Protocol of the Session on December 17, 2010

Meine Damen und Herren, wir setzen die Tagung fort. Ich eröffne die 37. Sitzung. Erkrankt sind von der SPD Herr Abgeordneter Detlef Buder, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Luise Amtsberg und von der Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Heinz-Werner Jezewski. Ich wünsche allen von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt ist von der CDU-Fraktion der Fraktionsvorsitzende Dr. Christian von Boetticher. Von der Landesregierung sind Minister Dr. Garg und Minister Wiegard beurlaubt.

Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Gäste aus dem FDP-Kreisverband Ostholstein! - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Bitte begrüßen Sie auch pensionierte Polizeibeamte aus Ostholstein und Lübeck. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir begrüßen auch Schülerinnen und Schüler der Freiherr-vom-Stein-Gemeinschaftsschule aus Kiel. - Auch Ihnen sage ich herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich freue mich ganz besonders, dass Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative für Kinderrechte hier sind. Wir begrüßen Frau Johns, Herrn Loeding und Frau Kühl. - Seien Sie alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Drucksache 17/995

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1027

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 17/1061 (neu)

3114 Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 37. Sitzung - Freitag, 17. Dezember 2010

Ich erteile dem Herrn Berichterstatter des Innenund Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

(Unruhe)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verweise auf die Vorlage.

(Unruhe)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Wenn der Lärmpegel etwas heruntergeht, dann eröffne ich gern die Aussprache. - Danke. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU hat Frau Kollegin Ursula Sassen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor vier Wochen haben wir in erster Lesung über die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein beraten. Vorausgegangen war die Volksinitiative Kinderrechte stärken, Armut bekämpfen. Die Initiatoren dieser Volksinitiative aus der AWO, dem Kinderschutzbund und dem Sozialverband haben sich seit 2008 unermüdlich für die Aufnahme der Kinderrechte in die Landesverfassung eingesetzt und dem Landtagspräsidenten Torsten Geerdts mehr als 30.000 Unterschriften für das Anliegen überreicht. Dafür gebührt ihnen unser Respekt.

(Beifall)

Es ist müßig, von den Schwierigkeiten der Kompromissfindung zu berichten. Dies ist hinreichend geschehen. Schauen wir auf das, was wir gemeinsam mit der Volksinitiative formuliert haben und in einen Antrag der Fraktionen von CDU, FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW eingebracht haben:

Erstens. Kinder und Jugendliche stehen unter dem besonderen Schutz des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der anderen Träger der öffentlichen Verwaltung. Zweitens. Bei der Schaffung und Erhaltung kindgerechter Lebensverhältnisse ist dem besonderen Schutz von Kindern und ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Drittens. Kinder und Jugendliche sind Träger von Rechten. Sie haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Bildung, auf soziale Si

cherheit und auf die Förderung ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten.

Mit dieser Formulierung weichen wir zwar vom ursprünglichen Text der Volksinitiative ab, liegen jedoch inhaltlich dicht beieinander. Auch wenn der Begriff Armut nicht direkt genannt wird, so wird diesem in Absatz 2 indirekt doch Rechnung getragen. Es ging uns nicht darum, Symbolpolitik zu betreiben, sondern Aussagen zu treffen, die politisch umsetzbar sind und mit Leben erfüllt werden können.

Heute möchte ich mich noch einmal bei den Vertretern der Volksinitiative dafür bedanken, dass sie geduldig und konstruktiv an dem fraktionsübergreifenden Vorschlag mitgewirkt haben.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Mein Dank gilt auch meinen Kolleginnen und Kollegen der anderen beteiligten Parteien. In der letzten Sozialausschusssitzung wurde der Vorschlag der LINKEN abgelehnt, sodass sich DIE LINKE so hat sie es signalisiert - heute dem parteiübergreifenden Gesetzentwurf anschließen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Darüber freuen wir uns, da ein einstimmiges Votum die Volksinitiative stärkt und den besonderen Anlass einer Verfassungsänderung würdigt.

Aus meiner Sicht ist alles gesagt. Nun müssen den guten Absichten auf allen Seiten Taten folgen. Ein deutliches Signal der Landesregierung ist die Aufstockung der Förderung von Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen um 10 Millionen € jährlich auf künftig 70 Millionen €. Die nach Vorlage des Haushaltsentwurfs von den Regierungsfraktionen beschlossenen Mehrausgaben für den Landesjugendring, für die institutionelle Förderung der Jugendverbände und freien Träger, zur Leseförderung und Schulsozialarbeit sowie für Modellprojekte zum Übergang vom Kindergarten in die Schule gehen ebenso in die richtige Richtung wie das Vorziehen von Investitionen zur Betreuung unter Dreijähriger und die Aufstockung der Mittel von 46 Millionen € auf 60 Millionen €.

Die Aufnahme der Kinderrechte in die Landesverfassung ist sowohl ein Appell an die Gesellschaft als auch an die Politik. Wir werden diesem folgen.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 37. Sitzung - Freitag, 17. Dezember 2010 3115

(Vizepräsidentin Anita Klahn)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Frau Abgeordneter Serpil Midyatli das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, heute hier stehen zu dürfen und mit Ihnen gemeinsam die Verfassung zu ändern, um die Rechte der Kinder in Schleswig-Holstein zu stärken. Nach einem holprigen Weg mit vielen Gesprächen haben wir dieses Ziel endlich erreicht. Ich hoffe auch, dass dies ein etwas versöhnlicher Jahresabschluss für die Volksinitiative ist, die dieses Ziel mit viel Engagement und Ausdauer verfolgt hat. Man könnte sagen, es ist ein wundervoll verpacktes Weihnachtsgeschenk für die Initiatoren und die Kinder dieses Landes.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Schnürt man dieses Weihnachtspaket jedoch auf, wird man schnell feststellen, das Paket ist leer. Die schwarz-gelbe Regierung hat am Mittwoch mit dem nun beschlossenen Haushaltsetat Kürzungen vollzogen, die diesen Gesetzentwurf schon im Vorfeld aushöhlen. Vielleicht hätten wir über diese Verfassungsänderung noch vor den Haushaltsberatungen abstimmen müssen, damit das Votum anders ausgefallen wäre.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Jedenfalls gibt es nun Kürzungen beim Kinderschutz, die ein vorbildliches Kinderschutzgesetz konterkarieren, für das wir viel Lob im gesamten Bundesgebiet erhalten haben. Schwarz-Gelb kürzt bei den frühen Hilfen, obwohl wir mittlerweile alle wissen sollten, wie wichtig gerade Prävention ist, um Kindeswohlgefährdung und Kindesmisshandlung zu verhindern und ein gesundes Aufwachsen zu fördern.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Es gibt weniger Geld für die Kinder- und Jugendnottelefone, die in viel ehrenamtlicher Arbeit aufgebaut wurden und Kindern Hilfe anbieten. Die Stiftung „Familie in Not“ mit dem Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ wird schon einmal abgewickelt, obwohl noch niemand so richtig weiß, wie das Teilhabepaket in zwei Wochen funktionieren soll.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Auch sollten wir in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass wir aus dem Programm „Kein

Kind ohne Mahlzeit“ damals nicht nur die Kinder aus Hartz-IV-Familien unterstützt haben, sondern auch Kinder aus Familien, die Wohngeld beantragt haben. Dies wird in dem Teilhabepaket des Bundes zum Beispiel nicht berücksichtigt.

Den Jugendverbänden werden die Ressourcen für ihre so wichtige Jugendarbeit genommen. Jugendverbände machen Bildungsarbeit. Sie fördern die Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten.

Wir wollen mit dieser Verfassungsänderung Armut verhindern und bekämpfen, auch wenn dies als Wort nicht explizit drinsteht. Wir wollen soziale Sicherheit geben, Teilhabechancen für Kinder in unserem Land erhöhen, ihre Persönlichkeiten fördern und kindgerechte Lebensverhältnisse schaffen. Wenn dies mit Ihrem nun beschlossenen Haushalt kompatibel ist, müssen Sie mir das bei Gelegenheit einmal erklären. Herr Minister Garg ist heute nicht anwesend. Er soll es nicht erklären, indem er sagt: Wir holen die Wirtschaft mit ins Boot. - Kinderschutz und Jugendarbeit lassen sich nicht kostenneutral umsetzen. Guten Kinderschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Dazu braucht es eine gute soziale Infrastruktur.