Ruth Fuchs
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Last Statements
Herr Staatssekretär, bei der Beantwortung zu Frage 4 erwähnten Sie Influenza-Pandemiepläne. Mich würde jetzt nur noch einmal ergänzend interessieren: Liegen der Landesregierung von allen kreisfreien Städten und Landkreisen Pandemiepläne vor, die auf ihre Durchführbarkeit, das heißt also im Prinzip erst einmal von der Alarmierung der Kräfte bis hin zur Koordinierung der Arbeitsabläufe, geprüft worden sind, nicht geplant, sondern geprüft worden sind?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste des Diabetikerbundes des Landesverbands Thüringen, Grund unseres Antrags für diese Aktuelle Stunde ist, dass still und leise die traditionsreiche Fachklinik Bergfried in Saalfeld für Rehabilitation von Diabetikern jetzt umstrukturiert wurde zur Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie. „Still und leise“ sage ich deshalb, weil den Mitarbeitern der Klinik, denen das Vorgehen des privaten Trägers der Dr.-EbelFachkliniken schon sehr früh bewusst wurde, jegliche Information und Diskussion zu dieser Umstrukturierung in der Öffentlichkeit untersagt wurden. Legitim ist somit die Frage zu stellen: Warum diese Scheu vor der Öffentlichkeit?
Meine Damen und Herren, bei der Diabetesklinik Bergfried geht es um eine bundesweit anerkannte Fachklinik, die seit Jahrzehnten Erfahrungen in der Behandlung und Rehabilitation von Diabetikern hat. Mit Recht und Stolz hat der Träger diesbezüglich auch in der Vergangenheit seine Werbung betrieben. Völlig überraschend, vor allem für die Mitarbeiter, änderte sich diese Informationspolitik des Trägers, der als Hauptgrund für die Umstrukturierung angab, dass ab März dieses Jahres der Kostenträger „Deutsche Rentenversicherung Bund“ Diabetes mellitus als Einweisungsdiagnose in eine Fachklinik nicht mehr akzeptieren würde. Weiter wurde mitgeteilt, dass alle bisher durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen durch diabetologische Schwerpunktpraxen geleistet werden können, was suggeriert, die Diabetik-Reha wird nicht mehr gebraucht.
Eine Rückfrage beim Kostenträger DRV Bund ergab berechtigte Empörung über diese Aussagen, da sie, so benannt, nicht der Wahrheit entsprechen. Wahr ist, dass Thüringen ein enges Netz von diabetologischen Schwerpunktpraxen hat. Zu diesem
Netz gehörten vier Fachkliniken für Stoffwechselerkrankungen, wobei die Klinik in Saalfeld für Diabetes die renommierteste ist bzw. - muss man jetzt leider sagen - war. In Thüringen steht dieses Versorgungsnetz den ca. 140.000 Diabetikern zur medizinischen Versorgung zur Verfügung. In Deutschland leben etwa 8 Mio. Menschen mit Diabetes - Tendenz steigend. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen heute bereits mit ca. 20 Prozent ihrer Ausgaben für Begleit- und Folgeerkrankungen von Diabetes aufkommen.
Meine Damen und Herren, unter Einbeziehung des steigenden medizinischen Bedarfs an DiabetikerRehaleistungen und der zu erwartenden Unterfinanzierung des Gesundheitsfonds von mehreren Milliarden Euro halten wir die widerspruchslos hingenommene Aufgabe der Diabetes-Reha in Saalfeld schon für fragwürdig.
Meine Damen und Herren, es steht noch eine andere Frage im Raum: Warum will der Träger keine Rehamaßnahmen für Diabetiker mehr in seiner Klinik durchführen? Für eine Antwort darauf lohnt ein Blick ins Internet unter Geschäftsfelder der Dr.Ebel-Fachkliniken, wo zu lesen steht, man agiert umsichtig und erfolgreich auf dem Gesundheitsmarkt. Diese Aussage hat vorrangig etwas mit Gewinnerwartung und Gewinnsteigerung zu tun. Offensichtlich bringt es dem Träger höhere Rendite, wenn er künftig Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen in der Klinik behandelt. Dafür ist weit weniger Personal notwendig, als dies bei Diabetikern der Fall ist, denn neben Diabetologen ist auch ein technisch und personell gut ausgestattetes Labor notwendig. Inzwischen soll der Träger nicht nur dem neuen Chefarzt in der Probezeit gekündigt haben, sondern weiteren 15 Mitarbeitern. Mit anderen Worten: Über die Kündigungen von hochwertigen Arbeitsplätzen wurden völlig neue Verhältnisse in der traditionsreichen Fachklinik geschaffen für die Mitarbeiter als auch für die Diabetiker in Thüringen und über die Landesgrenzen hinaus.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Ganze ist aus unserer Sicht schon ein Skandal. Das Beispiel macht deutlich, private Klinikträger können ihr Leistungsangebot jederzeit an den zu erwartenden Gewinnen ausrichten, was logischerweise zum Nachteil von betroffenen Patienten führt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Staatssekretär Oesterheld, eigentlich haben Sie mit Ihrer Rede bestätigt, dass es richtig war, diese Aktuelle Stunde aufzurufen, obwohl Sie sagen, es ist nicht zu befürchten, dass Diabetiker rehamäßig nicht mehr behandelt werden können.
Wenn es tatsächlich so wäre, dass der Bedarf gesunken ist, weil weniger Einweisungen erfolgen, dann stelle ich Ihnen die Frage: Warum dann dieses Informationsverbot an die Mitarbeiter und alle anderen, darüber in der Öffentlichkeit ganz klar und deutlich zu diskutieren? Ich finde, dann hätte man offensiv auch in der Öffentlichkeit damit umgehen können. Nicht nur ich zweifle daran, dass hier die Hauptursache für die Umstrukturierung liegt, sondern ich behaupte nach wie vor, die Diabetes-Reha hat sich für den Träger einfach nicht mehr gelohnt. Das mag für den Träger völlig legitim sein, das kann er sagen. Aber es ist wohl für die Betroffenen kaum zu akzeptieren. Ich glaube, dass auch in Zukunft - ich hatte das vorhin schon gesagt - Rehaleistungen für Diabetiker nicht abnehmen, sondern zunehmen werden. Ich will deshalb noch mal darauf eingehen, warum wir grundsätzlich die Benennung dieses Themas hatten.
Es ist schon auch vom Kollegen Gumprecht angedeutet worden, wir sind uns alle einig, es gibt seit Jahren das Prinzip der wohnortnahen medizinischen, stationären Versorgung. Das war auch Konsens bis jetzt über alle Parteien hinweg. Ich weiß natürlich, Herr Staatssekretär oder Kollege Gumprecht, dass Rehakliniken nicht in der Krankenhausplanung aufgenommen werden, was natürlich die Einflussnahme der Landesregierung und des Gesundheitsministeriums wesentlich begrenzt. Aber was wir auch zur Kenntnis nehmen müssen, Rehakliniken werden nicht zum Selbstzweck gebaut, sondern sie sind eine
unverzichtbare Säule des deutschen Gesundheitssystems bei der Rehabilitation. Thüringen hat mehr als 30 Rehakliniken, die überwiegend in privater Trägerschaft sind. Soweit es möglich ist - und hier hat Politik eine Verantwortung - sollte das Prinzip der wohnortnahen, stationären Rehabilitationsmaßnahmen erhalten bleiben. Eine ambulante Versorgung, meine Damen und Herren, kann niemals eine stationäre voll ersetzen, auch wenn das Netz ambulant gut funktioniert. Wir brauchen diese stationäre Versorgung. Stationär kann wesentlich intensiver mit den Patienten gearbeitet werden. Patienten können sich besser über ihre Situation austauschen. Sie können Misserfolge besser verarbeiten. Und was leider in der Öffentlichkeit oft unterschätzt wird, die notwendige psychologische Arbeit kann bei einem Klinikaufenthalt wesentlich erfolgreicher gestaltet werden.
Zu den Vorzügen einer stationären Rehabilitation gehört nicht nur kompetentes Personal. Zum Beispiel können Diabetiker an ihre individuelle Belastung angepasst werden, die Stoffwechselleistungseinstellung erfolgt sehr individuell, weil mehr Tagesprofile erstellt werden können. So können die Nachfolgeerscheinungen wesentlich eingegrenzt werden.
Es ist schon berechtigt, darauf aufmerksam zu machen, was der Wegfall der Saalfelder DiabetikerReha bedeutet. Sie hatten das ja erwähnt, Herr Staatssekretär. Wir haben die Ilmtal-Klinik in Bad Berka, da gibt es aber lediglich Belegbetten und pro Woche kommt einmal ein Diabetologe vor Ort. Eine weitere Klinik, die sich mit Stoffwechselerkrankungen beschäftigt, befindet sich in Bad Liebenstein. Dort ist nur eine einzige Station für Diabetiker.
Die wohl noch am besten ausgestattete Fachklinik, das erwähnten Sie auch, ist die Medi-Klinik in Tabarz, die eine Fußabteilung unterhält, einen Wundarzt und Diabetologen als Chef- und Oberarzt beschäftigt hat. Diese Klinik in Tabarz hat aber keinen Vertrag mit der Deutschen Rentenversicherung Bund. Sie ist Vertragspartner des DRV Mitteldeutschland. Wenn der DRV Bund in letzter Zeit tatsächlich weniger Diabetiker zur Reha eingewiesen hat, dann sollten wir als Politiker mal darüber nachdenken, ob sich hier nicht Auswirkungen der Krise auch bei den sozialen Versicherungsträgern niedergeschlagen haben und es mehr eine ökonomische Frage ist als eine medizinisch notwendige Frage, die zu beantworten wäre. Dann muss ich auch noch einmal sagen, wenn der Klinikträger bereits schon Anfang des Jahres den neuen Chefarzt entlassen hat oder gekündigt hat und den Oberarzt gekündigt hat, dann frage ich Sie echt, wie soll die Qualität der DiabetesReha gesichert werden? Wie soll die aussehen? Sie erwähnten, es wird nach wie vor in Saalfeld eine
Abteilung geben, aber mit welcher Qualität? Also, wenn ich dann derjenige wäre, der möchte, dass seine kranken Diabetiker schnellstmöglich wieder in den Arbeitsprozess kommen, dann würde ich die vielleicht auch nicht mehr dahin versenden. Ein Letztes, obwohl meine Zeit um ist.
Was ich, Herr Oesterheld, doch noch einmal anmerken möchte: Der
- ja, ich weiß - Landesverband der Thüringer Diabetiker hat ein Schreiben frühzeitig genug an das Gesundheitsministerium gesandt und auf die Folgen der Umstrukturierung der Klinik in Saalfeld hingewiesen, und es ist nicht einmal eine Antwort erfolgt. Ich denke, das sollten Politiker sich nicht leisten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Anfang des Jahres bekräftigte das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, dass zu den wichtigsten politischen Aufgaben der Landesregierung das Ziel gehört, eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dieses Ziel auch und gerade unter der Berücksichtigung der Altersentwicklung der Thüringer Bevölkerung einschließlich der Alterszunahme der Praxisinhaber zu erreichen, dazu soll unser Antrag beitragen.
Zur Situation, meine Damen und Herren: Die neuen Länder, so auch Thüringen, weisen eine überdurchschnittliche Erkrankungsrate der Bevölkerung auf, insbesondere bei chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes Mellitus und Herzinfarkt. Zusammen mit einer niedrigeren Arztdichte führt dies gegenüber den alten Ländern zu einer um 27 Prozent - nicht 20 Prozent, 27 Prozent,
dann sagen Sie ruhig 27, weil das fast 30 sind - höheren Zahl von Behandlungsfällen je Vertragsarzt.
Zum Vergleich: In den neuen Ländern kommen auf einen Vertragsarzt 740 Einwohner, in den alten Ländern sind es 674. Das Durchschnittsalter der Hausärzte liegt in Thüringen mit über 64 Jahren - genau 64,25 - am höchsten von allen Bundesländern bei einem Anteil von über 170 Ärzten, die bereits 68 Jahre und älter sind. Es ist allgemein bekannt, dass im Durchschnitt der letzten Jahre im ambulanten Bereich etwa 120 Ärzte jährlich fehlen und etwa 150 im stationären Bereich. Die Angaben differenzieren, weil es teilweise gelungen ist, Ärzte z.B. aus Österreich unter Vertrag zu nehmen, die dann im Krankenhaus die Plätze füllen und dass auch die Kassenärztliche Vereinigung das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz nutzt und damit auch Maßnahmen greifen, um im ambulanten Bereich aktiv zu werden. Die neuen Länder - und hier allen voran Thüringen - haben das Thema „Ärztemangel“ genauso wie damals bei der Vergütung wiederholt auf die Tagesordnung auf oberste Ebene gesetzt, was das eingangs zitierte Ziel der Landesregierung unterstreicht. In Thüringen gibt es ein Bündel von Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung, der Krankenkassen und des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit. Ich will nicht alle Einzelmaßnahmen aufzeigen, die reichen von der Förderung von Absolventen des Medizinstudiums bis zur Wirtschaftsförderung junger Mediziner. Alle Maßnahmen - und das halte ich für entscheidend - werden koordiniert. Das ist positiv zu bewerten, wird aber für die Zukunft unserer Meinung nach nicht ausreichend sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, noch wird an der Fortschreibung des Sechsten Thüringer Krankenhausplans gearbeitet. Dass wir eine Fortschreibung brauchen, resultiert einfach aus den veränderten Rahmenbedingungen für den Krankenhausbereich. Ich nenne hier nur die DRGs, also das neue Entgeltfinanzierungssystem. Auf dessen Auswirkung auf das Krankenhauspersonal oder auf die Patienten möchte ich nicht eingehen, weil das jetzt den Rahmen unseres Antrags überschreiten würde. Aber der Sechste Thüringer Krankenhausplan würde wirklich Thüringen die Chance geben, modellhaft stationäre und ambulante Planung so miteinander zu verzahnen, dass ein optimaler Ressourceneinsatz von ärztlichem Personal und Medizindiagnostik gewährleistet werden kann. Flankiert wird diese Möglichkeit durch die Regelung des § 116 a und b im SGB V. Sie beinhalten die Regelungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus bzw. durch Krankenhäuser bei Unterversorgung. Ab 2010 können zudem bei Unterversorgung Zuschläge in die Vergütung eingearbeitet
werden, während in überversorgten Regionen Abschläge erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle diese Möglichkeiten zu nutzen, bedeutet aber auch, dass wir einen Raumordnungsplan brauchen mit eindeutiger Zentrumsfunktion. Im Landesentwicklungsplan müssen zukunftsweisende Aussagen zu einer sichereren medizinischen Versorgung der Bevölkerung getroffen werden. Dabei ist unbedingt die Erreichbarkeit medizinischer Leistungserbringer durch den Bürger, also den Patienten zu berücksichtigen.
Da komme ich zu dem, was Herr Gumprecht gesagt hat, er sagte, das ist alles nicht nötig, weil das alles schon geregelt ist. Ich bin mir auch klar darüber, dass eine solche Forderung natürlich auch die Notwendigkeit nach sich ziehen würde, dass wir Landesgesetze auf das Ziel, was formuliert ist, die flächendeckende bürgernahe Versorgung, dass das zu überprüfen wäre und dass da auch Änderungen zu machen wären. Ich glaube, das wäre auch möglich und ich weiß, dass das nicht das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit allein machen kann, sondern dass die Gesundheit hier eine Querschnittsaufgabe ist, und wenn man das wirklich wollte, ginge das auch,
weil ich glaube, dass das notwenig wäre.
Dann nehme ich mal Bezug auf die 81. Gesundheitsministerkonferenz der Länder vom Juli 2008. Hier wurde nämlich mehrheitlich beschlossen - Herr Gumprecht, die Gesundheitsministerkonferenz -, die Bundesregierung aufzufordern, zu bitten, dass sie die Bedarfsplanungsrichtlinie kleinräumiger und bedarfsorientierter überarbeitet. Da, das muss ich Ihnen sagen, haben Sie irgendwie das nicht richtig verstanden, weil die Bedarfsplanung ist nicht Landeshoheit, die ist eindeutig Bundeshoheit, wird bestimmt von der Bundeshoheit. Da ist es völlig legitim, Frau Ministerin Lieberknecht, die jetzt im Grunde genommen im Bundesrat den Vorsitz hat - natürlich kann das unsere Angelegenheit sein, Frau Ministerin wird sogar viel Unterstützung haben von den Gesundheitsministern der neuen Bundesländer und auch von einigen Gesundheitsministern der alten Bundesländer, weil dieses Problem eben auch schon in Regionen der alten Bundesländer auftritt. Da kann ich nur sagen, die Bedarfsplanungsrichtlinie kleinräumiger und bedarfsorientierter zu machen, das heißt nicht, wie manche sich vorstellen, dass in jedem Ort, in jedem Dorf nun der Hausarzt da ist, sondern es geht vor allem darum, dass wir hier in Thüringen, wo wir im Prinzip diesen demographischen Prozess haben, der sich noch durch die Abwanderung junger Menschen beschleunigt, wirklich die Bedarfsplanung neu gestal
ten. Die geltende Bedarfsplanung, die Sie heute zitiert haben, was alles richtig ist, die stammt aus dem Jahre 1990. Die Rahmenbedingungen haben sich total verändert. Die damalige Datenbasis ist eine völlig andere gewesen als heute und die Kassenärztliche Vereinigung bittet selber darum, dass auf Bundesebene die Bedarfsplanung verändert wird. Das ist überhaupt kein Eingriff unseres Antrags in die Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Kassenärztliche Vereinigung versucht ja jetzt schon, gemeinsam mit den Krankenkassen, der Entwicklung, dass wir in einigen Regionen bestimmte Arztgruppen und Ärzte nicht mehr haben, entgegenzuwirken, indem sie Fördermöglichkeiten, Zulassungen und Ermächtigungen macht, aber die Bedarfsplanung aus 1990 begrenzt ja teilweise, begrenzt und behindert eigentlich solche Fördermaßnahmen. Deshalb brauchen wir eine neue Bedarfsplanung und eine neue Bedarfsplanungsrichtlinie hat insbesondere soziodemographische und sozioökonomische Daten in die Planung einzubeziehen. Allein die Berechnung auf die Einwohnerzahl reicht einfach nicht mehr aus. Sie nennt den tatsächlichen Bedarf nicht mehr. Das beweist folgende Tatsache: Nach der alten Bedarfsplanung haben wir eigentlich hier 10 Prozent überzogen, weil z.B. festgestellt wird, dass nach dieser Bedarfsplanung ein Hausarzt 1.640 Einwohner behandeln müsste. Ich hatte vorhin die Zahl gesagt, es sind 700 und noch was im Gegensatz zu dem. Wir haben im Prinzip diese alte Bedarfsplanung. Sie muss verändert werden und es muss entsprechend die gestiegene Morbidität einer erheblich älter gewordenen Bevölkerung einbezogen werden und es muss auch einbezogen werden, dass wir diese neue Bedarfsrichtlinie nicht nur für den Hausarzt brauchen, sondern auch im Fachärztebereich, z.B. Augenärzte, Kardiologen und Orthopäden. Da haben wir uns den ersten Punkt erlaubt, Frau Ministerin. Ich erwähnte es schon, Sie sind die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz und wir erwarten einfach, dass Sie Druck machen. Ich weiß, dass Sie das können. Sie können Druck machen und ich weiß auch, dass Sie das Problem genauso ernsthaft betrachten und beobachten und nach Lösungswegen suchen, wie wir das eigentlich hier vorgeschlagen haben. Da denke ich schon, dass Sie im Bundesrat der Bundesregierung und dem Bundestag Druck machen können, denn die wollen sich erst 2012 wieder mit diesem Problem beschäftigen. Da rennt uns meiner Meinung nach die Zeit davon. Ich denke, wenn wir das hier beibehalten wollen, also in Zukunft ebenfalls die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, dass man nicht einfach sagen soll, es ist so, sondern man sollte wirklich ernsthaft über diesen Antrag nachdenken. Heute danke ich, vielleicht das erste Mal seit unserer Amtszeit, der Frau Taubert für ihren Vorschlag. Ich habe mich gar nicht getraut, diesen Vorschlag zu machen für den Sozialausschuss. Ich würde das mit annehmen und würde bitten, dass
wir vielleicht dazu die Mehrheiten bekommen können. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kollegin Taubert, ich traue mich schon, ich sage einmal, einen Namen zu nennen, und ich traue mich auch zu sagen, ich hätte schon gerne, dass wir anschauen, welche Träger von Krankenhäusern bei uns in Thüringen sich hier niederlassen. Es täte auch gut, wenn andere das machen würden.
Da sage ich, natürlich ist bekannt, die Marseille-Gruppe ist der größte börsenorientierte Betreiber von Altenpflege- und Rehabilitationskliniken in Deutschland. In der Financial Times Deutschland vom August 2006 ist folgende Schlagzeile nachzulesen: Marseille-Gruppe findet keinen Käufer für defizitäre Reha-Kliniken. Bezogen auf das Vorhaben, nun in Eisenach eine Fachklinik für Inkontinenz neu aufbauen zu wollen, ist es legitim zu fragen, soll jetzt ein neues profitables Fachgebiet, ein neues sicheres Geschäftsfeld ersatzweise für die einst defizitär geführten Reha
Kliniken zur Aktiengesellschaft hinzukommen?
Meine Damen und Herren, da dieses Vorhaben mit öffentlichen Fördermitteln realisiert werden soll, müssen diesbezüglich auch folgende Fragen an die Landesregierung erlaubt sein. So frage ich: Warum wurden in Thüringen in den zurückliegenden Jahren Betten abgebaut, Kliniken von 72 auf 46 reduziert bzw. Stationen geschlossen, wenn jetzt ein neuer privater Träger mit öffentlichen Fördermitteln eine Fachklinik neu baut? Worum geht es, wenn dieser börsennotierte Anbieter, der vorrangig bundesweit Erfahrungen als Betreiber von Altenpflegeheimen hat, Thüringen jetzt für den Neubau einer medizinischen Fachklinik entdeckt? Letzte Frage: Welche Logik des Landes könnte dahinter stehen, wenn dem Ansinnen zugestimmt werden würde, könnte, sollte? Wir möchten das, meine Damen und Herren, hier und heute in aller Öffentlichkeit erfahren, und zwar, damit es nicht nur die Abgeordneten verstehen, sondern auch jeder Bürger und jede Bürgerin in Thüringen und vor allen Dingen die Menschen - Frau Taubert, Sie haben darauf hingewiesen -, die in der Vergangenheit z.B. auf die Straße gegangen sind, um ihr Krankenhaus in ihrer Region zu erhalten, und sie eindeutig die logische Erklärung und vielleicht auch bewiesene Erklärung bekommen haben, für dieses Krankenhaus in eurer Region gibt es keinen Bedarf.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in Thüringen eine Trägerpluralität. Wir haben einen Status quo, der unserer Auffassung nach nicht zugunsten weiterer privater Träger verändert werden darf, denn schon jetzt ist jedes zweite Bett in Thüringen in privater Trägerschaft. Wenn aber Bedarfslücken in diesem besonderen medizinischen Fachbereich tatsächlich bestehen sollten, dann unterstützen wir den Kapazitätsausbau öffentlich-rechtlicher Häuser, wie z.B. des Universitätsklinikums in Jena,
das europaweit bei der Behandlung von Harninkontinenz einen Namen hat, oder den Ausbau des gerade neu eröffneten Beckenbodenzentrums in der Region Eisenach. Nach meinem Kenntnisstand steht in Kooperation des Krankenhauses Weimar mit der Universität Jena ein Beckenbodenzentrum kurz vor dem Abschluss, wo ich dann sagen würde, ich habe eigentlich keine Zweifel daran, dass wir den Bedarf decken können.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist schon darauf hingewiesen worden, uns ist wohl bekannt, dass Harninkontinenz ein Tabuthema in der Öffentlichkeit ist, und inwieweit die Anzahl der medizinischen Eingriffe diesbezüglich in Thüringen ausreichend ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Da haben wir gehört, es gibt eine Bedarfsanalyse, die ist in Auftrag
gegeben worden - Frau Taubert deutete es an. Ich hoffe - ich habe es in der Politik schon oft erlebt, dass Bedarfsanalysen auch sehr interessengeleitet sein können -, dass wir dem nicht ausgeliefert sind und Frau Ministerin sehr stark darauf achten wird, dass es hier wirklich um die Menschen geht, die diese Krankheit haben, und nicht um irgendwelche Krankenhauskonzerne. Wir warten das Ergebnis ab, aber ich kann mir nicht vorstellen - und ich habe mich wirklich sachkundig gemacht oder versucht mich sachkundig zu machen -, dass die in Thüringen ansässigen Krankenhausträger nicht in der Lage wären, auch einen höheren Bedarf abzudecken, und zwar durch eigene bedarfsgerechte Kapazitätserweiterung. Ich denke, keines der hier ansässigen Krankenhäuser in Thüringen würde sich darüber ärgern, wenn dafür von der Landesregierung dann auch entsprechende Fördermittel bereitgestellt werden würden. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vor wenigen Wochen hat Frau Ministerin Lieberknecht in einer Presseerklärung gesagt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Psychisch kranke Menschen werden in unserer Gesellschaft oft ausgegrenzt und stigmatisiert, denn Unkenntnis und Vorurteile sind in der Bevölkerung leider noch weit verbreitet. Dies muss sich ändern.“ Ich
denke, das ist eine Aussage, die ernst zu nehmen ist, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass psychische Erkrankungen in den nächsten Jahren in Deutschland sowie weltweit zunehmen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, es war zwar ein langer Weg, bis der Gesetzentwurf im Plenum vorgelegt werden konnte, ich denke aber, es war sinnvoll, keine übereilte Novellierung durchzubringen, ohne eine umfassende Diskussion mit allen betroffenen Akteuren zu führen.
Meine Damen und Herren, was besonders hervorzuheben ist, es wurde nicht nur mit den betroffenen Akteuren diskutiert, sondern berechtigte Kritik ihrerseits an bestimmten Formulierungen im Referentenentwurf wurde in das Gesetz einbezogen. Diesen Korrekturen ist es wohl auch zuzuschreiben, dass im Ausschuss ein einheitliches Votum der Zustimmung zum Gesetz erfolgte. Somit mag es Verwunderung auslösen, dass meine Fraktion nicht schon im Ausschuss, sondern erst heute einen Änderungsantrag einbringt. Ich glaube aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist keine Schande zuzugeben, dass uns zum Zeitpunkt der Abschlussberatung des Gesetzes im Ausschuss mögliche Negativwirkungen eines Wortes in einem bestimmten Paragraphen dieses Gesetzes nicht so bewusst waren, wie er tatsächlich dann in der Praxis ausgelegt werden kann. Es handelt sich hier um den § 7. Meine Kollegin Frau Jung hat schon in ihrer Begründung darauf hingewiesen. Es geht hier vor allem darum, eine nicht erforderliche Verschärfung der Unterbringungsbedingungen psychisch kranker Menschen auszuschließen und gar nicht erst die Gefahr zuzulassen, dass es kommt, und deshalb ist unser Änderungsantrag eingebracht worden. Wie gesagt, die Kollegin Jung hat in der Berichterstattung den Werdegang unseres Antrags schon beschrieben, so dass ich das mit dem Brief nicht wiederholen muss. Uns haben diese Argumente in dem Brief von Dr. Serfling überzeugt und deshalb haben wir diesen Änderungsantrag hier gestellt. Ich bitte Sie wirklich im Interesse der Betroffenen, sich doch mal zu überwinden und diesem Antrag zuzustimmen und nicht ihn abzulehnen, nur weil er von den LINKEN kommt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gesetz als Ganzes gesehen soll neben wichtigen Änderungen im Maßregelvollzug die bedeutende Rolle des Sozialpsychiatrischen Dienstes und damit die koordinierende Tätigkeit für die Vor- und Nachsorge deutlich machen. Das war notwendig, aber, meine Damen und Herren, die rechtliche Festschreibung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den letzten Jahren massiv Personal im öffentlichen Gesundheitsdienst eingespart wurde. Zwei Zahlen möchte ich Ihnen dazu nennen. Während z.B. drei Gesundheitsämter keinen Kinder- und Jugendarzt
in Thüringen statistisch ausweisen, sind es bei den Fachärzten für Psychiatrie beeindruckende oder - ich sage besser - beschämende 17 offene Stellen bei 22 Gesundheitsämtern, die wir hier in Thüringen haben. Seit Jahren klagt der öffentliche Gesundheitsdienst in Thüringen darüber, dass sich nach Ausschreibungen für Nachbesetzungen kaum Ärzte melden und offene Stellen somit nicht besetzt werden können. Ein wesentlicher Grund ist der im Vergleich mit angestellten Ärzten in Krankenhäusern geringere Verdienst, der zwischen 1.000 bis 2.000 € im Monat niedriger liegt. Als Opposition reicht uns der Hinweis, dass für die Finanzierung das Innenministerium zuständig ist und nicht das Sozialministerium, nicht aus. Denn unserer Meinung nach muss es hier eine ressortübergreifende Informations- und Zusammenarbeit geben. Es besteht somit dringend Handlungsbedarf der Landesregierung, wenn nicht restlos alle erworbenen Fach- und Sozialkompetenzen verloren gehen sollen. Das beste Gesetz, meine Damen und Herren, nutzt nichts, wenn kein qualifiziertes Fachpersonal für den sozialpsychiatrischen Dienst vorgehalten wird. Es ist, schlicht und einfach ausgedrückt, nicht in der vom Gesetzgeber beabsichtigten und gewollten Qualität umsetzbar.
Meine Damen und Herren, auch die Bundesgesetzgebung spielt, ob wir es nun wahrhaben wollen oder nicht, bei der Umsetzung dieses Thüringer Gesetzes keine unwesentliche Rolle. So ist als ein weiteres Finanzierungsproblem mit möglichen qualitativen Auswirkungen auf das Gesetz die Personalausstattung laut Psychiatriepersonalverordnung zu beachten. Mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, was natürlich im Bundestag verabschiedet werden muss, soll es den Krankenhäusern zwar ermöglicht werden, eine Umsetzung dieser Personalverordnung bis zu 90 Prozent nachzuverhandeln - warum aber, Frau Ministerin, ist keine 100-prozentige Finanzierung möglich? Ab Januar 2009 werden Sie, Frau Ministerin Lieberknecht, Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz sein. Ich hoffe und wünsche, dass Sie sich in dieser Funktion, da Sie da einen gewichtigen Einfluss ausüben können, vielleicht an diese Frage erinnern und zugunsten auch der Umsetzung des Thüringer Gesetzes eine positive Antwort herbeiführen können. Wir würden Sie dabei jedenfalls unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei aller Kritik, die wir natürlich insbesondere hinsichtlich der Finanzierung im ambulanten Bereich der gemeindenahen Psychiatrie haben, werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich betone aber noch einmal zum Abschluss, wenn es uns allen wirklich darum geht, dass dieses Gesetz in der Praxis auch zum Nutzen der Betroffenen wirksam umgesetzt werden kann, dann muss die Landesregierung etwas tun, die personelle
Ausstattung von Fachärzten in den Gesundheitsämtern zu verbessern. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf zur Neuregelung des Thüringer Rettungswesens konnte ausführlich und intensiv mit allen Akteuren diskutiert werden. Wie zu erwarten war, hat sich auch hier gezeigt, kein Gesetz kann alle, insbesondere subjektive Wünsche erfassen und zur Norm erheben. Normen haben nun einmal einen allgemeingültigen Charakter und das ist gut so.
Bekanntlich, meine Damen und Herren, geht es immer wieder auch ums Geld und da sind die Begehr
lichkeiten auch in diesem Bereich nicht anders, als es üblich ist in dieser Gesellschaft. Zum besseren Verständnis wiederhole ich die Summen, die ich im vergangenen September-Plenum 2007 hier an dieser Stelle schon einmal nannte. Der Rettungsdienst bundesweit stellt einen Kostenblock von insgesamt 2,9 Mrd. € dar mit erheblichen Wirtschaftlichkeitsreserven und Begehrlichkeiten. In Thüringen betrugen die Gesamtkosten etwa 80 Mio. €. Mit den gestiegenen Einsatzzahlen sind auch die Ausgaben gestiegen und sie werden auch weiter steigen.
Der Rettungsdienst, sehr geehrte Abgeordnete, ist aber auch die Stelle im Gesundheitswesen, wo das Funktionieren bzw. das Nichtfunktionieren von Notfallrettung für den Bürger bzw. den Wähler sichtbar und fühlbar werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die weitere Kostenentwicklung wäre durchaus von Bedeutung, ernsthaft darüber nachzudenken, eine Reduzierung der Anzahl der Rettungsleitstellen in Angriff zu nehmen. Die moderne Technik macht es möglich. Versichertengelder könnten dann mehr für die Prävention ausgegeben werden. Im Anhörungsverfahren des Gesetzes gab es die berechtigte Diskussion dazu. Aber in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf konnte man sich noch nicht durchringen, diesen Schritt auch zu tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der uns vorliegende Gesetzentwurf ist trotz meiner Anmerkung ein ausgereifter Entwurf, der Lücken des geltenden Rettungsdienstgesetzes schließt und damit die Interessen der Bürgerinnen und Bürger widerspiegelt, die dringend medizinische Hilfe brauchen. Ich weiß, mancher der hier Anwesenden - auch in meiner Fraktion - sieht das etwas anders, vor allem die, die den ordnungspolitischen Problemstellungen des Gesetzes einen höheren Stellenwert beimessen als den gesundheitspolitischen. Das ist ohne Frage legitim, aber ich stehe hier vor allem als gesundheitspolitische Sprecherin und unter diesem Aspekt möchte ich den Gesetzentwurf vorrangig bewerten.
Auf einige Neuerungen bzw. Festschreibungen möchte ich zur Klarstellung noch einmal hinweisen. Eine wichtige Regelung ist, dass alle Krankenhäuser in Thüringen verpflichtet werden, sich am Rettungsdienst zu beteiligen. Das schreibt das noch geltende Recht nicht fest. Mit der Begriffsbestimmung in § 3 dürfte klar sein, dass jedes Krankenhaus zur Aufnahme von Notfallpatienten verpflichtet ist einschließlich die Beförderung erstversorgter Notfallpatienten zu weiterführenden Diagnose- und Behandlungseinrichtungen. Hervorzuheben ist, dass der Gesetzentwurf Regelungen trifft, wie bei Großschadensereignissen, wie im Katastrophenfall vorzugehen ist.
Insofern wurden endlich die richtigen Schlussfolgerungen aus Ereignissen der Vergangenheit gezogen. Ergänzend zu den angeführten Beispielen der Neuregelungen möchte ich darauf verweisen, dass die organisatorisch-wirtschaftliche Einheit von Krankentransport und Rettungsdienst gewahrt bleibt, was wichtig ist. Bekanntlich gab es auch Konflikte zwischen den Beteiligten in der Ärzteschaft selbst, und zwar zwischen den Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer und der AG Rettungsdienstärzte.
Deshalb möchte ich die Position der Landesärztekammer zum vorliegenden Gesetzentwurf hervorheben, die ich auch teile. Danach sind folgende Bedingungen für die Sicherung des Rettungsdienstes notwendig: Für die Weiterbildung der Notärzte ist die Landesärztekammer zuständig. Die ärztlichen Leiter Rettungsdienst behalten die Fachaufsicht für die Notärzte. Durch die kommunalen Auftraggeber sind die ärztlichen Leiter Rettungsdienst zu ernennen. Auf weitere Details des Gesetzes möchte ich verzichten, da eine umfassende Anhörung und Aussprache zum Gesetzentwurf stattgefunden hat. Ich möchte jedoch darauf verweisen und aufmerksam machen, dass der Landesrettungsdienstplan dem neuen Gesetz entsprechen muss. Von Bedeutung ist hier, glaube ich, auch die Indikationsliste für den Einsatz im Rettungsdienst.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich trotzdem getrauen, noch eine persönliche Bemerkung zu machen, weil ich im Moment gar nicht so richtig weiß, wo die Ursachen dafür liegen. Aber ich habe, glaube ich, in meiner politischen Laufbahn erstmals so richtig erleben können, dass ein Gesetzentwurf konstruktiv diskutiert worden ist, dass Hinweise der Anzuhörenden und sogar auch der Opposition Berücksichtigung fanden und im Gesetz aufgenommen wurden. Vielleicht liegt es daran, dass jeder von uns irgendwann einmal eines Tages leider in die Situation versetzt sein könnte, den Rettungsdienst in Anspruch zu nehmen. Aber ich wünschte mir, gerade wenn ich an die Diskussion des vorhergehenden Tagesordnungspunkts denke, dass das eigentlich bei vielen Gesetzgebungsverfahren so sein könnte, weil das ein Stück erlebbare Demokratie ist und die würde auch unsere Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern etwas glaubhafter machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Rettungswesen geht es vor allem und insbesondere um die Rettung von Leben und Gesundheit der Menschen in Thüringen. Das ist für die Gesellschaft nicht nur eine zutiefst moralisch verpflichtende Aufgabe. Den beteiligten im Rettungswesen verlangt sie auch ein hohes Maß an Wissen und Erfahrung und an Einsatzbereitschaft ab. Vor diesen Leistungen habe ich große Hochachtung. Das Gesetz wird die Zu
stimmung der übergroßen Mehrheit meiner Fraktion erhalten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Gesundheitswirtschaft Thüringen
Das Bundesforschungsministerium hat im Rahmen eines Wettbewerbs 20 regionale Initiativen ausgezeichnet, die die Entwicklung der Gesundheitswirtschaft vorantreiben. Zu den Gewinnern gehört auch das „Innovationsnetz Gesundheit Saale-Ilm-Elster“ mit der Universitätsklinik Jena.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Kriterien wurden für den Wettbewerb zur Ermittlung der Sieger zugrunde gelegt?
2. Welche Impulse erwartet die Landesregierung vom „Innovationsnetz Gesundheit Saale-Ilm-Elster“ für eine tragfähige Gesundheitswirtschaft in Thüringen?
3. Welche Chancen sieht die Landesregierung angesichts eines dichten Netzes von Rehabilitationseinrichtungen und anerkannter staatlicher Kurorte in Thüringen, ein vernetztes Konzept mit dem Tourismus zu entwickeln und zu vermarkten?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich beide Reden, die
vor mir gelaufen sind, höre, müsste ich eigentlich anfangen mit dem Sprichwort „Hätte der Hunde nicht...“ - das andere sage ich nicht - „hätte er den Hasen gekriegt.“ Ich will einen Ordnungsruf vermeiden. Ich meine, es weiß jeder, der Gesundheitsfonds ist ein Bestandteil der Gesundheitsreform gewesen, die seit April vorigen Jahres in Kraft getreten ist. Frau Taubert, ich muss Sie hier korrigieren. DIE LINKE hat das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz und damit auch diesen Gesundheitsfonds abgelehnt, und zwar deshalb abgelehnt, weil die ursächlichen Probleme des Gesundheitssystems überhaupt nicht gelöst werden. Wir haben das auch begründet. Wettbewerb dient hier in diesem Gesetz nicht einer besseren Qualität, sondern wie nachzuvollziehen ist, dient es einem generellen Preiswettbewerb. Das ist verbunden mit einer Absenkung des Qualitätsstandards. Die vom Bund und Ländern beschlossene Konvergenzklausel wird zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung führen, wenn es keine Lösung auf Bundesebene gibt. Die „Gelackmeierten“ wären neben den Sachsen natürlich auch die Thüringer - das ist schon gesagt worden. Hier müssten eben Versicherte mit einem heute unterdurchschnittlichen Beitragssatz künftig mehr für die Krankenversicherung bezahlen - auch das ist schon gesagt worden. Nach neueren Berechnungen würden ca. 130 Mio. € aus Thüringen in andere Länder abfließen. Damit würden nicht nur Thüringer Ärzte auf eine Anhebung ihrer Honorare noch länger warten müssen, das Niedriglohnland Thüringen würde die besser verdienenden Ärzte in Bayern auch noch subventionieren - und das, obgleich die Ärzte dort weit mehr Honorar erhalten als ihre ostdeutschen Kollegen, während die ostdeutschen Kollegen wesentlich mehr Patienten auch noch versorgen müssen.
Sehr geehrte Damen und Herren, offensichtlich hat inzwischen auch die Bundesregierung begriffen, dass die von Bayern verlangte Konvergenzregelung die ungleiche und unsolidarische Entwicklung zwischen den Ländern weiter verschärfen würde. Das ist heute auch schon genannt worden in der Fragestunde. So soll im Herbst - so ist es angekündigt - mit dem neuen Kasseninsolvenzrecht eine Korrektur der Konvergenzregel erfolgen. Wir wissen nur noch nicht in welche Richtung.
Meine Damen und Herren, für die Kassen birgt dieser Gesundheitsfonds mehrere Unwägbarkeiten. Mit der Begrenzung der Zusatzprämie auf 1 Prozent des Einkommens von Kassenmitgliedern werden Kassen benachteiligt, die viele Mitglieder mit unterdurchschnittlichen Einkommen haben - und davon gibt es in Thüringen aus meiner Sicht viel zu viele. Die Gefahr, dass der Kasse aufgrund der Zusatzprämie die Mitglieder weglaufen, wächst an. Übrig blei
ben unter Umständen für manche Kassen nur noch die freiwillig gesetzlich Versicherten, da diese ohnehin schon höhere Beiträge bezahlen. Damit wächst die Gefahr der Abwanderung der jetzt noch freiwillig Versicherten aus der gesetzlichen Krankenversicherung in die private Krankenversicherung. Das muss man ganz klar und deutlich vor Augen haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, vor Inkrafttreten der Gesundheitsreform habe ich auch hier oft kritisiert, dass mit dem Gesundheitsfonds die Selbstverwaltung ein weiteres Mal gestutzt werden soll und zwar durch die Festlegung des zentralen Beitragssatzes für alle Krankenkassen. Die Selbstverwaltung ist aus meiner Sicht eine wichtige Errungenschaft innerhalb des Gesundheitssystems. Minister Zeh, damals noch Gesundheitsminister, hat uns sogar bestätigt, dass das eine ganz wichtige Errungenschaft ist. Und bei aller Kritik, die an der Selbstverwaltung begründet zu machen ist - wir hatten damals gesagt transparent und offener -, sie muss erhalten bleiben. Sie soll weiter demokratisch legitimiert im Sinne aller ihrer Partner, aber vor allem und besonderen der Versicherten und Patienten entwickelt werden.
Meine Damen und Herren, der Gesundheitsfonds war schon Tagesordnungspunkt heute in der Fragestunde und Frau Ministerin Lieberknecht hat auf die Fragen von Frau Abgeordneten Taubert schon sehr ausführlich geantwortet. Trotzdem bin ich gespannt zu hören, welche weiteren Initiativen die Landesregierung unternehmen wird, um die von mir genannten Fehlentwicklungen zu korrigieren. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister Zeh, ich möchte Ihnen danken für den wirklich sehr ausführlichen Sofortbericht. Dass Sie beim Punkt 2 nicht unserer Meinung sind, das ist klar, sonst würde sich ja hier die Welt irgendwie verändert haben. Aber ich komme schon noch mal darauf zurück und werde versuchen zu erklären, warum wir den Punkt 2 doch nicht für unwesentlich halten und auch nicht für unwesentlich, ihn hier im Landtag anzusprechen.
Dass unser Antrag die Bundes- und Landespolitik tangiert, war uns klar. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen bezüglich des Arzneimittelmarktes, dass wir hier sogar aufpassen müssen, die EU-Ebene nicht zu vergessen. Ich komme darauf aber noch zurück. Sie erwähnten es ja schon, haben es auch aufgezählt, deshalb kann ich mit einem Satz sagen, dass mit einer Reihe von Regelungen am Arzneimittelmarkt die Bundesregierung versucht hat, die Ausgaben bei Arzneimitteln in den Griff zu bekommen. Sie haben sie benannt, aus meiner Sicht auch positiv bewertet, aber ich würde sagen, so wie die Praxis sich zeigt, scheint sie so positiv
nicht zu sein, vor allen Dingen die gewählten Instrumente scheinen nicht die geeigneten zu sein. Darauf werde ich eingehen.
Mit den 25,8 Mrd. € rangieren die Ausgaben für die Arzneimittel für das Jahr 2006 auf Platz 2 gleich hinter den Ausgaben für die stationäre Versorgung. Der öffentlich geäußerte Kommentar zu den gestiegenen Arzneimittelausgaben war: Sie sind im Osten höher als die Ausgaben für ambulante Leistungen. Eine solche Formulierung, meine Damen und Herren, ist nicht nur oberflächlich, sie ist aus unserer Sicht sogar infam. Sie verunglimpft Ärzte und Patienten gleichermaßen, und zwar nach dem Motto: Im Osten verschreiben die Ärzte schneller und die Patienten schlucken gern mehr Medikamente. So schnell sind Schuldige gefunden und genannt und auf die tatsächlichen Ursachen, warum das so ist, warum es diese Ausgabensteigerung gibt, muss man dann ja nicht weiter eingehen. So will ich sie hier klar und deutlich noch einmal benennen. Ein wesentlicher Grund ist der höhere Behandlungsbedarf einer immer älter werdenden Bevölkerung, denn bekanntlich verlassen junge Menschen den Osten, also auch Thüringen, weil sie hier keine Perspektive für sich sehen. Ein weiterer Grund ist, Ärzte im Osten verdienen nach wie vor weniger als ihre Berufskollegen in den alten Bundesländern, haben aber fallbezogen mehr Patienten zu behandeln als ihre Westkollegen.
Meine Damen und Herren, auch im vergangen Jahr 2007 stiegen die Arzneimittelausgaben weiter an, und zwar auf 28,1 Mrd. €. Das entspricht einem Zuwachs von 6,4 Prozent zum Jahr 2006. Ein Grund dafür ist, dass viele Impfungen von Satzungs- zu Pflichtleistungen der Krankenkasse wurden, was für die Versicherten ohne Frage positiv zu bewerten ist. Herr Minister Zeh hat darauf hingewiesen, dass gerade wir in Thüringen z.B. bei der Zeckenimpfung einen sehr guten Durchimpfungsgrad haben. So haben die Kosten für Einfachimpfstoffe um 552 Mio. € auf 1 Mrd. € zugenommen. Ein weiterer Grund für die Kostensteigerung ist aber die höhere Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Das bedeutet satte 683 Mio. € Zusatzkosten für die gesetzliche Krankenversicherung. Der Finanzminister freut sich über die Einnahmen für die Staatskasse, die er - und dabei bleibe ich - der Versichertengemeinschaft entzieht. Ich habe das immer „Beitragsklau“ genannt; es gibt Länder, die haben überhaupt keine Mehrwertsteuer auf verschreibungspflichtige Medikamente usw. Ich glaube, das ist nicht eine Frage, das ist ein politischer Ansatz, wie man im Grunde genommen an der Stelle miteinander umgeht. Wir werden nicht müde, zu sagen, dass man darüber nachdenken muss. Es gab ja schon oft die Beispiele und es wird auch in den Medien und überall propagiert, wir haben für Hundefutter, für Blumen, etc. 7 Prozent Mehr
wertsteuer, jetzt habe ich gelesen, sogar für Pornohefte usw. Also man sollte hier doch mal ernsthaft an die Diskussion ethisch-moralisch herangehen und nicht nur fiskalisch.
Meine Damen und Herren, bei dieser von mir benannten finanziellen Entwicklung verwundert es nicht, dass Experten von einer Beitragserhöhung für das laufende Jahr von bis zu 15,5 Prozent ausgehen. Die Krankenkassen wollen sich angesichts des nahenden Gesundheitsfonds ab 2009 natürlich gute Startchancen verschaffen, um nicht marktbereinigt als Wettbewerber zu verschwinden.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie fragen, was hat DIE LINKE gegen Rabattverträge? Jetzt komme ich zu dem, was Sie gesagt haben: Nennen Sie uns doch einmal einige der Instrumente, die eingeführt worden sind, um Arzeneimittel zu sparen, dann können Sie auch darauf reagieren. Das will ich jetzt tun. Also was haben wir gegen Rabattverträge? Sie beleben natürlich, das ist wahr, das Geschäft und drücken unter Umständen die Preise; so eine weitverbreitete Meinung. Nur, meine Damen und Herren, weil sie weitverbreitet ist, muss sie ja nicht automatisch richtig sein. Das Gesundheitswesen ist ein besonders sensibler Bereich, der nicht ohne Folgen mit Instrumenten des Marktes überzogen werden kann. Es sei denn, man will gezielt die soziale solidarische Krankenversicherung schwächen oder zerschlagen. Rabattverträge sind ein Schritt mehr in die Richtung einer Veränderung der gesetzlichen solidarischen Krankenversicherung.
Dass hier schon ein ganzer Weg beschritten wird, zeigt folgende Tatsache: Mit Stand vom September 2007 haben die Krankenkassen bundesweit 7.546 Rabattverträge für über 20.500 Arzneimittel abgeschlossen. Ich frage Sie ernsthaft, meine Damen und Herren, welche Arztpraxis, welcher Arzt kann diese Fülle allein von Rabattverträgen überschauen? Denn praktisch heißt das ja, der Arzt muss wissen, welche Krankenkasse hat zu welchem Arzneimittel einen Rabattvertrag abgeschlossen und, meine Damen und Herren, was sind die Auswirkungen dieses Vertragsdschungels? Da sage ich „Vertragsdschungel“, weil Sie sagten, Abbau von Bürokratie. Auch hier ist ein Feld, wo man Bürokratie abbauen kann. Da schreibt das Magazin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, die BAGSO, ich zitiere: „Non Compliance: Der stumme Boykott der Patienten.“ Non-Compliance-Patienten, das ist der internationale Begriff für ein weltweites Problem. Es geht nämlich um das Problem des Mangels an Therapietreue. Der finanzielle Schaden vom Mangel an Therapietreue wird auf 10 Mrd. € jährlich geschätzt. Rabattverträge,
meine Damen und Herren, befördern diese Entwicklung, da können Sie drum herumreden, wie Sie wollen. Neue Medikamente - ich komme nachher noch darauf - sind gerade für Chroniker und Mehrfachkranke ein Riesenproblem. Mit den Rabattverträgen nehmen nämlich die Risiken und Nebenwirkungen und damit vor allem auch die Kosten zu. Es wird das Gesundheitssystem insgesamt belastet. Es wird der Patient mit rabattierten Arzeneimitteln und deren Nebenwirkungen belastet und es wird der Arzt in seiner Therapiefreiheit eingeschränkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, kritisch ist auch die Aut-idem-Regelung - Sie sagten es schon, Herr Minister Zeh, das Gleiche oder dasselbe - zu sehen. Es ist eben nicht dasselbe, das Gleiche wäre das bessere Wort. Der Arzt bestimmt auf dem Rezept eben nicht mehr das Medikament an sich, sondern er kann nur noch den Wirkstoff, die Wirkstärke und die Darreichungsform angeben und der Apotheker darf nicht, er muss dann möglichst ein preisgünstigeres Arzneimittel auswählen. Vor allem ältere Patienten sind verunsichert, wenn ihre Tabletten eine andere Farbe oder Form haben. Aber es geht gar nicht um die Farbe oder Form, vor allen Dingen aus pharmazeutischer Sicht ist ein Austausch von Medikamenten von jetzt auf nachher oft mehr als problematisch. Kritisch sind beispielsweise schlecht lösliche Arzneistoffe, wie Diabetismittel, Blutdrucksenker oder das Magenmittel Omeprazol.
Das Gut Gesundheit, meine Damen und Herren, ist eben nicht ein gesundheitstechnologisch herstellbares Produkt. Es ist weder ein ökonomisches Gut noch ist es vermarktungsfähig. Folge solcher gesetzlichen Regelungen wie Aut-idem und Rabattverträge sind, dass sich das Arzt-Patienten-Verhältnis verschlechtert. Es wird zunehmend zu einem wirtschaftlichen Zwangsverhältnis Arzt-Patient mit selektivem Charakter. So werden Versicherungs- und Sozialstatus heute wichtiger denn je für Patienten, wenn sie eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Anspruch nehmen wollen.
Sich vor dieser Tatsache die Augen zu verschließen bedeutet, nicht wahrnehmen zu wollen, wie tief Rationierung im deutschen Gesundheitswesen bereits greift.
Meine Damen und Herren, die Rabattverträge sind noch unter einem anderen Aspekt zu sehen. Bereits im Oktober 2007 hat die EU-Kommission ein Mahnschreiben an die Bundesrepublik geschickt. In dem Schreiben wurde sie aufgefordert, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, dass Rabattverträge nach § 130 a SGB V gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Sehr geehrte Damen und Herren,
wir alle wissen, dass Mahnschreiben der erste Schritt für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG-Vertrag ist. Mit der neuen Gesundheitsreform können nun nach § 130 a SGB V die gesetzlichen Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen Rabatte für Arzneimittel abschließen. In der Praxis gibt es dabei aber erhebliche Unterschiede zwischen den Kassen, da die gesetzliche Regelung keine Aussagen zu den Modalitäten des Abschlusses von Verträgen enthält. Eine europaweite Ausschreibung der Rabattverträge wurde - Gott sei Dank, sage ich - bis heute noch von keiner Kasse vorgenommen, aber genau das bemängelt eben die Europäische Union. Nach ihrer Auffassung sind die gesetzlichen Krankenkassen noch Einrichtungen des öffentlichen Rechts in Deutschland und damit öffentlicher Auftraggeber. Allerdings - und darauf hat die EU-Rechtsprechung hingewiesen - besteht bei Aufnahme von Elementen der privaten Krankenversicherungen in die gesetzliche Krankenversicherung die Gefahr, dass Krankenkassen unter den Unternehmensbegriff des EU-Wettbewerbsrechts fallen und damit das Kollektivvertragssystem hinfällig wird.
Die letzte Gesundheitsreform befördert genau diese Entwicklung. Ich nenne nur die Beispiele Kostenerstattung, Selbstbehaltregelung, die Rabattverträge usw. Das bedeutet nichts anderes als die Zerstörung der sozialen und solidarischen Krankenversicherung. Das hätte unabsehbare Folgen für die Sicherstellung medizinischer Vorsorgeleistungen. Deshalb wird meine Fraktion nicht müde, auf diese Gefahren hinzuweisen und lehnt Elemente des Marktes im Gesundheitswesen ab.
Die Reduzierung des Gesundheitswesens auf eine Wirtschaftsbranche und der Arzt-Patient-Beziehung auf eine Anbieter-Konsumenten-Begrifflichkeit, ist kein tragbares und zukunftsfähiges Projekt, jedenfalls nicht für uns LINKE.
Übrigens, meine Damen und Herren, da die Kassen keine exakten Angaben zu den Einsparungen durch die Rabattverträge machen wollen - nicht nicht können, sondern nicht wollen -, wurde zum Jahresende - Herr Minister Zeh hatte es ebenfalls genannt - das Malus-System für die Ärzte aufgehoben. Ärzte erwartet somit keine Sanktion seitens der Kassen, wenn sie nicht für das vergangene Jahr ausschließlich rabattierte Medikamente verordnet haben. Es gehört nämlich heute schon für jeden Arzt relativ viel Mut dazu, das Kreuz dahin zu machen und zu begründen, dass dieser Patient eben aus dem Grund das Medikament von der Firma haben muss. Ich habe es in meiner eigenen Familie erlebt. Mein Mann hat zwei Operationen, er ist mehrfach krank und die
ses Theater halte ich wirklich nicht für zukunftsweisend und auch nicht für sozial.
Wir sehen in dem überregulierten Arzneimittelmarkt und der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, dass zunehmend das Arzt-Patienten-Verhältnis belastet wird. Mehr denn je hat der Arzt nicht als Arzt, sondern mehr als Unternehmer und Betriebswirt zu entscheiden, welche Therapie und welches Medikament er verordnen kann bzw. noch darf. Dies hat zur Folge, dass er unter Beachtung aller Arzneimittelregelungen, so er sie noch überschaut, Patienten neuen Risiken aussetzt. Wie heißt es so schön in der Pharmawerbung, wenn man den Fernseher anmacht: Bei Risiken fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Nur so einfach ist die Sache bei den vom Arzt verordneten Medikamenten mit den neuen Risiken nicht und vor allem nicht für Chroniker und Mehrfachkranke. Für sie ist z.B. die Verträglichkeit oder Unverträglichkeit von Medikamenten untereinander eine lebenswichtige Angelegenheit und da wissen wir teilweise, dass es Riesenprobleme im Moment gibt. In der Sprache des Rechts wird in solchen Fällen - ich mache es mal ganz scharf und provokant - von Körperverletzung gesprochen. Da kann oder muss man schon die Frage aus ethischmedizinischen Gründen stellen: Wo fängt die Körperverletzung an? Wer haftet - der Arzt oder der Gesetzgeber?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, notwendig ist zweifelsohne eine Regulierung des Arzneimittelmarkts. So führt die freie Preisbildung - das hatten Sie auch schon angesprochen, Herr Minister Zeh - auf der Herstellerebene im Wettbewerb der Unternehmen der pharmazeutischen Industrie und im Wettbewerb der Krankenkassen nach unserer Auffassung in die Sackgasse. Das Beispiel der USA zeigt, dass Wettbewerb für den Patienten keinen höheren Nutzen hat und die Kosten ganz im Gegenteil in die Höhe steigen. Immerhin, die USA hat den ersten Platz in der Welt bei den Ausgaben in seinem Gesundheitswesen. In Ländern wie Großbritannien, der Schweiz und Frankreich werden die Preise für Arzneimittel staatlich festgelegt. Herr Minister, Sie sagen, das geht hier nicht. Ich sage das Gegenteil - Deutschland könnte das auch, natürlich nur, wenn die Politik es dann auch wollte. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, eigentlich bedauere ich so ein bisschen in meinem eigenen Sinn, dass es keine Einführung des SPD-Antrags gibt, denn ich muss Ihnen ehrlich sagen - bitte?
Wegen der Zeit, ja, aber das ist das Hauptproblem, wissen Sie, ich würde ja gern etwas Positives sagen wollen
zu dem Antrag, denn ich glaube, was das Thema betrifft, sind wir uns alle einig, dass Handlungsbedarf notwendig ist. Aber es tut mir leid, ich habe mir jetzt die Frage gestellt für mich allein, der Minister war vorhin so nett, zu unserem Antrag einen Sofortbericht zu geben, warum er jetzt keinen Sofortbericht gibt. Ich habe mir erlaubt, die Frage zu beantworten: Ich sehe es ganz einfach darin, alle aktuellen Daten der ärztlichen Versorgungssituation in Thüringen, die Sie angesprochen haben in Ihrem Punkt 1, können Sie nachlesen im Versorgungsbe
richt 2007 der Kassenärztlichen Vereinigung. Da sind sie veröffentlicht und jedem Bürger zugänglich. Und da erlaube ich mir jetzt auch mal so eine Attacke, wie gesagt, das Thema ist wichtig, man muss dann vielleicht auch einen SPD-Antrag machen, damit man diesbezüglich dann auch mal in die Presse kommt.
Als wir, meine Damen und Herren, schon vor 10 Jahren, als noch von Ärzteschwemme die Rede war, auf dieses Problem hier in den neuen Bundesländern aufmerksam gemacht haben, nämlich wegen der schon damals erkennbaren Altersentwicklung bei den Ärzten hier in Thüringen, wurden wir als Panikmacher, als Schlechtredner hingestellt. Allein in der letzten Legislaturperiode haben wir mehrfach Anträge zur ambulanten sowie stationären Versorgung in Thüringen eingebracht und auf diesen drohenden Ärztemangel hingewiesen und allzu unterstützend, Kollegin Taubert, waren Ihre Beiträge diesbezüglich nicht. Ich meine, vorgestern, ja, das war vorgestern, haben Sie dem Kollegen Kuschel bei einer Debatte ein Kompliment gemacht und ihm einen erstaunlichen Erkenntnisgewinn zugesprochen. Ich gebe Ihnen dieses Kompliment heute zurück.
Bezogen auf den zweiten Teil Ihres Antrags, wo ich dafür bin, dass wir das machen und dass es da Pläne geben muss, aber da muss ich Ihnen jetzt auch mal was zurückgeben: Sie bemahnen mich immer hier, wenn ich Probleme anbringe - ja, das ist Bundespolitik, das ist Bundespolitik. Da kann ich Ihnen auch diesen Hinweis nicht ersparen, dass allein die zwei letzten großen Gesundheitsreformen, die maßgeblich von Ihnen von der SPD mitgeprägt worden sind, auch die Rahmenbedingungen der ärztlichen Versorgung in Thüringen ambulant wie auch auf der stationären Ebene natürlich wesentlich beeinflusst haben, und das eben nicht gerade positiv.
Wer bitte redet denn dem Wettbewerb im Gesundheitswesen das Wort, einem Wettbewerb, der angeblich zu mehr Qualität in der medizinischen Versorgung führt und zu mehr Effizienz? Genau das beinhaltet die letzte Gesundheitsreform. Und auf die besonderen Probleme der neuen Bundesländer, die ja nun mal wirklich historisch unterschiedlich gewachsen sind, ist in keiner der letzten Reformen nur annähernd mal eingegangen worden, obwohl, das muss ich auch sagen, auch von Ost-Abgeordneten im Bundestag der SPD usw., von CDU-Leuten, von uns darauf hingewiesen worden ist, dass wir eine historisch gewachsene Spezifik haben, die auch in einer großen Bundesgesundheitsreform irgendwie mal ihren Niederschlag finden müsste. Das ist nie passiert.
So möchte ich Ihnen mal, meine Damen und Herren, allein am Beispiel der medizinischen Versorgungszentren aufzeigen, die ja etwas Positives sind, wenn sie auch inhaltlich richtig und organisatorisch richtig ausgestaltet werden, was da eigentlich an Fehlentwicklungen in der Praxis läuft. Die SPD-Gesundheitsministerin verkündet, wenn wir Medizinische Versorgungszentren schaffen würden, ähnlich den Polikliniken - ich freue mich ja, dass man das Wort heute sagen kann, ohne dass man beschimpft wird -, dann wird die ambulante Versorgung sozusagen automatisch besser. Schön wär’s, wir würden das begrüßen. Aber, meine Damen und Herren, in welcher ländlichen Region, z.B. in Thüringen, befindet sich ein Medizinisches Versorgungszentrum, um die dort drohende ambulante Versorgung zu sichern? Antwort: in keiner. Und fragt man nach, wer betreibt denn vorrangig Medizinische Versorgungszentren und wozu hier in Thüringen? Das Medizinische Versorgungszentrum in Meiningen z.B., das dem RhönKrankenhaus vorgelagert ist, gilt bei Insidern als Goldgrube für die Rhön AG. Medizinische Versorgungszentren, so wie sie jetzt entstehen und die Gesundheitsreform es auch zulässt, dass sie so entstehen, haben den sogenannten Drehtüreffekt. Sie sorgen dafür, dass kein Bett der Klinik leer bleibt unter den neuen Finanzierungsbedingungen der DRGs. Das sind keine Medizinischen Versorgungszentren, wie wir sie auch unterstützen würden und wie wir sie gern hätten.
Vor allem private Krankenhausträger haben schon lange begriffen, wie sie trotz Senkung der Verweildauer und Fallpauschalenvergütung zu ihren Einnahmen kommen oder auch für Aktionäre zu höheren Dividenden. Das einst vorbildliche Gesundheitssystem der Bundesrepublik wird sukzessive zerstört, weil riesige Profiterwartungen die Gier großer Unternehmen geweckt hat. Und jetzt betragen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen ca. 150 Mrd. €. Macht die große Politik die Tür weiter auf für Privatisierung des Krankheitsrisikos, so ist der Berechnung zufolge bei erfolgreicher Zerschlagung der gesetzlichen Krankenkasse bis zum Jahr 2020 mit mehr als 520 Mrd. € für die Versichertenunternehmen zu rechnen - und das sind dann keine solidarischen mehr.
In den letzten Wochen und Tagen beschäftigten sich Thüringer Regionalzeitungen fast regelmäßig mit dem Ärztemangel. Letzter Anlass war die 16. Thüringer Ärztewoche in Weimar. Ich finde das gut, dass da jetzt auch mal in der Öffentlichkeit darüber gesprochen wird. Was ich bedaure, ist, dass sie leider versäumen, die Öffentlichkeit auch über die Macht- und Konzerninteressen auf diesem Gesundheitsmarkt mit aufzuklären.
Meine Damen und Herren, es muss etwas getan werden für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung - auch hier in Thüringen. Bereits mit der Drucksache 4/1793 vom März 2006 zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung hatte meine Fraktion die Landesregierung aufgefordert, Maßnahmen zur Schließung von Versorgungslücken zu treffen und darüber zu berichten. Ich weiß nicht warum - sie hat es tatsächlich auch getan, am selben Tag. Ursachen für Probleme unserer ärztlichen Versorgungssituation sehe ich in der jahrelangen Verunglimpfung des Arztberufs. Ich bin für Kritik, aber das, was teilweise auch in den Medien jetzt mit den Ärzten gemacht wird, ist keine positive, in die Zukunft weisende Kritik, sondern ja, ich nenne es schon manchmal Verunglimpfung.
Ich sehe auch das Problem, das ist heute früh schon besprochen worden, in der zunehmenden Bürokratisierung. Und dann das Hauptproblem, und da kommen wir immer wieder darauf zurück und da übe ich auch keine Kritik, weil ich weiß, Thüringen war ein Land, was versucht hat, das zu klären, kam aber gegen die Vielzahl der anderen Länder aus den alten Bundesländern nicht an: Ich halte nach wie vor das Problem der geringeren Honorierung der Leistungen hier in den neuen Bundesländern für einen Hauptgrund der Probleme, die wir haben bezüglich des Ärztemangels.
Ich habe auch heute früh schon darüber gesprochen und das gehört auch hier wieder dazu. An der Stellschraube der Rationierung und der Deckelung von Gesundheitsleistungen wurde durch die Bundespolitik beständig gedreht, und das hat seine Auswirkungen. Ich erinnere noch mal an das Arzneimittelversorgungswirtschaftlichkeitsgesetz, was heute früh eine Rolle spielte, aber - und das dürfen wir auch nicht vergessen - auch mal an die Auswirkungen der Arbeitsmarktreform Hartz IV auf die budgetierte Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen. Das sind nämlich Rieseneinnahmeverluste. Und KV - die Leistungen sind da, die müssen gezahlt werden, da gibt es keinen Ausgleich. Freie Arztstellen und lange Wartezeiten gehören seit Jahren zum Bild der medizinischen Versorgung.
Werte Kollegen der SPD, wir hätten erwartet, dass Sie mit Ihrem Antrag die Landesregierung ebenfalls auffordern, wie wir es in der Vergangenheit mehrmals getan haben, sich für eine Neuregelung der Bedarfsplanung einzusetzen. Dieser Ansatz wäre ein neuer Weg, mal darüber nachzudenken - ich erkläre nachher auch noch, warum -, aber das würde dann Mut bedeuten, dass Sie sich mit den Gesundheitspolitikern Ihrer Partei im Bund auseinandersetzen und sie auch mal davon überzeugen müssten, warum das
so notwendig wäre, denn neben dem leidlichen Thema „Ärztedichte/Ärztemangel“ ist die aus dem Jahr 1993 stammende Bedarfsplanung ein weiteres ursächliches Problem der Sicherung flächendeckender medizinischer Versorgung. Während die jüngste Studie des Instituts für soziale Infrastruktur auf die zunehmenden Versorgungsprobleme im Alter aufmerksam macht, verweisen Wissenschaftler der Universität Bonn genau auf die Defizite der aktuellen Bedarfsplanung. Diese muss kleinräumiger werden. Außerdem sollten Bevölkerungs- und Patientendaten stärker berücksichtigt werden, denn nicht mehr ausreichend ist die Berechnungsgrundlage der ArztEinwohner-Relation. Hier, Herr Minister Zeh, sollte Thüringen nicht warten bis zum Jahr 2012, wo die Bedarfsplanung erst auf der Tagesordnung stehen soll. Es ist aus Sicht unserer Fraktion lebensfremd, wenn nach der Neuregelung in § 87 Abs. 7 SGB V das Bundesgesundheitsministerium erst im Juni 2012 dem Bundestag berichten soll, also erst einen Bericht geben soll, ob die Versorgungssteuerung aufgrund der Honorarverteilung, also der ärztlichen Vergütung im niedergelassenen Bereich, so erfolgreich war, dass auf eine Bedarfsplanung sogar verzichtet werden kann. Ich halte das für eine Illusion, dass man auf eine Bedarfsplanung verzichten kann.
Wir lehnen den Verzicht einer Bedarfsplanung ab, und das nicht nur für den ambulanten Bereich, sondern auch für den stationären Bereich. Da betone ich jetzt mal die Krankenhausplanung. Wir wissen, dass es eigentlich die Forderung der Krankenkassen ist, die manchmal etwas schwierig ist, aber darüber könnte man sich mal unterhalten, ob Krankenkassen noch ihr ursprüngliches Anliegen tatsächlich hundertprozentig verfolgen können durch die Gesetze, nämlich Vertreter der Versicherten zu sein, oder ob sie nicht auch durch diese Gesundheitsgesetze gesetzlich in vielen Dingen gezwungen sind, auch mehr kommerziell und betriebswirtschaftlich als fürsorglich zu denken.
Aber noch mal auf das bezogen jetzt, Bedarfsplanung - Ja oder Nein? Herr Minister Zeh, Sie können auf unsere Unterstützung rechnen, wenn Sie sich das Heft des Handelns bei der Fortschreibung des 6. Thüringer Krankenhausplans nicht aus der Hand nehmen lassen. Herr Sklenar, das muss nicht unbedingt immer etwas Schlechtes sein, weil Sie gerade „oje“ gesagt haben oder so, wenn ich es richtig verstanden hatte. Ich glaube, Herr Minister Zeh weiß, dass er da nämlich gar keinen einfachen Kampf hat. Wir wissen ja, das ist auch schon mal in diesem Hohen Haus gesagt worden, wer sich in der Gesundheitspolitik damit beschäftigt auch als Politiker, das ist, als wenn man in einem Haifischbecken schwimmen geht, weil nämlich bestimmte Interessen... Da sollte man doch sehen, dass man bei manchen Dingen...
Ich bin jetzt nicht auf die Ärzte gekommen. Wir haben jetzt vom Thüringer Krankenhausplan gesprochen. Und da müssten Sie wissen, hier geht es um die...
Die Haifische, das ist einfach die Lobby. Das können die Pharmaunternehmen sein, das können die Krankenhausträger, die Privaten sein, das können auch da und dort die Ärzte sein, das können auch bei bestimmten Anschauungen die Krankenkassen sein, das kann dann auch wieder irgendwo ein politisches Interesse sein. Ich fühle mich auch als Lobby für den Kampf des Erhalts der solidarischen gemeinschaftlichen Krankenversicherung.
Es ist immer eine Frage, es muss nicht immer negativ sein. Aber bezüglich des 6. Krankenhausplans versteht, glaube ich, der Minister Zeh diesen Vergleich. Sie können mir ruhig mal zunicken.
Abschließend ein paar Sätze zur Nachwuchsgewinnung von Ärzten generell. Da sage ich Ihnen ehrlich, ich sehe keine positive Entwicklung für unsere Zukunft. Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, beziehe ich mich mit meinen letzten Aussagen auf einen Allgemeinmediziner mit einer gut gehenden Hausarztpraxis, und zwar aus Oberbayern. Außerdem ist er Kreisrat der CSU und wie er schreibt, pflegt er weder linkspolitische noch revolutionäre Gedanken. Er fragt sich besorgt, ich zitiere: „Warum niedergelassene Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen“. Die Antwort gibt er selbst: „In den letzten Jahren entstanden große Klinikketten, die 2007 zusammen“ - hören Sie bitte hin, weil Sie heute früh von Geld geredet haben - „mehrere Milliarden Euro Gewinn erzielt haben“. Wenn wir die in unserem System hätten, dann würden wir über manches nicht streiten. Die Schuldenlast der Kommunen zwingt diese, ihre sowieso nur noch wenig besitzenden Krankenhäuser zu verkaufen. Über Personalreduzierung, Ausstieg aus dem Tarifvertrag und zentralisierten Einkauf für Verbrauchsmaterialien - Labor etc. - lassen sich erste Gewinne erzielen. „Doch was geschieht mit den niedergelassenen Ärzten bis 2020?“, fragt der Arzt. Seine Antwort: „Die werden einfach aussterben.“ Die Ursache ist leicht erklärt. Auch im ambulanten Sektor ist die Honorierung so schlecht geworden, dass sich für einen jungen Arzt das Risiko in die Selbstständigkeit einfach nicht mehr lohnt. Er schlussfolgert: „Anlie
gen der Gesundheitsreform der letzten Jahre war, die Bevölkerung auf komplette Privatisierung der gesamten Gesundheitsversorgung vorzubereiten. Da Arztsitze nicht mehr oder kaum besetzt werden, kaufen Krankenhauskonzerne sie inzwischen auf.“ So eine Entwicklung haben wir auch schon hier in Thüringen. „Somit wird das Monopol der Gesundheitsversorgung einer ganzen Region in den Händen eines einzelnen Privatunternehmens liegen.“ Diesen Äußerungen eines jungen Arztes - ich betone, Mitglied der CSU - ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, seit 1990 haben sich die ordnungspolitischen und damit die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erheblich verändert. Besonders einschneidende Veränderungen hat die Agenda 2010 gebracht. Mit ihr wurde das Sozialrecht insgesamt verändert. Mit der zunehmenden Individualisierung des Einzelnen verändern sich gesellschaftliche Wertorientierungen. Soziale Kompetenz geht zurück. So bedarf es zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch verschiedener Lösungsansätze.
Während die Landesregierung bei der Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen bei der U3 schwerpunktsetzend über die Jugendämter geht, wollen wir die Gesundheitsämter stärker in den Prozess des Frühwarnsystems einbeziehen, und das aus ihrer Bedeutung heraus mit ihrem qualifizierten Personal. Dazu ist es notwendig, die Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten vom August 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 zu ergänzen.
Meine Damen und Herren, warum sehen wir bei den Gesundheitsämtern einen guten Ansatz, um Mütter- und Familienberatung zu stärken und den Gesundheitsschutz für Mutter und Kind auszubauen? Es gibt sie noch flächendeckend, die Gesundheitsämter in Thüringen. Sie sind lokal und regional fest verankert. Es geht um aufsuchende Hilfe, um frühzeitige Hilfe für werdende Mütter, die risikobelastet sind. Ein aufsuchender Dienst wird laut Gebührenordnung für Familienhebammen nicht entsprechend vergütet.
Meine Damen und Herren, es geht letztlich auch um die Frage: Basiert der Schutz der gesunden Entwicklung der Kinder auf dem Prinzip der Freiwilligkeit oder auf dem Prinzip der Fürsorgepflicht des Staates? Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich ein bisschen entschuldigen, ich bin erkältet, aber ich bin noch kein Notfall und ein Rettungsdienst muss auch nicht kommen, aber bitte beachten Sie das ein bisschen jetzt beim Sprechen von mir. Das Hauptanliegen des Gesetzes ist und muss sein, Leben zu retten - und so möchte ich vorrangig als Gesundheitspolitikerin zu dem uns vorliegenden Gesetzentwurf reden. Aus dieser gesundheitspolitischen Sichtweise ist dem Innenminister mit dem Thüringer Gesetz zur Neuregelung des Rettungswesens ein Balanceakt gelungen, den wohl viele Akteure nicht für möglich gehalten haben. Viele unterschiedliche Interessenlagen mussten nicht nur sondiert werden, sondern die Akteure wollen sich auch gebührend wiederfinden in einem Gesetz. Ich denke, das ist Ihnen, Herr Minister Gasser, bei allen kritischen Anmerkungen, die es noch gibt und geben wird, relativ gut gelungen. Ich will auf einige Punkte eingehen, die ich besonders erwähnenswert finde. Bereits in der Vorerläuterung führt das Gesetz aus, dass die bisherige Ansiedlung des Sicherstellungsauftrags bei den Landkreisen und kreisfreien Städten als Aufgabenträger nicht zukunftsfähig ist. Das mag man bedauern und kritisieren, aber die Realität ist so. Die benannten Aufgabenträger verfügen über wenige Möglichkeiten, um Ärzte zu gewinnen, und können nur schwer regional übergreifende Lösungen in der notärztlichen Versorgung verwirklichen. Vor dem Hintergrund eines allgemeinen
Ärztemangels in Verbindung mit Strukturproblemen im ländlichen Raum, den neuen Arbeitszeitregelungen und einem Rückgang der Krankenhausdichte würden sich diese Probleme gerade für die bisherigen Aufgabenträger weiter verschärfen - Sie wiesen ja auch darauf hin, Herr Minister. Aus diesen genannten Gründen sieht das Gesetz vor, den Sicherstellungsauftrag für die notärztliche Versorgung der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen zu übertragen. Zugleich haben Krankenhäuser mit notfallmedizinischer Versorgung und niedergelassene Ärzte mit Notarztqualifikation im Rettungsdienst mitzuwirken. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung den kassenärztlichen Notdienst sicherzustellen. Auch meine Fraktion geht davon aus, dass durch die Erfüllung beider Sicherstellungsaufträge Synergieeffekte erzielt werden können. Damit enthält der Gesetzentwurf gegenüber dem alten eine neue Qualität, die dem Trend der Entwicklung in Thüringen entspricht. Ich werde darauf an anderer Stelle noch einmal eingehen, weil der sich abzeichnende Ärztemangel das Land schon heute vor schwerwiegende Aufgaben stellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, verglichen mit dem noch geltenden Rettungsdienstgesetz werden erhebliche Erweiterungen im Sinne von Ergänzungen und Präzisierungen vorgenommen. Ich verweise nur beispielhaft auf den § 3 - Begriffsbestimmungen -, den § 7 - Notärztliche Versorgung - und den § 13 - Ärztlicher Leiter Rettungsdienst. Sie sind ein Beleg dafür, dass aus Ereignissen und Vorkommnissen der jüngsten Vergangenheit eindeutige rechtliche Schlussfolgerungen gezogen wurden.
Hervorheben möchte ich auch die Korrektur, die vorgenommen wurde im Vergleich zum Referentenentwurf, zu dem wir uns in diesem Hohen Haus schon mal äußern konnten. Da will ich schon mal erwähnen, ich glaube, das ist einmalig, dass Abgeordnete schon mal über einen Referentenentwurf in diesem Hohen Haus reden konnten.
Der Gesetzentwurf jetzt, wie er vorliegt, schützt die in Thüringen ansässigen Unternehmen, das heißt die Hilfsorganisationen im Rettungsdienst. Damit trägt er eigentlich auch indirekt zur Arbeitsplatzerhaltung bei. Ich bin auch froh darüber, dass Notfallrettung und Krankentransport weiterhin eine medizinischorganisatorische und wirtschaftliche Einheit der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr bleibt. Damit wird die Verzahnung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz nicht nur per Gesetz, sondern auch praktisch vollzogen. Das dürfte ebenfalls zu Synergieeffekten führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, problematisch ist und bleibt der Ärztemangel, den wir im
ambulanten als auch im stationären Bereich zunehmend zu verzeichnen haben. Ich will das an einem Beispiel aufzeigen. Wir wissen, dass es in Thüringen 46 Standorte für Notarzteinsatzfahrzeuge gibt. Pro Notarzteinsatzfahrzeug sind fünf Ärzte rund um die Uhr mal 365 Tage im Jahr zu besetzen, auch wenn die Einsatzprofile zwischen 0,5 und 5,13 Vollbeschäftigten liegen. Es gilt aber im dünn besiedelten ländlichen Bereich wie auch in Ballungszentren, ein Notarzteinsatzfahrzeug ist rund um die Uhr zu besetzen. Gemessen an der Gesamtzahl aller Ärzte verfügen über eine Notfallqualifizierung, wie sie für ein Notarzteinsatzfahrzeug vorgeschrieben ist, zwei Drittel aller Krankenhausärzte und etwa ein Drittel der niedergelassenen Ärzte. Die Mehrzahl der Ärzte wird also aus dem stationären Bereich kommen müssen. Hier ist aber das Arbeitszeitgesetz entsprechend der europäischen Richtlinie um- und durchzusetzen. Bei stringenter Umsetzung des Gesetzes bedeutet das, der Einsatz als Notarzt gehört zur Dienstaufgabe, so dass der eingesetzte Arzt kein Geld mehr für diese Tätigkeit erhält. Die Möglichkeit, dass sich Ärzte aus dem Notarztdienst ausklinken werden, ist somit gegeben. Außerdem besteht die Gefahr, dass geplante Operationen aufgrund der angespannten Arbeitskräftesituation abgesetzt werden müssen bei einem Rettungsdiensteinsatz. Es ist bereits Praxis in Thüringen, dass selektiv kostenträchtige Operationen bevorzugt durchgeführt werden von einigen Kliniken aufgrund des neuen Finanzierungssystems für Krankenhäuser. Wir wollen, dass alle Patienten, gleich welchen Versicherungsstatus sie haben, von jeder Klinik auch und erst recht im Notfall aufgenommen werden.
Wartelisten für anstehende, also planbare Operationen sollten nicht das Qualitätskennzeichen der Gesundheitspolitik sein, schon gar nicht in Thüringen.
Eine weitere Frage, die im Zusammenhang mit diesem Gesetz zu stellen ist: Wie sehen die Arbeitsschutzbehörden die Umsetzung des vorliegenden Gesetzes? Dazu gehört die Frage: Ist Bereitschaftszeit gleich Arbeitszeit? Ich kann mir vorstellen, dass vor allem kleinere Krankenhäuser diesbezüglich Probleme bekommen, da sie aufgrund der restriktiven Weiterbildungsordnung über wenige Assistenzärzte verfügen. Was den niedergelassenen Bereich betrifft, ist zu sagen, dass der niedergelassene Arzt freiberuflich tätig ist. Wenn die KV-Ärzte ebenso mitwirken müssen, dann muss die Selbstverwaltung über die Vertreterversammlung einen entsprechenden Beschluss fassen und die Notfalldienstordnung für niedergelassene Ärzte wieder ändern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Finanzierung explizit zur Luftrettung haben die Ersatz
kassenverbände den Innenminister und die Gesundheitspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen angeschrieben und auf die Kosten allein in diesem Bereich aufmerksam gemacht. Hier wiederhole ich unseren Vorschlag vom September vergangenen Jahres: Eine Reduzierung der Hubschrauberstandorte wäre aufgrund der technischen Entwicklung möglich, ebenso möglich wäre eine Reduzierung der Rettungsleitstellen. Damit wären Kosteneinsparungen verbunden, die nicht zulasten von Notfallpatienten gehen würden, da diese Maßnahmen nicht die Anzahl der Rettungswachen und Rettungsstellen im Land tangieren. Wahrscheinlich muss man hier die begrifflichen Unterschiede zwischen Rettungsleitstelle, Rettungswache und Rettungsstelle deutlicher herausstellen, damit nicht der Eindruck entsteht, die Hilfsfristen würden damit größer werden. Hier bietet die moderne Technik Einsparpotenziale an. Damit können einerseits Kosten gesenkt werden, andererseits ist es notwendig, dass in jeder Leitstelle hoch qualifiziertes Personal rund um die Uhr eingesetzt wird, um entsprechend des Notfalls das richtige Rettungsmittel zum Einsatz zu bringen. Jede Dispatcherhandlung entscheidet unter Umständen über Leben und Tod. Sie hat eine mehrdimensionale Spannweite, die sich letztlich auch in Fehleinsätzen und Kosten widerspiegelt. Wegen der hohen Verantwortung der Leitstellenmitarbeiter und den Möglichkeiten der modernen Technik sind wir für eine Reduzierung der Anzahl der Leitstellen. Vielleicht ist es ja noch möglich, im Gesetzesverfahren über diese Frage zu diskutieren.
Meine Damen und Herren, ich sagte zu Beginn, dass das Hauptanliegen des Gesetzes sein soll und sein muss, Leben zu retten. Aus diesem Grund, denke ich, sollte die Beratung dieses Gesetzes vor allen Dingen auch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit stattfinden. Wenn das noch nicht beantragt worden ist, dann würde ich das für meine Fraktion beantragen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Taubert, ich kann Ihre Ungeduld nachvollziehen. Sie haben das selber gesagt, fast genau vor einem Jahr haben wir über Ihren Gesetzentwurf gesprochen und auch da haben Sie recht, dass der Innenminister oder die Landesregierung versprochen hatte, zeitnah ein Gesetz einzubringen. Aber im Gegensatz zu Ihnen, die Sie ja zu den Ausführungen des Innenministers gelacht haben, erlaube ich mir trotzdem zu sagen, dass ich eigentlich dem Innenminister meinen Respekt zollen möchte,
dass er ein für Thüringen so sehr schwieriges Gesetzesvorhaben endlich angegangen ist, und ich will Ihnen auch begründen, warum.
Der Rettungsdienst in der Bundesrepublik Deutschland stellt nicht nur einen Kostenblock von insgesamt 2,9 Mrd. € mit erheblichen Wirtschaftlichkeitsreserven, aber vor allem auch mit Begehrlichkeiten von vielen dar. Der Rettungsdienst ist auch die Stelle des deutschen Gesundheitswesens, wo das Funktionieren bzw. das Nichfunktionieren für den Bürger bzw. Wähler sichtbar ist und vor allem fühlbar wird für die Menschen, die einer Notfallrettung bedürfen. Vor Letzterem, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keiner von uns gefeit, obwohl ich es niemandem wünsche.
Wir müssen auch für Thüringen sagen, dass die Einsatzzahlen in den letzten Jahren enorm gestiegen sind trotz Rückgang der Bevölkerung und die Gesamtkosten sind auf etwa 80 Mio. € angewachsen. Machen wir uns nichts vor - ich sagte es am Anfang -, es gibt nicht nur Wirtschaftlichkeitsrerserven, sondern auch Begehrlichkeiten in diesem Bereich. Der Innenminister sagte ja, es gibt einen Referentenentwurf, der uns im August vorgelegt worden ist; er ist ein Referentenentwurf, der noch voll in der Diskussion steht. Nun habe ich mal die Illusion, die Naivität, obwohl ich jetzt schon 17 Jahre Politik mache, dass eventuell sogar Hinweise der Opposition zu Inhalten des Referentenentwurfs aufgegriffen werden, da sie aus meiner Sicht wirklich der Qualität des Rettungsdienstes in Thüringen dienen könnten und somit vor allem den Menschen, die der Notfallrettung bedürfen.
Unsere Kritikpunkte zum Referentenentwurf, die ich kurz skizzieren will, sind, und da komme ich zum ers
ten Punkt: Die Trennung von Krankentransport und Notfallrettung halten wir nicht für sinnvoll, nicht nur, weil wir gegen eine weitere Öffnung des Marktes sind und die Gefahr der Absenkung von Standards sehen, sondern auch aus der Notwendigkeit der Bündelung von Ressourcen heraus. Diese Ressourcenbündelung ist nicht nur sinnvoll bei Großschadensereignissen und im Katastrophenschutz, wir sollten Krankentransport und Rettungsdienst auch als eine wirtschaftliche und logistische Einheit sehen. Die stärkere Verzahnung des Rettungsdienstgesetzes mit dem Katastrophenschutz ist eine Lehre aus den tragischen Gutenbergereignissen. Das so zu tun, halten wir für richtig, Herr Minister. Aber offen bleibt hier die Frage, wer hat wo welche Vorkehrungen für einen Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten zu treffen? Hier besteht unserer Meinung nach noch absoluter Regelungsbedarf. Zum nicht unwesentlichen Faktor der Finanzierung des Rettungsdienstes möchte ich folgende Kritik anbringen: Als Gesundheitspolitikerin muss ich es entschieden ablehnen, dass die Landkreise und kreisfreien Städte komplett von jeglichen Kosten für den Rettungsdienst entlastet werden sollen. Das lässt für mich nur eine Schlussfolgerung zu: Öffentliche Aufgaben, öffentliche Daseinsvorsorge sollen über die Versichertenbeiträge der gesetzlich Krankenversicherten finanziert werden. Ich nenne das einen Skandal und hier müsste eigentlich ein Veto des Gesundheitsministers erfolgen. Diese Finanzierungsform zeigt eine einseitige Belastung der Finanzierung öffentlicher Aufgaben im Schatten der anstehenden Haushaltsdebatte. Was meine ich damit? Während das Land auf der einen Seite Kosten der Kommunen in Größenordnungen ablehnt - siehe zum Beispiel das Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Hilfe und Unterbringung psychisch Kranker - soll den Kommunen auf der anderen Seite gezeigt werden, wie stark sich das Land für die Entlastung kommunaler Haushalte einsetzt. Das halte ich für einen schlechten Witz bzw. schlechten Politikstil. Demgegenüber aber bleibt Thüringen bei dem Prinzip „jedem Landrat seine Rettungsleitstelle“. Gegenwärtig haben wir 14 Rettungsleitstellen in Thüringen. Nach dem vorliegenden Referentenentwurf müssen sich die Aufgabenträger nicht zu größeren Rettungsdienstbereichen zusammenschließen. Dabei kommt ein älteres Gutachten zu dem Schluss, dass für Thüringen vier Leitstellen ausreichend sind, ohne dass die Qualität des Rettungsdienstes dabei gefährdet wird. Diese Tatsache der Reduzierung ist nämlich von immenser Bedeutung, da die Kosten der Leitstellen in die Benutzerentgelte eingearbeitet werden.
Meine Damen und Herren, wir befürworten, dass der Sicherstellungsauftrag an die Kassenärztliche Vereinigung geht und nicht, wie einmal geplant war, an die Krankenkassen. Es ist auch sinnvoll, dass mit dem neuen Gesetz alle Krankenhäuser verpflichtet
werden sollen, mit Ärzten an der Notfallversorgung teilzunehmen. Aber bezogen auf diesen Punkt muss ich vor allem die Verantwortung des Ministers für Gesundheit für dieses Gesetz mit einfordern. Im noch geltenden Rettungsdienstgesetz, aber auch im vorliegenden Referentenentwurf fehlt dringend eine wichtige Formulierung bzw. Ergänzung, die auch vom Thüringer Krankenhausgesetz nicht abgedeckt ist. Da steht, was absolut richtig ist: „Die Krankenhäuser sind verpflichtet, die Einsatzleitstelle, in deren Rettungsdienstbereich sie liegen, über bestehende Aufnahmemöglichkeiten zu unterrichten.“ Zu ergänzen ist unserer Meinung nach Folgendes: „Sie“ - also die Krankenhäuser - „haben die vom Rettungsdienst erstversorgten Notfallpatienten unverzüglich für eine zumindest vorübergehende Anschlussversorgung im Krankenhaus aufzunehmen.“ Warum ist diese Ergänzung „vorübergehend“ so notwendig? Im Notfall, zum Beispiel bei Herzinfarkt oder Schlaganfall oder anderen lebensbedrohlichen Verunfallungen kommt es, meine Damen und Herren, auf jede Minute an, der Zeitfaktor spielt also eine große Rolle und es muss gesetzlich ausgeschlossen sein, dass Rettungsfahrzeuge mit Notfallpatienten in Thüringen von einem Krankenhaus zum anderen abgewiesen werden können und Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen keine Aufnahme finden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Besetzung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena
Im Zusammenhang mit der Beantwortung einer Großen Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. März 2007 in der Drucksache 4/2801 antwortete die Landesregierung u.a., dass die haushaltsmäßigen Voraussetzungen für die Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der FSU Jena geschaffen sind. Jedoch befindet sich das Berufungsverfahren noch in der hochschulinternen Abstimmung.
Ich frage die Landesregierung:
1. Seit wann befindet sich das Berufungsverfahren in der hochschulinternen Abstimmung?
2. Fehlen für die Besetzung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin geeignete Hochschulkräfte?
3. Wird der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin noch in diesem Kalenderjahr besetzt?
4. Wie ist der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin finanziell in der Zukunft abgesichert?
Ich danke erst einmal für die Beantwortung der vier Fragen und erlaube mir nur einmal aufgrund der Tatsache, dass ja im Moment - so der Stand von Juli 2007 - alleine 99 Hausärzte hier in Thüringen fehlen, noch einmal eine Frage zu stellen: Können Sie mir sagen, wie viele Allgemeinmediziner sich gegenwärtig
in der Weiterbildung befinden und wie viele davon auch in Thüringen bleiben werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Minister Zeh hatte gestern früh bei einer Debatte zu einem Thüringer Gesetz u.a. gesagt, dass man Gesetze gelegentlich überprüft, liegt in der Natur der Sache. Dieser Aussage kann ich voll zustimmen und bezogen auf unseren Antrag möchte ich auch sagen, warum. Es wird, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, in wenigen Wochen eine Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Transplantationsgesetzes geben. Zeitgleich wird eine zentrale Veranstaltung anlässlich des Tages der Organspende stattfinden und die Deutsche Stif
tung Organtransplantation hält ihren Jahreskongress ab. Die Erkenntnis und Erfahrung, dass Organmangel in Deutschland nach wie vor ein chronisches Problem ist und dass sich die damals getragene Hoffnung, dass das Transplantationsgesetz von 1997 zur Steigerung von Organspenden führen würde, leider nicht erfüllt hat, wird ganz sicher ein Kernthema der von mir benannten Veranstaltung darstellen. Deshalb über dieses Thema auch in den Parlamenten frühzeitig genug neu nachzudenken und in der Öffentlichkeit zu diskutieren, wo die Ursachen für die nicht erfüllte Hoffnung liegen, zu überprüfen, ob das Transplantationsgesetz geändert oder so bleiben sollte, wie es ist, ist somit legitim oder - mit den Worten von Herrn Minister Zeh gesprochen - liegt in der Natur der Sache.
Auch wenn wir, die Fraktion der Linkspartei.PDS, den Antrag heute eingebracht haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir alle hier im Parlament im Interesse der Betroffenen die inhaltlichen Aussagen des Antrags bewerten und parteipolitisch geprägte Interpretationen außen vor lassen. Für Letzteres ist nach meiner Meinung dieses Thema nämlich nicht geeignet. Ich selbst kann mich gut daran erinnern, vor zehn Jahren im Bundestag war das so. Bei den zur Debatte stehenden drei Gesetzentwürfen - die enge, die erweiterte Zustimmungsregelung sowie die Widerspruchslösung - wurde um jede Stimme inhaltlich gerungen und dann individuell entschieden nach Wissen und Gewissen. Das war partei- und fraktionsübergreifender Konsens. Die erweiterte Zustimmungsregelung erhielt damals die erforderliche Mehrheit. Ohne Frage wurden mit diesem Transplantationsgesetz wichtige Grundlagen geschaffen, um Patienten auf der Warteliste die notwendige Transplantation zu ermöglichen. Nur, wie schon erwähnt, zur Steigerung von Organspenden hat es nicht geführt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, rechtliche Vorgaben des Transplantationsgesetzes sowie eine Weiterentwicklung der Organspenden werden inzwischen neu diskutiert. Dass beide Aufgaben von politisch-gesellschaftlicher Bedeutung sind, haben wir in unserem Antrag begründet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf dem vor wenigen Wochen stattgefundenen 2. Jenaer Transplantationssymposium konnten beeindruckende Leistungen von 150 Organ- sowie 87 Knochenmark- und Stammzellentransplantationen genannt werden. Das Jenaer Universitätsklinikum hat sich über die Grenzen von Thüringen hinaus einen guten Namen in der Transplantationsmedizin erarbeitet. Die Mediziner, meine Damen und Herren, würden gern mehr Menschen helfen. Nur, diese Hilfe ist weniger ein medizinisches Problem, sondern vielmehr ein politisches Problem. Das hat selbst Ministerpräsident
Althaus eingeräumt. So äußerte er sich bei seinem Besuch zu diesem Symposium in Jena folgendermaßen - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Es geht darum, das Wissen der Menschen um die Transplantationsmedizin zu erweitern und die Einstellung zur Organspende zu verbessern.“ Weiter hatte er gesagt: „Über die Möglichkeiten der Transplantationsmedizin und die Bedeutung von Organspenden sollte bereits im Biologieunterricht informiert werden, nicht zuletzt, um nach wie vor verbreitete Ängste und Vorurteile abzubauen.“ Diese Aussage kann ich voll unterstützen und sie tangiert, glaube ich auch, vor allen Dingen den ersten Punkt unseres Antrags. Gleichzeitig sprach sich aber der Ministerpräsident für die Zustimmungsregelung aus, also die Beibehaltung des Status quo.
Ich bekenne jedenfalls offen, ich selbst habe mich bereits vor zehn Jahren für die Widerspruchslösung eingesetzt. Ich habe aber auch akzeptiert, dass damals mehrheitlich diese Lösung nicht durchsetzbar war, und somit besitze ich logischerweise seit dieser Zeit auch einen Organspendeausweis. Die Widerspruchslösung, meine Damen und Herren, ist nicht irgendein Gespenst. Sie existiert in Österreich und sie ist in fast allen anderen europäischen Ländern Praxis. Es gab sie auch bereits zu DDR-Zeiten und noch heute leben Menschen, die zu dieser Zeit transplantiert worden sind.
Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren werden die Wartelisten für die Spenderorgane immer länger. Wenn in Thüringen pro Jahr und Million Einwohner 244 Patienten dialysepflichtig werden und wir damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen, dann ist diese Zahl 244 zugleich ein Hinweis auf die Warteliste für eine Niere.
Meine Damen und Herren, im vergangenen Jahr habe ich im Zusammenhang mit unserer Forderung, Gesundheitsziele für Thüringen zu fixieren, auf das Problem und die Folgen von Ernährung, Übergewichtigkeit und Bewegungsmangel am Beispiel des Diabetes mellitus und seine Kosten verwiesen. Wenn wir bereits jetzt in Deutschland 61.000 Dialysepatienten haben und steigende Zahlen bei Diabetikern - in Thüringen liegt die Zahl zwischen 120.000 und 160.000 -, so steigen auch die Nierenschädigungen und - das kann sich jeder ausrechnen - wahrscheinlich dann auch die Notwendigkeit für eine Organspende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gegenwärtige rechtliche Situation zur Organentnahme ist sehr kompliziert. Das wurde bereits in der Thüringer Enquetekommission 3/1 „Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ erörtert. Dort heißt es unter anderem im Abschlussbericht - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Die Krankenhausärzte müssen immer wieder motiviert werden, den
Transplantationszentralen Mitteilung zu machen, dass ein als Spender geeigneter Patient verstorben ist. Nach dem Gesetz sind sie dazu verpflichtet, allerdings erst, nachdem der Tod eingetreten ist und die gesetzlich geforderte Zustimmung vorliegt. In der Zwischenzeit geht aber, wenn nicht künstlich beatmet wird, die Eignung zum Spender gewöhnlich verloren. Die Beatmung nach eingetretenem Tode zur Konservierung für die Organspende ist aus rechtlicher Sicht aber bereits eine zustimmungspflichtige Maßnahme. Die Krux für die Krankenhausärzte liegt also darin, Gespräche mit den Angehörigen zur Organentnahme in einer von Trauer gekennzeichneten Situation zu führen, die für Angehörige nur schwer zu ertragen ist. So sind Ablehnungsgründe durch Angehörige von Verstorbenen sehr komplex. Große Bedeutung kommt dem Gespräch des behandelnden Arztes bzw. des Transplantationskoordinators mit den Angehörigen zu. Dazu gehören die Art der Gesprächsführung, das räumliche Umfeld, die Fähigkeit zum einfühlsamen Umgang mit den Angehörigen sowie die Art der Überbringung der Todesnachricht.
Meine Damen und Herren, laut Umfrage wären 78 Prozent unserer Bevölkerung für eine Organspende offen bzw. bereit, aber nur ca. 12 Prozent haben einen Organspendeausweis. Die zu Lebzeiten von potenziellen Spendern geäußerten Gründe für das Versagen der Erlaubnis zur Organspende ist Ausdruck einer unbewussten oder bewussten Verweigerung, sich über das Thema der Organspende mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Die Gründe sind zum größten Teil Ausdruck für ein diffuses, emotionales Unbehagen als eine bewusste, rationalisierte Verweigerung. Im Zusammenhang mit der vom Ministerpräsidenten geforderten Aufklärung ist somit vor allem auch die Enttabuisierung von Sterben und Tod nach wie vor eine wichtige öffentliche Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der juristischen Debatte hat sich mit dem Transplantationsgesetz die Anerkennung des Hirntodkriteriums als Entnahmekriterium entschieden. Im Abschlussbericht der genannten Thüringer Enquetekommission heißt es unter anderem dazu: „Im Detail ist das Transplantationsgesetz der Organspende nicht förderlich. Auf die Dauer wird der Gesetzgeber das Dilemma zwischen dem Bedarf an Spenderorganen und dem über den Tod hinausreichenden Schutz der Persönlichkeit neu bewerten müssen, um der Transplantationsmedizin eine eindeutige rechtliche Basis zu verschaffen.“ Als Minimalkonsens war deshalb formuliert worden, dass im Transplantationsgesetz die Kliniken ausdrücklich zu ermächtigen sind, lebensfunktionserhaltende Maßnahmen über den Tod hinaus noch einen gewissen Zeitraum durchzuführen, bis eine Erklärung der Angehörigen über den vermuteten Willen des Spenders eingegangen ist.
Meine Damen und Herren, eindeutiger war die Positionierung zur Lebendspende. Hier gehe ich davon aus, dass die Landesregierung nach wie vor die Position der Enquetekommission vertritt. Zwar sind Organe von lebenden Spendern besser zur Transplantation geeignet, doch ist das vom Spender fremdnützig eingegangene Risiko ethisch höchst problematisch. Nicht nur die Freiwilligkeit der Spende ist schlecht kontrollierbar, das gesundheitliche Risiko des Spenders ist wirtschaftlich bisher nicht ausreichend abgesichert. Die Lebendspendekommissionen in den Ländern haben wenig Kompetenz und ihr Votum ist für Ärzte nicht bindend. Außerdem gibt es keine einheitlichen Kriterien in Deutschland, um Unfreiwilligkeit und Organhandel bei Lebendspende auszuschließen. Die Kommissionen arbeiten nach Vorgabe der Landesbehörden. Eine Studie zur Arbeitsweise der Lebendspendekommissionen kommt zu dem Schluss, einheitliche Richtlinien für alle 23 Lebendspendekommissionen zu erarbeiten, damit die Gremien die Freiwilligkeit prüfen und Organhandel ausschließen können. Deshalb muss die Organtransplantation von Lebendspenden gesetzlich strenger beschränkt werden, wie es der Abschlussbericht der Enquetekommission festhält.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist an dieser Stelle ausdrücklich zu würdigen, dass Thüringen einem Regierungsentwurf für ein Gewebegesetz - Bundestagsdrucksache 16/3146 - bisher kritisch gegenüberstand. Ich hoffe, Herr Minister Zeh, dass das so bleiben wird, denn auch in der Anhörung des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag am 7. März dieses Jahres war die Kritik der Fachleute an diesem Regierungsentwurf nicht zu überhören. Die Kritik macht sich vor allem daran fest, dass die Bundesregierung beabsichtigt, den Umgang mit Gewebe nach dem Arzneimittelrecht zu regeln. Diese Zuordnung würde bedeuten, dass menschliches Gewebe dann ein Arzneiprodukt und eine Handelsware wäre. Kliniken würden wie ein Pharmaunternehmen behandelt und für die Entnahme von Gewebe benötigten sie eine Herstellungserlaubnis. Damit wären die Kliniken den für Arzneimitteln strengen Sicherheitsrichtlinien und aufwendigen Zulassungsverfahren unterworfen, was bei Gewebe völlig kontraproduktiv ist. Medizinische Behandlungsverfahren würden unmöglich gemacht, denn bei menschlichem Gewebe handelt es sich nicht um standardisierte Produkte. Mit der Unterstellung aller Gewebe unter das Arzneimittelgesetz wären enorme Kosten für die einzelnen Einrichtungen die Folge, die in ihrer Umlage zur erheblichen Verteuerung der Gewebetransplantate und -produkte führen würden. Damit würde letztlich die Solidargemeinschaft belastet und das kann nicht Sinn eines Gesetzes sein. Als skandalös ist die Tatsache zu werten, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Transplantation postmortal gespendeter Gewebe in die Gewerblichkeit mit ein
beziehen will. Das heißt im Klartext: Die Tür würde aufgemacht werden, dass man menschliches Gewebe kaufen und verkaufen kann. Zu kritisieren ist, dass der Grundsatz der Anonymität für die postmortale Gewebespende aufgehoben wird; bei der postmortalen Organspende gilt er. Der Widerspruch zwischen Organ- und Gewebegewinnung berührt ethische Grenzen bzw. überschreitet sie, da der postmortale Gewebesektor als gewerbliches und somit gewinnorientiertes Leistungsfeld ausgestaltet wird. Die Organtransplantation finanziert sich aber aufwandsorientiert durch öffentliche Mittel der Selbstverwaltung. Sie gibt Spenderorgane nur treuhänderisch weiter, so dass keinerlei verwertbare Verfügungsrechte entstehen können. Mit dem Gesetzentwurf besteht die große Gefahr, dass einzelne vermittlungspflichtige Spenderorgane nicht transplantiert werden, weil Teile von ihnen als Gewebeprodukte wirtschaftlich interessanter verwertbar erscheinen. Das macht den Weg frei hin zur Unterlassung von Organspendemeldung, weil der Vorgang der Meldung als Gewebespender gewinnbringender zu gestalten ist. Die Konsequenzen für Patienten, die auf Organe warten, kann sich jeder selbst vorstellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir lehnen aus ethischen Gründen die Gewerblichkeit auf diesem sehr sensiblen Gebiet und damit die Marktöffnung grundsätzlich ab. Eingedenk der gemeinsamen Arbeit in der Enquetekommission „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ und deren inhaltsschweren Abschlussberichts fordern wir die Landesregierung auf, ihren Einfluss dahin gehend geltend zu machen, dass die Bundesregierung ein von ethischen Grundsätzen und juristisch sauber formuliertes Gesetz vorlegen möge.
Der vorliegende Gesetzentwurf schadet der Transplantationsmedizin. Wird er nicht in besagtem Sinne verändert, wäre Deutschland wohl das einzige Land in Europa, das die Gewerblichkeit für den postmortalen Gewebesektor mit der Umsetzung der EURichtlinie in die Transplantationsmedizin einführt. Ich denke, das kann irgendwo nicht der Sinn sein.
Ich bitte Sie, Herr Minister Zeh, in diesem Fall Ihre Fraktion zu motivieren, unseren Anträgen zuzustimmen, da sie wirklich nur ethisch-moralischen Ausdruck haben und Sie eigentlich bitten, auf Bundesebene zu unterstützen, dass das Gewebetransplantationsgesetz in dem Sinne verabschiedet wird, wie ich es hier gesagt habe. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, in einer Frage bekomme ich das nicht unter, deshalb gestatten Sie mir noch einmal ein paar Worte, Herr Minister Zeh, zu dem Letzten, was Sie gesagt haben.
Das Gesetz ist ja noch im parlamentarischen Verlauf. Sie haben gesagt, es ist nicht bundesratszustimmungspflichtig, also es ist noch im Bundestag, aber Sie hatten auch gesagt, Sie stehen dem kritisch gegenüber oder an der Stelle teilen Sie unsere Auffassung, das darf auf keinen Fall sein, dass menschliches Gewebe - ob nun postmortal gewonnen oder kommerziell - gehandelt werden kann. Ich
kann nicht so richtig verstehen, warum man dem nicht zustimmen kann. Es verpflichtet zu nichts anderem, als dass Sie als Landesregierung Obacht geben sollen, dass auf Bundesebene nicht ein Gesetz gemacht wird, was letztendlich dann auch für die Länder irgendwo Gültigkeit hat, dass hier etwas verhindert wird, eine Richtung. Beim ersten Punkt kann ich z.B. Ihre Ablehnung überhaupt nicht verstehen. Ich habe mir erlaubt, Ministerpräsident Althaus zu zitieren, der bei diesem Symposium in Jena war, er hat selbst gesagt: Natürlich tun wir schon etwas an Aufklärung. Wir sagen ja auch nicht, es ist nichts gemacht worden, sondern wir bitten eigentlich nur darum, dass noch mehr Aufklärung passiert. Herr Minister Althaus hat ja auch gesagt, schon selber angedeutet, wo Wege sind, wo man noch mehr tun kann, also der Bevölkerung die Ängste nehmen usw. In der Begründung gebe ich Ihnen recht, aber wenn ich jetzt richtig verstehe, liebe Frau Präsidentin, ich kenne die Geschäftsordnung nicht so toll, wenn ein Antrag abgestimmt wird, wird nicht die Begründung abgestimmt, sondern doch nur über die zwei Punkte. Da gebe ich Ihnen recht, dort hätten wir vielleicht meine persönliche Meinung rausnehmen sollen, die Widerspruchslösung, zu der ich mich ja auch in der Rede bekannt habe, schon vor zehn Jahren. Aber ich habe in meiner Rede auch ausdrücklich gesagt, dass ich andere Meinungen und Mehrheitsverhältnisse immer akzeptiert habe. Aber ich sage, es lässt sich doch darüber reden. Ich habe in meiner Rede nicht ein Wort vom Ethikrat gesagt, extra deshalb. Ich habe in meiner Rede auch ausdrücklich gesagt, wir haben zwar als Fraktion diesen Antrag eingebracht, aber es ist kein Thema, was parteipolitisch irgendwie zu entscheiden ist, sondern von jedem Menschen, egal welcher Partei er angehört oder nicht angehört, wir haben ja auch religiöse Gründe usw., akzeptiere ich ein Nein. Ich wollte eigentlich nur versuchen zu sagen, dass man vielleicht auch die ganze Sache in der Hinsicht im Interesse der Betroffenen so sehen kann, dass man seine ganze Argumentation, ob man zustimmt oder ablehnt, unter dem Slogan betrachtet, auch die Medien usw.: „Organspende heißt Leben spenden!“ Das ist eine positive Sache. Das heißt aber nicht, dass jemand dazu verpflichtet ist, wenn er das nicht will. Da habe ich vielleicht einen Fehler gemacht: Ich hätte nicht die Fraktion Linkspartei.PDS darüberschreiben sollen, sondern ich hätte vielleicht mal den Mut haben sollen, was im Bundestag gerade bei den Transplantationsgesetzentwürfen möglich war, dass ich vielleicht in die anderen Fraktionen hätte gehen sollen, hätte einzelne Abgeordnete fragen sollen: Würdet ihr bereit sein, eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten, dass wir gemeinsam über Parteigrenzen hinweg diesen Antrag einbringen? Vielleicht hätten Sie dann mehrheitlich auch dieser aus meiner Sicht politisch wirklich ungefährlichen Annäherung PDS oder anderes zustimmen können. Ich überlege mir das noch
mal und wir haben ja noch ein paar Jahre Zeit, dann werde ich mal so einen Antrag versuchen über alle Fraktionen hinweg und dann hat er vielleicht auch eine Chance. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) - die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland
Von Mai 2003 bis Mai 2006 hat das Robert-KochInstitut (RKI) den KiGGS durchgeführt. Ziel der bundesweiten Studie war es, erstmals umfassende und bundesweit repräsentative Informationen zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren zu erhalten. Die Untersuchung wurde in 167 für die Bundesrepublik repräsentativen Städten und Gemeinden durchgeführt. Thüringer Städte wurden in diese Studie mit einbezogen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Studie aus Thüringer Sicht?
2. Ergeben sich aus der Feststellung der Studie, dass die Intensität der Aktivität im Vereinssport am höchsten ist, Konsequenzen, den Thüringer Landessportbund finanziell besser auszustatten?
3. Wie bewertet die Landesregierung den Zusammenhang des Anteils der Auffälligen mit niedrigem sozioökonomischem Status, z.B. bei Essstörungen und Übergewichtigkeit etc.?
4. Werden im nächsten Thüringer Gesundheitsbericht soziale Indikatoren bei der Erhebung von Gesundheitsdaten mit berücksichtigt?
Sondergesundheitsministerkonferenz zum Thema „Zukunft der Krankenhausversorgung“
Die Sondergesundheitsministerkonferenz im März 2007 hat die Aufgabe, grundlegende ordnungspolitische Fragestellungen zur Weiterentwicklung der Krankenhausplanung und -finanzierung zu erörtern und entsprechende Beschlüsse vorzubereiten. Dabei soll das Auslaufen der Konvergenzphase der Fallpauschalen mit einbezogen werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie definiert die Landesregierung unter dem Aspekt grundlegender ordnungspolitischer Fragestellungen in diesem Zusammenhang den „Versorgungsauftrag“ der Krankenhäuser durch das Land?
2. Wird die künftige Thüringer Krankenhausplanung eine Standortplanung für Notfall- und Grundversorgung sein?
3. Wie definiert die Landesregierung „qualitätsorientierte Leistungsplanung“?
4. Wie bewertet die Landesregierung aus Sicht der Letztverantwortung des Landes die monistische Finanzierung des Krankenhausbereiches?
Herr Staatssekretär Illert, ich danke für die Antwort. Sie sagten, Sie haben Ihre Antwort jetzt auf die 5. Krankenhausplanung bezogen. Wir hatten ja einen Brand in einem Kinderheim in Tröbnitz, davon waren acht Kinder betroffen. Für mich erstaunlich war, dass im Prinzip acht Kinder nicht in einer Kinderklinik in Jena unterzubringen waren, sondern sie mussten getrennt werden, weil keine Notfallbetten bereitgestellt werden konnten. Deshalb möchte ich doch noch mal nachfragen: Hat die Landesregierung bei Katastrophen- und Gefahrenabwehr auf alle Krankenhäuser der verschiedenen Träger Zugriff?
Meine zweite Frage lautet: Beteiligen sich auch zurzeit alle Krankenhausträger an der Sicherung von Notfall- und Rettungsdiensten?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bedaure es ein wenig, dass Sie Ihren Antrag nicht begründen, weil ich ehrlich sagen muss, wir mussten ihn mehrmals lesen, um so richtig herauszufinden, was Sie eigentlich wollten. Heute war das im „Freien Wort“ nachzulesen, da habe ich es erst richtig begriffen. Ich habe da ein paar Fragen und die werde ich auch in meiner Rede formulieren. Ich hoffe und wünsche dann in unserem gemeinsamen Interesse, weil es nichts Negatives ist, dass wir dann aber eine Antwort finden. Was sich uns natürlich sofort erschlossen hat, war, dass Ihr vorliegender Antrag sich auf die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste bezieht und dass er mit weitreichenden Maßnahmen verknüpft ist. Natürlich teilen wir das Anliegen des Inhalts dieses Antrags sowie auch den Bedarf, aber hinsichtlich des Verfahrens unterscheiden wir uns in bedeutungsvollen Ansätzen und Fragen. Wir sehen, unter anderem auch bestätigt durch Ihren Antrag, einen zwingenden Handlungsbedarf beim Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen. Es wird Sie also nicht verwundern, dass unsere Fraktion in nächster Zeit einen neuen Anlauf machen wird, einen solchen Gesetzentwurf einzubringen. Vor drei Jahren ist das ja schon mal geschehen und da wurde er, ein bisschen unverständlich, vonseiten der SPD-Fraktion abgelehnt, aber im Besonderen von der CDU-Fraktion, und zwar mit sehr widerspruchsvollen Begründungen. Einerseits wurde erklärt, dass es richtig ist, dass Thüringen ein Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst braucht. Andererseits verteidigte Minister Dr. Zeh die Verordnung vom 8. August 1990 in der Fassung der Bekanntmachung der damals als Landesrecht fortgeltenden Vorschriften der ehema
ligen DDR vom 2. Oktober 1998. Dagegen meinte der Sprecher der CDU-Fraktion damals, mit unserem Gesetzentwurf würde der Weg zurück in die Staatsmedizin der DDR erfolgen. Dieses Totschlagargument kommt ja immer wieder, wenn man, wie ich sehe, fachlich nichts entgegenzusetzen hat. Aber offensichtlich hat dieses Totschlagargument auch ein bisschen die SPD-Fraktion beeinflusst und sie hat sich deshalb gescheut, ihren Antrag weiterzufassen, als nur an das SGB V anzuknüpfen. Das wird insbesondere deutlich in Punkt 1 des Antrags. Was aber der Gemeinsame Bundesausschuss im SPD-Antrag § 25 Abs. 4 Satz 2 für Aufgaben entsprechend der Intention Ihres Antrags dabei haben soll, erschließt sich mir nicht. Anders verhält es sich mit § 26 SGB V. Das verstehe ich, er regelt den Anspruch versicherter Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres. Da Sie sich scheuen - sicher aus datenschutzrechtlichen Gründen, was zu verstehen ist -, aus dem Anspruch eine Pflicht zu formulieren, fordern Sie eine zentrale Stelle zur Erfassung der Teilnahme an allen vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen, und zwar für alle Untersuchungen bis zum Schuleintritt. Noch eine zentrale Stelle mehr - und da frage ich, was bringt uns das, was soll das? Ohne Frage, eine lückenlose Erfassung der teilnehmenden Kinder an Früherkennungsuntersuchungen wäre schon erstrebenswert. Ich frage aber auch, was ändert das an den Ursachen, warum Kinder nicht teilnehmen? Hier besteht doch das Problem. Eine Erfassungsstelle allein klärt das nicht. Was wir brauchen auf Landes- und vor allem auf kommunaler Ebene, ist der Erhalt bzw. Wiederaufbau von niedrigschwelligen und aufzusuchenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Familien mit Kindern. So war und ist eine wesentliche Säule des Gesundheitsschutzes zum Beispiel die Mütterberatung. Leider wurde im Zuge der Verschlankung von kommunalen Aufgaben beim öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen so viel zusammengespart, dass es nur noch Rudimente einer Mütterberatung, zum Beispiel in der Landeshauptstadt Erfurt, gibt. Das ist mehr als bedauerlich, denn alle Erfahrungen haben gezeigt, die Mütterberatung erfasst bereits während der Schwangerschaft Problemmütter und, was besonders hervorzuheben ist, sie begleitet sie auch. So gibt es bzw. gab es zwischen der geburtshilflichen Klinik und der Mütterberatungsstelle eine enge Zusammenarbeit. Frühzeitig erfolgte der Kontakt zwischen den Mitarbeitern des Gesundheitsamts bzw. der Mütterberatungsstelle, der Entbindungsstation und der Kinderklinik. Somit konnte mit gleichbleibendem entsprechend geschultem Personal zwischen der Mütterberatung und der Mutter ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Mütter mit ihren Neugeborenen aus einem sozial schwachen Umfeld wurden unmittelbar nach der Entlassung aus der Klinik von den zuständigen Mitarbeitern besucht und alle vier Wochen wurde die Mütterberatung aufgesucht. Blieb die Mutter
dem Termin fern, erfolgte bereits einen Tag später ein Hausbesuch. Hier, Herr Kollege Panse, wir hatten schon mal im Ausschuss darüber diskutiert, ist übrigens der gravierende Unterschied zwischen einem niedergelassenen Kinderarzt bzw. Kinderärztin und dem öffentlichen Gesundheitsdienst zu sehen. Es ist die aufsuchende Tätigkeit, der aufsuchende Dienst der hier stattfinden kann. Bei allen Bemühungen eines Arztes, meine Damen und Herren, ein privat arbeitender Kinderarzt kann es sich weder zeitlich noch honorarmäßig erlauben, solche Art Hausbesuche durchzuführen.
Meine Damen und Herren, Mütterberatung hat den Sinn, schwangere Frauen in sozialen und rechtlichen Fragen zu beraten, wenn nötig, Hilfe des Sozial- bzw. Jugendamts hinzuzuziehen. Und durch die ärztliche Beobachtung der Gesundheit und Entwicklung der Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr wird eine lückenlose Betreuung gewährleistet. Da es kaum noch Großfamilien gibt, Erfahrungswissen über die Entwicklung von Kleinkindern und deren Bedingungen nicht mehr so weitergegeben werden kann wie früher in einer Großfamilie, ist die Mütterberatung an allen Gesundheitsämtern unserer Meinung nach notwendig.
Hebammen, wie im Antrag der SPD benannt, in diese beratende Tätigkeit mit einzubeziehen, will ich ausdrücklich befürworten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, im Zusammenhang mit diesem Antrag muss erwähnt und einbezogen werden, dass die Bundesregierung im Februar 2005 den Nationalen Aktionsplan für ein kindgerechtes Deutschland 2005 bis 2010 verabschiedet hat. Er wurde unter Beteiligung aller Bundesressorts, der Länder, der Kommunen und nicht staatlichen Organisationen entwickelt. Dieser Plan behandelt sechs kinderpolitische Handlungsfelder: Chancengleichheit in der Bildung, Aufwachsen ohne Gewalt, Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Lebensbedingungen, Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards und internationale Verpflichtungen. Die Bundesregierung unterstreicht in diesem Nationalen Aktionsplan das zentrale Recht aller Kinder und Jugendlichen auf bestmögliche Förderung der Gesundheit. Dabei wird Gesundheit entsprechend der Weltgesundheitsdefinition verstanden. Zu den Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit gehören unter anderem die Vorbeugung, Früherkennung und Frühbehandlung von Krankheiten, die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie die Verhütung von Unfällen.
Meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zu § 25 Abs. 4 Satz 2 des V. Buches Sozialgesetzbuch
in Ihrem Antrag. In diesem Paragraphen geht es generell um Versicherte, die das 35. Lebensjahr vollendet haben und jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung haben. Der in Ihrem Antrag zitierte Satz verweist auf die Richtlinien, die der Gemeinsame Bundesausschuss zu Art und Umfang und zur Kostenregelung trifft, nur inwiefern hier der Kinderschutz tangiert wird, das kann ich nicht nachvollziehen und da hoffe ich dann auf Ihre Aufklärung.
Im Übrigen koordinieren die Gesundheitsämter ihre Arbeit mit dem Jugend- und Sozialamt. Sie können es objektiv aber nur so, wie die genannten Ämter personell dazu noch in der Lage sind - eine Aussage, die die Landesregierung bereits vor einiger Zeit selbst gemacht hat. Ich denke, genau hier haben wir ein Problem, was die personelle Ausstattung betrifft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen: Um sozialkompensatorische Präventionsmaßnahmen für Kinder und Erwachsene zu planen und Hilfesysteme auf die relevanten Zielgruppen auszurichten, brauchen die Akteure im Gesundheitswesen und im öffentlichen Gesundheitsdienst im Einzelnen gesicherte Erkenntnisse. Wesentliche Instrumente einer sozialkompensatorischen Prävention sind die Schuleingangsuntersuchungen, die zentrale Erfassung und zeitnahe Auswertung der Daten sowie eine regelmäßige alters- und geschlechtsspezifische Gesundheitsberichterstattung mit sozialen Indikatoren. Das Land Brandenburg macht das seit Jahren. Damit bin ich wieder bei der Rolle und Bedeutung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, dessen materielle und personelle Stärkung meine Fraktion nach wie vor fordert.
Bereits in meiner Rede zum Antrag der CDU-Fraktion im Oktober 2005 habe ich darauf hingewiesen, dass Haus- und Kinderärzte zusätzliche Jugendgesundheitsuntersuchungen für sinnvoll halten, da vor allem auch zwischen dem 13. und dem 35. Lebensjahr eine Vorsorgelücke besteht. Hier als Landesregierung tätig zu werden, würde ich für eine sinnvolle Anregung zur Ergänzung der Thüringer Familienoffensive halten und Sie könnten sogar in diesem Falle mit unserer Unterstützung rechnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, auch ich möchte Herrn Minister Zeh für seinen Sofortbericht danken. Wie Sie gehört haben von Herrn Minister Zeh, Frau Kollegin Taubert und Herrn Gumprecht, die Landesregierung kann doch etwas machen, auch wenn uns das nicht reicht, aber sie kann etwas tun. So gesehen finde ich unseren Antrag gar nicht so populistisch, sondern ich finde ihn genau angebracht.
Aber gestatten Sie mir, dass ich zu Beginn meiner Rede nicht aus dem Sofortbericht von heute, sondern aus dem Bericht der Landesregierung zur medizinischen Versorgung der Bürger in Thüringen unter dem Aspekt des GKV-Modernisierungsgesetzes zitieren möchte. Dieser Antrag ist damals von uns eingebracht worden und Herr Minister Zeh hat genau vor einem Jahr, er hat es selber gesagt, im Oktober diesen Bericht gegeben. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis daraus: „Die finanzielle Misere der Krankenversicherung resultiert aus verfehlter Arbeitsmarkt-, Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik der damaligen Regierung. Des Weiteren wurde die Einnahmebasis der GKV durch Verschiebebahnhöfe zugunsten des Bundeshaushaltes und anderer Sozialversicherungszweige massiv belastet.“ Ohne Frage eine ehrliche Aussage. Doch was passiert heute? Was wurde aus dieser Erkenntnis aufgegriffen. „Der eingeleitete Richtungswechsel hin zu mehr Eigenverantwortung“ - wie es im Bericht weiter heißt - er wird ohne Korrektur mit der neuen Reform fortgesetzt. Denn mehr Eigenverantwortung, mehr Eigenleistung heißt noch mehr Eigenbeteiligung, sprich Zuzahlung. Das Krankenhaustagegeld soll aus der Berechnung der Überforderungsklausel der Zuzahlung ausgegliedert werden. Das ist faktisch eine Zuzahlungserhöhung, Herr Kollege Gumprecht. Das stimmt nämlich nicht, was Sie gesagt haben, dass es das einzige Gesetz wäre, wo es keine Zuzahlungen geben würde.