Protocol of the Session on June 14, 2018

Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen, 29. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich neun Abgeordnete entschuldigt; die Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Bevor wir in die heutige Tagesordnung eintreten, kommen wir zu einem Antrag der Fraktion der AfD. Die Fraktion der AfD hat gemäß § 20 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung mit Schreiben vom gestrigen Tag beantragt, vor Eintritt in die Tagesordnung eine Schweigeminute einzulegen. Wird dazu das Wort gewünscht, zur Geschäftsordnung? – Herr Wagner.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat beantragt, heute eine Schweigeminute einzulegen für die zunehmende Anzahl an Opfern von Gewalt, von sexualisierter Gewalt – in erster Linie an Frauen und Kindern – in den vergangenen Wochen und Monaten.

Wir haben gestern eine sehr eindrucksvolle Veranstaltung gehabt und Opfern unglaublicher Brutalität gedacht. In diesem Zusammenhang hat der Herr Landtagspräsident dankenswerterweise auch auf die Opfer anderer Gewalttaten hingewiesen.

Uns geht es allerdings darum, als Landtag gemeinsam ein sichtbares Zeichen für die Opfer und ihre Angehörigen zu setzen. Mit diesem sichtbaren Zeichen wollen wir unsere Solidarität mit den Opfern bekunden, egal ob sie ermordet wurden oder „nur“ geschändet worden sind wie in Viersen, Velbert, Wuppertal, Harsewinkel oder Bonn.

In diesem Zusammenhang ist nicht mehr notwendig, als uns gemeinsam für eine Minute schweigend von den Plätzen zu erheben, um damit symbolisch unsere Solidarisierung zum Ausdruck zu bringen. Darum möchte ich Sie bitten.

Für die SPD erteile ich der Kollegin Philipp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Namen aller vier Fraktionen, der CDU, der FDP, der Grünen und meiner Fraktion, kann ich nur mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, auf welch offensichtlich kalkulierte Art und Weise Sie heute versuchen, ein furchtbares und

grausames Gewaltverbrechen für Ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Dass Sie offensichtlich den gleichen Vorgang, der sich letzte Woche im Deutschen Bundestag abgespielt hat, hier und heute im Landtag von NordrheinWestfalen nachspielen wollen, macht für uns nur eines deutlich: Es geht Ihnen – wie so oft – nicht um die Sache, sondern es geht Ihnen um den medialen Effekt und um Ihre Selbstdarstellung, und deswegen lehnen wir diesen Antrag heute ab.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Gestatten Sie mir noch drei persönliche Sätze. – Ich finde Ihr Verhalten wirklich beschämend. Im Namen der ganz großen Mehrheit dieses Parlamentes möchte ich mich für Ihr Verhalten bei den Angehörigen der Opfer ausdrücklich entschuldigen.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Andreas Keith [AfD]: Sie soll- ten sich alle schämen!)

Ihnen und allen Menschen, die Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sind, sowie ihren Familien und ihren Freunden gehört unser aufrichtiges Mitgefühl. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Ich komme damit zur Abstimmung über den Antrag der AfD. Wer dem Antrag der AfD folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Abgeordneten der AfD. Wer ist dagegen? – Das sind die Abgeordneten von der SPD, von den Grünen, von der CDU, von der FDP. Wer enthält sich? – Das sind die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth. Damit ist der Antrag der AfD, vor Eintritt in die Tagesordnung eine Schweigeminute einzulegen, abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf:

1 Ministerpräsident Laschet muss nach dem

Aachener Dieselurteil Farbe bekennen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2801

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 11. Juni 2018 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Klocke das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute hier im Plenum erneut mit möglichen Dieselfahrverboten. Wir haben das zuletzt im März getan, als der Ministerpräsident den Landtag über die vermuteten Auswirkungen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts unterrichtet hat.

Was gibt es Neues? Warum wurde die Aktuelle Stunde von uns Grünen beantragt? – Am letzten Freitag hat das Verwaltungsgericht in Aachen – ausgerechnet in Aachen – verkündet und festgestellt, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit dort zum 1. Januar 2019 zu Fahrverboten kommen wird.

Warum? – Weil die bisher ergriffenen Maßnahmen der Stadt Aachen nicht ausreichen werden. Selbst der Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Herr Philipp von der CDU, hat festgestellt, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit mit den Maßnahmen, die in diesem Herbst noch an den Start gehen werden, nicht möglich sein wird, die Grenzwerte zu erreichen.

Insofern wurde das, was Ministerpräsident Laschet hier im Plenum im März verkündet hat, dass Fahrverbote unnötig, rechtlich unzulässig und damit auch unverhältnismäßig sind, vom Verwaltungsgericht in seiner Heimatstadt Aachen mit einem klaren Richterspruch am letzten Freitag konterkariert.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Deswegen haben wir die Aktuelle Stunde beantragt, um erneut über dieses Thema zu diskutieren. Daher wenden wir uns jetzt an die Landesregierung – eigentlich an den Ministerpräsidenten, der heute aber in Berlin weilt, von daher selbstverständlich gerne an seinen Stellvertreter oder an die Umweltministerin.

Wir haben in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses gelernt, dass nicht der Verkehrsminister innerhalb der Landesregierung federführend ist, sondern die Umweltministerin. Das blieb über längere Zeit unklar, weil bei den bisherigen Debatten zum Thema „Fahrverbote und Luftreinhaltung“ immer der Verkehrsminister gesprochen und in der Fragestunde geantwortet hat. Frau Schulze Föcking war auch schon damals zuständig; man hat aber von ihr ein Jahr lang zu dieser Thematik nichts gehört. Nun gibt es eine neue Ministerin, die seit gestern im Amt und vereidigt ist.

Deswegen geht die Frage an Frau Heinen-Esser: Was gedenkt die Landesregierung konkret zu tun, um Fahrverbote in den betroffenen 28 Kommunen in

Nordrhein-Westfalen abzuwenden? Diese Frage stellen wir Ihnen heute.

Und ich stelle Ihnen auch die konkrete Frage: Was tun Sie, um seitens des größten Bundeslandes gegenüber der Bundesregierung Druck zu machen,

(Christian Loose [AfD]: Das geht doch nicht!)

damit Hardwarenachrüstungen erfolgen?

Denn nach Einschätzung aller Expertinnen und Experten ist das die einzige Möglichkeit, um Fahrverbote zu verhindern. Wir hatten hier im April eine von der Grünenfraktion beantragte große Anhörung. Hier saßen die Expertinnen und Experten: Städtetag, Städte- und Gemeindebund, BUND, ADAC, IHKen, Handwerkskammern etc. Bis auf den Vertreter des VDA haben wirklich alle geladenen Experten die Position, die auch von den Grünen geteilt wird, unterstützt, dass es zeitnah Hardwarenachrüstungen bei den manipulierten Pkw geben muss.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen sehen wir uns hier in guter Gesellschaft. Man würde ja vielleicht vermuten, es wären nur die Umweltverbände oder alternative Mobilitätsverbände gewesen. Nein, es ist der Deutsche Städtetag mit einer sehr klaren Stellungnahme, es sind die IHKen, es ist die Handwerkskammer, die sagen: Wenn nicht zeitnah Nachrüstungen erfolgen, dann sind die Grenzwerte nicht zu erreichen und dann wird es zu Fahrverboten in Nordrhein-Westfalen kommen.

Deswegen meine Frage an die neue Umweltministerin: Was tun Sie, um in Berlin die Bundesregierung zum Einlenken zu bringen, damit nicht nur Umweltministerin Schulze, die das ja mehrfach schon betont hat, sondern das gesamte Kabinett, insbesondere Verkehrsminister Scheuer, gegenüber der Automobilindustrie Druck macht, damit zeitnah Hardwarenachrüstungen durchgesetzt werden? Das ist gleich Ihre Chance, Frau Heinen-Esser, das uns hier mitzuteilen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben gestern in einem großen Interview im „Kölner Stadt-Anzeiger“ das erste Mal Grundzüge Ihrer Politik vorgestellt. Ich war durchaus überrascht. In der Überschrift gibt es ein Zitat aus diesem Interview: „Es wird nicht zu Fahrverboten kommen“. Das finde ich – ehrlich gesagt – angesichts der Tatsachen, die uns allen bekannt sind, und angesichts des Richterspruchs in Aachen eine mutige Einlassung.

Ich finde es richtig und vernünftig, zu sagen: Wir tun alles dafür, damit es nicht zu Fahrverboten kommt. – Aber als neue Ministerin ins Amt einzusteigen und zu erklären „Es wird nicht zu Fahrverboten kommen“, da würde mich sehr interessieren, wie Sie zu dieser Aussage kommen und auf Grundlage welcher Daten und Fakten Sie sich so in der Öffentlichkeit positionieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Frage lautet: Warum hat die deutsche Politik, warum hat die Bundesregierung so viel Angst vor der Automobilindustrie? Sie ist selbstverständlich ein großer und wichtiger, relevanter Arbeitgeber für die Bundesrepublik und die internationale Produktion. Warum aber ist das, was in den USA möglich – und auch rechtlich möglich – ist, nicht auch in der Bundesrepublik möglich? Warum setzen die Automobilhersteller ausschließlich auf Softwareupdates und geben mittlerweile zu, die Zielmarke bis Ende des Jahres gar nicht erreichen zu können, obwohl die Softwareupdates bis Ende des Jahres umgesetzt sein sollten? Warum trauen sich die Bundesregierung und auch die nordrhein-westfälische Landesregierung nicht zu, den Druck zu erhöhen und zu fordern: „Hier muss jetzt aber geliefert werden“?

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister Professor Dr. Pinkwart fehlt auf der Regierungsbank. – Das wäre auch für Nordrhein-Westfalen eine wirtschaftliche Perspektive, denn es gibt zwei Hersteller in Nordrhein-Westfalen – im Sauerland und in Königswinter –, die mit kompletten Hardwareupdates am Start sind. Derzeit läuft noch das Genehmigungsverfahren beim Kraftfahrtbundesamt. Man wartet täglich auf die Genehmigung zum Einsatz. Es sind nordrhein-westfälische Hersteller und nordrhein-westfälische Betriebe, die eine innovative umweltfreundliche Lösung vorgelegt haben und jetzt darauf warten, dass sie in der Praxis eingesetzt wird.

Deswegen die Frage: Warum verschläft die Landesregierung diese Chance, die Initiative zu ergreifen, federführend voranzugehen unter dem Motto: „Im größten und verkehrsreichsten Bundesland setzen wir darauf, durch Hardwareupdates zu sauberer Luft in den Innenstädten zu kommen.“?

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum Ende meiner Rede möchte ich noch eine Anmerkung zu den Messstellen machen. Diese Debatte wird seit einigen Tagen geführt, ausgehend von Köln. Die Frage ist, in welchem Abstand zur Straße Messstellen errichtet werden.