Protocol of the Session on July 13, 2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 31. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich drei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Geburtstag feiern heute – quasi gemeinsam – die Abgeordnetenkollegin Frau Christina Kampmann und Herr Minister Karl-Josef Laumann.

(Allgemeiner Beifall)

Herzliche Glückwünsche und alles Gute im Namen der Kolleginnen und Kollegen!

Vor Eintritt in die Tagesordnung:

Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 5. Juli 2018 beantragt, die erste Lesung des an diesem Tag eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der gesetzlichen Befristung in § 15a Abs. 5 Satz 1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen Drucksache 17/3064 heute als Tagesordnungspunkt 20 ohne Debatte aufzurufen.

Zudem haben die beiden Fraktionen beantragt, die zweite Lesung des Gesetzentwurfs in der Plenarsitzung am 13. Juli 2018 als neuen Tagesordnungspunkt 9 in Block-I-Debatte aufzunehmen.

Damit liegen uns zwei Anträge auf Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 20 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die beiden Anträge abstimmen.

Erstens stimmen wir über den Antrag auf Ergänzung der heutigen Tagesordnung ab. Wer ist dafür? – Das sind SPD, Grüne, CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der AfD und der drei fraktionslosen Abgeordneten ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Zweitens stimmen wir über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung der Plenarsitzung am 13. Juli 2018 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne, CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die AfD und die drei Fraktionslosen enthalten sich. Wer ist dagegen? – Damit ist auch dieser Antrag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

1 Wohnungslosigkeit von Frauen eindämmen –

Was tut die Landesregierung?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/3110

Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 9. Juli 2018 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin Frau Kapteinat für die SPD das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! 6.400 obdachlose Frauen in Nordrhein-Westfalen – eine Zahl, die schon für sich stehend bedrückend ist. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass hinter dieser Zahl von 6.400 obdachlosen Frauen auch 6.400 individuelle Schicksale stehen, macht das traurig. Denn 6.400 ist nur die Zahl, die wir kennen. Es ist zu befürchten, dass die Dunkelziffer noch höher ist.

Über 7.358 Frauen mussten 2017 an Frauenhäusern abgewiesen werden – Frauen, die Schutz gesucht haben. Es gab allein 248 vergebliche Aufnahmegesuche in meiner Heimatstadt. In diesem Landtag sitzen 199 Abgeordnete. Das bedeutet, dass in meiner Heimatstadt mit nur 76.000 Einwohnern mehr Frauen abgelehnt worden sind, als hier Abgeordnete sitzen. Wir alle wären nicht nur wohnungslos, sondern hätten auch keinen Schutzraum gefunden.

Die Gründe für die Abweisung sind Platzmangel, zu wenige Plätze in den Häusern und zu lange Aufenthalte, weil die Zahl an bezahlbaren Mietwohnungen immer geringer wird.

Um es ganz klar zu sagen: Diese Frauen bleiben nicht in den Frauenhäusern, weil es aus medizinischpsychologischer Sicht notwendig ist, länger dort zu bleiben, sondern diese Frauen bleiben länger in den Frauenhäusern, weil sie schlicht nicht wissen, wo sie sonst schlafen sollen.

In NRW besteht Wohnungsnot – Wohnungsnot nicht nur für Frauen, aber auch und besonders für diese. Wir haben in Nordrhein-Westfalen einen massiven Wohnraummangel. Betroffen sind Personen mit kleinem, aber auch mit mittlerem Einkommen. Wenn sich in Großstädten in Nordrhein-Westfalen Familien mit zwei Einkommen keine Wohnung in zentraler Lage mehr leisten können, besteht Handlungsbedarf.

Unter dem Titel „Frauen und Wohnungslosigkeit: Bedarfe erkennen – Wege aufzeigen – kommunale Lösungen entwickeln“ sprach Minister Laumann letzte Woche auf einer Fachtagung. Passender wäre die

Überschrift: Bedarf erkennen – Verantwortung auf die Kommunen schieben. – So weit, so zweifelhaft!

(Vereinzelt Beifall)

Minister Laumann sagt – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus der Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales –:

„Hier sollten die unterschiedlichsten Stellen eng zusammenarbeiten, um wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Frauen gezielt zu helfen.“

Schön wäre es, wenn zu diesen unterschiedlichen Stellen auch das Land gehören würde und das Land hier Verantwortung übernehmen würde.

Schön wäre es auch, wenn die Ministerien in der Landesregierung eng zusammenarbeiten würden – egal wie unterschiedlich sie auch sind. Absurd wird es nämlich dann, wenn man sich vor Augen führt, was Ministerin Scharrenbach macht. In diesem Zusammenhang hätte ich auch gerne den Ministerpräsidenten gefragt – aber er hat offensichtlich Wichtigeres zu tun, als sich mit diesem Thema zu beschäftigen –: Was ist im Kabinett los?

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Marc Lürbke [FDP]: Oh!)

Denn Ministerin Scharrenbach kürzt die Unterstützungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus im Jahr 2018 um 300 Millionen €. Diese 300 Millionen € würden wahrscheinlich überall fehlen. Sie fehlen aber natürlich ganz besonders hier im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Für den Zeitraum von 2018 bis 2022 fehlen damit insgesamt 1,5 Milliarden €. Den Kommunen diese Mittel zu kürzen und ihnen gleichzeitig die Verantwortung zuzuschieben, klingt nicht nur absurd, sondern ist absurd.

(Beifall von der SPD)

Dass die Kommunen, insbesondere die Kommunen im Ruhrgebiet, kein Herzensthema der Landesregierung sind, ist mittlerweile im ganzen Land bekannt und verstanden worden.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU)

Fördermittel zu kürzen und gleichzeitig zu signalisieren, man habe das Problem der Wohnungslosigkeit erkannt, ist zynisch. Und das innerhalb einer Regierung!

Es ist zynisch gegenüber den obdachlosen Frauen, die nicht nur warmer Worte, sondern eines warmen Zuhauses bedürfen. Denn der soziale Wohnungsbau käme gerade diesen Frauen zugute.

Und das alles bei einer finanziellen Lage, die dank des ehemaligen Finanzministers Norbert Walter-Borjans so gut ist wie lange nicht!

Hinzu kommt, dass Ihnen sogar haushaltsneutrale Vorschläge gemacht worden sind, beispielsweise durch die Caritas. Aber selbst dort wollen Sie den Menschen, die verzweifelt auf der Suche nach einer Wohnung sind, nicht helfen. Dabei müsste auch Ihnen klar sein, dass ein Dach über dem Kopf essenziell ist.

Frau Ministerin Scharrenbach, Sie selbst haben sich im WDR ähnlich geäußert. Auch hier gilt wieder: Zu viel versprochen!

Herr Laumann und Frau Scharrenbach, werden Sie tätig! Es ist dringend notwendig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die CDU erteile ich Frau Kollegin Schlottmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich finde ich es ausgesprochen gut, dass die SPD sich mit dem gravierenden Problem der Wohnungslosigkeit bei Frauen beschäftigt.

(Zuruf von der SPD: Sie tun ja nichts!)

Noch besser hätte ich es aber gefunden, wenn Sie sich einmal damit beschäftigt hätten, was die Nordrhein-Westfalen-Koalition im letzten Jahr schon alles auf den Weg gebracht hat.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Dieses Thema wird von der NRW-Koalition sehr deutlich und sehr intensiv angegangen,

(Zuruf von der SPD: 300 Millionen € gekürzt!)

beispielsweise in unseren Arbeitskreisen für Frauen und Gleichstellung, für Kommunales, für Bauen oder auch für Arbeit und Soziales.

Der Sozialminister hat sich erst in der letzten Woche an die Presse gewandt und sehr deutlich auf das Problem der Wohnungslosigkeit bei Frauen hingewiesen.

(Zurufe von der SPD: Handeln! – Was machen Sie denn?)