Protocol of the Session on December 13, 2018

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer 46. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien und den Gästen an den Bildschirmen.

Für die heutige Sitzung haben sich zehn Abgeordnete entschuldigt; die Namen werden in das Protokoll aufgenommen. – Geburtstag feiert heute der Abgeordnetenkollege Marco Voge von der Fraktion der CDU. Herzliche Glückwünsche und alles Gute im Namen aller Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich darauf hinweisen, dass die Fraktion der SPD gestern zum Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/4097 – das ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung des Landesamtes für Finanzen und zur Ablösung und Änderung weiterer Gesetze – eine dritte Lesung beantragt und vorgeschlagen hat, diese heute als letzten Tagesordnungspunkt mit Redezeitblock I durchzuführen. – Ich sehe dagegen keinen Widerspruch. Dann ist die Tagesordnung entsprechend ergänzt.

Wir treten in die heutige Tagesordnung ein. Ich rufe auf:

1 NRW muss der Grundgesetzänderung zustim

men – Bundesmittel für bessere Bildung sichern

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/4448

Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/4582

In Verbindung mit:

Vom Kooperationsverbot zum KooperationsGEBOT: NRW braucht für Digitalisierung der Schulen Geld vom Bund – Ministerpräsident Laschet muss den Weg zur Grundgesetzänderung frei machen.

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/4459

In Verbindung mit:

NRW bekennt sich zum Bildungsföderalismus

und lehnt Zentralisierung im Bildungsbereich ab!

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/4461

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Abgeordneten Ott von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst ein kurzes Wort an Herrn Petz und Herrn Stupp, die Polizeibeamten, die uns seit vielen Jahren vor der Türe begleiten. Die beiden haben heute ihren letzten Diensttag. An dieser Stelle alles Gute für ihren Ruhestand!

(Allgemeiner Beifall)

Sie kommen zwar aus Düsseldorf, aber sie sind wirklich nett.

(Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis 2023 sollen die Länder fünf Milliarden Euro für den Aufbau und die Verbesserung der digitalen Infrastruktur an den Schulen erhalten. NRW würde davon eine Milliarde Euro bekommen. Mit Verabschiedung des Bundeshaushalts 2018 stehen bereits 720 Millionen Euro und den Schulen in NRW damit 144 Millionen Euro zur Verfügung.

Weiterhin wird im Rahmen der Grundgesetzänderung dafür gesorgt, dass der soziale Wohnungsbau und der öffentliche Personennahverkehr und damit die Länder weiter dauerhaft unterstützt werden dürfen.

Auch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat mit den Einnahmen eigentlich schon gerechnet. Das wurde in den Vorlagen zum Haushalt 2019 deutlich, und Minister Pinkwart hat die nötigen Landeskofinanzierungen in dem Sondervermögen eingestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage in diesem Jahr heißt es in der Drucksache 17/1604 – Zitat mit Genehmigung des Präsidenten –:

„Daher müssen alle gesetzlichen Hindernisse, die diesem Ziel im Wege stehen, beseitigt werden, um im Rahmen des föderalen Aufbaus unseres Landes wieder neue Kooperationsmöglichkeiten zum Zwecke der Gesamtfinanzierung unseres Bildungssystems zu schaffen.“

Überraschend ist dann der Vorstoß des Ministerpräsidenten über die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, in der er die nötige Grundgesetzänderung scharf ablehnt. Überrascht waren aber nicht nur die Sozialdemokraten und viele andere in diesem Land, sondern

überrascht war auch die FDP; denn Wirtschaftsminister Pinkwart twitterte nach der Veröffentlichung des Gastbeitrags:

„Bund und Länder dürfen #Digitalpakt nicht erneut vertagen!“

Auch der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner zeigte sich enttäuscht – Zitat –:

„Es ist eine traurige Überraschung, dass Armin Laschet sich nun gegen die Verbesserung der Bildungsqualität im Grundgesetz und damit gegen die Modernisierung der Bildungspolitik stellt.

Er fällt seiner eigenen CDU-Bundestagsfraktion und seinem Koalitionspartner in den Rücken.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind nicht nur die Freien Demokraten, die sich kritisch geäußert haben. Die Landesschülervertretung stellt fest: Wir wünschen uns sehr, dass der Ministerpräsident auf die Schülerinnen und Schüler hört; er muss mit seiner Entscheidung nicht leben, aber wir. – Die Landeselternschaft in Nordrhein-Westfalen hält die Diskussion für politische Winkelzüge. – Der Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, das Geld für neue Geräte und Technik sei – Zitat – „Voraussetzung, nicht Inhalt der Schulpolitik“.

Wir stellen also gemeinsam fest: Armin Laschet steigt aus der Debatte aus, anstatt positiv zu gestalten. Er kriegt scheinbar auch nicht mit, was in Berlin diskutiert worden ist. Alle hier vor Ort, die so dringend auf die Bildungsinvestitionen angewiesen sind,

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

werden jetzt vor die Tür gesetzt und haben keine Möglichkeit, das Bildungspaket tatsächlich so schnell umzusetzen, wie es nötig wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Deshalb müssen wir festhalten: Es ist – und wäre eigentlich heute –Verpflichtung der Landesregierung, im Rahmen einer Stellungnahme die Debatte von der Regierung aus zu führen, wenn man sie tatsächlich als Föderalismusdebatte führen will.

Wir stellen aber fest, dass sich diese Landesregierung nicht einig ist. Wir stellen fest, dass die Mittel, die auf Bundesebene durchgekämpft worden sind – wir diskutieren seit zwei Jahren darüber, wie die Mittel endlich den Kindern in diesem Land zugutekommen können –, nicht kurzfristig fließen können, und das nur deshalb, weil der Ministerpräsident nicht bereit war, frühzeitig für eine Einigung zu sorgen.

(Beifall von der SPD)

Ich will eines klar sagen. Natürlich ist es Aufgabe von Landesparlamenten und von Ministerpräsidenten, dem Bund auch Grenzen aufzuzeigen – keine Frage.

Es geht hier aber um mehr. Das möchte ich kurz begründen.

Im Jahr 2017 hatten wir an Wahlkampfständen – egal bei welcher Partei – mit Sicherheit folgende Gespräche geführt. Vater kommt und sagt: Die Toiletten sind in einem schlechten Zustand. Was macht die Landesregierung? – Die örtlichen Abgeordneten sagen: Dafür ist die Kommune zuständig.

An die Wahlkampfstände kommen Beschäftigte im offenen Ganztag und sagen: Wir sind prekär beschäftigt und können von der Arbeit nicht leben. – Was sagen die Ratspolitiker? Das ist Landesaufgabe.

Die großen Wohlfahrtsverbände kommen und sagen: Wir brauchen Qualitätsstandards beispielsweise für den Ganztag. – Was sagt die Politik? Ja, es ist ganz schwierig. Bei der Schulbaurichtlinie machen Städtetag, Städte- und Gemeindebund nicht mit, und das Land kriegt das gar nicht finanziert.

Lehrerinnen und Lehrer kommen und fragen: Warum habe ich nicht wie jeder andere Landesbedienstete einen PC, eine digitale Ausstattung? – Dazu sagt die Landesregierung: Das ist Aufgabe der Kommunen. – Die Kommunen sagen: Das ist Aufgabe des Arbeitgebers.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Warum haben Sie es nicht gemacht, Herr Ott? – Zuruf von der SPD: Zuhören!)

Wir kommen zur Schulsozialarbeit. Ist die Schulsozialarbeit eine Bundesleistung über das Sozialhilfegesetz? Ist sie eine Leistung, die über die Schule angeboten wird? – Es ist bisher keine Entscheidung getroffen worden.

Wir haben das Thema des Ganztags insgesamt. Wer finanziert den Ganztag? – Wir haben im Bund die Diskussion über den Rechtsanspruch und bei uns die Diskussion über die Umsetzung.

Last but not least zur Armutsbekämpfung insgesamt. Wer ist zuständig und soll helfen, dass insbesondere bei prekären Verhältnissen bessere Förderung stattfindet?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben den staatlichen Ebenen gibt es das Ressortprinzip und die verschiedenen Zuständigkeiten. Am Ende ist eines vollkommen klar: Die Menschen, die unseren Debatten zuhören, verstehen das alles nicht mehr. Sie sind nicht mehr bereit zu akzeptieren, dass wir uns gegenseitig die Verantwortung zuschieben.