Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Schmidt, Frau Klotzbücher, Frau Schubert, Herr Prof. Dr. Schneider und Frau Kersten.
Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 bis 8 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 95 Minuten, DIE LINKE 66 Minuten, SPD 50 Minuten, AfD 40 Minuten, GRÜNE 35 Minuten, fraktionslose MdL je Abgeordneten 5 Minuten, Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 61. Sitzung ist damit bestätigt.
Hierzu liegen mir die rechtzeitig eingegangenen Anträge auf Aktuelle Debatten vor. Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten,
SPD 18 Minuten, AfD 17 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, fraktionslose MdL 2 Minuten je Abgeordneten, Staatsregierung zwei Mal 10 Minuten, wenn gewünscht.
Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Das Wort für die einbringende CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Frank Heidan.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie nie.
Wir haben seit 2002, als wir 405 300 Arbeitslose hatten, einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen erlebt. Heute, im Jahr 2017, sind es noch 138 319 Arbeitslose. Das ist ein Erfolg – ein Erfolg, der auch mit den Fachkräften, die wir hier in Sachsen haben, erzielt wurde. Dieser wirtschaftli
che Aufbauprozess – es ist, wie gesagt, ein Erfolgsprozess – ist nicht von ungefähr gekommen. Eine wesentliche Ursache ist, dass wir auf unser Fachkräftepotenzial zurückgreifen können, und zwar gemeinsam mit vielen erfolgreichen Unternehmern. Damit meine ich Unternehmer, die auch solche sind, und nicht Manager, wie wir es hin und wieder auch erfahren haben.
Es waren unsere Fachkräfte, die die Ärmel nach oben gestreift und nach 1990 eine insolvente Volkswirtschaft wiederaufgebaut haben.
Ich füge hinzu: Auch die Gewerkschaften sind Hilfe und Unterstützung in diesem Aufbauprozess gewesen, der heute Früchte trägt.
(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Susanne Schaper, DIE LINKE: Die Früchte haben wir am Wahlsonntag gesehen!)
Gerade in vielen kleinen Unternehmen haben sich die Fachkräfte mit ihrem Wissen und Können auf den harten Wettbewerb eingelassen. Sie haben dessen Widrigkeiten widerstanden. Und sie haben in diesem harten Wettbewerb gewonnen. Genau diese Arbeitnehmer haben gemeinsam mit klugen, erfolgreichen Unternehmern unsere Wirtschaft nach vorn gebracht. Deshalb ist das heutige Thema „Erfolgsfaktor Fachkräfte – Bedarfe sichern, Jobattraktivität steigern, Investitionen voranbringen“ ein gutes Thema, das wir in dieser Aktuellen Debatte begleiten dürfen. Gute Unternehmer wissen mittlerweile – diese Erkenntnis hat sich herausgebildet –, wie wertvoll Fachkräfte in den Unternehmen sind. Sie wissen deren Fähigkeiten zu schätzen und pflegen diese.
Ich möchte von einem Beispiel aus Schöneck, einer Stadt in meinem Nachbarwahlkreis, berichten. Wir haben in der vorigen Woche – Herr Staatsminister Dr. Jaeckel war anwesend – ein Unternehmen besucht, das 1990 von zwei Mann als sogenanntes Garagenunternehmen gegründet wurde und heute fast 1 000 Beschäftigte hat. Diese Unternehmer investieren nicht nur, sondern gehen auch mit ihren Arbeitnehmern gut um. Die Arbeitnehmer werden in vielfältiger Weise gefördert, durch ein Jobticket, durch Freifahrten für die Skischaukel in Schöneck und durch vieles andere. Wir wissen, wovon wir reden. Es ist wichtig, dass solche Unternehmen das auch vorzeigen. Daran wird deutlich, dass es nur gemeinsam gelingt, das heißt in der Gemeinsamkeit von guten Arbeitnehmern und intelligenten Unternehmern, diese Wirtschaftskraft darzustellen.
Unternehmen, die heute attraktive Arbeitsplätze schaffen und unterhalten, werden – das ist meine feste Meinung; davon bin ich sehr überzeugt – in dem harten Wettbewerb, der auch aus der Digitalisierung und der Globalisierung resultiert, bestehen.
Aber was kann die Politik dazu tun? – Dazu werde ich im zweiten Teil der heutigen Aktuellen Debatte sprechen.
Die Debatte ist eröffnet. Für die einbringende CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Heidan. Ihm folgt jetzt für die einbringende SPD-Fraktion Kollege Homann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man heute von der Wirtschaft
spricht, dann meinen manche Menschen nur die Unternehmer. Die Wirtschaft sind die Unternehmer. Das stimmt nicht. Wenn wir über Wirtschaft sprechen, dann geht es um die Unternehmer auf der einen Seite und um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite. Nur beide zusammen machen Wirtschaft aus.
Ich finde es deshalb richtig und wichtig, dass wir heute das Thema Fachkräftebedarfe auf die Tagesordnung setzen, weil nur eine einzige Zahl ausschlaggebend ist; denn im nächsten Jahrzehnt gehen 600 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen in Rente und nur 300 000 stehen dem Arbeitsmarkt neu zur Verfügung. Das bedeutet, wir stehen hier vor einer massiven Herausforderung, und schon heute gibt es in unserem Land Unternehmen, die Aufträge nicht annehmen können, weil ihnen die Fachkräfte dafür fehlen, diese Aufträge zu erledigen. Das zeigt, das Thema Fachkräftemangel bedroht massiv unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, und deshalb ist es richtig, dass wir das hier auf die Tagesordnung setzen.
Wir leben nicht mehr in den Neunzigern, wo nämlich eine Niedriglohnstrategie, so unfair, wie sie war, in diesem Land gefahren wurde und durchaus erfolgreich war. Die Arbeitgeber können sich eben nicht mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aussuchen, sondern die Arbeitnehmer können sich die Arbeitgeber aussuchen. Deshalb haben wir in den Neunzigerjahren – so bitter, wie das ist, und wir erleben das an vielen Stellen – eine ganze Generation verloren, die dieses Land in Richtung Westen verlassen hat und die uns bis heute in den Unternehmen, in den Verbänden, in den Vereinen und auch in den Parteien fehlt, um in diesem Land Verantwortung zu übernehmen. Das darf nie wieder passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bin deshalb dem Staatsminister Martin Dulig sehr dankbar, dass er als Erstes das Thema Fachkräftebedarfe in der Staatsregierung zu seiner Chefsache gemacht hat. Mit ihm gemeinsam muss von dieser Koalition die Botschaft ausgehen: In den nächsten Jahren, in den nächsten Jahrzehnten brauchen wir in Sachsen jeden. Jeder wird in diesem Land gebraucht und deshalb ist es unsere Aufgabe, auch dafür zu sorgen, dass jeder und jede in diesem Land eine Perspektive hat. Da ist Martin Dulig vorangegangen, aber die Fachkräftebedarfe sind kein Thema nur für das Wirtschafts- und Arbeitsministerium. Wenn wir diese Herausforderung schaffen wollen, dann muss es Querschnittsaufgabe sein.
Es ist eben nicht nur Aufgabe eines Arbeitsministeriums, sondern in einem Land, in dem 7,6 % der Schülerinnen und Schüler die Schule immer noch ohne Abschluss verlassen, besteht Handlungsbedarf. Die Quote ist zwar rückläufig, aber wir liegen immer noch circa 2 % über dem Bundesdurchschnitt. In einem Land, in dem jeder vierte Ausbildungsplatz aktuell unbesetzt ist, in dem am Ende jeder vierte Ausbildungsvertrag aufgelöst wird, können wir als Politik dazu beitragen und haben Stell
schrauben in der Hand, hier etwas anzugehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Koalition reagieren. Wir haben eine Fachkräfteallianz ins Leben gerufen und im Bereich der Schulpolitik nachgesteuert, wir stellen jetzt im Bereich Schulsozialarbeit richtig etwas auf die Beine. Ich glaube aber, dass die Aufgabe der Politik an der Stelle nur ein Teilbereich der Lösung ist.
Auch die Wirtschaft steht in der Pflicht. Wir sind hier nicht der Dienstleister der Wirtschaft, der ihr Arbeitskräfte zuführen soll, sondern sie müssen selber etwas machen. An der Stelle will ich klar appellieren. Der Mindestlohn war gut für Sachsen, kein anderes Bundesland hat so sehr profitiert wie Sachsen, aber wir sind immer noch bei 84 % der Westlöhne. Wenn wir im Wettbewerb um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um die Fachkräfte der Zukunft gewinnen wollen, dann muss sich auch im Bereich der Löhne noch etwas tun. Das macht sich nur und am besten über tarifgebundene Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Hier ist auch die Wirtschaft, hier sind die Sozialpartner in der Pflicht, und sie haben in Deutschland bewiesen, dass dieses System klappt, wenn man sich darauf einlässt.
In diesem Sinne: Eine Politik für Fachkräfte ist eine Politik der Anerkennung, der Anerkennung ihrer Leistungen, der Anerkennung der Strukturen zur Unterstützung, der Anerkennung der Herausforderung. Und dieser Herausforderung der Anerkennung von Lebensleistungen stellt sich diese Koalition.