erheblichen Investitionsstau stehen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Der Beitrag des Landes zur Krankenhausfinanzierung reicht kaum für mehr als für den Erhalt der Bausubstanz. Große Sprünge und sinnvolle Zukunftsinvestitionen sind in diesem Bereich leider nicht möglich.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass noch vielfältige neue Aufgaben auf die Kliniken zukommen. Zwar bleibt die Zahl der stationär Behandelten konstant, aber der Schweregrad der Erkrankungen steigt deutlich. Die Themen Multimorbidität und medizinisch-technischer Fortschritt werden im Bericht auch genannt. Diese Aufgaben werden mit Sicherheit einen zusätzlichen Investitionsbedarf nach sich ziehen. Das lässt sich schon heute deutlich erkennen.
Aus diesen Gründen sagt der SSW ganz klar: Das für die Baumaßnahmen festgelegte Gesamtvolumen von bis zu 40 Millionen € jährlich kann nur die absolute Untergrenze sein. Das Land darf weder an dieser noch an anderer Stelle seinen Beitrag zur Krankenhausfinanzierung kürzen.
Natürlich sind die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser wie auch die Entlastung des Landeshaushalts und die Gewährung von Planungssicherheit wichtige Ziele. Es ist aber auch wichtig, die Spezialisierung und Weiterentwicklung der Krankenhäuser zu unterstützen.
Wenn wir uns zum Beispiel die Herausforderungen bei der Versorgung Demenzkranker anschauen, wird deutlich, dass wir auch im Bereich der baulichen Einzelprojekte mit einem Mehrbedarf rechnen müssen. Gerade in diesem Bereich können die
Krankenhäuser im Land einen wichtigen Beitrag leisten. Doch wenn Kliniken zur Entlastung von Angehörigen die Tagespflege von Demenzkranken übernehmen, muss allen klar sein, dass damit zusätzliche Investitionen verbunden sind.
Nach unserer Auffassung müssen mittel- und langfristig auch und gerade solche Modelle durch das Land unterstützt werden. Auf diesem Weg können wir die Kliniken im Land langfristig sichern; denn durch solche Formen der Weiterentwicklung und Spezialisierung werden die Häuser in die Lage versetzt, noch wirtschaftlicher zu arbeiten. Dies kommt nicht zuletzt den Patientinnen und Patienten zugute.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon heute sind in Deutschland weit über eine Million Menschen an Demenz erkrankt. Ihre Pflege und Betreuung kostet viele Angehörige enorm viel Zeit und Kraft. Wenn ich mit Menschen über dieses Thema spreche, stelle ich immer eins fest: Fast jeder ist schon auf die eine oder andere Art mit der Alterskrankheit in Berührung gekommen. Auf die Frage, wie es in der Zukunft aussieht und ob man für den Fall einer Erkrankung im näheren Umfeld mit genügend Unterstützung rechnet, antworten die meisten mit Nein. Wenn man dazu noch den insgesamt rasant steigenden Pflegebedarf sieht, kann man sich aus Sicht des SSW nur große Sorgen machen. Für uns ist klar, dass hier dringend mehr getan werden muss. Die Politik muss Lösungen aufzeigen und den Menschen das Gefühl geben, mit dieser Herausforderung nicht allein zu sein.
Auch wenn Schleswig-Holstein vom demografischen Wandel weniger hart betroffen sein wird als andere Länder, wird auch hier in den nächsten Jahren der Anteil Demenzkranker an der Bevölkerung stark ansteigen. Was liegt also näher, als in einem ersten Schritt regional differenziert zu ermitteln,
wie hoch der Bedarf an Pflegeleistungen denn eigentlich sein wird. Warum soll nicht konkret geplant werden, wie dieser Bedarf gedeckt werden kann? Warum soll die Gesellschaft nicht besser über Demenz informiert und bestimmte Gruppen geschult werden? Was spricht dagegen, die verschiedenen und zum Teil bereits vorhandenen Lösungsansätze in einem Gesamtplan zu vereinen?
Auch wenn ich mich hier wiederhole: Wir sind an einem Punkt, an dem es nicht mehr reicht, auf die einzelnen Probleme in der Demenzbetreuung zu schauen. Was wir brauchen, um dieser wachsenden Herausforderung zu begegnen, ist ein Gesamtkonzept. Das Ziel muss dabei die Verbesserung der Lebensqualität von Demenzkranken und ihren Angehörigen sein.
Vor dem Hintergrund der zukünftigen Herausforderungen kann meine Fraktion beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum sich CDU und FDP gegen einen Demenzplan sperren. Ein konkreter Plan, wie wir für die zunehmende Zahl von Demenzkranken eine menschenwürdige Versorgung sichern, ist dringend notwendig. Die von uns angeführten Punkte sind dabei völlig logisch und letztlich mit weit weniger Kosten verbunden als die Strategie, sich erst dann mit dem Problem zu beschäftigen, wenn es wirklich akut ist.
Dass die regierungstragenden Fraktionen selbst nach der sehr ergiebigen und aufschlussreichen Stellungnahmen aus der Anhörung zu diesem Thema nicht zustimmen können, verwundert uns doch sehr. Egal ob wir uns die Stellungnahme des DGB, der Alzheimer-Gesellschaft oder der Landesverbände der Pflegekassen anschauen: Alle halten die bestehenden Versorgungsstrukturen für nicht ausreichend. Fast alle halten einen Demenzplan für einen wichtigen und notwendigen Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung. Kaum ein Verband oder Verein zweifelt daran, dass ein solcher Plan dazu beitragen kann, die Lebenssituation von Demenzkranken und ihrer Angehörigen zu verbessern.
Diese recht eindeutigen Ergebnisse aus der Anhörung sollten doch eigentlich zu denken geben. Ich will bei dieser Gelegenheit nur noch einmal daran erinnern, dass wir hier keine Zeit mehr zu verlieren haben.
Unabhängig davon, wann sich hier im Haus endlich die Erkenntnis durchsetzt, dass wir in Sachen Pflege und Demenz mehr tun müssen, ist aus Sicht des SSW eins besonders wichtig: Wir müssen bei unseren Bemühungen vor allem auf eine bessere Vorbeugung und verbesserte Vorsorgeangebote für potenzielle Demenzkranke setzen. Investitionen im präventiven Bereich sind zentral. So sorgen wir dafür, dass die Zahl der Erkrankten und die Dauer der Erkrankungen verringert werden. Ich muss darauf hinweisen, dass es rein ökonomisch Sinn macht, hierfür Geld auszugeben. Vorsorgemaßnahmen können den Ausbruch von Demenz um zehn bis 15 Jahre verschieben.
Übergeordnet ist und bleibt eins völlig klar: Um eine menschenwürdige Pflege zu erhalten, brauchen wir insgesamt verbesserte Rahmenbedingungen in diesem Bereich. Mit Blick auf die Versorgung Demenzkranker kommen wir über kurz oder lang nicht an einem koordinierten Vorgehen und an einem schlüssigen Gesamtkonzept vorbei. Hierfür werden wir uns auch in Zukunft verwenden.
Liebe Kollegin Bohn und verehrte Frau Pauls, ich habe jetzt hauptsächlich zum Demenzplan gesprochen. Das liegt daran, dass das unser Antrag war. Er lag mir sehr am Herzen. Das bedeutet nicht, dass ich Ihre beiden Anträge nicht voll und ganz unterstützen kann. Ich habe mich jetzt aber auf dieses Thema konzentriert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ältere Beschäftigte haben in Schleswig-Holstein schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nur jeder Zehnte der 64-Jährigen hat überhaupt einen sozialversicherungspflichtigen Job. Ohne eigenes Verschulden, bloß weil sie den Personalchefs nicht in die Planung passen, landen Ältere in der Arbeitslosigkeit.
Zu der Aussortierung aus dem Arbeitsmarkt kommt eine zweite Diskriminierung hinzu. Die Älteren werden durch die neuen Rentenregelungen doppelt bestraft, indem sie saftige Abschläge kassieren, weil sie nicht vom ersten Arbeitsmarkt aus, sondern als Arbeitslose in die Rente eingetreten sind.
Das ist wie bei dem Blinden, der sich den Kopf gestoßen hat und zu hören bekommt, das komme daher, weil er das Warnschild nicht gelesen habe. Zunächst Altersdiskriminierung auf dem ersten Arbeitsmarkt und darauf beruhend Abschläge bei der Rente. So ist es bereits bei der Erwerbsminderungsrente diskriminierend geregelt. Dabei ergeben sich versicherungstechnische Abschläge für Erwerbsunfähigkeit, weil der Bezieher frühzeitig erwerbsunfähig geworden ist. Diese Widersinnigkeit versteht doch kein Mensch. Solche Regelungen sind faktisch nichts anderes als Rentenkürzungen
Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit Älterer lehnt der SSW die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters ab, sofern damit eine Rentenkürzung verbunden ist.
Wir stimmen hingegen dem Änderungsantrag der Grünen zu, der unter anderem auf die Erwerbsintegration der Älteren abzielt. Wenn sich der Facharbeitermangel weiter zuspitzt, werden die Unternehmer ganz von allein ihren älteren Beschäftigten Teilzeitangebote machen. Auf diese Weise werden sie die Älteren als Reserve aktivieren. In diesem Zusammenhang spielen auch Konzepte der Personalentwicklung eine Rolle. Die Beschäftigten müssen weitergebildet werden, sodass sie im Alter andere Tätigkeiten ausführen als zu Beginn ihres Berufslebens. So kann eine Baufirma einen älteren erfahrenen Maurer als Bauleiter oder Koordinator gut einsetzen. Auf diese Weise gelingt die Erwerbsintegration der älteren Beschäftigten, die dann ohne Abschläge in die Rente gehen können.
Darüber hinaus unterstützt der SSW weitere Anstrengungen zur Humanisierung der Arbeitswelt. Auch in einem hoch industrialisierten Land wie Deutschland gibt es Millionen von Jobs, die Menschen zerschleißen. Wer zum Beispiel auf der Werft im Winter und im Sommer draußen arbeitet oder in einer Gießerei Staub einatmet, der hält nicht bis zu seinem 67. Geburtstag durch. Der ist vorher so kaputt, dass an eine Weiterbeschäftigung nicht zu denken ist. Diese Beschäftigten haben zwar ihr Leben lang Beiträge in die Rentenkasse gezahlt, oftmals viele Jahrzehnte lang, wenn sie dann aber nicht mehr können, werden sie mit Abschlägen ab
gespeist. Zynischerweise liegt ihre Lebenserwartung unter der Lebenserwartung von Akademikern, sodass sie nur ein paar Jahre lang ihre geschmälerte Rente genießen können.
Wenn wir über Rente sprechen, müssen wir auch über Arbeitsschutz und betriebliche Gesundheitsförderung sprechen. Diese müssen verbessert werden, damit die Beschäftigten eine echte Chance haben, gesund das Rentenalter zu erreichen.
Trotz aller Argumente, Fakten und Zahlen, die niemand anzweifelt, hatte der Änderungsantrag von den Grünen keine Chance. Dieser wurde wider besseres Wissen aus rein taktischen Gründen im Ausschuss abgelehnt. Das bedauere ich. Ich kann nur hoffen, dass man für diese Inkonsequenz die Quittung bekommt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die bisherige verfehlte EU-Fischereipolitik hat dazu geführt, dass mittlerweile fast neun von zehn Speisefischbeständen in den europäischen Meeren überfischt sind. Nun ist es nicht so, dass uns diese Problematik neu ist. Dieses Problem ist vielmehr seit Jahren bekannt. Daher mag man sich zu Recht fragen, warum über Jahre hinweg nicht gehandelt wurde und warum die Fischbestände nicht bereits früher geschützt wurden. In früheren Debatten in diesem Hause wurde deutlich, dass die formulierten Ziele zur Nachhaltigkeit, der rentablen Nutzung der Fischereiressourcen und der Flottenpolitik wenig mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Wir müssen aber leider erkennen, dass die Fischereipolitik in Brüssel entschieden wird und der Einfluss Schleswig-Holsteins dort eher gering ist.
Die EU-Fischereipolitik hat bisher wenig dafür getan, um die Fischbestände wirklich zu schützen. Vielmehr wurde ein Berg von unüberschaubaren EU-Regelungen aufgebaut, um gegen Verstöße einzelner Mitgliedstaaten vorzugehen. Wie sich nun herausstellt, ist dies nur weiße Salbe. Damit wurde ein Bürokratiemonster geschaffen, das nicht nur seinen Zweck nicht erfüllt, sondern auch den Kontrollaufwand ständig erhöht und die ordnungsgemäße Fischerei immer stärker einschränkt. Gegensteuern ist nun dringend notwendig. Wir brauchen eine wirkliche Reform der EU-Fischereipolitik, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.
Die unterschiedliche Umsetzung des Fischereirechts in einigen Mitgliedstaaten führte bisher nicht nur zu einer Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung, sondern sie missachtet auch jeglichen Gedanken der Nachhaltigkeit. Dann ist es unseren Fischern nicht mehr vermittelbar, dass sich
diese an Gesetze und Richtlinien halten müssen, wenn der Umgang mit dem europäischen Fischereirecht in einigen Mitgliedstaaten mehr als lax gehandhabt wird. Hier brauchen wir dringend Abhilfe. Wir brauchen Regelungen, die unsere regionale Fischerei schützt.
Immer größere Schiffe mit stärkerer Leistung und größeren Netzen haben die Fischbestände an den Rand der Existenzgrundlage geführt. Dort brauchen wir die Kontrollen. Es sind nicht die Kutterfischer, die die Bestände zerstören; es sind die großen Trawler und Fischfabriken. Aus diesem Grund müssen wir die handwerkliche heimische Fischerei schützen. So sehen wir auch die Beschlussempfehlung.
Hierbei möchte ich noch auf einen anderen Aspekt eingehen, der verdeutlicht, wie wichtig gerade dies ist. Denn gerade die kleinen Häfen sind nicht nur aus fischereiwirtschaftlicher Sicht wichtig. Sie haben auch aus touristischer Sicht einen großen Wert für die jeweilige Region. Für viele Touristen, aber auch für Einheimische ist es ein Erlebnis, den frischen Fisch direkt vom Kutter kaufen zu können. Genau diese Fischer möchten wir schützen.
Ich hätte es begrüßt, wenn der Punkt aus dem Antrag der Grünen übernommen worden wäre, in dem es darum geht, die Fischereirechte in der Zwölfmeilenzone ausschließlich der regionalen Küstenfischerei vorzubehalten. Zu Recht hat die SPD im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es gerade in Bezug auf die Krabbenfischer an der Nordseeküste Verträge mit dänischen Fischern gibt. Aber mit der Differenzierung der regionalen Küstenfischerei wurde meines Erachtens eine Formulierung gewählt, bei der solche Verträge Berücksichtigung finden. Es heißt ja nicht „nationale Küstenfischerei“, sondern „regionale Küstenfischerei“ in dem Antrag der Grünen, und somit hätte man das übernehmen können.
Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen, weil aus unserer Sicht die Zielrichtung stimmt. Die Aspekte der Nachhaltigkeit und die Stärkung der heimischen Fischerei sind im Antrag enthalten, und das ist für uns sehr wichtig.
Da, wie ich bereits eingangs gesagt habe, der Einfluss Schleswig-Holsteins auf die EU-Fischereipolitik eher gering ist, hätte ich es sehr begrüßt, wenn der Landtag in dieser Sache mit einer Stimme sprechen würde, um den Forderungen mehr Gewicht zu geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt haben die Grünen völlig recht: Die Überschüsse der Krankenkassen sind Gelder der Versicherten, die dementsprechend auch den Menschen im Land zur Verfügung gestellt werden müssen.
Unabhängig davon, wie hoch diese Überschüsse nun ganz genau sind, sind wir uns sicher alle darüber einig, dass diese Gelder sinnvoll verwendet werden müssen. Aus diesem Grund lehnen wir die vom Bund geplante Zweckentfremdung der Krankenkassenbeiträge strikt ab. Denn eine Sanierung des Bundeshaushalts aus dem Gesundheitsfonds geht direkt zulasten der gesetzlich Versicherten und ist damit höchst ungerecht.
Wir halten es grundsätzlich für erfreulich, dass einige von der Bundesregierung im Jahr 2010 auf den Weg gebrachten Gesetze, insbesondere das Arzneimittel-Neuordnungsgesetz, ihre Ausgaben begrenzende Wirkung entfaltet haben. In der Folge ist es völlig logisch, dass der aktuelle Finanzüberschuss
der Kassen viele Begehrlichkeiten weckt und zahlreiche Ideen hervorbringt, wofür diese Milliarden gebraucht werden können. Gerade weil es in unserem Gesundheitssystem so viele Baustellen gibt, hat der SSW Verständnis für ein solches Verhalten. Aus unserer Sicht ist es aber wichtig, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und realistische Vorschläge zu machen.
Vor diesem Hintergrund schießt der Antrag der Grünen aus unserer Sicht ein wenig über das Ziel hinaus.
Ich denke, wir müssen die Überschüsse der Krankenkassen dringend einmal ins Verhältnis setzen: Von den rund 19,5 Milliarden €, die der Gesundheitsfonds und die gesetzlichen Kassen angehäuft haben, ist ein Großteil völlig zu Recht gebunden. Da nützt es nichts, wenn man gebetsmühlenartig hier immer wieder von 20 Milliarden € spricht, denn realiter reden wir hier über 4,4 Milliarden € aus den Fondsreserven, über die die Bundesregierung theoretisch verfügen kann.
Diese Summe entspricht gerade einmal - das haben wir hier schon gehört - den Ausgaben der Kassen in einer einzigen Kalenderwoche.
Zwar ist es aufgrund der vermeintlich hohen Überschüsse nachvollziehbar, wenn man sowohl den Versicherten, den Krankenhäusern und den Krankenversicherungen selbst Hoffnung auf Entlastung macht. Aber auf diesem Weg weckt man viele Begehrlichkeiten, die mit Sicherheit nicht alle erfüllt werden können. Wir plädieren deshalb dafür, dass wir uns hier gemeinsam für kleinere Schritte einsetzen, die dann aber auch wirklich Aussicht auf Erfolg haben.
Ein Punkt, bei dem wir uns ja offensichtlich alle einig sind, ist die Abschaffung der Praxisgebühr. Jeder wird aus eigener Erfahrung bestätigen können, wie enorm der mit ihr verbundene bürokratische Aufwand ist. Sie hat ihr Hauptziel, die Bürger von ihren im EU-Vergleich überdurchschnittlich vielen Arztbesuchen abzubringen, deutlich verfehlt.
Hier wurde vorhin schon ein Beispiel aus den Praxiszimmern der Ärzte genannt. Ich kann aus meiner Erfahrung als Lehrer erzählen, dass wir am Quartalsende gemerkt haben, wie viele Eltern und Kinder plötzlich noch schnell zum Arzt mussten. „Wir haben ja bezahlt, also nutzen wir das auch aus.“
- Nein, aber Eltern, die dann plötzlich ihre Kinder nicht zur Schule bringen konnten.
Auf die Häufigkeit der Arztbesuche hat die Praxisgebühr nachweislich keinen Einfluss gehabt. Stattdessen wurde jedem Versicherten - unabhängig vom Einkommen - regelmäßig zusätzliches Geld aus der Tasche gezogen. Aus unserer Sicht ist die Abschaffung längst überfällig.
Diese Maßnahme ist gerade jetzt besonders sinnvoll, weil die Versicherten so auf direktem Weg entlastet werden. Hierfür muss sich die Landesregierung mit einer Bundesratsinitiative einsetzen.
Eine weitere Forderung ergibt sich aus der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein. Allen ist klar, dass vor allem das völlig inakzeptable System der uneinheitlichen Basisfallwerte für ihre schlechte finanzielle Situation verantwortlich ist.
Die Grünen wollen nun einen Teil der Krankenkassenüberschüsse dazu nutzen, um die Differenz zum bundesweiten Mittelwert auszugleichen. Das ist gut gemeint, aber doch der falsche Weg. Denn so kann leicht der Eindruck entstehen, dass wir uns mit dem System abfinden und uns damit arrangieren wollen. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Es steht völlig außer Frage, dass wir diese auf Jahre zementierte Ungerechtigkeit beenden müssen. Für den SSW ist dabei eines klar: Statt hier gelegentliche Finanzspritzen nach Kassenlage zu geben, müssen wir die ungerechte Struktur ändern. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich für die Wiedereinführung der zweiten Konvergenzphase einzusetzen, damit wir endlich zu einem bundeseinheitlichen Basisfallwert kommen.
Durch diese Maßnahmen können wir nicht nur die gesetzlich Versicherten im Land unmittelbar entlasten. Wir schaffen auch gleichzeitig für die Zukunft unserer Krankenhäuser stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Beides halten wir für dringend notwendig.
Im Übrigen kann ich den Grünen nur recht geben: Wir brauchen auch unbedingt endlich eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der LINKEN ist vom Grundsatz her unterstützungswürdig. Blinden und sehbehinderten Menschen in Schleswig-Holstein wurden im Rahmen der schwarz-gelben Kürzungsorgie über Gebühr belastet. Die Verabschiedung des aktuellen Doppelhaushaltes durch CDU und FDP hat unter anderem dazu geführt, dass unser Bundesland beim Blindengeld weit abgeschlagen auf dem letzten Platz liegt. Dabei hat zumindest meine Fraktion keinen Zweifel daran, dass es sich hier um einen absolut berechtigten Nachteilsausgleich handelt.
Dass auch der Blindenfonds der Haushaltskonsolidierung zum Opfer gefallen ist, halten wir für sehr bedauerlich. Natürlich hätten auch wir uns gewünscht, dass die hierdurch geförderten Maßnahmen und Projekte zur Herstellung der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum fortgesetzt werden könnten.
Mit diesen Maßnahmen von CDU und FDP wird die Situation von Blinden und sehbehinderten Menschen im Lande ganz sicher nicht verbessert. Weder die Förderung gleichwertiger Lebensbedingungen noch das Herstellen von echter Chancengleichheit scheint für die Landesregierung einen besonders hohen Stellenwert zu haben.
Auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass die Konsolidierung des Landeshaushaltes eine schwierige Aufgabe ist, die von allen Opfer verlangt, möchte ich an eines erinnern: Aus der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung entstehen konkrete Pflichten für das Land Schleswig-Holstein. Nicht nur den Blinden und sehbehinderten Bürgerinnen und Bürgern im Lande, sondern allen Menschen mit Behinderungen muss eine
gleichberechtigte Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft ermöglicht werden.
Hier gibt es noch viel zu tun. Für den SSW steht fest, dass wir unsere Bemühungen verstärken müssen, anstatt sinnvolle Projekte und Maßnahmen zu beenden und berechtigte Leistungen zu kürzen.
Selbstverständlich würde auch die Weiterführung des Blindenfonds dazu beitragen, die Situation der Blinden und sehbehinderten Menschen zu verbessern. Aber so einfach, wie es DIE LINKE in ihrem Antrag darstellen, ist es leider nicht. Wir können nicht ohne Weiteres die in der Blindenhilfe nicht verausgabten Mittel in einen Blindenfonds umleiten. Es sind zweckgebundene Gelder des Bundes. So gern der SSW auch eine Fortführung des Fonds sehen würde, dem Antrag können wir aus diesen Gründen leider nicht zustimmen.
Wir haben allerdings die Erwartung, dass die aus dem Fonds finanzierten Projekte endlich gründlich evaluiert werden. Dies wurde uns im Sozialausschuss zugesagt und ist aus unserer Sicht auch das Mindeste; denn schließlich sollten diese Maßnahmen und Projekte Pilotcharakter haben und uns für die Zukunft eine Lehre sein.
Neben der wichtigen Aufgabe, Barrieren für die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen abzubauen, hat das Land nach Artikel 8 der UNKonvention auch die Pflicht, die individuelle und allgemeine Bewusstseinsbildung voranzutreiben. Die Wertschätzung von Menschen mit Behinderungen und die Sichtweise, dass eine Behinderung ein wertvoller Beitrag zur menschlichen Vielfalt ist, muss weiter gefördert werden. Hierfür sind unter anderem Aufklärungs- und Informationskampagnen für alle Teile der Gesellschaft nötig.
Darüber hinaus halten wir es aber auch für wichtig, eine Einrichtung zu schaffen, in der sich Menschen mit und ohne Behinderung austauschen und voneinander lernen können. Hier reichen periodisch zugängliche Dunkel-Cafes nicht aus. Ein solches dauerhaftes Angebot wäre nicht nur im Sinne der Sehbehinderten und Blinden im Lande, sondern käme allen Menschen mit oder ohne Behinderung zu gute.
Abschließend muss ich für den SSW deutlich sagen: Auch wenn wir dem Antrag der LINKEN aus den genannten Gründen nicht folgen können, haben sie in einem Punkt natürlich völlig recht. Die einkommensabhängige Blindenhilfe ist mit einer Bedürftigkeitsprüfung verbunden, und das wird von
vielen Blinden und sehbehinderten Menschen zu Recht als Zumutung empfunden. Sie ist keine Alternative zum halbierten Blindengeld. Diese Kürzung ist einfach ungerecht und muss dringend rückgängig gemacht werden.
Für uns steht fest, Aufgaben wie die Schaffung von Barrierefreiheit und die Förderung von gleichberechtigter Teilhabe von Menschen mit Behinderungen müssen auch in Zeiten knapper Kassen höchste Priorität haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben immer häufiger in unseren Kommunen, dass sich Bürgerinitiativen gründen, die sich gegen den Bau von Biogasanlagen oder großen Mastanlagen richten. Dies hat vielerorts zu heftigen Streitigkeiten innerhalb der Gemeinden geführt.
Für mich ist dies in erster Linie ein Zeichen dafür, dass etwas mit dem Planungsrecht nicht mehr stimmt. Mit der Privilegierung im § 35 des Baugesetzbuches wurde die kommunale Planungshoheit mehr oder weniger ausgehebelt. Eine direkte politische Beeinflussung beim Bau derartiger Anlagen ist kaum noch möglich. Der potenzielle Betreiber hat einen Rechtsanspruch, seine Anlage zu bauen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es gibt durchaus rechtliche Möglichkeiten, gegen solche Projekte vorzugehen, jedoch erfordert dies fachlich qualifizierte Stellungnahmen, die nur von eingefuchsten Fachleuten erbracht werden können. Dies können die betroffenen Kommunen jedoch kaum leisten. Zudem spielt auch die zeitliche Komponente für einen Einspruch eine wichtige Rolle.
Gleichwohl besteht die Möglichkeit der Steuerung über die Bauleitplanung der Gemeinden. Dies macht auch der Bericht der Landesregierung deutlich. Ich möchte mich an dieser Stelle, Frau Ministerin, auch für meine Partei für diesen Bericht bedanken, der sehr ausführlich ist. Es hat aber den Anschein, dass viele Kommunen von der Privilegierung überrumpelt wurden und ihren Flächennutzungsplan nicht entsprechend angepasst haben. Es gibt sogar Kommunen, die nicht einmal einen Flächennutzungsplan haben. Dies haben wir zum Beispiel neulich in Tielen erleben müssen. Dies ist für mich wieder ein Beleg für die Kleinteiligkeit der Gemeindestruktur bei uns im Land.
Fakt ist aber, dass mit derartigen Anlagen die Siedlungsentwicklung der Gemeinden gehemmt wird, die Immissionsbelastungen zunehmen, Umweltbelastungen steigen und der Außenbereich als Erholungsraum verloren geht.
Aus dem Bericht geht hervor, dass es auf Bundesebene mittlerweile Planungen gibt, die rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten zu verschärfen. Jedoch gilt dies nur für große gewerbliche Tierhaltungsan
lagen, das, was man als „Agrarindustrie“ bezeichnen würde. De facto bringt das aber keine wirkliche Änderung und keine Verbesserung für die kommunale Planungshoheit mit sich. Auch von der Landesregierung ist hier nicht mit wirklicher Unterstützung zu rechnen, denn prinzipiell hält die Landesregierung weiter an der Privilegierung im Außenbereich fest.
Das Engagement der Bürgerinitiativen ist aber auch ein Beleg dafür, dass in weiten Teilen der Gesellschaft ein Umdenken bezüglich der Entwicklung der Landwirtschaft stattfindet. Die Liste der Einwände gegen Massentierhaltungsanlagen ist lang, ob aus rein naturschutz- oder tierschutzfachlicher Sicht. Zudem sind die Bürgerinitiativen gut vernetzt mit Umweltschutzverbänden oder Tierschutzorganisationen, und sie tauschen sich untereinander aus. Dieser Druck von unten ist ein Beweis dafür, dass wir bereits eine breite Diskussion über die künftige Ausgestaltung der Land- und Ernährungswirtschaft in der Gesellschaft haben.
Vor dieser Entwicklung darf die Politik nicht die Augen verschließen.
Wir müssen uns diesen Aufgaben stellen und Lösungen aufzeigen, wie wir die Landwirtschaft zukunftsorientiert und nachhaltig gestalten wollen. Die bisherige Landwirtschaftspolitik wurde in Bahnen gelenkt, die einzig auf Wachstum ausgerichtet sind. Es musste immer mehr zu immer günstigeren Preisen produziert werden, um am Markt zu bestehen. Diese Entwicklung ist wirtschaftlich nicht gesund. So vollzieht sich auch seit Jahrzehnten der Strukturwandel in der Landwirtschaft. Die Betriebe, die nachbleiben, sind gezwungen, sich zu vergrößern: mehr Fläche und immer mehr Tiere. Dies ist aber keine Entwicklung, die sich die Landwirte freiwillig ausgesucht haben. Viele Landwirte, mit denen ich gesprochen habe, lehnen dies eigentlich ab. Aber wenn sie nicht aufgeben wollen, dann müssen sie vergrößern, um die Produktionskosten zu verringern. Dieser Kreislauf muss endlich durchbrochen werden. Das bedeutet aber, dass die Förderpolitik in der Landwirtschaft komplett geändert werden muss.
Aufgrund der Komplexität dieses Themas schlage ich vor, dass wir das alles noch einmal im Ausschuss vertiefen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den SSW mehrmals deutlich gesagt: Wenn es uns nicht bald gelingt, wesentlich mehr Ausbildungsplätze und spürbar attraktivere Arbeitsbedingungen in der Pflege zu
schaffen, steuern wir direkt auf eine Katastrophe zu.
Selbst im vorliegenden Bericht der Landesregierung wird eingangs festgestellt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Schleswig-Holstein bis 2025 um circa 43 % steigen wird. Und dadurch, dass sich gleichzeitig auch noch ein Rückgang des privaten Pflegepotenzials abzeichnet, wird dieses Problem noch zusätzlich verschärft. Allen ist mittlerweile bewusst, wie groß die Herausforderungen sind. Für den SSW ist klar: Vor dem grundlegenden Problem, dass immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter immer mehr Bedürftige versorgen müssen, können wir nicht einfach die Augen verschließen. Wir müssen endlich entschlossen handeln und die Weichen dafür stellen, dass auch in Zukunft eine menschenwürdige Pflege möglich bleibt.
Wir haben hier im Landtag nicht nur wieder und wieder über die vorhandenen Probleme im gesamten Pflegebereich diskutiert, wir haben auch wiederholt über die notwendigen Lösungsansätze für diese Probleme gesprochen und diverse Anträge hier auf dem Tisch gehabt. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der SSW von dem vorliegenden Bericht weit mehr erwartet. Schließlich soll er ausdrücklich die Perspektiven der Pflege in Schleswig-Holstein zum Inhalt haben. Statt aber konkrete Probleme und die entsprechenden Lösungswege aufzuzeigen, lobt sich die Landesregierung in erster Linie selbst. Ja, es kann sogar der Eindruck entstehen, dass Schleswig-Holstein hier bestens für die Zukunft gerüstet ist. Aber ich muss deutlich sagen: Das sind wir ganz sicher nicht.
Dem Bericht nach sieht die Landesregierung ihre Verantwortung für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden pflegerischen Versorgungsstruktur. Es wird auf das Internetportal „Wege zur Pflege“ oder auf die Förderung von Beratungsstellen verwiesen. Daneben will sich die Landesregierung um mehr Verbindlichkeit bei der Abschätzung des Bedarfs und die Unterstützung des Kompetenzzentrums Demenz bemühen. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Ich halte all diese Einzelmaßnahmen für sinnvoll und richtig. Dies gilt ausdrücklich auch für die gerade vorgestellte Landesverordnung über die Ausbildung und Prüfung in der Altenpflegehilfe. Aber all das wird nicht reichen, wenn die Landesregierung ihrer Verantwortung gerecht werden will und das Ziel einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und pflegerischen Versorgungsstruktur wirklich erfüllen will.
Experten aus dem Pflegebereich weisen regelmäßig darauf hin, dass die Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Altenpflege größte Anstrengungen aller Beteiligten erfordert. Auch wenn es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, das Berufsfeld der Pflege aufzuwerten und die Ausbildungssituation zu verbessern, ist es nicht zuletzt die Landesregierung, die hier in einer besonderen Pflicht steht.
Doch bei zentralen Themen wie der Weiterentwicklung oder zukunftsfähigen Gestaltung der Pflegeausbildung und der Finanzierung der Ausbildungskosten kommen wir nur langsam von der Stelle. Auch wir sind der Auffassung, dass die Zusammenführung der Ausbildungsberufe sinnvoll ist und zu einem verbesserten Ansehen führen kann. Man darf es aber nicht bei der bloßen Ankündigung belassen. Wir meinen, dass die Landesregierung entschlossener handeln und in Berlin auch entsprechend auftreten muss.
Für eine deutliche Attraktivitätssteigerung sind natürlich nicht nur die Ausbildungsfinanzierung und eine bundeseinheitliche Pflegeausbildung wichtig. Auch die Einrichtung einer Kammer für Pflegeberufe wäre sinnvoll. Um mehr Menschen für dieses Berufsfeld zu begeistern und um die Pflegefachkräfte länger in ihrem Job zu halten, braucht es mehr, nämlich einen veränderten Personalschlüssel, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Pflege und Dokumentation und nicht zuletzt eine bessere Bezahlung. All dies sind wichtige Aspekte, wenn es tatsächlich gelingen soll, in der Zukunft eine Pflege auf hohem Niveau sicherzustellen.
Hierzu gibt es keine Alternative. Hier ist das Wort „alternativlos“ einmal angebracht. Es gibt hierzu keine Alternative, denn an dem Grundsatz, dass der Pflegebedürftige im Mittelpunkt steht und dass die Versorgung menschenwürdig sein muss, wird hoffentlich keiner ernsthaft rütteln wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Homepage des Bundesumweltamtes ist nachzulesen, dass der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland bei rund 100 ha am Tag liegt. Hauptsächlich ist damit die Umwandlung von landwirtschaftlichen genutzten Flächen in Wohn-, Verkehrs- und Wirtschaftsflächen gemeint. Mit der Versiegelung gehen der völlige Verlust der Bodenfunktionen sowie die Zerstörung des Bodens einher. Neben der Zerstörung des Lebensraumes Boden hat die Versiegelung aber auch noch andere negative Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Daher ist es das erklärte Ziel der Bundesregierung, die tägliche Umwidmung von unversiegelten Flächen bis zum Jahr 2020 auf 30 ha zu senken.
Eingriffe in den Naturhaushalt müssen ausgeglichen werden. Dafür gibt es das Instrument der Eingriffs-/Ausgleichsregelung. Mit diesem Instrument sollen die Beeinträchtigungen auf Natur und Landschaft vermindert und minimiert werden. Soll heißen: Der Natur wird auf der einen Seite etwas genommen, und dafür muss auf der anderen Seite eine Kompensation stattfinden. Damit ist die Eingriffsregelung kein Selbstzweck. Sie hat ihre Berechtigung zum Schutz von Natur und Landschaft.
Nun kann man durchaus sagen, dass der Landwirtschaft zweimal Flächen entzogen werden, zum einen für die Versiegelung und zum anderen für den Ausgleich.
Der Bauernverband in Schleswig-Holstein geht davon aus, dass für beide Maßnahmen zusammen rund 10 ha pro Tag verbraucht werden. Aus diesem Grund lautet die Parole der Landwirtschaft: ,,Stoppt Landfraß“. Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch der Bauernverband in Schleswig-Holstein fordern nun gesetzliche Änderungen zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen.
Derartige Forderungen sind vordergründig durchaus nachvollziehbar. Aber dann müssen wir
uns auch darüber unterhalten, wie die Versiegelung von Flächen vermindert werden soll. Der Eingriff in die Natur und Landschaft muss weiterhin ausgeglichen werden. Daran wird der SSW immer festhalten.
Hier möchte ich aber noch einmal klarstellen, dass für uns als SSW die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff angesehen wird. Ebenso sind wir der Auffassung, dass Küstenschutzmaßnahmen nicht als Eingriff in die Natur oder in das Landschaftsbild zu werten sind und von daher auch nicht auszugleichen sind.
Ich komme noch einmal auf die Landwirtschaft zurück. So richtet sich die Forderung des Bauernverbandes hauptsächlich gegen die ,,übermäßige“ Ausweisung von Ausgleichsflächen, die damit für die landwirtschaftliche Produktion verloren gehen. Dies ist aus Sicht des SSW eine einseitige Sicht auf die Problematik - gerade, wenn ich an den enormen Anstieg der Flächen für Energiemais denke. Natürlich sollen auch Landwirte einen Beitrag zur Energiewende leisten. Aber der Anbau von Energiemais ist komplett aus dem Ruder gelaufen. Diese Ackerflächen sind auch aus der Lebensmittelproduktion rausgefallen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Bauernverband hier eine vergleichbare Initiative gestartet hat. Man gewinnt klar den Eindruck, als ob man hier mit zweierlei Maß misst.
Das Naturschutzrecht wurde dahin gehend geändert, dass Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen auf Naturschutzflächen sowie die Entsiegelung und die Vernetzung von Lebensräumen als Ausgleich anerkannt werden. Dies wurde gemacht, um landwirtschaftlich genutzte Flächen in der landwirtschaftlichen Nutzung zu belassen. Es ist also durchaus so, dass auf die Landwirtschaft Rücksicht genommen worden ist. Nichtsdestotrotz halten wir daran fest, dass Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden müssen - ohne Wenn und Aber.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kinderschutz hat in SchleswigHolstein einen hohen Stellenwert. Das Landeskinderschutzgesetz und die Kinderrechte in der Verfassung unseres Landes machen dies deutlich. Unser Land muss sich bei diesem Thema bestimmt nicht verstecken. Hier geben wir CDU und FDP recht. Doch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse stellt sich zu Recht die Frage, wie es um den Schutz von Pflegekindern in Schleswig-Holstein steht.
Anlass für den vorliegenden Antrag ist der Tod eines Pflegekindes in Hamburg. Leider passiert so etwas immer wieder. Auch bei den über 3.000 Pflegekindern hier in Schleswig-Holstein gibt es vereinzelt Fälle von Vernachlässigung und Misshandlung. Wir wissen, dass Regeln und Vorschriften solche Dinge nicht zu 100 % verhindern können. Doch ohne in blinden Aktionismus verfallen zu wollen, sehen wir es als das Mindeste an, dass das zuständige Ministerium sorgfältig prüft, ob der Schutz von Pflegekindern ausreichend ist. Denn nur, weil in Schleswig-Holstein bisher nichts vergleichbar Tragisches geschehen ist, heißt es noch lange nicht, dass hier alles in bester Ordnung sein muss.
Die SPD weist zu Recht darauf hin, dass es nach dem SGB VIII Aufgabe des Landes ist, den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien und den Einrichtungen zu regeln. Auch wenn die Ausführung bei den Kreisen und kreisfreien Städten liegt, ist es bei Weitem nicht so, dass dem Land hier bei dieser wichtigen Angelegenheit die Hände gebunden wären. Sowohl über das Jugendförderungs- wie auch über das Kinderschutzgesetz kann der Schutz von Pflegekindern verbessert werden.
Dabei sage ich für den SSW ganz deutlich: Diese Möglichkeit müssen wir dringend nutzen, wenn sich herausstellt, dass für die Gewährleistung des bestmöglichen Schutzes Änderungen notwendig sind.
Denn nach unserer Meinung muss sich durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema zeigen, ob - und wenn ja, welche - Änderungen nötig sind. Dass dabei der umfassende Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und Einrichtungen das Maß aller Dinge sein muss, ist sicher allen klar.
Es ist allerdings nicht so, dass überhaupt keine landesweiten Vorgaben bei der Auswahl und Überprüfung von Pflegeeltern existieren. Hier ist der Antrag vielleicht ein bisschen missverständlich formuliert. Denn das Jugendförderungsgesetz nennt Kriterien für die Erteilung und den Entzug der Pflegeerlaubnis. Der SSW hat überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Kommunen als örtliche Träger der Jugendhilfe ihrer Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen. Das ist klar.
Doch leider gibt es in diesem Bereich wie in so vielen anderen auch erhebliche regionale Unterschiede bei der personellen und finanziellen Ausstattung. Einerseits stehen natürlich alle Kommunen unter einem gewissen Sparzwang. Dies bekommen nicht zuletzt auch die Jugendämter zu spüren. Andererseits ist und bleibt es aber auch immer eine Frage der politischen Prioritätensetzung vor Ort. Wir halten es in jedem Fall für sinnvoll, gemeinsam mit allen Beteiligten die Standards und Verfahren zur Anerkennung von Pflegefamilien und den jeweiligen Umgang mit ihnen genau zu prüfen. Nur durch die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema können wir Schwachstellen aufdecken und beheben und damit den Kinderschutz effektiv weiterentwickeln.
Keiner von uns will, dass sich ein Fall wie der aus Hamburg wiederholt, weder hier im Land noch anderswo. Trotzdem sollten wir keine voreiligen Schlüsse ziehen. In einem ersten Schritt sehen wir den Sozialminister in der Pflicht, sich gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden einen genauen Überblick über die Situation der Familienpflege im Land zu verschaffen. Hierzu gehört auch, dass die regionalen Unterschiede bei der Begleitung und bei der Überprüfung der Familien genau erfasst werden. Natürlich halten wir es auch für naheliegend, hier über einheitliche Standards nachzudenken, wie es im Antrag formuliert ist. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass die Kreise auch in die Lage versetzt werden müssen, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit der Abschaffung des beitragsfreien Kita-Jahres durch CDU und FDP zahlen die Eltern im Land die durchschnittlich höchsten Kita-Beiträge bundesweit. Was das für einige Kinder in Schleswig-Holstein bedeutet, ist klar: Ihnen bleibt der Zugang zur frühkindlichen
Bildung aus finanziellen Gründen verwehrt. Sie haben damit nicht die gleichen Startchancen wie ihre Altersgenossen, die in die Kita gehen.
Der SSW ist der Meinung, dass sich hier dringend etwas ändern muss. Kein Zweifel: Wir brauchen eine landeseinheitliche Kita-Sozialstaffel. Es kann nicht sein, dass die Ermäßigung für Familien mit geringem Einkommen zwischen 0 und 100 % variiert, je nachdem, wo man wohnt. Der Antrag der Grünen, der die Forderung nach einer Sozialstaffel erneuert und die Landesregierung an ihr Versprechen in dieser Sache erinnert, findet unsere volle Unterstützung.
Die wichtigste Vorgabe und das oberste Ziel einer Reform der Kita-Sozialstaffelregelung ist doch völlig eindeutig und seit Langem bekannt. Familien mit geringerem Einkommen und Familien mit mehreren Kindern müssen endlich spürbar entlastet werden. Es steht außer Frage, dass eine solche Regelung eng mit den Kommunen abgestimmt werden muss. Denn nur dann, wenn alle mit im Boot sitzen, können wir die ungerechten regionalen Unterschiede ausgleichen. Der SSW hat sich immer wieder für eine solche Neuregelung ausgesprochen. Auch wir bedauern, dass sich in dieser wichtigen Angelegenheit bis heute so wenig getan hat. Es ist deshalb das Mindeste, dass dieses Vorhaben bis zum nächsten Kindergartenjahr umgesetzt wird. Das sind CDU und FDP den Eltern und Kindern hier im Land schuldig.
Sieht man sich den gesamten Kindertagesstättenbereich an, wird deutlich, dass eine Reform der Sozialstaffelregelung allein nicht reicht. Die Angebote der frühkindlichen Bildung sind in der Regel schlecht finanziert. Die Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher sind hoch, während ihre Qualifizierungsstandards relativ gering sind. Eine zunehmende Überlastung der Mitarbeiter und ein echtes Rekrutierungsproblem sind die Folge.
Unter dem Strich ist Schleswig-Holstein damit bundesweites Schlusslicht bei der Kita-Betreuung.
Für uns ist klar, dass so schnell wie möglich mehr Mittel in diesen Bereich fließen müssen. Das bedeutet auch, dass endlich Schluss sein muss mit unsinnigen Ideen wie dem Betreuungsgeld. Es ist erwiesenermaßen besser, die Förderung für Kinder in
Sachleistungen wie frühe Kinderbetreuung oder Bildungsmaßnahmen zu investieren.
Eine sehr umfangreiche dänische Studie im letzten Jahr hat wieder eindrucksvoll belegt, dass sich diese Investitionen langfristig lohnen. Die kognitiven Fähigkeiten und damit auch die Bildungschancen verbessern sich mit einer Qualitätssteigerung im frühkindlichen Bildungsbereich ganz enorm.
Neben der Ausweitung des Betreuungsangebots muss vor allem der Personalschlüssel in den Kindertagesstätten und Kinderhorten verbessert werden. So machen wir wirklich Fortschritte in Sachen Bildungsqualität. Diese Erkenntnis scheinen ja heute fast alle Fraktionen zu teilen, doch wir müssen endlich auch die entsprechenden Weichen stellen und hier unsere Prioritäten für die Zukunft setzen. Aus Sicht des SSW muss es das langfristige bildungspolitische Ziel sein, Kinderbetreuung kostenfrei anzubieten. Natürlich braucht man hier Geduld, weil Land und Kommunen große finanzielle Probleme haben. Diese Tatsache ändert aber nichts an der Notwendigkeit, sich zu diesem Ziel zu bekennen und Schritt für Schritt an der Umsetzung zu arbeiten.
In Sachen frühkindliche Bildung dürfen wir eines nicht vergessen: Wir müssen nicht nur mehr Mittel in diesen Bereich investieren, sondern auch für mehr Effizienz im Umgang mit diesem Geld sorgen. Für den SSW heißt das, dass wir langfristig eine Finanzierung der Kindertagesstätten aus einer Hand brauchen. Denn die aktuelle Situation macht deutlich, dass die heutige Mischfinanzierung zwischen Land, Kreisen, Kommunen und Trägern nicht nur uneffektiv und bürokratisch, sondern vor allem auch wenig transparent ist.
Eine landeseinheitliche Sozialstaffel ist damit zwar ein wichtiger Schritt in Richtung eines gerechteren Bildungssystems, um aber annähernd gleiche Bildungschancen für alle Kinder zu erreichen, müssen wir noch wesentlich mehr tun.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder hier im Haus kann sich vorstellen, wie schmerzhaft eine Verbrennung 3. Grades ist. Nichts anderes wird einem Fohlen zugefügt, dem ein heißes Brandeisen großflächig aufgedrückt wird. Mit der Verbrennung wird eine Wunde erzeugt, die eine dauerhafte Narbe zur Folge hat dies nur, um das Tier zu kennzeichnen. Es geht aber auch anders. Ein Pferd kann auch mit einem Transponder-Chip versehen werden, mit dem das Tier individuell und unverwechselbar gekennzeichnet ist.
Nach einer EU-Verordnung von 2008 sollen Einhufer aus tierseuchenrechtlicher Sicht grundsätzlich elektronisch identifizierbar sein. Für alle ab
Juli 2009 in Deutschland geborenen Fohlen gilt die Kennzeichnungspflicht mittels Chip. Es gibt in Deutschland also eine klare Verpflichtung, wie dies zu handhaben ist.
Nebenbei bemerkt: Das Chippen bei Trabern das wurde hier schon erwähnt - wird bereits seit den 90er-Jahren gemacht. Dort waren es die Zuchtverbände selbst, die daran ein Interesse haben. Man hat keine schlechte Erfahrung damit gemacht. Daher ist es bedauerlich, dass Schleswig-Holstein im Bundesrat nun versucht, diese Kennzeichnungspflicht zu umgehen, und an der antiquierten Methode des Schenkelbrandes festhalten will.
Welche der beiden Kennzeichnungsmethoden für das Tier schmerzhafter ist, kann sich, glaube ich, jeder vorstellen. Es ist erwiesen, dass das Brandeisen dem Tier größte Schmerzen zufügt und dass diese Schmerzen mehrere Tage anhalten können. Gegner des Chippens führen immer wieder an, dass dem Tier auch Schmerzen zugefügt werden und dass sich beim Chippen die Wunde entzünden kann. Da mögen Sie recht haben, aber die Brandwunden, die verheilen beileibe auch nicht immer problemlos.
Es gibt viele Experten, die sich einig sind, dass das Chippen aus tierschutzfachlicher Sicht sinnvoller ist als der Schenkelbrand. Es ist also nicht die Frage, was aus tierschutzfachlicher Sicht das geringere Leiden für das Tier ist, die in dieser Diskussion obenan steht.
Der Punkt in dieser Diskussion ist, dass wir auf der einen Seite die Aspekte des Tierschutzes haben und auf der anderen Seite wirtschaftliche Interessen.
Der Schenkelbrand versieht das Tier mit einem permanenten und sichtbaren Markenzeichen. Das ist der Grund, warum die Züchter an ihrem Logo festhalten wollen.
Die verschiedenen Pferderassen, über die wir reden, haben sich im Laufe der Jahre äußerlich so weit angeglichen, dass sie kaum noch zu unterscheiden sind. Einzig anhand des Brandzeichens ist äußerlich festzustellen, aus welcher Zucht sie stammen. Es geht also um die Frage, wie ich mein Produkt so kennzeichne, dass für jeden ersichtlich ist, womit er es zu tun hat. Wir reden also über Marketing und wirtschaftliche Interessen der Zuchtverbände.
Diese Aspekte sind es, die den Gegensatz zum Tierschutz darstellen. Es stellt sich also die Frage,
welchen Wert der Tierschutz gegenüber diesen wirtschaftlichen Interessen hat. Wollen wir akzeptieren, dass einem Tier erhebliche Schmerzen zugefügt werden, nur damit nach außen sichtbar wird, aus welcher Zucht es stammt? Dies ist eine rein politische Bewertung.
Ja.
Das ist eine hypothetische Frage, weil ich selber nicht in diese Situation komme.
Wenn mir hier jemand erzählen will, dass das der Grund für das Brandzeichen ist, ist das schlicht nicht wahr. Das ist nicht der Grund dafür, dass die Pferde ein Brandzeichen kriegen.
Für den SSW stelle ich fest: Es gibt die Möglichkeit, ein Tier elektronisch zu kennzeichnen, damit
es jederzeit identifiziert werden kann. Das ist Fakt. Fakt ist auch, dass dem Fohlen mit dem Schenkelbrand enorme Schmerzen zugefügt werden, die so nicht mehr notwendig sind. Die Aspekte des Tierschutzes stehen für den SSW über den wirtschaftlichen Interessen der Zuchtverbände.
Sowohl der Bundesrat als auch das Bundeslandwirtschaftsministerium sprechen sich gegen den Schenkelbrand aus. Die Gründe liegen auf der Hand. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung im Bundesrat daran festhält, den Schenkelbrand als alternative Kennzeichnungsmethode zu ermöglichen.
Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN macht auf ein zentrales Defizit in der Gesundheitsversorgung Schleswig-Holsteins aufmerksam. Was die Notwendigkeit und die rechtliche Herleitung eines Menschenrechts auf medizinische Versorgung auch für Menschen ohne Papiere betrifft, teilen wir die Zielrichtung des Antrags.
Der SSW möchte aber anregen, dass der Kreis der Betroffenen zu erweitern ist. Wir haben in Schleswig-Holstein mindestens vier Gruppen von Menschen, die auf medizinische Versorgung angewiesen sind, aber keine Papiere haben. Das sind Menschen ohne qualifizierten Aufenthaltsstatus, auf die im Antrag eingegangen wird. Das sind aber auch Obdachlose, zwangsprostituierte Frauen und Menschen, die aus finanziellen Gründen nicht krankenversichert sind, wie etwa ein Teil der Selbstständigen und Freiberufler. Bei allen handelt es sich zumeist um „bedürftige Menschen ohne Papiere“.
So gesehen reicht es auch nicht aus, die Landesregierung dazu aufzufordern, lediglich die Kommunen, den Flüchtlingsbeauftragten, das Medibüro und die Ärztekammer in die Erarbeitung eines Konzeptes einzubinden. Hier könnten die Krankenkassen, die Wohlfahrtsverbände und die Gewerkschaften auch gut mitwirken. Auch die örtlichen Leitungen der Gesundheitsämter beziehungsweise der Fachdienste Gesundheit sollten sich in den
Konzeptentwicklungsprozess einbringen können, sind sie es doch, die neben den Migrationsberatungsstellen als sogenannte Clearingstellen unmittelbar mit der Umsetzung betraut werden sollen.
Hier gibt es ein weiteres Problem. Der Antrag strebt ja an, dass die Gesundheitsämter den Menschen ohne Papiere nicht nur einen anonymen Krankenschein ausstellen sollen, sondern auch bei „aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen zu beraten“ haben. Dazu ist zu überlegen, ob das vom örtlichen Personal geleistet werden kann, ob Schulungen stattfinden müssen oder ob spezialisiertes Personal einzustellen wäre. Der SSW würde vorschlagen, dass die Gesundheitsämter die Papierlosen nicht beraten, sondern an die Stellen vermitteln, die den Menschen bei aufenthaltsrechtlichen Fragen weiterhelfen können.
Gleichwohl sieht der SSW in dem Antrag die Möglichkeit, die regionalen Gesundheitsämter zu stärken und ihre Funktion im Gesundheitssystem weiter aufzuwerten.
Es dürfen aber keine Doppelstrukturen aufgebaut werden. Die Gesundheitsvorsorge ist staatliche Aufgabe, und die Etablierung privater Subsysteme ist auf jeden Fall zu vermeiden.
Die derzeit bestehenden informellen Parallelstrukturen müssen längerfristig aufgelöst werden.
Schließlich zeigt der Antrag der Fraktion noch eine Reihe von rechtlichen Hürden auf, die auch noch genommen werden müssen. So wird vorgeschlagen, die Übermittlungspflicht der Sozialämter an die Ausländerbehörden auf Bundesebene zu streichen, die Leistungsbeschränkung des Asylbewerbergesetzes aufzuheben und rechtliche Lösungen für nicht versicherte EU-Bürgerinnen und Bürger zu finden. Ich denke, dass auch hier Lösungen gefunden werden können.
Zu berücksichtigen wäre auch, dass Kreise und kreisfreie Städte die Aufgaben der Gesundheitsdienste als Selbstverwaltungsaufgabe wahrnehmen und für die Einrichtung der Clearingstellen eventuell Kreis- oder Gemeindeordnungen angepasst werden müssten.
Alles zusammengenommen betrachtet der SSW die Zielrichtung des Antrags als wegweisend. Zum Abbau kleinerer Schwächen und zur Weiterentwicklung empfehlen wir die Behandlung im Ausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen stehen wir - vor allem was den ländlichen Raum betrifft - vor unver
ändert großen Herausforderungen. Da sind wir uns hier im Haus alle einig. Das Durchschnittsalter der Ärzteschaft steigt stetig an, und wir haben ganz einfach nicht genügend Nachwuchsmediziner, die diesen Job übernehmen können oder wollen. Für den SSW ist deshalb klar, dass wir über alle Denkverbote hinweg nach Lösungen suchen müssen, um die wohnortnahe, flächendeckende Versorgung auf hohem Niveau zu sichern.
Die Landesregierung wird nicht müde zu betonen, dass diese Aufgabe ihr zentrales gesundheitspolitisches Anliegen ist. Das ist schön und gut. Vor dem Hintergrund der drohenden Versorgungsengpässe in manchen Regionen sollte dies allerdings eine Selbstverständlichkeit sein.
Grundsätzlich sehen wir den Ansatz, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt wird, positiv. Es ist sinnvoll, wenn wir die Möglichkeit durch § 90 a des Versorgungsstrukturgesetzes nutzen, um den lokalen Bedarf vor Ort zu ermitteln. Wir müssen uns nur darüber im Klaren sein, dass eine solche Föderalisierung der Bedarfsplanung die Dinge auch komplizierter machen kann. Für uns steht deshalb fest, dass das geplante Landesgremium so schlank wie möglich ausfallen sollte und den Prozess der Bedarfsplanung nicht zusätzlich verkomplizieren darf.
Wenn wir uns den vorliegenden Gesetzentwurf genauer anschauen, haben wir aber leider genau diese Befürchtung. Uns stellt sich zum Beispiel die Frage, ob die Einrichtung einer eigenen Geschäftsstelle nötig ist. Alle genannten ständigen Mitglieder haben gut ausgebaute Organisationen im Rücken. Dem Entwurf nach soll das Gremium grundlegende Fragen der Versorgung behandeln und lediglich Empfehlungen abgeben. Deshalb kann die Führung des Gremiums aus unserer Sicht ohne Probleme durch das zuständige Ministerium selbst übernommen werden. Was im Fall des Jugendhilfeausschusses möglich ist, sollte doch auch hier möglich sein! Mit einer eigenen Geschäftsführung werden dagegen zusätzliche und unnötige Stellen geschaffen. Wir sollten das Geld besser dort ausgegeben, wo es wirklich gebraucht wird.
Ein Punkt ist dem SSW auch beim Thema bedarfsgerechte Versorgung sehr wichtig: Der Patient und seine Bedürfnisse müssen bei der Weiterentwicklung im Mittelpunkt stehen. Wir haben im Zusammenhang mit dieser wichtigen Aufgabe immer wie
der angemerkt, dass die Belange der Betroffenen häufig zu kurz kommen. In unseren Augen ist es deshalb bedauerlich, dass auch im geplanten Landesgremium unter den genannten Mitgliedern nicht die Patientenseite vertreten ist.
Diese Chance darf man aus unserer Sicht nicht verstreichen lassen. Wir sind der Auffassung, dass auch die Patienten selbst das Recht haben müssen, zu grundsätzlichen Fragen der Bedarfsplanung gehört zu werden.
Das Gleiche gilt für die Kommunen. Kollege Heinemann hat das vorhin ausführlich beschrieben.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir stehen bei der Entwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen im Land vor einer großen Herausforderung. Deshalb sollten wir alle Möglichkeiten nutzen, die sich bieten, um diese Aufgabe zu meistern. Dazu gehört sicher auch ein Gremium zur Ermittlung des Versorgungsbedarfs auf Landesebene. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Landesregierung hier eine moderierende Rolle einnehmen will.
Wie erwähnt sehen wir aber einige Punkte dieses Gesetzentwurfs kritisch. Auch das Verfahren selbst scheint uns zu voreilig. Die Debatte hat gezeigt, dass es zu diesem wichtigen Thema noch viele ungeklärte Fragen gibt. Weil offensichtlich nicht nur der SSW Klärungsbedarf hat, halten wir eine ausführliche Anhörung für erforderlich.
Natürlich haben wir es hier mit einer dringenden Aufgabe zu tun, aber wir brauchen ein sorgsames Verfahren, in dem alle Beteiligten zu Wort kommen, und ganz sicher keinen Schnellschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Berichtsantrag der Linken beschränkt sich zwar auf die Situation in Lübeck, er ist aber trotzdem richtig. Ich sage noch einmal vielen Dank.
Aus Sicht des SSW ist es unverändert wichtig, dass wir hier im Landtag über das Thema Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein reden. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wir machen uns vor dem Hintergrund der Kürzungen durch CDU und FDP große Sorgen um diesen wichtigen Teil der sozialen Infrastruktur. Welchen Schaden allein diese Einzelentscheidung angerichtet hat, wird am Beispiel des AWO-Frauenhauses deutlich. Dass es schließen musste, bedauern wir sehr.
Doch wer mit den Menschen in den Frauenfacheinrichtungen spricht, der muss feststellen, dass die Kürzung von über einer halben Million € auch an vielen anderen Orten zu ernsten Schwierigkeiten führt. Das Beispiel Wedel wurde schon erwähnt. Es ist unheimlich gut, dass dies zumindest für dieses Jahr noch geregelt werden konnte. Was aber für eine Arbeit dahintersteckt, so eine Finanzierung auf die Beine zu stellen, und wie viele Stunden und Manpower man da hineinstecken muss, das sehen die meisten nicht. Diese Kraft hätte anders viel besser genutzt werden können.
Diese eindimensionale Politik mit Taschenrechner und Rotstift hat der SSW immer wieder scharf kritisiert. Auf diesem Weg werden wertvolle, über Jahre gewachsene Strukturen in kürzester Zeit zerstört. Die Folgekosten dieser Einschnitte werden ignoriert, anstatt sie einzukalkulieren und die Entscheidung zu überdenken. Das Verhalten der Landesregierung im Bereich der Frauenfacheinrichtungen ist ein Paradebeispiel für diese ignorante Haltung. Auch hier scheinen nicht soziale, sondern finanzpolitische Kriterien ausschlaggebend zu sein. Von der Notwendigkeit der Zusammenlegung kleinerer Ein
heiten oder einer möglichst gleichmäßigen Auslastung ist die Rede. Dabei reicht ein kurzes Gespräch mit den Betroffenen oder den Mitarbeiterinnen, um zu verstehen, dass ein Frauenhaus kein Hotel ist.
Schaut man auf die Internetseiten der Landesregierung und in den vorliegenden Bericht, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass es um die Frauenfacheinrichtungen im Land noch nie so gut stand wie heute: Das Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration hat ein Förderkonzept erarbeitet, das die flächendeckenden ambulanten und stationären Hilfsangebote für Frauen und deren Kinder sicherstellt. Die bestehenden und bundesweit vorbildlichen fachlichen Standards bei den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen im Land sollen damit erhalten werden. Eine professionelle Unterstützung auf hohem Niveau scheint gesichert, so vermittelt es zumindest der Blick vom bequemen Schreibtisch aus. Doch fragt man die Betroffenen, lässt sich dieses Konzept auf eine ganz einfache Formel bringen: Für weniger Geld soll bessere Arbeit geleistet werden.
Dass immer wieder fachkundige Stimmen laut werden, die uns den Hinweis geben, dass die vom Ministerium zugrunde gelegten Zahlen nicht korrekt sind, ist eine Sache, dass aber die Landesregierung in diesem ganzen Spiel nicht müde wird zu betonen, dass man in manchen Regionen überversorgt ist, bringt schon das Fass zum Überlaufen.
Laut der Arbeitsgemeinschaft der autonomen Frauenhäuser gibt es in den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg überhaupt kein Angebot. Fakt ist, dass sie Hilfsangebote in den Regionen immer an dem tatsächlichen Bedarf ausgerichtet haben. Natürlich gibt es eine größere Nachfrage in Ballungsgebieten, und natürlich finden hilfebedürftige Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher und sexueller Gewalt sind, nicht überall die Infrastruktur, die sie für den neuen Lebensabschnitt brauchen.
Rein wirtschaftlich betrachtet mag das Konzept der Landesregierung ja aufgehen. Anscheinend lautet Ihr Motto: Wer wirklich in Not ist, der kommt schon irgendwo unter. Wenn aber gleichzeitig von echter Wahlfreiheit für die Hilfebedürftigen die Rede ist, grenzt das aus unserer Sicht schon an Zynismus. Unterm Strich bedeutet diese Politik der Landesregierung nichts anderes, als dass Frauen und Kinder ihr Selbstbestimmungsrecht aufgeben müssen, um Hilfe zu bekommen.
Sie können zum Beispiel nicht in die Region gehen, wo sie vielleicht schon eine wichtige Bezugsperson haben. Die Wünsche und Vorstellungen, die viele an ihr neues Leben haben, werden damit häufig schon im Keim erstickt.
Der SSW hält die Kürzungsentscheidung von CDU und FDP nicht nur für unverhältnismäßig, sondern auch für unverantwortlich. Und wir bleiben dabei: Es ist unsere Pflicht, die Frauenfacheinrichtungen so zu fördern, dass sie die unterschiedlichen Hilfsangebote auch in Zukunft flächendeckend vorhalten können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab möchte ich eines klarstellen: Der SSW will Empfängern von Arbeitslosengeld II und Menschen mit ähnlich geringem Einkommen ganz sicher nicht das Recht auf soziale Teilhabe und Mobilität streitig machen. Für uns ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, dass jedes Mitglied unserer Gemeinschaft einen faktischen Zugang zu Mobilität und gesellschaftlicher Teilhabe haben muss, wie es die Linken fordern. Nur setzt der vorliegende Antrag, der in identischer Form in anderen Bundesländern gestellt worden ist, auf der ganz falschen Ebene an.
In der Debatte um die Erhöhung der Regelsätze wurde von verschiedenen Seiten der viel zu geringe Regelleistungssatz für den Nahverkehr kritisiert. Jeder hier weiß, dass dieser die Kosten für eine Monatskarte bei Weitem nicht deckt. Hieraus muss wie in anderen Bereichen auch - die Konsequenz folgen, dass die Leistungen erhöht werden.
Diese Forderung haben wir nicht nur damals gestellt, sondern wir halten sie natürlich auch nach der Minimalerhöhung im vergangenen Jahr aufrecht. Der SSW hält es für dringend notwendig, über dieses Thema eine intensive politische Diskussion zu führen. Wir hoffen, dass dabei am Ende eine spür
bare Verbesserung der Situation von Arbeitslosengeld-II-Empfängern herauskommt.
Die Vorgaben sind eindeutig: Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2010 müssen auch Bildungs- und Teilhabebestandteile in die Berechnung der Regelsätze einfließen. Der enttäuschende Kompromiss, mit dem die Hartz-IVEmpfänger und ihre Kinder heute leben müssen, wird dieser Vorgabe nicht gerecht. So sind zum Beispiel die im Bildungs- und Teilhabepaket für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben vorgesehenen 10 € pro Monat und Kind schlicht und einfach viel zu wenig.
An diesem Problem muss sich ohne Zweifel etwas Grundlegendes ändern. Doch hier ist nicht das Land, sondern in erster Linie der Bund in der Pflicht. Auch wenn die LINKEN im vorliegenden Antrag zu Recht darauf hinweisen, dass letztlich das Land eine Verantwortung für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse trägt, schlagen Sie hier ganz einfach den falschen Weg ein. Denn wir müssen die Grundstrukturen ändern und nicht an den Symptomen herumdoktern. Mit dem landesweiten Sozialticket würde aber nur eine Sonderregelung geschaffen, anstatt die Ursachen des Problems zu bekämpfen.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, möchte ich noch einmal betonen: Auch wir halten die zu geringen Regelsätze für ein massives Problem. Aber dies zu ändern, ist eine Aufgabe, die so schnell wie möglich in Berlin erledigt werden muss.