Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung, wir setzen die Beratungen fort. Zunächst einmal haben wir die Freude, Mitglieder der Kreisfeuerwehr Bad Segeberg auf der Tribüne begrüßen zu können. - Herzlich willkommen!
Außerdem begrüßen wir auf der Tribüne Auszubildende und Anwärter vom Amtsgericht in Kiel. Herzlich willkommen auch Ihnen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erkrankt sind die Kollegen Jens-Christian Magnussen, Hartmut Hamerich und die Kolleginnen Marion Sellier, Ranka Prante und Silke Hinrichsen. Wir wünschen ihnen gute Besserung.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird ein schriftlicher Bericht, mit dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
- Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/2037 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion bei Enthaltung von einzelnen Mitgliedern der SPD-Fraktion abgelehnt.
Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/2029 einstimmig angenommen.
Ich erteile jetzt für die Landesregierung Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit für den Bericht.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Man kann sich auch über wichtige Dinge streiten. Ich habe selbstverständlich - so wie zugesagt und wie es sich auch gehört; das war nicht immer so, aber Stilfragen haben ja doch eine besondere Note - unmittelbar, nachdem ich gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister und dem Vorsitzenden des Stabilitätsrats, Thomas Schäfer, die Vereinbarung über das Sanierungsprogramm unterschrieben habe, diese dem Finanzausschuss zugeleitet. Ich meinte, damit den notwendigen schriftlichen Bericht auch rechtzeitig vorgelegt zu haben.
Der Stabilitätsrat hat nach Vorlage der Stabilitätsberichte des Bundes und der 16 Länder Anfang des Jahres anhand von vier Kennziffern für vier Länder eine drohende Haushaltsnotlage festgestellt, auch für Schleswig-Holstein. Bei Schleswig-Holstein hat er insbesondere festgestellt, dass hier die vergangenheitsbezogenen Kennziffern, nämlich der Schuldenstand je Einwohner und das daraus folgende Verhältnis von zu hohen Zinsausgaben zu den Steuereinnahmen, die eigentlichen Probleme des Landes sind.
Im Jahr 2011 werden wir wieder nur neue Schulden aufnehmen müssen, um damit die Zinsen für die Altschulden zu bezahlen. Die Vergangenheit hat unser Land fest und unerbittlich im Griff.
Deshalb sind wir genauso wie die drei anderen Länder verpflichtet, ein Sanierungsprogramm vorzulegen, das wir im Oktober 2011 dem Stabilitätsrat zugeleitet haben. Die gegenwarts- und zukunftsbezogenen Kennziffern zeigen sich positiv. Das Fi
nanzdefizit wie auch die Kreditfinanzierungsquote liegen unterhalb der festgelegten Schwellenwerte. Deshalb ist der Ausblick des Stabilitätsrates hierzu positiv.
Und diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr und nicht von allein. Denn die Begrenzung der Ausgaben erfolgt nach einer klaren Struktur. Die im langfristigen Durchschnitt erzielbaren Steuereinnahmen, die Verwaltungseinnahmen, und die jährlich abnehmende maximal zulässige Neuverschuldung stellen für uns die absolute Ausgabengrenze dar. Das gibt - wenn ich an die Diskussion von gestern erinnern darf - auch Sicherheit, diese klare Finanzstruktur gibt Sicherheit auch in Jahren mit geringeren Einnahmen als im langfristigen Durchschnitt. Sie ist allerdings vor allem auch eine klare Ansage für Jahre mit überdurchschnittlich hohen Einnahmen, wie auch in diesem Jahr 2011. Überdurchschnittliche Einnahmen stehen nämlich nicht für Ausgaben zur Verfügung, sondern reduzieren die Verschuldung. Damit wird das Hauptproblem des schleswig-holsteinischen Haushalts angegangen: der zukünftige Zinsaufwand. Vor allen Dingen wird der Zinsaufwand aus künftigem Zinsrisiko reduziert.
Klar ist für uns, neue Aufgaben können nur aus ersparten Ausgaben finanziert werden. Dies zeigt die Finanzplanung sehr eindeutig auf. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir das strukturelle Defizit im ersten von fünf Schritten von 1,3 Milliarden € auf 850 Millionen € abgesenkt. Das entspricht einer Reduzierung um 450 Millionen € innerhalb von nur zwei Jahren. Im Rahmen des Sanierungsprogramms führen wir diesen Kurs bis 2016 konsequent fort.
Auf der Ausgabeseite erfahren unsere Kommunen und das Land über die eigenen Anstrengungen hinaus ausnahmsweise auch einmal Entlastung durch den Bund. Der übernimmt ab 2014 vollständig die Lasten der Grundsicherung. Das bedeutet für die Kommunen Schleswig-Holsteins eine Entlastung um 120 Millionen € pro Jahr, für das Land Schleswig-Holstein, für den Landeshaushalt, jährlich eine Entlastung in Höhe von 35 Millionen €.
Ich denke, das ist eine deutliche Entlastung, die nicht aus eigener Kompetenz erwächst, sondern die durch die Neuverteilung von Aufgaben durch den Bund erfolgt.
Wir verbessern auch strukturelle Einnahmen auf der Einnahmeseite durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozentpunkte ab Januar 2012.
Das Sanierungsprogramm zeigt ebenso wie der Finanzplan, dass sich Schleswig-Holstein auf einem guten Weg befindet. Wir gehen das Thema Konsolidierung konsequent an. Die geplante Kreditaufnahme für die Jahre 2013 bis 2015, also die nächste Periode der mittelfristigen Finanzplanung, liegt jeweils pro Jahr etwa 200 Millionen € unter der zulässigen Höchstgrenze, die der Stabilitätsplan festgestellt hat. Dies gibt uns auch bei konjunkturell schwankender oder wechselhafter Entwicklung die Sicherheit, dass wir uns innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegen.
Wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung verstetigt, wenn die Zinsentwicklung und die Finanzmärkte moderat bleiben, haben wir bei strikter Ausgabedisziplin eine gute Chance, früher als bisher geplant ohne neue Schulden einen Haushalt aufstellen und ausgleichen zu können. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch früher als geplant mit dem Abbau des Schuldenbergs beginnen können.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass der Stabilitätsrat die Konsolidierungsanstrengungen des Landes hervorhebt. So heißt es in der Bewertung des Evaluationsausschusses:
„Das Sanierungsprogramm Schleswig-Holsteins ist eine geeignete Grundlage für das Überwinden einer drohenden Haushaltsnotlage und das Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts 2020.“
Guten Morgen, Herr Minister! Ich möchte fragen, ob Sie die Aussage, die ich gestern schon zitiert habe, dass das Land Schleswig-Holstein früher als geplant mit dem Abbau der Verschuldung beginnen kann, als Widerrede verstehen - wie ich es tue - zur Äußerung des Abgeordneten Kubicki, der gestern sagte, früher als 2020 müssten wir die Schuldenbremse gar nicht einhalten.
- Herr Kollege Habeck, wir werden das strukturelle Defizit bis 2020 vollständig abbauen. Meine Aussage, die ich eben getätigt habe und in der wir völlige Übereinstimmung haben - ich hoffe, dass wir darüber auch in diesem Hause völlige Übereinstimmung haben -, ist, dass wir das tatsächliche Defizit bei anhaltender, stetiger wirtschaftlicher Entwicklung, wie sie derzeit ist, tatsächlich früher auf null reduzieren können und deshalb auch früher damit beginnen können, den Schuldenberg zu reduzieren. Das strukturelle Defizit, das wir davon unterscheiden müssen, werden wir wahrscheinlich erst 2020 abgebaut haben. Das ist der kleine, aber feine bescheidene Unterschied.
Der Stabilitätsrat begrüßt die im Sanierungsprogramm vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen ausdrücklich und empfiehlt, diese konsequent umzusetzen. Das können Sie alles nachlesen; die Formulierungen sprechen für sich und sind Beleg für die erfolgreiche Arbeit der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.
Im Sanierungsprogramm wird aber nicht nur deutlich, dass wir die Vorgaben zum Defizitabbau einhalten, sondern auch, dass es kein blindes Sparen an allen Ecken und Kanten geben kann. Die voraussichtliche Einnahmeentwicklung in diesem Jahr macht deutlich, dass eine stetige wirtschaftliche Entwicklung die eigentliche Voraussetzung für ausgeglichene Haushalte ist.
Deshalb sage ich noch einmal als Konsequenz daraus ganz deutlich: Keine neue Steuer, keine realisierbare Steuererhöhung, auch keine Ausgabekürzung welcher Art auch immer kann die Einnahmeentwicklung ersetzen, die wir durch stetiges wirtschaftliches Wachstum erzielen. Dies zu stärken ist unsere erste Herausforderung.
Deshalb geht es natürlich zuerst um Ausgabedisziplin - überhaupt keine Frage -, aber neben konsequenter Ausgabedisziplin geht es vorrangig um den Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur, um notwendige Verkehrswege, um schnelle Datennetze und um sichere und bezahlbare Stromversorgung. Zugleich gilt es, Forschung und Entwicklung im Land zu stärken und die Bildungschancen unserer Kinder durch mehr Qualität im Bildungssystem zu verbessern, damit sie im weltweiten Wettbewerb um die besten Jobs mithalten können. Und wir müs
sen den jungen Familien ermöglichen, ihre familiären Pflichten und ihre beruflichen Aufgaben besser miteinander vereinbaren zu können. Das sind unsere vorrangigen Aufgaben für die Zukunft.
Ich will das kurz an drei, vier Beispielen aufzeigen. Noch nie flossen so viele Mittel wie in den letzten Jahren in den Ausbau unserer Infrastruktur - ob Verkehrswege, Breitband, Straßenbau, Schienenwege, Wasserwege. Noch nie wurde so viel Geld für Kindertagesbetreuung ausgegeben wie in diesen Jahren: fast 700 Millionen € allein im Finanzplanungszeitraum bis 2015. Ganz nebenbei schließen wir trotz Personaleinsparung und Stellenreduzierung die strategische Lücke bei der Polizei, die viele Jahre vor sich hergeschoben wurde. Die Unterrichtsversorgung - darüber haben wir gestern diskutiert - ist auf einem sehr hohem Niveau, wenn man dies einmal mit der Entwicklung in den letzten 20 Jahren vergleicht. An der Qualität von Bildung werden wir ständig arbeiten müssen.