Protocol of the Session on February 13, 2020

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer 81. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen.

Mein Gruß gilt den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich acht Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Damit rufe ich auf:

1 Klare Kante gegen rechts – Nicht durch die

Hintertür mit politischen Extremisten taktieren!

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/8618

In Verbindung mit:

Was folgt aus Thüringen? Gefährdet die Einheitsfront der Altparteien unsere föderale und demokratische Grundordnung?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/8619

In Verbindung mit:

Landtag Nordrhein-Westfalen zeigt Haltung: Keine Zusammenarbeit mit der AfD.

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/8621

Die Fraktionen der SPD, der AfD, der CDU und der FDP haben jeweils mit Schreiben vom 10. Februar 2020 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu den oben genannten aktuellen Fragen der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

(Unruhe – Glocke)

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Fraktion der SPD dem Abgeordneten Kutschaty das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in dieser Aktuellen Stunde mit der Wahl eines Ministerpräsidenten in Thüringen.

Wir würden das nicht tun, wenn sich dieser Ministerpräsident nicht mithilfe von Rechtsextremen ins Amt hätte wählen lassen und wenn dieser – heute können wir ja zum Glück sagen – nicht mehr amtierende Ministerpräsident bzw. der ehemalige Ministerpräsident nicht einer Fraktion angehören würde, die sich selbst als bürgerlich bezeichnet.

Was Thomas Kemmerich, die FDP und die CDU in Thüringen getan haben, war nicht weniger als ein Verrat. Es war ein Verrat an den Werten unseres Landes.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Unsere Demokratie ist immer dann verwundbar, wenn Demokraten versagen – und in Erfurt, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Demokraten versagt.

Doch bei allem, was man CDU und FDP an Versagen und Fehlern in diesem Fall zur Last legen muss, wissen wir doch auch um die Verdienste dieser Parteien um unser Land und unsere Demokratie.

Deshalb sage ich zu Beginn auch gleich in aller Deutlichkeit: Wer in diesen Tagen unsere Freiheit verteidigen will, muss sich auch schützend vor die Büros und Geschäftsstellen der CDU und FDP stellen, wenn sie angegriffen werden.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Erst recht müssen wir uns an die Seite von Christdemokratinnen und Christdemokraten und Liberalen stellen, wenn ihnen und ihren Familien Gewalt angedroht wird.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Lieber Herr Laschet, lieber Herr Stamp, all Ihren Parteimitgliedern, die das in diesen Tagen erleiden müssen, versichere ich die volle Solidarität der Sozialdemokratie.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Sollte wieder auf die Büros von Sozialdemokraten geschossen werden, so wie Anfang des Jahres auf das Büro unseres Kollegen Michael Hübner, wären auch wir für ein Signal des Beistandes und der Solidarität durch die Landesregierung sehr dankbar.

(Beifall von der SPD)

Das wäre ein Signal des Zusammenhalts aller Demokraten in unserem Land, auf das wir schon nach dem letzten Angriff von Ihnen, Herr Laschet, oder zumindest von Herrn Reul gehofft hatten.

Was in Thüringen geschah, war weder ein Zufall noch ein Unfall; deswegen ist es auch unverzeihlich.

Die ersten Stimmen bekommt man von Faschisten immer umsonst, aber mit jeder weiteren Abstimmung wächst die Abhängigkeit, und es steigt der Preis. Am Ende bezahlen wir alle es mit unserer Freiheit.

Deswegen möchte ich insbesondere im Hinblick auf die CDU deutlich sagen: Ich weiß, Sie führen im Augenblick parteiintern sehr schwierige Diskussionen, aber hören Sie bitte auf, Linke und Rechte immer in einen Topf zu werfen. Das passt nicht mehr.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wer denkt, die größte Gefahr für unsere Demokratie gehe von einem ehemaligen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow aus – ausgerechnet Bodo Ramelow, meine Damen und Herren –, täuscht sich.

Der Kasseler Regierungspräsident – CDU-Mitglied – wurde von einem Rechten ermordet. Der Anschlag auf die Synagoge von Halle erfolgte durch einen mutmaßlichen Rechten. Die Feinde der Demokratie, meine Damen und Herren, stehen rechts, und sie sitzen auch hier im Parlament rechts. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Gordan Dudas [SPD]: So ist das!)

Die AfD verachtet die Demokratie, sie verachtet unsere demokratische Kultur, sie verachtet unsere demokratischen Institutionen. Wenn sich ihre Führer mal nicht in Gewalt- und Deportationsfantasien ergehen, verharmlosen sie den Nationalsozialismus und setzen Menschen aufgrund ihrer Herkunft herab.

Von so einer Partei dürfen sich Demokratinnen und Demokraten nicht abhängig machen – niemals, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zum Befund der vergangenen Woche gehört allerdings auch, dass wir in manchen Teilen klare Kante gegen rechts leider haben vermissen müssen, denn mindestens genauso verräterisch wie der Verrat selbst war zum Teil auch manche Reaktion von Mitgliedern dieses Landtags unmittelbar nach der Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten.

(Beifall von der SPD)

Dass manch einer ziemlich lange gewartet hat, um sich zu äußern, und erst einmal geschaut hat, in welche Richtung der Wind sich dreht, war, glaube ich, auch nicht so gut. Da hätte man besser schneller Po

sition beziehen sollen. Das war nicht weniger verräterisch; ich möchte auf die Details gar nicht weiter eingehen.

Ich möchte allerdings an alle appellieren: Noch haben wir gemeinsam die Kraft, die rechten Hetzer und Spalter so weit außen vor zu lassen, dass es für sie nur eine Kategorie gibt, nämlich die Bedeutungslosigkeit.

(Beifall von der SPD)

Wenn wir zusammenstehen, zusammen streiten und uns auch zusammen für unsere Demokratie engagieren, haben die Rechten im Anzug keine Chance; dann haben sie nämlich schon verloren.

Aber dafür müssen wir jetzt alle gemeinsam streiten. Wer jetzt wackelt, trägt Mitschuld am Einsturz unserer Demokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Deshalb geht dieser Appell auch an Sie, sehr geehrter Herr Laschet: Ihre Haltung in dieser Sache ist über jeden Zweifel erhaben; das möchte ich ausdrücklich betonen. Dafür genießen Sie auch großen Respekt.