Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie sehr herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Abgeordnete Frau Wolf, die Rednerliste führt der Herr Abgeordnete Günther.
Es haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt Frau Abgeordnete Doht und Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen.
Wir beginnen die heutige Sitzung mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 20 - im Ältestenrat war vereinbart worden, dass dieser Punkt heute als erster Tagesordnungspunkt aufgerufen wird:
Arbeitsbericht des Petitionsaus- schusses für das Jahr 2006 dazu: Unterrichtung durch die Präsi- dentin des Landtags - Drucksache 4/2968 -
Frau Präsidentin, werte Kollegen, werte Gäste, die noch nicht da sind, aber vielleicht noch kommen, ich freue mich, Ihnen heute am 4. Mai 2007 den Arbeitsbericht für das Jahr 2006 gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Schwerpunkte der Petitionsarbeit geben zu können.
Ihre Bitten und Beschwerden richteten die Bürger mit 932 Eingaben an den Petitionsausschuss. Zusammen mit 710 Eingaben aus den Vorjahren waren 2006 also insgesamt 1.642 Petitionen zu bearbeiten. Die Zahl der Neueingaben ist seit dem Jahr 2000 in etwa konstant geblieben. In zehn Ausschuss-Sitzungen haben die Abgeordneten 1.252 Petitionen behandelt, davon 970 abschließend. Eine Entscheidung im Sinne der Petenten konnte der Ausschuss in 94 Fällen herbeiführen. Durch Auskünfte und Hinweise, das heißt durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage, hat der Petitionsausschuss in 456 Fällen zur Lösung der Probleme beigetragen. Mit den Petitionen, die der Petitionsausschuss an zuständige Stellen weitergeleitet und bei denen er gegenüber den Fraktionen des Landtags und der Landesregierung auf ein Problem hingewiesen hat, wurden etwa drei Viertel der Entscheidungen im Interesse der Petenten getroffen. 125-mal musste der Petitionsaus
Den größten Anteil nahmen die Petitionen zur Rechtspflege mit 20,9 Prozent ein; Schwerpunkte waren hierbei der Strafvollzug sowie der Maßregelvollzug. Die Petitionen aus dem Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit, die im letzten Jahr den größten Anteil einnahmen, sind mit 19,6 Prozent geringfügig zurückgegangen. Mit 14,2 Prozent ist der Anteil der Eingaben zu kommunalen Angelegenheiten wesentlich gestiegen. 2005 nahmen diese Petitionen lediglich einen Anteil von 8,8 Prozent ein. Diese Zahlen konnten Sie schon dem schriftlichen Arbeitsbericht des Petitionsausschusses entnehmen, der mit der Unterrichtung der Präsidentin vom 24.04.2007 - Drucksache 4/2968 - als Broschüre verteilt wurde und einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses gibt.
Mit der heutigen Berichterstattung sollen ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit dargestellt werden. Die Schwerpunkte der 29 Sammel- und Massenpetitionen waren:
- Forderungen nach Änderung des Kommunalabgabenrechts, insbesondere zur Erhebung von Abwasser- und Straßenausbaubeiträgen;
- Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung der Struktur der Abwasserzweckverbände, der staatlichen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von Anlagen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sowie der staatlichen Überprüfung der Abwasserkonzeption von bestimmten Zweckverbänden.
Jede siebte Petition war eine mündliche Petition. Um mündliche Petitionen zu erleichtern, werden seit Juni 2006 neben den auswärtigen Bürgersprechstunden einmal im Monat Bürgersprechstunden hier am Landtag angeboten.
Mit 12.800 € jährlich kann der Petitionsausschuss Hilfe bei außergewöhnlichen Notständen leisten. Die Vergabe setzt eine sorgfältige Prüfung voraus. 2006 kam der Härtefonds zehn Petenten zugute. Der Petitionsausschuss bemüht sich, die Mittel aus dem Härtefonds gerecht zu verteilen. Das Geld wird von Abgeordneten in der Regel persönlich übergeben, damit diese durch Gespräche vor Ort ggf. auf weitere Hilfsangebote hinweisen bzw. den Weg dazu ebnen können.
Die vom Petitionsausschuss als Unterausschuss gebildete Strafvollzugskommission besuchte im Jahr 2006 die Justizvollzugsanstalten in Untermaßfeld und die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben sowie die Jugendstrafanstalt Ichtershausen. Insgesamt fanden
Damit die Bürger das Petitionsrecht kennen und wissen, an wen sie sich wenden können, leistet der Petitionsausschuss Öffentlichkeitsarbeit. Im Internet können neben den Informationen über die Mitglieder des Ausschusses auch die Jahresberichte des Ausschusses, Beschlüsse zu Massen- und Sammelpetitionen sowie die Termine für Bürgersprechstunden abgerufen werden. Soweit die technischen Möglichkeiten gegeben sind und Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sollte für den Petitionsausschuss eine eigene Internetseite eingerichtet werden.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz vom 25.05.2000. Nach § 5 Abs. 1 des Bürgerbeauftragtengesetzes leitete der Bürgerbeauftragte dem Petitionsausschuss im Jahr 2006 14 Petitionen zu. Davon erklärte der Petitionsausschuss sieben mit den übermittelten Informationen zur Sache und Rechtslage für erledigt. In zwei Fällen konnte der Ausschuss keine Entscheidung im Sinne der Petenten herbeiführen. Fünf Petitionen befinden sich noch in der Bearbeitung. Im Rahmen eines Petitionsverfahrens werden mit der Petition in der Regel auch personenbezogene Daten des Petenten der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Der Petitionsausschuss vertritt die Auffassung, dass Petitionsunterlagen grundsätzlich auch an die von der Petition betroffenen Stellen weitergeleitet werden dürfen. In Übereinstimmung mit der Landesregierung stellt der Petitionsausschuss darauf ab, dass Petitionsschreiben sehr häufig Aussagen enthalten, zu denen der Landesregierung keine eigenen Erkenntnisse vorliegen und die ohne eine Stellungnahme der zuständigen Stelle keiner sachgerechten Prüfung zugeführt werden könnten. Wenn vorausgesetzt werden kann, dass die Petenten mit der Weiterleitung ihrer Unterlagen einverstanden sind und die Weitergabe zudem zur sachlichen Behandlung erforderlich ist und keine offensichtlich überwiegenden schutzwürdigen Interessen anderer Personen entgegenstehen, kann der Petitionsausschuss personenbezogene Daten zur Ausübung seiner Befugnisse an die Landesregierung und an die betroffenen Stellen weitergeben. Deshalb werden die Petenten mit der Eingangsbestätigung zu ihrer Petition auf die Weiterleitung der Petitionsunterlagen an die Landesregierung und eine mögliche Weitergabe an die betroffenen Stellen hingewiesen. Verweigert der Petent sein Einverständnis, muss der Petitionsausschuss entscheiden, inwieweit eine sachliche Prüfung anonym erfolgt. Eine anonyme Weiterleitung der Petition an die Landesregierung bzw. die betroffene Stelle kann geboten sein, wenn trotz des Benachteiligungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 Thüringer Petitionsgesetz eine
Benachteiligung der Petenten zu erwarten ist. Es steht jedoch im Ermessen des Petitionsausschusses, ob die Petition der Landesregierung bzw. der betroffenen Stelle anonym zugeleitet wird.
Für eine neues Kommunalabgabenrecht und mehr staatlichen Einfluss auf die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung: Eine Massenpetition von ca. 230 Bürgern aus Eisenach, Friedrichroda, Bad Tennstedt, Ballhausen, Kahla, Hermsdorf und zahlreichen anderen Orten Thüringens sowie drei Sammelpetitionen mit ca. 110 Zuschriften aus Friedelshausen sowie der Umgebung von Gotha und Greiz betrafen den im Thüringer Kommunalabgabengesetz verwendeten Begriff „besondere Vorteile“. Die Petenten haben Folgendes gefordert: „Der im Thüringer KAG § 7, § 7a gebrauchte Begriff ‚besondere Vorteile’ soll im wirklichen Wortsinn angewendet werden und nachgelagerte Rechtsvorschriften ‚insbesondere kommunale Satzungen’ sollen sich daran halten müssen. Ich fordere, dass durch das Gesetz eine präzise inhaltliche Abgrenzung der Begriffe ‚Vorteil’ und ‚besonderer Vorteil’ und die Festlegung von Kriterien vorgenommen wird, an denen ‚besondere’ Vorteile gemessen werden sollen.“ Der Petitionsausschuss hat den Innenausschuss als fachlich zuständigen Ausschuss um Mitberatung ersucht. Der Innenausschuss hat im Ergebnis seiner Mitberatung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Thüringer OVGs verwiesen. Danach empfängt derjenige einen besonderen Vorteil, der eine öffentliche Leistung in Anspruch nimmt. Der eine Beitragserhebung rechtfertigende besondere Vorteil besteht entgegen der Auffassung der Petenten nicht in einer wirtschaftlich konkret messbaren Wertsteigerung des Grundstücks. Besondere Vorteile erlangen im Anschlussbeitragsrecht diejenigen Grundstücke, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung eine verbesserte Erschließungssituation, also eine Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzwertes, vermittelt. Die in anderen Bundesländern teilweise vorhandenen Regelungen, die vom besonderen wirtschaftlichen Vorteil sprechen, ändern nichts am Inhalt des Vorteilsbegriffs. Der Vorteil ist auch hier trotz der anderen Formulierung mit der verbesserten Erschließungssituation und der damit verbundenen Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzwertes eines Grundstücks bewirkt. Die Bezeichnung „besonderer wirtschaftlicher Vorteil“ bedeutet nicht, dass dieser zu einer berechenbaren Wertsteigerung des Grundstücks führen muss. Der Begriff des besonderen Vorteils im Thüringer Kommunalabgabengesetz entspricht damit nicht nur der obergerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch dem Rechtsverständnis in anderen Bundesländern. Der Petitionsausschuss hat die Massenpetitionen und Sammelpetitionen aufgrund des Er
gebnisses der Mitberatung des Innenausschusses für erledigt erklärt. Soweit die Petitionen auf eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes gerichtet sind, wurden sie den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis gegeben.
Straßenausbaubeiträge: 285 Einwohner einer Gemeinde haben mit ihrer Unterschrift zu einer Sammelpetition darum gebeten, dass die Gemeinde von der Pflicht zur Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen befreit wird. Die Petenten haben beanstandet, dass die Gemeinde von der unteren Kommunalaufsichtsbehörde aufgefordert wurde, eine Satzung zu beschließen, mit der einmalige Beiträge für den Straßenbau in den Jahren 1991 bis 1996 erhoben werden können. Weiter haben die Petenten eine Gesetzesänderung angeregt, nach der auch wiederkehrende Beiträge für Investitionsmaßnahmen aus der Vergangenheit erhoben werden dürfen. Das Innenministerium hat hierzu auf die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 31.05.2005 verwiesen. Das OVG hatte in dieser Entscheidung festgestellt, dass eine Möglichkeit zur Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen für die Maßnahmen vor dem Inkrafttreten der Satzung über wiederkehrende Straßenausbaubeiträge aufgrund der unterschiedlichen Beitragssysteme nicht bestehe. Im Unterschied zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS vom 18.01.2007, der in der 55. Plenarsitzung am 01.03.2007 abgelehnt wurde, haben die Petenten eine Gesetzesänderung angeregt, nach der künftig auch wiederkehrende Beiträge im Geltungsbereich einer wiederkehrenden Ausbausatzung für Investitionsmaßnahmen aus den zurückliegenden Jahren erhoben werden dürfen. Deshalb hat der Petitionsausschuss die Petition den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis gegeben.
Fehler beim Straßenausbau festgestellt: Ein 80jähriger Südthüringer beschwerte sich darüber, dass nach der Neugestaltung der Straße vor seinem Haus Oberflächenwasser von der Straße auf sein Grundstück laufe und so ein Heizungsrohr beschädigt worden sei. Mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt wurde ein Straßeneinlauf vor dem Grundstück des Petenten verlegt. Das führte dazu, dass sich Oberflächenwasser vor der Grundstückszufahrt sammelte und durch vorbeifahrende Fahrzeuge über den abgesenkten Bordstein auf das Grundstück des Petenten gedrückt wurde. Der Petent hat hierzu vorgetragen, dass das über die Zufahrt auf das Grundstück laufende Wasser in den Kanal für das Heizungsrohr eingedrungen sei und das in dem Wasser enthaltene Salz das metallene Heizungsrohr zerfressen habe. Nachdem das Ministerium für Bau und Verkehr wiederholt mitgeteilt hatte, dass kein Wassereintrag auf das Grundstück beobachtet worden sei, führte der Petitionsausschuss eine Ortsbesichtigung durch. Da
bei stellte er fest, dass sich der neue Straßeneinlauf nicht am tiefsten Punkt der Straße befindet, so dass sich Niederschlagswasser entsprechend dem Vortrag des Petenten vor dessen Zufahrt sammelt und von vorbeifahrenden Fahrzeugen in die Zufahrt gedrückt wird. Das so auf das Grundstück fließende Niederschlagswasser fließt in Richtung des Kanals, in dem sich das Heizungsrohr befindet. Der Petitionsausschuss hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass die Korrosionsschäden am Heizungsrohr zumindest auch durch das von der Straße eindringende Niederschlagswasser hervorgerufen wurden. Deshalb forderte der Petitionsausschuss die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass
2. die Zufahrt so verändert wird, dass sich eindringendes Niederschlagswasser nicht mehr an der Hauswand bzw. der Eingangstreppe des Hauses sammeln kann und
Das Ministerium für Bau und Verkehr sagte Veränderungen entsprechend der Punkte 1 und 2 zu. Die sind mittlerweile übrigens auch beseitigt worden. Zum Schaden am Heizungsrohr teilte es mit, dass Schadensersatz erst nach Feststellung der Schadensursache geleistet werden könne. Der Petitionsausschuss ging demgegenüber davon aus, dass das Straßenbauamt vor dem Hintergrund der Straßenbaumaßnahmen und des daraus resultierenden Zustands der Zufahrt einen Teilbetrag der Schadensersatzforderung für das Heizungsrohr auf Kulanzbasis erstatten sollte. Deshalb beschloss der Petitionsausschuss, die Petition der Landesregierung zur Erwägung zu überweisen. Die Landesregierung wurde gebeten, die Hälfte des geforderten Schadensersatzes zu erstatten. In dem entsprechenden Bericht lehnte die Landesregierung einen Ersatz des Schadens mit dem Hinweis auf mögliche andere Schadensursachen erneut ab.
Müllgebühren nach der tatsächlichen Inanspruchnahme und als Anreiz für Müllvermeidung: Eine Familie aus dem Landkreis Sömmerda beanstandete die von ihr geforderten Müllgebühren. Mit der am 01.01.2005 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallbeseitigung vom 07.12.2004 erhöhte der Landkreis Sömmerda die Müllgebühren. Die Petenten wandten sich an den Petitionsausschuss und beanstandeten, dass zwischen den Grundgebühren und den festgesetzten Mindestentleerungen einerseits und den Beseitigungsgebühren für die tatsächliche Inanspruchnahme andererseits ein deutliches Missverhältnis bestehe. Die satzungsrechtliche Regelung der Müll
gebühren biete auch keinen Anreiz zur Müllvermeidung. Die in der Satzung vorgeschriebenen Mindestentleerungen entsprächen bereits dem durchschnittlichen Verbrauch. Der Petitionsausschuss ging im Ergebnis der Beratung der Petition davon aus, dass die Satzung des Landkreises Sömmerda über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallbeseitigung vom 07.12.2004 zu beanstanden ist, der in der Satzung verwendete kombinierte Personen- und Behältermaßstab gegen höherrangiges Recht verstößt. Insbesondere nahm der Petitionsausschuss an, dass die in der Satzung geregelte Beitragsgebühr nicht nur verbrauchsabhängige Elemente, sondern auch Elemente einer pauschalen Festgebühr enthält, denn die Satzung schreibt Mindestentleerung vor, die sich nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern nach der Größe der Restabfallbehälter und der Anzahl der auf dem Grundstück wohnenden Personen richtet. Soweit die Mindestentleerungen nicht überschritten werden, handelt es sich neben der Grundgebühr um eine zusätzliche Festgebühr, die unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch erhoben wird. Am Beispiel der Zwei-Personen-Haushalte zeigt sich, dass die Gebühren, die in der Abfallgebührensatzung als Beseitigungsgebühren deklariert werden, zu einem wesentlichen Teil Festgebühren sind. Aus der vom Innenministerium übergebenen Statistik des Landratsamts Sömmerda ergibt sich, dass die Beseitigungsgebühren zu 95 Prozent Festgebühren sind. Der personenbezogene Maßstab, mit dem der hohe Festgebührenanteil geltend gemacht wird, verstößt gegen § 4 Abs. 4 Thüringer Abfallwirtschaftsgesetz, da mit diesem Maßstab keine Anreize zur Vermeidung, Minderung und Verwertung von Abfällen verbunden sind. Deshalb hat der Petitionsausschuss beschlossen, die Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Der Petitionsausschuss forderte die Landesregierung auf, in dem Bericht mitzuteilen, ob sie sich der Empfehlung des Ausschusses, auf eine Änderung der Satzung des Landkreises Sömmerda hinzuwirken, anschließen kann. Der Petitionsausschuss machte deutlich, dass er eine abschließende Einschätzung der Rechtslage durch die Landesregierung erwartet.
In dem entsprechenden Bericht hat die Landesregierung die Auffassung vertreten, dass die Satzung des Landkreises Sömmerda über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallbeseitigung rechtmäßig ist. Solange keine einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen zu den mit der Petition aufgeworfenen Fragen vorliegen, habe die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde richtigerweise darauf hingewiesen, dass es sich bei der im Landkreis Sömmerda eingeschlagenen Verfahrensweise um eine nachvollziehbare und zumindest vertretbare Rechtsauffassung handele, welche im Ergebnis rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden sei. Der Landkreis Sömmerda sei auf die möglichen rechtlichen Risiken hingewie
sen worden. Im Übrigen sei vor dem Verwaltungsgericht Weimar eine Klage anhängig, die sich gegen den Gebührenmaßstab der Abfallgebührensatzung des Landkreises Sömmerda richte.
Heizkosten: Gemäß § 22 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten Arbeitsuchende Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind. Der Petent bewohnt mit seiner Frau und seinen zwei minderjährigen Kindern ein Einfamilienhaus mit 87 m² Wohnfläche. Für die Beheizung des Einfamilienhauses wurden dem Petenten von der ARGE SGB II pauschalierte Heizkosten für einen Vier-Personen-Haushalt in Höhe von 521 € für das gesamte Jahr gewährt. Tatsächlich musste die Familie jedoch fast 900 € für Heizkosten ausgeben. Deshalb wandte sich der Petent an den Petitionsausschuss. Die Entscheidung der ARGE wurde korrigiert, denn das SGB II sieht keine Pauschale für Heizkosten vor. Die Sozialgerichte sind in mehreren Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Heizkosten zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs entsprechend der tatsächlichen Wohnfläche zu gewähren sind, soweit diese angemessen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist das im Eigentum des Arbeitslosen stehende und von ihm und seiner Familie selbst bewohnte Haus als Lebensmittelpunkt und nicht als Vermögensgegenstand zu schützen. Dieser durch den Gesetzgeber bewusst eingeräumte Schutz kann nach Auffassung der Gerichte nicht durch eine beschränkte Übernahme der Heizkosten umgangen werden. Um es noch mal einfacher zu formulieren: Die Petenten haben also mehr Geld für Heizkosten erhalten.
Nächstes Beispiel - Grundsicherungsleistungen: Ein Deutscher hat darum gebeten, dass die Grundsicherungsleistungen für ihn im Ausland gezahlt werden. Der Petitionsausschuss konnte dem Petenten nicht helfen. Mit der Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland verliert der Petent seinen Anspruch auf Grundsicherungsleitungen; denn nach § 41 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hat nur derjenige einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Mit dieser Regelung folgt das Gesetz dem Territorialprinzip. Entscheidend für die Anspruchsvoraussetzung ist der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Baugenehmigung: Gegen die Wiederaufnahme der Nutzung eines Rinderstalls wandte sich der Eigentümer eines Nachbargrundstücks. 1971 wurde neben dem Grundstück des Petenten ein Rinderstall mit Jauchegrube errichtet. Die Grundstücksfläche mit dem Rinderstall schließt sich an die Ortslage der
Gemeinde an und liegt an der Unstrut. Das Wohnhaus des Petenten sowie andere Wohnhäuser befinden sich nur wenige Meter von dem Stall entfernt. Der Rinderstall wurde nur bis 1991 genutzt. Der Landwirtschaftsbetrieb, dem der Stall heute gehört, nutzt ihn erst seit Dezember 2005 wieder zur Rinderhaltung. Der Petent hat die Meinung vertreten, dass der Bestandsschutz für die Nutzung des Rinderstalls erloschen sei, da die Erschließung mangels eines Wasseranschlusses, eines Stromanschlusses und einer ausreichenden Zufahrt nicht mehr gesichert sei. Der Petitionsausschuss ging wie das Landratsamt davon aus, dass eine längere Nutzungsunterbrechung allein nicht dazu führt, dass die für ein Gebäude bestehende Baugenehmigung wirkungslos wird, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Thüringer OVGs und des Verwaltungsgerichts Weimar kann die ursprünglich genehmigte Nutzung auch nach Jahren des Leerstands wieder aufgenommen werden, ohne dass eine neue Baugenehmigung beantragt werden muss. Nicht geklärt war jedoch, ob der Rinderstall ohne einen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung ordnungsgemäß betrieben werden kann und wie sich dies gegebenenfalls auf den Bestandsschutz auswirkt. Der Petitionsausschuss forderte die Landesregierung deshalb auf, diese Punkte zu klären. Daraufhin wurde eine Kontrolle vor Ort veranlasst. Dabei wurde festgestellt, dass die Rinder mittels eines Weidetankwagens mit Wasser versorgt werden. In den Sommermonaten befänden sich die meisten Tiere auf der Weide. Für die Wintermonate habe der Betreiber des Rinderstalls die Entnahme von Tränkwasser aus dem neben dem Rinderstall verlaufenden Graben beantragt. Aus veterinärmedizinischer Sicht bestünden dagegen keine Bedenken. Aufgrund dieser Informationen des Ministeriums für Bau und Verkehr sah der Petitionsausschuss keinen Anlass, die Nutzung des Rinderstalls zu beanstanden.
Barrierefreies Bauen: Ein Mitglied des Landesvorstandes des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Thüringen e.V. begehrte die uneingeschränkte Aufnahme der DIN-Vorschriften für barrierefreies Bauen in die Liste der Technischen Baubestimmungen zur Thüringer Bauordnung. Der Petent hat darauf hingewiesen, dass bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, nach § 53 Abs. 2 Thüringer Bauordnung barrierefrei erreichbar und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend nutzbar sein müssen. Hierbei sind die DIN-Vorschriften zu berücksichtigen, die aus der Bekanntmachung des Thüringer Ministeriums für Bau und Verkehr über die Einführung von technischen Regeln als Technische Baubestimmung vom 13. Juli 2004 ersichtlich sind. Die verbindliche Anwendung dieser DIN-Vorschriften wird für das barrierefreie Bauen in einer Reihe von Punkten eingeschränkt. Der Petitionsausschuss forderte die Lan
desregierung auf, hierzu Stellung zu nehmen. Das Ministerium für Bau und Verkehr teilte mit, dass beabsichtigt sei, etwaige Einschränkungen auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen. Sofern sich die Verabschiedung neuer DIN-Vorschriften nicht in naher Zukunft abzeichnet, wird die Landesregierung über eine Aufhebung der Einschränkungen entscheiden. Damit erklärte der Petitionsausschuss die Petition für erledigt.
Zulassung von Kraftfahrzeugen: Über die Thüringer Regelung, dass man bei der Zulassung eines Kraftfahrzeugs eine Bankverbindung angeben muss, beschwerte sich ein schwerbehinderter Fahrzeughalter. Seit Inkrafttreten der Thüringer Verordnung über die Mitwirkung der Zulassungsbehörden bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zum 01.04.2006 sind die Zulassungsbehörden in Thüringen verpflichtet, die Zulassung eines Kfz grundsätzlich davon abhängig zu machen, dass eine Ermächtigung zum Einzug der Kfz-Steuer von einem inländischen Konto des Fahrzeughalters erteilt wird. Für den Fall, dass der Fahrzeughalter über kein eigenes Konto verfügt, sind zwei Ausnahmen vorgesehen. Zum einen kann die Kraftfahrzeugsteuer auch vom Konto eines Dritten abgebucht werden, sofern hierfür eine Einzugsermächtigung erteilt wird, und zum anderen besteht die Möglichkeit, in besonderen Härtefällen auf die Erteilung einer Einzugsermächtigung zu verzichten. Weiter kann das Finanzamt auf die Einzugsermächtigung verzichten, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz vorliegen, d.h., wenn ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „H“, „BI“ oder „aG“ vorliegt. Darüber informierte der Petitionsausschuss den Petenten.
Rückzahlung von Wasserbeiträgen: Das Grundstück der Petenten gehörte zu einem Wohngebiet, das die Stadt erschlossen hat. Das von der Stadt hergestellte Trinkwasserleitungsnetz wurde danach vom Wasser- und Abwasserverband übernommen. Der Zweckverband forderte von den Petenten einen Herstellungsbeitrag. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Nach den am 01.01.2005 in Kraft getretenen Änderungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes beantragten die Petenten beim Zweckverband die Rückzahlung des von ihnen gezahlten Herstellungsbeitrags. Dies lehnte der Zweckverband mit der Begründung ab, dass es sich bei der Herstellung der Trinkwasserleitungen in dem Wohngebiet um eine Erschließungsmaßnahme gehandelt habe. Der von den Petenten gezahlte Betrag habe ausschließlich der Finanzierung dieser Erschließungsanlage und nicht der Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung im Verbandsgebiet gedient. Hierzu hat das Innenministerium zutreffend darauf hingewiesen, dass Trinkwasseranlagen nach § 127 Abs. 4 Baugesetzbuch keine Er
schließungsanlagen im Sinne von § 127 Abs. 2 Baugesetzbuch sind und demzufolge keine Erschließungsbeiträge für Trinkwasseranlagen zu erheben sind. Demgemäß hat der Zweckverband auch keinen Erschließungsbeitrag, sondern einen Herstellungsbeitrag festgesetzt. Das bedeutet aber, dass der Zweckverband die Rückzahlung des Wasserbeitrags nicht mit der Begründung verweigern kann, dass es sich um einen Erschließungsbeitrag handelt. Darauf wurde der Zweckverband durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hingewiesen.
Ruhestätte unter Bäumen: Die Bestattung unter Bäumen wollte der Besitzer einer Waldfläche im Südharz erreichen. Der Petent möchte dort einen sogenannten Friedwald einrichten. Bei dieser Form der Bestattung wird anstelle einer Friedhofsgrabstätte ein Baum für die Dauer von 99 Jahren genutzt. Die Bestattung erfolgt in einer Urne, die biologisch abbaubar ist. Solche Friedwälder gibt es in der Mehrzahl der Bundesländer. Das Innenministerium wies darauf hin, dass Beisetzungen nach § 23 des Thüringer Bestattungsgesetzes grundsätzlich auf Friedhöfen zu erfolgen hätten. Deren Träger könnten nur Gemeinden sowie Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sein, die Körperschaften des öffentlichen Rechts seien. Der Ausschluss privater Träger von Friedhöfen ergebe sich auch aus der Begründung zu § 4 Abs. 2 Thüringer Bestattungsgesetz. Danach sei das langfristige Vorhalten von Friedhöfen eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Bei privaten Trägern wäre nicht gewährleistet, dass stets ein Friedhof zur Verfügung stehe und dieser auch bis zum Ablauf der letzten Ruhefrist bestehen bleibe. Der Petitionsausschuss hat sich der Stellungnahme des Innenministeriums angeschlossen.
Dezentrale Abwasserentsorgung: Mit Blick auf den Anschlussgrad an die zentrale Abwasserentsorgung in Thüringen und den überwiegend schlechten Zustand der Kleinkläranlagen in Thüringen wurde ein neues Abwasserkonzept gefordert. Nach der Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt werden rechtliche Regelungen vorbereitet, um den technischen Zustand von Kleinkläranlagen zu verbessern und eine ordnungsgemäße Betriebsführung zu gewährleisten und damit die Reinigungsleistung zu erhöhen. Da das von dem Petenten geforderte Wasserkonzept allgemeine Bedeutung besitzt, hat der Petitionsausschuss den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt als zuständigen Fachausschuss um Mitberatung ersucht. Der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt hat die Mitberatung noch nicht abgeschlossen. Er will zunächst die Konzeption der Landesregierung für den Einsatz und die Förderung von Kleinkläranlagen, die novellierte Richtlinie der Landesregierung zur Förderung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen und das Prüf
Kein Haftraum in Rosa: Ein Strafgefangener beanstandete, dass ihm die Tätigkeit als Hausmaler in einer Justizvollzugsanstalt für einen Monat untersagt worden sei, weil er Hafträume nicht in Weiß, sondern mit einer Abtönfarbe gestrichen hatte. Nach der Stellungnahme des Justizministeriums wurde dem Petenten die Arbeit als Hausmaler entzogen, weil er sich nicht an die ihm bekannte Weisung, Abtönfarbe nur mit ausdrücklicher Genehmigung zu verwenden, gehalten hat. Auf Wunsch eines Gefangenen hatte er dessen Haftraum in Wickeltechnik rosa gestrichen. Der rosa Haftraum musste neu gestrichen werden, weil der dort untergebrachte Gefangene in ein anderes Hafthaus verlegt wurde. Einem anderen Gefangenen wollte die Anstalt den Anstrich in Rosa nicht zumuten.
Schulwechsel: Ein Vater beanstandete die Schwierigkeiten seines Sohnes beim Wechsel von der Regelschule auf das Gymnasium. Der Sohn des Petenten besuchte die Klassenstufe 7 einer Regelschule. Wegen der guten Leistungen des Sohnes befürwortete der Petent den Wechsel auf das Gymnasium und die Wiederholung der Klasse 7.
Das zuständige Staatliche Schulamt verwies den Petenten auf die Bestimmungen des Thüringer Schulgesetzes bzw. der Thüringer Schulordnung. Danach können lediglich Schüler aus der Klassenstufe 4 der Grundschule sowie aus den Klassenstufen 5, 6 und 10 der Regelschule auf das Gymnasium übertreten. Da der Sohn des Petenten bereits die Klassenstufe 7 besuchte, kam nach Auffassung des Schulamts ein Übertritt nach der Klasse 7 nicht in Betracht.
Das Schulamt bot dem Sohn nach § 55 Abs. 4 Thüringer Schulordnung einen Rücktritt in die Klassenstufe 6 an, damit er nach dem Schuljahresende aus der Klassenstufe 6 der Regelschule in die 7. Klasse des Gymnasiums übertreten kann. Der Petent lehnte diesen Weg ab, da er der Meinung war, dass dieser Weg nur bei schlechten Noten angebracht sei.