Protocol of the Session on December 17, 2009

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle recht herzlich. Erkrankt gemeldet ist von der Fraktion DIE LINKE Frau Ellen Streitbörger. Ich wünsche ihr im Namen der Abgeordneten gute Besserung.

(Beifall)

Auf der Tribüne begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Regionalschule Altenholz. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 21 und 39 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes auf Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/82

b) Keine Steuersenkungen zulasten von Land und Kommunen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/15

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 17/69

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/142

Zur Berichterstattung des Finanzausschusses zum Antrag „Keine Steuersenkungen zulasten von Land und Kommunen“ erteile ich dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, Herrn Abgeordneten Peter Sönnichsen, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Blick auf die Antragslage möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass dem Finanzausschuss die Drucksache 17/15, Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, überwiesen worden war. In einer sehr umfangreichen und sachorientierten Beratung ha

ben wir das abgearbeitet. Wir haben den Satz 1 unverändert gelassen und den Satz 2 einvernehmlich neu gefasst.

Einstimmig empfiehlt der Finanzausschuss dem Landtag, den Antrag Drucksache 17/15 in folgender Fassung anzunehmen:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag stellt fest, dass weder das Land noch die Kommunen weitere Einnahmeverluste verkraften können. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, im Bundesrat den Steuersenkungsplänen nur zuzustimmen, wenn es eine angemessene finanziell wirksame Kompensation seitens des Bundes gibt, die die Haushaltskonsolidierungsbemühungen des Landes nicht konterkariert.“

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Wird das Wort zur Begründung des Antrags Drucksache 17/82 gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben 2009 das erste Mal in der Geschichte unserer Republik eine wirtschaftliche Rezession, die in einem bisher nicht gekannten Ausmaß und in einer nicht gekannten Geschwindigkeit die wirtschaftliche Entwicklung nach unten drückt. Auch wenn bisher von über 6 % Einbruch bei der wirtschaftlichen Entwicklung die Rede war und es jetzt nur noch etwa 5 % sein sollen, ist dies ein gewaltiger Einschnitt in das wirtschaftliche Leben und damit natürlich auch in die öffentlichen Finanzen. Die Bundesrepublik Deutschland, der Bund und die Länder haben mit den Kommunen in den vergangenen gut zwölf Monaten in einer Vielzahl von Maßnahmen, auch durch steuerliche Maßnahmen, den Versuch gemacht, die Auswirkungen und Konsequenzen dieser wirtschaftlichen Entwicklung abzu

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mildern, sowohl für die betroffenen Unternehmen und Beschäftigten als auch für die öffentlichen Haushalte.

Ich erinnere daran, dass wir in einer Reihe von gesetzlichen Maßnahmen - Familienleistungsgesetz, Konjunkturpaket I, Bürgerentlastungsgesetz, Konjunkturpaket II - Maßnahmen eingeleitet haben, die dazu dienten, die Folgen dieser wirtschaftlichen Entwicklung abzumildern, mögliche negative Folgen für Unternehmen zu verringern, um dadurch wieder wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. Was sich bis jetzt einerseits an Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und andererseits bei der Entwicklung der staatlichen Einnahmen zeigt, macht deutlich, dass dies auch in vielen Fällen gelungen ist, wenngleich eine Entwicklung, was wäre, wenn man es nicht getan hätte, kaum nachzuzeichnen ist.

Die bisherigen steuerlichen Gesetze zu diesen konjunkturellen Maßnahmen haben zu rechnerischen Mindereinnahmen für Schleswig-Holstein von rund 230 Millionen € geführt. Im Antrag der Sozialdemokraten steht: Welche Mindereinnahmen erwarten Sie? - Ich erwarte überhaupt keine Mindereinnahmen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ho, ho!)

Ich weise darauf hin, dass alles, was wir hier tun auch was strukturell gemacht wird -, ausschließlich darauf ausgerichtet ist, mögliche wirtschaftliche Einbrüche und dadurch auch die Auswirkungen auf die öffentlichen Hände zu verringern. Deshalb muss man immer genau sortieren, was man eigentlich macht und welche Wirkung dies entfaltet.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Warum dann der Aufstand?)

Den Maßnahmen, die zu einer rechnerischen Mindereinnahme von 230 Millionen € hätten führen können, haben wir in einem Umfang von 100 Millionen € nicht zugestimmt. Ich erinnere daran, dass wir den Konjunkturpaketen I und II sowie dem Familienleistungsgesetz zugestimmt haben, nicht aber dem Bürgerentlastungsgesetz, weil wir der Meinung gewesen sind, dass eine rechnerische Zusatzbelastung von 100 Millionen € die Leistungsfähigkeit des schleswig-holsteinischen Landeshaushalts überfordert hätte. Außerdem sind wir der Meinung, dass die krisenentschärfende Wirkung und die wachstumssteuernde Wirkung nicht so ausgeprägt sein werden, wie es der Bund vorgetragen hat. Der Bund hat dies übrigens in der Person von Bundesfinanzminister a. D. Peer Steinbrück vorgetragen, der diese Auffassung damals mit großer Vehemenz vertreten hat.

Die Landesregierung sortiert genau, welche gesetzlichen Entwicklungen uns angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung und angesichts der Konsolidierung des Landeshaushalts helfen können und welche Entwicklungen möglicherweise nicht dazu führen.

Nun hat der Bund einen weiteren Gesetzentwurf vorgelegt, der ebenfalls dazu dienen soll, krisenverschärfende Elemente in Steuergesetzen zu reduzieren, um Schaden von Unternehmen abzuwenden, die möglicherweise durch die wirtschaftliche Entwicklung in Absatz -, in - als Folge daraus - Umsatz- und - wiederum infolge daraus - in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen sind oder kommen könnten. Deshalb sind Maßnahmen zur steuerlichen Erleichterung bei Mantelkäufen, bei gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen sowie bei Zinsschranken vorgeschlagen worden. Diese Maßnahmen können dazu führen, dass Unternehmen, die sich in einer Krise befinden, geholfen wird, diese Krise zu überwinden, auch unter Berücksichtigung der Entwicklungen, die im Bereich der öffentlichen Sozialleistungen hinzu kämen.

Dieses Gesetz hätte rechnerisch Mindereinnahmen in der Größenordnung von etwa 70 Millionen € für den Landeshaushalt und etwa 60 Millionen € für die Kommunen Schleswig-Holsteins zur Folge. Der Antrag der SPD-Fraktion verlangt von mir, dass ich an dieser Stelle eine Tabelle vorlese. Ich schlage vor, dass ich diese Tabelle dem Finanzausschuss vorlege. Wenn Sie es möchten, kann ich dies aber auch hier gern tun.

Ich möchte aber lieber auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingehen. Der Gesetzentwurf beinhaltet krisenentschärfende Elemente, die Mindereinnahmen bei Ländern und Kommunen in der Größenordnung von voraussichtlich 2,8 Milliarden € nach sich ziehen werden. Wir kritisieren nicht die einzelnen Maßnahmen, die im Unternehmensteuerbereich zum Tragen kommen, sondern wir kritisieren die Verteilung der Belastungen, die sich daraus ergeben. Diese verteilen sich zu 77 % auf Länder und Gemeinden und zu 23 % auf den Bund. Wir sind der Auffassung, dass ein anderer finanzieller Ausgleich zwischen dem Bund und den Ländern gefunden werden sollte.

Außerdem haben die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in den Gesprächen immer wieder die Vorgehensweise kritisiert. Die bisherigen Verhandlungen haben deutlich gemacht, dass der Bund diesen Weg bei kommenden Gesetzesvorhaben nicht noch einmal gehen wird. Es wird nicht

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(Minister Rainer Wiegard)

noch einmal dazu kommen, dass wir einen Beratungsgang vollständig ausschließen.

Es ist natürlich ein erheblicher Schluck aus der Pulle für unsere Familien, wenn wir insgesamt 4,6 Milliarden € zusätzlich für Familienleistungen verausgaben. Wenn der Bund aber 20 € mehr Kindergeld verspricht, selbst aber nur 15 € bezahlt, dann wäre es angebracht, wenn er auch mit denen darüber redet, die die restlichen 5 € bezahlen. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir erwarten, dass bei künftigen Gesetzesvorhaben miteinander über die Auswirkungen und Folgen solcher Maßnahmen gesprochen wird.

Der Gesetzentwurf beinhaltet einen Bestandteil, den wir außerordentlich kritisch sehen, nämlich die Frage der umsatzsteuerrechtlichen Besserstellung von Übernachtungen im Hotelgewerbe.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Seit wann das denn?)

Wir glauben nicht, dass dies eine besonders zielführende Lösung ist. Hierbei spreche ich für die Landesregierung, Herr Stegner.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im weiteren Verfahren werden wir über die Ausnahmen im Umsatzsteuerrecht, insbesondere über die Ausnahmen, die sich auf den ermäßigten Mehrwertsteuersatz beziehen, sehr nachdrücklich diskutieren. Wir haben in der Koalition vereinbart, dass bis etwa Mitte des Jahres Vorschläge erarbeitet werden, die darauf abzielen, diesen Ausnahmekatalog mit großer Sorgfalt neu zu strukturieren. Ich empfehle, die Zahl der Ausnahmen deutlich zu reduzieren.

Da dieser Punkt Bestandteil des Pakets ist, müssen wir sehr sorgfältig überlegen, ob dieser Punkt so schwerwiegend ist, dass wir deshalb nicht auch alle anderen Elemente dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetzes passieren lassen können.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wann entscheiden Sie das?)

- Ich komme gleich dazu, Herr Kollege Stegner. Es ist so, wie es eigentlich immer war. Ich weiß nicht, ob Sie damals anders gehandelt haben. Wenn ich mich richtig erinnere, sind die wichtigen Bundesratsentscheidungen immer donnerstagnachts gefallen, sodass wir am Montagmorgen im Rahmen der Vorbesprechung zur Bundesratssitzung zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr unser Verhalten dazu abgestimmt haben. So war es jedenfalls. Deshalb ist es

gar nicht hilfreich, dass Sie versuchen, hier einen anderen Eindruck zu erwecken.

(Beifall bei CDU und FDP - Zurufe von der SPD)

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll Freitag früh im Bundesrat beschlossen werden. Deshalb wird rechtzeitig vor der Sitzung

(Zuruf von der SPD: Montag! - Weitere Zu- rufe)

in Kenntnis der bisherigen Verhandlungsergebnisse und in Kenntnis dessen, was heute Abend und morgen früh dazu noch beraten wird, entschieden, wie sich Schleswig-Holstein verhalten wird.