Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, Vertreter auf der Regierungsbank und verehrte Gäste, wenn auch noch nicht sehr zahlreich, ich begrüße Sie alle sehr herzlich zum Beginn unserer 11. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am heutigen 24. Februar im Jahr 2000. Als Schriftführer haben neben mir Platz genommen Frau Abgeordnete Wolf und Frau Abgeordnete Zitzmann; Frau Abgeordnete Zitzmann wird die Rednerliste führen. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Vizepräsidentin Dr. Klaubert, Herr Minister Gnauck, Herr Abgeordneter Dr. Dewes, Herr Abgeordneter Otto Kretschmer und Frau Abgeordnete Thierbach.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit komme ich zum ersten Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung. Es ist auf unserer Tagesordnung der Tagesordnungspunkt 14
Verpflichtung des Landesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 35 Abs. 3 des Thüringer Datenschutzgesetzes
Zur Verpflichtung bitte ich Frau Liebaug nach vorn zu kommen und die Anwesenden erheben sich bitte von den Plätzen.
Sehr verehrte Frau Liebaug, ich bitte Sie, die Verpflichtungsformel gemäß § 35 Abs. 3 des Thüringer Datenschutzgesetzes zu sprechen.
Ich verpflichte mich, mein Amt gerecht und unparteiisch zu führen, das Grundgesetz und die Verfassung des Landes sowie die Gesetze zu wahren und zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.
Vielen Dank, wir haben die Verpflichtungsformel gehört. Ich darf Ihnen herzlich gratulieren zur neuen Übernahme, zur Weiterführung Ihres Amtes für die nächsten Jahre. Alles Gute und gute Zusammenarbeit, auch hier im Haus.
Wahl des Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/364
Der Wahlvorschlag der Landesregierung liegt in der Unterrichtung in Drucksache 3/364 vor. Ich möchte noch einen Hinweis geben: Gemäß Artikel 103 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Thüringer Rechnungshof wird der Präsident des Thüringer Rechnungshofs vom Landtag mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder, also 59 Stimmen, ohne Aussprache gewählt. Ich schlage Ihnen vor, diese Wahl in geheimer Wahl durchzuführen. Es gibt dazu einen Stimmzettel mit dem Namen des Kandidaten: Dr. Dr. Heinrich Dietz, Ja, Nein oder Enthaltung. Ich bitte dann entsprechend Ihr Votum deutlich zu machen: Ja, Nein oder Enthaltung. Ich möchte die Abgeordneten Bechthum, Braasch und Huster bitten, ihre Funktion als Wahlhelfer durchzuführen und sich hier vorn entsprechend aufzustellen. Damit kommen wir zum Beginn der Wahlhandlung und ich darf jetzt Frau Abgeordnete Wolf mit dem Namensaufruf beginnen lassen.
Dieter Althaus, Johanna Arenhövel, Rosemarie Bechthum, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Willibald Böck, Peter Bonitz, Dr. Gerhard Botz, Detlef Braasch, Werner Buse, Christian Carius, Dr. Richard Dewes, Dr. Dr. Heinrich Dietz, Steffen Dittes, Sabine Doth, Hans-Jürgen Döring, Irene Ellenberger, Volker Emde, Wolfgang Fiedler, Dr. Ursula Fischer, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Dr. Roland Hahnemann, Petra Heß, Michael Heym, Uwe Höhn, Mike Huster, Konrad Illing, Siegfried Jaschke, Jörg Kallenbach, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Dr. Christine Klaus, Dr. Joachim Koch, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Ingrid Kraushaar, Horst Krauße, Otto Kretschmer, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Tilo Kummer,
Lehmann, Annette; Lieberknecht, Christine; Lippmann, Frieder; Mohring, Mike; Neudert, Christiane; Nitzpon, Cornelia; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Dr. Pietzsch, Frank-Michael; Pohl, Günter; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Schemmel, Volker; Scheringer, Konrad; Schröter, Fritz; Dr. Schuchardt, Gerd; Schugens, Gottfried; Schuster, Franz; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Dr. Sklenar, Volker;
Sonntag, Andreas; Dr. Stangner, Isolde; Stauch, Harald; Tasch, Christina; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Dr. Vogel, Bernhard; Vopel, Bärbel; Wackernagel, Elisabeth; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Dr. Wildauer, Heide; Wolf, Bernd; Wolf, Katja; Wunderlich, Gert; Dr. Zeh, Klaus; Zimmer, Gabriele;
Nach dem, was ich erkennen kann, haben alle ihre Wahlhandlung vollzogen. Ich schließe damit die Wahlhandlung insgesamt und darf um Auszählung der Stimmen bitten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf um Aufmerksamkeit bitten und das Wahlergebnis bekannt geben. Abgegebene Stimmzettel waren 84, davon war 1 Stimmzettel ungültig, also haben wir eine Zahl von 83 gültigen Stimmzetteln. Davon entfielen auf den Wahlvorschlag der Landesregierung Herrn Dr. Dr. Heinrich Dietz 62 Jastimmen,
19 Neinstimmen und 2 Enthaltungen. Damit ist die Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtags deutlich erreicht. Ich darf Herrn...
Wir betreiben hier keine Wahlfälschung. Das ist ein Ordnungsruf für Herrn Abgeordneten Dittes. Ich bitte, das zu verzeichnen.
Wir haben die Annahme der Wahl gehört. Ich darf Ihnen die herzlichen Glückwünsche dieses hohen Hauses aussprechen und Ihnen alles Gute für dieses wahrlich nicht einfache Amt wünschen. Herzlichen Glückwunsch. Es gibt auch ein paar Blumen dazu, die übergebe ich mal noch.
Wahl des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 3/2 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/360
Nachdem der Landtag in seiner 6. Plenarsitzung am 16. Dezember 1999 den Untersuchungsausschuss 3/2 gebildet hat, sind der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses 3/2 und dessen Stellvertreter gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes durch den Landtag zu wählen. Der Stellvertreter wurde in der 9. Plenarsitzung am 28. Januar 2000 gewählt. Der Wahlvorschlag der Fraktion der SPD fand in der 9. Plenarsitzung nicht die notwendige Mehrheit. In der Unterrichtung - Drucksache 3/360 - liegt nunmehr der neue Wahlvorschlag der Fraktion der SPD vor. Gibt es dazu Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Damit können wir zur Wahlhandlung schreiten. Ich schlage auch hier vor, dass wir diese Wahl in geheimer Wahl vornehmen. Es gibt auch hierfür einen Stimmzettel mit dem Wahlvorschlag der SPD: Frau Abgeordnete Sabine Doht; Ja, Nein und Enthaltung. Ich bitte entsprechend Ihr Votum auf diesem Stimmzettel mit Ja, Nein oder Enthaltung kenntlich zu machen. Ich darf die Wahlhelfer, die uns bereits eben zur Verfügung standen, noch einmal bitten, Ihre Aufgabe wahrzunehmen und nach vorn zu kommen. Frau Abgeordnete Wolf bitte ich mit dem Aufruf der Namen zu beginnen.
Dieter Althaus, Johanna Arenhövel, Rosemarie Bechthum, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Willibald Böck, Peter Bonitz, Dr. Gerhard Botz, Detlev Braasch, Werner Buse, Christian Carius, Dr. Richard Dewes, Dr. Dr. Heinrich Dietz, Steffen Dittes, Sabine Doht, Hans-Jürgen Döring, Irene Ellenberger, Volker Emde, Wolfgang Fiedler, Dr. Ursula Fischer, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Dr. Roland Hahnemann, Petra Heß, Michael Heym, Uwe Höhn, Mike Huster, Konrad Illing, Siegfried Jaschke, Jörg Kallenbach, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Dr. Christine Klaus, Dr. Joachim Koch, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Ingrid Kraushaar, Horst Krauße, Otto Kretschmer, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Tilo Kummer,
Lehmann, Annette; Lieberknecht, Christine; Lippmann, Frieder; Mohring, Mike; Neudert, Christiane; Nitzpon, Cornelia; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Dr. Pietzsch, Frank-Michael; Pohl, Günter; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Schemmel, Volker;
Scheringer, Konrad; Schröter, Fritz; Dr. Schuchardt, Gerd; Schugens, Gottfried; Schuster, Franz; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Dr. Sklenar, Volker; Sonntag, Andreas; Dr. Stangner, Isolde; Stauch, Harald; Tasch, Christina; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Dr. Vogel, Bernhard; Vopel, Bärbel; Wackernagel, Elisabeth; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Dr. Wildauer, Heide; Wolf, Bernd; Wolf, Katja; Dr. Zeh, Klaus; Zimmer, Gabriele;
Es haben alle ihre Stimmzettel abgegeben. Ich schließe damit die Wahlhandlung und bitte um Auszählung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf das Ergebnis bekannt geben. Wahl der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 3/2 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschußgesetzes. Abgegebene Stimmenzahl war 84, ungültig auch hier 1 Stimmzettel, damit gültige Stimmzettel 83. Mit Ja stimmten für den Wahlvorschlag der Fraktion der SPD, Abgeordnete Sabine Doht, 63 Stimmen, 5 Neinstimmen und 15 Enthaltungen. Damit ist die erforderliche Mehrheit erreicht. Frau Abgeordnete Doht, nehmen Sie die Wahl an?
Sie nimmt die Wahl an. Ich darf Sie herzlich beglückwünschen und eine gute Amtsführung wünschen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit kann ich diesen Tagesordnungspunkt 14 b schließen.
Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/323
Es wird Begründung durch den Antragsteller gewünscht. Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann. Kann man etwas für das Mikrofon tun?
Also hier ist es eingeschaltet. Unter dem nationalsozialistischen Regime wurden aus den von Deutschland überfallenen und besetzten Ländern wie auch aus Konzentrationslagern, Kriegsgefangenenlagern und Haftanstalten mehr als 10 Mio. Menschen als eine Art moderne Arbeitssklaven eingesetzt. Mehr als 50 Jahre nach der Niederschlagung
des Faschismus warten die meisten der Überlebenden ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter noch immer auf staatliche Anerkennung als NS-Opfer durch die Bundesrepublik und auf eine, ich apostrophiere, "angemessene Entschädigung" durch die Nutznießer dieser millionenfachen Zwangsarbeit. Gegenüber allen diesen Opfern des Nationalsozialismus besteht eine Verpflichtung, schnell und unbürokratisch Ausgleichszahlungen zu leisten. Nach langen Verhandlungen wurde Ende 1999 die Stiftungsinitiative "Verantwortung, Erinnerung, Zukunft" zur Entschädigung gegründet. An den konkreten Modalitäten der Entschädigung im Stiftungsgesetz wird von Seiten der Vertreterinnen und Vertreter der Opferverbände Kritik geübt. Die Verhandlungen selbst sind jedoch schon peinlich genug gewesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hoffen, dass der Landtag mit der Zustimmung zu dem hier vorliegenden Antrag ein Zeichen in der von uns gemeinten Richtung setzt. Wir haben in dem Ihnen vorliegenden Antrag, der in vielen Punkten am derzeit umstrittenen Referentenentwurf orientiert ist, berücksichtigt, dass jede Kritik die Verhandlungen um die Entschädigungsmodalitäten und damit auch die Entschädigung selbst hinauszögern kann. Deshalb beschränkt sich dieser Antrag auf die grundlegenden Kritikpunkte der Vertreterinnen und Vertreter der Opferverbände und auf Maßnahmen, die in Thüringen ergriffen werden können, um Verantwortung für eine weitestgehende und schnellstmögliche Entschädigung zu übernehmen, die über die zu treffenden Regelungen im Stiftungsgesetz hinausgehen und diese nicht tangieren. Es ist nötig, dass auf ein Zeichen für die Entschädigung der Opfer der Zwangsarbeit konkrete Schritte folgen. Wir halten es für selbstverständlich, in erster Linie die Interessen der Opfer zu berücksichtigen, was die konkrete Ausgestaltung der Entschädigungsmodalitäten angeht. Es kann nach unserer Auffassung nicht angehen, dass bloß deshalb, weil die Stiftungsgeber nicht mehr Mittel zur Verfügung zu stellen bereit sind, der Kreis der Anspruchsberechtigten derart eingegrenzt wird, dass ein Großteil der noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter abermals von Entschädigung ausgenommen wird. Wir widersprechen mit diesem Antrag auch der Tatsache, dass mit dem Stiftungsgesetz die Rechtssicherheit der Opfer hinter der Rechtssicherheit derjenigen zurücksteht, die eine Verantwortung zur Entschädigung haben.
Wir fordern die Landesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass keine Verzichtserklärung gegenüber weiter gehenden Ansprüchen wegen NS-Verbrechen abgegeben werden müssen und die Kosten von Widersprüchen gegen Bescheide oder mit Entschädigungsverfahren zusammenhängenden Verfahren erstattet werden. Denn nur so können vielfach ehemalige und heute arme Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ihr berechtigtes Anliegen auf Entschädigung geltend machen. Dass das vorgesehene Stiftungsvermögen nicht ausreichen wird, die Ansprüche der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu decken, ist offensichtlich. Dennoch ist durch eine Seite, die der Stiftungsgeber,
die für die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zugesagte Summe noch nicht in ausreichender Höhe aufgebracht. Im Interesse der Opfer, von denen jährlich 10 bis 15 Prozent sterben, muss Thüringen seinen Anteil am Stiftungsvermögen jetzt zusichern und auch in den kommenden Jahren weiterhin einen Beitrag zur Aufstockung des Stiftungsvermögens leisten. Ebenso wird die Landesregierung aufgefordert, an Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe, Städte und Gemeinden zu appellieren, ihren Beitrag zu leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach mehr als 50 Jahren der Verweigerung geht es ohnehin nur um eine finanzielle Geste, um einen Ausgleich durch Entschädigungszahlungen gegenüber denen, die während des Nationalsozialismus zu Opfern der Zwangsarbeit wurden. Wir haben eine Verpflichtung, die Opfer der Zwangsarbeit schnell und unbürokratisch in den späten Genuss von Ausgleichszahlungen kommen zu lassen. Dafür sehen wir uns und Sie in der politischen Verantwortung. Danke.
Wir kommen damit zur Aussprache. Als Erstes hat sich die Landesregierung zu Wort gemeldet, Herr Minister Dr. Pietzsch.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufarbeitung des NS-Unrechts als Ganzes sowie die Entschädigung von Zwangsarbeitern insbesondere ist für die Landesregierung des Freistaats Thüringen im Bewusstsein des NS-Unrechts auch und manchmal besonders auf dem Boden des Freistaats Thüringen weiß Gott von besonderer Bedeutung. Und die Erinnerung an Zwangsarbeit in Thüringen für Rüstungsindustrie - und ich nenne Flugzeug- und Motorenindustrie in Eisenach, Kahla, Ruhla, Weimar oder Suhl - oder auch an Zwangsarbeit in der Landwirtschaft gebietet ein entschiedenes Eintreten für die rasche Auszahlung an die Zwangsarbeiter. Herr Kollege Hahnemann hat darauf hingewiesen, dass es sich um natürlich ältere Menschen handelt - ich kann gar nicht mal sagen Mitbürger, denn die Opfer der Zwangsarbeit sind fast über die ganze Welt verstreut - und dass von denen täglich oder monatlich viele versterben.