Protocol of the Session on November 15, 2001

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 89. Sitzung im 35. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtags der 14. Wahlperiode und stelle zu gegebener Zeit die Beschlussfähigkeit fest.

Zur heutigen Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 17, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen - mit Ausnahme von Tagesordnungspunkt 22, der zurückgezogen wurde - in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 18.10 Uhr enden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen nun geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Entschuldigt haben sich für heute von der Landesregierung der Herr Finanzminister Aller, von der Fraktion der SPD Herr Endlein, Herr Mientus und Herr Wolfkühler.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 17: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor: a) International Neuroscience Institute (INI) - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 2872 - und b) Gewalt im Wendland ohne Folgen Landesregierung muss Verantwortliche belangen! Anfrage der Fraktion der CDU, Drucksache 2874.

Ich rufe die Spielregeln in Erinnerung: Jeder Abgeordnete kann nur bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Zu zählen sind die einzelnen Fragen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sein. Sie müssen zur Sache gehören und dürfen nicht auf andere Gegenstände ausgedehnt werden. Vor allem dürfen sie nicht verlesen werden.

a) International Neuroscience Institute (INI) - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2872

Wer trägt die Anfrage vor? - Herr Golibrzuch!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihre Unterstützung für die private Hirnklinik INI begründete die SPD-Landesregierung u. a. mit dem Hinweis, dass in der Einrichtung ein medizinischer Standard geboten werde, den die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) nicht vorhalte. Operationen im INI würden deshalb - so die Landesregierung weiter - auch nicht zulasten des Landesbetriebs MHH gehen, sondern neue und zusätzliche Privatpatienten nach Hannover locken.

Herr Kollege Golibrzuch, es ist offenbar akustisch schwierig, Sie zu verstehen.

(Fischer [CDU]: Wie gestern! - Wei- terer Zuruf: Es piept! Ein Mikrofon zu viel ist an!)

- Ist es jetzt besser? - Versuchen Sie es mal weiter!

Demgegenüber mehren sich jetzt die Hinweise, dass operative Eingriffe von der MHH ins INI verlagert werden sollen. Chef- und Oberärzte aus MHH und Nordstadtkrankenhaus, die offenbar gleichzeitig am INI tätig sind oder an einer Nebentätigkeitsgenehmigung interessiert sind, behaupten dabei, dass entsprechende Operationen ausschließlich am INI möglich seien. Von Krankenkassen eingeschaltete ärztliche Gutachter verweisen stattdessen darauf, dass es sich um neurochirurgische Eingriffe handele, die selbstverständlich auch in der MHH durchgeführt werden könnten. Auch niedergelassene Neurologen wenden sich an die Krankenkassen mit der Frage, ob die Patienten tatsächlich ernsthaft erkrankt seien oder ob nur Diagnosen in der Weise dargestellt würden, damit die „interessanten“ Fälle im INI behandelt werden könnten.

Als problematisch für die MHH erweist sich auch zusehends, dass die vom INI-Ideengeber Prof. Samii an der Hochschule besetzte Professur vom Wissenschaftsministerium nach wie vor nicht für ein neues Berufungsverfahren freigegeben worden

ist. Nicht ersichtlich ist dabei, welche „Präzisierungen“ des Ausschreibungstextes das Ministerium erwünscht hat und welche Ziele damit verfolgt werden sollen.

Als belastend für die MHH erweist sich auch, dass dringend notwendige Investitionen in die neurochirurgischen Operationssäle der Hochschule vom dortigen Vorstand mit Blick auf die ursprünglich geplante Kooperation mit dem INI zunächst einmal zurückgestellt worden sind. Innerhalb der MHH herrscht infolgedessen keine Klarheit darüber, wann die erforderlichen Baumaßnahmen nunmehr realisiert werden sollen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie beurteilt sie die offensichtliche Interessenkollision von Ärzten der MHH, die gleichzeitig am INI tätig sind, in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Medizinische Hochschule Hannover?

2. Wann und mit welchen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Ausschreibungstext wird sie ein neues Berufungsverfahren für die von Prof. Samii an der MHH gehaltene Professur freigeben?

3. Wie hoch ist der Investitionsbedarf in der neurochirurgischen Abteilung der MHH, und wann werden die notwendigen Baumaßnahmen realisiert?

Die Antwort erteilt Herr Wissenschaftsminister Oppermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Fragen des Kollegen Golibrzuch wie folgt:

Zu Frage 1: Der Landesregierung sind drei Chefärzte der MHH bekannt, die Genehmigungen für eine Nebentätigkeit am INI beantragt haben. In einem Fall ist die MHH nur marginal betroffen, da der betreffende Chefarzt an der Medizinischen Hochschule nur Forschungs- und Lehraufgaben wahrnimmt, also dort nicht klinisch tätig ist. In den beiden anderen Fällen wird die MHH im Rahmen ihrer Zuständigkeit prüfen, in welchem Umfang Genehmigungen für Nebentätigkeiten am INI erteilt werden können. Da im INI überwiegend An

gebote vorgehalten werden, die das Leistungsspektrum der MHH ergänzen, dürften sich für die MHH keine wirtschaftlichen Nachteile ergeben. Sollte dies wider Erwarten doch einmal der Fall sein, so wäre die Nebentätigkeitsgenehmigung, die unter einem entsprechenden Vorbehalt steht, zu widerrufen.

Zu Frage 2, zu den Berufungen: Die vom Senat der Medizinischen Hochschule eingesetzte Berufungskommission berät derzeit, ob die geänderte Konzeption des INI Änderungen des Ausschreibungstextes erfordert. Nach Beschlussfassung der Berufungskommission wird die Medizinische Hochschule dem Ministerium berichten. Damit ist laut Informationen des MHH-Vorstandes spätestens Mitte Dezember dieses Jahres zu rechnen. Danach wird das Ministerium die Stelle zur Wiederbesetzung freigeben.

Zu Frage 3: Die Geräteausstattung der Neurochirurgie und die für dieses Fach als Serviceeinrichtung wesentliche Neuroradiologie weisen einen Gerätebestand nach Anschaffungswerten von über 20 Millionen DM aus. Damit können die zurzeit jährlich rund 2 600 neurochirurgischen Patienten in den 76 Planbetten der Medizinischen Hochschule auf hohem Niveau versorgt werden.

In der Beschaffungsplanung für das Jahr 2002 ist eine Reihe von Großgeräten vorgesehen. Dazu kommen Baumaßnahmen. Bei den Baumaßnahmen ist mitzuteilen, dass die Medizinische Hochschule in den Jahren 1963 bis 1970 geplant, gebaut und in Betrieb genommen wurde. Nach dieser langen Zeit hat sich ein erheblicher Sanierungsbedarf angestaut, der zumeist im Zusammenhang mit Um-, Erweiterungsund Modernisierungsmaßnahmen befriedigt werden muss. Die im Bau befindlichen und geplanten Sanierungsvorhaben haben ein Volumen von annähernd 300 Millionen Euro. Zurzeit befinden sich mit Relevanz für die Neurochirurgie etwa 100 Millionen DM im Bau. Das betrifft insbesondere die OP-Sanierung und den zweiten Bauabschnitt der Intensivpflege.

Eine Zusatzfrage stellt Herr Golibrzuch.

Herr Minister, wie gedenkt die Landesregierung, bei Diagnosen, bei denen vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen die Notwendigkeit zur

Behandlung im INI bestritten wird, künftig die wirtschaftlichen Interessen der MHH zu wahren? Also wer beurteilt tatsächlich die Möglichkeit, ob es nur dort zu behandeln ist?

Herr Oppermann!

Das kann nicht die Landesregierung, sondern das können nur die Ärzte beurteilen. Sie erstellen eine Diagnose, nach der dann vorgegangen wird. Eine weitere Frage ist, wer die Kosten der Behandlungen trägt, die aus dieser Diagnose folgen. Aber damit hat die Landesregierung nichts zu tun. Wir werden uns auch in solche Diagnosen und deren Beurteilungen nicht einmischen.

(Zuruf von Golibrzuch [GRÜNE])

Herr Klein! - Nehmen Sie doch das Mikrofon.

Herr Minister, Sie sprachen die Möglichkeit an, die Nebentätigkeitsgenehmigungen zu widerrufen, wenn ein wirtschaftlicher Schaden eintritt. Meine Frage ist: Wie wollen Sie einen solchen wirtschaftlichen Schaden überhaupt vermeiden, wenn Sie Nebentätigkeitsgenehmigungen erteilen? Konkreter gefragt: Nach welchen Kriterien werden Sie beurteilen, ob ein wirtschaftlicher Schaden eingetreten ist?

Herr Oppermann!

Das wird der Vorstand der Medizinischen Hochschule im Einzelnen zu entscheiden haben. Er trifft auch die Entscheidung darüber, ob und welche Nebentätigkeitsgenehmigung nach Recht und Gesetz erteilt wird. Aber das Kriterium liegt eigentlich auf der Hand. Ein wirtschaftlicher Schaden entsteht natürlich dann, wenn in der entsprechenden Abteilung die Umsatzerlöse bei gleich bleibenden Kosten sinken. Insofern ist der Vorstand sicherlich klug beraten, wenn er den bisherigen

Umsatz bzw. die bisherigen Einkünfte in der Abteilung als wirtschaftliches Kriterium nennt.

Frau Schliepack!

(Frau Schliepack [CDU]: Nein! Es war Frau Philipps!)

- Frau Philipps!

Herr Minister, könnten Sie uns noch einmal erklären, warum eine Kooperation zwischen INI und MHH - -

(Zuruf von der SPD: Sie müssen das Mikrofon einschalten!)

Frau Philipps, versuchen Sie es noch einmal.

(Zuruf von Adam [SPD])

Jetzt ist es an.

Herr Minister, können Sie uns noch einmal erklären, warum eine Kooperation zwischen MHH und INI nicht möglich war?