Lars Rohwer

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Am Tag des Einmarschs von Adolf Hitler in Österreich am 13. März 1938 entschließt sich der Philosoph Karl Popper, ein Wiener mit jüdischen Wurzeln im neuseeländischen Exil, sein monumentales zweibändiges Hauptwerk über „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ zu schreiben. Es war seine Reaktion auf die Kriegsanstrengungen. Es war seine Möglichkeit, um gegen Hitler und den Nationalsozialismus, gegen Stalin und den Kommunismus zu argumentieren. Es ist für uns im Heute eine Aufklärung darüber, wie ungemütlich und anstrengend demokratische Freiheit für eine Gesellschaft ist; denn es ist ein ewiges Ringen, das nie endet.
„Die einzige rationale Einstellung zur Geschichte der Freiheit besteht in dem Eingeständnis, dass wir es sind, die für sie Verantwortung tragen – in demselben Sinn, in dem wir für den Aufbau unseres Lebens verantwortlich
sind, dass nur unser Gewissen unser Richter sein kann.“ So Karl Popper im Zitat. Nur in einem Rechtsstaat, der den Menschen Freiheit und zugleich Sicherheit gibt – mit Richtern, mit Polizei und einer Verfassung –, können Menschen auch Gebrauch von ihrer Freiheit machen. Gegen Terror, egal welcher Art, muss mit aller Härte vorgegangen werden, vor allem mit der Macht der Argumente.
Die Gefahr einer schleichenden Radikalisierung von Menschen ist angesichts rechtspopulistischer Parteien in allen deutschen Parlamenten und permanenter hetzerischer Propaganda in den sogenannten sozialen Netzwerken deutlich größer als noch vor einigen Jahren. Horst Seehofer spricht zum Fall der verabscheuenswürdigen Ermordung von Walter Lübcke vor drei Wochen von – Zitat – „einer neuen Qualität des Rechtsextremismus, der eine erhebliche und ernst zu nehmende Gefahr für die freiheitliche Gesellschaft“ sei.
Aus dem NSU-Prozess lernen wir, selbst in den Spiegel zu schauen. Unsere Lehre kann nur sein, nicht wegzuschauen, wenn Unrecht geschieht, sondern der Kultur der
Entsolidarisierung entgegenzutreten. Wir alle, die wir heute hier anwesend sind, glauben an den Rechtsstaat, an die Demokratie. Doch diese Dinge sind nicht einfach da wie die Naturgesetze. Sie sind das Ergebnis menschlichen Wollens. Menschen, Bürger wollen einen verlässlichen Rechtsstaat. Doch der Rechtsstaat ist so wahnsinnig verletzlich. Unsere Menschenrechtsidee, unser Bild des Menschen, unser Verfassungsrecht sind jeden Tag bedroht.
Wir gewinnen aus dem NSU-Prozess die Erkenntnis, dass wir für unser freiheitliches Menschenbild jeden Tag verantwortlich sind und es jeden Tag neu zu verteidigen haben. Staat, Polizei, Medien – wir dürfen uns fragen: Wie verhalten wir uns, wenn rechtsnationaler Terror stattfindet? Sicherheitsbehörden können nur begrenzt wirken. Verbotsgesetze erweisen sich auch nur begrenzt als sinnvoll. Das Schüren fremdenfeindlicher Klischees setzt die parlamentarischen Ebenen unter Druck. Rechtsradikalen Ressentiments zu widersprechen und Flagge zu zeigen sollte Stimmen bringen statt Stimmen kosten. Politiker tragen eine besondere Verantwortung, weil sie Vorbilder sind – im Positiven wie im Negativen. Sie müssen ihre Worte besonders abwägen, vor allem bei Themen wie Migration und Asyl.
Die Entwicklung eines Klimas, in dem Hass und Bereitschaft zu Militanz gedeihen, hängt wesentlich davon ab, auf welche Weise Politik und Gesellschaft diskutieren. Dies gilt auch für die verbale Abwertung des anderen. Streiten wir heftig, aber fair um unsere Standpunkte oder gleiten sie in Hetze ab? Unsere Gesellschaft verändert sich ständig. Sie erprobt sich jeden Tag aufs Neue und korrigiert sich dabei immer wieder. Lebensstile, Meinungen, Überzeugungen, auch Religionen prallen zum Teil heftig aufeinander.
Joachim Gauck hat uns dieser Tage daran erinnert, wie schwierig es ist, Toleranz zu fördern, wo es eine Zumutung ist – Zitat Gauck –: „Toleranz kostet also oft eine starke innere Überwindung, weil sie scheinbar Unvereinbares vereinbaren soll: Respekt ausgerechnet für jene Mitmenschen, deren Religion oder Meinung oder Lebensstil wir nicht teilen, teilweise sogar ausdrücklich falsch oder bedenklich finden und im ideologischen Disput bekämpfen möchten?“
Wir alle, sehr geehrte Damen und Herren, haben unsere Erfahrungen gesammelt. Wir wissen, dass Toleranz keine leichte, jedoch eine sehr wichtige Aufgabe ist. Toleranz ist so schwer, weil sie weder Gleichgültigkeit noch Akzeptanz bedeutet. In ihrem Namen sollten wir für uns das Recht geltend machen, dass sich jede Bewegung, die die Intoleranz predigt und nationale Diskussionen ablehnt, außerhalb des Gesetzes steht. Die Aufforderung zu Intoleranz und zur Verfolgung gegenüber Andersdenkender sollten wir ebenso klar ablehnend behandeln wie die Aufforderung zu Gewalt, Raub oder Mord.
Karl Popper schreibt in seinem späteren Werk des Paradoxon der Toleranz von 1944, dass es in einer offenen Gesellschaft keinen Anspruch darauf gibt, im Mittelpunkt zu stehen, versorgt zu werden und auch noch recht zu haben. Terrorismus ist in diesem Gedanken folgend, die ultimative Rechthaberei.
Zukünftig dürfen wir uns die zentrale Frage stellen, wie wir junge und erwachsene Menschen erreichen können, um Toleranz zu üben und Extremismus vorzubeugen. Bildungsarbeit ist hierbei ein ganz wichtiger Bestandteil, um Kinder und Jugendliche auf ihre Rolle und ihr Leben in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vorzubereiten. Und Erwachsene? Wahlstudien haben gezeigt, dass wir bei den Erwachsenen mit klassischer Bildungsarbeit nicht mehr ganz so viel erreichen. Bei ihnen wirkt das Prinzip der Freiwilligkeit viel stärker in Sport- und Schützenvereinen, bei der freiwilligen Feuerwehr. Auf der Straße kommt man mit ihnen am besten in den Austausch. Dort heißt die große Aufgabe: Spannungen und Kritik in der Gesellschaft wahrzunehmen und auszuhalten, Demokratie vorzuleben und auszuhalten. Toleranz gegenüber Andersdenkenden wächst, wenn zivilgesellschaftliches Engagement gefördert wird.
Aussteigerprogramme für die Szene bieten Lösungen an. Die Unterstützung der Arbeit von Verbänden und Vereinen in ländlichen und strukturschwachen Gebieten schafft Nachhaltigkeit in allen Bereichen. Das alles wird viel Mühe kosten, viel Geld, Kontinuität und eine klare politische Haltung. Doch das gesellschaftliche Engagement, die politische Bildung und die gelebte Nächstenliebe sind die Grundlage unseres Erfolges in der Demokratie.
Die Zivilgesellschaft ist also angesprochen, nicht nur die staatlichen Behörden. Deshalb stellen die Regierungsfraktionen in ihrer Stellungnahme zum Untersuchungsausschuss fest – ich zitiere –: „Wir haben in den in dieser Legislatur beschlossenen Staatshaushalten verantwortungsvoll dafür Sorge getragen, dass im Freistaat Sachsen der starke Rechtsstaat zukünftig keine Worthülse bleibt. Die Bekämpfung extremistischer Straftaten und die Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine Daueraufgabe in einer demokratischen Gesellschaft.“
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach mir kürzlich aus dem Herzen, als sie in einer Pressereaktion im Juni zum Mord Walter Lübckes formulierte: „Wir sollten wachsam sein, nicht ängstlich. Je stärker unsere Vielfalt angegriffen wird, desto mehr müssen wir sie verteidigen.“
Lassen Sie es mich mit meinen Worten sagen: Hass zerstört, Zuwendung baut auf und hilft dem Leben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Der 1. Untersuchungsausschuss des 6. Sächsischen Landtages hatte die Folgen freiheitseinschränkender, extremistischer und menschenverachtender Gesinnung zum Inhalt. Er hatte den Auftrag, das Handeln der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden zu prüfen und zu bewerten.
70 Zeugen wurden im Laufe von 43 Sitzungen zwischen April 2015 und Juli 2019 befragt. 1 572 Aktenordner dokumentieren, wie umfangreich mit 51 Beweisanträgen Unterlagen zur Einsicht angefordert worden sind.
Es ist ein überragender Aktenbestand, der im Verlauf des Untersuchungsausschusses zusammengetragen wurde.
Auf 203 Seiten legen wir nun den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses dem Hohen Haus vor. Dazu kommt ein Minderheitenvotum der Fraktionen DIE LINKE und der GRÜNEN.
Dass es den Untersuchungsausschuss überhaupt gibt und dass er nötig wurde, ist die Folge extremistischen Gedankengutes. Das ist in der Debatte hier schon zur Sprache gekommen.
Dass der Abschlussbericht nun tatsächlich vorliegt, verdanken wir nicht nur dem ursprünglichen Einsetzungsbeschluss des 1. Untersuchungsausschusses, sondern auch dem entschiedenen Agieren des Ausschusssekretariats und des Juristischen Dienstes der Landtagsverwaltung, die die Wünsche und Anforderungen der Ausschussmitglieder nach Recht und Gesetz umgesetzt haben.
Ohne die Mitarbeit von Herrn Ottmar Breidling, der uns die Sachsen betreffenden Akten aus dem NSU-Prozess in München zur Einsicht und Bewertung zugänglich gemacht hat, und ohne das umsichtige Agieren von Herrn Prof. Becker-Eberhard aus Leipzig bei der Erstellung des Berichtsteils hätten wir uns in so manchem Klein-Klein verloren.
Mein Dank geht aber auch an den Beauftragten der Staatsregierung und an seinen Stellvertreter, die beide dafür sorgten, dass wir alle angeforderten Akten erhalten haben und dass die zu vernehmenden Zeugen aus der Staatsverwaltung uns entsprechend unserer Zeitvorgaben zur Verfügung gestanden haben.
Wir verdanken es aber gerade dem offenen und gemeinsamen Vorgehen der Abgeordneten in den verschiedenen Fraktionen abseits des üblichen Parteiengezänks, dass wir nun diesen Abschlussbericht vorlegen können. Mein besonderer Dank gilt hierbei den Obleuten der Fraktionen und meiner Stellvertreterin im Ausschussvorsitz. Ohne unseren vertrauensvollen Austausch untereinander hätten
wir so manche Situation nicht gut umschifft. Das war parlamentarischer Stil, wie ich ihn mehr wünsche.
Ich verzichte darauf, noch einmal auf die Gesamtheit der Entwicklung einzugehen, will mich aber zum Abschluss noch einmal den Familien der NSU-Opfer zuwenden. Die Familien der NSU-Opfer haben so viel mitgemacht. Sie bringen seit Jahren all ihre Kraft auf, um weiterzumachen. Ihnen gilt unser ganzes Mitgefühl. Auch das ist schon in der Debatte gesagt worden. Ihre Kraft lässt uns couragiert die Augen offen halten und verstärkt für den Opferschutz eintreten, Opferschutz in einer Zeit, in der Politiker, Bürgermeister und gesellschaftlich engagierte Menschen und ihre Familien weiterhin Drohungen erhalten, während die Täter für die Verbreitung von Angst nur geringe Konsequenzen zu fürchten scheinen.
Dazu sagte Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel – Zitat –: „Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“
Lassen Sie mich zum Schluss eine kurze und sehr hoffnungsvolle Situation aus einem Verhandlungstag des Münchener NSU-Prozesses schildern.
Mascha M., eine junge Frau aus Köln, damals 18 Jahre alt, ist als Zeugin vorgeladen. Sie erlebt, wie die Bombe im Geschäft ihrer Eltern detoniert, als sie versuchen, ein Postpaket zu öffnen. Sie selbst wurde bei dem Attentat schwer verletzt. Große Teile ihrer Haut verbrannten. Monatelang war sie zur Behandlung in Krankenhäusern. Von dort aus machte sie ein Notabitur. Danach studierte sie Chemie und Medizin. So arbeitete sie sich förmlich ins Leben zurück. Als Chirurgin rettet sie jeden Tag Leben.
Der Kontrast: Beate Zschäpe, welche mit Mascha M. im gleichen Gerichtssaal sitzt. Sie hält es vielleicht schon für eine Lebensleistung, mit einem deutschen Pass geboren worden zu sein. Ich finde, es wäre die Frage erlaubt: Frau Zschäpe, was haben Sie für Deutschland, für Ihre Mitmenschen gemacht? Die ausbleibende Antwort, die Leere der Antwort, würde die Unzulänglichkeit und das absurde Menschenbild der Leute, die denken, dass bestimmte Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft nicht zu Deutschland gehören, enttarnen.
Lassen Sie mich deshalb zum Schluss noch einmal meine Worte aus dem ersten Redeteil wiederholen: Hass zerstört, Zuwendung baut auf und hilft dem Leben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anhand dieses schönen Beispiels, das Herr Kollege Lippmann angesprochen hat, sieht man, wie wichtig es ist, Herr Barth, dass wir in Deutschland einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk
haben.
Denn diese sind diesem Vorwurf, den Sie gestern im Parlament vorgetragen haben, nachgegangen, und haben es nachweislich heute Morgen auf der Internetseite des Bayerischen Rundfunks richtiggestellt. Vielleicht schauen Sie noch einmal nach. Das kann man schnell machen, oder Herr Urban macht das.
Fakt ist: Das ist eine schöne Begründung, warum es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland geben sollte, nämlich deshalb, um solche Fake News schnell aufzulösen.
Zum nächsten Punkt. Sie haben eine Aktuelle Debatte beantragt, weil die AfD-Fraktion eine Kampagne fährt.
Sie können sich diese Kampagne natürlich alle im Internet anschauen, liebe Kolleginnen und Kollegen. UploadFilter sollen für alle freiheitsliebenden Deutschen vermieden werden – so steht es auf der Seite der AfD –, also für die freiheitsliebenden Europäer nicht, nur für die freiheitsliebenden Deutschen. Das ist ein Zitat von Ihrer Seite.
Die weitere Behauptung ist: Gravierende Einschränkungen des öffentlichen Diskurses und der Meinungsfreiheit sollen verhindert werden.
Gerne.
Vielen Dank erst einmal für diese Zwischenfrage, Herr Barth, gibt sie mir doch die Gelegenheit, den Kollegen von der SPD die Vorlage zu liefern, dass Sie sich zu Frau Barley selbst positionieren können.
Zu Herrn Oettinger: Ich kann ihn natürlich verstehen, dass er das so formuliert, wie er es formuliert; denn die EU wird darauf achten, wie die nationale Umsetzung sein wird. Aber wir diskutieren erst einmal darüber. Wir müssen in den nächsten zwei Jahren die nationale Umsetzung dieser Verordnung vornehmen. Dazu gibt es einen Vorschlag der CDU, der auf dem Tisch liegt
und über den wir auch diskutieren werden. Aber jetzt sind wir doch in der Debatte, die Sie beantragt haben, und ich trage erst einmal nur das vor, was mir auf Ihrer Homepage zu diesem Thema aufgefallen ist. Deshalb eine ganz klare Positionierung. Wir werden gleich darüber diskutieren. Aber jetzt schauen wir doch erst einmal, wie Sie unterwegs sind.
Was mit dem Urheberrechtsschutz der EU gewollt ist, ist nicht, eine Meinung der AfD einzuschränken. Das werden Sie weiterhin im Netz verbreiten können, auf eigenen Medien oder auf Plattformen, wie auch immer. Ich sehe es so, dass es darum geht, Fake News dann zu löschen,
damit die Lüge nicht zur Wahrheit wird.
Was passiert mit dieser Debatte um den Artikel 13 des Urheberrechtsschutzes? Hierzu wird mein Kollege
Clemen gleich noch sprechen. Aber ich will erst einmal herausarbeiten, dass Sie einen völligen Nebenstrang aufmachen, den auch die jungen Leute, die mit Saveyour-Internet-Demos auf die Straße gegangen sind, überhaupt nicht im Blick gehabt haben. Dass die Meinungsfreiheit in diesem Land nicht eingeschränkt werden kann, ist für jeden, glaube ich, sehr klar in dieser Debatte.
Dass wir bereits Upload-Filter haben, wissen Sie genauso gut wie alle anderen im Parlament, und zwar um die Menschenrechte, die nicht nur im realen Leben, sondern generell gelten, auch im Internet durchzusetzen.
Sie schreiben weiter auf Ihrer Seite: „Jede Zensur ‚unerwünschter Inhalte‘ muss verhindert werden.“ Was sind denn bitte für die AfD-Fraktion „unerwünschte Inhalte“? Für mich sind unerwünschte Inhalte im Internet Kinderpornografie, Waffenverkäufe im Darknet oder Gewaltvideos, wie das von Christchurch.
Vielleicht ist es für Sie auch der Fall, dass man Goldverkäufe – die die AfD auch mitgemacht hat – im Internet
nicht tun soll. Diese Rechte können Sie nur durch entsprechende Upload-Filter herausrecherchieren. Schauen Sie sich einmal an, wie der Attentäter von Christchurch seinen Attentatsverlauf live im Internet übertragen hat, und Sie stellen fest, wie schnell das kopiert und weiterverbreitet wurde.
Die ganzen Plattformen haben versucht, diese Videos wieder „einzufangen“. Das kriegen Sie nicht hin, indem jemand dort sitzt und das löscht, sondern das sind genau diese gewalttätigen Hintergründe. Auch das sind UploadFilter. Deshalb sollte man nicht so tun, als wenn es gar keine gäbe. Es wird keine Upload-Filter geben, die Meinungsfreiheit einzuschränken, sondern es wird
Upload-Filter geben, um das Recht in diesem Land durchzusetzen. Das gilt auch für das Internet.
Witzigerweise hat nun Herr Zuckerberg von Facebook selbst vorgeschlagen, dass der Staat doch Regeln geben soll; denn wenn wir das freie Internet retten wollen, müssen wir es neu aufstellen, um das Gute zu behalten. Das sind sinngemäß seine Worte.
Deshalb bin ich froh, dass wir in der CDU ein Konzept vorgelegt haben. Vielleicht werden Sie sich dazu noch äußern, wie Sie das finden. Ich finde es erst einmal logisch strukturiert und aufeinander aufbauend, wie wir das in nationales Recht umsetzen wollen. Ich habe von der AfD, was ich bisher gelesen und in dieser Debatte gehört habe, kein eigenes Konzept gesehen. Es ist das alte Spielchen der AfD: Wir haben kein eigenes Konzept.
Da ist komplett null, Fehlanzeige, und Ende der Debatte. Deshalb sage ich: Hören Sie auf, immer nur zu meckern. Legen Sie Ihre Konzepte vor! Dann können wir auch über konkrete Konzepte miteinander diskutieren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich möchte eine Kurzintervention vortragen.
Kollege Barth, Sie haben gerade auf die Meinungsfreiheit und auf das freie Internet eine große Rede gehalten. Ich möchte darauf hinweisen, dass Sie in keiner Weise auf meinen Redebeitrag insofern eingehen können, dass ich Ihnen gesagt habe, dass man Unrecht und Unrecht gegen das Menschenrecht im Internet unterbinden können muss. Das gehört auch zum freien Internet dazu.
Ich will Ihnen die Zahlen vor Augen führen: Der Attentäter von Christchurch hat ein absolut verabscheuungswürdiges Video von seiner Tat ins Netz gestellt. Dieses Video wurde 1,5 Millionen Mal innerhalb von 24 Stunden von anderen Nutzern des Internets hochgeladen. Die Plattformen haben das 1,5 Millionen Mal gelöscht. Auch in den folgenden 24 Stunden wurde 1,2 Millionen Mal – nach Angaben dieser Internetbetreiber – verhindert, es hochzuladen.
Haben Sie echt die Vorstellung, dass dort Menschen sitzen, die das dann verhindern? Oder sind wir dann vielleicht doch gemeinsam der Meinung, dass das nur mit Upload-Filtern geht, die genau diese Gewalttat herausfiltern und löschen? Also, tun wir doch nicht so, als wenn es in diesem freien Internet nicht bereits Upload-Filter zur Verhinderung und Verbreitung von Straftaten geben würde. Sind wir doch mal ehrlich in der Debatte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diese Debatte, gibt sie uns doch die Möglichkeit, mit dieser Mär ein wenig aufzuräumen, dass wir es irgendwie mit einem Stillstand zu tun hätten.
Erinnern Sie sich an die Debatte, die wir im Januar zum Ergebnis der Kohlekommission geführt haben, die wahrscheinlich damals noch Zukunftsmusik war, aber von der
wir ja wussten, dass sie kommen wird. Damals habe ich zu Ihnen gesagt und insbesondere die GRÜNEN direkt angesprochen: Man muss das Gesamtpacket in Gänze nehmen.
Deswegen halte ich es für richtig, dass wir jetzt zusammen mit unserem Koalitionspartner zu der Entscheidung gekommen sind – und dies war keine leichte Entscheidung –, erst einmal eine Denkpause einzulegen. Es geht nicht darum, irgendetwas zu boykottieren, Herr
Dr. Lippold. Es geht darum: Was wird jetzt wirklich in Gesetze gegossen? Was sind Gesetze, die im Bundestag mehrheitsfähig sind? Deswegen habe ich Sie damals direkt angesprochen. Ich erwarte von den GRÜNEN, dass sie diesem Maßnahmenpaket – nicht nur dem Kohleausstieg, sondern auch den Maßnahmen zur Erleichterung von Planungen – zustimmen, denn nur dann kann das Gesamtkonstrukt funktionieren.
Das Zweite ist: Herr Kollege Urban, Sie scheinen immer noch nicht in der Realität angekommen zu sein. Auch deshalb noch einmal die Ansage an Sie: Sie haben gerade wieder eine Wahlkampfrede hier vom Pult aus gehalten. Sie missbrauchen das Pult für Ihre Wahlkampfrede.
Sie haben davon gesprochen, dass es mit der Kohle einfach immer so weitergehen kann. Auch Sie müssen in die Realität schauen. Allerspätestens im Jahr 2050 ist sowieso Schluss. Es wird kein neuer Tagebau aufgeschlossen und es wird kein neues Kraftwerk gebaut. Also streuen Sie den Leuten nicht Sand in die Augen, damit sie die AfD wählen. Sie müssen sich die Realität anschauen: Wir müssen den Energiemarkt umbauen.
Wir müssen aber in der Realität auch sehen: Deutschland und die Europäische Union verfolgen eine monokausale, primär CO2-getriebene Klimapolitik. Der Weltklimarat fordert auch eine solche Klimapolitik, aber der Rest der Welt – und das ist der größere Anteil – will ihn nicht nachvollziehen. Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen steigen seit 1990 weltweit ständig. Diese angestrebte Klimakonstanz durch CO2-Reduktion erweist sich immer mehr als nicht machbar.
Deswegen benötigen wir einen neuen Ansatz. Anstatt des einseitigen Ausbaus von erneuerbaren Energien müssen endlich Gesamtlösungen her. Was ist so eine Gesamtlösung, eine Gesamtlösung, die Sicherheit und Nachhaltigkeit verbindet und eine preiswerte, zuverlässige Energieversorgung gewährleistet? Dazu gehören Energieeinsparung, Energieeffizienz, realistische Kosten-Nutzen
Orientierung und wirksame Maßnahmen zur Absicherung des Klimaschutzes.
Warum spreche ich das einseitige Ausbauen von erneuerbaren Energien noch an und spreche davon, dass sie so
gefährlich sind? Wir hören immer wieder solche Meldungen: Bis zu 40 % des Verbrauches wird aus erneuerbaren Energien geregelt. Das sind tageweise Werte – das ist richtig –, aber im Jahresmittel kommen wir nicht über 25 % hinaus. Das ist auch gut so, weil die jetzigen Netze bei volatilen erneuerbaren Energien mehr als 25 % im Jahresmittel gar nicht schaffen. Insofern ist die 40-%Regelung, dass erneuerbare Energien zu 40 % unseren Stromverbrauch decken, ebenso eine Halbwahrheit, die gefährlich in der Debatte ist. Wir dürfen es nicht tageweise, sondern müssen es in der Gesamtheit anschauen, wie wir unseren Strom verbrauchen.
Hier kommen wir um die Knotenregel der Physik nicht herum. Es muss genauso viel Strom in das Stromsystem hineinfließen, wie am Ende verbraucht wird; denn ansonsten gibt es den berühmten Blackout, den wir nicht wollen.
Um es mit anderen Worten zu verdeutlichen, warum diese Halbwahrheiten so gefährlich sind, möchte ich meine Rede mit einem Spruch beenden, den Sie vielleicht hier und da schon einmal gehört haben. Er wird immer dann verwendet, wenn es darum geht, vor Zahlen zu warnen, um diese statistischen Bewertungen allgemeingültig zu machen. Obwohl die Durchschnittswerte mathematisch exakt ermittelt worden sind, entpuppen sie sich, wenn sie als Mittelwert gesehen werden, bei genauerem Hinsehen als gefährliche Halbwahrheit. Der Satz lautet: Der Dorfteich war im Mittel einen Meter tief, trotzdem ist die Kuh ersoffen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Punkt 1, Frau Dr. Pinka: Die Regionalplaner arbeiten weiterhin an den Dingen, die sie bereits zuvor getan haben, und sie arbeiten auf der Grundlage des Energie- und Klimaprogramms 2013, das zehn Jahre gilt und nicht nur sieben Jahre, das heißt bis zum Jahr 2023. Sie arbeiten weiter daran, und daran ändert sich gar nichts. Wir bitten ausdrücklich darum, dass wir diesbezüglich zu Ergebnissen kommen; denn wir brauchen die Ausweisung von Windgebieten, um überhaupt in der Sache voranzukommen. Zu diesem ersten Punkt haben Sie etwas Unsicherheit streuen wollen, und ich hoffe, ich habe dies ausgeräumt. Das geht auf jeden Fall so weiter.
Punk 2: Ein Energie- und Klimaprogramm ist nicht nur ein Strategiepapier. Ein Energie- und Klimaprogramm muss auch auf Regierungshandeln ausstrahlen. Das kann man nicht mit einem Parteiprogramm machen, das Sie vielleicht in der Opposition schreiben, und dann einfach
sagen, wir haben uns geirrt oder wir haben noch einmal nachjustiert.
Das ist bei einem EKP eine andere Geschichte. Dabei geht es um eine wirklich fundierte Datenbasis. Es verändern sich momentan so viele Rahmenbedingungen, insbesondere durch das Maßnahmenpaket in der Umsetzung der Kohlekommission, sodass ich es für richtig halte – und ich vertrete das auch gern –, dass wir zunächst erst einmal schauen, mit welchem Ergebnis wir vom Bund zurückkommen, und dort ansetzen.
Natürlich werden Konzepte entwickelt. Wir werden in dem jetzt beginnenden Wahlkampf auch darüber diskutieren. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Es gibt eine Zusage von CDU und SPD – das kann ich hier fürs Protokoll noch einmal bestätigen –, dass wir an einem Energie- und Klimaprogramm in der nächsten Regierung weiterarbeiten werden. Die Arbeit zu unterbrechen bedeutet nicht, dass wir sie eingestellt haben und das Ziel nicht mehr verfolgen, sondern wir wollen auf der Grundlage einer fundierten bundesgesetzlichen Regelung unsere Regelung schaffen.
Herr Kollege Urban, über Bescheidenheit können wir nach dem Wahltermin gern einmal sprechen, aber ich denke, dann müssen Sie eher Demut an den Tag legen.
Wir tun das mit Demut. Wir arbeiten mit Demut, und das auf der Grundlage der aktuellen Fakten. Ich habe keine Kenntnis davon, dass irgendjemand einen neuen Tagebau völlig neu aufbrechen oder neue Tagebaue in Sachsen aufmachen will. Die bestehenden Genehmigungen werden zu Ende geführt. Deshalb werden wir das begleiten, um sie zu Ende zu führen. Aber Sie müssen erkennen: Die bestehenden Genehmigungen sind im Jahr 2050 zu Ende.
Herr Kollege Böhme, Sie haben mich soeben falsch zitiert und deshalb habe ich noch einmal um das Wort gebeten. Ich werde Ihnen Ihre Meinung nicht nehmen können; diesbezüglich gebe ich mich keiner Illusion hin. Aber was ich Ihnen sagen muss, ist, dass Sie mich hier falsch zitieren.
Ich habe nicht gesagt, dass der Kohleausstieg erst im Jahr 2050 kommt. Das habe ich mit keiner Silbe in meiner Rede erwähnt, sondern ich habe darauf hingewiesen, dass die bestehenden Genehmigungen bis spätestens 2050 gehen und dann ist definitiv Schluss. Ich habe in meiner Rede dafür geworben, dass wir den Kompromiss, den die Kohlekommission ausgehandelt hat, jetzt in Deutschland in geltendes Recht umsetzen und dass wir unsere Politik danach ausrichten.
Ich habe insbesondere die GRÜNEN, aber auch Ihre Fraktion angesprochen – Sie sind ja auch im Bundestag vertreten –, dass Sie diesem Kohlekompromiss in Gänze zustimmen und nicht Ihre Rosinenpickerei wie sonst immer machen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf den abschließenden Redebeitrag des Kollegen Dr. Lippold reagieren. Herr Dr. Lippold, meine Schwierigkeit ist nicht, dass Sie die Auffassung haben, die Sie hier vertreten. Was ich schwierig finde, ist, wenn Sie einfach immer nur drohen und sagen:... und dann wird das alles untergehen usw. usf.
Wir haben in Sachsen eine sichere Energieversorgung. Diese werden wir nicht abschalten, nur weil die GRÜNEN das wollen, sondern wir werden sie beibehalten, solange wir es können. Dazu gehört aber auch die Aussage, dass – das wissen Sie genauso – erneuerbare Energien
nun einmal volatil sind, und wir haben die Speicherkapazitäten in diesem Land nicht. Wir haben auch die Speichermöglichkeiten nicht, um in diesen Größenordnungen Strom zu speichern.
Dabei sind wir leider noch nicht so weit. Ich würde mir wünschen, dass wir dort weiter wären, aber das kann man nun einmal nicht par ordre du mufti mit einem Parteitagsbeschluss von den GRÜNEN beschließen.
Der zweite Grund, weshalb ich noch einmal zum Rednerpult gegangen bin, ist: Ich habe den Eindruck, dass man vielleicht mit dieser grünen Mär aufhören sollte, dass immer gesagt wird: Ja, wir vergrößern einfach die Netze, dann haben wir eine höhere Speicherkapazität. Wer in der Physik bei der Knotenregel aufgepasst hat – Sie sind Physiker und haben aufgepasst, dessen bin ich mir sicher –, der weiß, dass im Netz nicht so viel Strom gespeichert werden kann, denn der Stromfluss muss immer derselbe sein. Das, was hineinkommt, muss am Ende auch abgenommen werden, sonst gibt es einen Blackout, und den wollen wir ja gerade nicht. Deshalb: Wir behalten unsere sichere Stromversorgung und werden sie nicht in Gefahr bringen.
Die nächste grüne Geschichte, mit der Sie immer um die Ecke kommen, ist: Damit der Ökostrom mehr werden kann, muss der Braunkohlestrom aus dem Netz heraus. Ich habe nicht gehört, dass sich die Teilchen, die durch die Leitungen fließen, noch erinnern können, wo sie hergestellt worden sind. Sie haben keine Erinnerung, ob sie erneuerbarer oder Braunkohlestrom sind.
Wissen Sie, das ist wie bei anderen Mischvorgängen: Wenn Sie eine Tasse Kaffee vor sich haben und Milch hineingießen, dann haben Sie nicht mehr Kaffee und Milch, sondern Milchkaffee. Sie haben etwas Neues geschaffen. Deshalb ist es ein Mischstrom, und man kann nicht sagen: Weil der eine noch im Netz unterwegs ist, muss der andere, wenn er hineinkommt, diesen vertreiben können. Das alles sind Theorien, die wir alle schon x-mal von den GRÜNEN in Talkshows gehört haben. Wir sind dabei, das Stromsystem umzubauen. Wir werden es auch umbauen, aber wir werden es sicher, verlässlich und nach Möglichkeit auch bezahlbar machen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sie können das ja „komischen Kaffee-Vergleich“ nennen. Sie können auch andere Mischsituationen nehmen. Sie schaffen, indem Sie mischen, eine neue Form, und das ist dann Mischstrom. Es ist nicht mehr erneuerbarer Strom und auch nicht mehr Kohlestrom, sondern Mischstrom.
Deshalb habe ich zu Ihnen gesagt: Hören Sie bitte bis zum Ende zu, was ich vorhin gesagt habe, und beginnen Sie nicht einfach eine Kurzintervention, in der Sie schon wieder versuchen, meine Aussage umzudeuten. Sie müssen auch bis zum Ende zuhören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Vielen Dank für diese Debatte. Ich bin heute von meiner Fraktion gebeten worden, ans Rednerpult zu treten, nicht, weil ich der neue verkehrspolitische Sprecher bin – das ist nach wie vor unser Kollege Andreas Nowak –, sondern weil wir die Debatte ein bisschen aus energiepolitischer Sicht beleuchten wollen. Dann wird es vielleicht auch etwas erhellend, Herr Hütter.
Aber zum Einstieg muss ich Ihnen noch etwas vorhalten. Dieser Antrag, den Sie uns heute hier vorlegen, ist fast zwei Jahre alt.
Zwischen anderthalb und zwei Jahren. – Er ist am 23. August 2017 eingereicht worden. Wir schreiben jetzt das Jahr 2019. Sie haben lange gebraucht, bis Sie das aufgerufen haben. Also so offen und intensiv wollen Sie die Debatte offensichtlich nicht führen. In der Zwischenzeit hat es auch Debatten hier im Plenarsaal gegeben, Herr Hütter, an denen Sie sich natürlich auch beteiligt haben, bei denen wir das Thema schon – aus meiner Sicht – in voller Umfänglichkeit diskutiert haben.
Ich möchte sie noch einmal in Erinnerung rufen: 30. August 2017, also sieben Tage nach Ihrem Antrag, haben wir hier eine Aktuelle Debatte geführt zum Thema „Mobilität im Wandel – Automobilindustrie in Sachsen stärken“. Kein halbes Jahr später – 15. März 2018 – Aktuelle Debatte, beantragt von uns in der Koalition, genau zum ähnlichen Thema: Wie gehen wir mit dem Diesel um? Insofern möchte ich sagen: So offen, wie Sie das heute diskutieren möchten, so dringend scheint es Ihnen nicht zu sein. Darüber bin ich etwas enttäuscht. Wenn Sie wirklich realistisch mitdiskutieren würden, hätten Sie sich mehr mit diesem Antrag eingebracht.
Nun haben Sie einen Satz gesagt, der in der Tat richtig ist; den kann man auch nicht negieren: Die Luft in Deutschland war noch nie so rein wie heute. Richtig. Sie schreiben auch in Ihrer Begründung, dass die Konzentration der Luftschadstoffe weiter sinkt. So weit sind wir auch übereinstimmend.
Ich bin schon ein paar Tage länger hier im Parlament und darf Ihnen deshalb eine Geschichte aus meinem jüngeren Leben erzählen. Als ich in der Jungen Gemeinde gewesen bin, 1988/1989 hier in Dresden-Blasewitz, haben wir uns gewünscht, dass diese Trabis, Moskwitschs, Ladas, Wartburgs – und was es alles so gab – nicht mehr so stinken. Das war wirklich ein ziemlicher Smog, was da hinten heraus kam. Das war unser Wunsch. Wir sind jetzt, fast 30 Jahre danach, in der Situation, dass auch die AfD feststellen muss: Die Luft in Deutschland war noch nie so rein wie heute. Ich glaube, das ist hier mehrheitsfähig.
Jetzt machen wir den Sprung in die Junge Gemeinde von heute. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit treffen wir dort jetzt junge Leute an, die sagen: Ich würde gern meine Mobilität so gestalten, dass ich emissionsfrei unterwegs bin.
Das ist eine Herausforderung, wie es damals vor 30 Jahren eine Herausforderung war, die ganzen Trabis und Moskwitschs wegzubekommen, damit wir heute eine bessere Luft haben. Deswegen müssen wir uns dieser Herausforderung stellen, auch beim Thema Diesel. Es ist in den Debatten, die von mir schon aufgeführt wurden, immer wieder gesagt und festgestellt worden, dass der Diesel zurzeit eines der saubersten Antriebssysteme ist. Aber er stößt noch Abgase aus. Das können auch Sie nicht negieren. Deshalb müssen wir uns in Deutschland weiter dazu bekennen, auch andere Antriebssysteme nach vorn zu bringen. Dazu möchte ich gleich noch mehr sagen.
Nun trifft heute zufälligerweise der Deutsche Bundestag zusammen und debattiert auch genau zu diesem Thema, was Sie angesprochen haben. Im Deutschen Bundestag wird heute die Vorlage der Bundesregierung zum Emissionsschutzgesetz mit dem Ziel verabschiedet, Fahrverbote aufgrund der Überschreitung des EU-Grenzwertes für Stickstoffdioxid einzuschränken. Warum sage ich das?
Weil ich Ihnen entgegnen möchte: Ich weiß immer noch nicht, warum Sie heute die Debatte führen, denn es passiert bereits etwas. Es ist nicht so, wie Sie es gerade dargestellt haben, wir hätten nur gelabert, es würde nichts passieren. Es passiert etwas. Im Deutschen Bundestag wird es heute verabschiedet, und ich denke, das ist auch der richtige Zeitpunkt.
Was ich gleichzeitig aber auch sagen möchte: Darauf können wir uns nicht ausruhen, weil die jungen Leute – Sie erinnern sich, die in der Jungen Gemeinde – heute immissionsfrei fahren wollen. Es gibt auch Beispiele, wodurch wir wirklich vorankommen können. Die sollten wir nicht mehr in Schwarz-Weiß einteilen, Herr Hütter, nämlich: Wir können Pflegedienste, die mit ihren Fahrzeugen keine großen Strecken zurücklegen, der Katalysator noch gar nicht so warm ist, dass er wirken kann, wie er wirken soll, die gesamten Schadstoffe komplett in die Luft gepustet werden, besser betreiben mit Elektromobilität, und zwar batteriebezogener Mobilität. Dann würden diese Fahrzeuge ohne Abgase durch die Stadt fahren, und das Klima in der Stadt wird definitiv verbessert. Das ist der erste Punkt, etwas besser zu machen.
Sie werden auch in der AfD-Fraktion mitbekommen haben, dass am 1. Februar dieses Jahres von Leipzig nach Grimma der weltweit erste Wasserstoffzug in Sachsen gefahren ist.
Er hat null Emissionen, wenn er einen Zug mit Fahrgästen bewegt. Auch das ist ein Hinweis für Sie, wo es emissionsfrei möglich ist. Wir müssen diese Technologie unterstützen. Wir haben nicht nur die Möglichkeit, nach dem Diesel zu schauen – mit dem natürlich im Schienenbereich auch gefahren wird –, sondern wir haben auch eine Alternative. Darüber müssen wir nachdenken, wie wir sie an den Start bekommen, denn die Technologie ist zugegebenermaßen noch teurer. Aber auch das wird mit der Zeit – davon bin ich überzeugt – anders werden.
Warum spreche ich den Wasserstoff an? Der Wasserstoff hat aus meiner Sicht noch andere Möglichkeiten. Wir können ihn im ÖPNV, in sämtlichen Stadtverkehren einsetzen. Damit kommen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück. Aber wir müssen diesen Wasserstoff irgendwo auch herstellen.
Ich komme zum Thema regionale Wertschöpfung. Wenn wir konsequent und nachhaltig in Sachsen denken – ich fordere Sie auf, in der AfD das auch zu versuchen –, dann können wir uns zum Beispiel auch vorstellen und darüber müsste man diskutieren, ob es nicht möglich ist, den Wasserstoff in einem Windrad herzustellen, nämlich unten im Turm. Da sind Sie aber dagegen. Deshalb haben Sie eine solche Scheuklappe zum Denken. Das sollten Sie ablegen, dann können wir die Wertschöpfung für dieses Antriebssystem Wasserstoff in der Region organisieren, können es in der Region auch verkaufen und müssen nicht mehr beim Ölmulti den Antriebsstoff der Antriebssysteme
einkaufen. Und Sie sollten jetzt nicht denken, ich bin zum verrückten Grünen oder Umweltideologen mutiert.
Das sind die Sachsenfarben, wenn ich Sie darauf hinweisen darf. Damit möchte ich sagen: ein bisschen den Kopf in der Rundung auch nutzen, denn dabei können die Gedanken auch einmal die Richtung wechseln, damit wir sehen, dass es andere Möglichkeiten und andere Antriebssysteme gibt, die wir fördern wollen, und das werden wir tun. Denn das Ziel in Sachsen muss doch sein, dass wir nicht schwarz-weiß denken,
sondern dass wir sehen, wo es andere Möglichkeiten der Antriebssysteme gibt, um diese einzuführen.
Deshalb habe ich auch in der Energiedebatte heute Vormittag gesagt, wir müssen vielleicht auch ganzheitliche Lösungen, größere Lösungen noch einmal denken und nicht nur auf das Thema „Erneuerbare“ schauen. Wir müssen akzeptieren, dass es eine Vielfalt der Möglichkeiten geben wird. Auch deshalb können wir Ihrem Antrag nicht einfach so zustimmen. Wir haben uns wahrscheinlich viel zu lange auf ideologischen Positionen festgehalten, die dann den Ton angegeben haben. Es ist jetzt an der Zeit, dass die Vernunft einkehrt und dass wir vorankommen.
Saubere Luft hat für uns eine hohe Priorität und wir wollen, dass Sachsen Autoland bleibt. Deshalb wollen wir mit neuer Mobilität und sauberer Luft vorangehen und nicht mit Verbotskultur. Auch deshalb stehen wir zu denjenigen, die einen Diesel gekauft haben, dass sie diesen fahren können, dass ihr Wert nicht minimiert wird. Es ist erklärte Politik der CDU, aber auch das andere Neue zu lassen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Die Kollegen von den GRÜNEN haben gerade hinter mir gerufen, dass es Ihnen aufgefallen wäre, wenn wir GRÜNE geworden wären. Dabei muss ich den Kollegen von den GRÜNEN zustimmen, Herr Kollege Urban.
Zurück zu Ihrer Frage. Erstens habe ich nicht von der Jungen Union gesprochen. Die gab es vor 30 Jahren noch nicht hier, sondern ich habe von einer Jungen Gemeinde gesprochen. Sie müssen schon einmal aufpassen.
In der Jungen Gemeinde gibt es garantiert diese Meinung. Dorthin müssen Sie einmal gehen und sich mit diesem gesellschaftlichen Blickwandel, den die jungen Leute vollzogen haben, auch auseinandersetzen. Dazu würde ich Sie aufrufen, damit Sie nicht irgendwann wie der Dino aussterben. Sie wollen ja eigentlich größer werden, das haben Sie immer gesagt. Es gibt diese Situation, dass wir mit anderen Technologien vorankommen. Deshalb habe ich es Ihnen soeben präsentiert, nicht damit alles schön und gut ist, sondern wir müssen sie einführen, ausprobieren und unterstützen, weil es mehrere Möglichkeiten gibt.
Es gibt nicht nur die Dieseltechnologie, es gibt auch andere. Dort den Blick zu weiten, dafür wollte ich bei Ihnen interveniert haben. Wenn Sie sich dem versperren, müssen wir das zur Kenntnis nehmen.
Herr Präsident! Wir haben uns den Änderungsantrag angeschaut verbunden mit der Frage, ob damit der ursprüngliche Antrag irgendwie besser wird. Wir haben nichts erkennen können, das uns jetzt weiterhilft – wir werden ihn deshalb ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diese Debatte, gibt sie uns doch die Möglichkeit, genau in dieser Woche über die Dinge, die auch in Sachsen im Bereich Digitalisierung voranschreiten, zu diskutieren. Aber erst einmal zu den Punkten, die Kollege Brünler gerade angesprochen hat.
Sie haben zu Recht gesagt, 5G wird in ganz Sachsen notwendig sein. Aber ich sage Ihnen auch: Ohne flächendeckend verlegtes Glasfaserkabel wird 5G auch nicht funktionieren; denn Glasfaser ist genau die Voraussetzung, dass 5G überhaupt funktionieren kann, dass wir auch im Mobilfunk diesen Standard einführen können.
Das Zweite ist, dass Sie am Ende Ihres Redebeitrages noch einmal darauf hingewiesen haben, Sie wollen einen individuellen Rechtsanspruch auf schnelles Internet. Herr Kollege, schauen Sie bitte noch einmal in den Koalitionsvertrag von CDU und SPD im Bund hinein.
Da steht genau dieser Rechtsanspruch drin, es steht sogar eine Jahreszahl drin – die werden Sie finden, wenn Sie
nachlesen –, also auch da ist die Politik in Berlin bereits unterwegs und wir müssen das hier nicht im Sächsischen Landtag beschließen, sondern es wird umgesetzt werden.
Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mir überlegt, wo das, was DIE LINKE hier fordert, herkommen könnte. Ich habe mich daran erinnert, dass ich in Thüringen war. In Thüringen gibt es eine Landesgesellschaft, die ein Breitbandkompetenzzentrum hat, und es könnte ja sein, dass die Kollegen aus der LINKEN-Fraktion mit den Thüringer Kollegen gesprochen haben – immerhin haben sie ja in den letzten Jahren den Ministerpräsidenten gestellt. Dann habe ich mir noch einmal die Zahlen für Thüringen angeschaut: Sie haben 2,2 Millionen Einwohner, 16 000 Quadratkilometer Fläche, 17 Landkreise, sechs kreisfreie Städte, davon ist die kleinste Kreisfreie Stadt Suhl mit 37 000 Einwohnern.
In meinem Wahlkreis hier in Dresden habe ich einen Stadtteil – Gorbitz – mit 21 000 Einwohnern. Das heißt, ich bin noch ein bisschen weg von der Größenordnung der Stadt Suhl, aber das ist sozusagen Bestandteil in einer kreisfreien Stadt in Sachsen. Sachsen hat bekanntlich vier Millionen Einwohner und 18 400 Quadratkilometer Fläche, zehn Landkreise und drei kreisfreie Städte. Was sagen uns diese Zahlen im Unterschied? In Sachsen haben Kreisgebietsreformen stattgefunden, sodass wir andere Größenordnungen haben, um genau diesen Breitbandausbau voranzutreiben.
Deswegen verstehe ich, dass man sich in Thüringen mit dieser Kleinteiligkeit gesagt hat: Ein Breitbandkompetenzzentrum machen wir lieber mit einer Landesgesellschaft. In Sachsen halte ich das nicht für notwendig, weil wir andere Strukturen haben. Deswegen habe ich Ihnen diese Zahlen noch einmal vorgetragen, um Ihnen ein erstes Argument dafür zu liefern, weshalb wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können.
Manchmal läuft die Situation auch ein bisschen gegen einen Antrag. Am Montag wurde der Deutschlandindex der Digitalisierung im Jahr 2019 veröffentlicht, also vor drei Tagen. Was ist der Deutschlandindex der Digitalisierung? Er gibt darüber Auskunft, wo es die meisten Glasfaseranschlüsse gibt, wie digital die Verwaltung ist und wie häufig soziale Medien in diesen Ländern genutzt werden.
Sie haben es vielleicht schon entdeckt; Sie wissen, was jetzt kommt: Sachsen hat hierbei zugelegt. Im Vergleich zum letzten Index im Jahr 2017 sind wir um 21,6 Punkte nach vorn geschritten. Es ist aber immer noch der undankbare vierte Platz hinter Berlin, Hamburg und Bremen.
Thüringen ist Schlusslicht, letzter Platz. Auch Mecklenburg-Vorpommern, das Sie uns in dem Antrag als zu unterstützen anbieten, ist nur zwei Plätze davor, auf Platz 14. Es ist also nicht so der richtige Zeitpunkt, um Ihrem Antrag zuzustimmen, weil die Studie eine andere Sprache zu sprechen scheint.
Ich verstehe Ihre Initiative natürlich insofern, als Sie noch einmal in diesem Wahljahr im Parlament auf Ihre Meinung aufmerksam machen wollen.
Ich bin aber der Auffassung – ich vermute, es ist bei unserem Koalitionspartner nicht anders –, dass wir mit unseren Breitbandkoordinatoren in den Landkreisen und mit dem Breitbandkompetenzzentrum schon gut vorangekommen sind. Auf diesem Weg werden wir konsequent weitergehen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden den Antrag ablehnen.
Weil Sie es als
eine blaue Partei nicht hinkriegen,
müssen Sie jetzt mehrere daraus machen! –
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie, Herr Kollege Schultze, dass ich Ihnen zuvorkommen wollte, aber ich hätte in der Tat etwas verpasst, nämlich, dass Sie die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen treten. Das haben Sie gerade nochmal schön dargelegt, indem Sie sagten, der Kollege Baum soll einfach mal zum Finanzminister gehen und das Recht für sich anpassen lassen.
Die Gesetze, auch die Steuergesetze, gelten für alle gleich, Herr Kollege. Das war in der Zeit, in der Ihre Vorgängerpartei regiert hat, wahrscheinlich anders, und das haben Sie immer noch intus.
Zurück zur Debatte. Wir wollen hier keine Steuerdebatte führen, wir wollen über die Energiepolitik diskutieren. Kollege Dr. Lippold hat den Ministerpräsidenten kritisiert, dass er zusammen mit anderen Ministerpräsidenten noch einmal hervorgehoben hat, wie wichtig es ist, dass die Beschlüsse der Braunkohlekommission einheitlich stattfinden. Es ist richtig gewesen, darauf zu drängen, denn wir brauchen einen größtmöglichen Konsens in dieser Frage. Das ist auch der Grund, dass ich die Sorge habe, dass die GRÜNEN sich aus diesem Konsens schon wieder verabschieden, genauso wie die LINKEN,
denn beide versuchen jetzt, die Beschlüsse der Kohlekommission bereits umzudeuten. Das Stichwort Dörfer, die noch abgebaggert oder umgesiedelt werden, hat Kollege Baum schon richtig angesprochen. Ich denke, da
diese Dörfer nicht in dem Bericht sind, ist auch klar, dass sie noch umgesiedelt werden müssen.
Kommen wir zum Planungsrecht. Das ist auch ein Teil dieses Kompromisses, der da getroffen wurde. Wir haben nicht nur einen Kompromiss darüber getroffen, wann wir in Deutschland aus der Kohle aussteigen, sondern wir haben auch einen Kompromiss darüber gefunden, wie wir das Planungsrecht anpassen. Der Bericht sieht auf Seite 97 vor, dass wir das Planungsrecht vereinfachen und beschleunigen. Wir brauchen „Vorfahrt für die Strukturentwicklungsgebiete“. Es wird also ein „Strukturgesetz Braunkohleregion“ geben müssen. Das wirkt wie ein Planungsbeschleunigungsgesetz, um nicht 20 Jahre zu planen, sondern bereits nach fünf bzw. sieben Jahren den Bau von Infrastrukturprojekten abgeschlossen zu haben.
Ich denke, ich bin schon ein ganzes Stück weiter, Herr Präsident, deshalb gestatte ich jetzt keine Zwischenfrage.
Ich bin sehr gespannt, wie die GRÜNEN abstimmen werden, wenn es darum geht, Gesetze bei der vereinfachten Prüfung und Entscheidung zu „geschützten Arten“ anzupassen,
und wie die GRÜNEN abstimmen werden, wenn es um den Baustopp im Eilverfahren für Vordringlichen Bedarf geht, um diesen nämlich auszuschließen. Auch das steht im Bericht der Kohlekommission auf Seite 107 – bitte noch einmal nachlesen. Ganz spannend finde ich die Verkürzung der Klageinstanzen und -fristen beim Planfeststellungsverfahren.
Wir hätten den Strukturwandel nach dem Zusammenbruch des DDR-Systems nicht geschafft, wenn wir diese Möglichkeiten nicht gehabt hätten. Wir brauchen das für die Region, die wir jetzt umbauen müssen, erneut.
Wenn die Kollegin zu dem Themenkreis eine Frage hat, gerne.
Frau Dr. Pinka, ganz klar, die Sachsen werden das nicht allein schaffen, sondern es wird die Bundesrepublik Deutschland schaffen, weil wir es anders in diesem Land nicht hinbekommen werden. Das müssen auch Sie von den LINKEN zur Kenntnis nehmen.
Damit komme ich zu meinem nächsten Punkt, den ich in diesem Bericht sehr spannend finde, denn es geht um die Energieversorgung der Zukunft. Die Kommission hat auf Seite 80 ihres Berichts – ich gebe immer die Seitenzahl an, damit jeder nachlesen kann, ob es auch richtig ist, was ich vortrage – zum Thema Speicher geschrieben: „Bereits in der Transitionsphase des Energiesystems ist es dringend notwendig, die Potenziale der Speichertechnologien verfügbar zu machen. Dafür benötigen diese verbesserte Rahmenbedingungen“, allen voran die Abschaffung der Netzentgelte für Energiespeicher. Eine richtige und wichtige Position, die die Koalition schon lange vertritt. Ich bin dankbar, dass die Kommission das noch einmal aufgeschrieben hat. Das gilt sowohl für Energiespeicher wie auch für Pumpspeicherkraftwerke, die bekanntlich schadstofffrei, ökologisch, nachhaltig und in der Bevölkerung akzeptiert sind.
Des Weiteren ist im Kommissionsbericht das Thema Wasserstoff niedergelegt. Eine zentrale Rolle für die Sektorkopplung spielt dieser Wasserstoff, und wir brauchen ihn nicht nur für das Thema Speicher, sondern wir werden ihn auch für das Thema Verkehr und die Wertschöpfung der Energieversorgung der Zukunft in den Regionen brauchen.
In den letzten Sekunden meines Rederechts möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, den Frau Dr. Pinka immer angesprochen hat: die Wiedernutzbarmachung und die Erfüllung der Verpflichtung bei den Tagebauen, die abgeschlossen sind. Frau Dr. Pinka, Sie haben bestimmt registriert, dass am 30. November 2018 das Sächsische Oberbergamt mit der LEAG und der MIBRAG entsprechende Unterlagen unterschrieben hat. Wir haben Ihnen immer gesagt, vertrauen Sie den Beamten im Sächsischen Oberbergamt, sie werden eine gute Vereinbarung mit den Unternehmen hinbekommen. Für den Tagebau Reichwalde 405 Millionen Euro, –
Amt. Präsident Thomas Colditz: Kollege Rohwer, die Redezeit geht zu Ende.
– für den Tagebau Nochten 795 Millionen Euro und für den Tagebau Vereinigte Schleenhain 276 Millionen Euro.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und für die gute Arbeit in der Regierung.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Das war der Redebeitrag von Herrn Rohwer. Es folgt eine Kurzintervention von Herr Dr. Lippold. Bitte schön.
Kollege Dr. Lippold, es war ja zu erwarten, dass Sie die Beschlüsse so lesen und dass wir sie anders lesen. Aber jeder Bürger in diesem Land kann
diesen Kommissionsbericht nachlesen. So, wie eben einzelne Gebiete, Stichwort Hambacher Forst, ausdrücklich benannt sind, sind andere Gebiete nicht benannt. Deshalb gehen wir davon aus – und das ist auch richtig –, dass sie in diesen Tagebauplänen der Kraftwerksbetreiber umgesetzt werden können.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Es folgt eine offensichtlich weitere Kurzintervention durch einen Redebeitrag von Herrn Vieweg, bitte schön.
Kollege Dr. Lippold, vielen Dank für diesen Redebeitrag. Er macht noch einmal deutlich, dass Sie bei den GRÜNEN in Sachsen nicht kompromissfähig sind. Dieser Kohlekompromiss ist ein Kompromiss. Ich habe Sie aufgefordert, zu diesem zu stehen und ihn mitzutragen. Alle Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben, zeigen, dass Sie das nicht sind. Wer nicht kompromissfähig ist, ist neun Monate vor der Landtagswahl auch nicht regierungsfähig. – Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Die Antwort folgt durch Herrn Dr. Lippold.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass er bereits an dieser Stelle in die Debatte eingegriffen hat. Dies wird zur Versachlichung und zur Zukunftsgewandtheit dieser Debatte führen, davon bin ich fest überzeugt.
Schauen wir aber einmal in das heutige Interview, das die GRÜNEN gegeben und in dem sie sich zu diesem Thema geäußert haben. Ich finde, Frau Kollegin Meier, da haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen.
Ich zitiere Sie: „Wir GRÜNE definieren uns ganz anders. Bei uns geht es um Konzepte und um Themen.“ – Also nicht um Menschen, das haben wir verstanden.
Dann äußert sich der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Herr Günther – ich darf ihn ebenfalls zitieren –: „Angesichts der unklaren Perspektiven des Kraftwerks trifft Leipzig die einzig verantwortungsvolle Entscheidung. Der Geschäftsplan zeigt, dass eine nachhaltige und klimaschutzgerechte Wärmeversorgung auch wirtschaftlich sinnvoll ist.“
Herr Günther, ein neues Gaskraftwerk an einer anderen Stelle im urbanen Verdichtungsraum zu bauen ist für Sie also grüne Politik? Das kann ich Ihnen nicht wirklich abnehmen;
denn es gibt dann zwei Kraftwerke, die CO2 ausstoßen. Haben Sie nicht aufgepasst, als Sie dieses Zitat freigegeben haben?
Also, ich bin schon ziemlich entsetzt, was Sie den Menschen in der Zeitung beibringen wollen, und sie werden es lesen und sich merken. Das wird aber den GRÜNEN, denke ich, keinen Schwung geben.
Was wollen wir als Union? Ich denke, darin sind wir uns mit unserem Koalitionspartner einig: Wir wollen erst Jobs und dann den Ausstieg.
Wir wollen kein „Husch husch!“, sondern verlässliches Agieren. Uns geht es um die Menschen in unserem Land.
Sie schreiben in Ihrer Überschrift, dass wir eine Blockade gegen Klimaschutz und Strukturwandel aufbauen würden. Dies tun wir eben gerade nicht. Das, was wir tun, ist, diesen Prozess mit Verlässlichkeit und Planbarkeit voranzutreiben, und Sie stören dabei ständig die Umsetzung.
Was wir noch lernen können, ist, dass die Kommission eben nicht „Kohleausstieg“ heißt, sondern „Wachstum“.
Ja, aber was heißt denn Wachstum? Wenn ich Arbeitsplätze einfach beerdige und Betriebsvermögen vernichte und überhaupt nicht weiß, in welchen Unternehmen ich den Menschen in der Region dann Arbeit geben soll, dann ist das kein Wachstum, das ist Niedergang. Deshalb hat die Kommission zuallererst die Überschrift „Wachstum“.
Der nächste Punkt ist der Strukturwandel. Der Ministerpräsident hat uns gerade sehr intensiv und eindrucksvoll Hinweise gegeben, wohin es gehen kann, und ich denke, dass Sie das unterstützen können. Aber Sie müssen mit Ihren Störfeuern aufhören, sondern sich auf die Sache konzentrieren. Der Strukturwandel ist also der nächste große Punkt, und zwar nicht nur in der Lausitz, sondern – das sage ich ganz ausdrücklich – auch im mitteldeutschen Braunkohlerevier.
Zum Schluss geht es um Beschäftigung. Die Menschen wollen eine Zukunft. Sie wollen sich selbst mit ihrer Arbeit ernähren sowie Familien gründen und finanzieren können. Deshalb brauchen wir diese Beschäftigungsinitiativen, und das ist bekanntlich nicht von heute auf morgen durchzusetzen.
Wir als CDU-Fraktion unterstützen das Vorgehen der Staatsregierung hin zu einer festen, verlässlichen Finanzierungsform. Uns schwebt ein Finanzierungsfonds oder, besser noch, eine Stiftung vor. Wir wollen sehen, was zum Schluss herauskommt. Dann muss dieses Maßnahmenpaket, das erarbeitet wird, die klare Zustimmung des Deutschen Bundestags bekommen, und wir werden sehen, wie die GRÜNEN agieren werden: ob sie dann einfach nur bei der Jahreszahl herummosern oder ob sie unterstützen, dass Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung stattfinden können. Wenn dieses Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, werden wir in die Umsetzung gehen, damit sich die Menschen darauf verlassen können.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Dr. Pinka, es reizt mich zwar, darüber zu debattieren, aber ich werde mich daran halten, dass ich jetzt eine Frage zu stellen habe.
Sie selbst haben gerade den 0,3 %CO2-Anteil von Deutschland an der Weltproduktion angesprochen. Können Sie sich nicht vorstellen, dass der größte Energieverbraucher dieser Welt, die Volksrepublik China, mit gutem Beispiel vorangehen kann? Können Sie sich das nicht vorstellen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Dr. Lippold, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die Forderungen der Ministerpräsidenten ein Wunschzettel an den Weihnachtsmann wären. Wissen Sie, das ist eine Frechheit, was Sie gerade losgelassen haben.
Wir reden über Tausende von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum, und Sie erzählen etwas vom Wunschzettel an den Weihnachtsmann.
Wissen Sie, was mein zehnjähriger Junge zu mir sagt? Papa, den Weihnachtsmann gibt‘s nicht. Und Sie wollen den Leuten erzählen, wir hätten hier einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann abgegeben? Wo leben Sie?! Sie sind eine Großstadtpartei, aber im ländlichen Raum kein bisschen verankert.
Herr Kollege Urban, die CDU steht dazu, und das habe ich von diesem Pult aus schon mehrfach gesagt, dass wir bis 2050 aus der Braunkohleverstromung in Deutschland aussteigen werden. Das wissen Sie auch. Aber ein einfaches „Weiter so!“, wie Sie es erzählt haben, kann es auch nicht geben, denn dann würden wir das, was in Paris beschlossen worden ist, völlig ignorieren. Bleiben Sie bei Ihrer Politik in der Vergangenheit; wir werden die Zukunft gestalten.
Weil ich noch ein wenig Zeit habe, möchte ich hier im Hohen Haus ein paar Leserbriefe aus der „Leipziger Volkszeitung“ zur Entscheidung von Lippendorf vortragen – nicht vorlesen, sondern ich würde sie gern sinngemäß zitieren.
Wenn Herr Kollege Urban das möchte, gerne.
Kollege Urban, alles theoretische Diskussionen. Ich kann in Deutschland keine Mehrheit dafür erkennen.
Es gibt eine Mehrheit
in der Bevölkerung, auch in den politischen Parteien, die die Umsetzung wollen. Worüber wir hier mit Ihnen streiten – und wo wir Sie stellen werden –, ist der Weg dorthin. Sie wollen einfach nur: „Weiter so!“ Das geht nicht. Wir haben andere Möglichkeiten. Diesen neuen Möglichkeiten werden wir uns zuwenden.
Aber zurück zu den Leserbriefen. Ich fand es schon sehr bemerkenswert, dass es nicht einen einzigen Leserbrief gab, der für den Vorschlag von Oberbürgermeister Jung gewesen wäre.
Erster Leserbrief, überschrieben mit „Unfähig, die Zukunft zu gestalten“: „300 Millionen Euro Investitionskosten, die besser in Schulen und Kitas in Leipzig investiert werden als in ein neues Kraftwerk.
Unsinn und volkswirtschaftlicher Quatsch, denn ein Nebenprodukt der Kohle, die Wärme, wird einfach nicht genutzt.“ Nächster Leserbrief, überschrieben mit „Die Rechnung zahlen die Verbraucher“:
„Sichere Kraft-Wärme-Kopplung, ein wirklich sinnvoller Ansatz in der Zukunft, wird weggeschmissen und Entscheidungen werden nicht auf Basis von Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz getroffen.“ Der Leserbriefschreiber formuliert: „Ideologie und Glaube sind die treibenden Kräfte.“
Dazu sage ich: Da arbeiten wir doch lieber mit Verlässlichkeit und Planbarkeit. Wettbewerbsverzerrungen durch Förderung sind nicht unsere Strategie.
Nächster Leserbrief: „Ein fatales Signal. Kraftwerk Lippendorf ist energieeffizient und Nebenprodukt wird sinnvoll genutzt. Es wird sogar dann mehr CO2 verursacht. Die Gasverstromung produziert ja auch CO2.“
Warum lese ich Ihnen das vor? Warum trage ich es hier in einer Aktuellen Debatte vor? Die Menschen wissen sehr genau, dass sie die Energiewende, die Energietransformation nur mitgehen werden, wenn es sie auch persönlich überzeugt. Darauf werden wir mit den Leserbriefen hingewiesen.
Die Menschen sagen: Es ist eben keine Entlastung für die Umwelt, wenn wir eine neue Fläche versiegeln, liebe GRÜNE. Das ist ja ein Antrag, der im Leipziger Stadtrat, glaube ich, auch vor Ihrem Hintergrund gestellt worden ist. Wenn wir ein neues Kraftwerk bauen, dann bedeutet das neue Flächenversiegelung.