Guten Morgen, meine Damen und Herren. Ich eröffne die 114. Sitzung im 43. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 14. Wahlperiode. Die Beschlussfähigkeit werde ich, wie gewohnt, zu gegebener Zeit feststellen.
Zur heutigen Tagesordnung nur ganz kurz: Wir beginnen die heutige Sitzung mit der Fragestunde, dem Tagesordnungspunkt 35. Danach setzen wir die Behandlung des Tagesordnungspunktes 3 mit der Beratung der strittigen Eingaben fort. Anschließend erledigen wir die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge der Tagesordnung.
Die heutige Sitzung soll gegen 16.40 Uhr enden, sofern die Fraktionen nicht im Laufe des Tages zu anderen Absprachen kommen.
- Wenn es ganz dringende Geschäfte gibt, Herr Kollege Rolfes und Herr Kollege Möllring, dann gehen Sie bitte nach draußen!
Frage 1: Erörterungstermin zum geplanten Neubau einer Autobahn A 38 - Lärmbelastung in der Gemeinde Friedland
Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Unterlagen, die von der Bezirksregierung Braunschweig anlässlich des letzten Erörterungstermins zum geplanten Neubau einer Autobahn A 38 ausgelegt wurden, wird behauptet, dass die Ortschaft Reckershausen, die exemplarisch auch für andere steht, mit keiner Lärmbelastung zu rechnen habe, die die zulässigen Grenzwerte überschreite. Grundlage dieser Aussage sind offensichtlich Mittelungswerte der üblichen Berechnungsverfahren. Eine Ermittlung der tatsächlichen Lärmbelastung bei verschiedenen Wind- und Witterungsverhältnissen hat das Landesamt für Straßenbau im Rahmen des Erörterungstermins abgelehnt.
Nach Erkenntnissen des Bundesministeriums für Verkehr kann die tatsächlich gemessene Lärmbelastung am Ohr eines Anwohners aber um 10 bis 20 dB(A) höher sein als der Mittelungspegel. Da es sich um eine logarithmische Funktion handelt, entsprechen diese Werte einem Vielfachen der berechneten Lärmbelastung.
In der Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 16. September 1998 wird festgelegt, dass bei der Beurteilung von Fluglärm „die tatsächlich empfundene Belästigung“ zugrunde gelegt wird. Gleiche Rechte billigt das Landesamt für Straßenbau den von Straßenlärm Betroffenen bzw. künftig Betroffenen offensichtlich nicht zu.
1. Wie hoch wird die tatsächlich gemessene Lärmbelastung der Ortschaft Reckershausen bei Westwind nach Ansicht der Landesregierung im Jahr 2015 sein, wenn die A 38 so gebaut und genutzt würde, wie in den Planfeststellungsunterlagen geplant? - Tag- und Nachtwerte wären hier von Interesse.
2. Ist die Landesregierung bereit, durch geeignete Beweissicherungsverfahren sicherzustellen, dass die tatsächlich gemessene Lärmbelastung in Reckershausen bei verschiedenen Witterungsverhält
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute wieder einmal mit der Planung eines wichtigen Bundesautobahn-Projektes - der A 38 -, dessen zügige Realisierung bis spätestens Ende 2005 auf Bundesebene in Abstimmung mit den betroffenen Ländern längst beschlossene Sache ist.
Die ab 2005 durchgängig befahrbare A 38 wird zukünftig die Oberzentren Halle und Leipzig im Osten mit den Oberzentren Göttingen und Kassel im Westen verbinden. Sie ist insgesamt ca. 183 km lang. Hiervon liegen lediglich rund 11,3 km in Niedersachsen. Der überwiegende Streckenanteil verteilt sich also auf unsere Nachbarländer Thüringen und Sachsen-Anhalt. Außerdem liegt ein kleines Teilstück in Hessen.
Die A 38 wird neben den Autobahnen A 2 und A 4 von besonderer Bedeutung für den wachsenden europäischen Ost-West-Fernverkehr sein. Gerade diesem Aspekt ist im Hinblick auf die EUOsterweiterung besondere Bedeutung beizumessen.
Mit der Realisierung der A 38 wird eine deutliche Stärkung der Wirtschaftskraft und eine deutliche Stärkung der Regionen im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze in Südniedersachsen, Nordhessen, Nordthüringen und Sachsen-Anhalt erzielt. In der verkehrs- und wirtschaftspolitischen Diskussion um das Projekt besteht daher auch auf Länderebene Konsens hinsichtlich der großen Bedeutung dieses Projektes. Dies wurde zuletzt in der gemeinsamen Sitzung der Kabinette von Niedersachsen und Thüringen im vergangenen Jahr deutlich.
Der Bund als Baulastträger hat die hohe Priorität des „Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 13“ durch die Bereitstellung von umfangreichen Baumitteln unterstrichen. Die Planungen und Bauarbeiten sind dementsprechend in allen Bundeslän
dern auf gutem Weg, sodass die komplette Fertigstellung der A 38 von der A 7 in Niedersachsen bis zur A 9 in Sachsen-Anhalt bis spätestens Ende 2005 erreicht wird.
Herr Wenzel, Sie werfen nun in Ihrer Anfrage der Straßenbauverwaltung vor, die zukünftige Lärmbelastung in Reckershausen falsch zu ermitteln. Dieser Vorwurf ist haltlos. Ich begründe es Ihnen.
Zwingende gesetzliche Grundlage für die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen beim Bau oder bei der wesentlichen Änderung von Straßen sind die §§ 41 und 42 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974 in der Fassung vom 14. Mai 1990 in Verbindung mit der aufgrund des § 43 BImSchG erlassenen „16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die so genannte Verkehrslärmschutzverordnung vom 12. Juni 1990.
In § 1 wird der „Anwendungsbereich“, definiert. Danach ist diese Regelung für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen heranzuziehen. Für Fluglärm gelten hingegen andere Bestimmungen, die hier gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzgebers keine Anwendung finden können.
Gemäß § 2 Abs. 1 ist zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche bei dem Bau oder einer wesentlichen Änderung sicherzustellen, dass der Beurteilungspegel einen der dort genannten Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet.
In § 3 mit dem Titel „Berechnung des Beurteilungspegels“ wird festgelegt, dass der Beurteilungspegel für Straßen nach der Anlage 1 dieser Verordnung mit dem Titel „Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen“ zu berechnen ist. Hinsichtlich des Berechnungsverfahrens wird in Anlage 1 auf die RLS 90, die so genannte Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990, verwiesen.
Zum Begriff des so genannten Mittelungspegels, den Sie ansprechen: Der Mittelungspegel dient der Kennzeichnung zeitlich veränderlicher Schallpegel durch nur einen Berechnungswert in Dezibel. In den Mittelungspegel gehen Stärke und Dauer jedes
Einzelgeräusches während eines bestimmten Beurteilungszeitraumes ein. Der Mittelungspegel entspricht also gerade nicht dem arithmetischen Mittelwert, wie Sie es offensichtlich interpretieren, sondern er berücksichtigt hervorgetretene Geräuschspitzen in besonderem Maße.
Fakt ist, dass bei der Planung der A 38 diese Bestimmungen in vollem Umfang beachtet wurden, mit dem Ergebnis, dass für den Ort Reckershausen die Immissionsgrenzwerte der 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung eindeutig nicht überschritten werden. Im Übrigen wurden alle Planungen bereits im Vorentwurfsstadium mit dem Bund als Baulastträger abgestimmt.
Die Vorwürfe sind damit gegenstandslos. Im Übrigen ist die Möglichkeit der Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit ja bekannt.
Zu 1: Wie hoch die tatsächlich gemessene Lärmbelastung der Ortschaft Reckershausen im Jahre 2015 sein wird, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Was ich Ihnen aber heute versichern kann, ist, dass die vom Gesetzgeber und vom Bund als Baulastträger der A 38 vorgegebenen Bestimmungen für die Beurteilung der künftigen Lärmbelastung in vollem Umfang beachtet wurden.
Zu 2 und 3: Ein Beweissicherungsverfahren ist vom Bundesgesetzgeber nicht vorgesehen. Die Landesregierung wird an dem mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen abgestimmten Planungen festhalten.
Frau Ministerin, Lärmminderungspläne nach § 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sehen die Aggregation verschiedener Lärmquellen vor. Ist in diesem Fall die vorhandene Lärmquelle durch die Bahnstrecke auch in Addition mit der noch zu bauenden Autobahn berücksichtigt worden?
Bei dieser Ermittlung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sind diese Geräuschentwicklungen mit berücksichtigt worden.
Frau Ministerin, neueste Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung zeigen, dass es eine Verbindung zwischen Abgasimmissionen und niederschwelligen Lärmwirkungen auf die Gesundheit von Kindern gibt, die an Asthma, Bronchitis und Neurodermitis leiden. Wie beurteilen Sie die von Ihnen vertretenen Grenzwerte und die neuen Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung?