Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Plenarsitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Als Schriftführer hat neben mir die Abgeordnete Walsmann Platz genommen. Die Rednerliste führt die Abgeordnete Wolf. Für die heutige Sitzung hat sich Herr Abgeordneter Ohl entschuldigt.
Ich möchte folgende allgemeine Hinweise geben: Der Ältestenrat hat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung dem Bildjournalisten der „Thüringer Allgemeinen“ Marco Schmidt eine Dauerarbeitsgenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen im Plenarsaal für die 4. Wahlperiode erteilt.
Die UNICEF-Arbeitsgruppe Erfurt führt heute und morgen ihren traditionellen Verkauf von Weihnachtskarten und Kalendern durch. Außerdem führen die Erzeugerbörse Eichsfeld e.V. und der Heimat- und Verkehrsverband Eichsfeld e.V. eine Präsentation durch. Beide Veranstaltungen finden im Foyer vor dem Landtagsrestaurant statt.
Heute Abend hat die E.ON Thüringer Energie zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der ab 20.00 Uhr stattfindet.
Zu TOP 1 a: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, „Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes“ hat die Drucksachennummer 4/1412.
Zu TOP 1 b: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Thüringer Familienfördergesetz“ hat die Drucksachennummer 4/1414. Da die Beschlussempfehlung erst am Mittwoch, also nicht wie in § 58 Abs. 1 Geschäftsordnung vorgesehen, zwei Werktage vor der Beratung verteilt werden konnte, müssen wir gemäß § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung über die notwendige Fristverkürzung entscheiden. Gibt es Widerspruch gegen die Fristverkürzung? Das ist nicht der Fall. Dann ist die Fristverkürzung beschlossen.
Ich weise Sie weiterhin darauf hin, dass ein Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/1417 verteilt wurde.
Zu TOP 2 a: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD „Thüringer Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen“ erhält die Drucksachennummer 4/1416. Wie bereits in der Einladung vermerkt, wird der Tagesordnungspunkt morgen aufgerufen.
Zu TOP 2 b: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen“ erhält die Drucksachennummer 4/1413.
Zu TOP 7 a: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU „Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Abwasserabgabengesetzes“ erhält die Drucksachennummer 4/1411. Als Berichterstatter wurde der Abgeordnete Rose benannt.
Zu TOP 7 b: Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU „Finanzielle Entlastung der Bürger durch konsequente Ausnutzung der erweiterten Verrechnungsmöglichkeiten nach Abwasserabgabengesetz“ erhält die Drucksachennummer 4/1401. Als Berichterstatter wurde der Abgeordnete Rose benannt.
Zu TOP 11: Die Fraktionen haben sich dahin gehend verständigt, den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/1383 „Thüringer Gesetz zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften“ in erster und in zweiter Beratung zu behandeln. Über die notwendige Fristverkürzung wird bei der Behandlung des Tagesordnungspunkts entschieden.
Zu TOP 12: Wie Ihnen schon in der Ergänzung der Tagesordnung mitgeteilt wurde, entfällt der Tagesordnungspunkt 12 „Auslobung eines Preises ‚Wirtschaftsfreundlichste Kommune in Thüringen’“, da der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit noch nicht abschließend beraten hat.
Zu TOP 14: Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zu dem Antrag der Landesregierung „Änderung der Anteilseignerstruktur der Thüringer Aufbaubank“ hat die Drucksachennummer 4/1414. Als Berichterstatter wurde Abgeordneter Gerstenberger benannt.
Zu TOP 18 - Fragestunde - kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: Drucksachen 4/1389, 4/1390, 4/1393, 4/1394, 4/1395, 4/1396, 4/1400, 4/1402 und 4/1403.
Ich möchte Ihnen ferner mitteilen, dass die Landesregierung angekündigt hat, zu dem Tagesordnungspunkt 15 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Das ist nicht der Fall, so gilt die Tagesordnung als festgestellt.
a) Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Ju- gendhilfe-Ausführungsgesetzes (Familienförderungsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/186 - korrigierte Neu- fassung - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/1412 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1369 - ZWEITE BERATUNG
b) Thüringer Familienfördergesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/1200 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/1415 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/1417 - ZWEITE BERATUNG
Das Wort hat der Abgeordnete Gumprecht aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur Berichterstattung zu beiden Gesetzentwürfen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landtag hat in seiner Sitzung am 16. September 2005 den Gesetzentwurf der Thüringer Landesregierung - Drucksache 4/1200 - „Thüringer Familienfördergesetz“ und den Gesetzentwurf der SPD in der Drucksache 4/186 - korrigierte Neufassung - federführend an den Ausschuss für Sozia
les, Familie und Gesundheit unter Beteiligung des Gleichstellungsausschusses, des Innenausschusses, des Bildungsausschusses und des Haushalts- und Finanzausschusses überwiesen.
Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat in seiner Sitzung am 23. September den Gesetzentwurf beraten und in seiner 16. Sitzung am 12. Oktober eine öffentliche Anhörung im Beisein einer sehr großen Öffentlichkeit durchgeführt. Es wurden zahlreiche Institutionen und Persönlichkeiten gebeten, ihre Stellungnahmen zu den beiden Entwürfen abzugeben. In seiner Sitzung am 18.11. wurden 25 Änderungsanträge mit über 45 Änderungen von der CDU eingebracht und eine ergänzende schriftliche Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, des Gemeinde- und Städtebundes und des Thüringer Landkreistages zu den von der Fraktion eingebrachten Änderungen beschlossen. Die Stellungnahmen wurden in der Sitzung am 5. Dezember beraten und durch die CDU-Fraktion weitere fünf Änderungsanträge einstimmig beschlossen. Im Ausschuss wurde ebenso ein Antrag zur Verschiebung der Gesetzesinitiative mehrheitlich abgelehnt. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf der SPD abgelehnt und dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit den eingebrachten Änderungsvorschlägen zugestimmt und dem Landtag zur Annahme empfohlen. Gleiche Beschlüsse fassten die beteiligten Ausschüsse. Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Gumprecht und frage die Fraktion der SPD, ob sie das Wort wünscht zur Begründung ihres Entschließungsantrags. Das Wort wird nicht gewünscht. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Matschie, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir diskutieren heute erneut über die so genannte Familienoffensive und wer sich die Debatte dazu in den letzten Monaten anschaut, der muss nachdenklich werden.
Da startet die Landesregierung eine Offensive mit dem Anspruch, mehr Wahlfreiheit zu schaffen, mit der Ankündigung, den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz vorzuziehen - und trotzdem: Wer sich die öffentlichen Stimmen zu dieser Familienoffensive anschaut, der findet fast durchweg nur ablehnende Stimmen zu dem, was die Landesregierung auf den Tisch gelegt hat.
Irgendetwas bei dieser Familienoffensive läuft offensichtlich gründlich falsch. Ob Landräte, ob Bürgermeister, ob Kirchen, ob Sozialverbände, ob Gewerkschaften, ob Eltern - von allen Seiten, Herr Althaus, hagelt es Kritik an dem, was Sie auf den Tisch gelegt haben. Ich will das nicht alles im Einzelnen vorlesen, Sie kennen das. Aber selbst in den Reihen der Union gibt es viele kritische Stimmen. Neben den Landräten oder Bürgermeistern will ich einen stellvertretend nennen, der zum Nikolaustag auch in den Zeitungen zitiert wurde, nämlich den stellvertretenden Elternsprecher Kindertagesstätten, Hans Arno Simon, der Mitglied der CDU ist und der in der Zeitung damit zitiert wird, dass er deutlich macht, dass auch er an dem Gesetz vieles nicht nachvollziehen kann und dass die Wahlfreiheit, die durch die zusätzliche Zahlung des Erziehungsgelds erreicht werden soll, für die meisten Eltern gar nicht besteht, und dann zu dem Urteil kommt: Das Gegenteil von „gut gemacht“ ist „gut gemeint“.
Das war schon ein seltsames Bild. Das ganze Land diskutiert das Für und Wider, aber auf dem CDUParteitag findet eine offene Debatte nicht statt. Ungefähr die Hälfte der Delegierten entzieht sich einfach der Entscheidung, indem sie an der Abstimmung nicht teilnimmt. Was passiert hier eigentlich?
Der Ministerpräsident ist überzeugt, die modernste Familienförderung auf den Weg zu bringen. Er startet dazu eine Familienoffensive und die eigenen Truppen sind zu einem erheblichen Teil auf der Flucht. Aber warum sehen das eigentlich fast alle, die sich öffentlich dazu äußern, anders? Sind die alle unfähig, das segensreiche Gesetz der CDU-Landesregierung zu begreifen? Oder ist es das so unglaublich Neue, was ja oft in der Geschichte auf Widerstand stößt erst einmal, wie beispielsweise die Einführung der Eisenbahn? Es gibt ja durchaus positive Ansätze in den Überlegungen - ich habe das zu Eingang gesagt, der vorgezogene Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, die größere Wahlfreiheit der Eltern, eine zusätzliche finanzielle Leistung - und trotzdem, trotz alledem überwiegen die kritischen Stimmen. Warum ist das so? Es beginnt mit der Frage nach den Gründen für diese Familienoffensive. Es ist ja ohne Zweifel so, bis zur Verkündung der Familienoffensive am 20. April dieses Jahres waren sich offensichtlich alle einig, dass das existierende System
Wir hatten eine Enquetekommission im Thüringer Landtag, die sich mit Bildungsfragen beschäftigt hat, unter anderem natürlich auch mit den Kindergärten in diesem Zusammenhang, und die parteiübergreifend und expertenübergreifend der Meinung war, wir haben ein gutes Kindergartensystem, wir wollen die Qualität dieses Systems weiter verbessern, wir wollen dieses System ausbauen. Auch der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Herr Panse, hat noch am 9. April deutlich gemacht - ich will das noch mal zitieren nach dem „Freien Wort“: „Unterdessen forderte der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Michael Panse, Familien nicht länger durch immer weitere Geldzahlungen, sondern über eine Ausweitung der Betreuungsangebote für Familien zu unterstützen. Gerade die jüngst öffentlich diskutierten Fälle von Kindesmisshandlungen, wie der tragische Tod des kleinen Jonny Lee aus Erfurt, zeigen, dass mehr Direktzahlungen nicht unbedingt in jedem Fall zur Verbesserung der Lebenssituation der Kinder beitragen.“
Und er fährt dann fort: „Es gibt besonders in den unteren Einkommensschichten leider einen gewissen Prozentsatz von nicht intakten Familien, die ihre Kinder vor dem Fernseher abladen und das Geld für eigene Bedürfnisse konsumieren“, so Panse. „Insofern könne die Absenkung des Elterngeldes neue Chancen für solche Kinder bedeuten, wenn zugleich mit den eingesparten Mitteln die Betreuungsangebote für Kinder deutlich erweitert werden. Zudem zeigen Studien, dass gerade berufstätige Frauen sich vor allem anderen eine Flexibilisierung der Kita-Betreuung wünschen, denn Schichtdienst, Überstunden, unregelmäßige Arbeitszeiten gehören heute zur Arbeitswirklichkeit“, so Panse. „Diesen veränderten Gegebenheiten müsse sich ein modernes Kindertagesstättenangebot anpassen.“
Jetzt passiert das Gegenteil von dem, was Sie noch am 9. April gefordert haben, Sie sind davon ausgegangen, dass man das Erziehungsgeld absenken und die eingesparten Mittel in den Ausbau der Kindertagesstätten stecken müsse. Jetzt passiert das Gegenteil von dem, Sie nehmen das Geld von den Kindertagesstätten weg und geben es in ein zusätzliches Erziehungsgeld. Also bis zu diesem Zeitpunkt schien man sich parteiübergreifend offensichtlich einig. Dann kam überraschend - auch für die Kollegen aus der Unionsfraktion - die Ankündigung der Familienoffensive. In der ersten Pressekonferenz bemühte sich die Landesregierung deutlich zu machen, es geht hierbei nicht um Einsparungen, es geht nur um ein neues Fördermodell. Es wurden uns Rechnungen präsentiert, die zeigen: Unterm Strich haben die
Familien die gleiche Fördersumme zur Verfügung. Sie erinnern sich daran, es war klar, man wollte deutlich machen, wir geben nicht weniger Geld für die Familien aus, wir verteilen das Geld nur anders in der Förderung. Bei genauerem Hinsehen wurde allerdings ziemlich rasch klar, die finanziellen Einschnitte bei den Kindertagesstätten, die sind ganz erheblich. Nachdem die Begründung damit obsolet geworden war, kam die nächste Begründung - Überkapazitäten. Herr Althaus, Sie haben dann - im „Freien Wort“ ist das nachzulesen - am 6. Juli dieses Jahres gesagt, dass wir 17.000 Plätze finanzieren, die gar nicht von Kindern genutzt werden. Wir haben uns auch dieses Argument gründlich angeschaut, aber auch dieses fiel sehr schnell wie ein Kartenhaus zusammen. Laut Landesjugendamt wurden im Juni 2004 79.322 Plätze finanziert und 78.602 Plätze waren belegt. Das heißt also, hier gibt es lediglich eine Differenz von rund 700 Plätzen, also vielleicht 1 Prozent Plätze, die zu viel gefördert werden. Wenn man das mal auf die Einrichtungen herunterrechnet, dann kommt man zu dem Schluss, dass pro Einrichtung gerade mal ein halber Platz zu viel gefördert wird. Ich finde, das ist eine ziemlich punktgenaue Förderung, die wir an dieser Stelle haben.
Also auch diese Begründung - Überkapazitäten - für diese Familienoffensive war nicht tragfähig, Herr Althaus.
Dann haben Sie nach einer dritten neuen Begründung für die Familienoffensive gesucht. Dann waren es mit einem Mal die unerklärlichen Kostensteigerungen, die es von 1999 bis 2004 gegeben hat. Natürlich haben wir uns auch mit diesem Argument beschäftigt und wir mussten zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie bei den Argumenten, die Sie vorher geliefert haben. Denn es gibt gute Gründe, warum die Kosten zwischen 1999 und 2004 gestiegen sind. Der erste Grund: Die Zahl der Kindergartenplätze ist um rund 7.000 gestiegen. Dass diese Kindergartenplätze auch belegt waren, zeigen die Zahlen, die ich Ihnen gerade aus dem Jahre 2004 vorgelesen habe, also 7.000 Kindergartenplätze mehr. Gleichzeitig hat sich in diesem Zeitraum die Zahl der Kindertagesstätten in freier Trägerschaft erhöht, nämlich von 633 auf 810. Da die Landesregierung das damit verbunden hat, dass freie Träger höhere Zuschüsse bekommen, nämlich 20,50 € pro Platz und Monat, ist natürlich auch an dieser Stelle eine deutliche Kostensteigerung zu sehen und schließlich sind auch die Lohnkosten für die Beschäftigten in den Jahren 1999 bis 2004 gestiegen. Wir haben einmal beim Gemeinde- und Städtebund nachgefragt und nach den Angaben des Gemeinde- und Städtebundes ist das Arbeitgeberbrutto pro Vollbeschäftigteneinheit - so rechnen die das aus - von 1999
2.625 € auf 2004 3.160 € gestiegen. Damit, Herr Althaus, sind auch die unerklärlichen Kostensteigerungen erklärt. Das heißt, eine Begründung nach der anderen hat sich im Verlaufe der Diskussion und bei genauer Betrachtung als falsch herausgestellt. Deshalb wächst das Misstrauen und ich sage, Herr Althaus, zu Recht.
Parallel dazu wurde immer deutlicher, welche konkreten Auswirkungen die Familienoffensive hat, und zwar über das hinaus, was Sie an positiven Wirkungen versprechen. Man kann es drehen und wenden, wie man will, man kann hoch- und runterrechnen, links und rechts, eins bleibt unterm Strich immer gleich: Die Kindergärten bekommen in Zukunft deutlich weniger Geld vom Land. Wenn man nicht annimmt, dass die Kindergärten bisher einen Teil der Fördergelder im Keller versteckt haben, dann muss man annehmen, dass dieses Geld, was vom Land weniger gezahlt wird, tatsächlich für den Betrieb der Kindergärten fehlt. Es fehlt tatsächlich in den nächsten Jahren, und zwar mindestens 37 Mio. € im Jahre 2009. Das ist die positivste Annahme, nämlich unter der Voraussetzung, dass alle Mittel, die eigentlich für Investitionen gedacht sind, auch für den Betrieb der Kindertagesstätten eingesetzt werden. Wenn ein Teil dieser Mittel für Investitionen eingesetzt wird und auch die sind ja notwendig, dann wird die Lücke noch größer als 37 Mio. €. Die zuständige Referentin der Diakonie in Mitteldeutschland, Frau Marita Leyh, hat deshalb vorgestern in der Zeitung erklärt, eine Erhöhung der Elternbeiträge sei unvermeidbar. Da hilft es auch nichts, wenn Sie in das Gesetz hineinschreiben, bis 2007 sind die Elternbeiträge gedeckelt, was übrigens nur für die kommunalen Träger gilt und nicht für die freien Träger. Es ist unausweichlich, dass die Elternbeiträge steigen, wenn das beschlossen wird, was Sie uns heute auf den Tisch gelegt haben.
Ein zweiter Punkt ist klar geworden im Verlaufe der Diskussion: Die Betreuungssituation wird sich verschlechtern. Ganz deutlich ist das zu sehen am Betreuungsschlüssel für die unter Dreijährigen. Damit verschlechtern sich natürlich auch die Möglichkeiten, eine gute frühkindliche Bildung anzubieten. Das ist aber eigentlich das ausdrücklich erklärte Ziel, nicht nur unseres, sondern auch das Ziel der Landesregierung, frühkindliche Bildung eigentlich zu verbessern. Sie verschlechtern mit diesem Gesetzentwurf die Bedingungen, eine bessere frühkindliche Bildung auch tatsächlich auf den Weg bringen zu können.
Denn, Herr Althaus, neben dem Einsatz der vielen Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten, von denen die allermeisten wirklich alles geben, was sie geben können, gehört es auch dazu, wenn man die Situation weiter verbessern will, dass man zusätzlich Geld in die Hand nimmt und nicht, dass man Geld wegnimmt aus den Kindergärten.