Steffen Dittes
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Last Statements
Meine Damen und Herren, Herr Gentzel und auch Herr Fiedler, Sie haben das Bild vom Bohren des dicken Brettes bemüht, ich kann Ihnen sagen, das dicke Brett Thüringer Kommunalabgabengesetz wird im Thüringer Landtag seit 1991 gebohrt, und zwar nicht von Ihnen, sondern von der PDS-Fraktion, die zahlreiche Initiativen hier parlamentarisch eingebracht hat.
Dieses dicke Brett wurde eben auch gebohrt durch zahlreiche Bürgerinitiativen, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht engagieren, die letztendlich Vorschläge unterbreitet haben. Aber Ihre Reaktion, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, war es in der Vergangenheit immer, wenn es darum geht bestehende Regelungen kritisch zu diskutieren, noch eine Fuhre Holz draufzulegen und noch weiter an den bestehenden Regelungen des Kommunalabgabengesetzes festzuhalten. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, haben wir in den letzten Wochen und auch heute sehr viel Dünnbrettbohrerei hier im Haus gehört und das dient letztendlich der Sache nicht.
Offenkundig, meine Damen und Herren, war die Ankündigung von Ministerpräsident Althaus am 1. Mai bei seiner Wahlkampfveranstaltung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes nicht reiflich genug überlegt, nicht reiflich genug überlegt in der Staatskanzlei und nicht reiflich genug diskutiert im Thüringer Innenministerium, wie man es denn nun umsetzen wollte. Man hat natürlich in der Öffentlichkeit dann Vermittlungsprobleme gehabt und wollte nun am 25. Mai mit einem Referentenentwurf der Landesregierung, den man in die Öffentlichkeit
gegeben hat, Klarheit schaffen.
Meine Damen und Herren, der Referentenentwurf der Landesregierung schafft so viel Klarheit, wie man es in einer Londoner Nebelnacht vollziehen kann. Sie haben angekündigt, Sie wollen Rechtssicherheit den Bürgerinnen und Bürgern mitgeben. Meine Damen und Herren, der Referentenentwurf der Landesregierung ist so rechtssicher wie die Aussage des ehemaligen Bundesministers Norbert Blüm in Bezug auf Sicherheit der Renten. Sie wollten mit dem Referentenentwurf in der Öffentlichkeit Verbindlichkeit schaffen und Sie haben so viel Verbindlichkeit geschaffen wie das Heiratsversprechen in Erwartung einer heißen Liebesnacht oder besser, um es Ihnen verständlich auszudrücken, wie ein Wahlversprechen vor einem Wahltag. So viel Verbindlichkeit hat der
Referentenentwurf, hat die Ankündigung der Thüringer Landesregierung. Denn wenn Sie denn eines ernst nehmen, meine Damen und Herren der Landesregierung, dass Sie die Beitragsaussetzung bis zum 1. Oktober tatsächlich vollziehen wollen und heute schon wissen - und das hat natürlich Herr Trautvetter heute auch sehr viel deutlicher zugeben als noch am 6. Mai im Thüringer Landtag -, dass die kommunalen Verbände gar nicht daran gebunden sind, dann hätten Sie zumindest zwischen dem 1. Mai und dem 13. Juni eine gesetzliche Grundlage im Thüringer Kommunalabgabengesetz schaffen können, die diese Beitragsaussetzung rechtsverbindlich gestaltet. Das ist dann eben kein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, wenn damit verbunden ist, dass die dadurch entstehenden Kosten auch durch das Land zu 100 Prozent getragen werden. Aber Sie haben das nicht getan, Sie haben das abgelehnt, Sie haben es nicht gewollt, Sie haben es auf dieser unverbindlichen Ebene belassen wollen und dafür müssen Sie sich letztendlich auch kritisieren lassen und ich denke, dass Sie auch daran gemessen werden.
Herr Althaus, Sie haben unseren Gesetzentwurf als Schnellschuss bezeichnet. Sie haben in der Debatte zu Ihrer Regierungserklärung weiter gesagt, das Thema ist einfach zu kompliziert und muss intensiv besprochen werden. Ja, in der Tat, die PDS-Fraktion hat schnell reagiert, aber sie hat zielsicher und treffgenau reagiert mit dem Gesetzentwurf.
Das, was Sie mehr als drei Wochen nach Ihrer Ankündigung der Öffentlichkeit vorgelegt haben, ist noch nicht mal ein Schnellschuss, es ist letztendlich ein Rohrkrepierer. Ich will Ihnen das auch an einzelnen Beispielen benennen und auch konkret auf einzelne Vorschläge Ihres Referentenentwurfs eingehen.
Herr Höhn, bitte.
Herr Abgeordneter Höhn, offensichtlich gibt es in Ihrer Fraktion ein Kommunikationsproblem bei den Abgeordneten,
die sich mit dem Thema "Kommunalabgaben" beschäftigen, nämlich einerseits den Kommunalpolitikern, die Sie im Innenausschuss vertreten, und andererseits den Finanzpolitikern, die Ihre Fraktion im Haushalts- und Finanzausschuss vertreten. Der Innenausschuss war der als federführende Ausschuss bestimmte Ausschuss durch den Landtag. Dort hat es die entsprechende Antragstellung gegeben und dieser Antrag ist abgelehnt worden.
Herr Höhn, ich sage es Ihnen noch mal, der Innenausschuss war der als federführende Ausschuss bezeichnete Ausschuss und dort gab es die entsprechende Antragstellung
und es waren Sie und auch die CDU-Fraktion, die genau eine Beratung dieses Gesetzentwurfs nicht mehr für möglich gehalten und ausgeschlossen haben. Ich will Ihnen auch deutlich sagen, die rein formale Fristsetzung des Thüringer Landtags hätte es möglich gemacht, in eineinhalb Monaten einen Gesetzentwurf zu diskutieren, der Inhalte darstellt, die seit Jahren mit kommunalen Spitzenverbänden, mit Bürgerinitiativen oder auch in diesem Haus diskutiert wurden. Hätten wir die Inhalte, die dort aufgeschrieben worden sind, ernst genommen, hätten wir auch die formalen Voraussetzungen erfüllen können und wir hätten rechtzeitig, rechtzeitig vor dem 13. Juni, den entsprechenden Gesetzestext auf den Weg bringen können. Aber das wurde in diesem Haus abgelehnt, weil man offensichtlich mit dem Referentenentwurf selbst noch vor der Landtagswahl punkten wollte. Und nun muss man allerdings feststellen, dass, wenn man den Referentenentwurf tatsächlich bewertet, die Aussage von Herrn Althaus zu seiner Regierungserklärung stimmt. Offenkundig war das Thema für die Landesregierung doch zu kompliziert. Wenn dieser Referentenentwurf tatsächlich Ergebnis der angekündigten intensiven Beratungen innerhalb der Landesregierung ist, dann möchte ich nicht wissen, wenn diese Landesregierung spontan handelt, was dann diesem Land bevorsteht.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt mit ihrem Änderungsvorschlag zu § 7 um, dass künftig für Wasserinvestitionen keine Beiträge mehr erhoben werden sollen. Nicht berücksichtigt werden auch, im Gegensatz zum Vorschlag der PDS-Fraktion, die derzeit noch nicht bebauten oder nicht gewerblich genutzten Grundstücke. Hier muss man doch einfach in die Diskussion mit einbeziehen, dass die Vorteilslage für diese Grundstücke durch die Wasserinvestition eine ganz andere ist als für die derzeit schon bebauten Grundstücke oder gewerblich genutzten Grundstücke, aber dies lässt die Landesregierung völlig außen vor. Zu diesem Punkt haben uns Herr Krauße, aber auch die SPD und auch Herr Fiedler vorgeworfen, wir würden mit unserer Umsetzung, nämlich die Verlagerung der Investitionskosten auf die Gebühren, einseitig die Mieter belasten. Erstens will ich Ihnen dazu sagen, meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hatte in ihrem Entwurf eine Kappungsgrenze entsprechend des Bundesverwaltungsgerichtsurteils von 10 Prozent Gebührensteigerung durch den Wegfall der Beiträge im Wasserbereich vorgesehen. Eine solche Kappungsgrenze sieht die Landesregierung nicht vor. Sie lässt eine Erhöhung über dieses Maß hinaus durch diese Offenlassung im Gesetzestext zu, ausdrücklich sieht sie diese vor oder lässt sie zumindest zu. Das ist doch die Schizophrenie in der Diskussion, Herr Fiedler, uns vorzuwerfen, dass wir Mieter einseitig benachteiligen würden. Nein, wir haben eine Schutzklausel tatsächlich mit hineinformuliert, die das eben ausschließt.
Ich will Ihnen zweitens zu dieser gesamten Diskussion "Mieter und Grundstücksbesitzer" auch noch etwas sagen. Es ist natürlich nicht so, Herr Fiedler, und das wissen Sie,
dass wir Grundstücksbesitzer und Mieter gegeneinander ausspielen. Das, was wir hier im Landtag sagen, was wir im Internet veröffentlichen, das ist öffentlich und glauben Sie, wir sind nicht diejenigen, die in öffentlichen Veranstaltungen etwas anderes sagen als hier. Wir sind doch gar nicht in der Lage, weil die demokratische Kontrolle tatsächlich sehr groß ist. Aber glauben Sie denn wirklich, dass, wenn die Beträge wegfallen oder andersherum gesagt, dass bisher der Vermieter die Beitragsbelastung, die er für das Haus, was er vermietet, zu tragen hat, aus seiner ganz persönlichen Schatulle entnommen hat, ganz altruistisch dieses Beitragsaufkommen für das Haus, was er vermietet, getragen hat. Nein, das hat er natürlich aus den Einnahmen, die aus der Vermietung entstehen, entnommen und es haben auch in der Vergangenheit die Vermieter letztendlich getragen. Nur gibt es mit der Verlagerung auf die Gebühren eine größere Transparenz, eine größere Nachvollziehbarkeit der tatsächlichen Kosten, die entstehen.
Da will ich Ihnen drittens auch noch sagen, dass dort, wo Zweckverbände, wo Aufgabenträger auf die Erhebung von Beiträgen verzichtet haben, auch die Gebühren in Ordnung sind, und diese einseitige Erklärung, dass dann die Gebühren ins Exorbitante steigen würden, stimmt ebenso nicht. Zudem verweise ich nochmals auf die Möglichkeit der Kappung entsprechend des Bundesverwaltungsgerichts um 10 Prozent.
Sie schlagen weiter vor, meine Damen und Herren der Landesregierung, die Beitragserhebung nach dem tatsächlichen Stand der Bebauung vorzunehmen. Herr Trautvetter, Sie sagen, dies darf nicht dazu führen, dass die Globalkalkulationen neu erstellt werden müssen. Dies darf nicht dazu führen, Herr Trautvetter, aber Sie können es nicht ausschließen, weil es nicht diese Rechtssicherheit gibt, dass beispielsweise tatsächlich über einen langen Zeitraum Gerichte es zulassen werden, dass Grundstücke, die auch über lange Sicht als nicht bebaubar gelten oder nicht bebaut werden, in der Kalkulation mit vorkommen. Wir haben deshalb einen anderen Weg gewählt, wir haben vorgeschlagen, die Beitragsfestsetzung im ersten Schritt per Festsetzungsbescheid vorzunehmen und in einem zweiten Schritt einen Leistungsbescheid zu erstellen, der die tatsächliche Bebaubarkeit oder die tatsächliche Bebauung in diesem Fall berücksichtigt, weil das der letztendlich sicherere Weg ist und sich nicht darauf beschränkt, einfach verbal zu formulieren, es darf nicht dazu führen, dass die Globalkalkulationen neu erstellt werden müssen.
In einem weiteren Punkt im selben Absatz schlagen Sie vor, Herr Trautvetter, eine Beitragskappung für große bebaute Grundstücke vorzunehmen, wenn sie denn mehr als 30 Prozent von der durchschnittlichen Grundstücksfläche im Verteilungsgebiet nach oben hin abweichen. Da muss ich Sie schon fragen, Herr Trautvetter und meine Damen und Herren der Landesregierung: Hat denn die Landesregierung aus den Urteilen zur Tiefenbegrenzung nichts gelernt?
Natürlich ist das keine Tiefenbegrenzung, Herr Althaus, das weiß ich auch, aber es ist eine pauschale Kappung der Beiträge, die letztendlich eine Ähnlichkeit aufweist. Bei der Tiefenbegrenzung wurde gerichtlich festgelegt, dass es eben eine pauschalierte Begrenzung in diesem Bereich nicht geben kann, dass der Innenbereich von Gemeinden davon ausgeschlossen werden muss, sondern hier nur der Grenzbereich oder der Übergangsbereich, Innen-/Außenbereich betroffen ist und dass letztendlich keine Begrenzung pauschal festgelegt werden darf, die das Verbandsgebiet betrifft, sondern die Ortsüblichkeit in der Gemeinde berücksichtigen muss. Diese Formulierung hier, die Sie vorgenommen haben, wird letztendlich, das prophezeie ich Ihnen, dazu führen, dass auch dieser Entwurf durch Verwaltungsgerichte in Thüringen gekippt wird. Wir haben Ihnen auch hier mit unserem Gesetzentwurf eine Alternative aufgezeigt, indem wir tatsächlich eine Betragskappung vornehmen wollen mit einer flexiblen Regelung, die nach entsprechend festgelegten und diskutierten Kriterien durch den Innenminister per Verordnung erfolgt.
Meine Damen und Herren, in der Begründung schreiben Sie sehr richtig und aus meiner Sicht auch sehr unterstützenswert, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer bieten soll, Wasserressourcen effizient zu nutzen, um somit zu den Umweltzielen der Richtlinie beizutragen. Und Sie führen weiter aus, Herr Trautvetter: "Diesem Ziel wird durch die Gesetzesänderung aufgrund der gesetzlich angeordneten reinen Gebührenfinanzierung voll umfänglich Rechnung getragen." "Voll umfänglich", meine Damen und Herren, heißt im konkreten Gesetzentwurf letztendlich in § 12 Abs. 5 Satz 3: "Wasser- und Abwassergebühren können insoweit degressiv bemessen werden, wie bei zunehmender Leistungsmenge eine Kostendegression eintritt."
Meine Damen und Herren, ist das Ihre ökologische Lenkungsfunktion im Gebührenbereich, wenn man sagt, man muss nur viel, genug Wasser verbrauchen, um dann letztendlich Kosten zu sparen und auch weniger zu bezahlen? Das ist letztendlich auch der Beweis dafür, dass die Ankündigungen in der Begründung, dass Sie voll umfänglich der ökologischen Lenkungsfunktion von Gebühren Rechnung tragen, zuwider handeln. Hier täuschen Sie auch mit den dargestellten Prinzipien Ihres Gesetzentwurfs die Öffentlichkeit.
Ich will Ihnen ein Letztes zu einem letzten Punkt noch sagen, Sie haben es vorhin angesprochen: Sie haben die Regelung vorgeschlagen, dass zu viel gezahlte Beiträge oder im Wasserbereich die gezahlten Beiträge sofort oder in Raten zurückgezahlt werden müssen. Auch dort wissen Sie, dass das unter Umständen zu erheblichen Liquidationsproblemen bei den Verbänden oder bei Aufgabenträgern führen kann. Auch hier hat Ihnen die PDS eine alternative Möglichkeit vorgeschlagen, nämlich tatsächlich
zu viel gezahlte Beiträge oder die gezahlten Wasserbeiträge über oder bis maximal der Höhe der Grundgebühr zu verrechnen, weil das für uns ein gangbarer Weg im Interesse der Aufgabenträger und Zweckverbände, aber auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist. Ihre Regelung, die Sie vorgeschlagen haben, aber auch all die anderen, führen letztendlich nicht zu Rechtssicherheit, nicht zu Verbindlichkeit und auch nicht zu Klarheit. Sie vertrösten die Öffentlichkeit wieder in die Zukunft nach der Landtagswahl. Und angesichts der fachlichen Mängel, die Ihr Rohrkrepierer aufweist, muss ich Sie tatsächlich fragen: Wie ernst meinen Sie es denn mit den Ankündigungen zur Änderung der Abgabenpolitik in Thüringen? Der Gesetzentwurf ist aus meiner Sicht der Beleg dafür, dass Sie es eben nicht ernst meinen, sondern tatsächlich darauf hoffen, Wählerinnen und Wähler vor dem Wahltag zu täuschen, um dann hinterher zu sagen, das, was wir vorgelegt haben, ist rechtlich letztendlich nicht umsetzbar. Deshalb kann ich Sie nur noch einmal auffordern, geben Sie tatsächlich Sicherheit, geben Sie rechtsverbindliche Sicherheit. Die Möglichkeit hätten Sie gehabt. Jetzt ist es in der Tat nur noch schwerlich möglich, aber dafür tragen Sie die Verantwortung und nicht die PDS-Fraktion, die Ihnen einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet hat. Vielen Dank.
Herr Pietzsch, das ist zum Beispiel ein großer Irrglaube, ich trete auch für die Gleichstellung der Frauen ein und bin keine Frau.
Insofern kann ich wohl auch gegen die Kriminalisierung von Cannabis-Konsumenten sein, ohne selbst einer im persönlichen Leben zu sein.
Meine Damen und Herren, Herr Zeh, Frau Arenhövel, wir hatten es gerade vom Glauben, wenn ich Ihre Redebeiträge so höre und ich wäre ein gläubiger Mensch,
würde ich sagen, die Büchse der Pandora wurde gerade geöffnet. Thüringen muss ja angesichts der Forderung von SPD, immerhin einer Volkspartei, der PDS, sie hat hier in Thüringen 20 Prozent, und der Grünen ja wirklich gerade vor dem drogenpolitischen Desaster stehen, Frau Arenhövel. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir Ihnen das in der letzten Debatte im Thüringer Landtag zu diesem Problem sachlich widerlegt haben. Aber Sie wollen unbedingt Recht haben ohne Recht zu besitzen. Da haben Sie sich offensichtlich bei Arthur Schopenhauer bedient, der ja mal Kunstgriffe veröffentlicht hat, um Recht zu behalten ohne es selbst zu besitzen. Ich habe Sie wiederentdecken können im Kunstgriff 35, der im Übrigen alle andern verzichtbar macht. Dort heißt es "Statt durch Gründe auf den Intellekt, wirke man durch Motive auf den Willen und der Gegner wie auch die Zuhörer, wenn sie gleiches Interesse mit ihm haben, sind sogleich für unsere Meinung gewonnen und wäre dieser aus dem Tollhause geborgt, denn meistens wiegt der Not Wille mehr als ein Zentner Einsicht und Überzeugung."
Frau Arenhövel, das ist das Wesen ihres Beitrags gewesen und das ist das Wesen auch der Erklärung von Minister Zeh. Um es gleich am Anfang deutlich zu machen und auch keine Differenzen aufkommen zu lassen oder Unterstellungen mir hier gefallen lassen zu müssen, natürlich ist die PDS tatsächlich gegen den Drogenmissbrauch. Da ist, glaube ich, die tatsächliche Unterscheidung, die wir vornehmen müssen, aber darauf komme ich im Einzelnen zurück. Bloß wir müssen dort, wo es um den Gebrauch von Drogen geht - denn, Herr Zeh, eine drogenfreie Gesellschaft gab es noch nie und wird es auch nie geben, denken Sie an den letzten parlamentarischen Abend am gestrigen Abend - einen anderen Umgang finden, nicht nur in der Politik, sondern wir müssen den Menschen selbst einen anderen persönlichen selbstbewussten Umgang ermöglichen.
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Sie haben ja Ihren Antrag diesmal nicht mit den klassischen Argumenten begründet, zumindest schriftlich nicht, Herr Zeh hat Ihnen die Arbeit abgenommen. Er hat die ganzen klassischen falschen Argumente wiederholt. Sie haben geschrieben: "Aber 10.000 Jugendliche seien bundesweit wegen ihrer Abhängigkeit von dieser Droge in Behandlung." Das ist natürlich, Herr Panse, Sie wissen das, absoluter Unfug. Erstens sind nicht 10.000 Jugendliche wegen ihrer Abhängigkeit in Behandlung, aber es ist in der Tat so, dass mehr als 10.000 Jugendliche in Behandlung sind. Der größte Teil von diesen über 10.000 Jugendlichen, die sich in Behandlung befinden, befinden sich nicht wegen des Cannabis-Konsums selbst in Behandlung, sondern befinden sich in psychosozialer Behandlung, weil sie ein Problem mit legalen Drogen haben, mit Medikamenten, mit
Alkohol, aber zudem noch ein Cannabis-Beikonsum festgestellt wird.
Dort ist nicht der Cannabis-Konsum ursächlich für die Behandlung, sondern er wurde nur im Rahmen der Behandlung selbst dargestellt. Aber, Herr Panse, ich gehe davon aus, dass Sie auch noch zu diesem Thema reden, es gibt tatsächlich auch einen Teil von Jugendlichen, die als Hauptgrund für ihre Behandlung den Cannabis-Konsum tatsächlich haben. Da gibt das Institut für Therapieforschung in München auch Zahlen heraus. Die Zahlen bewegen sich gegenwärtig zwischen 3.000 und 4.000. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen doch auch fragen, mit welcher Problematik diese Jugendlichen sich tatsächlich in der Drogenberatung, Drogenbehandlung befinden. Da sagen die Drogenberater selbst, dass nicht der Konsum ursächlich für die Probleme ist, die dann zur Beratung führen, sondern der größte Teil der Jugendlichen Drogenberatungsstellen aufsuchen, weil sie Probleme mit der Justiz haben, weil sie Probleme mit dem Entzug des Führerscheins haben und der allergrößte Teil dieser Jugendlichen begibt sich in Beratung, weil es eine gerichtliche Verpflichtung ist. Ohne dass sie selbst Probleme bei sich ausmachen, ohne dass selbst Probleme vorhanden sind, die therapiebedürftig sind, verpflichten Gerichte Jugendliche, sich in Drogenberatung zu begeben, und das ist eben auch Hintergrund dieser Zahlen, die Sie versuchen, hier als Beleg für Ihre absurde Behauptung über die Gefährlichkeit des Cannabisgebrauchs darzustellen. Aber - und ich glaube, wir müssen hier auch ehrlich diskutieren und damit habe ich keine Not - es befinden sich natürlich auch Jugendliche wegen Cannabisgebrauch in stationärer Behandlung. Das sind bei 1.000 Konsumenten 1,1 Menschen.
In Holland - um Ihnen das noch mal als Beispiel zu nennen -, wo ja die Drogenpolitik, Herr Zeh, gescheitert ist, sind pro 1.000 Konsumenten 0,9 Konsumenten in Behandlung. Ich muss mich korrigieren, das ist natürlich die Zahl der ambulanten Behandlung und Beratung. Die Zahlen der stationären Behandlung weisen beim Cannabis-Konsum pro 1.000 Konsumenten 0,049 Konsumenten aus. Ich will Ihnen den Vergleich nicht ersparen, wie sich die Zahlen beim Alkoholmissbrauch oder Alkoholgebrauch darstellen. Dort haben wir im Bereich der ambulanten Behandlung und Beratung einen Anteil von 2 Konsumenten pro 1.000 Konsumenten und bei der stationären Behandlung sogar von 0,62; also 40 mal so viel Konsumenten von Alkohol befinden sich in Relation zu den eigentlichen Konsumenten in stationärer Behandlung wegen des Gebrauchs einer legalen Droge als beispielsweise wegen des Gebrauchs einer illegalen Droge wie Cannabis. Dieses Beispiel und auch die 70.000 Toten im Jahr, die im Zusammenhang mit Alkoholvergiftungen ihr Leben lassen mussten, zeigen doch schon deutlich, dass die qualitative Bewertung dieser Drogen sich nicht einzig und allein am Strafrecht oder am Bundesbetäubungsmittelgesetz orientie
ren kann. Es muss doch andere Kriterien für diese Einordnung geben und dann letztendlich auch einen anderen Umgang in der Politik herbeiführen. Herr Zeh, ich fand es skandalös, dass sich ein Sozialminister genau bei dieser Frage hier hinstellt und bezeichnet Alkohol als weiche Droge. Das finde ich skandalös.
Es gibt tatsächlich zwei Kriterien für die Unterscheidung von harten und von weichen Drogen und es sind nämlich keine politischen Kampfbegriffe, die dort in die Debatte eingeführt worden sind. Die Unterscheidung in harte und weiche Drogen fällt wirklich sehr leicht, denn die wesentlichsten Kriterien sind deren Abhängigkeitspotenz und deren dauerhaft zerstörende Wirkung auf den Körper. Wenn beides oder auch nur eines dieser Kriterien erfüllt ist, dann spricht man von einer harten Droge, und das ist eben bei Alkohol, bei Nikotin, aber auch bei Heroin der Fall. Ist beides - ich betone -, beides gering bis gar nicht ausgeprägt und gar nicht vorhanden, dann sprechen wir von weichen Drogen und das ist nun mal bei Marihuana und bei allen Cannabis-Produkten der Fall, die gewonnen werden. Das ist nun auch keine politische Erfindung, die die PDS hier in die politische Debatte mit einbringt, sondern - Herr Zeh, ich gehe davon aus, dass Sie dieses Buch nicht kennen "Auswirkungen des Cannabis-Konsums", sonst hätten Sie eine solche Rede hier nicht halten können, aber dieses Buch empfehle ich Ihrem Haus sehr dringend. Das ist die so genannte Kleiberstudie. Auftraggeber war Horst Seehofer, CSU-Bundesgesundheitsminister, im Jahr 1996 und diese Studie wurde 1997 veröffentlicht. Das sind nicht - Frau Arenhövel, bei allem Respekt gegenüber Ihren erwähnten Journalisten - journalistisch arbeitende Menschen, die diese Studie erarbeitet haben, sondern das sind in vielfältigen Themenbereichen arbeitende Wissenschaftler. Da Sie mir ja und der PDS und der SPD und den Grünen in diesem Zusammenhang nicht glauben, will ich Ihnen tatsächlich aus dieser wissenschaftlichen Studie/Expertise einige Zitate darlegen. Wie gesagt, ich empfehle Ihnen, die Langfassung dann im eigenen Haus selbst nachzulesen. Dort heißt es beispielsweise im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit, beeinträchtigt durch den Cannabis-Konsum: "Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse muss die allgemeine Annahme, dass der Konsum von Cannabis eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit nach sich zieht, zurückgewiesen werden. Belege für eine schädigende Substanzwirkung von Cannabis lassen sich nicht finden. Auf der anderen Seite gibt es auch Hinweise dafür, dass der Konsum von Cannabis sogar positive Konsequenzen haben kann. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Cannabiskonsum bleibende kognitive Beeinträchtigungen nach sich zieht" - ganz im Gegenteil zu Ihrer Aussage, Herr Zeh -. "Psychische Abhängigkeit wird mit einem starken psychischen Bedürfnis nach periodischem oder dauerndem Genuss der Droge zur Erhöhung des Wohlbefindens tatsächlich beschrieben, aber es gibt keine Abhängigkeit, die sich selbst aus der Substanz ableiten lässt. Der Konsum von Cannabis" - wird ausgeführt in der Klei
berstudie - "führt keineswegs zwangsläufig zu einer psychischen Abhängigkeit, es kann jedoch zu einer Abhängigkeitsentwicklung kommen. Eine solche Abhängigkeit vom Cannanbistyp kann jedoch nicht primär aus den pharmakologischen Wirkungen der Droge erklärt werden, ohne vorab bestehende psychische Stimmungen und Probleme zu berücksichtigen." Das zeigt doch schon mal deutlich, wo die eigentliche Diskussion auch gerade im Hinblick auf die Beratungsfälle ansetzen muss. Wir müssen schauen, wo Jugendliche überhaupt motiviert werden, Drogen zu konsumieren zur Lösung von Problemen, weil dort tatsächlich der Missbrauch anfängt und wo die Grenze vom Gebrauch überschritten ist.
Meine Damen und Herren, es versteht sich doch von selbst, dass wir in dieser Bundesrepublik - und wir sind doch ein zivilisiertes Land - nicht Menschen, die abhängig von harten Drogen, also krank im medizinischen Sinne sind, als Straftäter behandeln. Es sollte sich doch auch von selbst verstehen, meine Damen und Herren, dass wir Menschen, die weiche Drogen, die nicht abhängigkeitspotent sind und die keine langfristige gesundheitsgefährdende oder gesundheitsverändernde Wirkung haben, an ihre Freunde abgeben, nicht zu Straftätern in diesem Land machen. Das muss doch der Grundgedanke von Drogenpolitik in diesem Land sein. Ihre Politik ist doch gescheitert, Herr Zeh, aber auch die Politik der Bundesregierung, die ja bis jetzt die Legalisierung auch noch fordert, aber noch nichts unternommen hat, ist doch gescheitert auch angesichts der Zahlen, die Sie selbst genannt haben. 42 Prozent haben Erfahrung mit weichen Drogen. Das konnte ein Verbot nicht verhindern und Studien belegen, dass die Konsumquote in den USA um das Doppelte höher liegt als in Holland bei einer ungleich höheren Strafzumessung, die droht, wenn man mit Cannabis-Produkten erwischt wird. Dort ist die angedrohte Strafe sogar lebenslänglich und in Großbritannien, wo sich die Strafverfolgung auch noch restriktiver vollzieht, ist der Cannabis-Konsum noch mal ungleich höher. Wir können im Vergleich dieser vier Länder Bundesrepublik, Großbritannien, USA und Niederlande feststellen, dass in dem Land, wo es eine entkriminalisierte Situation gibt, der Gebrauch der weichen Droge Cannabis am geringsten ist, der regelmäßige Gebrauch am geringsten ist und auch der einmalige Gebrauch am geringsten ist. Das muss uns doch zu denken geben.
Wie bitte? Das ist kein Schwachsinn, alle Untersuchungen, die sich damit auseinander setzen, haben dies belegt. Ich will in diesem Zusammenhang noch auf das irrigste Argument eingehen: Cannabis als Einstiegsdroge. Dort kommt die Studie zu dem Ergebnis: "Diese These muss nach Analyse der vorliegenden Studien zurückgewiesen werden." Zurückgewiesen werden - Kleiber kommt nicht zu dem Ergebnis, es wäre nicht feststellbar, sondern er weist diese These definitiv zurück und schreibt dann weiter: "Opiatabgängige Personen haben tatsächlich in der Regel
zuvor Cannabis als erste illegale Droge konsumiert, ebenso wie Cannabis konsumierende Personen in der Regel vorher legale Drogen wie Alkohol und Tabak konsumiert haben. Hieraus ist aber nicht abzuleiten, dass Cannabis zu dem Konsum härterer Drogen führt. Sicher auszuschließen ist die These, dass die Substanzwirkung selbst für ein späteres Umsteigen verantwortlich ist. Möglicherweise" - meine Damen und Herren - "fördert auch die nach wie vor vorhandene Illegalität eine gewisse Assoziation zu anderen illegalen Drogen." Da, Herr Zeh, will ich Sie eindrücklich warnen, Sie haben die Zahl genannt: 42 Prozent der Thüringer Jugendlichen - haben Sie gesagt - haben Cannabis konsumiert. Und diesen 42 Prozent, die Erfahrungen gemacht haben, die dieser Studie widersprechen, sagen Sie, dass Cannabis eine selbe Gefährlichkeit aufweist wie tatsächlich abhängigkeitspotente, wie tatsächlich gesundheitsgefährdende Drogen, eben Heroin. Sie vermitteln dadurch das Bild, dass die gemachte Erfahrung bei Cannabis auch auf Erfahrungen bei Heroin übertragbar ist, und Sie treiben sie tatsächlich dazu, dass Cannabis zur Einstiegsdroge wird. Aber das liegt nicht im Cannabis selbst, das liegt nicht in der Substanz, das liegt auch nicht in einer wie auch immer gearteten Drogenkarriere, sondern das liegt an einer Gleichsetzung von absolut ungleichen Produkten, die letztendlich auch einen unverantwortlichen Umgang mit Jugendlichen in diesem Land zum Inhalt hat.
Meine Damen und Herren, man mag bei der Diskussion um die Legalisierung von weichen Drogen sich gern in den Reihen der Konservativen darauf konzentrieren, dass letztendlich nur diese Forderung erhoben wird. Aber die PDS, Frau Arenhövel, hat eine Reihe von damit im Zusammenhang stehenden Forderungen erhoben und die, bitte, sollten Sie zur Kenntnis nehmen, weil die gehen in einer tatsächlichen Antidrogenpolitik noch sehr viel weiter, noch sehr viel resoluter vor, als das Ihre Positionen hier darstellen konnten. Das heißt nämlich als erste Forderung, gezielter Abbau von Desinformationen und Vorurteilen über Rauschmittel durch eine öffentliche Informationskampagne, und zwar durch Fachleute, meine Damen und Herren, und nicht durch die Politik, die andere Interessen verfolgt, um überhaupt einmal Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, entsprechend auch tatsächlichem Wissen selbstbestimmt mit sich umgehen zu können. Das heißt als Zweites, absolutes Werbeverbot für sämtliche Drogen, also auch Alkohol, Nikotin, Medikamente, Kaffee, Tee und andere Rauschmittel. Das heißt, dass ein absolutes Abgabeverbot für Jugendliche unter 16 Jahren für alle Drogen, ungleich legal oder illegal, durchgesetzt wird. Und das heißt eben auch in der Konsequenz, dass frei zugängliche Zigarettenautomaten aus der Öffentlichkeit verschwinden müssen.
Das heißt auch, sofortige Legalisierung natürlich von Cannabis und dafür bei der dann legalisierten Abgabe sollte natürlich eine Beratungspflicht verbunden sein und auch
nicht jeder soll zum Händler werden können, wie Sie das möglicherweise unterstellen.
Das heißt natürlich auch eine Entkriminalisierung des Konsums harter Drogen, weil, ich habe es schon gesagt, die Konsumenten oder Abhängigen harter Drogen sind keine Kriminellen, sondern sind wie Kranke zu behandeln. Das heißt eben auch, dass entsprechende Therapieangebote auf freiwilliger Basis ausgebaut werden müssen. Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun in der Drogenpolitik. Der Ansatz der CDU-Fraktion ist der falsche. Vielen Dank.
Herr Panse, gestatten Sie mir vielleicht eine persönliche Bemerkung zum Abschluss meiner parlamentarischen Tätigkeit. Nicht die PDS hat mich nicht wieder aufgestellt, vielleicht wäre es so gekommen, aber ich habe von mir aus
bereits 1999 erklärt, das zehn Jahre Landtag genug seien. Sie können aus anderen Gründen ähnlicher Auffassung sein. Herr Panse, allerdings wundere ich mich, wenn Sie schon meinen Beitrag aus dem Internet zur Drogenpolitik gelesen haben, warum Sie dann hier einen solchen Unfug verbreiten. Dann hätten Sie sich nach dem Lesen einfach die Zeit nehmen sollen, das nachzuprüfen, was dort steht oder vielleicht auch darüber nachzudenken. Da steht, das habe ich, glaube ich, auch hier deutlich gesagt, dass wir Abhängige von harten Drogen, von abhängigkeitspotenten und langfristig gesundheitsschädigenden Drogen wie Kranke auch in diesem Sinne behandeln müssen. Das heißt natürlich, den Konsum straffrei zu gestalten und d.h. Entkriminialisierung des Gebrauchs so genannter harter Drogen während wir - diesen rechtlichen Unterschied müssen Sie schon zulassen - bei den weichen Drogen - ich habe vorhin genannt, welches die weichen Drogen sind - eine Legalisierung vorschlagen, die es im Übrigen in Holland auch nicht gibt. Wenn ich schon Menschen, die von harten Drogen abhängig sind, behandeln will, dann heißt das nicht, dass ich sie vordergründig auf den kalten Entzug setze, sondern d.h. eben auch, dass ich das Produkt, von dem sie abhängig sind, ihnen zur Verfügung stellen muss. Das kann ich entweder durch ein Substitut machen, das kann ich aber auch durch das Original machen. Da fordern wir - Herr Panse, und da hätten Sie auch richtig zitieren müssen - eine Expertinnenkommission, die genau dafür binnen eines halben Jahres - weil wir viel mehr Zeit uns nicht nehmen dürfen - Modelle für eine derartige Abgabe an Kranke tatsächlich erarbeiten, damit wir den Einstieg wie in zahlreichen Ländern, aber auch schon in einigen Kommunen geschehen, dahin gehend bringen, diese Menschen auch menschenwürdig zu behandeln und ihnen einen Weg aus der Abhängigkeit zu ermöglichen, zu eröffnen. Das kann nicht dadurch geschehen, indem ich
sie mit dem Strafrecht von dem Produkt, von dem sie abhängig sind, fernhalte.
Ich wollte Sie fragen, Herr Panse, als Sie vorhin die Wirkung von Cannabis sehr theatralisch geschildert haben, nach wie viel Stunden die Wirkung dann wieder abklingt. Das, was Sie geschildert haben - da kennen Sie sich offensichtlich besser aus als ich, ich hätte auf vier Stunden getippt, sie sagten zwei - sind die unmittelbaren Wirkungen des Cannabis-Konsums. Wenn wir jetzt mal dem gegenüberstellen die unmittelbaren Wirkungen des Alkoholkonsums, insbesondere auch harter Drogen und wir zählen dann noch mal die Symptome zusammen,
die sich am Morgen vielleicht nach einer durchzechten Nacht einstellen, dann werden wir eine ähnlich dramatische Liste aufstellen
und das macht diese Produkte im ersten Blick natürlich auch zu Drogen. Aber die Unterscheidung, ob hart oder weich, macht sich eben nicht fest an der unmittelbaren Wirkung, sondern an der Langzeiteinwirkung und macht sich an der Herausbildung einer physischen Abhängigkeit fest.
Wenn wir über die Langzeitwirkung diskutieren, dann Herr Panse, ich habe mir das doch nicht ausgedacht. Glauben Sie, ich setze mich abends auf die grüne Wiese mit einem Joint in der Hand und dann denke ich mir mal irgendwie die Langzeitwirkung von Cannabis aus. Ich kann doch nur auch verantwortlich arbeiten, indem ich mich auf das stütze, was veröffentlicht, was erforscht ist. Da sage ich Ihnen auch, was die im Auftrag der CSU-Gesundheitsheitsminister erarbeitete Studie zum Ausdruck brachte. Tatsächlich Cannabinuide üben in vielfältiger Weise Einfluss auf die Plasmaspiegel verschiedener Hypophysenhormone aus. Diese Effekte sind jedoch reversibel. Das sind also tatsächliche Wirkungen, die sich im Laufe dann natürlich auch wieder zurückbilden können. Weiterhin wurde für die Mehrzahl der pharmakologischen Effekte von Cannabis bei langfristigem regelmäßigem Konsum hoher Dosen eine Toleranzentwicklung festgestellt. Ich bestreite nicht, Herr Panse, dass es eine Grenze gibt zwischen Drogengebrauch und Drogenmissbrauch. Diese Grenze können Sie doch bitte an diesem Flugblatt festmachen, was ich jeden Tag lesen muss, wenn ich mir in der Landtagskantine einen Joghurt hole. Dort steht: Thüringer Weinfrühling - genießen Sie mit allen Sinnen. Dort wird aufgerufen, eine Droge Alkohol, darüber sind wir uns hier im Hause einig, zu genießen. Es gibt also eine Grenze zwischen Genuss und Missbrauch, weil auch hier unbestritten sein dürfte, dass es auch einen Missbrauch von Alkohol gibt. Diese Grenze gibt es natürlich auch bei allen anderen Drogenarten. Über
diese Grenze müssen wir ernsthaft und ehrlich aufklären, über diese Grenze müssen wir aufgrund einer tatsächlichen faktischen Lage informieren, damit Menschen diese Grenze auch in ihrem eigenen Konsumverhalten bedenken können, genauso wie die Aufklärung im Alkoholgenuss bei Jugendlichen zu erfolgen hat.
Ich wiederhole mich an dieser Stelle: Alkohol ist in diesem Zusammenhang sogar zu den harten Drogen zu zählen und es ist tatsächlich wahr, dass natürlich auch Kleiber zu dem Ergebnis kommt, dass die Atemwege durch das Cannabis-Rauchen beeinträchtigt werden. Er führt dazu aber weiterhin aus, insbesondere der häufige Beikonsum von Tabak führt zu additiven Effekten. D.h., gerade die legale Droge, an der die Bundesrepublik Deutschland auch noch verdient und für die Werbung gemacht wird in Kinos, auf Plakaten, führt tatsächlich zu einer vielfachen Vermehrung des Krebsrisikos und Erkrankung der Atemwege. Das, Herr Panse, sollte zumindest zu medizinischen Gesichtspunkten noch nachgetragen werden. Das sind keine Erfindungen der PDS-Fraktion, die wir uns in der 5. Etage ausgedacht haben, das sind Ergebnisse einer Expertise. Nachdem ich sie Herrn Dr. Zeh empfohlen habe, empfehle ich sie Ihnen auch.
Aber ich will aus innenpolitischer Sicht noch ein Thema kurz beleuchten. Dann reden Sie bitte auch einmal mit Thüringer Polizistinnen und Polizisten. Sie haben es angesprochen, wir haben keine tatsächliche Legalisierung von weichen Drogen, sondern wir haben in § 31 des BTMG tatsächlich infolge des Urteils von 1994 die Möglichkeit eröffnet, dass Staatsanwaltschaften Ermittlungsverfahren oder die Strafverfolgung einstellen, was sie grundsätzlich bei Jugendlichen nicht tun. Das führt dann, wie ich vorhin beschrieben habe, dazu, dass eine Weitervermittlung in die Beratungsstelle erfolgt. Aber was ist denn das innenpolitische Problem dabei? Der Polizeibeamte ist nach der gültigen Rechtslage verpflichtet, es auch als Strafverfahren zu behandeln, wenn jemand im Besitz von 0,5 Gramm Marihuana ist. Das hat zur Folge, dass das komplette Programm, erkennungsdienstliche Behandlung, unter Umständen Wohnungsdurchsuchung, unter Umständen Durchsuchung des Pkw, unter Umständen Durchsuchen von Wohnungen in Wohngemeinschaften, die anderen Personen angehört, Durchsuchen von Wohnungen der Eltern in diesem Bereich aufgefahren wird. Der Polizeibeamte weiß von Anfang an, wenn er diese entsprechenden Maßnahmen eingeleitet hat, die nicht nur ein Vielfaches von Zeit, sondern auch ein Vielfaches von Geld kosten, dass die Staatsanwaltschaft am Ende dieses Verfahren gar nicht eröffnen wird, dass derjenige daraus keine Konsequenzen zu erwarten hat. Da ist doch etwas - auf der einen Seite die Polizei, die handeln muss, die gesetzlich dazu verpflichtet ist und auf der anderen Seite die Regelungen, die die Justiz bevollmächtigt, dieses einzustellen - nicht im Gleichgewicht. Das kann doch nicht dazu führen, wenn Herr Trautvetter jetzt vielleicht nickt oder Sie das wohl auch in diesem Zusammenhang meinten, dass wir wieder die Strafverfolgung einführen, sondern
dass wir auch im Bereich der geringen Mengen für den Eigenkonsum hier sagen, auch ohne Mengenbegrenzung eine tatsächliche Legalisierung ermöglichen, eine tatsächliche Legalisierung einführen, damit wir diesen ganzen Unfug von repressiven Maßnahmen, die keinerlei, aber auch wirklich keine Wirkung auf den justiziellen Bereich haben, uns wirklich sparen können. Wirkung auf das Konsumverhalten haben sie nicht. Wirkung auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen haben Verbote, die strafrechtliche Bewertung nicht. Wir haben vorgeschlagen - und sehr umfassend, Sie haben das nachgelesen - einen Komplex von Forderungen, um Jugendlichen, aber auch Menschen darüber hinaus ein Angebot zu unterbreiten, selbstbestimmt, selbstbewusst und auf der Grundlage von tatsächlichen Fakten über ihren Körper, über ihr Leben zu entscheiden. Das müssen wir tatsächlich in die Wege leiten. Ihre Drogenpolitik hat tatsächlich erst zu diesen Zahlen im Missbrauchsbereich geführt. Ihre Drogenpolitik ist gescheitert.
Vergleichen Sie es - ich wiederhole es für Sie, Herr Dr. Sklenar, noch einmal - mit anderen Ländern.
Nein, Herr Pietzsch. Da ist Herr Zeh eben auch unehrlich, wenn er sagt, die holländische Regierung sagt, ihr Modell ist insofern gescheitert. Warum ist denn die holländische Regierung unzufrieden mit ihrem Entkriminalisierungsmodell, mit dem so genannten Coffee-Shop-Model? Weil sie eine Insellösung in Europa geschaffen haben.
Weil sie seit 1976 eine Insellösung in Europa geschaffen haben und holländische Kommunen in Grenznähe deutsche Konsumenten als Einkäufer anziehen und daraus entwickeln sich Probleme natürlich in Holland. Aber wenn man die Auswirkungen auf den Drogenkonsum betrachtet, dann ist der Rückgang des Konsums weicher Drogen mit der Entkriminalisierung statistisch nachweisbar und er liegt eben auch geringer als in der Bundesrepublik und er liegt geringer als in den Ländern, die die größten Strafandrohungen in diesem Bereich haben. Das können Sie doch tatsächlich nicht verneinen. Angesichts der Zahlen müssen Sie doch auch feststellen, Herr Zeh, dass Ihre Politik entgegen der realen Erfahrungen von Jugendlichen spricht. Ihre Gleichsetzung von harten mit weichen Drogen ist angesichts dieser gemachten Erfahrung von vielen Jugendlichen auch höchst gefährlich. Das sage ich Ihnen noch einmal, weil diese Erfahrung auf tatsächlich gefährliche harte Drogen übertragen werden. Das ist das Problem Ihrer Drogenpolitik. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, nicht viel ist seit der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der SPD passiert. Das liegt einerseits daran, dass sich natürlich die juristische Grundlage, die Rechtsprechung seitdem auch nicht verändert hat und immer noch den gleichen Bestand hat wie zur ersten Lesung. Das liegt aber auch daran, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dass Sie es abgelehnt haben, überhaupt darüber zu sprechen, welche Konsequenzen sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März dieses Jahres für die Thüringer Sicherheitsgesetzgebung ergeben.
Ich will Sie daran erinnern: Am 3. März hat ein Senat des Bundesverfassungsgerichts die Umsetzung des Artikels 13 zum so genannten großen Lauschangriff in der Strafprozessordnung für verfassungswidrig erklärt. Zwei Richter, und daran will ich Sie auch erinnern, haben sogar die zugrunde liegende Regelung in Artikel 13 des Grundgesetzes selbst als verfassungswidrig dargestellt und dies als Minderheitenmeinung auch kundgetan. Die Gründe dafür sind relativ grundsätzlich und sollten uns zu denken geben. Einerseits hat das Gericht ganz grundsätzlich angemahnt, dass durch die aufgenommenen Regelungen in der Strafprozessordnung die allgemeine Menschenwürde verletzt wird, dass hier in den unantastbaren Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingegriffen wird und damit das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Frage gestellt und missachtet wird. Es wurde in der Umsetzung in der Strafprozessordnung gegen die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit verstoßen und gegen den Anspruch auf Rechtsschutz oder rechtliches Gehör. Und, meine Damen und Herren, ich will es Ihnen auch ganz deutlich sagen, das, was für die Strafprozessordnung gilt, weil die Strafprozessordnung ein Regula
tiv zur Strafverfolgung ist, gilt natürlich erst recht dort, wo ähnliche Eingriffsregelungen aufgenommen worden sind, wo es nur um Prävention geht, das heißt, wo selbst die Annahme einer bestehenden Gefahr für Sachen und Tiere schon ausreicht, um mit Mitteln des großen Lauschangriffs präventiv wirksam zu werden, wie das beispielsweise in § 35 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes geregelt ist.
Herr Trautvetter, da will ich auch auf Sie reagieren, wo Sie hier dargestellt haben, wir müssten im Thüringer Innenministerium doch erstmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts prüfen. Nein, Herr Trautvetter, das Bundesverfassungsgericht ist nicht irgendwie ein juristisches Oktett, was sich mal zusammensetzt und über juristische Sachfragen der Bundesrepublik philosophiert, das Bundesverfassungsgericht nimmt als letztentscheidende Instanz Rechtsprechung und damit Rechtsetzung vor, und die hat natürlich verbindliche Wirkung. Es ist nicht richtig, wenn Sie versuchen darzustellen, dass das Bundesverfassungsgericht dem Bundesgesetzgeber anderthalb Jahre Zeit gibt, mal so weiter zu wursteln wie bisher. Sie gibt dem Bundesgesetzgeber das Recht oder die Aufgabe mit, bis zum Juli 2005 die gesetzliche Grundlage zu verändern, aber bis dahin entsprechend des Urteils die bestehende Rechtsprechung nur noch anzuwenden. Das heißt doch ganz eindeutig, dass auch hier eine Bindungswirkung existiert, nämlich dort erst recht, wo die Landesgesetze sehr weit über die Regelung in der Strafprozessordnung hinausgehen. Ich will dort nur beispielsweise benennen, dass im Thüringer Polizeiaufgabengesetz die Eingriffsschwellen noch sehr viel niedriger sind, dass im Thüringer Polizeiaufgabengesetz es eben keine Ausnahme für den großen Lauschangriff beispielsweise für bestimmte Berufsgruppen, die Geheimnisträger sind, gibt. Aber auch beim Thüringer Verfassungsschutzgesetz sind die Eingriffsschwellen weitaus niedriger anzusehen, und dort kommt verschärfend noch hinzu, dass auch keine parlamentarische oder öffentliche Kontrolle mehr möglich ist über das, was durch die bestehenden Eingriffsregelungen tatsächlich vollzogen wird. Insofern ist es doch auf der Hand liegend und es ist auch von der Rechtslogik folgerichtig, dass die Bindungswirkung hier besteht, dass die bestehenden Regelungen im Polizeiaufgabengesetz und im Verfassungsschutzgesetz nicht mehr zur Anwendung kommen können. Da können Sie hier lamentieren, weil Sie vielleicht politisch einer anderen Auffassung sind und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedauern, aber nein, auch die Regelung zumindest in § 35 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes und in § 7 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes sind verfassungswidrig.
Diesem Ansatz folgt natürlich auch der SPD-Entwurf, der damit den tatsächlich konkreten Teil des Urteils vom 3. März aufgreift. Aber es fehlt natürlich auch an Konsequenz in der SPD-Fraktion, wie wir das versucht haben mit unserem Antrag darzustellen. Wenn man dieselben Wertungsmaßstäbe, die das Bundesverfassungs
gericht an den großen Lauschangriff in der Strafprozessordnung gelegt hat, auch an andere Eingriffsregelungen in der Thüringer Sicherheitsgesetzgebung legt, dann wird man sehr schnell zu dem Ergebnis kommen, dass zumindest Regelungen wie die verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollmöglichkeit, dass Regelungen zum Einsatz von V-Leuten oder verdeckten Ermittlern auch in gleichem Maße in den privaten Kernbereich der Lebensgestaltung eingreifen und damit zumindest in sehr starkem Verdacht stehen, denselben verfassungsmäßigen Anforderungen nicht zu entsprechen und auch verfassungswidrig zu sein. Das hatten wir beabsichtigt, hier im Thüringer Landtag durch unseren Antrag zu prüfen, in die Wege zu leiten. Aber selbst dem haben Sie sich entzogen ganz nach dem Motto, was wohl nicht sein darf, das kann dann auch nicht sein. Dies ist eine Politik des Aussetzens, dies ist eine Politik auch des Negierens tatsächlich nicht nur bürgerrechtlich vorgetragener Argumente, sondern hier des Ignorierens einer Entscheidung des obersten Gerichts der Bundesrepublik Deutschland.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole es noch mal: Wir werden dem SPD-Gesetzentwurf zustimmen, er verändert natürlich nichts an der Rechtspraxis, weil die dürfte nach dem Urteil sich eben nicht mehr auf diese entsprechenden Paragraphen stützen. Wir werden dem deswegen zustimmen, weil er Rechtsklarheit schaffen würde. Wir sehen es aber für notwendig an, dass auch darüber hinaus Eingriffsbefugnisse in verschiedenen Gesetzen, und da erwähne ich ausdrücklich auch das Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz mit, entsprechend der Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts einer Prüfung unterzogen werden müssen. Wir werden es nicht hinnehmen und werden auch nicht in den künftigen Monaten darüber schweigen, wenn durch bestehende Gesetze oder durch neue Gesetzgebungsverfahren die Landesregierung, diese oder vielleicht dann auch eine andere, meint, bis zur Grenze der Unerkennbarkeit von Grundrechten diese weiterhin einzuschränken oder auszuhöhlen. Vielen Dank.
Keine Angst, meine Damen und Herren, in dem Stapel Papier ist die Regierungserklärung von Herrn Althaus dabei, diese möchte ich noch einmal zitieren. Die hatte ja nach Ihrer Auffassung soviel Inhalt, dass bei dem Rest hier nicht so viel dabei sein kann. Herr Kollege Schemmel, Sie haben auf das BGB verwiesen, ich glaube, § 118. Das haben Sie durchaus richtig zitiert. Die Willenserklärung ist nichtig, wenn der Willenserklärende der Auffassung ist, dass der Mangel an Ernsthaftigkeit verkannt werden soll. Allerdings, Herr Schemmel, kann ich Ihnen sagen, wenn der Willenserklärende noch mal hier in Form einer Darlegung sagt, dass der Gesetzentwurf tatsächlich ernsthaft in diese Diskussion eingebracht wird, dann ist diese Willenserklärung nicht nichtig, sondern Gegenstand parlamentarischer Beratung. Dann ist es natürlich auch Ihre Pflicht, Herr Schemmel, sich mit diesem auseinander zu setzen. Dann können Sie sich nicht auf Ihren zwar vielleicht humorvoll gemeinten Ausritt aus dem BGB beziehen, sondern Sie entziehen sich damit einer politischen Auseinandersetzung, die Sie heute früh nur sehr oberflächlich anhand unseres Gesetzentwurfs geführt haben und in Teilen haben Sie es auch noch falsch getan, aber darauf werde ich in einzelnen Punkten zurückkommen.
Die Beratung unseres Gesetzentwurfs jetzt ist auch deshalb notwendig, weil Herr Ministerpräsident Althaus in seiner Erwiderung auf die Debatte hier, die im Übrigen rein zeitlich die eigentliche Regierungserklärung um ein Vielfaches überschritten hat, gesagt hat, er bedauert es, dass diese Debatte so politisch oberflächlich geführt wird und mit so viel Gemeinheiten gespickt war.
Meine Damen und Herren, dann führen wir doch mal die Debatte um die künftigen Konzepte zur Wasser- und
Abwasserabgabenpolitik des Freistaats Thüringen nicht nur oberflächlich, sondern sehr konkret, nicht nur in Form der Diskussion über Absichtserklärung, sondern über die notwendigen gesetzlichen Grundlagen, die diese Absichtserklärung in die Tat umsetzen können. Wir kommen Ihnen, meine Damen und Herren der CDU, doch durchaus damit entgegen. Denn Sie dürften doch eigentlich die nächsten Wochen bis zum 13. Juni nur noch schlaflose Nächte haben, weil Sie befürchten müssen, dass Sie das, was Herr Althaus in seiner Regierungserklärung sagt, nach dem 13. Juni gar nicht mehr umsetzen können. Sie sagen, Herr Althaus sagt, "die Befürchtung der Eigentümer, sie müssten ihr Eigentum aufgeben oder sich hoch verschulden, weil sie die Beiträge nicht bezahlen können, wiegen schwer. Ich kann diese Sorgen gut nachvollziehen. Diese Ängste müssen wir den Menschen nehmen und zu einer umfassenden Lösung kommen."
Meine Damen und Herren, dann frage ich Sie doch: Warum wollen Sie die Ängste nicht vor der Wahl nehmen? Warum wollen Sie der Bevölkerung die Ängste noch ein paar Monate auferlegen? Warum wollen Sie sich in die Unsicherheit begeben, ob Sie das, was Sie hier aufgeschrieben haben, tatsächlich nach dem 13. Juni noch umsetzen können? Wenn Herr Althaus weiter sagt: "Ich halte die weitere Erhebung von Trinkwasserbeiträgen für nicht mehr zeitgemäß", dann muss eben Politik handeln, dann muss Politik auch in Wahlkampfzeiten handeln. Ich erinnere Sie, das war der erste Satz der Regierungserklärung Ihres Ministerpräsidenten, "die Politik kann nicht abwarten, wenn sich Probleme stellen, sie muss handeln, auch in Wahlkampfzeiten."
Meine Damen und Herren, handeln heißt nicht, eine Rede vor einem Wahlparteitag der CDU zu halten, handeln heißt in dem Fall, die konkreten gesetzlichen Grundlagen anzupacken, zu debattieren
und wenn nötig auch in Wahlkampfzeiten zu beschließen, damit auch Verbindlichkeit in die Politik einzieht und auch Verbindlichkeit im Umgang von Politik mit der Öffentlichkeit. Herr Pietzsch, Sie haben am gestrigen Tag unseren Gesetzentwurf 13.15 Uhr als Schnellschuss bezeichnet.
Der Gesetzentwurf wurde durch uns 13.30 Uhr eingereicht. Nun sage ich, dass Ihre Bewertung, auch die der SPD-Fraktion natürlich, ein Schnellschuss war, weil er die konkrete Grundlage noch gar nicht tatsächlich zur Hand haben konnte. Deswegen ist es auch notwendig, jetzt zu diskutieren, ist denn tatsächlich das, was die PDSFraktion im Gesetz vorgelegt hat, ein Schnellschuss oder ist es nicht vielmehr tatsächlich auch möglich, jetzt zu
beschließen. Diese Eile ist in der Tat aufgezwungen, aber die hat doch nicht ihre Ursachen in der PDS-Fraktion, weil wir der Meinung sind, jetzt mal einen Monat vor der Wahl schnell noch in Teilen das Kommunalabgabengesetz zu ändern, diese Eile, der sich das Parlament unterziehen muss, hat doch als Ursache, weil die Landesregierung eine Änderung ankündigt, die die Landesregierung gar nicht selbst durchsetzen kann, sondern letztendlich nur der Landtag beschließen kann.
Da nehmen Sie doch Ihre Landesregierung ernst, dann nehmen Sie den Auftrag, der aus der Landesregierung an den Landtag mit dieser Ankündigung ausgelöst wird, und dann beschäftigen Sie sich und dann handeln Sie eben auch hier ganz konkret. Es ist eben nicht so, meine Damen und Herren, dass im Freistaat Thüringen gemacht wird, was Althaus sagt. Das haben wir tatsächlich heute früh in der Debatte schon gesagt, weil eben nicht Althaus das oberste Organ der demokratischen Willensbildung in Thüringen und das Gesetzgebungsorgan ist, sondern der Thüringer Landtag ist es.
Der Thüringer Landtag verstößt, wenn er heute diesen Gesetzentwurf in die Ausschüsse gibt und willens ist, diesen vor der Wahl noch zu beschließen, damit nicht gegen gesetzliche Fristen, denn für uns, meine Damen und Herren, gilt bei weitem nicht die Geschäftsordnung der Thüringer Landesregierung. Wir müssen uns als Parlament, als das gesetzgebende Organ, auch nicht nach den Regulativen der Landesregierung bemühen oder orientieren. Wir haben das Recht, Gesetze auch als Fraktion in diesen Landtag einzureichen. Dieses Recht obliegt nicht allein der Landesregierung, dieses Recht haben wir wahrgenommen und wir können, und das hat Herr Trautvetter in seinem Redebeitrag gesagt, wenn wir willens sind, in diesen fünf Wochen den Gesetzentwurf in den Ausschüssen beraten, wir können eine Anhörung durchführen und wir können uns zur bereits jetzt ausgewiesenen Sitzung des Landtags Anfang Juni zusammensetzen und selbst in dieser Zeitabfolge wäre auch eine Sondersitzung zu einer eventuellen dritten Lesung noch möglich. Ich glaube ohnehin, dass diese Diskussion über einen überschaubaren Regelungsbereich durchaus in der Öffentlichkeit geführt wird, weil diese Regelungstatbestände, die wir aufgegriffen haben, seit Jahren in der öffentlichen Diskussion sind, seit Jahren debattiert werden, seit Jahren vorgeschlagen, in Teilen auch hier im Rahmen unseres Kommunalabgabenentlastungsgesetzes, selbst im Landtag im Justiz- und Innenausschuss schon Gegenstand parlamentarischer Beratungen waren, dass wir auch hier wirklich jeden, der es möchte, jeden, der interessiert daran ist, an diesen Beratungen teilhaben lassen können, dass wir uns nicht am Ende dieser Legislatur den Vorwurf gefallen lassen müssen, diesen Gesetzentwurf in aller Eile durchgezogen zu haben, oder wenn, dann sage ich
wirklich, versuchen wir zumindest diese Beteiligung zu ermöglichen in den fünf Wochen, als dass wir uns den Vorwurf gefallen lassen, im Wahlkampf kündigt eine Partei wieder einmal dies und das an und nach der Wahl wird es letztendlich nicht mehr finanzierbar sein, es steht alles unter Haushaltsvorbehalt, es wird nicht durchsetzbar sein. Dies wäre wiederum ein Schritt in die Politikerverdrossenheit hinein, der damit befördert wird und dem können wir tatsächlich entgegentreten.
Meine Damen und Herren, zu den einzelnen Punkten unseres Gesetzentwurfs wurde heute schon viel gesagt, es wurde auch viel Falsches gesagt. Im ersten Punkt, natürlich muss eine gesetzliche Grundlage existieren, die den Zweckverbänden und Aufgabenträgern vorgibt, die Beiträge im Wasser- und Abwasserbereich bis zum 31. Oktober 2004 auszusetzen. Natürlich muss es eine gesetzliche Grundlage geben. Diese so genannte verbindliche Bitte, die, ich glaube, Herr Fiedler war es, heute früh auch zitiert hat, reicht natürlich nicht aus, sie reicht erst recht nicht aus, wenn man beispielsweise mal das Landratsamt Altenburger Land zur Hand nimmt und schaut, wie dieses Landratsamt mit dieser verbindlichen Bitte der Landesregierung denn umgeht. Sie übermitteln an die Städte, Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften des Landkreises Altenburger Land, "sehr geehrte Damen und Herren, beiliegendes Schreiben des Thüringer Innenministeriums erhalten Sie mit der Bitte um Kenntnisnahme. Mit freundlichen Grüßen."
Meine Damen und Herren, sieht so verbindliches Handeln in Thüringen aus? Nein, meine Damen und Herren, das ist unverbindlich und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Zweckverbände und Aufgabenträger jetzt schon ankündigen, dieser Aufforderung oder dieser verbindlichen Bitte nicht nachzukommen. Es bedarf also einer gesetzlichen Regelung, die wir im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen haben.
Im zweiten Punkt unseres Gesetzentwurfs greifen wir natürlich den Vorschlag des Ministerpräsidenten, im Übrigen mit allen anderen Punkten auch, auf, im Trinkwasserbereich keinerlei Beiträge mehr zu erheben. Das gilt natürlich nur für derzeit schon bebaute und gewerbliche Grundstücke. Andere, die jetzt oder zukünftig noch bebaut oder gewerblich genutzt werden, werden natürlich auch zukünftig unter eine Beitragspflicht auch im Trinkwasserbereich fallen müssen, weil dort die Vorteilsnahme für den Grundstückseigentümer sich natürlich anders darstellt. Weil erst durch das Vorhalten der entsprechenden leitungsgebundenen Einrichtung oder der Trinkwasserversorgungsanlagen die Bebaubarkeit oder die gewerbliche Nutzung ermöglicht wird. Deswegen ist es hier ein anderer Fall. Wir glauben, damit die entsprechenden Vorschläge auch umzusetzen.
Wir greifen durchaus zweierlei Dinge mit diesem Vorschlag auf: Erstens, die Behauptung des Ministerpräsidenten oder Darstellung des Ministerpräsidenten, dass
sich durch den Wegfall der Beiträge im Trinkwasserbereich die Gebühren, wenn überhaupt, nur sehr gering anheben werden.
Er schloss sogar für die Landesregierung nach einigen Umstrukturierungsmaßnahmen in den jeweiligen Aufgabenträgern eine Erhöhung der Gebühr tatsächlich aus. Das ist das Erste, was wir aufgreifen und insofern halten wir die 10 Prozent tatsächlich auch für realistisch. Aber wir greifen auch ein Zweites auf, nämlich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 1981, welches genau diese 10 Prozent eben auch als Maßstab für einen Gebührenanstieg benennt, der als zulässig erachtet wird, wenn Investitionen mit über die Gebühr bei Wegfall der Beiträge finanziert werden. Insofern treffen die Vorwürfe, die Herr Höhn heute in Richtung der PDS formuliert hat, keinesfalls in diesem Bereich zu. Aber natürlich, meine Damen und Herrn, ist in diesem Zusammenhang auch hinzuzufügen, dass die Unterscheidung im Trinkwasser und Abwasser natürlich auch eine gewisse Konzeptionslosigkeit der Landesregierung darstellt. Es gibt eigentlich kein vernünftiges Argument, Trink- und Abwasser tatsächlich gesondert zu behandeln. Das Argument, was Herr Trautvetter heute früh genannt hat, dass beispielsweise die Oberflächenentwässerung über die Abwasserbeiträge mitzufinanzieren sind, hilft nicht. Dort haben wir das Instrument der Niederschlagsgebühr, welches hier mitgenutzt werden kann.
So ist es eben auch Wille der PDS-Fraktion, natürlich auch über diese Legislaturperiode hinaus denkend, auch künftig in der neuen Legislaturperiode über die Abwasserbeiträge nachzudenken. Es gibt Beispiele in Thüringen, dass auch die Abschaffung von Abwasserbeiträgen nicht zu einer dramatischen oder deutlichen Erhöhung der Gebühren letztendlich führt. Ich will erstens daran erinnern, dass 40 der 180 Aufgabenträger im Abwasserbereich überhaupt keine Beiträge einnehmen und - kürzlich erst geschehen - in Bad Berka wurde die Beitragserhebung abgeschafft mit der Folge, dass die Abwassergebühr nur um sechs Cent gestiegen ist, also nichts mit dem dramatischen Gebührenanstieg. Ich will einräumen, dass es sicherlich hier und da auch Beispiele gibt, wo die Entwicklung durchaus anders aussehen kann und deswegen ist die rechtliche Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichtes von 1981 eben auch im Gesetzentwurf der PDS-Fraktion verankert.
In einem dritten Punkt formulieren wir, dass in Zukunft nur noch die tatsächliche Bebauung als Maßstab herangezogen wird. Hier gehen letztendlich den Aufgabenträgern keine Einnahmen verloren. Es tritt natürlich, weil Einnahmen tatsächlich in die Zukunft auch verlagert werden können, eine Kostenbelastung im Finanzbereich auf. Hier erfolgt tatsächlich eine Bescheidung des eigentlichen Bemessungsbeitrags und ein zweiter Bescheid des Leistungsbeitrags, der der tatsächlichen baulichen Nutzung der Grundstücke entspricht.
Wir wollen in einem vierten Punkt den Rechtsanspruch auf die zinslose Stundung und Ratenzahlung im Gesetzentwurf formulieren. Auch Herr Trautvetter musste einräumen, dass mit der ursprünglichen Regelung eben nicht erreicht worden ist, dass Menschen in diesem Land dieses Recht, was im Kommunalabgabengesetz fakultativ den Aufgabenträgern übertragen worden ist, in Anspruch nehmen können. Dann muss der Gesetzgeber auch schnell handeln und wenn die Kommunen oder die Aufgabenträger in diesem Fall diese Stundungsmöglichkeiten ihren Gebühren- oder Beitragszahlern nicht einräumen, dann müssen eben auch die rechtlichen Grundlagen verändert werden.
Das trifft im Übrigen dann auch auf die Verbraucherbeiräte selbst zu.
Wir haben in einem weiteren Punkt die Möglichkeiten der Härtefallregelungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit verbundenen Stundung auch ausgeweitet.
Meine Damen und Herren, einem Argument möchte ich vielleicht noch entgegnen, dass die Mieter dadurch einseitig benachteiligt werden. Nun glauben Sie doch nicht tatsächlich, dass der Gebäudebesitzer, der vermietet, die bisherigen Einmalbeiträge, die er als Betriebskosten nicht umlegen kann, jenseits seiner Einkünfte aus diesem Haus aus der persönlichen Tasche bestritten hat. Die waren natürlich Bestandteil seiner Kostenkalkulation über die Kaltmiete.
Es macht doch letztendlich keinen Unterschied, wenn zukünftig der Mieter auch anteilig Investitionen über die Gebühr mitträgt. Der Mieter hat doch dadurch auch die Möglichkeit, selbst durch sein Verbrauchsverhalten ökologisch zu steuern, welchen Anteil an Investitionen er mitfinanziert durch sein Verbrauchsverhalten, weil es sich eben auch finanziell auswirkt, künftig dafür Sorge zu tragen, dass die Infrastruktur im Versorgungsbereich tatsächlich auch dem notwendigen Bedarf entspricht.
Da haben wir, wie heute auch dargestellt, in vielen Bereichen einen sehr großen Unterschied.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Möglichkeit, nicht mit einem Schnellschuss die konkrete Umsetzung Ihrer Ankündigungen abzulehnen. Sie haben die Möglichkeit, in den nächsten vier Wochen noch ernsthaft auch mit Änderungen, Herr Höhn - diesen Gesetzentwurf zu diskutieren. Dann haben Sie tatsächlich, Herr Althaus, ein konkretes Angebot auch der Thüringer Öffentlichkeit unterbreitet.
Das, was Sie bislang unterbreitet haben, ist weder konkret noch verlässlich. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, Sie wissen, ich habe immer sehr viel Respekt und sehr viel Achtung vor Ihrer Arbeitsleistung in den vergangenen zehn Jahren gehabt, auch diesmal. Das, was ich am Montag in der Badewanne geschafft habe, dafür brauchten Sie zehn Monate, die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung zu lesen. Aber wahrscheinlich ganz ernsthaft, Sie haben sich damit sehr gründlich auseinander gesetzt. Sie haben umfangreich in der Fraktion die Antworten der Landesregierung diskutiert, ein eigenes Konzept zur Verwaltungsreform in Thüringen entwickelt, das wieder gegengelesen, mit vielen Verbänden diskutiert, dann mit den Positionen anderer Parteien verglichen, so beispielsweise mit den beschlossenen Leitlinien für eine Verwaltungsreform in Thüringen der PDS, die die im September 2003 in Lobenstein beschlossen haben. Jetzt sind Sie zum Ergebnis gekommen, wir müssten doch mal im Mai 2004 über die Antwort der Landesregierung aus dem Juli 2003 reden. Da frage ich natürlich, meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, warum ist es Ihnen nicht möglich gewesen, wenigstens Grundlagen, Grundsätze aus Ihrem Konzept für eine Verwaltungsreform in Thüringen im Thüringer Landtag vorzulegen? Mit dem hät
ten wir uns dann hier konkret auch auseinander setzen können, warum nur die Beratung. Ich weiß nicht, welchen Sinn diese Beratung für Sie hat, welchen politischen Sinn diese Beratung für den Landtag hat und welchen Sinn diese Beratung auch für die öffentliche Debatte in Thüringen haben kann. Ich weiß es nicht.
Ich weiß es nicht, auch wenn Sie anderes gewollt haben, Herr Schemmel, Sie mimen mit Ihrem Antrag im Wahlkampf nur noch den Verwaltungshasen, der sich gleich von mehreren Igeln sagen lassen muss, wir sind all hier, nämlich mit konkreten Konzepten, die längst in der Öffentlichkeit sind.
Herr Schemmel, ich kann ja Ihre Erregung verstehen, aber wenn es Ihnen denn so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie doch auch mit der Präsidentin reden können oder auch mit den anderen Fraktionen. Wir und ich hätten Ihnen das ja gerne eingeräumt, Ihre Position dazu zu hören. Ich weiß es nach wie vor nicht und deswegen muss ich Ihnen das einfach sagen, weil es sich eben nicht für uns erschließt und es erschließt sich auch nicht aus dem Antrag. Weil wir natürlich durch diesen immensen Zeitverzug bei dieser Beantwortung der Großen Anfrage - Verwaltungsstrukturen/Verwaltungsreform - auf einer zum Teil überholten Grundlage eine Diskussion führen müssen, weil beispielsweise Vorhaben im Bereich des Dienstrechtes in der Zwischenzeit umgesetzt worden sind in Thüringen. Da andere Strukturmaßnahmen sich auch vollzogen haben, werde ich mich in meiner Darstellung auf wesentliche strategische Ansätze der Landesregierung beziehen, nicht ohne aber zumindest auch eine Bemerkung zu den konkreten Fragestellungen der SPD-Fraktion zu machen. Insbesondere betrifft dies den Teil 2 - Ergebnisse vollzogener Strukturmaßnahmen. Nach 12 vollzogenen Strukturmaßnahmen interessieren Sie ausschließlich die finanziellen Einsparungen, wie viele Stellen abgebaut worden sind, ob Bedienstete entlassen worden sind, ob Kosten und in welcher Höhe entstanden sind und was mit den frei gewordenen Immobilien unter Umständen passiert. Meine Damen und Herren der SPDFraktion, hier, gerade bei den vollzogenen Strukturmaß
nahmen, wäre es doch möglich und auch notwendig gewesen, zu fragen, welche qualitativen Veränderungen in der Aufgabenbewältigung durch die Verwaltung es denn durch die vollzogenen Strukturmaßnahmen gegeben hat. Aber das unterlassen Sie in Ihrer Fragestellung, insbesondere im Teil 2 - Ergebnisse vollzogener Strukturmaßnahmen. Da muss ich in diesem Punkt der Landesregierung ausdrücklich Recht geben, wenn sie antwortet, dass eine numerische Zusammenfassung zählbarer Vorgänge noch nichts über eine qualitative Bewertung der Aufgabenwahrnahme in der Landesverwaltung aussagt. Aber, meine Damen und Herren der Landesregierung, auch der Umfang einer Antwort, hier immerhin 190 Seiten, sagt noch nichts über die Qualität der Beantwortung aus. Wir haben natürlich bei dieser Beantwortung nicht immer zufrieden stellend reagiert, aber das liegt eher in anderen inhaltlichen Positionen, auf die ich im Einzelnen noch eingehen werde.
Unter dem Stichwort "Personalmanagement" verweist die Landesregierung in ihrer Antwort auf den Leitfaden "Permanent" und führt aus, ich zitiere: "Weiterentwicklung der Mitarbeiter als der wichtigsten Ressource des öffentlichen Dienstes ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer modernen Verwaltung." Meine Damen und Herren, an dieser Stelle kann man durchaus den Altbundeskanzler Helmut Kohl zitieren: "Die Realität ist in Wirklichkeit ganz anders." Wenn man die Reaktionen auf den Leitfaden "Permanent" der Gewerkschaften zur Hand nimmt, dann gehen die über: es wird kein klares Leitbild zugrunde gelegt; konkrete Zielvorstellungen fehlen; es fehlt der Bezug zur Realität in der Landesverwaltung; der konzeptionelle Ansatz bleibt unklar; unklar ist die Umsetzung; es fehlt an Verbindlichkeit; es fehlt ein ganzheitlicher Ansatz; es gibt keine konzeptionelle Verknüpfung der Leitgedanken Gender Mainstreaming, Förderung von Frauen und schwer behinderter Menschen. Das sind die Kritikpunkte von ver.di und DGB, aber der wichtigste Kritikpunkt bei allen Zuschriften aus den Vertretungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst war die mangelnde Beteiligung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Das heißt, meine Damen und Herren, doch nichts anderes, als dass die auch nach Ihrer Auffassung wichtigste Ressource der öffentlichen Verwaltung bei der Umgestaltung zu einer modernen Verwaltung bei der Erarbeitung der Leitgedanken außen vor bleibt. Die wichtigste Ressource bleibt außen vor. Dass das aber nicht so bleibt, meine Damen und Herren, deswegen brauchen wir in Thüringen ein modernes Mitbestimmungsrecht, ein anderes Verständnis von Mitbestimmung.
Gestatten Sie in diesem Zusammenhang, weil hier ausdrücklich natürlich auch die Gegebenheit besteht, zum Urteil des Verfassungsgerichtshofs zu unserer Klage zum Personalvertretungsgesetz einige Bemerkungen zu machen. Dass sich das Gericht ein obrigkeitsstaatliches Modell einer Verwaltung zugrunde gelegt hat bei seiner Bewertung, sich dabei auf zumindest historisch nicht unproblematischen Formulierungen des Organismus einer
Verwaltung bezogen hat oder Mitwirkung schon als Mitbestimmung in der öffentlichen Verwaltung interpretiert, ist das eine. Das andere aber, meine Damen und Herren, ist, dass das Urteil ausdrücklich nicht die derzeit eingeschränkte Mitbestimmung zum Maßstab auch der künftigen Mitbestimmung von Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung macht. Das Urteil sagt nichts anderes aus, als dass die unterste Grenze der notwendigen Mitbestimmung aus Sicht des Thüringer Verfassungsgerichtshofs noch nicht unterschritten worden ist. Aber das Urteil kommt in seiner Darstellung auch zu dem Ergebnis, dass in vielen Bereichen das Thüringer Personalvertretungsgesetz sehr scharf an dieser untersten Grenze der notwendigen Mitbestimmung angelangt ist. Hier ist der Gesetzgeber in der Verantwortung, im Sinne der wichtigsten Ressource für eine moderne Verwaltung im Sinne der Beschäftigten ein modernes Mitbestimmungsrecht zu schaffen, damit ermöglicht wird, dass Angestellte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Augenhöhe und gleichberechtigt mit ihren Dienstherren über ihre Belange in Verhandlung treten können. Diese Verantwortung, meine Damen und Herren, hat der Landtag nach wie vor und diese Verantwortung hat das Urteil vom 20. April dem Landtag nicht genommen.
Meine Damen und Herren, zum Stichwort "Privatisierung": Als Motive für die Privatisierung wird ausgeführt: "Einführung eines wirtschaftlichen Handelns mit Kostensenkung für den Adressaten der Leistung, Einführung eines effektiven Handelns und Flexibilität der Aufgabenwahrnehmung." Meine Damen und Herren, Herr Trautvetter, aber auch meine Damen und Herren der CDUFraktion, Sie lassen kaum einen Tag aus, wo Sie den Beamten des Freistaats Thüringen nicht für ihre unermüdliche Arbeit und für ihre wichtige Arbeit danken.
Mit dieser Darstellung allerdings, Motivation für die Privatisierung, bedienen Sie aber ein in der Öffentlichkeit bestehendes Vorurteil, nämlich dass Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes unflexibel sind, unwirtschaftlich arbeiten, uneffektiv arbeiten und zu teuer sind. Wenn die Motivation die ist für eine Privatisierung, die Sie hier aufgeschrieben haben, heißt das im Umkehrschluss, dass Sie einer öffentlichen Verwaltung, die Aufgaben wahrnimmt, genau den gegenteiligen Charakter zuschreiben. Erstens, meine Damen und Herren, bin ich sicher, dass dies nicht sein muss. Dies ist nicht zwangsläufig. Dies ist auch nicht gottgegeben, dass eine öffentliche Verwaltung so agiert. Ich bin mir zweitens so sicher, dass dies in vielen Bereichen schon gar nicht mehr zutrifft. Und drittens, dort wo es unter Umständen noch zutrifft, muss eben eine Verwaltungsreform ansetzen, weil Modernisierung der Verwaltung heißt, Effektivität auch dort einzuführen, wo sie nicht mehr besteht. Verwaltungs
reform kann nicht heißen, die eigentliche Verwaltung auszuhöhlen, meine Damen und Herren. Die PDS-Fraktion ist nicht grundsätzlich gegen eine Privatisierung von Aufgaben der staatlichen Ebene, aber nur dann, wenn nach sorgfältiger Einzelfallprüfung, auch unter Beachtung der konkreten Privatisierungsform - und da bin ich schon sehr verwundert, dass beispielsweise die Organisationsprivatisierung oder die Beleihung in der Beantwortung durch die Landesregierung überhaupt nicht auftaucht - gesichert ist, dass öffentliche Vorteile auch langfristig und nicht nur kurzfristig die Nachteile überwiegen. Natürlich schließen wir eine Privatisierung gerade gewinnbringender Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung aus, wenn auf der anderen Seite nämlich die kostenintensiven in der Verwaltung bleiben. Dieser Prozess ist tatsächlich oftmals zu beobachten.
Meine Damen und Herren, eines steht auch fest: Im Rahmen der Daseinsvorsorge hat die Kommune keinerlei Ermessen. Sie ist nach wie vor verpflichtet, für das Gemeinwohl wichtige Dienste allen Einwohnern kontinuierlich und vor allem sozial verträglich und damit auch für alle zugänglich anzubieten.
Zum Stichwort Kommunalisierung: Dass die weitere Kommunalisierung staatlicher Aufgaben entsprechend des Subsidiaritätsprinzips und einer umfassenden aufgabenkritischen Untersuchung erfolgt, scheint fraktionsübergreifend Konsens zu sein. Während die SPD noch in Frage 3 nach den möglichen Einspareffekten fragt, bekennt sich die Landesregierung schon dazu, dass eine Kommunalisierung nicht vordergründig Kosten einsparen muss oder einsparen soll. Wir gehen hingegen noch einen Schritt weiter. Bei der Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene sind die dafür notwendigen finanziellen Mittel durch den Freistaat bereitzustellen. Das Ganze nennt man, wie Ihnen bekannt ist, Konnexitätsprinzip und ist nicht loszulösen von einer Funktionalreform in Thüringen.
Meine Damen und Herren, man könnte noch viel sagen, so etwa zur Deregulierung, der Streichung nicht mehr angewandter Rechtsvorschriften, nichts dereguliert in der öffentlichen Verwaltung. Man könnte noch sagen, dass der alte Zopf Landesverwaltungsamt abgeschnitten gehört und bisherige von den Mittelbehörden bewältigte Aufgaben grundsätzlich zu kommunalisieren sind und nur, wenn es im Interesse einer zuverlässigen, sachgerechten und zweckmäßigen Erledigung der konkreten Aufgaben erforderlich ist, an oberste Landesbehörden zu übertragen sind. Gleiches gilt natürlich auch bei der Bewertung staatlicher Sonderbehörden. Man könnte noch sagen, dass die jetzigen und künftigen Anforderungen an kommunales Handeln, die sich unter anderem aus den neuen Herausforderungen an die staatliche kommunale Daseinsvorsorge ergibt, aber auch sich ergeben wird aus der Kommunalisierung weiterer Aufgaben, weil dort natürlich auch eine leistungsstarke Verwaltung notwendig ist, dass sich daraus die Notwendigkeit einer weiteren
kommunalen Gebietsreform in Thüringen ableiten lässt. Aber, meine Damen und Herren, eines muss man angesichts der Fragestellung und angesichts der Antwort der Landesregierung mit Sicherheit noch sagen: Eine Verwaltungsreform ist keine, die ausschließlich zum Selbstzweck der Verwaltung durchgeführt wird, sondern sie verfolgt das Ziel und muss sich auch daran messen lassen, dass durch sie die Lebensqualität der in Thüringen lebenden Menschen nachhaltig verbessert wird. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es der grundlegendste inhaltliche Kritikpunkt der PDS-Fraktion an der Frage wie an der Antwort, dass nicht einmal als Kriterien für eine Verwaltungs- und Funktionalreform auf die Prinzipien der Bürgernähe, der demokratischen Mitbestimmung, der Transparenz von Entscheidungsstrukturen oder das Recht auf die Informationsfreiheit verwiesen wurde. In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, haben sich hier wohl gleich zwei Hasen in der Furche der Verwaltungsstrukturen zur Ruhe gelegt. Vielen Dank.
Ich würde das ja nicht so drastisch ausdrücken, aber hätten Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dem Staatssekretär zugehört, hätten Sie hören können, dass er beim ersten Punkt ganz deutlich gesagt hat: Ist seit gestern erledigt, und im zweiten Punkt hat er, weil er sich natürlich im Dilemma befindet, weil er natürlich einerseits die Landesregierung auch der letzten Jahre loben muss, andererseits Ihnen aber auch nach dem Mund reden muss, sagen müssen, wir haben hier in Thüringen das geeignetste Mittel im Rahmen der Raumordnung bereits geschaffen, um das umzusetzen, was Sie hier in Punkt 2 Ihres Antrags behandelt haben wollen. Insofern ist natürlich Ihr Antrag tatsächlich überflüssig. Aber überflüssig, meine Damen und Herren, waren auch zahlreiche Bemerkungen innerhalb Ihrer Redebeiträge, weil ich glaube, dass sie nicht nur sachlich falsch sind, sondern auch Informationen in die Öffentlichkeit falsch transportieren.
Ich will an einem ersten Punkt anfangen. Da sagt Herr Baldus, über die Energieeinspeisung werden 5 Mrd. Volksvermögen neu in der Bundesrepublik für regenerative Energie verteilt. Was er in diesem Zusammenhang verschweigt ist, wie viel Geld in dieser Bundesrepublik an Volksvermögen über Steuern, aber auch über den Stromverbraucher, Stromnutzer, in unkonventionelle, ökologisch bedenkliche Energiearten, d.h. die konventionellen Energieträger Kohle, aber auch in die Atomenergie gesteckt werden. Dort brauchen sich, glaube ich, die regenerativen Energieträger keinem finanziellen Vergleich zu entziehen.
Hier in der Bundesrepublik wird auch immer noch zu wenig Geld in die Hand genommen, um tatsächlich regenerative Energieträger voranzubringen. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich, auch wenn ich natürlich Ihr Argument
der einseitigen oder ausschließlichen Gewinnerzielungsabsicht teile: Ich finde es allemal unter den gegebenen Bedingungen der Marktwirtschaft besser, Leute investieren Geld und verdienen auch damit, wenn sie in Ökologien regenerativer Energieträger investieren als in Cross-BorderLeasing-Geschäfte, wo die Kommunen die Benachteiligten sind,
wo die Steuerzahler in den USA die Benachteiligten sind. Dort ist allemal das Geld besser angelegt.
Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt, zur Kompensation regenerativer Energieträger, kommen. Da wird natürlich ein Popanz aufgebaut und es findet auch wieder eine Darstellung von kollektivem Unsachverstand statt, wenn Sie über das Pumpspeicherwerk Goldisthal debattieren. Das Pumpspeicherwerk Goldisthal, Herr Baldus, ist zu einer Zeit geplant worden, als es hier in der Region, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland außer Windmühlen der klassischen Art, die man sich in Holland als Tourist noch anschaut, kein anderes Windrad gegeben hat. Zur Kompensation dessen, was Atomkraftwerke tatsächlich an Leistung erbringen, nämlich auch zu einer Tageszeit, wo Energie in dieser Form, in diesem Ausmaß gar nicht benötigt wird. Das heißt, das Pumpspeicherwerk in Goldisthal ist kein Kraftwerk im Sinne der Nutzung regenerativer Energie, es ist eine Energievernichtungsmaschine, weil dort nachts Energie eingeführt wird, die woanders nicht gebraucht wird
und am nächsten Tag wieder in Spitzenlastzeiten in das öffentliche Netz mit einem Wirkungsgrad von 60 bis 80 Prozent eingeführt wird. Das heißt, Sie haben tatsächlich einen Energieverlust und der Eingriff in die Natur, in die Ökologie in dieser Region ist gravierend. Dieses Pumpspeicherwerk ist nicht nur notwendige Voraussetzung für die Weiterbetreiber der konventionellen Energie, sondern es ist letztendlich auch dazu geschaffen, diese ausschließlichen Gewinnerzielungsabsichten, die seitens der großen Stromkonzerne bestehen, im konventionellen Energiebereich auch dauerhaft zu sichern.
Da hätte tatsächlich vor wenigen Jahren der Freistaat Thüringen auch andere Entscheidungen treffen können.
Aber ich gebe Ihnen Recht, Wind bläst nicht das ganze Jahr und Wind bläst auch nicht 24 Stunden am Tag. Ich bedaure es, Herr Baldus, dass ein Umweltstaatssekretär in diesem Landtag während seiner Rede nicht einmal das Wort "Energieeinsparung" in den Mund nimmt und nicht einmal
den Problembereich des Energiemixes aus regenerativen Energieträgern erwähnt. Wenn wir tatsächlich zu einer vernünftigen Energiepolitik in Thüringen kommen wollen, kann es doch nicht Ziel und Anspruch dieser Landesregierung sein, den jetzt zu verzeichnenden Energiebedarf tatsächlich auch in Zukunft zu gewährleisten, sondern wir müssen gleichsam auch Bedingungen schaffen, wie tatsächlich Energie im Verbrauch eingespart werden kann. Dann würde sich auch ganz rasch der Anteil der regenerativen Energieträger prozentual erhöhen und es wäre möglich, andere, nämlich konventionelle Energieträger vom Markt zu nehmen. Das Problem, das wir jetzt in der Bundesrepublik haben ist doch, dass trotz des Einsatzes regenerativer Energieträger kein konventionelles Kraftwerk aufgrund dieser Bedingung abgeschaltet worden ist, sondern die Betreibung durch die Konzerne weiter gesichert wird und auch durch die Bundesregierung im Rahmen des Atomkonsens weiter gesichert wurde. Wenn wir darüber reden, dass Wind nicht 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr bläst und Energie erzeugt, dann müssen wir eben darüber nachdenken, wie wir dezentrale Energieversorgungsstrukturen schaffen, die sich aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Energieträgern zusammensetzen, die dann als ein solcher Energiemix in der Lage sind, die Versorgung zu 100 Prozent zu jeder Tageszeit zu gewährleisten. Dort gibt es die Untersuchung, dort gibt es die Studien, die das möglich machen. Und dann ist es eben eine Lüge, hier zu behaupten, mit dem weiteren Ausbau von Wind-Energie brauchen wir auch nach wie vor die großen Energiestromversorgungsleitungen oder wir brauchen, Herr Baldus, das haben Sie sogar noch oben drauf gesetzt, sogar zusätzliche. Nein, weit gefehlt, wenn wir wirklich zu einer dezentralen Energieversorgung mittels Energiemix kommen, dann können wir uns auch eine Vielzahl der bisherigen Großinvestitionen sparen und diese rückbauen. Ich sage es Ihnen noch einmal,
investieren wir tatsächlich in Konzepte, die zu einer alternativen Energiegewinnung, Energieverorgung, aber auch zu einer Energieeinsparung kommen und bedienen wir nicht Vorurteile, die in der Öffentlichkeit aus ganz unterschiedlichen Interessenlagen geschürt werden, sondern reden wir sachlich über das Thema und hören wir damit auf, dem subjektiven Empfinden eines Landschaftsbilds die ökologische Beeinträchtigung gegenüberzustellen.
Wenn Sie das tatsächlich zum Maßstab machen, dann kann ich Ihnen sagen, die Naturzerstörung kann weitergehen, die Lebensgrundlagen können stetig weiter verschlechtert werden, aber schön muss es zumindest aussehen. Sie haben diesen Maßstab bei einer Reihe von Großprojekten in Thüringen nicht zum Kriterium Ihres Handelns gemacht. Herr Kummer hat es angesprochen, die Autobahnen im Thüringer Wald beeinträchtigen nicht nur das Landschaftsbild ganz enorm, sie beeinträchtigen auch die Lebenssituation, die Lebensqualität der dort lebenden Menschen und sie
werden auch nachhaltige Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Landschaft im Thüringer Wald haben und auch nachhaltige Auswirkungen auf die Gesundheit der dort lebenden Menschen. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Herr Schemmel, Ihre jetzt vorgenommene Wertung staatlicher Eingriffe in diverse Grundrechte, gehalten auch zum Tagesordnungspunkt der Sicherheitsverwahrung, hätte sicherlich auch zu einer anderen Bewertung dieses Themas führen können. Das ist mir eben sehr deutlich geworden.
Meine Damen und Herren, niemand wird sicherlich im Thüringer Landtag daran zweifeln, dass die Vorschriften zum so genannten großen Lauschangriff im Polizeiaufgabengesetz, aber auch im Verfassungsschutzgesetz verfassungswidrig sind, nachdem das Bundesverfassungsgericht zur Ausgestaltung des Artikels 13 - hier insbesondere der Absätze 2 bis 7 Grundgesetz - in der Strafprozessordnung geurteilt hat, außer vielleicht der Thüringer Innenminister selbst, der ja auch dann noch von seinen gesetzlichen Regelungen und viel mehr von sich selbst überzeugt scheint, wenn ihm auch schwarz auf weiß vorgelegt wird, dass
das Gegenteil der Fall ist. Aber es gibt einfach einen Punkt, da ist eine Interpretation nicht mehr möglich, und der ist nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil erreicht. Die Vorschriften in § 35 Polizeiaufgabengesetz als auch in § 7 des Verfassungsschutzgesetzes sind, gemessen an den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März, verfassungswidrig. Und das nicht, Herr Schemmel, weil für die präventive Wohnraumüberwachung das Gleiche gilt wie im Bereich der Wohnraumüberwachung zum Zwecke der Strafverfolgung, sondern weil viel eher für die präventive Wohnraumüberwachung gilt, was für die Wohnraumüberwachung zum Zwecke der Strafverfolgung jetzt ohnehin Gültigkeit hat.
Vor diesem Hintergrund erscheint es auch folgerichtig, genau das parlamentarisch zu tun, was die SPD gemacht hat, und ich gebe zu, auch die PDS-Fraktion hat über einen ähnlichen Gesetzentwurf nachgedacht, wir haben aber darauf verzichtet,
nicht, Herr Pohl, weil die SPD gehandelt hat, sondern weil wir zwei Dinge getan haben. Wir haben uns erstens die Frage gestellt: Welche Wirkung hat denn Ihr Gesetzentwurf tatsächlich in der praktischen Ausgestaltung? Wir haben ein Zweites getan, wir haben uns die Frage nämlich auch beantwortet. Unzweifelhaft richtig ist sicherlich, dass mit der eingebrachten Regelung der SPD die eindeutig verfassungswidrigen Bestandteile aus dem Gesetz gestrichen werden. Richtig ist aber auch, dass dies lediglich der Gesetzesklarheit in beiden Gesetzen dient, weil die Anwendung genau eben jener Paragraphen bei verpflichteter verfassungskonformer Auslegung eben nicht mehr zulässig ist. Ich unterstelle, wenn schon nicht dem Thüringer Innenminister, so doch aber dem LKA-Präsidenten und den Leitern der Polizeidirektionen, aber auch dem Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz, nicht bewusst und wissentlich Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung verfassungswidrig anzuordnen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Gesetzesklarheit zu schaffen, ist sicherlich richtig und auch notwendig, aus unserer Sicht aber nicht nur im angedeuteten Sinn der SPD, die Eingriffsregelung vor der Wahl zu streichen und nach der Wahl eine gesetzliche und dann verfassungskonforme Gestaltung des Eingriffs in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zu formulieren, wie man es aus Ihrer Begründung zumindest herauslesen kann. Dass die PDS-Fraktion an das Thema sehr viel grundsätzlicher herangeht, sollte Ihnen bekannt sein. Ihnen sollte aber auch bekannt sein, Herr Schemmel, dass immerhin drei der Bundesrichter auch die grundgesetzliche Regelung zum Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzbarkeit der Wohnung generell als verfassungswidrig bezeichnet wissen wollten.
Aber unabhängig davon haben wir uns auch die Frage gestellt, ob nicht auch weitere Regelungen in anderen Thüringer Gesetzen zumindest verdächtig sind, gemessen an
den qualitativen Kriterien des Bundesverfassungsgerichts, auch als verfassungswidrig bezeichnet werden zu können. Zu denken wäre hier insbesondere an den nicht ausreichenden Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, der dazu führt, dass die Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden gegen die Menschenwürde, gegen das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung verstoßen und den Ansprüchen auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör und weiteren Grundrechten zuwiderlaufen. Deshalb haben wir Ihnen beispielhaft in Punkt 2 unseres Antrags Eingriffsbefugnisse aus Thüringer Gesetzen aufgeführt, durch deren Anwendung diese genannten Grundrechte nicht nur peripher berührt sind.
Natürlich, meine Damen und Herren, wird dieser Thüringer Landtag aus zeitlichen Gründen nicht mehr machen können im Gesetzgebungsverfahren als das, was die SPDFraktion mit ihrem Gesetzesvorschlag hier eingebracht hat. Aber der Thüringer Landtag ist angesichts des weit reichenden Urteilstenors des Bundesverfassungsgerichts, der tatsächlich eine Neubestimmung des Verhältnisses von Eingriffbefugnissen und Grundrechten darstellt, geradezu gezwungen, die von Ihnen selbst gesetzlich auf den Weg gebrachten Regelungen zu überprüfen und sie muss sich dabei natürlich auch ganz zwangsläufig der Landesregierung bedienen. Die Ergebnisse der Überprüfung durch die Landesregierung müssen letztlich aber wieder durch den Landtag als den eigentlichen Gesetzgeber selbst bewertet und in konkrete Gesetzesänderungen gefasst werden. Das wird dann sicherlich erst in der nächsten Legislaturperiode der Fall sein.
Ich habe versucht, das zu ignorieren, dieses rote Licht,
aber es ist offensichtlich kaum möglich. Nein, der letzte Satz: Meine Damen und Herren, der jetzige Landtag als Urheber auch der genannten Gesetze hat seine Pflicht getan, wenn er jetzt noch diese Überprüfung in die Wege leitet und damit eben auch die Grundlagen schafft für die gesetzlich notwendigen Novellierungen, die dann sicherlich nach der Wahl am 13. Juni zu erfolgen haben. Vielen Dank.
Herr Fiedler, können Sie mir sagen, welchen Antrag der PDS Sie vorliegen haben? Sie müssen vorhin über einen anderen gesprochen haben als den, den ich eingebracht habe.
Dann kann ich nur feststellen für mich, Ihre Erwiderung auf den Antrag war es ebenso.
Herr Pohl, ich wollte Sie fragen, ob es meine Erinnerung nicht trübt, dass Sie derjenige waren, der in der V-MannAffäre Tino Brand derjenige Abgeordnete des Thüringer Landtags und das Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission war, das sich am lautesten öffentlich über die fehlende Kontrollmöglichkeit dieses Landesamts für Verfassungsschutz geäußert hat
und dass diese Nichtinformation, diese fehlende Kontrollmöglichkeit der Grund auch dafür war, dass Sie die Kontrollrechte des Parlaments mit einem eigenen Änderungsgesetz zum Thüringer Verfassungsschutzgesetz erweitern wollten, weil Sie die Kontrollrechte, die bestanden haben,
als nicht ausreichend und in den konkreten Fällen als eben auch nicht wirksam angesehen haben. Herr Pohl,
das waren genau Sie und wir können die Berichte der Parlamentarischen Kontrollkommission durchaus hier noch einmal diskutieren. Wir wurden durch die Parlamentarische Kontrollkommission darüber informiert, was ein Jahr zuvor in den Thüringer Zeitungen gestanden hat, was längst Gegenstand des Verfassungsschutzberichts selbst war, der durch das Amt erstellt wird. Ich habe Ihnen damals in der Beratung gesagt, die Berichte der Parlamentarischen Kontrollkommission vor dem Thüringer Landtag könnte ich, der nicht Mitglied in dieser PKK ist, selber schreiben, weil die Vorgänge bekannt sind. Was Sie darüber hinaus erfahren, wissen wir nicht, das weiß das Parlament nicht, es gibt demnach nicht nur keine parlamentarische Kontrolle, es gibt erst recht auch keine öffentliche Kontrolle. Ich will Ihnen noch einen Grund sagen und damit das Thema "Parlamentarische Kontrollkommission" auch abschließen, warum die PDS natürlich nicht in der Parlamentarischen Kontrollkommission mitarbeiten kann über die von Herrn Hahnemann genannten Gründe hinaus. Glauben Sie denn
dann tatsächlich, Herr Pohl, dass ich mich oder ein anderer Abgeordneter der PDS-Fraktion an den Geheimberatungen der Parlamentarischen Kontrollkommission beteiligen, die ein Institut kontrollieren sollen, was selbst Dossiers über uns anfertigt, was Teilstrukturen der PDS überwacht
und sie in ihren Verfassungsschutzberichten benennt? Glauben Sie wirklich, dass wir uns an der Kontrolle dieser Institution beteiligen, die uns selbst zum Gegenstand ihrer Spitzeltätigkeit macht? Das kann tatsächlich nicht ihr Ernst sein.
Um Sie vielleicht doch wieder etwas milde zu stimmen, diese Einschätzung teilen Sie ja sogar, denn Sie haben es vollbracht, den Vorschlag der PDS für die G-10-Kommission genau aus eben diesen Gründen drei- oder viermal im Thüringer Landtag abzulehnen.
Herr Fiedler, dass Sie natürlich die Materie auch wieder nicht verstanden haben, hat Ihre Nachfrage ergeben. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat nun auch gar nichts mit den verdeckten Ermittlern bei der Thüringer Polizei zu tun. Für die Kontrolle geheimdienstlicher Arbeitsbefugnisse, Arbeitsmöglichkeiten der Thüringer Polizei gibt es kein gesondertes Gremium, es ist der Landtag selbst, der diese Kontrollmöglichkeit ausübt mit seinen parlamentarischen Rechten, wie z.B. den Kleinen Anfragen. Diese
Kontrollmöglichkeit kann der Thüringer Landtag nicht wahrnehmen, weil die Landesregierung in regelmäßiger Stupidität antwortet, dass sie aufgrund der Sicherheitslage hier dem Thüringer Landtag keine Informationen mitteilt. Es ist also noch nicht mal in dem Bereich möglich, tatsächlich zu erfahren, in welchem Umfang mit nachrichtendienstlichen Befugnissen gearbeitet wird.
Meine Damen und Herren, Herr Hahnemann hat es gesagt, Sie haben unseren Antrag nicht verstanden. Es tut mir insofern auch ganz besonders Leid, weil - Herr Schemmel, Herr Pohl - Sie in Ihrem Begründungsteil des Gesetzentwurfs einen sehr wichtigen und auch einen sehr richtigen Satz niedergeschrieben haben, der heißt: "Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eine grundsätzliche Neugewichtung des Verhältnisses zwischen den Rechtsgütern der Sicherheit und den Grundrechten zugunsten der Grundrechte vorgenommen." Eine grundsätzliche Neugewichtung, meine Damen und Herren, und diese grundsätzliche Neugewichtung erfordert doch geradezu von einem Landtag, hier den Prüfauftrag auszulösen,
alle Befugnisse nachträglich zu überprüfen, ob sie dieser grundsätzlichen Neugewichtung noch entsprechen, weil sie dieser nunmehr entsprechen müssen. Das ist Anliegen des Antrags. Da haben sich - Herr Fiedler, wenn Sie danach fragen, innere Sicherheit im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - die gesetzlichen Möglichkeiten seit dem 3. März ganz grundsätzlich zugunsten der Grundrechte verändert.
Herr Fiedler, eines erschreckt mich an Ihren Redebeiträgen immer, aber Herr Pietzsch hatte das in einer der letzten Beratungen auch erwähnt, die Diskussion über das Grundrecht auf Sicherheit. Das hört sich natürlich gut an: Der Staat garantiert jedem seiner Staatsbürger Sicherheit vor Verbrechen, vor Straftaten. Aber, meine Damen und Herren, stellen Sie sich doch mal vor, was das etwa im Umkehrschluss bedeuten würde. Das hieße nicht, Herr Pietzsch, bei der Sicherheitsverwahrung nur darüber nachzudenken, wie man einen bereits als Straftäter verurteilten Menschen noch nachträglich wegsperren kann. Das hieße nämlich in Ihrer Logik, auch darüber nachzudenken,
wie man ihn wegsperren kann, bevor er die erste Straftat begeht.
Das ist doch das Problem
des Grundrechts auf Sicherheit, weil es ein Staat, der sich nach demokratischen und rechtsstaatlichen Gepflogenheiten organisiert, nicht gewährleistet kann, weil dies dann eben kein demokratischer Rechtsstaat mehr wäre. Es wäre letztendlich eine Diktatur, die die persönlichen Freiheitsrechte eines jeden Einzelnen so dermaßen minimieren muss,
dass sie kaum noch zu erkennen sind und auch dann, meine Damen und Herren, werden sie nicht Straftaten, werden sie nicht Gewalttaten verhindern können. Aber Sie setzen sich der Diskussion aus, dass Sie diesen einmal begonnenen Wettlauf um die Minimierung von Grundrechten gegenüber der Straftatsbekämpfung begonnen haben, den auch immer weiter fortführen. Wo das endet, dürfte doch klar sein: Sie haben kein Grundrecht mehr auf Sicherheit, Sie haben dann ein totalitäres System. Davor warne ich in dieser gesamten Diskussion,
dies auch noch in der öffentlichen Diskussion zu vertreten. Es ist nicht so, dass - Sie haben es doch selber gesagt, Herr Fiedler - der Thüringer, die Thüringerin Angst haben muss, Opfer einer Straftat zu werden. Wir müssen sachlich über die tatsächliche Gefährdungslage informieren und nicht eine Gefährdungslage herbeireden, die Kriminalitätsangst, die Kriminalitätsfurcht erzeugt, auf deren nicht reeller Grundlage wir dann hier weit reichende Einflussbefugnisse von Sicherheitsbehörden beschließen, die letztendlich zum Grundrechtsabbau führen.
Herr Schemmel, Ihnen und Ihrer Partei streitet doch keiner großartige historische Leistungen ab; da gibt es positive wie auch sehr negative.
Aber wir können doch nicht jeden Fehltritt der SPD in den letzten 15 Jahren damit rechtfertigen, dass Sie vor 100 Jahren einen sehr wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung geleistet hat.
Es war doch auch Ihre Fraktion in der 1. Legislaturperiode dieses Thüringer Landtags, die in ihrem Entwurf zum Polizeiaufgabengesetz einen großen Lauschangriff tatsächlich formuliert und vorgesehen hat. Dann lassen Sie uns doch auch mal feststellen, dass wir es begrüßen, dass Sie sich dort einer anderen Rechtsauffassung, einer anderen Position angenähert haben. Dies einfach festzustellen, können Sie uns doch selbst nicht zum Vorwurf machen. Es ist doch tatsächlich richtig, dass das, was Otto Schily machen konnte, ein Manfred Kanther unter Regierungsbeteiligung der FDP nie im Leben hätte durchsetzen können.
Es war diese besondere Koalition notwendig, um tatsächlich diese weit reichenden Änderungen zu vollziehen.
Diese Kritik muss auch an die SPD - natürlich im Rahmen und vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Neugewichtung des Verhältnisses von Grundrechten und Eingriffsbefugnissen - formuliert werden.
Herr Fiedler und auch Herr Schemmel, Ihre Einlassungen bezüglich des Kollegen Hahnemann diskreditieren Sie eigentlich, nicht als Abgeordneten vielleicht, aber als Menschen.
Das wird noch nicht meine letzte Rede im Thüringer Landtag gewesen sein, da kann ich Sie beruhigen.
Aber ich will Ihnen abschließend auch eines sagen: Ich hoffe für Sie, dass Sie, auch wenn ich nicht mehr Mitglied im Landtag bin, noch oft genug von mir hören werden.
Meine Damen und Herren, bei dem Thema der Aktuellen Stunde konnte man eigentlich erwarten, was sich auch tatsächlich abgespielt hat, das war mein Eindruck. Hier handelt es sich um eine Stammtischdebatte mit juristischem Hintergrundwissen. Es sind alle Diskussionen, die in der Tat in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen, hier in die Diskussion um eine Sicherheitslage mit integriert worden, die eigentlich gar nichts mit der konkreten Situation in Thüringen oder in der Bundesrepublik zu tun haben. Da wird das Zuwanderungsgesetz diskutiert, da wird der Einsatz der
Bundeswehr im Inneren diskutiert, da wird diskutiert, dass man die Telekommunikationsüberwachung ausweiten muss, und da wird diskutiert, dass man biometrische Daten in den Personalausweis einführen muss. Das alles hat mit den eigentlichen Anforderungen, die sich tatsächlich stellen, nichts, aber auch gar nichts zu tun. Aber Sie haben in einem Punkt tatsächlich Recht, das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, der hier lebenden Menschen, und zwar nicht nur der im staatsrechtlichen Sinne Bürgerinnen und Bürger, sondern alle hier lebenden Menschen haben tatsächlich ein Bedürfnis nach Sicherheit. Bloß dieses Bedürfnis muss sich natürlich auch entwickeln auf Grundlage einer realen Lageeinschätzung.
Aber, meine Damen und Herren, diese Landesregierung und die sie tragende Partei ist nicht willens, hier in einer Debatte um die öffentliche Sicherheit in Thüringen ein tatsächliches reales Lagebild der Sicherheitssituation in Thüringen zu zeichnen. Nein, sie tut gerade so, als ob der Count-down schon angelaufen ist für den Katastrophenfall, wo es einfach nur noch um die Frage geht, wo dann tatsächlich der Anschlag in Thüringen zu erfolgen hat. Mitnichten ist das so. Herr Trautvetter, ich hätte von Ihnen erwartet - und das wäre verantwortliche Politik -, dass Sie nicht nur sagen, dass es im LKA eine Arbeitsgruppe gibt, die regelmäßig ein Sicherheitslagebild erstellt, sondern Sie hätten hier darstellen müssen, zu welchem Ergebnis diese Arbeitsgruppe im Landeskriminalamt gekommen ist. Das haben Sie unterlassen,
deswegen lassen Sie auch die Öffentlichkeit und die Abgeordneten hier im Dunkeln und befördern auch noch eine solche jedwede Grundlage entbehrende Diskussion auf Stammtischniveau.
Ich will auf eines ganz besonders kurz verweisen, weil mich das sehr betroffen macht, die Verbindung mit dem Zuwanderungsgesetz. Es hat nichts mit der Zuwanderung von Menschen in die Bundesrepublik zu tun. Wenn Sie das unterstellen und diese beiden Diskussionen um mehr Sicherheit und Zuwanderung verbinden, dann stellen Sie den Menschen, die in die Bundesrepublik aus ganz unterschiedlichen Gründen kommen, ob auch auf der einen Seite über das Asylrecht oder aber im Rahmen eines künftigen Zuwanderungsrechts, unter einen Generalverdacht, die Bundesrepublik hier nur als Trittbrett zu nutzen, um terroristische Anschläge zu begehen. Aufgrund dieses Generalverdachts schaffen Sie für nichtdeutsche Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ein Sonderrecht, Sie schaffen die Situation, dass es Menschen in dieser Bundesrepublik gibt, für die auch Grundrechte, die nicht an die Staatsbürgerschaft geknüpft sind, nicht mehr gelten und das ist das Skandalöse Ihrer Politik.
Herr Fiedler, wenn ich Sie so reden höre, dann habe ich wirklich den Überwachungsstaat schon vor Augen. Ich
empfehle Ihnen einfach nur noch mal, lesen Sie von George Orwell "1984", legen Sie Ihre Rede daneben und überlegen Sie einmal, ob das wirklich der gesellschaftliche Zustand ist, den Sie sich für dieses Land wünschen.
Meine Damen und Herren, das nachfolgende Thema, oder besser gesagt, die Antwort der Landesregierung lässt nicht so viel Raum für so viel Emotionen wie beim vorangegangenen Thema, aber ich hoffe, wir können das Thema doch sehr interessierend und auch sehr interessant diskutieren. Es geht letztendlich um die Beantwortung der Großen Anfrage der SPD "Konkrete Umsetzung der so genannten 'Initiative Mitteldeutschland'". Gestatten Sie mir eine Vormerkung: Falls ich in meinem Redebeitrag vor diese Initiative Mitteldeutschland einmal nicht "so genannte" setze, dann hat das nichts damit zu tun, dass ich etwa glaube, dass hier der geeignetste Begriff gewählt worden ist, sondern dass es einfach ein Versäumnis ist. Ich sage nur, dass ich ganz immense Probleme mit dem Begriff habe,
weil, wer Mitteldeutschland denkt, denkt eben auch Ostdeutschland. Aber östlich von Sachsen liegt nicht mehr Deutschland, sondern liegt seit geraumer Zeit schon Polen und Tschechien. Das sollten zumindest diejenigen immer wieder bedenken, die gerade auch vor dem Hintergrund des im letzten Jahr hier vorgestellten und diskutieren "Thüringen-Monitor" diese Region aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als Mitteldeutschland bezeichnen.
Aber zur Großen Anfrage: Meine Damen und Herren, als wir...
Herr Schugens, Sie können ja anderer Auffassung sein, ich wollte das aber als persönliche Bemerkung hier vorangestellt wissen.
Meine Damen und Herren, als wir im Dezember den Antrag der PDS-Fraktion "Länderkooperation Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen" hier diskutiert haben, hat Frau Doht der PDS-Fraktion vorgeworfen, wir hätten bei Ihnen abgeschrieben. Das ist natürlich totaler Quatsch, Frau Doht, das wissen Sie.
Dass das totaler Quatsch ist, Frau Doht, das wissen Sie, denn hätten Sie die Debatte um die so genannte Initiative Mitteldeutschland und auch die öffentlichen Verlautbarungen der PDS im Zusammenhang mit der geplanten Länderkooperation verfolgt, dann hätten Sie wissen können, dass die Inhalte, die wir hier in das parlamentarische Verfahren eingebracht haben, zurückgehen auf eine gemeinsame Erklärung der Fraktionsvorsitzenden der PDS in allen drei Landtagen vom 24. Oktober des Jahres 2003, also ca. einen Monat vor Ihrer Großen Anfrage. Wir hätten uns allerdings gewünscht, Frau Doht, dass Sie heute, nachdem die Antwort der Landesregierung mehr als zwei Monate vorliegt, einmal bei der PDS abgeschrieben hätten, und wir hätten nicht so beleidigt reagiert wie Sie und hätten uns bei einem solchen Antrag der Stimme enthalten.
Sie haben es im Dezember zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber ich konnte Ihnen eigentlich wohlwollend unterstellen, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt zur so genannten Initiative Mitteldeutschland oder zur Länderkooperation noch keine abgeschlossene Meinung haben und die Antwort der Landesregierung in Ihrem Meinungsfindungsprozess innerhalb der SPD brauchen und am Ende der Beratung der Auswertung der Großen Anfrage hier im Thüringer Landtag dann zu einer Positionierung kommen, die deutlich macht, welchen Anspruch, welche Anforderungen die SPD in allen drei Bundesländern an eine derartige Kooperation richtet. Deswegen hätten wir auch erwartet, dass sich nach dem nunmehrigen Vorliegen der Antwort der Landesregierung hier nicht darauf beschränkt wird durch die SPD-Fraktion, lediglich die Antworten der Landesregierung zu diskutieren, sondern sie auch mit einem eigenständigen Antrag hier konkrete Festlegungen für eine Länderkooperation aus Ihrer Sicht in den Thüringer Landtag einbringt. Aber da muss ich an dieser Stelle wohl auch Ihre stellvertretende Fraktionsvorsitzende aus der heutigen Zeitung zitieren, die offensichtlich immer noch nicht geschlussfolgert hat, was sich denn tatsächlich nun hinter der Länderkooperation der drei Ministerpräsidenten verbirgt. Sie vermuten, Frau Pelke, ausweislich der "Ostthüringer Zeitung" vom heutigen Tag, immer noch, dass es sich um eine Luftnummer handelt, während wir davon im Dezember schon überzeugt waren. Das ist der wesentliche Unterschied.
Aber ich will Ihnen natürlich auch zugute halten, meine Damen und Herren der SPD, die Antwort der Landesregierung, mit der wir uns natürlich auch beschäftigt haben, gibt natürlich nicht viel her, sich heute auf etwas Neues zu beziehen, sich mit etwas qualitativ Interessantem auseinander zu setzen, weil es nichts nennenswertes Neues, nichts qualitativ Unterscheidendes von dem ist, was wir bereits hier im Thüringer Landtag im Dezember des vergangenen Jahres wussten und auch diskutiert haben. Insofern könnte ich das wiederholen, was ich im Dezember
bereits im Thüringer Landtag gesagt habe. Das werde ich nicht tun, aber wir konnten Ihnen nochmals den Antrag vorlegen, den wir auch im Dezember eingereicht haben und das haben wir mit der vorliegenden Entschließung getan, weil wir eben nicht bereit sind, unsere Positionen innerhalb dieses Zeitraums zu verändern, weil wir der Auffassung sind, dass sie richtig sind. Es gibt aber auch nach der Antwort der Landesregierung keinen Grund, diese Position dazu zu verändern. Wir legen Ihnen heute den Antrag noch mal vor, insbesondere an Sie, meine Damen und Herren der SPD, in der Hoffnung, dass Sie sich vielleicht heute auch dazu durchringen können, diesem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, wir sind natürlich auch keine Tagträumer, die der absurden Vorstellung anhängen könnten, der Antrag würde heute die Zustimmung der CDU erfahren und man könnte die CDU-Fraktion mit Sachargumenten etwa von der Notwendigkeit überzeugen, dass bei den angestrebten Funktional- und Verwaltungsreformen die Länderkooperation Berücksichtigung findet und aufeinander abgestimmt werden muss, dass eine Abstimmung von Schwerpunkten der Förderpolitik, um einen teuren Standortwettbewerb auszuschließen, stattfinden muss, dass die Landesentwicklungsplanung abzustimmen ist und in den Grenzregionen natürlich auch die Raumordnungspläne, dass die Transparanz der Länderkooperation deutlich zu erhöhen ist, dass die Ziele und konzeptionellen Ansätze der so genannten Mitteldeutschland-Initiative der Bevölkerung offen zu legen sind und darzustellen ist, wie Bürgernähe von Dienstleistungen und politischen Entscheidungen in diesem Prozess gewahrt werden kann und dass die Mitbestimmung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst der drei Länder im Prozess kontinuierlich zu gewährleisten ist.
Dass dies fruchtlos ist, hat der Abgeordnete Braasch in seinen wegweisenden Worten für die CDU-Fraktion - wir alle erinnern uns sicherlich lebhaft an die Ausführungen - in Vorwegnahme der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD in aller ihm damals möglichen Deutlichkeit ausgeführt. Ich möchte kurz zitieren: "Große Anfragen haben für mich" - also für Herrn Braasch - "auf politischen Gebieten Bedeutung wie die Entwicklung des ländlichen Raums, Schulbildung und auf diese gleiche Stufe stellen Sie jetzt mit Ihrer Großen Anfrage die Kooperation Mitteldeutschland."
Meine Damen und Herren, das, was Herr Braasch hier für die CDU-Fraktion im Dezember im Thüringer Landtag sagt, heißt doch nichts anderes, als dass die Länderkooperation zwischen den drei Bundesländern Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen kein politisches Gebiet darstellt, was die Bedeutung haben könnte, dass man sich diesem mit einer Großen Anfrage oder gar mit einem Antrag zuwendet. Und die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage macht es noch deutlicher, weil konkret untersetzt wird, was sich denn unter der so genannten Initiative Mitteldeutschland tatsächlich verbirgt, die immerhin gestar
tet war mit dem Anspruch, die drei Länder "zu einer wettbewerbsstarken, sozial und ökologisch fortschrittlichen Region in der Mitte" zu machen, wie es im August 2003 durch die drei Ministerpräsidenten formuliert worden ist. Heute kann man derselben OTZ, aus der ich schon Frau Pelke zitiert habe, entnehmen, dass Herr Pietzsch das alles nur für ein großes Missverständnis gehalten hat. Man hat hier einfach etwas erwartet, was tatsächlich gar nicht beabsichtigt war.
Meine Damen und Herren, "Initiative Mitteldeutschland" ist der viel zu große Name, der durch die konkreten Formen nicht annähernd qualitativ und quantitativ ausgefüllt wird. Und wenn Sie so wollen, wir reden in der Politik im Interesse gegenseitiger Verständlichkeit oft auch gerne in Bildern, es handelt sich hierbei um eine halb voll mit schalem Mineralwasser gefüllte Flasche, die das Etikett trägt "Schwarzkäppchen Riesling, trocken, Flaschengärung". Und dass wir einen Etikettenschwindel ausmachen, hat nicht nur damit zu tun, dass in der Flasche etwas drin ist, was nicht draufsteht, es steht auch was drauf, was nicht drin ist, was nur bei der ersten oberflächlichen Betrachtung dasselbe ist oder als dasselbe erscheint.
Aber bevor ich das auch an mehreren Beispielen veranschaulichen will, möchte ich noch einen Gefallen für meine Abgeordnetenkollegin Frau Karin Kaschuba tun, die bat mich, Ihnen ausdrücklich zu sagen, Herr Wucherpfennig, dass die Antwort der Großen Anfrage durch die Landesregierung in Punkt 28 zur Verbundforschung eine bodenlose Frechheit darstellt, angesichts dessen, wie sich die Landesregierung immer wieder beim Thema "Verbundforschung" hier verhalten hat, weil wir genau in diesem Bereich zu verzeichnen haben, dass es sich jetzt tatsächlich um eine von den Bundesländern abgetrennte Entwicklung der Forschungsbereiche handelt. Das so weit vielleicht zu einem ganz konkreten Punkt, bevor ich auf die weiteren Beispiele eingehe. Da fragt dankenswerterweise die SPD unter der Überschrift - ich wiederhole mich da "Konkrete Umsetzung der so genannten 'Initiative Mitteldeutschland'" in Frage 13: "Inwieweit werden Förderprogramme zur einzelbetrieblichen Förderung länderübergreifend aufeinander abgestimmt?" Und die Landesregierung antwortet: "Im Rahmen der Bund-Länder-Ausschüsse der Gemeinschaftsaufgabe 'Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur' unterrichten sich die Vertreter der Länder gegenseitig über die jeweiligen landesspezifischen Regelungen." So weit die Antwort der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, da muss man doch mal nachfragen, vielleicht irre ich mich auch, die Bund-Länder-Ausschüsse der Gemeinschaftsaufgabe sind doch Ausschüsse, in denen neben dem Bund alle Bundesländer vertreten sind, also z.B. auch das Saarland, mit dem wir doch - so nehme ich zumindest an - keine spezielle Länderkooperation vollziehen, die den Namen etwa "Initiative Mitteldeutschland" trägt. Die Mitarbeit Thüringens in diesen Ausschüssen ist doch keine im Ergebnis einer besonders verfolgten Konzeption zur Länderkooperation der genann
ten drei Länder, sondern einfach Grundlage für die Entscheidung der Verwendung der Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe. Also die Antwort der Landesregierung zur konkreten Umsetzung der Mitteldeutschlandinitiative hat mit der eigentlichen Länderkooperation nichts zu tun. Da fragt man sich natürlich: Warum führt die Landesregierung eine solche Selbstverständlichkeit aus oder besser, man muss sich fragen, warum führt sie darüber hinaus zu dieser Fragestellung nichts aus? Man muss einfach zu dem Ergebnis kommen, man muss annehmen, dass es nichts weiter auszuführen gibt, es gibt keine länderübergreifende Abstimmung in der Förderpolitik. Da unternehmen Sie noch nicht einmal den Versuch der Verschleierung, Herr Sklenar, wie Sie dies beispielsweise in der Antwort auf Frage 7 tun, wenn Sie sagen, dem ist nicht so.
Wenn Sie sagen, Herr Sklenar, das ist nicht so, dann muss die Beantwortung der Großen Anfrage durch die Landesregierung einfach falsch sein. Entgegen der eben zitierten Frage unternehmen Sie bei der Frage 7 den Versuch der Verschleierung, wenn Sie dort ausführen: "In den von der 'Initiative Mitteldeutschland' ins Auge gefassten Bereichen sind bei der dort beabsichtigten Zusammenarbeit jedoch Synergieeffekte zu erwarten, die z.B. als Einsparung, Nutzung der Erfahrung des jeweiligen Partners oder Möglichkeit großräumiger Planung den beteiligten Ländern zugute kommen."
Meine Damen und Herren, auch - Herr Sklenar, und da hatten Sie durchaus Recht - nach dem bestehenden Planungs- und Wirtschaftsförderrecht sind großflächige landesplanerische Zustimmung erfordernde Maßnahmen im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange Ländergrenzen überschreitend zu bearbeiten, aber das ist doch keine spezifische Regelung,
die etwa auf die "Initiative Mitteldeutschland" zurückzuführen ist, das ist eine Regelung,
die sich beispielsweise auch in der Zusammenarbeit der Länder Thüringen und Hessen oder Thüringen und Bayern ganz zwangsläufig vollziehen muss. Das in der Anfrage unter der Überschrift "Konkrete Umsetzung" aufzuführen, ist nicht hilfreich und täuscht darüber hinweg, dass es keine gemeinsame Grundlage bei der weiteren Verfolgung der Länderkooperation gibt.
Zur gemeinsamen Abstimmung der Landesentwicklungspläne bzw. im grenznahen Raum der regionalen Raum
ordnungspläne führen Sie in dieser Frage rein gar nichts aus. Dazu führen Sie in der Antwort zu Frage 64 aber aus, dass bei den Abstimmungen der Landesentwicklungspläne den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Abstimmungsverfahren stattfinden.
Meine Damen und Herren, alle Achtung, Respekt, mit der "Initiative Mitteldeutschland" hält jetzt die Landesregierung bei der Abstimmung der Landesentwicklungspläne die gesetzlichen Vorschriften ein.
Man fragt sich doch, wie das vorher war, als es die "Initiative Mitteldeutschland" noch nicht gegeben hat. Hat da etwa die Landesregierung die gesetzlichen Vorschriften nicht eingehalten?
Irgendwo muss ja das qualitativ Neue tatsächlich in dieser Antwort zu finden sein
und es bietet sich tatsächlich nur diese Interpretation an, die mich in der Tat auch etwas erstaunt. Also noch mal, Herr Wucherpfennig, tragen Sie das an Ihren Ministerpräsidenten weiter, tatsächlich anerkennenden Respekt meinerseits für diese intensive Kooperation.
Wenn Sie so wollen, waren das die Beispiele dafür, dass was drin ist, was nicht draufsteht. Vielleicht mache ich Ihnen noch deutlich, was der Unterschied ist, dass was draufsteht, was nicht drin ist.
Meine Damen und Herren, dass drei Bundesländer in der Initiative kooperieren, die im Übrigen alles andere als Initiative ist, würde juristisch ausgedrückt nach Bewertung der Antworten der Landesregierung als tatsachenwidrige Behauptung festgestellt werden, denn es ist ja nicht so, dass etwa ein Landtag dieser drei Bundesländer die Kooperation in Gang gebracht hat, dass qualitative Kriterien für die Kooperation durch den Landtag als das oberste Organ der demokratischen Meinungsbildung festgelegt worden sind oder dass die Landesparlamente tatsächlich diesen Prozess der Länderkooperation bestimmen. Dem ist nicht so, die Landesparlamente sind von dieser Länderkooperation ausgeschlossen und sie sollen auch nur im Rahmen der gesetzlich notwendigen oder notwendig gesetzlich einzuhaltenden Vorschriften beteiligt werden, beispielsweise bei Staatsverträgen, wie man der Großen Anfrage entnehmen kann. Auch deshalb, meine Damen und Herren, legen wir Ihnen nochmals den Entschließungsantrag vor, weil sich die PDS-Fraktion in allen drei Bundesländern dafür aus
spricht, dass es eine Länderkooperation zwischen diesen Ländern gibt,
dass diese auf den Weg gebracht werden muss
und dass sich diese eben auch nach abbrechenbaren Kriterien vollziehen muss.
Nun wird uns vorgeworfen - und, Herr Sklenar, in Ihren Zwischenrufen klingt das auch ein wenig an -, wir sollen doch erst einmal den ersten Schritt akzeptieren und ohnehin - so hat auch Innenminister Trautvetter in der Dezembersitzung gesagt - wolle die PDS ja nur die Fusion der drei Bundesländer vorantreiben. Das wäre das eigentliche Ziel der PDS, und Sie unterstellen das auch an dieser Stelle, aber da kann ich Ihnen sagen, was ich auch Frau Doht am Anfang gesagt habe, auch das ist totaler Quatsch. Aber natürlich - und insoweit komme ich Ihnen ja auch entgegen - schließen wir eine Fusion langfristig oder eine Veränderung der Bundesländer nicht aus, und ich will Ihnen auch sagen, warum. Mit der Gründung der Bundesrepublik hat man sich für ein dreistufiges föderales System entschieden, was viele Mängel bei der Kompetenzabgrenzung von Anfang an gehabt hat und auch heute noch hat, die den unterschiedlichen Interessenlagen geschuldet sind. Diese Mängel aufzuarbeiten, versucht hier gerade auch die Bundesstaatskommission zur Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung. Aber das kann natürlich nicht alles sein, sondern wir müssen doch auch in dieser Diskussion beachten, dass mit der Europäischen Union eine vierte Ebene im föderalen System hinzugekommen ist, die auch die Frage nach der Funktion der anderen drei Ebenen aufwirft, weil die vierte Ebene die Europäische Union auch in Zukunft noch an Bedeutung zunehmen wird. Wir müssen, meine Damen und Herren, auch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Voraussetzungen - nennen wir es die wirtschaftlichen, die sozialen, die soziokulturellen oder ganz allgemein auch menschlichen Voraussetzungen - in den letzten 50 Jahren einfach verändert haben, die ein Nachdenken notwendig machen, ob die damals gewählten Strukturen in dieser Form auch tatsächlich heute noch die angemessenen sind. Es ist geradezu eine sich aufdrängende Aufgabe, darüber nachzudenken, wie den neuen Voraussetzungen entsprochen werden kann und immer natürlich unter dem Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland, wie es auch das Grundgesetz in Artikel 72 Abs. 2 der föderalen Struktur als Aufgabe mit anheim stellt. Bei allen Unterschieden der drei Länder, die hier zur Debatte stehen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, sind aber die Problemlagen ähnlich und daraus resultieren natürlich auch ähnliche und auch ge
meinsame Interessenlagen. Und, und das muss man bei diesen drei Ländern auch sagen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind natürlich auch historisch eng verbunden. Herr Sklenar, ich will es Ihnen deutlich machen, im privaten Bereich wäre es doch geradezu absurd, dass man eine angebotene Nachbarschaftshilfe ausschließt, nur weil einer der Nachbarn sagt, ich will dich nicht heiraten. Das ist nicht Bestandteil einer Länderkooperation, das ist nicht Bestandteil einer Nachbarschaftshilfe, aber wer das behauptet, wer das zur Abhängigkeit macht, der will diese Länderkooperation nicht, und das wird in der Beantwortung der Großen Anfrage durch die Landesregierung auch deutlich. Aber wir, meine Damen und Herren, als der Thüringer Landtag haben heute die Möglichkeit, diese Länderkooperation auf den Weg zu bringen, qualitative Kriterien tatsächlich zu benennen und damit natürlich auch endlich die Einbeziehung der Landesparlamente und letztendlich dadurch auch der Öffentlichkeit mit zu gewährleisten. In diesem Sinne bitte ich Sie nochmals, auch wenn Sie im Dezember darüber schon abgestimmt haben, unserem Entschließungsantrag, der Ihnen vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben. Vielen Dank.
Allein die Worte mal zu sammeln, die gerufen werden, solange ich hier vorgehe, wäre wirklich schon eine interessante Darstellung des Charakters Ihrer Fraktion. Respekt. Frau Doht, um es gleich vorweg...
Es ist wenigstens besser eine Ausstrahlung zu haben, als überhaupt keine zu besitzen.