Meine Damen und Herren, ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle ganz herzlich. Erkrankt sind weiterhin von der Fraktion der CDU die Herren Abgeordneten Klaus Klinckhamer und Peter Lehnert, von der Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Marion Sellier, von der Fraktion DIE LINKE Frau Ranka Prante sowie von der Landesregierung Herr Minister Emil Schmalfuß. - Wir wünschen ihnen von dieser Stelle aus gute Besserung.
Beurlaubt ist von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Luise Amtsberg. Herr Abgeordneter Martin Habersaat von der SPD hat nach § 47 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung mitgeteilt, dass er zur Teilnahme an der heutigen Vormittagssitzung des Landtages verhindert ist.
Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums aus Kiel und der Beruflichen Schule des Kreises Bad Segeberg! - Herzlich willkommen hier im Landtag! Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag in diesem Haus.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind gerade fraktionsübergreifend dabei, eine Formulierung für einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag zu finden, den wir gern um 15 Uhr hier im Landtag aufrufen lassen und beraten möchten. Wir könnten dann auch über die Dringlichkeit beschließen.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Entweder ist es jetzt dringlich oder gar nicht! - Weitere Zurufe - Heiterkeit)
Ich schlage folgendes Verfahren vor: Ich sehe, dass hier die Dringlichkeit generell so bejaht wird. Ich nehme den Antrag des Kollegen Harms auf. Wir könnten dann heute Nachmittag um 15 Uhr darüber konkret beschließen, wenn der entsprechende Antrag vorliegt. Ist das Konsens? - Danke schön.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Debatte. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Überflüssig, populistisch und nur meiner eigenen Profilierung dienend“
- Sie sollen sich am Anfang auch ein bisschen freuen dürfen -, so haben die Regierungsfraktionen unseren Debattenantrag im Vorweg kommentiert. Nach einer selbstbewussten Regierungskoalition, die auf dem Feld der politischen Führung und der Wahrnehmung schleswig-holsteinischer Interessen etwas Substanzielles vorzuweisen hätte, klingt das nicht. Zeigt doch die Bilanz Ihrer bisherigen Regierungszeit, dass Sie von politischer Führung keine Ahnung oder kein Interesse an ihr haben.
Obwohl, irgendwie haben Sie auch recht: Die Urwahl der Spitzenkandidatin oder des Spitzenkandidaten für die schleswig-holsteinische SPD ist tatsächlich mit ein Grund für diese Debatte, aber nicht, um diese noch zu beeinflussen
- das wäre am letzten Tag vor Absendeschluss der vierzehntägigen Abstimmungsperiode auch ein wenig kurios -, sondern aus einem ganz anderen Grund. Wir haben in den 16 Vorstellungsrunden
mit insgesamt ungefähr 5.000 Mitgliedern und Gästen eines immer wieder gehört: Die SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holstein sind mit der jetzigen Regierungspolitik in Schleswig-Holstein überhaupt nicht zufrieden. Wie könnten Sie das auch.
Hans-Dietrich Genscher hat einmal gesagt, politische Führung bedeute insbesondere geistige Führung. Ohne politische Führung wirkt Politik auf die Bürgerinnen und Bürger konfus, chaotisch und willkürlich - so wie Ihre Politik in diesem Land auch ist.
Es ist ja nicht nur der nicht verfassungsmäßig zusammengesetzte Landtag, weshalb sich die Schleswig-Holsteiner baldige Neuwahlen wünschen.
Politik ist selten schwarz oder weiß. Wir haben die Aufgabe, sie zu erklären, deutlich zu machen, in welche Richtung wir wollen und welche Schritte zu diesem Ziel führen. Eine gute politische Führung für dieses Land würde bedeuten, konsequent auf eine Zukunft hinzuarbeiten mit einer starken Wirtschaft, mit guter Arbeit, einer nach vorn gerichteten Bildungspolitik, mit sozialem Zusammenhalt und ökologischer Vernunft. Dies müsste die Richtschnur politischen Handelns beim Herrn Ministerpräsidenten und seiner Regierung sein.
Was tut die jetzige Landesregierung? - Sie macht bei jeder dieser Kategorien entweder das Gegenteil, meistens tut sie nichts. Wenn den landesweiten Protesten in fast allen gesellschaftlichen Bereichen dann auch noch blanke Ignoranz der Regierung entgegenschlägt, wie das bei Ihnen der Fall ist, ist Politikfrust vorprogrammiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erinnern uns: Sie sind in den letzten Wahlkampf mit den Slogans gegangen: „Schluss mit Kuddelmuddel“ - bei der CDU - und „Wir können, was wir tun“ bei der FDP. Nur der Baron von Münchhausen würde sich heute noch trauen, solche Plakate beispielsweise vor dem Bildungsministerium aufzustellen.
Die Wirklichkeit ist, bei politischer Führung und der Vertretung der Landesinteressen herrscht flächendeckend Fehlanzeige. Statt eines durchdachten und regional wie sozial ausgewogenen Konsolidierungskonzeptes mit strukturellen Änderungen setzen Sie auf unsoziale, willkürliche Kürzungen zulasten der Schwächsten, die monatelang für Ängste und Verunsicherung sorgen. Manches nehmen Sie dann in einigen Teilen wieder zurück, manches nur scheinbar, wie bei der JVA Flensburg, und dort, wo Sie das nicht tun, zerstören Sie lange gewachsene Strukturen.
Noch immer gibt es vom Innenminister keine Initiative, wie der kommunale Finanzausgleich Perspektiven für verschuldete Städte und Gemeinden bieten kann, obwohl in Ihrem Koalitionsvertrag ein Prüfauftrag stand. Stattdessen wird die finanzielle Situation der Kommunen immer angespannter, die Koalition stimmt in Berlin als Zünglein an der Waage für Steuergeschenke für Hoteliers.
Die bauen jetzt vielleicht ein paar Swimmingpools für ihre Gäste, während sich die Kommunen für ihre Einwohnerinnen und Einwohner öffentliche Schwimmbäder kaum mehr leisten können. Vertretung der Landesinteressen sieht nun wirklich anders aus.
Statt sich für eine konsequente Energiewende hin zu erneuerbaren Energien einzusetzen, die Arbeitsplätze vor Ort bringt und Klimaschutz befördert, unterstützt der größere Teil dieser Koalition den Atomdeal der Kanzlerin mit vier Energieriesen. Eine Vertretung der Landesinteressen wäre das Gegenteil.
Noch immer ist es dem Justizminister nicht gelungen, den Posten des Generalstaatsanwalts rechtsfehlerfrei zu besetzen, um nur eine gescheiterte Personalie zu nennen. Andere Ministerien sind bei der Aufblähung ihrer Verwaltungsapparate erfolgreicher. Herr Klug, wie viele Abteilungsleiter haben Sie momentan in Ihrem Ministerium? - Ich weiß es nicht mehr so genau, aber es sind in jedem Fall mehr als vorher.
Dem Vorwurf mangelnder Demokratie in den Amtsausschüssen durch das Verfassungsgericht begegnet der Innenminister mit einem Papier, das selbst der Koalitionspartner mehr als deutlich verwirft, vor gesetzgeberischen Schnellschüssen warnt
und Gespräche mit den Kommunen anmahnt. Das ist eine berechtigte Mahnung, wenn man sich die Reaktion des Gemeindetags anschaut. Dies wundert nicht, denn das schliesche Lösungsinstrument der Zweckverbände ist noch weiter von demokratischer Legitimation entfernt als die Amtsausschüsse. Ich nehme an, der Vorschlag endet genauso wie Ihr Katalog, den Sie als Entbürokratisierungsstaatssekretär erstellten. Aus jenem Papier stammt übrigens bekanntlich auch Ihr Vorhaben, die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen einzuschränken und die Position der Gleichstellungsbeauftragten zu schwächen. In dem für die Regierung üblichen Hü und Hott wird auch das wieder einkassiert: In der Sache gut, im Stil mangelhaft.
Leider bilden die FDP-Minister die Spitze des Regierungsmurks. Herr Garg fällt durch flammende Reden auf, beim Handeln wird er aber immer wieder zum Jagen getragen.
Wie können Sie verantworten, dass Sie fast zwei Jahre nach Verabschiedung des Selbstbestimmungsstärkungsgesetzes immer noch nicht die dafür nötige Verordnung erlassen haben? - Der devote Plenarantrag von CDU und FDP zu diesem Thema passt eher zum Parlament des Kaiserreichs als zu einem demokratischen Parlament.
Pflegegesetz? - Fehlanzeige. Kinderschutzbeirat? Noch nicht einmal berufen. Dafür schmücken Sie sich mit fremden Federn. Hatten Sie im Dezember nicht gesagt, das Gesetz von Frau von der Leyen könne man einfach so verabschieden? - Jetzt loben Sie und der Herr Ministerpräsident den Verhandlungserfolg für die Kommunen, die um 4 Milliarden € entlastet werden. Sie vergessen nur zu erwähnen, dass SPD und Grüne das in Berlin gegen Schwarz-Gelb durchgesetzt haben.
Über die Arbeit von Herrn Klug reden wir am Freitag noch. Infam finde ich aber die Art und Weise, wie absurde Vorwürfe gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagelang im Raum stehen bleiben.