Wolfgang Jüttner

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem geltenden Wasserrecht ist Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Der Gesundheitsschutz ist ein wesentlicher Bestandteil des Wohls der Allgemeinheit. Die öffentliche Abwasserbeseitigung trägt ganz wesentlich auch dem Seuchenschutz Rechnung. Nähere Anforderungen an die Reinigung von Abwasser enthält die Abwasserverordnung des Bundes mit den dazugehörenden Anhängen.
In Anhang 1 sind Grenzwerte für gereinigtes häusliches und kommunales Abwasser festgelegt. Regelungen zu hygienischen Anforderungen sind in der Abwasserverordnung nicht enthalten. Die Abwasserbehandlung, die nach dem Stand der Technik auf chemische Parameter ausgerichtet ist, senkt aber auch die Keimbelastung.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: In Niedersachsen ist von der Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz bisher kein Gebrauch gemacht worden. Dies ist derzeit auch nicht beabsichtigt. Das Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz geben die hinreichende Möglichkeit, gesundheitlichen Anforderungen an Gewässereinleitungen Rechnung zu tragen. Dies gilt z. B. zum Schutz von Badegewässern durch Anforderungen hinsichtlich der Keimbeseitigung.
Zu Frage 2: Die Frage stellt sich nicht.
Zu Frage 3: Speziell für Kleinkläranlagen werden bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine nachteiligen hygienischen Auswirkungen erwartet. In aller Regel leiten Kleinkläranlagen das gereinigte Abwasser in den Untergrund ein, sodass kein Infektionsrisiko besteht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine erste Amtshandlung als Umweltminister im Jahr 1998 bestand darin, einen Erlass zu unterschreiben, mit dem Vollzugserleichterungen für die ökoauditierten Betriebe in Niedersachsen möglich gemacht worden sind. Ich möchte damit deutlich machen, in welcher Tradition dieses Thema bei uns steht und dass wir Nachhilfeunterricht überhaupt nicht brauchen, sondern Einiges vorzuweisen haben.
Im Übrigen habe ich in den letzten fünf Jahren ungefähr 50 % der Erlasse, die ich vorgefunden habe, außer Kraft gesetzt. Mit diesem weiteren kleinen Beispiel kann die These der CDU-Fraktion, hier würde Verwaltungsreform ignoriert, ad absurdum geführt werden.
Im Kern geht es aber um die Frage, wie Verwaltungen bzw. Genehmigungsbehörden mit der Wirtschaft umgehen. So habe ich zumindest die Überschrift Ihres Antrags verstanden.
Deshalb möchte ich den Schwerpunkt meiner Argumentation auf die Frage legen: Wie verhalten sich eigentlich die Behörden, die mit dem Thema „Betreuung des wirtschaftlichen Sektors“ befasst sind? - Das sind nämlich die mir unterstehenden Gewerbeaufsichtsbehörden. Herr Möllring, ich rate Ihnen, einmal das Gespräch mit der niedersächsischen Wirtschaft zu suchen. Ich habe im Sommer eine Reihe von Unternehmen besucht und dort Geschäftsführer getroffen, die vorher in anderen Bundesländern gearbeitet haben. Ich erlebe das in den Regierungskommissionen und in vielen anderen Kooperationen, die wir mit der niedersächsischen Wirtschaft haben - am letzten Freitag wurde das noch einmal vom Hauptgeschäftsführer des VCI in Niedersachsen vor über 200 Unternehmerinnen und Unternehmern auf einer öffentlichen Veranstaltung in Hannover dokumentiert -: Aus der Sicht der niedersächsischen Wirtschaft sind der Kontakt und die Zusammenarbeit mit der Landesregierung und den zuständigen Behörden absolut in Ordnung. - Das ist ein Zitat von Herrn Dr. Wilkens. Das hat damit zu tun, dass sich die Gewerbeaufsicht bei uns als Beratungsorgan versteht und
die hoheitliche Position seit langem verlassen hat. Vielmehr prüft sie: Wie erreichen wir es, dass sich die niedersächsische Wirtschaft im Wettbewerb unter Aufrechterhaltung der bestehenden rechtlichen Bestimmungen behaupten kann? - Das ist es, worauf es ankommt.
Eines der wichtigen Dinge dabei ist natürlich die Frage: Was passiert, wenn ein Unternehmen eine neue Anlage betreiben will? - Die abschließenden Regelungen dazu findet man im Bundesimmissionsschutzrecht. Das ist ein hochkompliziertes Verfahren. Als wir 1990 hier das Sagen bekommen haben, ist es gelungen, die Hälfte aller Anträge in wenigen Monaten zu bearbeiten. Unser Ziel war, diese Zahl dramatisch zu erhöhen. Wir sind in der Zwischenzeit in der Lage, dass knapp 80 % aller Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzrecht - das schließt die UVP ein; Kenner wissen, was das bedeutet - in Niedersachsen innerhalb von sechs Monaten abgewickelt werden können. Da sind wir bundesweit ohne Konkurrenz. Das wird uns von der Wirtschaft auch bestätigt.
Ich hatte in der letzten Woche die Gelegenheit, mit Frau Dr. Knorre neue Konzepte vorzustellen, einen - wenn man so will - Leitfaden, einen Lotsen durch das Genehmigungsrecht. In Niedersachsen ist es so: Wenn ein Unternehmen etwas beantragt, dann kann das Unternehmen über einen Leitfaden ins Internet gehen und wird von uns mithilfe dieses Lotsen durch das Verfahren geführt. Wir haben fast vollständig ein elektronisches System. Der Antrag, der dann dort gespeichert ist, wird elektronisch übermittelt. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Und dann stellen Sie sich hier hin und erzählen uns etwas von Rückständigkeit, meine Damen und Herren. - Nein, das Gegenteil ist der Fall: Wir marschieren vorneweg,
wenn es darum geht, die Betriebe arbeitsschutzund immissionsschutzrechtlich zu begleiten.
Ähnliches gilt für die Umsetzung von Europarecht. Sie unterstellen in Ihrem Antrag, hier werde draufgesattelt. Meine Damen und Herren, das ist falsch. Wir sind auch unter den Gesichtspunkten des Wettbewerbs froh darüber, dass in Europa ein einheitliches Umweltrecht nach und nach ausgestaltet wird, und wir tragen dazu bei, dass es in Niedersachsen zur Anwendung kommt, ohne dass niedersächsische Unternehmen dadurch benachteiligt werden, dass da zusätzliche Auflagen hineinge
schrieben werden. Im Gegenteil: Wir haben gerade in einer Bundesratsinitiative einen Vorstoß unternommen, darauf hinzuwirken, dass die deutschen Kriterien bei der Entwicklung von Rechtsvorschriften im europäischen Recht stärker verankert werden sollen. Das europäische Recht ist sehr stark französisch dominiert; das ist aus unserer Sicht nicht unkompliziert. Deshalb haben wir diesen Vorstoß unternommen.
Ähnliches gilt - auch das ist ja bei Ihnen mit im Katalog - für die Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie. Auch hier geht es uns um ein möglichst praktikables, vollzugstaugliches Verfahren. Wir wollen eben nicht zusätzliche Erschwernisse hineinbringen, sondern zügige Abläufe organisieren.
Es gibt allerdings - darauf will ich hinweisen - in dem Katalog, der in der Staatskanzlei auf Vorschlag Dritter entwickelt worden ist, auch einige Dinge, die nicht unkompliziert sind. Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel betrifft die so genannten Rahmengenehmigungen. Eine entsprechende Forderung wird immer wieder von Einzelnen aus der Wirtschaft vorgetragen. Dieser Vorschlag ist bei einzelnen Unternehmen unheimlich umstritten. Denn eine Genehmigung, die auf eine Anlage bezogen ist, ist unter Gesichtspunkten der Rechtssicherheit von ganz hoher Qualität. Deshalb haben wir an dieser Stelle eher den Streit zwischen den Verbänden der Wirtschaft, die das als Erleichterung begreifen, und den einzelnen Unternehmen, die das unter Gesichtspunkten der Rechtsunsicherheit ablehnen. Darauf will ich nur hinweisen und sagen: Wer jeden Vorschlag umsetzt, nur weil ihn einer in die Welt gesetzt hat, der erreicht möglicherweise das Gegenteil dessen, was er sich vorstellt. Deshalb wird dieser Vorschlag solide geprüft. Aber ich mache aus meiner Skepsis überhaupt keinen Hehl: Er ist problematisch.
Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen will, hat mit dem Thema Verbandsklage zu tun. Es ist richtig: Sie haben das immer gefordert, und wir haben das immer abgelehnt. Es gibt gute Gründe, das abzulehnen, nicht nur, weil es inzwischen deutsches Recht ist - vor einem Jahr wurde es im Bundes-Naturschutzgesetz verankert -; nicht nur, weil sich die Bundesrepublik Deutschland durch die Unterzeichnung der Aarhus-Konvention auch international festgelegt hat, sondern weil wir am Beispiel der wenigen Verfahren, nach denen eine Verbandsklage gelaufen ist, deutlich machen können, dass sie dazu beiträgt, dass komplizierte Ver
fahren und Genehmigungen rechtssicherer werden. Es geht zum einen um die Beteiligung in dieser Gesellschaft, und es geht zum anderen um die Qualität der erteilten Genehmigungen. Es ist deutlich geworden, dass die Verbandsklage, wie wir sie ausgestaltet haben, wie sie sich auch aufgrund des Verzichts der Umweltverbände auf kleinere Dinge inzwischen eingespielt hat, nicht zu einer Verlängerung, sondern zu einer Qualifizierung von Verfahren führt. Darauf kommt es uns an.
Das heißt für uns in der Konsequenz: Wir wollen jeden Vorschlag zügig prüfen. Wir wollen nicht auf Zeit spielen; das ist überhaupt gar keine Frage. Wir haben aber mit dem Beschluss im Kabinett vom Dezember von den 47 Vorschlägen, die gemacht worden sind, über 20 - ich glaube, 23 - bereits in der Sache beschlossen, einige mit einem Prüfungsauftrag versehen und vier schon mithilfe einer Bundesratsinitiative auf die nationale Ebene gehoben. Hier ist der Beweis dafür, dass das Thema Verfahren und Schaffung wirtschaftsfreundlicher Bedingungen unter Aufrechterhaltung von Beteiligungs- und Umweltrechten in Niedersachsen hervorragend abgearbeitet wird. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Hogrefe, vielen Dank für den kleinen Volkshochschulgrundkurs zum Thema Bodenschutz.
Das war wohl alles in Ordnung.
- Gegen die Wahrheit kann man nicht an.
Ich bin nicht ganz sicher, meine Damen und Herren, ob die Zuspitzung gestattet ist, dass Bodenschutz das umweltpolitische Thema Nummer eins sei. Wir sollten die Dinge nicht gegeneinander ausspielen. Mit Sicherheit war es aber überfällig, dass im Jahre 1999 in Deutschland – erstmals – das Umweltmedium Boden gesetzlich geregelt worden ist. Das begrüßen wir sehr. Daraus ergibt sich eine ganze Reihe von Konsequenzen - wir haben das in Landesrecht umgesetzt –, und daraus erwachsen auch Ansprüche hinsichtlich des vorsorgenden Bodenschutzes. Darin stimme ich Herrn Hogrefe ausdrücklich zu.
Wir waren uns nicht ganz sicher, worum es Ihnen bei Ihrer Großen Anfrage geht. Wir hatten den Eindruck, dass Sie herauskitzeln wollten, wie es mit dem Klärschlamm weitergeht. Das war im Kern auch Sinn der Sache. Den Fragen konnte man schlecht entnehmen, welcher Tenor ihnen zugrunde lag. Ich bin, Herr Hogrefe, über das, was Sie hier ausgeführt haben, überrascht. Das hob sich nämlich deutlich von dem ab, wie ich Sie bisher verstanden habe. In Niedersachsen fallen jährlich knapp 230 000 t Klärschlamm an. Aus guten Gründen haben wir daran gearbeitet, eine hohe Ausbringungsquote in der Landwirtschaft zu erreichen. Sie liegt zwischen 70 und 75 % im Jahr, d. h. bei 170 000 bis 180 000 t. Die Landwirte nehmen das gern, weil sie wissen, dass die Qualität niedersächsischer Klärschlämme sehr, sehr gut ist. Das hat mit Selbstverpflichtungen und mit hoher Beratungsintensität aufseiten der Landwirtschaftskammern zu tun, und das hat mit einer sehr frühen und sehr strikten Indirekteinleiterverordnung und auch mit der Ausgestaltung Niedersachsens in vielen Bereichen zu tun, in denen sich die, wenn man so will, Chemisierung oder Schadstoffbelastung der Abwässer eher in Grenzen hält.
Vor diesem Hintergrund – das sage ich ausdrücklich – gibt es überragende Gründe dafür, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft auch beim Klärschlamm als Grundprinzip zur Anwendung zu bringen. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel dafür getan. Herr Hogrefe, das Folgende will ich deutlich sagen, weil es bei Ihnen so klang, als sei nichts untersucht. Es gibt im Vergleich zu allen anderen Dingen, die auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden, nichts, was so gut untersucht ist wie Klärschlamm. Deshalb hat es mich unheimlich überrascht, dass wir Anfang 2001 mit einem Antrag aus Bayern und Baden-Württemberg konfrontiert worden sind, der das sofortige Verbot der Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen zum Ziel hatte. Dieser Antrag hat mich überrascht, weil ich erstens davon ausgegangen war, dass diese beiden Länder der gleichen Logik folgten wie auch wir, weil das zweitens relevante Konsequenzen hat, was die finanzielle Situation der Landwirtschaft angeht, weil das drittens, bezogen auf die abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften, die Preise in die Höhe treibt und weil viertens die Frage möglicher anderer Verwertungsschienen zumindest offen war. Das hat auch in Niedersachsen zu großer Verunsicherung geführt. Ich erinnere mich daran, dass die Zeitschriften des Städte- und Gemeindebundes
sofort geschrieben haben: Vorsicht, Vorsicht, es wird kompliziert. Wir müssen uns vorbereiten. – Verunsicherung ist immer ein ganz schlechter Ratgeber, wie wir wissen.
Wir haben dann in den Gremien des Bundesrates mehrmals darüber diskutieren müssen und haben durchgesetzt, dass eine große Anhörung zu dem Thema durchgeführt wurde. Sie wurde wohl über das Umweltbundesamt organisiert. Ergebnis dieser wissenschaftlichen Anhörung war, dass weder ökonomische noch ökologische Gründe – insbesondere die ökologischen Gründe spielten eine Rolle – bestehen, die zur Konsequenz haben müssen, dass die Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen verboten gehört. Wir haben das zum Anlass genommen, mit einem Entschließungsantrag in den Bundesrat zu gehen und zu dokumentieren, dass es notwendig ist, die Rechtslagen in den unterschiedlichen Bereichen des Bodenschutzrechtes und des Düngerechtes aufeinander zu zu bewegen.
Herr Hogrefe hat natürlich Recht, wenn er fordert, dass Schadstoffablagerungen in Böden auf Dauer zu unterbinden sind und dass es Restrisiken sowie offene Flanken und von daher auch Beratungs- und Forschungsbedarf gibt. Das ist überhaupt keine Frage. In dieser Frage geht es nicht um eine Diskriminierungsstrategie gegen Klärschlamm, sondern um einen Abgleich mit Wirtschaftsdünger, Gülle und anderen Dingen. Das schien uns plausibel. Wir waren davon ausgegangen und haben das auch nie streitig gestellt, dass die hohe Verwertungsquote, die wir in Niedersachsen haben, so nicht zu halten sein wird, wenn wir bei mehreren Stoffen zu einer Verschärfung von Grenzwerten kommen. Ich habe immer unterstellt, dass wir die Verwertungsquote auf 40 bis 50 % zurücknehmen müssen, mit der Konsequenz, dass andere Verwertungsschienen aufgebaut oder zumindest eingefordert werden müssen.
Uns hat es sehr überrascht, als im letzten Jahr die beiden Ministerien für Verbraucherschutz und Umwelt in Berlin mit einem Vorschlag gekommen sind, der zwar gut klingt, aber, wenn man ihn konsequent zur Anwendung brächte, zur Folge hätte, dass Klärschlämme überhaupt nicht mehr ausgebracht werden dürften. Ich halte das vor dem Hintergrund dessen, was ich geschildert habe, für eine überzogene Position. Deshalb ist es unser Ziel, deutlich zu machen, dass wir sehr wohl an einer Verschärfung der Klärschlammverordnung interessiert sind und auch daran mitarbeiten werden, dass
wir gleichzeitig aber mit dazu beitragen wollen, dass beispielsweise die von Herrn Hogrefe angesprochene Separierungsstrategie für Phosphat organisiert wird. Es gibt bereits konkrete Modelle wie z. B. das Seaborne-Verfahren und ähnliches.
Das ist in der Tat ein vernünftiger Weg. Es wird mit Sicherheit notwendig sein, für Teile des Klärschlamms den Weg der Verbrennung zu erweitern. In die Verbrennung gehen im Moment nur wenige Prozente. Das wird sicherlich etwas mehr werden. Aber ich halte es für einen völlig falschen Weg, wenn - wie es von der Landesregierung in Baden-Württemberg gerade propagiert wird - der gesamte Klärschlamm in die Verbrennung geht, und zwar nicht nur wegen der Folgekosten für die Kommunen, sondern auch wegen des Vernichtens von sinnvollen Stoffen, die wieder auf die Flächen aufgebracht werden sollten.
Wenn in Zukunft durch eine verschärfte Verordnung ein Teil - vielleicht die Hälfte - landwirtschaftlich genutzt werden kann, darüber hinaus über Separierungsstrategien die sinnvollen Stoffe zurückgewonnen werden können und die Kommunen Teile im Rahmen von nicht ausschließlich dafür gebauten Anlagen der Verbrennung zuführen, so wäre das ein sicherer Weg sowohl für die Abwasserbeseitungskörperschaften als auch für die Landwirtschaft. Wenn die Unsicherheit auf Dauer bleibt - das ist mir klar -, dann wird die Landwirtschaft die Finger vom Klärschlamm lassen. Ich hielte das für falsch. Deshalb ist es dringend notwendig, in absehbarer Zeit zwischen der Bundesebene und den Landesebenen zu einheitlichen Signalen zu kommen, wie in Deutschland mit Klärschlamm umgegangen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo ist die niedersächsische CDU, wenn es um Umweltpolitik geht? - Ich finde, das ist in Wahlkampfzeiten eine berechtigte Frage. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben: Ich habe in das Wahlprogramm geguckt, ich habe in das Sofortprogramm geguckt, ich habe die Biografie des Kandidaten geprüft. Meine Damen und Herren, bei allem Respekt: Was ich gefunden habe, war ein großes schwarzes Loch.
Keine neue Idee, keine einzige Vision! Das einzige waren ein paar falsche Aussagen zur Energie- und zur Atompolitik inklusive Gorleben und eine Fehleinschätzung in Bezug auf die umweltpolitische Situation in Niedersachsen. - Meine Damen und Herren, das ist die Realität niedersächsischer CDU-Umweltpolitik!
Deshalb, Herr Stratmann, noch einmal speziell für Sie unter dem Thema Atompolitik:
Erstens. Gorleben kommt als Endlagerstandort weder für deutschen noch für europäischen Atommüll in Frage.
Zweitens. Die Atomenergie ist ein Auslaufmodell. Daran werden auch die Wiederbelebungsversuche in Ihrem Wahlprogramm nichts ändern.
Wo CDU und FDP bei diesem Thema und damit bei der Wahrnehmung niedersächsischer Interessen stehen, konnte man letzten Freitag im Haushaltsausschuss des Bundestages zur Kenntnis nehmen. Dort haben diese beiden Fraktionen den Weiterbau in Gorleben gefordert. Sie haben zum Glück keine Mehrheit in Berlin. Zum Glück für Niedersachsen!
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, hat mit dem Atomkonsens das getan, was die Bevölkerung will, nämlich den Ausstieg aus dieser risikoreichen Technologie.
Der Atomkonsens ermöglicht zudem, dass wir errechnen können, welche Menge an Atommüll schließlich endgelagert werden muss. Wie ein Endlager beschaffen sein muss, welche Kriterien es erfüllen muss und wie ein Standort gefunden werden muss, das ist Aufgabe des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte. Dort ist der geballte Sachverstand, meine Damen und Herren, dort wird diese Frage vorangetrieben.
Sie dagegen - ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom 23. Dezember letzten Jahres - behaupten: „Obwohl wissenschaftlicherseits der Standort Gorleben aufgrund der bisherigen Erkundungen für geeignet gehalten werde...“ - Das ist falsch, meine Damen und Herren. Richtig ist: Es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Gorleben geeignet ist. Was es gibt, sind einige Wissenschaftler, die im Auftrag von Bayern, BadenWürttemberg und Hessen mit dem Finger auf Gorleben zeigen. Das für wissenschaftliche Qualität zu halten, ist hoch zweifelhaft.
Wir haben unsere Vorbehalte seit Jahren hier öffentlich dokumentiert; ich brauche das nicht zu wiederholen. Wir halten eine weitere Erkundung nicht für sinnvoll. Das Gesundbeten vor Gorleben, wie Sie es seit Jahrzehnten versuchen, grenzt an Aberglaube, meine Damen und Herren.
Aber das hört ja nicht bei der Atompolitik auf. Ihre energiepolitischen Vorstellungen sind bereits Realität, zumindest in dem Nicht-Atombereich. Wir sind nicht nur Weltmeister in der Windenergie. Ein weiteres Beispiel ist die Biomasse. Mit mehr als 10 Millionen Euro haben wir inzwischen mehr als 200 Biogasanlagen in Niedersachsen in Betrieb
gebracht. Das sind 30 % des gesamten deutschen Potenzials. Mit der Bioenergieoffensive fördern wir zusätzlich den Einsatz nachwachsender Rohstoffe für die Energiegewinnung.
Beispiel neue Energieträger: Wir fördern die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen aus Biomasse. In einem Pilotprojekt des CUTEC-Instituts in Clausthal werden gerade diese neuartigen Kraftstoffe für Automotoren entwickelt.
Beispiel Sonnenenergie: Mit mehr als 10 Millionen Euro für die Solaroffensive bringen wir Schwung in eine zukunftsträchtige Energie. Allein in diesem Jahr geben wir mehr als 4 Millionen Euro für solarthermische Anlagen aus.
Das ist die Realität in Niedersachsen. Und was setzen Sie dagegen? - Nichts!
Das zeigt sich auch jenseits der Energiepolitik, das zieht sich durch den gesamten umweltpolitischen Bereich. Ich will wenigstens noch ein Beispiel nennen: das Thema Naturschutz. Dazu heißt es bei der CDU: Beim Naturschutz richtet sich die Landesregierung an reinen Prestigeobjekten aus.
Nationalpark Wattenmeer, Nationalpark Harz, Biosphärenreservat Elbtalaue: Kann mir einmal jemand erklären, warum diese Oppositionsfraktion im Niedersächsischen Landtag in den letzten Monaten all diesen so genannten reinen Prestigeobjekten zugestimmt hat? - Sie sollten, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenigstens einmal Ihre Umweltpolitiker in der Fraktion fragen. Die sind augenscheinlich etwas weiter als Sie. Die hatten nämlich Gründe, den Projekten der Landesregierung mitunter zuzustimmen.
Weil es nämlich gut war für die Natur, und weil es gut war für Niedersachsen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sperrwerke und Deiche an Tideflüssen oberhalb von Sperrwerken bilden ein Verbundsystem für den Sturmflutschutz. Die Unterhaltung sollte daher dem zuständigen Deichverband obliegen. Hierzu muss eine eindeutige Regelung ins Niedersächsische Deichgesetz aufgenommen werden, damit alle Verbandsmitglieder die gleiche Beitragslast zu tragen haben.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Ja. Die Deiche oberhalb von Sperrwerken konnten nur deshalb niedriger bleiben, da die Sperrwerke die Sturmflut kehren. Sie müssen lediglich so hoch ausgebaut werden, dass das während der Sperrzeit abfließende Oberwasser - auch Hochwasser - sicher gespeichert werden kann. Dazu sind zum Teil auch zusätzliche Speicherpolder anzulegen. Diese im Tidegebiet angelegten Hochwasserschutzanlagen sind unmittelbar abhängig von der Existenz und vom Betrieb der Sperrwerke. Sie gehören damit zum Sturmflutschutzsystem. Träger ist der entsprechende Deichverband. Daran ändert auch nichts, dass die Sturmflutsperrwerke in Niedersachsen entweder vom Bund oder vom Land betrieben und unterhalten werden.
Zu Frage 2: Nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Deichgesetzes müssen Hauptdeiche für den zu erwartenden höchsten Sturmflutwasserstand und Hochwasserdeiche für das zu erwartende höchste Hochwasser bemessen werden. Da die Deiche oberhalb von Sperrwerken nicht mehr höchste Sturmfluten kehren müssen, sondern nur noch das gestaute Binnenhochwasser, hat die obere Deichbehörde im Falle des Leda-Jümme-Verbandes dem Niedersächsischen Deichgesetz folgend diese Deiche zu Hochwasserdeichen umgewidmet. Damit war zwangsläufig verbunden, dass auch ein verkleinertes geschütztes Gebiet festzulegen war.
Zu Frage 3: Ja. Ziel einer Änderung des Niedersächsischen Deichgesetzes sollte sein, dass alle Grundstückseigentümer in dem durch Hauptdeiche und Sperrwerke geschützten Gebiet mit ihren Beiträgen für die Unterhaltung aller Hochwasserschutzanlagen des Deichverbandes aufkommen.
Der notwendige Schutz des Verbandsgebietes bei Sturmfluten kann nur durch das System aufeinander abgestimmter Schutzanlagen sichergestellt
werden. Die Widmung der Deiche oberhalb von Sturmflutsperrwerken als Hochwasserdeiche wird dieser durch den Sturmflutschutz beeinflussten besonderen Funktion nicht gerecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist Herr Bartels heute entschuldigt. Er hat mich gebeten, die Beantwortung der Anfrage für ihn zu übernehmen. Ich komme dem natürlich gerne nach.
Ich erläutere Ihnen in Vertretung meines Kollegen Bartels gerne noch einmal den niedersächsischen Weg zur Legehennenhaltung:
Als im Juli 1999 das Bundesverfassungsgericht die seinerzeitige Legehennen-Verordnung für nichtig erklärte und die EG-Richtlinie zur Neuregelung der Hennenhaltungsverordnung verabschiedet worden war, hatte die Niedersächsische Landesregierung - im Gegensatz zu anderen Ländern - bereits ein Gesamtkonzept zur Hennenhaltung entwickelt. Dieses Konzept hatte zum Ziel, den baldmöglichen Ausstieg aus der herkömmlichen Käfighaltung und den Einstieg in nachweislich tiergerechte Haltungssysteme zu bewirken. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen wurden Vorschläge für eine Neuregelung der Hennenhaltung erarbeitet. Als Kernforderung enthielten sie ein praktikables Prüfverfahren für Legehennenhaltungssysteme auf Tiergerechtheit. Eingeflossen waren die Erfahrungen aus Schweden und der Schweiz mit den dort eingeführten Prüfverfahren, zugeschnitten auf die Strukturen in Niedersachsen.
Ziel des Landes Niedersachsen war und ist es, möglichst alle derzeitig im Geltungsbereich des Tierschutzgesetzes gehaltenen Legehennen in tiergerechteren Haltungssystemen unterzubringen. Deshalb wurden in Niedersachsen viel versprechende Möglichkeiten der alternativen Haltungssysteme erprobt. Dazu gehört zum Beispiel der so genannte ausgestaltete Käfig. Das Bundesministerium startete mit diesen ausgestalteten Käfigen sogar ein Pilotprojekt. Im Juni 2001 wurde den Bundesländern dann die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zugeleitet. Diese Verordnung sah ausschließlich die Ausstattung der Haltungseinrichtungen der Boden- und Volierenhaltung vor und ließ den ausgestalteten Käfig in seiner ursprünglichen Konstruktion als Haltungsform nicht mehr zu.
Niedersachsen hat bereits seit Jahren die Einrichtung von Boden- und Freilandhaltungen durch Fördermaßnahmen unterstützt. Unsere Erfahrungen hierbei haben uns gezeigt, dass Haltungsformen nur dann den Anforderungen des Tierschutzes genügen können, wenn eine schrittweise Umorganisation der Hennenhaltung in Verbindung mit der ständigen Weiterentwicklung der Haltungssysteme unter Berücksichtigung sachlicher Argumente vorgenommen werden kann. Hierbei sind unbedingt die derzeit vorzufindenden Strukturen der Legehennenhaltung, die vorhandenen Hennenzuchtli
nien und die medizinischen Vorbeugemaßnahmen zu berücksichtigen.
Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, hatte Niedersachsen die Einführung eines Prüfverfahrens für alle serienmäßig hergestellten Haltungssysteme für Legehennen auf Tiergerechtheit vorgesehen und die Zulassung der so genannten ausgestalteten Käfige gefordert, die davon abhängig sein sollte, dass die Tiere darin ihren Grundbedürfnissen nachkommen können und lediglich die Einschränkung des Bewegungsbedürfnisses hinnehmen müssen.
Tiergerecht ist ein System dann, wenn es nach einem Prüfverfahren garantiert, dass Tiere ihren Grundbedürfnissen auch tatsächlich nachkommen können. Mit diesem Konzept der Zulassung wäre auch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und mehr Planungssicherheit für Hersteller und Tierhalter bewirkt worden.
Niedersachsen hat versucht, mit allen Beteiligten gemeinsam nach einer für die Legehennen besten Lösung im Sinne des Tierschutzes zu suchen und dabei andere, ebenso hohe Schutzgüter nicht zu vergessen. Deswegen haben wir im Bundesrat unterschiedliche Anträge gestellt, deren Ziel es unter anderem war, die von der Bundesregierung vorgesehenen Anforderungen so zu ergänzen, wie ich es gerade dargestellt habe.
Diese Vorschläge fanden im Unterausschuss große Zustimmung. Im Agrarausschuss stimmten die Länder, in denen 70 % der Legehennen gehalten werden, auch für diese Vorschläge. Das war aber eben nicht die Mehrheit der Bundesländer. Somit stand das niedersächsische Gesamtkonzept in der Endabstimmung des Bundesrates nicht mehr zur Abstimmung. Insbesondere Bayern und BadenWürttemberg lehnten die niedersächsischen Änderungsvorschläge ab. Der Vorschlag Bayerns, lediglich die Übergangsfristen zu verlängern, aber keine grundlegende Änderung der Bundesverordnung anzugehen, war ebenfalls nicht zielführend, weil damit keine wirkliche Verbesserung für die Legehennen oder für die Geflügelwirtschaft zu erreichen gewesen wäre. Diese ist jedoch unabdingbar, um dem Ziel näher zu kommen, die Legehennen tatsächlich in verbesserte Haltungssysteme zu bringen und keine Verlagerung der Haltung zu bewirken.
Niedersachsen hat deshalb folgerichtig zwei Entschließungsanträge in den Agrarausschuss einge
bracht. Beide wurden mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Erstens. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, konkrete Maßnahmen mitzuteilen, um ein gravierendes Absinken des Selbstversorgungsgrades mit Eiern zu verhindern. Sie wurde außerdem aufgefordert, erstmals zum 1. Juni 2003 und dann in zweijährigen Abständen über die Auswirkungen der Verordnung zu berichten, insbesondere über die Auswirkungen auf die Struktur der Geflügelhaltung, den vermehrten Einsatz von Arzneimitteln und Impfstoffen sowie die Entwicklung der Arbeitsplätze und der Arbeitsplatzqualitäten auf dem Sektor der Legehennenhaltung.
Zweitens. In der anderen niedersächsischen Entschließung wurde die Bundesregierung gebeten, zur geplanten Weiterführung der vom Bundesministerium geförderten Pilotprojekte zur Erprobung der ausgestalteten Käfige einen Zwischenbericht abzugeben, ob diesen Haltungssystemen gegebenenfalls das beabsichtigte Zulassungsverfahren offen steht.
Nur auf dieser Basis der Entschließungsanträge hat Niedersachsen letztendlich der Verordnung zugestimmt. Ich hoffe, Ihre erste Frage damit hinreichend beantwortet zu haben.
Herr Ehlen, Ihre Feststellung, die Landesregierung habe offensichtlich erst heute die „sachwidrigen Regelungen der Künast-Verordnung erkannt“, trifft nicht zu.
Hinsichtlich der Beantwortung Ihrer zweiten und dritten Frage möchte ich Sie zuerst bitten, künftig exakt zu zitieren. Der Ministerpräsident hat sich im Zusammenhang mit der Legehennenverordnung dahin gehend geäußert, dass ein „Sündenfall aus nachvollziehbaren Gründen für den Tierschutz“ geschehen sei.
Der Bundesrat hat gleichzeitig mit der Verabschiedung der Neuregelung der Legehennenhaltung die Bundesregierung aufgrund des niedersächsischen Entschließungsantrags aufgefordert, Erhebungen durchzuführen, um die Auswirkungen der Neuregelung festzustellen. Wir erwarten diese Erhebungen mit Spannung.
Da wir nach wie vor eine Weiterentwicklung der Kleingruppenhaltung für geboten und dringend erforderlich halten und insbesondere die gesundheitliche Problematik in den anderen Haltungssystemen zu wenig berücksichtigt wird, hat Niedersachsen bereits mit eigenen Erhebungen begonnen. So findet auf Landesebene eine Bewertung der
Haltungssysteme von Legehennen statt. Die Kriterien hierfür sind mit Vertretern der Veterinärbehörden, der Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie der niedersächsischen Geflügelwirtschaft erarbeitet worden. Erste Daten werden Anfang des kommenden Jahres erwartet.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit abschließend beantwortet zu haben.
Das war ein Herumgeeiere aus Bodenhaltung, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren, es besteht überhaupt keine Veranlassung, irgendetwas zurückzunehmen. Aufgrund Ihrer langen Oppositionstätigkeit kennen Sie sich in dem komplizierten Verfahren des Bundesrates nicht aus. Andernfalls würden Sie hier nicht solche Fragen stellen. Das sind äußerst komplizierte Beratungsvorgänge. Man muss dort Mehrheiten bilden. Es ist Niedersachsen gelungen, bei dieser Verordnung in einer ausführlichen Entschließung - die Ihnen als Fachpolitiker
eigentlich bekannt sein müsste - Kriterien zu entwickeln, wie in den nächsten Monaten mit diesem Thema umgegangen wird. Wenn das eintritt - Herr Bartels hat die Bedenken in den letzten Monaten auch öffentlich genannt -, dann haben wir mit der Entschließung auch die Voraussetzung, dass dort Anpassungen vorzunehmen sind.
Ich habe eben auf den Hinweis von Herrn Gabriel hingewiesen. Danach ist natürlich ein Abwägungsprozess zwischen den Belangen des Tierschutzes auf der einen Seite und den Belangen der Branche auf der anderen Seite vorzunehmen. Unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes - da werden Sie mir sicherlich nicht widersprechen, Herr Kollege ist das Ergebnis dieser rechtskräftigen Verordnung überhaupt nicht zu beanstanden.
Das war eine Frage, und die Frage lässt sich eindeutig mit Nein beantworten.
Herr Biestmann, die zweite Frage kann Ihnen heute niemand abschließend beantworten. Erstens. Es gab für den niedersächsischen Vorschlag, auch die Kleingruppen möglich zu machen, keine Mehrheit. Deshalb ist das in der jetzigen Verordnung nicht enthalten.
Zweitens. Es gibt im Moment wissenschaftliche Begleituntersuchungen darüber, auch von Frau Künast veranlasst, ob diese Art der Hennenhaltung nicht auch eine adäquate Form ist. Wenn das ausgewertet ist, dann gibt es möglicherweise Bedarf, die Verordnung zu ändern. So einfach ist das.
Sie wollen hier jetzt in ein laufendes Verfahren konterkarierend eingreifen. Es wäre überhaupt
nicht klug, das zu machen. Das hilft auch Ihrer Argumentation überhaupt gar nicht.
Zur ersten Frage: In der Freilandhaltung - auch da werden Sie mir schwer widersprechen können sind bestimmte Kriterien, die aus der Sicht des Tierschutzes vernünftig sind, nämlich Bewegungsfreiheit, allemal besser als bei allen anderen Formen. Gleichwohl ist richtig, dass auch bei Freilandhaltung - ich habe das vor einem Jahr auch mal aus Umweltsicht öffentlich diskutiert - Probleme bestehen, die es zu beherrschen gilt. Das hat mit Fragen der Hygiene zu tun, das hat aber auch mit Fragen der Belastung im Bereich Staub oder über den Gewässerpfad zu tun.
Deshalb muss jede Art der Tierhaltung, jede Art der Ausgestaltung der Legehennenverordnung die Risiken, die in den unterschiedlichen Haltungsformen stecken, minimieren. Das heißt, es ist doch nicht so, dass man dann, wenn man Freilandhaltung organisiert hat, keine Themen mehr hat, die es zu bearbeiten gilt. Natürlich ist das der Fall.
Wenn Sie beispielsweise eine bestimmte Menge an Hennen vorhalten, geht das auch auf Flächenbedarfe und Ähnliches. Sie suggerieren hier den Eindruck, als gäbe es ein Modell, das klasse ist, und andere Modelle, die nach Meinung eigentlich aller Tierschützer im Kern besser sind, werden von Ihnen diskreditiert. Für diesen Ansatz habe ich überhaupt kein Verständnis.
Herr Kethorn, ich glaube, dass in dieser Landesregierung hochgradige Kompetenz steckt. Von Dilettantismus sehe ich nichts.
Ich sehe hohe Fachkompetenz und parallel dazu ein ausgewiesenes Maß an Spezialisten für Allgemeines. Ich glaube, diese Kombination steht einem großen Land wie Niedersachsen gut an.
Zu der anderen Frage: Der Hinweis, dass alle Fachleute diese Form der Hennenhaltung ablehnen, ist einfach falsch. Ich werde meinen Kollegen Bartels bitten, Ihnen eine Liste der Literatur zu schicken, die das anders sieht. Ich habe ein paar Bücher davon zuhause. Als mitberatender Ressortchef musste ich mich ja in den letzten zwei Jahren mitunter darum kümmern. Das ist also einfach falsch. Das heißt, wir reden hier über einen Gegenstand, der in der wissenschaftlichen Debatte strittig ist. Ich habe in meinem letzten Beitrag schon darauf hingewiesen, dass sämtliche Haltungsformen mit Problemlagen befasst sind. Ich stelle mich doch auch nicht hier hin und sage, das eine sei rundherum gut und richtig und ohne Probleme. Das ist doch Unfug. Wir suchen in der Politik den besten Weg und bemühen uns gleichzeitig, die Risiken, die darin stecken, zu minimieren. Die Wissenschaft hilft uns dabei. Wer die Wissenschaft einseitig für sich vereinnahmt, muss sich entgegenhalten lassen, dass das nicht redlich ist.
Dann will ich noch auf Folgendes hinweisen: Diese Verordnung ist seit knapp einem Jahr in Kraft. Wir haben danach zu verfahren. Wir haben dort im Übrigen Fristsetzungen, die Sie teilweise ignorieren. Sie wissen doch selbst, dass bis 2011 für diese
Art der Haltung Übergangsfristen bestehen. Wir werden - das ist ja die Basis des Bundesratsbeschlusses - durch die wissenschaftliche Begleitung in den nächsten Jahren - der erste Termin ist ja bald, an dem der erste Bericht abzugeben ist - zu Kenntnissen kommen, ob andere Haltungsformen unter Gesichtspunkten des Tierschutzes ähnlich sinnvoll sind.
Hinter Ihrer Argumentation steht ja eine Überlegung, die in Ordnung ist und die zu prüfen ist. Es geht bei diesem Thema auch um Wettbewerb. Wenn in einem europäischen Land eine Richtlinie strikter umgesetzt wird, als europäisches Recht es verlangt, dann muss man prüfen, welche Konsequenzen das hat, oder man muss die europäische Richtlinie entsprechend verändern. Sie wollen zu Recht darauf hinwirken, dass vergleichbare Wettbewerbsbedingungen in Europa bestehen. Das finde ich in Ordnung. Das ist auch die ganzen Monate hinweg das Interesse von Herrn Bartels gewesen. Darin wird er auch von allen Mitgliedern der Landesregierung unterstützt.
Herr Wojahn, der Beschluss des Bundesrates ist so formuliert, um zu gewährleisten, dass diese Art von Wirtschaften in Deutschland noch stattfinden kann. Er sieht nicht die gesamte Zukunft von Geflügelhaltung und landwirtschaftlicher Produktion im Osten. Darum geht es nicht.
Zu Ihrer ersten Frage, was die Investitionen angeht: Das wird in der ganzen Debatte immer behauptet. Es gibt allerdings bisher kein belastbares Material, aus dem das hervorgeht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich für die einfühlsamen Worte des Präsidenten über unseren Kollegen Uwe Inselmann bedanken. Ich habe am letzten Mittwoch in Bleckede eine Festveranstaltung zum Thema Biosphärenreservat Elbtalaue gehabt. Herr Inselmann saß in der ersten Reihe. Ich nahm die Gelegenheit wahr, seine Arbeit gerade in diesem Projekt zu würdigen, unter großer Zustimmung des dortigen Auditoriums. - Es trifft uns alle sehr.
Meine Damen und Herren, es geht um nukleare Sicherheit, ein in der Tat wichtiges Thema, und zwar nicht nur für die derzeitige Europäische Union, sondern vor allem für die Erweiterungsstaaten. Ich will darauf hinweisen, dass in sieben dieser Staaten, die neu hinzukommen, 22 Atomkraftwerke in Betrieb sind. 20 davon sind sowjetischer Bauart. - Damit ist zu dem Thema alles gesagt. Deshalb gibt es - das waren auch Voraussetzungen für die Beitrittsverhandlungen - aus guten Gründen Anforderungen an Nachrüstung und an Stilllegung derartiger Kernkraftwerke.
Es ist also nicht zu problematisieren, ob sich die EU - ob da rechtlich zulässig ist oder nicht, ist durchaus strittig - Gedanken über einen hohen nuklearen Sicherheitsstandard in Europa macht, sondern wir müssen gewährleisten, dass die Osterweiterung nicht dazu führt, dass Mindeststandards definiert werden und darüber hinausgehende rechtliche Ansprüche, wie sie beispielsweise in Deutschland vorhanden sein könnten, dann zu nivellieren sind. Das ist das Problem in diesem Zusammenhang.
Dann allerdings hat die EU-Kommission - das ist schon sehr kritisch zu diskutieren -, übrigens unter
Beteiligung zweier deutscher Kommissare, die keine Einwände geltend gemacht haben - Herr Verheugen und Frau Schreyer -, noch einige Bausteine in diesen Richtlinienentwurf eingebaut, die hoch problematisch sind.
Das beginnt mit dem Thema Erweiterung des Förderrahmens von 4 auf 6 Milliarden Euro. Wenn dort keine geeignete und enge Zweckbestimmung vorgesehen ist, dann ist nicht auszuschließen, dass damit nicht nur Stilllegungen bzw. Nachrüstungen vorgenommen werden, sondern eben auch der Betrieb von Kernkraftwerken organisiert wird.
Sieht man sich das Grünbuch der Europäischen Kommission zur Energieversorgungssicherheit aus dem November 2000 an, wird auch deutlich, dass darin das Interesse formuliert ist, der Kernenergie eine Zukunft zu geben - anders, als das in der deutschen Debatte der Fall ist. Deshalb ist die zuständige Kommissarin in Europa eher dabei, gesellschaftliche Akzeptanz zu organisieren, als eine Abwicklungsstrategie zu entwickeln. Dafür hat sie keine Kompetenz. Das trifft auf unseren entschiedenen politischen Widerstand; das will ich hier ganz deutlich sagen.
Die zweite kritische Bemerkung bezieht sich darauf, dass in diesem Richtlinienentwurf Zurückstellungen organisiert werden, die faktisch den Atomkonsens vom Juni 2000 in Deutschland zur Auflösung bringen könnten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die nationale deutsche Politik dies in irgendeiner Art und Weise akzeptieren kann. Es wird Sache der Bundesregierung sein, dem mit Entschiedenheit zu widersprechen. Wenn ich die Debatte des Umweltrates zu Beginn dieser Woche richtig wahrgenommen habe, hat mein Kollege Trittin dies auch in aller Deutlichkeit getan.
Der dritte zu kritisierende Punkt hat mit dem Thema Endlagerkonzept zu tun. Es ist unstrittig, dass die EU dafür keine Kompetenzen hat. Gleichwohl macht sich die EU an die Arbeit und erläutert die europäische Situation beispielsweise mit einem Satz, in den man Gorleben hineinlesen kann, der aber so abwegig ist, dass es einem wirklich die Sprache verschlägt, weil darin faktisch gesagt wird: Es gibt schon ein Endlager, aber die Politik verhindert, dass davon Gebrauch gemacht wird. Meine Damen und Herren, ein bisschen mehr Solidität in der europäischen Debatte würde ich mir schon wünschen.
Dann kommt die Kommission auf den Gedanken, uns einen Zeitplan vorzugeben. Obwohl die Situation gegenwärtig in ganz Europa offen ist - darauf ist eben ja zu Recht hingewiesen worden -, will die EU schon im Jahre 2003 beschlossen haben, dass mit dem Jahr 2008 alle Standorte für Endlager in Europa praktisch definiert sind, und möchte gewährleistet wissen, dass diese Endlager im Jahre 2013 bzw. 2018 ihren Betrieb aufnehmen. Meine Damen und Herren, das liegt so sehr neben der internationalen Debatte und würde den mühsam gefundenen Kompromiss zur Endlagersuche in Deutschland so konterkarieren, dass wir um zunehmende Auseinandersetzungen gar nicht herumkämen. Das ist auch gar nicht organisierbar. Es ist in jeder Hinsicht sachfremd.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur dringend raten, diese Bausteine aus den Richtlinienentwürfen verschwinden zu lassen. Die Umweltministerkonferenz hat bereits im November ihre kritischen Anmerkungen dazu vorgetragen. Wir werden in den Beratungen der nächsten Wochen den deutschen Sachverstand in diese europäische Debatte einbringen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erkennbar ist, dass die Verpackungsverordnung aus dem Jahre 1991 ihr Ziel, das Mehrwegsystem zu stabilisieren, nicht erreicht hat. Die Verpackungsverordnung ist damals so angelegt worden, dass dies dann entsprechende Konsequenzen auslöst. Frau Steiner hat korrekt beschrieben, dass vonseiten der interessierten Wirtschaft über Jahre hinweg diese Entwicklung zu verantworten ist. Sie hat gleichzeitig versucht, sich diesem Pflichtpfand durch Anwendung aller möglichen lobbyistischen Vorgehensweisen und rechtlichen Möglichkeiten zu entziehen.
Wenn man so will, sind wir inzwischen am Ende dieses Weges. Am 1. Januar des nächsten Jahres gilt das Pflichtpfand unmissverständlich, unabhängig davon, ob es allen passt oder nicht. Es gibt keine Möglichkeit, das außer Kraft zu setzen. Im Bundesrat haben wir im letzten Jahr eine Debatte über eine Verbesserung der Verpackungsverordnung geführt. Es kam nicht zu Mehrheiten. Deshalb gilt sie so, wie sie Töpfer 1991 auf den Weg gebracht hat. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen sind in der Zwischenzeit abgeschlossen.
Am 5. Dezember habe ich für die Länderseite an dem Gespräch bei Herrn Trittin teilgenommen. Wir haben mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass die latenten Boykottandrohungen, die noch vorletzte Woche im Raume standen, inzwischen zurückgenommen wurden. Alle haben begriffen, dass kein Weg mehr an der Umsetzung der Verpackungsverordnung vorbeiführt. Die letzte Auseinandersetzung, die noch geführt wird, geht um die Frage, was gemacht wird, bis es ein bundesweit einheitliches Pfandsystem gibt. Ich meine, wir sind uns darüber einig, dass dies notwendig ist.
Jahrelang wurde diskutiert, dass der Investitionsbedarf dafür bei mehreren Milliarden Euro liegt. In der letzten Woche aber haben die Verantwortlichen aus der Wirtschaft in Berlin erklärt, sie hätten es noch einmal geprüft und jetzt festgestellt, man käme auch mit ein paar hundert Millionen hin. Sie
hätten jetzt ein ganz pflegeleichtes und praktikables Modell entwickelt.
Das wollten sie auch einführen. Es gäbe nur noch ein Problem: Zum 1. Januar bekämen sie es nicht hin. Deshalb wollten sie eine neue Verschiebung. Diese Sache läuft nicht.
Erstens kann es sich die Politik nicht erlauben, diesem Druck nach dem Motto nachzugeben: Wer ordentlich auf die Pampe haut, dem kommt man rechtlich entgegen. Zweitens ist die Chance der Verschiebung aus wettbewerblichen Gründen überhaupt nicht gegeben. Brauereiwirtschaften, verschiedene Mehrweggruppen und verschiedene Produzenten haben sich an diese Verordnung gehalten, indem sie vorgesorgt und Investitionen im Hinblick auf die Verpackungsverordnung getätigt haben. Sie würden mit Sicherheit am 2. Januar eine Klage nach dem Wettbewerbsrecht einreichen. Wie wir wissen, geschähe dies mit guten Argumenten. Deshalb sind sich die Bundesregierung und sämtliche Umweltminister der Länder darüber einig, dass die Verpackungsverordnung am 1. Januar vollzogen werden soll. Es ist Sache der zuständigen Länderbehörden und der unteren Abfallbehörden, das dann auch zur Anwendung zu bringen.
Es ist klar, dass die Wirtschaft - auch durch den Druck, dass sie sich dem nicht mehr entziehen kann - spätestens am 1. Juli dieses neue, in der letzten Woche erstmalig vorgestellte Modell zur Anwendung bringen wird. Dann wird es möglich sein, in ganz Deutschland - wenn nicht ausgelistet worden ist, was ja das Sinnvollste wäre - die Dosen abzugeben bzw. einzuwerfen, gleichgültig wo man sie gekauft hat.
Die einzige Frage, die in der Debatte noch erörtert werden muss, ist, was im ersten Halbjahr passieren wird. Der Grund für das Gespräch vorgestern bei mir im Ministerium war, dass wir gewährleisten wollen, dass die Verpackungsverordnung auch in Niedersachsen konsequent angewandt wird und möglichst praktikabel läuft. Wir haben dieses Gespräch zur Vorbereitung geführt, Frau Steiner, um erstens die unteren Abfallbehörden spätestens Anfang der nächsten Woche mit einem Erlass in den Stand zu versetzen, das in die konkrete Anwendung zu bringen. Zweitens haben wir dort mit dem Einzelhandel verabredet, dass wir eine gemeinsame Informationsschrift herausgeben, um mögliche
Verwerfungen in den nächsten Monaten, die nicht rundherum auszuschließen sind, nach Möglichkeit zu reduzieren.
Aufgrund der unterlassenen Vorbereitung auf die Änderung der Verpackungsverordnung kommen wir in die Situation, dass jetzt mit Übergangsregelungen gearbeitet werden muss. Die so genannte händische Rücknahme wird nicht nur Freude machen, weil im Normalfall das Dosengut wohl nur an der Stelle zurückgenommen wird, wo man es gekauft hat. Das geht ein bisschen auf Flexibilität und Mobilität. Das hat aber nicht die Politik zu verantworten, meine Damen und Herren, sondern das haben diejenigen zu verantworten, die in den letzten Monaten davon ausgegangen waren, dass das Thema Pflichtpfand am 22. September erledigt wird. Die haben ihr Ziel nicht erreicht, und jetzt gucken sie dumm aus der Wäsche. Das ist die Logik. Sie haben jetzt begriffen, dass sie etwas tun müssen. Sie fangen jetzt an - Jahre zu spät, wenn man so will - und bringen die deutsche Bevölkerung in den nächsten sechs Monaten hier und da in praktische Probleme, was die Wiederabgabe von Dosen angeht.
Ich kann nur sagen: Wir haben den Vollzug zu überwachen. Das werden wir auch tun. Aber die Verantwortung für das Missmanagement an dieser Stelle haben andere. Obwohl seit Jahren klar ist, dass die Mehrwegquote dramatisch unterschritten ist, hat man gehofft, dieses Ding politisch aushebeln zu können. Das ist nicht gelungen. Die Mehrheit der Bevölkerung möchte dieses Pflichtpfand, weil sie davon ausgeht, dass das zur Reinhaltung unserer Umwelt maßgeblich beitragen wird.
Wir bekommen in den nächsten Monaten ein praktikables Modell. Deshalb ist eine der langwierigsten Geschichten in der deutschen Umweltpolitik in wenigen Wochen erledigt. Wir werden gewährleisten, dass das in Niedersachsen solide abgearbeitet wird und die Vollzugsbehörden auch in angemessener Weise mit diesem Thema umgehen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Atomkraftwerk Unterweser steht seit dem
4. September still. Der Generator ist defekt und muss ausgetauscht werden. Die Betreiberin e.on Kernkraft GmbH hat die Stillstandszeit genutzt, um bestimmte Prüfungen vorzuziehen, die für die Revision im Jahr 2003 geplant waren. Am 11. September lagen meinem Ministerium die ersten Ergebnisse vor. An einem Rohrstutzen waren Anrisse festgestellt worden. Weitere Überprüfungen folgten. Am 14. November wurde das Bundesumweltministerium über den Kenntnisstand informiert; denn die Befunde könnten aus unserer Sicht auch für andere Atomkraftwerke Bedeutung haben. Sich um die Übertragbarkeit auf andere deutsche Atomkraftwerke zu kümmern, ist Aufgabe der Bundesaufsicht.
Nachdem all dies, wie ich finde, zügig erfolgte, war ich am Abend des 14. November etwas irritiert. Da forderte das Bundesumweltministerium per Pressemitteilung einen Bericht zu den Ereignissen. Der lag dem Bundesumweltministerium bereits vor, nämlich von uns.
Genauso ist es mit der neuesten Bitte des Bundes. Das Niedersächsische Umweltministerium soll sich gegenüber der Betreiberin die Zustimmung zum Wiederanfahren des Reaktors vorbehalten. Dies ist geregelt. Kernkraftwerke in Niedersachsen dürfen grundsätzlich nur dann wieder angefahren werden, wenn das Niedersächsische Umweltministerium dem zuvor zugestimmt hat. Es kann wahrlich niemand behaupten, meine Damen und Herren, die Atomaufsicht des Bundes sei nicht auf Zack. In der Sprache von Verona Feldbusch würde man sagen: „Wir werden von denen kräftig geholfen.“
Nun zur Sache selbst. Die sicherheitstechnisch wichtigen Rohrleitungen des Kernkraftwerks Unterweser unterliegen regelmäßigen Kontrollen. Diese werden in einem Programm für wiederkehrende Prüfungen festgelegt. In welchem Abstand diese wiederkehrenden Prüfungen durchgeführt werden, richtet sich nach den sicherheitstechnischen Bedeutungen und der nachgewiesenen Qualität der Rohrleitung. Das Niedersächsische Umweltministerium muss dem Prüfprogramm zustimmen.
Ziel der wiederkehrenden Prüfungen an den Rohrleitungen ist es, Anrisse oder Veränderungen so rechtzeitig festzustellen, dass es nicht zu Schäden, Leckagen oder gar zu Rohrleitungsbrüchen kommt. Die Prüfungen an den Rohrleitungen des Sicherheitssystems werden im Auftrag des Umweltmi
nisteriums generell durch Sachverständige überwacht.
Worüber wir jetzt reden, sind die Stutzen, mit denen das Speisewassersystem an die vier Dampferzeuger angeschlossen sind. Sie unterliegen dem genannten Kontroll- und Prüfverfahren. Alle zwei Jahre ist die zerstörungsfreie Prüfung des Speisewasserstutzens eines Dampferzeugers vorgesehen. Die Prüfungen werden mit Ultraschall durchgeführt. Wichtig ist noch: Diese Rohrleitungen sind frei von Radioaktivität.
Bei der in der Stillstandszeit jetzt vorgezogenen Untersuchung des Stutzens an einem Dampferzeuger wurde ein Anriss festgestellt. Deshalb hat man auch umgehend die Stutzen an den drei anderen Dampferzeugern überprüft. Ergebnis: Ein Stutzen ist ohne Befund, zwei zeigen Anrisse in vergleichbarer Größe. Welche Ursachen diese Anrisse haben, ist noch nicht geklärt.
Ich komme jetzt zur Beantwortung Ihrer Fragen.
Zur ersten Frage: Der Anriss wäre sicherlich in der vorgesehenen Prüfung in der Revision 2003 gefunden worden. Schäden, Leckagen oder gar ein Bruch der Rohrleitung wären nicht zu erwarten gewesen. Dies kann man aus den bisherigen Prüfergebnissen, aus den Kenntnissen zum Materialverhalten und den Belastungen auf dem Stutzen schließen.
Unabhängig davon ist das Kraftwerk gegen Leckagen oder gar einen Bruch von Speisewasserleitungen auch in diesem Bereich ausgelegt. Solche Ereignisse werden beherrscht, ohne dass Menschen oder Umwelt gefährdet werden. Auch ist in diesen Fällen immer gewährleistet, dass die Wärme aus dem Primärkreis abgeleitet wird.
Zur Frage 2: Sie fragen nach der Sicherheit des Betriebes der niedersächsischen Atomkraftwerke. Für die konkrete Sicherheit im Hinblick auf die Gesundheit von Menschen und die Umwelt sind die Befunde nicht von Bedeutung. Gleichwohl nehmen wir diese Anrisse sehr ernst. Denn niemand von den Fachleuten hatte damit gerechnet, dass sich bei dieser Prüfung so deutliche Spuren im Material zeigen würden. Wir müssen also herausfinden, woran das liegt: Liegt es am Material, an einer besonderen Belastung, an der Konstruktion? Hier besteht Klärungsbedarf. Ich gehe davon aus, dass es noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. An ein Wiederanfahren des Reaktors ist derzeit nicht zu
denken. Dies setzt u. a. eine vollständige Beseitigung des in Rede stehenden Schadens voraus.
Wir haben selbstverständlich sofort auch die anderen niedersächsischen Kraftwerke einbezogen. Derzeit wird geklärt, ob die Ergebnisse aus dem Kernkraftwerk Unterweser auf die anderen übertragbar sind. In einem ersten Schritt werden dazu die bisherigen Messergebnisse überprüft, und es wird untersucht, ob die Speisewasserstutzen mit denen im Kernkraftwerk Unterweser vergleichbar sind. Abschließende Ergebnisse liegen verständlicherweise auch hier noch nicht vor.
Zu Frage 3: Die Frage der Zuverlässigkeit der Betreiberin des Kraftwerks stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Das Kernkraftwerk Unterweser hat das Umweltministerium umgehend und jederzeit umfassend über den jeweils aktuellen Sachstand informiert. Dies gilt auch für die jetzt laufenden Überprüfungen und auch für die Revision 1995. Die Messergebnisse der damaligen Prüfung lagen eindeutig unterhalb der so genannten Registriergrenze. Bei der angewandten Ultraschalltechnik stellt die Registriergrenze nach dem kerntechnischen Regelwerk eine Schwelle dar. Ab dieser Schwelle müssen weitere Bewertungen erfolgen. Die Messergebnisse im Jahre 1995 ergaben keine Hinweise auf Rissanzeigen. Weitere Maßnahmen waren daher auch nach Auffassung der Sachverständigen nicht erforderlich. - Vielen Dank.
Herr Hagenah, für die Gutachter, die Sachverständigen ist immer klar gewesen, dass diese Stutzen besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund spielen sie im Rahmen der normalen Überprüfungen eine herausgehobene Rolle. Bisher sind bei diesen Überprüfungen keinerlei Hinweise auf gravierende Veränderungen des Materials festgestellt worden. Vor diesem Hintergrund gab es auch keinerlei Veranlassung, etwas zusätzlich in Auftrag zu geben. Die Fachleute sind diesmal über die Intensität der Veränderungen seit den letzten Überprüfungen erstaunt.
- Ja, erstaunt.
Vor diesem Hintergrund sind diese Überprüfungen regelmäßig abgelaufen. Zurzeit wird überprüft, ob das auf Materialbeanspruchung oder auf andere Ursachen zurückgeht. Das ist eine offene und für die Techniker ganz wichtige Frage. Dieser Frage gehen sie jetzt mit Vehemenz nach.
Ich will aber darauf hinweisen, dass die Intention der Fragestellung mit der Überschrift „Rissiges Atomkraftwerk“ einen Eindruck erweckt, der mit dem technisch relevanten Sachverhalt überhaupt nicht in Übereinstimmung steht. Das ist nicht sonderlich anständig, was Sie da treiben.
Ja, es ist in der Tat beunruhigend, dass sich das Material so verändert hat. Man macht dann das, was im Zweifel üblich ist: Man wechselt es aus. Wir überprüfen gerade auch die Übertragbarkeit auf andere Kraftwerke in Niedersachsen. Wahrscheinlich wird sich dabei herausstellen, dass die Stutzen dort aufgrund der Materialentwicklung eine andere Qualität haben und anders eingerichtet sind, sodass die Übertragbarkeit nur begrenzt gegeben sein wird. Sie sehen daraus, dass in diesem Teil des Kraftwerks, der frei von Radioaktivität ist - darauf will ich noch einmal hinweisen -, technische Prozesse ablaufen, die durchaus mit Ermüdung usw. zu tun haben. Deshalb wird auch regelmäßig kontrolliert. Wenn sich dabei Defizite zeigen, wird Material ausgetauscht. So einfach ist das an dieser Stelle, aber so wichtig ist es auch, dem sorgfältig nachzugehen, damit auch auf Dauer gewährleistet wird, dass sämtliche technischen Teile in einem Kraftwerk in solidem Zustand sind. Genau darauf kommt es an.
Ich habe auch auf Folgendes hingewiesen: Unterstellt, dort wäre es zu einer Leckage gekommen - das liegt ja nicht vor, sondern da ist Material angerissen, wenn man so will, ohne dass etwas austritt; darauf will ich hinweisen -, dann wäre dieses Kraftwerk sofort abgestellt worden und wäre die Wärme aus dem Primarbereich über die noch vorhandenen Systeme abgeführt worden, sodass dies unter Sicherheitsgesichtspunkten, was Umwelt und Gesundheit angeht, kein relevantes Thema ist. Aber für die Techniker ist das unter der Fragestellung der Sicherheit im Betrieb einer Anlage eine große Herausforderung. Hier ist ein Problem aufgetaucht, dem sie jetzt mit Akribie nachgehen. Sie möchten nämlich saubere Arbeit leisten und merken im Moment, dass dort ein Problem ist. Dieses Problem wird jetzt gelöst. Bis zur Lösung des Problems wird daran gearbeitet, und so lange wird das Kraftwerk auch nicht in Betrieb gehen.
Zu Frage 1: Mich hat die Liste der Dringlichen Anfragen erreicht. Dort heißt die Überschrift: „Rissiges Atomkraftwerk“. Was denkt sich der Laie beim Thema „Rissiges Atomkraftwerk“? - Er denkt sich: Das ist doch eine unheimlich brisante Geschichte! Da steht eine Anlage - jedem fällt Tschernobyl ein -, und wenn in einer solchen Anlage ein Riss ist, ist die Bevölkerung im Umkreis von 150 km hochgradig gefährdet. - Das fällt dem Laien, der nicht einmal Vorurteile haben muss, beim Thema „Rissiges Atomkraftwerk“ ein. Wenn dort ein Riss im Reaktorkern wäre, dann wäre das auch alles berechtigt.
Worüber reden wir aber? - Wir reden über ein technisches System, das es auch in anderen Kraftwerken bzw. technischen Anlagen gibt - das also nicht atomkraftspezifisch ist -, wo Material hochgradig belastet wird. Da gibt es - das ist das ganz normale Gebaren, ob von Gutachtern oder von der Gewerbeaufsicht - regelmäßige Überprüfungen. Atomkraftwerke werden nach einem technischen Regelwerk besonders eindringlich überwacht, geprüft usw. Die Stelle in diesem Kraftwerk, über die wir sprechen, gilt unter Fachleuten aus guten Gründen wegen der Gewichtigkeit der Anfällig
keitspotenziale, die darin stecken, als besonders „beäugbar“. Das ist gar keine Frage.
Jetzt wird festgestellt, dass sich das Material dort verändert, gedehnt hat - es ist angerissen, wenn man so will -, was im Hinblick auf Gesundheit und Umwelt nicht brisant ist, aber hinsichtlich des soliden technischen Fahrens dieser Anlage brisant ist. Das wird jetzt bearbeitet. Insofern ist das nur deshalb politisch interessant, auch für Sie nur politisch interessant, weil es dazu beitragen soll, ein Atomkraftwerk unter Schwung zu halten. Das ist das, was ich Ihnen an dieser Stelle vorwerfe: Angesichts eines im Normalfall wahrscheinlich häufig stattfindenden Vorgangs in einer technischen Anlage wird von Ihnen der Versuch unternommen, das zum Politikum zu machen und Ängste zu schüren. Das halte ich wirklich für eine Sauerei.
„Sauerei“ darf man, glaube ich, nicht sagen. Das halte ich für nicht in Ordnung, meine Damen und Herren. - So viel zu der ersten Frage. Was war die zweite Frage?
- Die Frage nach dem Gutachter. Auch dazu will ich Ihnen deutlich etwas sagen. Wir haben im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Sellafield harte Debatten mit dem TÜV geführt. Ich teile Ihre Einschätzung, dass bestimmte Bearbeitungsarbeitsplätze regelmäßig verändert gehören. Es geht nicht an, dass Sachverständige, aber auch Mitarbeiter in Aufsichten Jahrzehnte an demselben Objekt sitzen, weil man betriebsblind wird. Das ist ein berechtigter Hinweis. Das sage ich in aller Deutlichkeit.
Ich verwahre mich aber entschieden dagegen, ein Unternehmen in Niedersachsen mit Namen TÜV - das ist ein Verein, aber ein großes Unternehmen in dieser Weise hier zu denunzieren. Die machen solide Arbeit. Wenn sie nicht eine solide Arbeit machen, dann kriegen sie dafür etwas auf die Mütze. Wir haben nach der Auseinandersetzung vor drei Jahren, als wir den Eindruck hatten, dass der TÜV nicht an allen Stellen hinreichend präzise informiert hat, obwohl er sich rechtlich und vertraglich korrekt verhalten hat - das muss man fairerweise dazu sagen -, die Vertragsbedingungen mit dem TÜV verändert und ihm hinsichtlich der Informations- und Meldepflichten zusätzliche Auflagen aufgetragen. Außerdem haben wir seit
dem die Palette derer, die wir gutachterlich beschäftigen, deutlich erweitert. Hier ist nicht ein Unternehmen oder ein Betrieb mit dem TÜV verheiratet, sondern wir erwarten, dass die Aufsicht und die Gutachter solide Arbeit leisten. Wenn sie das nicht tun, dann ziehen wir Konsequenzen. Wir haben aber bei dem in Rede stehenden Vorfall im Kernkraftwerk Unterweser keine Veranlassung, an der Qualität der Gutachter zu zweifeln.
Im Kern ist es natürlich richtig, dass ältere Anlagen im Zweifel durchaus darauf überprüft werden, ob sie die rechtlichen Voraussetzungen für ihren Weiterbetrieb noch erfüllen. In dem Moment, wenn das nicht mehr der Fall ist, sind Genehmigungen zu widerrufen oder ist ein Betrieb nicht mehr zulässig. Hier reden wir aber über Teile der Anlage, die man problemlos erneuern kann. Es gibt mindestens ein niedersächsisches Atomkraftwerk, in dem diese Stutzen vor einigen Jahren ausgetauscht worden sind, sodass zumindest dieser Teil nicht mehr in einer Ermüdungssituation ist, sondern sich revitalisiert hat. Im Kern kann man Ihre Frage also eingeschränkt mit Ja beantworten. Das hilft uns aber an dieser Stelle auch nicht weiter.
Herr Präsident, ich bin aber geneigt, sie trotzdem zu beantworten. Da Frau Harms durch ihren Beifall deutlich gemacht hat, dass sie die Logik in der Fragestellung unterstützt, muss ich ihren technischen Sachverstand sehr in Zweifel ziehen.
Ich kann die Frage einfach nur mit Nein beantworten.
Herr Präsident! Frau Harms, Ihre Fragestellung finde ich wirklich sehr beeindruckend. Sie nehmen auf, dass das nicht ganz entscheidend ist - das ist
meine Argumentation -, aber trotzdem widmen wir dem eine solch große Bedeutung. Sie argumentieren, das sei ein Widerspruch in sich.
- Das weiß ich. Natürlich.
- Nein, ich spiele das gar nicht herunter. Wir haben hier jedoch die Situation, dass ein technisch relevantes Problem von Ihnen zum Politikum gemacht wird, und zwar unter Beteiligung des BMU.
Das ist kein Problem. Das sind wir gewohnt. Das ist ja nicht neu. Das ist ein schönes Zusammenspiel - übrigens unter Ignorierung der rechtlichen Zuständigkeiten. Aber das ist völlig egal; das ist gar nicht mein Thema.
Tatsache ist: Wir stellen fest, da ist ein technisches Problem, und unter Gesichtspunkten der Vorsorge sorgen wir dafür, dass dieses technische Problem beseitigt wird, und zwar nicht nur im Atomkraftwerk Unterweser, sondern, wenn es auch woanders vorhanden sein sollte, auch in den anderen niedersächsischen Kraftwerken, für die wir die Aufsicht haben. Da wir nicht sicher sind, ob dieses Problem auch in anderen Bundesländern auftritt, haben wir - obwohl wir dazu rechtlich überhaupt nicht verpflichtet sind - den BMU unterrichtet mit der Bitte, auch in den anderen Ländern entsprechende Prüfungen zu veranlassen. Wie kommt man einer solchen Bitte um Prüfung nach? - Man informiert die Reaktorsicherheitskommission und bittet, das Thema dort zu besprechen. Das ist der normale Weg im Umgang mit einem Problem in diesem Sektor.
Wir überprüfen jetzt genau anhand der Protokolle und Begutachtungen und im Zweifel durch Schallmessungen und werden im Zweifel, wenn es sich als relevant herausstellt, dass etwas ausgetauscht werden muss, dafür sorgen, dass die entsprechenden Stellen herausgeschnitten werden. Das ist ein ganz normaler Vorgang.
Es ist völlig klar, dass im Fall einer Leckage die Anlage abgeschaltet und die Wärme abgeführt würde. Das war ja auch die Frage Ihrer Vorrednerin.
So ist die Anlage ausgelegt. Deshalb stimmt die Unterstellung, dass hier das Thema Radioaktivität in die Debatte gebracht werden kann, von vorne bis hinten nicht. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen. Sie versuchen hier den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Das halte ich politisch für ein Problem.
Herr Kollege Hagenah, da ist nicht durch Zufall etwas entdeckt worden, sondern in Anwendung des kerntechnischen Regelwerks ist eine Maßnahme, die in knapp einem halben Jahr fällig gewesen wäre, jetzt schon vorgezogen worden. Dieser Stutzen wurde vor sieben Jahren das letzte Mal geprüft. Das kerntechnische Regelwerk ist so ausgelegt, dass die Prüfungen reihum durchgeführt werden. Vor zwei Jahren waren andere dran. Bisher lagen sämtliche Belastungen und Dehnungen so weit unterhalb der Registriergrenze - so heißt das, wenn ich das richtig erinnere -, dass keine Veranlassung bestand, dem weiter Aufmerksamkeit zu widmen. Ich habe aber schon ausgeführt, dass es auch in einem halben Jahr kein Problem gewesen wäre, weil die Festlegung der Prüfungszeiträume auf soliden Berechnungen über Veränderung des Materials basiert.
Jetzt können Sie sagen: Es hat sich aber gerade gezeigt, dass die Techniker überrascht sind. Das ist sicherlich richtig. Aber einmal unterstellt, dass Ihre Befürchtung wahr wird und ein Worst case eintritt, wir also nicht nur einen Anriss, sondern gar eine Leckage haben, aus der etwas austreten kann, dann passiert das, was ich in meiner letzten Antwort gerade gesagt habe: Dann schaltet die Anlage ab, und die Techniker müssen das Problem lösen. Vor diesem Hintergrund haben wir ein ernsthaftes technisches Problem, das in allen deutschen Atomkraftwerken geprüft werden muss. Wir haben aber keinen Anlass, im Zusammenhang damit Umweltund Gesundheitsfragen sowie andere Fragen von hoher Brisanz zu diskutieren.
Ob wir deshalb andere AKWs in Niedersachsen abschalten? - Ich glaube, um den Preis hoher rechtlicher Konsequenzen wäre das theoretisch denkbar. Einen sachlichen Grund dafür sehe ich allerdings noch nicht. Wenn Sie ihn mir aber geben, werden wir ihn gern prüfen.
Frau Steiner, ich hatte darauf hingewiesen, dass dieses Vorkommnis zu Beginn der letzten Woche erstmalig entdeckt worden ist und seitdem mit Akribie verfolgt worden ist. Es ist den Bundesbehörden gemeldet worden mit der Bitte zu veranlassen, auch in anderen Ländern bei sämtlichen Betreibern solche Überprüfungen vorzunehmen. Bei allem Respekt vor der Beschleunigung von Verfahren und der technischen Kompetenz unserer Fachleute und der Fachleute in anderen Ländern muss ich Ihnen leider mitteilen, dass diese Überprüfung bis heute noch nicht abgeschlossen worden ist.
Frau Kollegin Harms, das Atomkraftwerk Unterweser wird von der zuständigen Aufsichtsbehörde in aller Schärfe untersucht. Dies gilt für die anderen Atomkraftwerke aber auch. An dieser Stelle darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.
Herr Kollege Klein, zunächst einmal müssen wir genau wissen, welches die Gründe für die beim AKW Unterweser festgestellten Anrisse sind. Die Übertragbarkeit auf die anderen Kraftwerke muss ja an dem Vorkommnis beim AKW Unterweser gemessen werden. Das ist noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass es insgesamt sicherlich Wochen dauern wird. Die einzige wichtige Frage für uns ist doch die, ob
gewährleistet ist, dass diese Arbeiten solide abgeschlossen werden können und das Atomkraftwerk Unterweser nicht vorher schon ans Netz geht. Diese Frage habe ich Ihnen abschließend beantwortet. Wenn sich an den anderen Standorten zeigt, dass vergleichbare Dinge aufgetreten sind, dann muss dort geprüft werden, welche Konsequenzen jeweils zu ziehen sind. Diese Frage können wir aber erst dann abschließend beantworten, wenn uns in einigen Wochen alle Details vorliegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in dem Antrag der Fraktion der Grünen zum Ausdruck kommende Besorgnis wird von mir vollständig geteilt. Wir haben hier eine Altlast, mit der angemessen umzugehen ist. Es kommt den Grünen darauf an, dass das transparent läuft. Dass der Ausschuss den Antrag der Fraktion der Grünen jetzt ablehnt, interpretiere ich so, dass es ihm nur darum geht, das Verfahren nach Bergrecht nicht im Nachhinein zu konterkarieren, weil aus einem atomrechtlichen Verfahren keine erweiterte Transparenz hervorgehen würde und das Ganze vor dem Hintergrund dessen, wie es bisher gelaufen ist, eher kontraproduktiv wirken könnte.
Was ansonsten in dem Antrag der Fraktion der Grünen steht, nämlich die Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit, teile ich uneingeschränkt. Wir haben in dem Rahmenbetriebsplan entsprechende Auflagen gemacht, um das zu gewährleisten. Inzwischen können Details im Internet abgerufen werden. Vor wenigen Wochen hat es wieder eine größere öffentliche Veranstaltung gegeben. Ich gehe davon aus, dass vonseiten der Betreiber diese Politik, die sich in den letzten Monaten auch durch die Landtagsdebatte deutlich verändert hat, und diese Art der Informationsarbeit fortgesetzt wird. Ansonsten werden wir durch die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dazu beitragen, dass das so bleibt.
Deshalb ist die Ablehnung des Antrags keine Aufforderung zum Nichtstun, sondern ich sichere hier
zu, dass alles, was in diesem Antrag zur Frage der Informationspolitik und zur Sensibilität im Umgang mit dem Thema steht, vonseiten des Umweltministeriums weiterhin gewährleistet wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier gerät einem ja das ganze Weltbild durcheinander. Mitten im Vorwahlkampf solche Beiträge, bei denen man nur noch zustimmend nicken kann - das ist nicht in Ordnung!
Ich habe, nachdem ich mich vor drei Jahren mit Hedwig Pruin duzen musste,
weil sich das auf der Fahrt nach Brüssel so ergab, vor einem Dreivierteljahr den Abstand wieder hergestellt, weil sie mich ununterbrochen hochgradig geärgert hat, wie viele im Hause wissen, und habe ihr faktisch das Du entzogen. Aber nach diesem Auftritt bin ich sprachlos; ich muss es wieder hergeben.
Ich habe vor kurzem auf die Frage, ob mir mein Amt Spaß mache, gesagt, ich sei überhaupt nicht amtsmüde. Jetzt, ohne Hedwig Pruin, muss ich mich vollkommen neu motivieren und neu sortieren in diesem Hause.
- Da kannst du aber sicher sein, dass ich das noch muss. Das ist der einzige Gefallen, den ich dir heute nicht tue, das kannst du mir glauben.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben hier ein ganz wichtiges Thema zu einem guten Abschluss gebracht. Das zeigt der Beitrag von Hedwig Pruin, das zeigen aber auch die Veranstaltungen, die in der letzten Zeit stattgefunden haben. Zum einen hat der Nationalparkbeirat diskutiert und diesem Projekt einvernehmlich die Zustimmung gegeben. Dann hat - Hedwig Pruin hat eben darauf hingewiesen - in dieser Woche ein Treffen der Inselbürgermeister stattgefunden. Wir alle wissen, dass das bei diesem Thema der härteste Brocken war.
- Aber in diesem Zusammenhang gilt natürlich auch mein Satz - wenn der Kollege Haase mal weghört -: Wir können ja nicht auf jede kleine Gemeinde Rücksicht nehmen.
Ich muss nächste Woche auf dem Kaufmannsmahl reden; da gibt es wieder einen auf die Mütze für mich. Aber das kriegen wir schon hin.
Zurück zur Sache. Wir haben, als wir hier die erste Beratung hatten, noch über die vielen Einwände diskutiert, die beispielsweise in einem Schreiben der Inselgemeinde Borkum vorgetragen worden sind. Mit der Rede eben und mit der Zustimmung der Gemeinde Borkum zu dem, was die Bürgermeister diese Woche verabredet haben, ist klar geworden, dass die inhaltlichen Vorbehalte ausgeräumt sind. Das ist auch mit der Beschlussempfehlung, die Ihnen jetzt vorliegt, deutlich geworden. Es geht um die Grenzen des Nationalparks, es geht darum, dass keine zusätzlichen Erschwernisse auftreten, z. B. auch in Bezug auf die Frage von Genehmigungen. Auch darüber haben wir in Wilhelmshaven gesprochen.
Ich möchte gerne noch einen offenen Punkt zum Thema machen. Ganz, ganz wenige, die sich für oberste Naturschützer halten, machen uns in der Region bei jeder Gelegenheit Schwierigkeiten und bereiten anderen Naturschützern im Lande nicht unbedingt Freude. Ich sage das in aller Deutlichkeit, ohne hier die Namen zu Protokoll geben zu wollen, denn das verdienen sie nicht. Sie haben in Brüssel ein Beschwerdeverfahren anhängig gemacht. Ich bin sehr sicher, dass wir gegenüber der Europäischen Kommission diese Kritik und die Vorbehalte alle ausräumen werden. Es gelten die hier im Landtag beschlossenen Grundlagen. Es gibt überhaupt keine Veranlassung, das, was Knake auf den Weg gebracht hat, auch nur irgendwie zur Berücksichtigung zu bringen.
Das Thema Nationalpark ist inhaltlich abschließend behandelt. Das Thema Weltnaturerbe wird auf der Basis des geltenden Nationalparkgesetzes entwickelt. Das stehen wir durch, weil es sachgerecht ist. Daran wird im Nachhinein überhaupt nicht mehr herumgefummelt.
Wir haben die heute vorliegende Beschlussfassung extra angepasst, um den Einwänden, die von verschiedenen Seiten - Naturschutz, Hafenwirtschaft, Inseln - vorgetragen worden sind, Rechnung zu tragen. Was von den Inselgemeinden und auch vom Nationalparkbeirat gefordert wird, ist, dass wir keinen Alleingang unternehmen. Aber, meine Damen und Herren, auch das ist selbstverständlich und von Anfang an mitgeteilt worden. Die Anerkennung durch die UNESCO ist nur dann möglich, wenn das gesamte Gebiet von allen politisch verantwortlichen Gremien beantragt wird.
Deshalb nehme ich den Beschluss des Landtags jetzt mit auf den Weg. Wir werden in den nächsten Wochen einen Kabinettsbeschluss fassen. Ich habe dem Kollegen Müller in Schleswig-Holstein schon angekündigt, dass wir das in diesem Jahr abschließen werden. Er hat sich darüber gefreut. Es ist dann seine Sache, das im nächsten Halbjahr umzusetzen. Er hat mir zugesagt, dass er das machen will. Dann hätten wir den deutschen Teil erledigt. Das wird ein Signal sein, insbesondere nach Dänemark, wo die politischen Verhältnisse im Moment etwas komplizierter sind, was dieses Thema angeht.
Ich gehe davon aus, dass wir zu Beginn des Jahres 2004 die Anmeldung in Paris vornehmen können. Die letzten Veranstaltungen in den nächsten Wochen und die Informationen, die wir dort zur Verfügung stellen können, werden vielleicht die einen oder anderen einzelnen Kritiker in der Region noch hinreichend beruhigen. Ich bedanke mich bei denen, die bei mir im Haus, hier im Landtag, aber auch in der Region in der Sache mitgestritten haben - Hedwig, am meisten natürlich bei dir; das ist klar -, und freue mich, dass wir dieses Thema heute mit dem Beschluss im Landtag zu Ende bringen können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niedersachsens Moore sind sagenumwoben und geheimnisvoll. Wer sie gesehen hat, der weiß, wovon ich spreche.
Wie das Hochgebirge oder das Wattenmeer sind sie zu Urzeiten entstanden. Die Menschen haben sie über Jahrhunderte genutzt, um zu überleben. Von den ehemals riesigen Mooren im Nordwesten unseres Landes sind uns nur wenige geblieben. Es ist also unsere Aufgabe, sie zu schützen.
Worüber reden wir? Über die Flächen, die unter das Moorschutzprogramm fallen? Oder über die Vorrangflächen für den Torfabbau im LandesRaumordnungsprogramm?
Oder reden wir über alle Flächen, deren Boden aus Torf besteht?
Fangen wir mit dem Moorschutzprogramm an, Frau Kollegin. Es ist im Wesentlichen in den 80erJahren entwickelt worden und hat zwei Ziele. Das erste Ziel ist: Die wertvollsten Moore in Niedersachsen sollen gesichert werden. Das sind 96 Hochmoorkomplexe mit einer Gesamtfläche von rund 50 000 ha. Mehr als 42 000 ha sind bereits unter Naturschutz gestellt. Für tausende weitere Hektar wird die Ausweisung als Naturschutzgebiet vorbereitet; das Gebiet „Esterweger Dose“ steht unmittelbar vor dem Abschluss. Ich sage dies nur, um deutlich zu machen, Frau Kollegin Steiner, dass Ihre Gesamteinschätzung, die Sie hier verbreitet haben, nicht der Realität entspricht. In allen diesen Naturschutzgebieten wurde nicht nur der Kern des Hochmoores geschützt, sondern auch die Randbereiche wurden einbezogen. Nicht vergessen sollten wir die 150 kleinen Hochmoore, die über § 28 a Naturschutzgesetz vor Veränderungen bewahrt bleiben.
Das zweite Ziel des Moorschutzprogramms ist: Abgetorfte Flächen sollen renaturiert werden. Mindestens 31 000 ha sollen nach dem Torfabbau renaturiert und als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Auch hier machen wir gute Fortschritte. Mindestens 10 000 ha abgetorfte Fläche sind wieder vernässt und beginnen sich zu renaturieren. Dabei wird die Zusammenarbeit mit der Torfindustrie meistens durchaus positiv bewertet. Für viele Flächen, die sich im Augenblick noch in der industriellen Abtorfung befinden, ist die Renaturierung nach dem Abbauende bereits jetzt gesichert. Zusätzlich bemüht sich das Land derzeit um ein Forschungsprojekt. Wir wollen Wege finden, wie
sich die Torfmoose noch schneller ansiedeln lassen. Damit könnten abgetorfte Flächen noch besser renaturiert werden, und Torfmoose könnten als nachwachsender Rohstoff durchaus interessant werden.
Die Zahlen, die ich Ihnen genannt habe, sind aus dem vergangenen Jahr. Ich meine, diese Bilanz kann sich sehen lassen und macht eines klar: Es gibt überhaupt keinen Grund, hier ein Klagelied anzustimmen. Die wertvollsten Hochmoore in Niedersachsen bleiben erhalten und mit ihnen die typische Pflanzenwelt und der Lebensraum vieler Tierarten.
Das gilt auch, wenn ich nun vom Moorschutzprogramm zu den Vorranggebieten für den Torfabbau im Landes-Raumordnungsprogramm komme. Hier sind keine neuen Vorranggebiete hinzugekommen, sondern viele sind weggefallen. Ich gebe zu, an einigen Vorranggebieten hatte die Torfwirtschaft selbst kein Interesse mehr, weil sich ein Abbau dort nicht mehr lohnt.
Andere Flächen aber, die für den Rohstoffabbau durchaus interessant gewesen wären, beispielsweise die Gebiete 37 und 58, wurden dem Torfabbau entzogen. Hier gab es gewichtige Argumente des Naturschutzes. Diesen Argumenten ist die Landesregierung gefolgt. In Zahlen heißt das: Die Vorrangflächen von insgesamt 53 000 ha im LandesRaumordnungsprogramm 1994, damals von RotGrün beschlossen, Frau Steiner, sind auf jetzt 22 000 ha geschrumpft. Das ist ein positives Signal. Vielleicht nehmen auch Sie das zur Kenntnis.
Ich möchte noch einmal herausstellen: Es werden keine neuen Vorranggebiete festgelegt. Die Vorranggebiete, die von den Grünen kritisiert werden, zielen weniger auf den Moorschutz als vielmehr auf den Grünlandschutz ab. Das Umweltministerium hätte den Vorrang für den Naturschutz auf einigen dieser Flächen durchaus begrüßt. Hierbei handelt es sich überwiegend um Grünland, das für den Vogelschutz von großer Bedeutung ist. Es geht aber nicht um Moorschutz in engerem Sinne. In sechs Vorranggebieten sind die konkurrierenden Nutzungsansprüche besonders groß. Deshalb sollen hier jeweils Gebietsentwicklungskonzepte aufgestellt werden. Ich halte es für einen vernünftigen