Protocol of the Session on September 26, 2002

Meine Damen und Herren, guten Morgen. Ich eröffne die 117. Sitzung im 44. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 14. Wahlperiode.

Ich habe gerade mitgeteilt bekommen, dass die Anlage bisher nicht fehlerfrei funktioniert.

(Adam [SPD]: Das können wir bestä- tigen!)

Zur heutigen Tagesordnung: Wir beginnen die Sitzung mit der Fragestunde, dem Tagungsordnungspunkt 34. Danach folgt der Tagesordnungspunkt 2 mit der Fortsetzung der Eingabenberatung; wir besprechen hier die strittigen Eingaben. Anschließend erledigen wir die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge der Tagesordnung.

Die heutige Sitzung soll gegen 11.40 Uhr enden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilung durch die Schriftführerin.

Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Innenminister Bartling ab 10.15 Uhr und von der SPD-Fraktion Herr Wendhausen.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 34: Mündliche Anfragen - Drs. 14/3685

Es ist 9.02 Uhr.

Der Abgeordnete Wegner stellt die

Frage 1: Verwaltungskostenersparnis durch Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes?

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 21. Juni 2002 hat der Bundesrat dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes zugestimmt. Damit wird den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, die Fahrzeugzulassung davon abhängig zu machen, dass keine Kraftfahrzeugsteuerrückstände bestehen und der Halter eine Einzugsermächtigung für diese Steuer erteilt.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird die zwangsweise Einziehung der großen Zahl von Kraftfahrzeugsteuerrückständen als sehr verwaltungsaufwändig beschrieben, weil bei der Beitreibung der überwiegend geringen Rückstände die Kosten des Personaleinsatzes in keinem Verhältnis zur Höhe der einzutreibenden Steuerschuld stehen. Die Bundesländer können daher künftig die Fahrzeugzulassung davon abhängig machen, dass im Falle der Steuerpflicht eine Ermächtigung zum Einzug der Steuer von einem Konto des Fahrzeughalters erteilt worden ist; im Falle der Steuerfreiheit müssen deren Voraussetzungen vor der Zulassung nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden. Damit ist die künftige Steuerschuld zwar noch nicht realisiert, doch kann in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle davon ausgegangen werden, dass die Zahlung ordnungsgemäß erfolgt und eine zwangsweise Einziehung nicht notwendig wird. Ergänzend wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, die Fahrzeugzulassung zu verweigern, wenn für den Halter Kraftfahrzeugsteuerrückstände bestehen.

Die genannten Druckmittel sollen Steuerausfälle und Zinsverluste mindern sowie die Landeshaushalte durch Einsparung von Verwaltungskosten entlasten. In ihrer zustimmenden Gegenäußerung zu dem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung dieses Anliegen grundsätzlich begrüßt, zugleich jedoch Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit geltend gemacht, weil insbesondere in den Flächenländern der Verwaltungsaufwand verhältnismäßig hoch sein dürfte. Von der Neuregelung können die Landesregierungen durch Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung Gebrauch machen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hält sie die Neuregelung für sinnvoll, und wird sie von der Verordnungsermächtigung Gebrauch machen?

2. Falls ja, welchen Zeitplan hat sie für den Erlass und die Umsetzung dieser Verordnung?

3. Ist eine mögliche Kostenersparnis durch die neue Regelung heute bereits konkretisierbar?

Die Antwort erteilt Herr Finanzminister Aller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nehmen, kurz eine Antwort richtig zu stellen, die ich auf eine Anfrage zu P 53 in einer der letzten Plenarsitzungen gegeben habe. Ich habe den Präsidenten schriftlich davon unterrichtet, dass nach Aufklärung des Sachverhalts meine Antwort im Rahmen dieser Fragestunde, dass die fehlerhafte Berechnung von Abgeordnetendiäten nicht im Zusammenhang mit P 53 gestanden hat, nach Aufklärung des Sachverhalts nicht richtig war. Ich habe das ausführlich schriftlich dargelegt. Dieses Schreiben ist inzwischen offensichtlich allen Abgeordneten zugegangen. Die Einzelheiten sind daraus zu entnehmen. Ich entschuldige mich dafür, dass das seinerzeit nicht richtig dargestellt worden ist.

(Zustimmung bei der CDU - Adam [SPD]: Herr Minister, mir haben die Überweisungen gefallen!)

- Ich weiß, dass Herr Adam besonders betroffen war, weil er fälschlicherweise eine sechsstellige Summe überwiesen bekommen hat, die er leider nicht behalten durfte.

(Adam [SPD]: Das war schön! Ein tolles Gefühl!)

Da wir das aber umgehend korrigieren konnten, ist das aus der Welt.

Das Haus nimmt Ihre Ausführungen dankbar zur Kenntnis. Bitte beantworten Sie jetzt die Frage.

Ich komme jetzt zur Beantwortung der Frage des Kollegen Wegner. Das am 9. August 2002 in Kraft

getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ermächtigt die Länder - wie Herr Wegner dargestellt hat -, durch Rechtsverordnung Aufgaben des Besteuerungsverfahrens im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer auf die kommunalen Zulassungsbehörden mit den in der Anfrage aufgezeigten Möglichkeiten zu übertragen. Die erweiterte Verordnungsermächtigung ist auf Initiative des Landes Berlin verabschiedet worden, das auch als erstes Bundesland die neuen Möglichkeiten zum 1. Januar 2003 nutzen wird.

Die Frage, welche Möglichkeiten Niedersachsen hat, diese Übertragung auch zu vollziehen, ist vor dem Hintergrund zu bewerten, dass Niedersachsen kein Stadtstaat, sondern ein Flächenland ist. Strukturell gesehen handelt es sich bei der KfzSteuer um eine Steuerart, die durch folgende Eckdaten in Niedersachsen gekennzeichnet ist: Der Anteil der Kfz-Steuer am Gesamtsteueraufkommen betrug 2001 in Niedersachen etwa 3,7 %. Insgesamt handelt es sich um 862 Millionen Euro. Das ist ein nicht unerheblicher Betrag. Die Rückstände der Kfz-Steuer bilden mit 24 Millionen Euro 1,3 % der Gesamtrückstände im Steuerbereich des Landes.

Zu den Relationen: Es gibt ca. 5 Millionen Fahrzeugzulassungen in Niedersachsen. Dem stehen gut 200 000 Kfz-Rückstandsanzeigen gegenüber. Das entspricht einer Quote von 96 % Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, bei denen es keine Probleme mit der Kfz-Steuer gibt.

Für die Beitreibung werden trotzdem erhebliche personelle Ressourcen gebunden. Die 200 000 Kfz-Rückstandsanzeigen bilden etwa 31,5 % der gesamten Rückstandsanzeigen. Das war Gegenstand der Frage des Kollegen Wegner.

Das Gesetz setzt an diesem Punkt mit dem Ziel an, den Aufwand für Beitreibungen zu reduzieren. Die neue Verordnungsermächtigung räumt die Möglichkeit ein, die Fahrzeugzulassung von der Erteilung einer Einzugsermächtigung abhängig zu machen. Die übrigen Bedingungen sind in der Anfrage dargestellt. Beide eingeräumten Möglichkeiten können das Erhebungsverfahren optimieren. Im Stadtstaat Berlin mit einem zentral zuständigen Finanzamt für Kraftfahrzeugsteuer und zwei Zulassungsstellen ist die Ausgangslage vergleichsweise günstig. In dem Flächenland Niedersachsen mit 43 kommunalen Zulassungsstellen und Finanzämtern mit Kraftfahrzeugsteuerstellen ist die Situation deutlich anders. Eine Umsetzung des Erhe

bungsverfahrens analog Berlins in Niedersachsen würde darum erhebliche organisatorische und technische Anforderungen mit sich bringen, die auch mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunen besprochen werden müssen.

Dies wird bereits daran deutlich, dass die gesamte Datenverarbeitung in den 43 Landkreisen und kreisfreien Städten, die zurzeit mit 23 unterschiedlichen AdV-Verfahren durchgeführt wird, angepasst werden müsste. Nach meinem Verständnis müsste sichergestellt werden, dass das Zulassungsverfahren bürgerfreundlich, effizient und insgesamt kostengünstiger ausfallen müsste als das jetzige Verfahren.

Die Landesregierung ist trotz der Bedenken, die ich eben geäußert habe, der festen Überzeugung, dass auf Dauer nicht hingenommen werden kann, dass de facto eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kraftfahrzeughaltern, nämlich rund 200 000, bei der Steuerbeitreibung Probleme bereiten und zusätzliche Kosten bewirken.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung hält die Neuregelung für einen interessanten Ansatz zur bürgerfreundlichen und effizienten Erhebung der KfzSteuer. Ob von der Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht werden sollte, wird zurzeit vom Finanzministerium in enger Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium und dem Innenministerium geprüft. Auf jeden Fall werden die kommunalen Spitzenverbände einbezogen. Diese Prüfung wird auch erste Erkenntnisse aus dem Land Berlin berücksichtigen.

Zu Frage 2: Ein konkreter Zeitplan für den Erlass einer Verordnung und deren Umsetzung besteht derzeit noch nicht. Erkenntnisse des Landes Berlin auch schon im Vorverfahren sollen in Niedersachsen einfließen.

Zu Frage 3: Ob eine Kostenersparnis insgesamt erreicht werden kann, hängt im Wesentlichen von den Kostenermittlungen zur IT-Ausstattung und zur Personalstruktur sowie davon ab, wie die Serviceleistungen von Land und Kommunen organisiert werden sollen. Auf keinen Fall ist vorgesehen, das Land dadurch zu entlasten, dass die Aufgabe schlicht auf die Kommunen abgewälzt wird, sodass die Kosten, die derzeit ermittelt werden, dann bei den Kommunen aufträten.

Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur

Frage 2: Finanzlage der niedersächsischen Kommunen

Herr McAllister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kommunale Selbstverwaltung in Niedersachsen ist gegenwärtig durch die dramatische Finanzlage der Kommunen bedroht. Die ohnehin seit Jahren stark angespannte Finanzsituation der niedersächsischen Kommunen hat sich im Jahr 2001 und in der ersten Jahreshälfte 2002 dramatisch verschlechtert. Nach einer aktuellen Erhebung des Landesamtes für Statistik gibt es in Niedersachsen mit Ausnahme des Landkreises Northeim keinen schuldenfreien Landkreis.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch sind die Kreditmarktschulden der Städte, Gemeinden und Landkreise in Niedersachsen seit 1990?

2. Welche Landkreise, kreisfreien Städte und großen selbständigen Städte in Niedersachsen sind gegenwärtig schuldenfrei?

3. Welche Einnahmeausfälle für die niedersächsischen Kommunen ergeben sich infolge der Umsetzung des rot-grünen Steuersenkungsgesetzes 2001 und aus der schrittweisen Anhebung der Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder bis zum Jahr 2005?

Die Antwort erteilt Innenminister Bartling.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte zu der Anfrage des Kollegen McAllister die folgende Vorbemerkung. Es ist überhaupt nicht zu verhehlen, dass sich die niedersächsischen Kommunen in einer ungeheuer schwierigen finanziellen Lage befinden. Dazu hat es in diesem Hause schon viele Debatten gegeben.

Das Thema Kassenkredite ist behandelt worden. Auch über den Finanzausgleich, über die Bedarfszuweisungen und über die kommunale Finanzlage allgemein wurde gesprochen. Wenn aber nun die Fragen nach den Kreditmarktschulden einen Beitrag zur Darstellung der Bedrohlichkeit der kommunalen Finanzlage darstellen sollen, dann sind sie - so völlig aus dem Zusammenhang gerissen – dafür nicht geeignet. Die Kreditmarktschulden steigen nämlich in keiner Weise dramatisch. Diese Zahlen sind auf keinen Fall so, dass sie zu spektakulärer Erregung Anlass bieten. Aber es bereitet mir natürlich Sorgen, dass den niedersächsischen Kommunen ein Schuldenabbau nicht gelingt.