Monika Düker
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Last Statements
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der ersten Überschrift in der Vorbemerkung der Großen Anfrage machen Sie, Kollegen von der AfD, deutlich, dass es Ihnen mit dieser Anfrage mitnichten um eine fiskalisch-transparente Darstellung von migrationspolitischen Folgekosten geht, denn die Überschrift lautet: „Ungesteuerte Massenzuwanderung nach Deutschland“.
Allein schon diese Begrifflichkeit, die Sie in dem Dokument mehrfach verwenden, ist nachweislich und belegbar falsch:
Erstens. Es gibt eine gesteuerte Arbeitsmigration in Deutschland. Sie geht uns mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht weit genug, aber eine Arbeitsmigration ist gesteuert.
Zweitens. Das Wesentliche ist, dass die Migration aufgrund von Flucht vor Verfolgung und Bedrohung und nicht von Interessens- oder Verwertungslogik bestimmt wird, sondern zum Beispiel durch die Genfer Flüchtlingskonvention, durch die Europäische Menschenrechtskonvention, durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und durch das Grundgesetz.
Herr Strotebeck, es ist schlimm genug, dass man Ihnen das hier so oft sagen muss: Menschenrechte gelten universell, und sie stehen eben in einem demokratischen Rechtsstaat, der sich diesen Konventionen und dem Grundgesetz verpflichtet, nicht unter einem Finanzvorbehalt. Das scheint Ihnen tatsächlich immer noch nicht klar zu sein.
Ich finde es schäbig, wie Sie Schutzsuchende zu Sündenböcken machen. Die Vorredner haben es erwähnt: Sie stellen Geflüchtete in Konkurrenz zu Wohnungssuchenden und machen Schutzsuchende am Ende zu Sündenböcken und zum Grund für Wohnraummangel.
Dass dieser Wertekanon, dem sich die demokratischen Fraktionen und Parteien im Land verpflichtet fühlen, nicht zu Ihrem völkischen Denken passt, haben Sie tatsächlich mit dieser Großen Anfrage dokumentiert – sonst gar nichts.
Massenzuwanderung ist – um es auch noch einmal zu sagen – angesichts der Zahlen, die der Kollege Yetim noch einmal vorgetragen hat, eine komplett populistische Überhöhung und dient auch dem Zweck der Stimmungsmache und Hetze gegen Flüchtlinge.
Wir Grüne bekennen uns zu unserem Rechtsstaat, denn der und niemand anderes entscheidet, ob ein
Aufenthaltstitel gewährt und ob eine Abschiebung ausgesetzt wird oder nicht.
Wir haben keinen Zweifel daran, dass Verwaltungsgerichte auf dem Boden unserer Gesetze entscheiden, wenn es zum Beispiel Gründe für die Aussetzung von Abschiebungen gibt. Wir zweifeln diese Gerichtsentscheidungen nicht an.
Es ist letztlich nicht nur menschenrechtsorientiertes und humanitäres Denken, wenn Geflüchtete mit langjährigen Duldungen einen festen Aufenthaltsstatus erhalten. Wir finden das im Gegensatz zu Ihnen auch völlig in Ordnung.
Reden Sie doch zum Beispiel einmal mit Handwerksbetrieben oder anderen Wirtschaftsunternehmen, die fordern, dass der Aufenthaltsstatus von gut integrierten Geflüchteten, die in Ausbildung und Arbeit sind, verfestigt wird. Diese Menschen werden hier bei uns gebraucht, auch wenn diese Wahrheit nicht in Ihr Denken passt.
Wir brauchen diese Menschen für unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand. Deswegen sollten auch Spurwechsel von einem Asylverfahren hin zu einem Aufenthaltstitel möglich sein. Das ist nicht nur humanitär geboten, sondern auch im gesamtwirtschaftlichen Interesse.
Eine solche menschenrechtliche und rationale Debatte kann man natürlich mit einer völkischen Schere im Kopf nicht führen. Deswegen setze ich sie an dieser Stelle auch nicht fort, denn ich glaube, dass Sie solche Argumente am Ende auch nicht erreichen werden.
Wir stehen weiter für eine menschenrechtsorientierte Politik, die humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet ist. Ansonsten denke ich, hat uns diese Große Anfrage, was den Erkenntnisgewinn angeht, nicht weitergebracht. – Danke schön.
Danke schön. – Herr Minister, gestern und heute war den Medien zu entnehmen, dass ein Prüfverfahren bei der Vergabekammer Rheinland anhängig ist. Können Sie uns sagen, auf welches Vergabeverfahren sich dieses Prüfverfahren bei der Vergabekammer bezieht?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir Grüne lehnen diesen Haushaltsplanentwurf der Regierung heute ab, weil er aus unserer Sicht weder den Herausforderungen der Coronakrise gerecht wird noch die notwendigen Antworten auf die zweite große Krise, um die wir uns kümmern müssen, die Klimakrise, gibt und vor allem, weil die Finanzpolitik der Landesregierung diese beiden Krisen nicht zusammendenkt.
Der Finanzminister wurde vom WDR noch liebevoll „Lucky Lutz“ genannt, als die Steuereinnahmen sprudelten. In diesen Zeiten, Herr Minister, haben Sie – trotz des immensen Investitionsstaus – Ihre Chancen nicht genutzt, um nachhaltig zu investieren. Sie haben das Geld lieber per Gießkanne und nach Befindlichkeiten verteilt.
Von 2017 bis 2020 stiegen die Steuereinnahmen in NRW um sagenhafte 10 Milliarden Euro. Allein von 2019 auf 2020 waren es über 4 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen. Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es schon eine besondere Leistung – wohlgemerkt im negativen Sinne –, wenn man von diesen 4 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen gerade einmal 200 Millionen Euro mehr für Investitionen ausgibt.
Bei der Grunderwerbsteuer gab es allein von 2017 bis 2020 eine Einnahmesteigerung von 600 Millionen Euro. Es macht mich angesichts dieser Zahlen immer wieder fassungslos, wie nonchalant der Ministerpräsident hier das Gegenteil von dem macht, was er noch in der Opposition und vor der Wahl versprochen und gefordert hat.
Von den zusätzlichen Steuereinnahmen sollten nämlich ein Drittel – Achtung: ein Drittel – in Investitionen fließen und ein Drittel den Menschen zurückgegeben werden.
Nehmen wir einmal das Beispiel von 2019 bis 2020. Es ist nicht so schwer, Herr Minister, das durchzurechnen: Kein Cent von den 600 Millionen Euro Mehreinnahmen der Grunderwerbsteuer wurden zurückgegeben, obwohl Sie es den Menschen versprochen haben. Ein Drittel von 4 Milliarden Euro, das kann man sogar schnell im Kopf ausrechnen, wären ca. 1,3 Milliarden Euro, um die die Investitionen hätten steigen müssen. Tatsächlich waren es aber nur mickrige 200 Millionen Euro. Hier haben Sie komplett das Gegenteil von dem gemacht, was Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen vor der Wahl versprochen haben.
Und jetzt? – Bei einbrechenden Steuereinnahmen laviert sich der Finanzminister als Krisenmanager durch diese Krise, ohne wirklich zu steuern und Akzente zu setzen.
In der Analyse, Herr Minister, gebe ich Ihnen ja noch recht. Bei der Einbringung haben Sie festgestellt, dass uns diese Notsituation mit den Steuermindereinahmen auch noch 2021 und 2022 beschäftigen wird und wir auch den Rettungsschirm bis dahin auf jeden Fall noch brauchen werden. Das ist richtig, aber warum ziehen Sie daraus nicht die notwendigen Konsequenzen? Nach wie vor fehlt eine vorausschauende Finanzplanung für den Rettungsschirm. Im Haushalt steht dazu schlicht nichts, außer dass die Steuermindereinnahmen abgedeckt werden. Wir finden nichts für die Bewirtschaftung auf Zeit. Offenbar funktioniert dieser Rettungsschirm wirklich wie ein Selbstbedienungsladen im Kabinett, bei dem auf Zuruf jeder das bekommt, was er mal so anmeldet. Das ist in dieser Krise aber keine vorausschauende Finanzplanung, denn wir sind nicht mehr im Krisenmodus.
Beispiel Luftfilter: Ich habe mir einmal angeschaut, wie das vonstattenging. Anfang September hat die Landesregierung überprüft und festgestellt, dass die Lüftungssituation in den Schulen nicht ausreichend ist und man da etwas machen müsste. Am 21. Oktober kündigt Frau Ministerin Scharrenbach eine Finanzierung über den Rettungsschirm an. Wir hatten da im HFA noch gar nichts von einer Vorlage gesehen, aber es wird schon mal verkündet. Erst am 5. November, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir dann im HFA die Mittel bewilligt. Zu diesem Zeitpunkt lagen noch nicht einmal die Förderrichtlinien vor. Von der Ankündigung „Da müssen wir etwas machen“ bis zur Umsetzung hat es über zwei Monate gedauert. So kann man nicht durch diese Krise steuern. Mal wieder wurden die Schulen und die Kommunen vor Ort mit dem Problem allein gelassen.
Wir fordern Sie zum wiederholten Male auf: Legen Sie eine Finanzplanung und einen Wirtschaftsplan für den Rettungsschirm vor, aus dem transparent und nachvollziehbar hervorgeht, zu welchen Teilen und nach welchen Prioritäten der Schirm bewirtschaftet wird. Fangen Sie endlich damit an, diesen Schirm dafür zu nutzen, wofür er explizit vorgesehen ist – das sagen Sie in Ihren Ankündigungen sogar immer wieder –, nämlich für Konjunkturimpulse, um die Rezession abzufedern. Wir finden so gut wie nichts an Planung, um diesen Zweck zu erfüllen.
Das brauchen wir aber dringend, denn das Institut der deutschen Wirtschaft identifizierte Ende 2018 eine bundesweite Investitionslücke von 450 Milliarden Euro bis 2030.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können uns täglich in unseren Kommunen vor Ort ansehen, was das heißt, was da fehlt, was es für die Menschen bedeu
tet, wenn diese Infrastruktur nicht mehr besteht und die Städte das nicht mehr leisten können. Hier hätte das Land als Konjunkturmotor in der Krise erst recht mehr investieren müssen.
Diese Regierung macht leider erneut das Gegenteil. Pro Einwohner bzw. Einwohnerin investiert NRW im nächsten Jahr laut Planung 400 Euro. Bayern schafft locker mehr als das Doppelte; dort sind es 900 Euro. Sie vergleichen sich doch immer so gerne mit diesen Strebern in Bayern. An der Stelle scheint man aber nicht besonders ambitioniert zu sein, dort einmal hinzuschauen, wie die es denn machen. Ich finde, die machen es richtig – und Sie leider nicht.
In Baden-Württemberg – man kann auch einmal ein anders regiertes Land nehmen – oder Sachsen sind es 700 Euro. Da sind wir nicht einmal im Mittelfeld, sondern tragen die rote Laterne.
In der Mittelfristigen Finanzplanung sinkt die Investitionsquote sogar. Was für ein fatales Signal! Wie zukunftsvergessen muss man in dieser Zeit sein, um die Investitionsquote zu senken?
Nicht umsonst war das auch der Hauptkritikpunkt in der Anhörung. Sie müssen nur einmal das Protokoll der Anhörung aufrufen und im Suchfeld „investieren“ oder „Investitionen“ eingeben. Damit erzielen Sie 54 Treffer. Das waren nicht etwa Lobhudeleien der Sachverständigen, wir würden so viel investieren, sondern das war Kritik eigentlich aller Sachverständigen, Herr Minister. Lesen Sie einmal das Protokoll. Vielleicht können wenigstens die Sachverständigen Sie überzeugen. Wir als Opposition scheinen Sie ja nicht erreichen zu können.
Wir Grüne haben genau da angesetzt und mit unseren Änderungsanträgen einen grünen Zukunftspakt vorgelegt, der mit nachhaltigen Investitionen Konjunkturimpulse in Verbindung mit der Bewältigung der Klimakrise setzt – Schulinfrastruktur, Digitalisierung, Radwege, Klimaschutzmaßnahmen. Das ist das Gebot der Stunde, um die Klimakrise mit Konjunkturimpulsen und der Rezession zusammendenken zu können – was wir aus unserer Sicht auch müssen.
Stattdessen bleiben bei dieser Landesregierung mal wieder die Kommunen auf der Strecke.
Als erstes Beispiel nenne ich das GFG. Ja, es gibt 943 Millionen Euro mehr als Ausgleich für die Einnahmeverluste – allerdings nur kreditiert. Damit treiben Sie die Kommunen doch nur noch mehr in die Schuldenspirale. Wir brauchen hier echtes Geld, also einen echten Ausgleich statt Haushaltskosmetik.
Zweitens. Wir wissen alle, dass die Kommunen auch 2021 die Gewerbesteuerausfälle nicht alleine werden wegstecken können. Kein Wort dazu in der Haushaltsdebatte, weder von Ihnen, Herr Minister, noch von Frau Scharrenbach! Es gab noch nicht einmal – das hätte ja gar nichts gekostet – ein Bekenntnis dazu, dass Sie sich auf Bundesebene – vielleicht sogar heute bei der MPK – dafür einsetzen, dass auch 2021 der Bund diese Einnahmeausfälle der Kommunen mindestens hälftig kompensiert. Noch nicht einmal dieses Lippenbekenntnis haben Sie geschafft – geschweige denn, hier eine konkrete Planung in den Haushalt hineinzuschreiben, wie es sich unserer Meinung nach gehört hätte.
Drittens. Es ist wichtig, die kommunale Investitionskraft zu stärken. Das macht die Landesregierung auch, allerdings durch Erhöhung der Investitionspauschalen im GFG – begleitet durch die üblichen Lobgesänge auf sich selbst, wie Sie das immer so gerne machen, für die eigenen Wohltaten. Bei diesen Lobeshymnen verschweigt Frau Ministerin Scharrenbach allerdings, dass das nur eine Umverteilung ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im GFG kann man den Euro nur einmal ausgeben.
Wenn man ihn in die Investitionspauschalen steckt, dann fehlt er woanders. Und wo fehlt er? Bei den Schlüsselzuweisungen. Das heißt: Sie agieren hier auf Kosten der Ärmsten und der Schwächsten. Das ist „linke Tasche, rechte Tasche“.
Das löst keine Probleme, sondern schafft nur noch neue,
gerade in den finanzschwachen Kommunen.
Hier müsste den Kommunen und der Wirtschaft mit einem Investitionspaket aus Landesmitteln konkret geholfen werden. Das wäre das richtige Signal.
Meine Zeit reicht nicht aus, um heute alle Ihre gebrochenen Versprechen den Kommunen gegenüber aufzulisten. Deshalb kurz zusammengefasst: Auch bei der Flüchtlingsfinanzierung haben Sie Ihr Versprechen gebrochen. Was hat sich Rot-Grün nicht alles hier anhören müssen, als wir meinten, 10.000 Euro pro Jahr seien eine gute Pauschale für die Kommunen für die Flüchtlingsunterbringung. Aus Ihrer
Sicht war das ja schäbig. Das ging doch alles gar nicht. Und was machen Sie? Sie erhöhen sie nicht. Sie haben vier Haushalte lang Zeit gehabt, um Ihr Versprechen einzulösen und den Kommunen eine auskömmliche Finanzierung für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu gewähren. Auch hier haben Sie Ihr Versprechen gebrochen – genauso wie beim Altschuldenfonds. Auch dieser bleibt leider ein Dauerbrenner. Auch hier folgen den Ankündigungen keine konkreten Taten, die den Kommunen helfen können.
Zum Schluss möchte ich ein schönes Zitat vortragen, das ich in der „FAZ“ vom 23. November 2020 gefunden habe. Es lautet:
„Wir haben in den zurückliegenden guten Jahren viel verteilt, aber wenig investiert – zu wenig.“
Weiter heißt es in diesem Gastbeitrag:
„Es wird höchste Zeit, dass wir dies ändern.“
Dieses Zitat stammt von Armin Laschet, von diesem Ministerpräsidenten.
Herr Laschet, Sie hatten und haben Zeit, das zu ändern. Aber Sie haben diese Zeit leider nicht genutzt. – Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Präsident. – Frau Ministerin, wenn man sich das Infektionsgeschehen in Nordrhein-Westfalen anschaut, so sind doch sehr starke regionale Unterschiede festzustellen. Ich habe mir gerade noch einmal die Wocheninzidenzen angeguckt. Die sind zum Teil im ländlichen Raum gegenüber Städten halb so hoch bzw. umgekehrt doppelt so hoch.
Vor dem Hintergrund dieser Lage in Nordrhein-Westfalen: Wenn Sie schon landesweit – das haben Sie gerade noch einmal bestätigt – keine Parameter für kritische Größen vorgeben, warum trauen Sie es den örtlichen Akteuren nicht zu, vernünftig zwischen Infektionsschutz und Bildungsgerechtigkeit abzuwägen?
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen haben wir zum Brand in Moria viele starke Worte, viele Kommentare gehört. Es war die Rede von einem Fanal, von einer moralischen Bankrotterklärung der EU und davon, dass die Trümmer von Moria für eine gescheiterte europäische Asylpolitik stünden.
Moria steht aber nicht erst seit dem Brand, sondern seit Jahren für eine fehlgeleitete europäische Politik. Das geschah nicht aus Nachlässigkeit, sondern das war und ist eine bewusste europäische Politik, die auf Abschreckung setzt. Diese Politik muss dort enden, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden und ihre Geltung verlieren.
Wenn es die Europäische Union nicht schafft, ihren in vielen Verträgen und Konventionen festgeschriebenen Wertekanon in konkrete Politik umzusetzen, verliert sie ihre Glaubwürdigkeit nach innen und außen.
Die Ursache für die Katastrophe war das sogenannte EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen von 2016. Das war der Beginn des Verrats an den europäischen Werten. Allen war klar, dass dieser Pakt nicht funktionieren konnte; er war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
In den sogenannten Hotspots sollten schnelle und faire Asylverfahren durchgeführt, anerkannte Schutzbedürftige verteilt und Abgelehnte zurückgeführt werden. Nichts davon hat funktioniert! Die Asylverfahren dauern immer noch Jahre. Rückführungen werden – nachvollziehbar und voraussehend – auch gerichtlich verhindert. Die Anerkannten werden nicht verteilt, sondern unversorgt ihrem Schicksal überlassen.
Das Ergebnis sehen wir seit Jahren in Moria. Es ist eine Schande für Europa: überfüllte Lager, unhaltbare
Zustände – ich brauche das nicht weiter auszuführen, denn wir kennen sie alle – und kein Schutz vor Corona. Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis die Situation vor Ort eskalieren musste.
Das Schlimme daran ist, dass das europäische Kalkül dabei Abschreckung war, und das auf Kosten der Menschen und ihrer Würde und auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union.
Jetzt liegen diese Werte in Trümmern. Die Antwort darauf kann nicht allen Ernstes sein, dort ein neues Lager aufzubauen und die gescheiterte Politik mit den bestehenden alten Problemen fortzuführen.
Ja, es bleibt natürlich eine Herkulesaufgabe – und davor darf man sich auch nicht drücken –, eine gemeinsame europäische Asylpolitik zu schaffen, die auf Ordnung und Humanität fußt, auf Rechtsstaatlichkeit, auf Solidarität und nicht nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, der Grenzsicherung.
Wir müssen das Dublin-System beseitigen. Es ist auch Ursache dieses Chaos in Europa, dass Geflüchtete in dem Land bleiben müssen, in das sie zuerst einreisen. Damit werden viele Länder mit der Aufnahme alleingelassen.
Ja, jetzt muss eine Koalition der Willigen vorangehen. Diejenigen, die nicht mitmachen, sollen dann zahlen. Wir können nicht länger warten.
Aber, Herr Ministerpräsident, solange dies nicht gelingt, können und dürfen wir doch angesichts der dramatischen Situation auf den Inseln nicht einfach wegschauen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass ein mutiges, entschlossenes Vorangehen Deutschlands – sagen Sie es ruhig: ein deutscher Alleingang – mit einem nationalen Aufnahmeprogramm eine europäische Lösung eben nicht verhindert, sondern im Gegenteil. Deutschland kann, sollte und muss jetzt mit gutem Beispiel vorangehen, ein Zeichen setzen. Auf dem Weg zu einer europäischen Verständigung ist das keine Blockade, sondern aus meiner festen Überzeugung hilfreich.
Die Erweiterung des deutschen Aufnahmekontingents, wie wir gestern aus den Medien erfahren konnten, von 150 auf 1.553 anerkannte Asylsuchende kann dabei nicht alles sein. Diese Zahl ist für mich ein humanitäres Feigenblatt.
Ich bin froh über jede Familie, die wir damit aus ihrem Elend befreien. Aber es geht doch um mehr als um Signale oder buchhalterisches Schönrechnen, wie wir es gestern in der Bundespressekonferenz vernehmen konnten.
Ich persönlich freue mich auch, dass einige in der Christlich Demokratischen Union das C in ihrem Namen noch nicht ganz vergessen haben.
Eine Gruppe um Norbert Röttgen fordert diesen nationalen Alleingang, weil er sagt: Jetzt muss geholfen werden! – Er fordert, 5.000 Schutzbedürftige notfalls auch im Alleingang aufzunehmen. Auch wir Grüne fordern dies.
Ich frage mich heute, Herr Ministerpräsident: Warum steht Ihr Name nicht unter diesem Brief? Warum können Sie diesen Weg nicht mitgehen? Warum verstecken Sie sich hinter Herrn Seehofer? Warum reden Sie nur und handeln nicht?
Wir haben in NRW mutige Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, die sagen: Wir haben Platz. – 2.000 Aufnahmeplätze sind angemeldet. Ich finde es dann nur noch zynisch, wenn ein christlichsozialer Innenminister – das muss man sich einmal vorstellen – verbietet, Menschen in Not zu helfen.
Die Kommunen rufen doch nicht zur Anarchie auf. Es geht doch einfach und schlicht um konkrete Hilfe. So etwas kann man doch in Deutschland nicht verbieten.
An die Adresse all derjenigen hier im Raum, die meinen, aus Angst vor dem Wähler an der Urne könne man sich nicht so weit vorwagen: Am 13. September haben wir hier in Nordrhein-Westfalen das Gegenteil erlebt. Auch mit einer humanitären Haltung kann man in Deutschland Wahlen gewinnen. Angst darf nicht der Motor einer solchen Abschottungspolitik sein.
Diesen Mut und diese Haltung, die hier viele Kommunen und im Übrigen auch andere Ministerpräsidenten mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm zeigen, hätte ich mir von unserem Ministerpräsidenten gewünscht, und ich hätte das auch erwartet.
Erst werden vollmundig 1.000 Plätze angeboten, man reist nach Moria, macht medienwirksame Bilder – alles gut und schön. Ich nehme Ihnen Ihre Betroffenheit auch ab. Das war ehrliche Betroffenheit und ehrliche Empörung. Aber man kann nicht auf der einen Seite 1.000 Plätze anbieten und sich dann auf der anderen Seite hinter Seehofer verstecken und sagen: Das muss alles in einem europäischen Kontext gelöst werden, und solange machen wir gar nichts. – Humanität kann man nicht rhetorisch postulieren und dann nicht danach handeln.
Wenn das größte Bundesland mit einem Aspiranten auf die Kanzlerkandidatur jetzt mutig und entschlossen
Haltung zeigt, sich an die Spitze der Koalition der Willigen in unserem Land NRW gemeinsam mit den Kommunen stellt und mehr Druck in Berlin macht, dann glaube ich, kann da mehr gelingen.
Wir haben auch ein Beispiel: Thüringen und Berlin haben ein eigenes Landesaufnahmeprogramm aufgelegt; sie haben es zumindest versucht und bei Herrn Seehofer um Zustimmung gebeten. Aber noch nicht einmal das machen Sie, Herr Laschet.
Ich fordere Sie auf: Machen Sie mehr! Handeln Sie! Machen Sie mehr Druck in Berlin! – Dabei können Sie mit unserer vollen Unterstützung rechnen. Ich bin gespannt, ob Sie heute unser Angebot annehmen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Null Toleranz für Schattenwirtschaft, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“: Das ist erst einmal eine knallige Überschrift, Herr Optendrenk, die sich gut anhört. Wer könnte dagegen sein?
Sie beschreiben in Ihrer Analyse auch ganz ausführlich – da kann man durchaus zustimmen – die Existenz von kriminellen Finanzströmen, Steuerhinterziehung, Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche als ernst zu nehmendes Problem auch in NRW. Ja, das ist alles richtig.
Nach der Problemanalyse kommt dann pflichtschuldig – das machen Sie immer so – erst einmal jede Menge Eigenlob für die Landesregierung. Danach fragt man sich dann: Was will uns der Autor neben Problemanalyse und Eigenlob hiermit sagen?
Zum Beispiel schreiben Sie in Ihrem Forderungskatalog, Initiativen zu notwendigen Anpassungen gesetzlicher Regelungen sollten gefördert oder zeitnah auf den Weg gebracht werden. Was soll das sein? Wenn wir das wüssten, könnten wir uns auch dazu verhalten.
Ich habe Ihrem Redebeitrag zum Beispiel auch nicht entnommen, wie Sie sich zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche, der kürzlich vom Bundesjustizministerium veröffentlicht wurde, verhalten. Mit diesem soll § 261 Strafgesetzbuch, Geldwäsche, neu gefasst werden.
Es gab auch schon Stellungnahmen aus der Verbändeanhörung. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat das erheblich kritisiert und sagt, dass hiermit keine grundlegenden Verbesserungen des effektiven Vorgehens gegen illegale Finanzflüsse geschaffen werden, verfassungsrechtliche Bedenken wurden vorgetragen usw. usf.
Hierzu liegt in Berlin also etwas auf dem Tisch. Dazu hätten Sie sich auch verhalten können und Ihre Position hier darstellen können. Dazu haben wir aber nichts gehört. Deswegen können wir auch schlecht darüber beraten.
Sie hätten heute Farbe bekennen können. Dann hätten wir uns dazu verhalten können. Deswegen werden wir uns enthalten. Selbstverständlich können wir uns einer Problemanalyse nicht entziehen. Aber da Ihr Papier keine Vorschläge enthält, können wir diesem weder zustimmen noch es ablehnen.
Ich stimme meinem Kollegen Zimkeit zu. Ihr nichtssagender Antrag hätte noch eine Chance bekommen – das hätte auch gezeigt, dass es Ihnen mit diesem Thema ernst ist –, wenn Sie ihn in den Fachausschuss überwiesen hätten.
Dann hätten wir eine Fachdebatte führen können, eine Anhörung durchführen können, Änderungsanträge stellen können.
Dann hätten wir aus diesem einfach dahingeschriebenen Antrag qualitativ noch richtig etwas herausholen können. Sie haben sich aber dagegen entschieden.
Wie gesagt, enthält Ihr Antrag keine konkreten Vorschläge. Da uns das Thema aber wichtig ist, werden wir uns enthalten. Ich finde es allerdings schade, dass Sie uns hier so eine dünne Suppe vorlegen.
Und ganz ehrlich: Ich habe auch erhebliche Zweifel an den vollmundigen Bekenntnissen – Stichwort „Zero Tolerance“ –, vor denen dieser Antrag nur so strotzt.
Wir hatten es nämlich erst kürzlich mit einem anderen Gesetzgebungsverfahren – der Finanzminister erinnert sich; es ging um das Spielbankgesetz NRW – als Vorbereitung zur Privatisierung von WestSpiel zu tun. Wir lesen in Ihrem Antrag auch viel über illegale Finanzströme, die es hier gibt und die bekämpft werden müssen. Genau in der Anhörung zum Spielbankgesetz NRW sagt der Bund Deutscher Kriminalbeamter, den Sie hier so vollmundig zitieren – ich zitiere aus der Stellungnahme des Bundes Deutscher Kriminalbeamter zu Ihrem Spielbankgesetz NRW; ich habe jetzt die Drucksachennummer nicht parat –:
Der Gesetzentwurf
„verfehlt seine eigenen Ziele, indem er insbesondere bezogen auf Folge- und Begleitkriminalität sowie die Geldwäscheprävention unzureichende Vorkehrungen trifft.“
Was nützen uns Ihre ganzen Bekenntnisse, wenn da, wo es ernst wird und man Sie mahnt, mehr gegen Geldwäsche zu tun, ein solches Gesetz mal eben so beschlossen wird? Ich zweifle in der Tat an diesem Bekenntnis. Denn da, wo der Privatisierungswahn der FDP ausbricht,
wird die Zero-Tolerance-Strategie ihm gerne einmal untergeordnet.
Insofern ist das nicht glaubwürdig.
Einer fachlich qualifizierten Debatte hätten wir uns nicht entzogen. Leider wollen Sie diese nicht führen. Das hat offenbar Gründe.
Wir werden uns enthalten. – Danke schön.
Vor allen Dingen: kein Multitasking bei Männern. Männer können das bekanntlich ganz schlecht, Herr Präsident.
Vielen Dank. – Zunächst eine Feststellung, Herr Kollege, in Bezug auf die Leitentscheidung 2016: Dass wir in der Leitentscheidung 2016 ein Dorf, namentlich Holzweiler, aus dem Abbaugebiet herausgenommen haben, ändert nichts daran, dass es rechtlich ein völlig unzulässiger Umkehrschluss ist, dass damit das Abbaggern und die Restfördermenge für den Rest energiepolitisch ein für alle Mal festgestellt wurde. Dies ist rechtlich falsch. Das steht nicht in der Leitentscheidung.
Ganz im Gegenteil: In der Leitentscheidung wird noch einmal auf § 30 Landesplanungsgesetz verwiesen, in dem es heißt: „wenn die Grundannahmen … sich wesentlich ändern“. Das bedeutet, dass die Grundannahmen immer nur eine Momentaufnahme sind und dass dies zu einer Planüberprüfung führen muss. Mit Bezug auf die Leitentscheidung heißt das: Was das Bundesgesetz macht – eine energiepolitische Notwendigkeit darzustellen –, ist unzulässig und rechtlich nicht haltbar. – Das ist der erste Punkt.
Ihre Empathie für die Menschen in den Dörfern in allen Ehren! Aber Sie haben hier den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts und der gesetzlichen Grundlage im Landesplanungsgesetz Folge zu leisten und die energiepolitische Notwendigkeit darzustellen.
Deswegen sehe ich auch in Ihrer Rede und auch bei dem, was bisher von der Landesregierung gekommen ist, keinerlei Begründung dafür, warum diese Dörfer im Jahr 2020, wo doch die Grundannahmen
von 2016 nicht mehr gelten, noch abgebaggert werden müssen.
Eine Abwägung verlangt bei Enteignung bzw. bei Grundabtretung, bei der Sie tief in Grundrechte eingreifen, auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2013.
Auch dem sind Sie hier heute in der Begründungspflicht nicht gerecht geworden.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Pinkwart, Sie haben gerade Ihre rechtsstaatlichen Grundsätze betont.
Deshalb noch einmal auf der rechtlichen Basis nachgefragt: Die Ersteller des Kohleausstiegsgesetzes des Bundes haben in einer energierechtlich noch nie dagewesenen Art und Weise – bestellt von Armin Laschet, das wissen wir – in das Gesetz geschrieben: Garzweiler-Dörfer abbaggern ist energiewirtschaftlich notwendig – Punkt. Jegliche Begründung fehlt.
Das ist in der Anhörung auch komplett auseinandergenommen worden. Die einzige Begründung, die im Bundesgesetz steht, ist die Leitentscheidung 2016.
In die Leitentscheidung 2020 wollen Sie jetzt aber hineinschreiben, dass Sie das Abbaggern der Garzweiler-Dörfer mit dem Kohleausstiegsgesetz begründen. Das ist ein absurder Zirkelschluss.
Deswegen frage ich Sie noch einmal nach der rechtlichen Bewertung. Sind Sie denn tatsächlich der Rechtsauffassung, ist diese Landesregierung der Rechtsauffassung, dass der Verweis auf die Leitentscheidung 2016 jetzt im Jahre 2020 tatsächlich ausreicht, um den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts von 2013 Genüge zu tun, nämlich eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit auf Basis der aktuellen Lage und Grundannahmen darzustellen, die dann auch die Grundlage für die Enteignungen sind?
Sind Sie tatsächlich dieser Rechtsauffassung, dass sich der lapidare Verweis auf diese Leitentscheidung im Jahr 2020 eignet – nach Kohleausstiegsgesetz, nach Pariser Klimaschutzabkommen –, um Enteignungen in Garzweiler durchzuführen? – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Haushalt, der solidarisch, zukunftsorientiert und gerecht werden soll: Lieber Kollege Zimkeit, wer kann dagegen sein? Das hört sich klasse an. Ihr habt euch ja auch bemüht, umfassend aufzuführen, was alles notwendig ist.
Die Konjunktur muss gestützt werden. Der Investitionsstau muss abgebaut werden. Die Infrastruktur muss gestärkt werden. Die Kommunen brauchen Unterstützung. Bildung muss gestärkt werden. Digitalisierung ist vonnöten. Die soziale Schieflage ist auch ein wichtiger Punkt. In Bezug auf die Arbeitsbedingungen gilt, dass Klatschen nicht ausreicht. Die soziale Infrastruktur dürfen wir auch nicht vergessen.
Alles richtig; alles schön; hört sich klasse an. Trotzdem …
Jetzt kommt das Aber. Es bleibt ein Störgefühl. Das will ich auch begründen. Wir kennen nämlich die Steuerschätzung nicht. Zwar wissen wir alle, dass die Steuerschätzung im September – ich frage einmal den Finanzminister – sehr wahrscheinlich – zumindest nehme ich das an – sehr stark von der Steuerschätzung davor abweichen wird. Bisher war es üblich, im Mai und im Herbst eine Steuerschätzung zu machen und dann das Verfahren entsprechend durchzuziehen. Das wird jetzt ja nicht so sein.
Das heißt: Ich habe auch in der Opposition einen Anspruch auf Seriosität. Bevor ich nicht den Rahmen kenne, in dem wir uns bewegen werden, kann ich keine Vorfestlegungen treffen. Da bleibt bei mir ein Störgefühl. Sorry! Deswegen werden wir dem Antrag grundsätzlich vom Verfahren her nicht zustimmen können und uns enthalten, auch wenn er viel Richtiges enthält.
Für unsere Enthaltung gibt es noch einen zweiten Grund. Der Antrag enthält mir zu viel Vermischung von Vorfestlegungen in Bezug auf das, was alles aus dem Haushalt finanziert werden muss, und das, was wir in das 25-Milliarden-Euro-Paket gepackt haben, um zweckgebunden über ein Sondervermögen, das ja anderen Kriterien unterliegt als die Haushaltsbewirtschaftung, Pandemiefolgen abzufedern. Das vermischt sich alles. Es wird gar nicht erkennbar, was jetzt der Haushalt leisten soll und was aus dem Sondervermögen kommen soll.
Für das Sondervermögen haben wir ja ein klares Verfahren. Wir haben festgelegt, dass wir diese Dinge im HFA abarbeiten. Dafür brauchen wir jetzt keine Vorfestlegungen. Das können wir im nächsten Haushalts- und Finanzausschuss diskutieren, wenn
es Vorschläge gibt. Auch aus unserer Sicht existieren jede Menge Vorschläge, was wir daraus finanzieren können, weil dort Defizite bestehen.
Mein Fazit ist: Der Antrag enthält viele richtige Forderungen. Zu diesem Zeitpunkt möchte ich aber erst einmal auf die Steuerschätzung warten und dann schauen, was uns der Finanzminister vorlegt.
An dieser Stelle besteht allerdings, liebe Kollegen Moritz und Witzel, ein ganz krasser Widerspruch zu euch. Wenn das Verfahren wegen der SeptemberSteuerschätzung verspätet stattfindet – was ich einsehe; das geht nicht anders – und wir erst im Oktober die erste Lesung durchführen, werden wir ein verkürztes Haushaltsverfahren haben. Aber dieser Haushalt wird sehr wichtig sein. Wir brauchen ein gründliches und substanziiertes Verfahren. Wir dürfen nicht im Hopplahopp durchgaloppieren, sondern müssen eine fachliche Beratung sicherstellen.
Auch was die Fristen angeht, brauchen wir ein gründliches Verfahren. Es gibt ja auch die schönen Überlegungen – wir haben ja noch immer kein Verfahren festgelegt –, dann beispielsweise zweite und dritte Lesung zusammenlegen. Diese Möglichkeit sehe ich nicht.
Dieser Haushalt wird von hoher Relevanz sein. „Schnell mal eben durch“ geht für mich nicht. Das klang bei Ihnen gerade so an.
Inhaltlich enthält der Antrag also vieles Richtige. Das Verfahren finde ich allerdings schwierig.
Letzte Bemerkung: Inhaltlich fehlt uns etwas. Die SPD bemüht sich ja jetzt. Zweimal – ich habe nachgezählt – kommt im Antrag „Klimaschutz“ vor. Das ist schon einmal ein Fortschritt für die Sozialdemokraten, den ich hier auch nicht unerwähnt lassen will. Aber bei der entscheidenden Feststellung, was jetzt passieren muss, schreiben Sie – ich zitiere –:
„Das Land muss durch gezieltes staatliches Handeln konjunkturelle Impulse setzen und betroffene Unternehmen unterstützen, um Arbeitsplätze zu sichern.“
Natürlich ist das richtig. Da fehlt aber noch etwas. Es geht nicht nur darum, die Konjunktur zu stützen, um Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch darum, mit den Konjunkturhilfen den notwendigen Transformationsprozess der Wirtschaft einzuleiten. Da reicht es nicht, irgendwo einmal „Klimaschutz“ hineinzuschreiben. Diese Konjunkturimpulse müssen jetzt diesen Transformationsprozess unterstützen. Alles andere macht aus unserer Sicht keinen Sinn.
Insofern würden wir auch inhaltlich den einen oder anderen Akzent setzen. Insgesamt werden wir uns enthalten. Zwar steht sehr viel Richtiges im Antrag. Eine Vorfestlegung möchten wir zum heutigen Zeitpunkt aber nicht treffen. – Danke schön.
Danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich mache einmal einen Versuch zur Versachlichung der Debatte.
Jetzt lassen Sie mich erst einmal ausreden.
Ich nehme einmal einen Kronzeugen dieses ganzen Polizeieinsatzes, der völlig unverdächtig ist, irgendeine grüne Vorfeldorganisation zu sein, nämlich den Bund Deutscher Kriminalbeamter. Ich möchte Sie gerne mit einem Zitat konfrontieren und Sie fragen,
wie Sie zu diesen Aussagen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter stehen.
Auf der Seite des Bundes Deutscher Kriminalbeamter NRW ist eine Presseveröffentlichung vom 13. September 2018 zu finden, in der es heißt – ich zitiere –:
„,Die Landesregierung kann sich nun nicht mehr hinter gerichtlichen Entscheidungen verstecken. Das ist eindeutig ein politischer Startschuss für die heiße Phase eines der größten und teuersten Polizeieinsätze in der Geschichte NRWs. Die Polizei wird hier in Amtshilfe tätig.“
Jetzt kommt es:
„Diese Amtshilfe hätte zum jetzigen Zeitpunkt versagt werden müssen, weil dem Land …“
Ich frage den Kollegen, was er zu dieser Aussage des Bundes Deutscher Kriminalbeamter sagt und ob er ihm auch Rechtsbruch bei diesen Aussagen vorwirft. – Ich sage es noch einmal:
„Diese Amtshilfe“
„hätte zum jetzigen Zeitpunkt versagt werden müssen, weil dem Land erhebliche Nachteile bei der Gewährleistung der Sicherheit für die Bevölkerung entstehen‘,“
„stellt der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in NRW, Sebastian Fiedler, fest.“
Was sagen Sie zu dieser Feststellung aus dem September 2018, Herr Kollege?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die aufgeheizte Debatte heute zeigt mir persönlich einmal mehr: Wie tief muss das Trauma bei Ihnen sein, dass dieser Wald noch steht?
Frau Scharrenbach, es waren die Gerichte, die Ihnen das Stoppschild gezeigt haben. Und ohne die Gerichte würde dieser Wald nicht mehr stehen. Wir sind …
Jetzt müssen Sie dafür sorgen, dass ich reden kann, sonst kann ich die Zeit nicht ausschöpfen. Ich möchte nicht schreien, um Sie zu übertönen, Herr Hovenjürgen. Deswegen vielleicht etwas Ruhe für meinen letzten Satz.
Wir sind mit ausweislich und nachweislich der Gewerkschaft der Polizei und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einer Meinung, dass Sie die Polizei in einem damals politisch ungelösten Konflikt missbraucht haben. Die Antwort der Großen Anfrage zeigt ganz klar:
Das war nicht nur der größte, sondern am Ende
unnützeste Einsatz der Polizei in NRW.
Sie haben hier auf dem Rücken der Polizei einen ungelösten Konflikt ausgetragen. Und das zeigt diese Große Anfrage sehr deutlich. – Danke schön.
„Windenergie“ war das Stichwort. Herr Minister, danke für die Zulassung der Zwischenfrage. – Wir haben seit Kurzem die Bilanz des Jahres 2019; sie wurde auch vom Landesverband „Erneuerbare Energien“ kommentiert. Sie kennen zwar die Zahlen, aber ich möchte sie noch einmal nennen. Laut der Veröffentlichung, die im Netz einsehbar ist, lag der Zuwachs bei Wind im Jahr 2018 bei 355 GW. 2019 waren es magere 125 GW.
Um Ihr selbstgestecktes Ziel, die Verdoppelung bis 2030 auf der Basis 2018, zu erreichen, ist, glaube ich, rechnerisch ein Zubau von 750 MW erforderlich. Das heißt, bei 125 im Jahr 2019 gibt es noch ein wenig Luft nach oben.
Wie wollen Sie im Hinblick auf diese zurückgehenden Zahlen das von Ihnen genannte Ausbauziel erreichen, und wie wollen Sie den Wind stärker fördern?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da die Aufgaben von EPOS.NRW vom Landesamt für Finanzen zum Landesbetrieb IT.NRW verlagert werden, muss in der Folge auch das Gesetz über die Errichtung des Landesamts für Finanzen geändert werden. Wir stimmen der Aufgabenverlagerung, ergo auch dem Gesetzentwurf zu. Den Rest haben die Kollegen schon gesagt. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es sind acht Monate vergangen, seit Bundestag und Bundesrat nach langem Gezerre und sehr ausgiebigen Beratungen in der Finanzministerkonferenz die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung der Grundsteuer beschlossen haben. Die Länder konnten sich nicht abschließend auf ein Modell verständigen. So gibt es nun das sogenannte Bundesmodell, und es gibt eine Länderöffnungsklausel, wonach Länder eigene Regelungen festlegen können.
Der Sachstand ist, dass es fast alle Länder in diesen acht Monaten geschafft haben, diese Debatte zu führen, und wir in den Ländern Tendenzen oder sogar schon Entscheidungen haben, was gemacht wird – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Wir stellen fest, dass nur NRW dieses Thema offenbar aussitzt. Vielleicht hat die Kommunalwahl damit etwas zu tun; keine Ahnung. Wir meinen aber, dass es endlich an der Zeit für eine Entscheidung ist und die Kommunen Klarheit brauchen.
Das Bundesmodell hat als Berechnungsgrundlage den Bodenwert, das Alter des Gebäudes und pauschalierte Mieteinkünfte. Auf Bundesebene gibt es dazu inzwischen eine Bewertung vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags, der – nachvollziehbar – an diesem Modell verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht.
Ehrlich gesagt haben uns in der Debatte – und dazu stellen wir heute den Antrag – die Argumente überzeugt, die für eine sogenannte modifizierte Bodenwertsteuer sprechen. Dabei ist die Berechnungsgrundlage nicht mehr das Gebäude, sondern die Berechnungsgrundlage sind die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Der Vorteil ist, dass damit neu geschaffener Wohnraum keine höhere Besteuerung auslöst, denn die Gebäudefläche wird nicht mit besteuert.
Im Ergebnis führt eine solche modifizierte Bodenwertsteuer, wie sie Baden-Württemberg plant, zu einer mäßig höheren Belastung für Einfamilienhäuser –
allerdings sehr im Rahmen – und einer deutlichen Entlastung für Mehrfamilienhäuser, besonders in angespannten Innenstadtlagen. Außerdem werden ungenutzte Grundstücke höher besteuert und Gewerbeflächen entlastet.
Die Wirkung, liebe Kolleginnen und Kollegen, die die Grundlage dafür ist, für welches Modell man sich entscheidet, ist bei dieser Steuer eine bodenpreisdämpfende. Es ist eine Wirkung gegen Bodenspekulationen, die besonders in den großen Innenstadtlagen zu verzeichnen sind. Wir können damit ein wenig – ich will es nicht überbewerten – den Druck erhöhen, ungenutzte Grundstücke, die für den Wohnbau spekulativ leer gelassen werden, zu mobilisieren. Damit stärken wir die Zielrichtung „Innen- vor Außenentwicklung“ und können so noch die ökologische Komponente fördern, mit Grund und Boden ökologisch vertretbar umzugehen.
Ich finde, diese Argumente sind schlagend. Darüber hinaus baut dieses Modell auf dem Bündnis „Grundsteuer: Zeitgemäß“ auf, das vom NABU, vom BUND, vom Institut der deutschen Wirtschaft, vom Deutschen Mieterbund und von vielen anderen unterstützt wird, und das jetzt eben auch in Baden-Württemberg eingeführt wird.
Die Modifizierung besteht in Baden-Württemberg darin – auch das würden wir unterstützen –, dass das Wohnen am Ende durch diese Reform im Durchschnitt nicht teurer wird.
Daher hat Baden-Württemberg vor, bei Wohngrundstücken einen Abschlag von 30 % bei der Steuermesszahl gegenüber Gewerbegrundstücken zu berücksichtigen, sodass die Wirkung einer solchen Modifizierung tatsächlich nur positiv ist.
Das Modell hat also eine ökologische Lenkungswirkung, und das Wohnen soll nicht teurer werden.
Verfassungsrechtlich wird dieses Modell nicht problematisiert.
Und schlussendlich kommt zu allen positiven Argumenten noch der erheblich geringere Verwaltungsaufwand hinzu.
Ich finde die Argumente schlagend und bin gespannt, welche Gegenargumente der Finanzminister hat. Ansonsten hoffe ich, Sie ein wenig von diesem Modell überzeugt haben zu können. – Vielen Dank.
Entschuldigung, aber meine Worte jetzt sind wirklich Grundlage für die Auseinandersetzung. Ich entschuldige mich tausendmal dafür, dass dies anders in den Ältestenrat gekommen ist, aber wir würden den Antrag gerne überweisen. Sie haben völlig recht, dass das Thema in den Ausschuss gehört. Wir haben jetzt auch – leider etwas kurzfristig – eine Abstimmung herbeigeführt, den Antrag überweisen zu lassen.
Nein, keine direkte Abstimmung. Entschuldigen Sie bitte die Kurzfristigkeit. Es war ein Versehen auch von mir.
Danke für Ihre Bereitschaft, meine Zwischenfrage zuzulassen. – Nur am Rande: Wir haben vorgestern Nachmittag aus der Pressemitteilung erfahren, dass Sie das gemacht haben; zum Zeitpunkt der Antragstellung wussten wir es nicht.
Ich will die positive Rückmeldung geben, dass es gut ist, dass Sie das gemacht haben. Der Druck hat Wirkung gezeigt, was in einer Demokratie gut ist.
Meine Frage bezieht sich auf die bereits ausgezahlten Mittel, nämlich die dreimal 3.000 Euro Soforthilfe, die es am Anfang der Pandemie gab. Viele Men
schen aus diesem Personenkreis haben diese Mittel in dem Glauben beantragt, dass Sie damit ihre Lebenshaltungskosten finanzieren können.
Der Hintergrund ist so kompliziert, Herr Präsident.
Herr Minister, trifft es zu, dass ein Vertreter Ihres Hauses in einer Diskussionsrunde gesagt hat, dass es sehr viele Rückzahlungsaufforderungen geben wird und man noch nicht wisse, wie man damit umgeht? Wissen Sie inzwischen, wie Sie damit umgehen, dass Leute dieses Geld offenbar zu Unrecht bekommen haben? Wie viele sind das?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was von meinen Vorrednern vorgetragen wurde, stimmt: Wir haben all diese Bewilligungen zum Rettungsschirm im Haushalts- und Finanzausschuss einvernehmlich beschlossen; das war immer ein sehr konstruktiver Prozess. Auch wenn die Fristen mal kürzer waren, wurden immer Lösungen gefunden; das ist alles richtig.
Wir haben hier einen bunten Strauß von Bewilligungen: vom Sport über das Ehrenamt und Tierheime bis zu Krankenhäusern. Um aber in diese harmonische Stimmung der Kollegen, die das vor mir beschworen haben, doch eine etwas kritischere Note zu bringen: Herr Minister, es ist gut, dass es diese Unterrichtung gibt. Auf der Liste fehlt mir allerdings doch etwas der rote Faden. Es ist wirklich von allem etwas dabei. Man hat den Eindruck, dass der Rettungsschirm im Kabinett so ein bisschen „Wünsch dir was“ ist: Alle geben ihren Wunschzettel ab, und der Weihnachtsmann bewilligt.
Mir fehlen eine Klammer, eine Konzeptionierung und Schwerpunkte, wo es besonders nötig ist. So wie es bei Ihnen im Kabinett abläuft, wirkt es ein bisschen wie eine Blackbox, wer wann was warum in welcher Höhe bewilligt bekommt. Das erscheint ein bisschen willkürlich; vielleicht bringen Sie uns gleich etwas Struktur hinein.
Ich möchte ein konkretes Beispiel benennen: Bei der Schwerpunktsetzung sind mir die Kommunen überhaupt nicht aufgefallen. Steht Ina Scharrenbach bei Ihnen auf der schwarzen Liste, sodass sie nichts bewilligt bekommt? Hat sie sich mal in der Vergangenheit mit Ihnen angelegt? – Es finden sich sehr wenig kommunale Hilfen, obwohl die Kommunen es am dringendsten nötig haben.
Nun gibt es die Ankündigung eines Konjunkturpakets, und wir haben gehört, dass die Kommunen davon endlich profitieren sollen. Schaut man sich aber auch diese Liste genauer an und zieht – soweit wir das jetzt wissen – die Kofinanzierungen des Bundes in den Bundesprogrammen und die zur Hälfte von Bund getragene Gewerbesteuerkompensation ab, bleiben für die Kommunen nur knapp unter 400 Millionen Euro übrig.
Das ist gerade einmal so viel, wie wir im Haushalt bislang für die Stärkungspaktkommunen ausgegeben haben. Den ganz großen Wurf für die Kommunen kann ich darin nicht erkennen.
Eine konzeptionelle Herangehensweise stelle ich mir so vor, dass man am Anfang eines solch riesigen Rettungsschirms festlegt: Wie sollen davon die Kommunen partizipieren, die nun wirklich – ich hoffe, darin sind wir uns einig – sehr stark von der Pandemie betroffen sind?
Man hätte die Steuergelder nach einem Verbundsatz verteilen können, der beim kommunalen Finanzausgleich 23 % beträgt. Man hätte mit diesem frischen Geld genauso umgehen können. 23 % für die Kommunen fände ich auch gerecht und angemessen; dann lägen wir bei ungefähr 5,7 Milliarden Euro.
Gut, wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt; es wird jetzt sukzessive bewilligt. Mir fehlt aber tatsächlich eine solch grundsätzliche, konzeptionelle und strukturelle Herangehensweise an diesen Rettungsschirm.
So richtig, so gut und so sinnvoll all die Einzelmaßnahmen sind, die wir bewilligt haben und auch weiterhin bewilligt werden, kann man diesen Anspruch an die Landesregierung erheben. Tierheime und das Ehrenamt in allen Ehren, das ist richtig und gut; aber ich würde mir hier tatsächlich etwas mehr Struktur, Schwerpunkte und vor allen Dingen sehr viel mehr Unterstützung für die Kommunen wünschen.
Ich stelle mir die ganze Zeit die Frage: Beantragt Ina Scharrenbach das gar nicht erst, oder prallt sie bei Ihnen ständig ab und kriegt nichts? – Vielleicht können Sie uns dazu zwei Sätze sagen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja – die Vorredner haben es erwähnt –, wir haben vor genau drei Monaten, am 24. März, hier im Landtag die erste Aussprache zum Ausbruch des Coronavirus geführt. Und ja, Herr Kollege Löttgen, ich habe damals für meine Fraktion – Sie haben meine Rede in guter Erinnerung – unsere konstruktive und kritische Mitarbeit als Opposition bei der Bewältigung dieser historischen Krise angekündigt.
Wissen Sie was, Herr Kollege? – Wir haben diese Ankündigung auch umgesetzt, etwa beim 25-Milliarden-Rettungsschirm für die Folgen der Pandemie. Da haben wir auf parteipolitische Profilierung verzichtet und in einem Kraftakt innerhalb eines Tages diesen Rettungsschirm beschlossen. Wir haben staatspolitische Verantwortung übernommen, als Sie hier einen, um es vorsichtig auszudrücken, schludrigen Entwurf eines Pandemiegesetzes vorgelegt haben.
Wir haben uns mit Ihnen zusammengesetzt, haben Anhörungen durchgeführt und Vorschläge für Verbesserungen gemacht. Ich glaube, Sie haben eine Amnesie. Wir haben hier im Landtag zusammengesessen und am Ende nach einer Diskussion gemeinsam ein verfassungskonformes Gesetz verabschiedet. Ja, das nenne ich konstruktiv-kritische Mitarbeit und Verantwortungsübernahme dieser Opposition und meiner Fraktion.
Sie, Herr Ministerpräsident und Herr Löttgen, vor allen Dingen Sie, Herr Ministerpräsident, haben Ihre Ankündigung eines gemeinsamen Vorgehens nicht eingehalten, nicht gegenüber uns, nicht gegenüber den Kommunen, die meistens freitagnachmittags oder -abends einen Erlass bekamen, den sie am nächsten Tag umsetzen sollten, nicht gegenüber den Schulen, die sie täglich mit Schulmails in eine komplette Verunsicherung gestürzt haben. Nein, Sie haben Ihre Ankündigung eines gemeinsamen, koordinierten und kooperativen Vorgehens nicht eingehalten.
Leider mussten wir in den letzten Monaten einen Ministerpräsidenten erleben, der ohne erkennbaren Kompass durch diese Krise getaumelt ist und das Land eben nicht konsequent, weitsichtig und vor allen Dingen lernend gesteuert hat.
Da hilft Ihnen, Herr Ministerpräsident, auch Ihr tapferer Prätorianer Bodo Löttgen nichts mehr. Schauen Sie sich einmal Ihre Umfragewerte und die heutige Kommentarlage an, Herr Löttgen, schauen Sie sich einmal die heutigen Kommentare zu Ihrem Krisenmanagement in den Medien von „FAZ“ bis „taz“ einmal an! Da helfen auch nicht Aggressivität, Beleidigungen des politischen Mitbewerbers oder Ablenkungsmanöver, nämlich in einer Unterrichtung zur Coronakrise über Rassismus zu sprechen, alte Gräben wieder aufzureißen, Dinge zu unterstellen, die wir nicht gesagt haben. Diese Ablenkungsmanöver, Herr Löttgen, funktionieren am Ende nicht. Das kann ich Ihnen sagen.
Ich versuche es jenseits von Beleidigungen und Aggressivität einmal mit Sachlichkeit. Schauen wir auf das Krisenmanagement dieser Landesregierung. Wir haben in Phase eins, zu Beginn der Krise, einen Ministerpräsidenten als Zauderer erlebt. Immer war er etwas hinter der Lage, um es genauer zu sagen, hinter Markus Söder. Sie, Herr Laschet, waren da der klassische Zuspätkommer.
Als Beispiel nenne ich die Restaurantschließungen. In Köln wurden sie geschlossen, in Düsseldorf noch nicht, in Münster wurde es angekündigt. Alle riefen nach dem Land. Erst als sich wie bei der Maskenpflicht in der kommunalen Landschaft Flickenteppiche ausgebreitet hatten und die Kommunen schon vorangeschritten waren, kamen die landesweiten Regelungen. Diese mussten dann, wie gesagt, meistens freitagabends oder samstags umgesetzt werden. Darüber haben sich ja die kommunalen Spitzenverbände bei Ihnen nicht nur einmal bitter beklagt.
Nach der Phase des Zauderer kam in Phase 2, um dieses Image abzulegen, die Phase des Mahners, in der das Zitat über die Ticker ging: Es geht jetzt um Leben und Tod.