Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu unserer heutigen, 70. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne und den anwesenden Vertretern und Vertreterinnen der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich drei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt 8 „Gesetz zur Einführung einer pauschalen Beihilfe“ – Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucksache 17/5620 – mit dem ursprünglich für Freitag vorgesehenen Tagesordnungspunkt 2 „Nachhaltige Industriepolitik für Nordrhein-Westfalen“ – Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/7758 – zu tauschen. Der neue heutige Tagesordnungspunkt 8 „ Nachhaltige Industriepolitik für Nordrhein-Westfalen – Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/7758 – soll sodann im umgekehrten Verfahren behandelt werden. – Ich sehe keinen Widerspruch dagegen. Dann verfahren wir so.
Die Fraktionen von CDU und FDP haben mit Schreiben vom 11. November 2019 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu dieser aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Fraktion der CDU dem Kollegen Rehbaum das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bewahrung der Schöpfung ist Teil der DNA der Christdemokraten, und die Klimaziele von Kyoto und Paris sind für uns als NRW-Koalition nicht verhandelbar.
Uns als NRW-Koalition verbindet mit dem größten Teil dieses Parlaments, mit Bürgern aller Generationen, mit Unternehmern, mit Landwirten, mit Forschung und Wissenschaft das Ziel, die Erderwärmung unter 2 Grad zu halten, besser noch unter 1,5 Grad.
Entscheidend ist nicht, ob, sondern, wie wir dieses Ziel erreichen. Es gibt hierzu im Grunde zwei Denkschulen.
Nennen wir die eine Denkschule einmal „Denkschule der Radikalisierung des Klimaschutzes“. Kern dieser Denkschule der Radikalisierung sind Verbote, Populismus und Symbolpolitik.
Alles, was CO2 ausstößt, sei schlecht und gehöre beseitigt, finden die Anhänger dieses Klimaradikalismus. Die Folgen eines Klimaschutzes mit der Brechstange kann man sich an fünf Fingern abzählen – allen voran Carbon Leakage.
Die Industrie, nicht nur die energieintensive, sondern auch die mittelständische, wird mit überzogenen Auflagen und Kosten für CO2 aus der Wirtschaftlichkeit gedrängt. Die Unternehmen mitsamt ihren Arbeitsplätzen verschwinden aus Deutschland.
Da die Produkte aber weiterhin gebraucht werden – Spezialmaschinen, Windräder, Wasserstofftechnik, Metallerzeugnisse, Fahrzeuge, Lebensmittel –, wandert die Produktion samt Arbeitsplätze über die Grenzen ins Ausland.
Der CO2-Ausstoß in die Atmosphäre bleibt unverändert; die Arbeitsplätze in Deutschland sind weg. Das ist der falsche Weg.
Eine derart radikale Energiepolitik ist ein Strohfeuer. Sie hinterlässt nur Verlierer und ist alles, nur kein nachhaltiger Klimaschutz. Die Zukunft gehört nicht den Verhinderern. Sie gehört den Erfindern.
Deshalb liegt uns als Nordrhein-Westfalen-Koalition und sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern die zweite Denkschule deutlich näher. Nicht gegen, sondern nur mit einem florierenden Mittelstand, nur mit einer starken Industrie entstehen technische Innovationen, die die Welt jetzt braucht: Erfindungen für CO2-Effizienz und den sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen unserer Erde. Die Energiewende kann nur aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke heraus gelingen.
Vorgestern fand in NRW eine Weltpremiere statt, genauer gesagt bei thyssenkrupp in Duisburg, nämlich der weltweit erste Versuch der Stahlproduktion unter
Die Landesregierung von CDU und FDP fördert den sogenannten Klimastahl mit 1,6 Millionen Euro im Rahmen des Programms IN4climate. Wasserstoff bietet unglaublich viele Möglichkeiten in Industrie und Mobilität. Mehr als jedes andere Bundesland tragen wir in NRW die Forschung und Entwicklung hierzu systematisch voran.
CO2 in der Industrie mit technischen Lösungen vermeiden: Das ist konkreter Klimaschutz der NRWKoalition und ein starkes Bekenntnis zum Standort NRW, dem Industrie- und Energieland Nummer eins.
Seit 2017 haben wir den Haushalt für Energie und Klimaschutz massiv erhöht, um Themen wie „Speicher“, „Batterieforschung“, „Erdwärme“, „Energieeffizienz“, „Smart Grids“, „Kraft-Wärme-Kopplung“, „Power-to-X“ – ein großes Thema – und „Wasserstoff“ zu unterstützen.
CDU und FDP geben fünf Mal so viel Geld für Klimaschutz aus wie Rot-Grün. Das zeigt: Wir meinen es ernst mit der Energiewende.
(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Zuruf von der SPD: Weniger CO2!)
Die rot-grüne Landesregierung hat 2013 ein Einsparziel von 25 % weniger CO2 in 2020 gegenüber 1990 ausgegeben. Wie wir jetzt erfuhren, wird NordrheinWestfalen 2020 wohl 30 % Einsparung erreicht haben. Das ist eine gute Nachricht für unser Klima. Ich möchte im Namen der NRW-Koalition allen danken, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
Und es geht weiter. Denn wir sind uns sicher: Da ist noch mehr drin. Bis 2030 hat der Bund 55 % Einsparung gegenüber 1990 ausgegeben. Wir trauen uns zu, diese Zahl für Nordrhein-Westfalen zu übernehmen. Über den Weg müssen wir diskutieren.
Wichtig ist, dass wir – anders als Rot-Grün – nicht nur auf die Einsparung durch die ohnehin anstehende Abschaltung von alten Kraftwerksblöcken setzen, sondern auch die Sektoren Verkehr und Gebäude beim CO2-Sparen einbeziehen.
Auch hier gilt: Mit dem moralischen Zeigefinger schreckt man viele Menschen ab. Mit Verboten und immer radikaleren Forderungen schürt man Existenzängste und Trotzreaktionen und benachteiligt Familien und Berufspendler, die aufs Auto angewiesen sind. So wird die Energiewende scheitern.
Klimaschutz muss Spaß machen. Klimaschutz muss von Begeisterung getragen sein – Begeisterung für technische Innovationen wie den klimaneutralen
Begeisterung für neue Fenster, ein neues Dach oder eine sparsame Heizung; Begeisterung für ein sparsames Fahrzeug, ob Elektromobilität im Stadtverkehr, Wasserstoff im Eisenbahnverkehr oder sauberer, sparsamer Diesel für Langstreckenpendler; Begeisterung für neue Lösungen zu intelligenten Kombinationen von Auto, Fahrrad, Bus und Bahn.
Jetzt heißt es: die Ärmel hochkrempeln, die Erneuerbaren wie Photovoltaik, Windkraft oder Geothermie ausbauen, den ÖPNV modernisieren, Radwege bauen, Häuser sanieren, Energie für Wärme, Haushaltsgeräte und Computer einsparen und die Stromversorgung der Unternehmen zu jeder Sekunde zu bezahlbaren Preisen sicherstellen.
Zwei Säulen tragen die Energiepolitik der schwarzgelben Landesregierung: Energieverschwendung vermeiden und technische Innovationen für CO2sparende Technik fördern, zur Marktreife bringen, industriell fertigen und in alle Welt exportieren.
(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP – Gegenrufe von der SPD: Begeisterung! – Dass man beim Schlafen klatschen kann!)
Wir werden gleich erleben, dass die Opposition wieder ihre Empörung zum Thema „Windkraft“ inszenieren wird. Die AfD will 0,0 Windräder. Die SPD und die Grünen, vor ihrem anstehenden Parteitag, werden sich in ihren Forderungen nach einem Zubau der kompletten Landschaft mit Windenergieanlagen gegenseitig überbieten – ohne Rücksicht auf Bedenken in der Bevölkerung und Mängel beim Leistungsausbau.