Volker Bouffier

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Last Statements

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! „Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare: Wo steht die Landesregierung?“, so lautet der Titel der Aktuellen Stunde. Ich möchte Ihnen gleich zu Beginn der Debatte dazu antworten. Ich nutze die Gelegenheit, ebenfalls eine Antwort auf die Frage des Kollegen Wagner der GRÜNEN-Fraktion zu erteilen, die in der Fragestunde nicht mehr aufgerufen wurde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat sich zu der von Ihnen aufgerufenen Frage noch keine Meinung gebildet.
Dazu besteht im Moment auch kein Anlass, insbesondere deshalb, weil nicht das Land, sondern der Bund zuständiger Gesetzgeber wäre. Es ist auch nicht ungewöhnlich – das ist auch der Grund für diese Aktuelle Stunde –, dass zwei unterschiedliche Parteien, die gemeinsam eine Regierung tragen, in bestimmten Sachverhalten unterschiedliche Bewertungen vornehmen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass in Fachkonferenzen einzelne Regierungsmitglieder ihre fachliche oder politische Bewertung zum Ausdruck bringen.
Davon zu unterscheiden ist, wie die Landesregierung sich dann, wenn eine Entscheidung ansteht, zur Sache verhält.
Zu der angesprochenen Thematik hat sich der Justizminister geäußert. Auch der für das Adoptionsrecht nach Art. 104 unserer Verfassung zuständige Sozialminister wird sich in die Debatte einbringen, wie übrigens alle anderen Kolleginnen und Kollegen auch, was bei einer so schwierigen und in breiten Kreisen der Bevölkerung breit diskutierten Frage nicht ungewöhnlich ist. Ich glaube, es wird niemanden in diesem Hause geben, der nicht auch für sich in Anspruch nimmt, in dieser Frage sehr ernsthaft mitzudiskutieren. Genauso ist das auch in der Landesregierung.
Herr Kollege Wagner, Sie haben mich unter Berufung auf ein Zitat im „Spiegel“ gefragt, worauf mein Unbehagen
Herr Klose, Entschuldigung; Herr Kollege Klose, die Antwort geht jetzt an Sie – in dieser Thematik beruht. Ich will Ihnen das gerne beantworten. Mein Unbehagen resultierte aus dem Umstand, dass zwischenzeitlich der Eindruck entstanden war, dass eine so schwierige und grundsätzliche Frage jetzt ganz schnell, sozusagen nebenbei und dann auch noch zu Wahlkampfzeiten gelöst werden könnte. Genau das halte ich für falsch.
Die Fragen der Volladoption durch gleichgeschlechtliche Paare kann man meines Erachtens nicht durch einen Schnellschuss lösen. Warum? – Es geht hier nicht um die Fragen der Besteuerung gleichgeschlechtlicher Paare. Es geht hier nicht einmal in erster Linie um die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Paare. Hier geht es um etwas völlig anderes. Das ist für mich entscheidend. Hier geht es um die Rechte der Kinder, wie sie im Begriff des Kindeswohls zusammengefasst sind.
Um die Gewährleistung des Kindeswohls muss es gehen. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu all den anderen Fragen, die das Bundesverfassungsgericht bislang entschieden hat oder für die wir gesetzliche Regelungen haben, die man für richtig oder vielleicht auch für weniger angemessen halten kann.
Zu diesem Sachverhalt gibt es viele Meinungen, engagierte Beiträge, Glaubensüberzeugungen. Alles das ist, wie ich finde, in einer Debatte zu respektieren. Aber es gibt wenige belastbare Fakten. Entgegen mancherlei Behauptung gibt
es auch keine verfassungsrechtliche Grundlage, die uns zu einem sicheren Ergebnis führen würde.
In dem Antrag, den die GRÜNEN vorgelegt haben, wird Bezug genommen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der steuerlichen Behandlung, also des berühmten Ehegattensplittings. Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass diese Entscheidung nichts, aber auch gar nichts dazu beiträgt, uns eine Antwort auf die Frage zu geben: „Wie sind die Rechte der Kinder, wie ist das Kindeswohl abzuwägen?“ Das ist ein neuer Sachverhalt. Damit hat sich das Bundesverfassungsgericht bislang nicht beschäftigt. Ich füge hinzu: Das ist auch ein anderer Sachverhalt als der, den wir bei dem Thema der sogenannten Sukzessivadoption hatten. Ich halte es für juristisch richtig, wie das entschieden wurde.
Bei der Volladoption geht es ausschließlich um die Frage: Wie kann das Kindeswohl am besten gesichert werden?
Da das – ich wiederhole das – mit Sicherheit nicht in einer juristischen Analogie zu Steuerrechtsfragen gelöst werden kann, bin ich der Auffassung, dass das nicht mit einem Schnellschuss geht.
Damit Sie mich nicht missverstehen: Ich glaube, wir brauchen nicht darüber zu streiten – das sollten wir aus meiner Sicht jedenfalls nicht –, dass es selbstverständlich gleichgeschlechtliche Paare gibt, die Kinder liebevoll erziehen, und dass es bedauerlicherweise heterosexuelle Paare gibt, die ihre Kinder vernachlässigen. Das kann doch in dieser Debatte niemand sinnvollerweise bestreiten. Nach meiner festen Überzeugung kann auch niemand mit Gewissheit vortragen, dass wir uns in dieser Frage schon eine auf Fakten basierende Meinung bilden können, die wir wirklich verantworten.
Die Landesregierung möchte sich diese Meinung wie folgt bilden – ich empfehle uns allen, dass wir vielleicht so vorgehen –: Ich glaube, wir tun gut daran – nicht zuletzt auch um eine möglichst breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten, wie auch immer die Entscheidung dann ausfällt –, wenn wir die Debatte mit großer Sorgfalt, in angemessener Sprache und ohne Schaum vor dem Mund führen und indem wir bei einer so wichtigen Frage wechselseitig einmal darauf verzichten, uns vorzuwerfen, dass der eine oder der andere so verbunkert und verengt sei, dass er nur eine sehr eingeschränkte Sicht in dieser Debatte hätte.
Ich nehme für die Landesregierung ausdrücklich in Anspruch, dass wir diese Debatte so führen werden, wie ich vorgetragen habe: mit großer Sorgfalt, in angemessener Sprache und ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Dies, meine Damen und Herren, scheint mir der klügste Weg zu sein, um zu erkunden und dann auch abzuwägen, wie man dem Kindeswohl am besten gerecht wird. – Herzlichen Dank.
Meine Damen, meine Herren, Herr Präsident! Es war immer erkennbar, das Ganze ist offenkundig inszeniert. Herr Rudolph hat nun den Rednerzettel, ich nehme an, von Herrn Schäfer-Gümbel, nach vorne getragen. Das Ganze ist eine Inszenierung und sonst nichts.
Ich will Ihnen kein Wort schuldig bleiben. Kollege Greilich hat Ihnen aus meiner Sicht alle Punkte vorgetragen.
Meine Damen, meine Herren, wenn ich das richtig verfolgt habe, haben wir allein in dieser Woche eine öffentliche Sitzung des Innenausschusses über siebeneinhalb Stunden gehabt. Völlig überraschend ist das Ergebnis dieser Innenausschusssitzung von den Parteien unterschiedlich bewertet
worden. Es hat in diesem Haus schlechte Tradition, aber es ist so.
Nach meiner Zählung haben wir im Plenum bereits mindestens dreimal über diese Demonstration beraten. Was kann jetzt eigentlich noch Neues vorgetragen werden? In der Sache habe ich kein einziges neues Argument gehört. Sie haben eine parteipolitische Bewertung vorgenommen, das ist zulässig.
Aber das ersetzt noch nicht eine Aufarbeitung, die nach meiner Zählung in dieser Woche schon viermal parlamentarisch geschehen ist. Am Ende haben Sie versucht, ein Schema noch einmal hochzuziehen, indem Sie keine neuen Erkenntnisse vorgelegt haben, indem Sie auch keine neuen Begründungen vorgelegt haben, sondern indem Sie vergleichsweise stur dasselbe vortragen, was Sie seit einigen Tagen immer wieder vortragen. Das ist Ihnen unbenommen. Unbenommen ist aber auch, dass die Fraktionen von CDU und FDP ihre Bewertung vortragen. Unbenommen ist auch, dass der Innenminister detailliert vorgetragen hat.
Ich habe eben sehr genau zugehört. Ich habe nicht gehört, dass irgendjemand dem Innenminister vorgeworfen hätte, er hätte irgendetwas Falsches behauptet.
Es geht hier um die Sache und nicht um Ihre Ableitung. Ich komme gleich dazu. Sie stellen ein Ergebnis fest, dass Ihnen parteipolitisch in den Kram passt. Sie verweigern bis heute die Anerkennung dieser zentralen Frage, die Kollege Greilich eben gestellt hat. Einem Innenminister, der fast zwölf Jahre im Amt war, muss man doch nicht das Brokdorf-Urteil erklären. Die zentrale Frage ist: Ist hier verhältnismäßig gehandelt worden oder nicht?
Da behaupten Sie: Nein. – Kollege Greilich hat, ich glaube, zum fünften Mal vorgetragen: Der Großteil der Demonstrierenden hätte die Demonstration fortsetzen können.
Wenn das so ist, dann ist dieses Urteil an dieser Stelle nicht einschlägig. Dann ist es in der Sache nicht richtig, dem Innenminister Vorwürfe zu machen. Es ist Ihr durchsichtiger Versuch, hier Stimmung zu machen. Es hilft weder dem Demonstrationsrecht in Hessen, in Frankfurt oder sonst wo, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, wenigstens noch die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Das müssen wir auch einmal sagen.
Herr Kollege Frömmrich, Sie haben eben formuliert, an der Demonstration hätten welche teilgenommen, die sich nicht sachgerecht und ordnungsgemäß verhalten haben. Im Grundgesetz steht ganz klar: „Alle … haben das Recht, sich … friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Es wäre schön, wenn alle in diesem Haus, vielleicht am Ende sogar DIE LINKE, wenigstens zu diesem Satz noch stehen
könnten. Ganz offensichtlich waren dort viele, die weder friedlich noch ohne Waffen dort waren. Das ist eben nicht die Ausübung des Demonstrationsrechts, das ist ein Missbrauch des Demonstrationsrechts.
Diesen Missbrauch zu unterbinden, ist die Aufgabe der Polizei. Gleichzeitig hat die Polizei zu gewährleisten, dass diejenigen, die friedlich demonstrieren, dieses Demonstrationsrecht auch ausüben können. Genau das hat der Innenminister zigmal vorgetragen.
Aus diesem Grund sehe ich auch nicht ansatzweise einen Grund, warum man dem Innenminister ein Fehlverhalten vorwerfen oder ihm das Vertrauen für die Amtsführung entziehen soll. Deswegen sage ich ganz klar: Herr Boris Rhein hat mein Vertrauen. Herr Boris Rhein hat von Ihnen bisher noch nicht in einem einzigen Punkt dargelegt bekommen, dass das hohe Gut des Demonstrationsrechts von diesem Innenminister nicht geschützt wird. Das Gegenteil ist der Fall, und deswegen bleibt Boris Rhein im Amt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Es ist schon spät, aber ich will diese Gelegenheit natürlich wahrnehmen. Ich bedanke mich für den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auch für das Interesse, das mein Vorschlag gefunden hat. Deshalb will ich Ihnen das kurz erläutern.
Wir hatten in diesem Plenum mehrfach Gelegenheit, miteinander über die Situation in Hessen zu sprechen und uns auszutauschen. Deshalb – auch gerade noch einmal zum Schluss dieses Plenums zum Mitschreiben –: Hessen ist erfolgreich wie noch nie, und wir stehen so gut da, dass wir gemeinsam stolz darauf sein können, meine Damen und Herren.
Ich hatte es Ihnen gerade erst belegt: Wirtschaftlich sind wir auf Platz 1, übrigens auch bei unseren Integrationsbemühungen. Auch in vielen anderen Punkten sind wir in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa vorne.
Das kann man im Hinblick auf die Debatte, die eben geführt wurde, nicht sagen, wenn man auf die Verantwortungszeit von Rot-Grün zurückblickt und schaut, wie das 1999 war.
Die Regierung arbeitet erfolgreich. Der Schwerpunkt liegt immer bei der Arbeit für die Zukunft. Das können Sie bei uns auch sehen; denn wir haben kontinuierlich, sehr massiv und mehr als Sie jemals in diese Zukunft investiert: noch niemals so viel für Bildung, noch niemals so viel für Forschung, noch niemals ein eigenständiges Forschungsprogramm – Stichwort LOEWE –, das höchst erfolgreich ist. Dies alles hat es bei Ihnen nicht gegeben.
Deshalb sage ich Ihnen: Wir sind sehr erfolgreich, und das ist auch eine erfolgreiche Regierung.
Aber niemand kommt daran vorbei, dass die Herausforderungen in einer globalisierten und digitalisierten Welt zunehmen.
Die Entwicklung des wissenschaftlichen Fortschritts, der rasante technologische Wandel und der gesellschaftliche Wandel – nicht nur die Herausforderungen des demografischen Wandels – stellen an uns alle gemeinsam Herausforderungen, für die wir uns wappnen und die wir möglichst intelligent und gebündelt angehen müssen.
Genau darauf ist die richtige Antwort ein Ministerium für Zukunfts- und Innovationsfragen. Der richtige Zeitpunkt für so etwas ist natürlich der Beginn einer neuen Legislaturperiode.
Meine Damen und Herren, deshalb bedanke ich mich dafür, dass Sie mir Gelegenheit geben, einige Ausführungen zu machen. Im Hinblick auf die Zeit will ich das sehr kurz halten.
Ich sage Ihnen noch einmal: Wir waren sehr erfolgreich. Wir sind in Deutschland und in Europa spitze. Aber wir wollen jetzt auch die Weichen dafür stellen, dass wir spitze bleiben. Es gibt diesen herrlichen Satz von Albert Schweitzer: Wir alle kümmern uns um die Zukunft.
Wir beabsichtigen, ein wesentlicher und gestaltender Teil dieser Zukunft zu sein. Gerade nach der Debatte, die wir eben geführt haben, sind wir nicht nur zuversichtlich, sondern sicher: Wir werden auch in Zukunft diejenigen sein, die das Vertrauen der Menschen in diesem Land gewinnen, damit wir Zukunft gestalten können und damit Hessen spitze bleibt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dankbar für die Debatte, weil ich es gut finde, dass wir die Gelegenheit ergreifen, gemeinsam über den Kurs unseres Landes zu sprechen. Sie finden heute im „Wiesbadener Kurier“ eine Grafik des Tages. Dieser Grafik des Tages können Sie entnehmen, dass Hessen mit Abstand vor Bayern und Baden-Württemberg das stärkste Flächenland der Bundesrepublik Deutschland ist,
mit weitem Abstand vor den rot-grünen Ländern, unseren Nachbarn Rheinland-Pfalz oder gar Nordrhein-Westfalen. Da ich weiß, dass in diesem Haus gern gestritten wird, will ich versuchen, eine Positionsbestimmung zu machen. Vielleicht können wir sie gemeinsam machen.
Wenn wir über die Frage reden, welchen Weg wir gehen wollen, muss unser gemeinsames Ziel doch sein: Unser Erfolgsland Hessen muss in Zukunft die Spitze sein. Sichere Arbeitsplätze, Wohlstand und Menschen, die gern in diesem Land leben – das sind die drei Dinge, für die wir arbeiten. Danach muss das Ganze gehen.
Wenn wir an diesen Positionen die unterschiedlichen Auffassungen darüber, welchen Weg wir gehen wollen, messen, dann kann die Hessische Landesregierung den Plänen von Rot-Grün nur ein entschiedenes Nein entgegenhalten.
Ich werde Ihnen sagen, warum.
Herr Kollege Rudolph, Ihre Pläne sind ökonomisch falsch. Sie treffen die Masse der Bevölkerung,
sie gefährden die Arbeitsplätze, und sie verspielen unseren Wohlstand.
Das ist die Sachlage.
Ich habe den Kolleginnen und Kollegen sehr aufmerksam zugehört. Innerhalb einer Redezeit von zehn Minuten ist es kaum möglich, die Masse dessen zurechtzurücken, was hier an Falschem und Fehlerhaftem vorgetragen wurde. Ich möchte zwei Beispiele nennen.
Herr Kollege Al-Wazir hat uns wissen lassen, die Pläne der GRÜNEN würden 90 % der Bevölkerung entlasten, ergo 10 % belasten. Der Kollege Schmitt, den ich persönlich sehr mag, das darf ich hier auch einmal sagen – –
Sehr geehrter Herr Abg. Schmitt, ich habe das nicht gesagt, damit Sie jetzt in den eigenen Reihen Schwierigkeiten haben.
Ich habe das deshalb gesagt, weil der Kollege Schmitt hier gelegentlich mit großem Temperament vorträgt und ein dankbarer Sparringpartner ist. Er hat uns heute Folgendes wissen lassen – zum Mitschreiben –: Ihre Pläne treffen nur 0,2 % der Bevölkerung. – Meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Schmitt, das ist die größte Täuschung, die es in diesem Hause jemals gegeben hat.
Wenn Sie sich jetzt freundlicherweise wieder zu Wort melden, dann haben Sie die Chance – genauso wie Sie, Herr Al-Wazir –, ein paar klare Takte zu sagen. Ich werde Ihnen an fünf Punkten beweisen, dass die Masse der Bevölkerung von Ihren Plänen betroffen ist. Man muss es nämlich in der Gesamtschau sehen.
Sie hat offensichtlich nicht beeindruckt, dass der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Herr Schweitzer, immer wieder vorträgt, Ihre Pläne zur Einkommensteuer würden 1,4 Millionen Arbeitsplätze kosten.
Da lachen Sie. – Ich empfehle Ihnen, den Brief des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann noch einmal zu lesen.
Er hat geschrieben: Was ihr macht, ist falsch. – Wo waren eigentlich die tapferen Kretschmann-Anhänger? Es ist toll, einen Brief zu schreiben, in dem steht: „Ihr macht alles falsch“, auf dem anschließenden Parteitag zu sagen: „Wir sind uns einig“, nach Hause zu fahren und bei der nächsten Versammlung mit Vertretern der Wirtschaft zu erklären: „Ich war ja immer dagegen“. Liebe Freunde, wir müssen hier so reden wie draußen. Deshalb: Das, was Sie machen, ist falsch.
Wenn Sie sich tatsächlich ernst nehmen, dann können Sie doch nicht so einen Unsinn erzählen. Die Kollegen Beuth und Alexander Noll haben es schon gesagt: Sie von den GRÜNEN wollen die 450-€-Jobs auf 100-€-Jobs zusammenstreichen. Wen treffen Sie damit? Sie treffen damit die Leute, die sich ein bisschen Geld dazuverdienen wollen. Mit welcher Begründung? Ich habe bis heute keine gehört. Warum wollen Sie Studenten und Schülern, Rentnern und denen, die sich etwas Geld dazuverdienen wollen, 350 € im Monat abnehmen? Das ist die Wirklichkeit an dieser Stelle.
Frau Kollegin Schulz-Asche, Sie schütteln den Kopf. Warum haben Sie außerdem beschlossen – das hat bisher keiner erwähnt –, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz abzuschaffen?
Herr Al-Wazir, bleiben Sie bei der Wahrheit. Sie haben einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz beschlossen. – Das heißt für jeden Bürger in diesem Land konkret, dass er für alles, wofür er bisher einen Mehrwertsteuersatz von 7 % bezahlt hat – von den Schnittblumen bis zum Hundefutter, und was es sonst noch gibt; das kann man für richtig oder falsch halten –, in Zukunft 12 % mehr bezahlen muss, wenn Sie einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 19 % einführen. Das ist die Wirklichkeit, über die Sie nicht reden. Das trifft nämlich alle Bürgerinnen und Bürger.
Reden wir einmal über eine weitere Ihrer fabelhaften Vorstellungen. Sie wollen das Ehegattensplitting abschaffen. Sie behaupten, das treffe nur 0,2 % – so die SPD – oder 10 % – so die GRÜNEN – der Bevölkerung? Das ist doch irre.
Meine Damen und Herren, wer das Ehegattensplitting abschaffen will, wie Sie es beschlossen haben, trifft die Masse der Bevölkerung, trifft jeden Ehemann und jede Ehefrau.
Jetzt komme ich zur Sozialdemokratie. Zwischen den GRÜNEN und der SPD gibt es schon ein paar Unterschiede. Lieber Herr Noll, Sie haben ausgeführt, dass die SPD die Unterabteilung der GRÜNEN sei. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Aber wenn man Herrn Steinbrück zur Abschaffung des Splittings fragt, sagt er, je nachdem, wann man ihn fragt: Das gilt nur für zukünftige Eheschließungen. – Wenn das so ist, müssen Sie aber geringere Einnahmen daraus errechnen. Sonst stimmt die Rechnung hinten wie vorne nicht. Wenn es nach den GRÜNEN geht, soll die Abschaffung für alle Ehen gelten. Das sollen die 10 % der Bevölkerung sein, die Sie treffen wollen?
Können Sie mir einmal erklären, was die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung bedeutet? Ich sage es Ihnen: Das bedeutet für die Versicherten 200 bis 300 € im Monat mehr. Sie wollen die Krankenversicherung an die Rentenversicherung „anknüpfen“. Das belastet die Arbeitnehmer, weil sie mehr bezahlen müssen, das belastet die Arbeitgeber, weil sie mehr bezahlen müssen, und das gefährdet Arbeitsplätze. Das ist der falsche Weg.
Sie sprechen immer davon und versuchen, diese Illusion aufrechtzuerhalten, diese Änderungen träfen nur „die da oben“, nur ein paar ganz Reiche. Können Sie mir dann einmal erklären, welchen Sinn es macht, die Betreuungspauschale für Erziehung und Ausbildung abzuschaffen? Das haben Sie beschlossen. Wenn Sie die abschaffen, kostet das die betroffenen Familien im Monat 45 €, die sie dann nicht mehr haben. Also von wegen, es treffe die Spitzenverdiener. Es trifft bereits Alleinerziehende mit einem Kind ab einem Einkommen von 31.700 €.
Das ist die Wirklichkeit dessen, was Sie beschlossen haben. Deshalb sage ich Ihnen: Es ist eine grobe Rosstäuscherei, wenn Sie glauben, die Menschen damit erreichen zu können, indem Sie immer davon sprechen, es treffe nur ein paar „da oben“. Wer sich Ihre Beschlüsse näher ansieht, der weiß, dass das nicht stimmt. Herr Al-Wazir, Sie wissen das doch selbst. Warum haben Sie denn so verzweifelt versucht, dieses Thema ständig herumzudrehen? Ich habe mit Boris Palmer darüber gesprochen. Ich könnte jetzt die Rede halten, die er halten würde. Es gibt klügere GRÜNE, die wissen, dass der Weg in die falsche Richtung geht, nur hier im Hessischen Landtag gibt es die nicht.
Sehr geehrter Herr Wagner, Sie sind einer von denen, die ganz besonders gerne zuspitzen. – Dann wollen wir das einmal tun. Sie von Rot und Grün wollen eine für alle obligatorische Bürgerversicherung einführen, auch für Beamte, Selbstständige und Freiberufler. Das heißt im Klartext, Sie treffen den Mittelstand ins Mark. Jeden Handwerker, der bisher in einer günstigen Versicherungsklasse ist, wollen
Sie in Zukunft schröpfen, indem er in die Bürgerversicherung einzahlen muss.
Damit treffen Sie den Mittelstand ins Mark. Sie haben genau das auch gestern Abend gehört.
Warum sind Sie so unbelehrbar? Wir werden in Hessen den 100.000 Beamten und den 30.000 Versorgungsempfängern sehr deutlich machen, was Ihre Pläne bedeuten. 100.000 Beamten müssten in Zukunft für ihre Krankenversicherung mehr bezahlen.
Eine Bürgerversicherung, wie Sie sie sich vorstellen, kostet bei einem mittleren Einkommen zwischen 200 und 300 € mehr. Wenn Sie das wollen, dann sollten Sie es auch sagen. Wir wollen das jedenfalls nicht.
Wenn Sie die Selbstständigen, von denen viele, wenn sie sich gerade selbstständig gemacht haben, dankbar sind, dass sie eine Möglichkeit haben, sich günstig zu versichern, mit ihrer Bürgerversicherung überziehen wollen, dann sage ich Ihnen: Schauen Sie sich einmal an, wie es jungen Anwälten geht, wie es anderen jungen Selbstständigen geht. Die werden sich bedanken, wenn Sie als Abkassierertruppe mit dem großen Wort von der Gerechtigkeit daherkommen. Es ist eben nicht gerecht, den Menschen Geld wegzunehmen und es anschließend nach ideologischen Gesichtspunkten zu verteilen. Genau das unterscheidet uns von Ihnen.
Ich lebe nicht in der Illusion, dass wir Sie überzeugen können. Aber unwidersprochen darf das hier nicht bleiben. Die „FAZ“ schreibt: „Kindergeldpläne der SPD belasten jede dritte Familie“. An anderer Stelle heißt es: „Die Mitte zahlt“. Am 16. Mai konnten Sie lesen: „Die GRÜNEN jonglieren mit dem Geld der Mittelschicht“. Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger spüren sehr wohl, was da passiert. Seien Sie versichert: Wir werden daran arbeiten, dass Sie mit den Behauptungen, die Sie hier aufstellen, nicht durchkommen.
Ich will zum Schluss nur noch zwei Beispiele nennen, damit die Zeit nicht überzogen wird. Ich hätte von Rot und Grün gerne einmal gewusst, was Sie eigentlich meinen, wenn Sie von Vermögensteuer reden. Die GRÜNEN wollen ja nicht nur über eine Vermögensteuer, sondern auch über eine Vermögensabgabe doppelt abkassieren.
Herr Wagner, Sie werden wahrscheinlich nicht betroffen sein.
Gestern Abend konnte man aber eine bestimmte Frage hören. Da haben die Handwerker gefragt – der Kollege Beuth hat es angesprochen –: Gilt das Eigenkapital eigentlich auch als Vermögen? Jeder, der ein bisschen Ahnung vom
wirtschaftlichen Geschehen hat, weiß, dass das eine Schlüsselfrage ist. In Ihren Rechnungen wird keine Ausnahme gemacht.
Wir haben uns über viele Jahre gemeinsam angestrengt, damit gerade der handwerkliche Mittelstand von den Banken günstige Kredite bekommt. Die Banken wollen und sollen – das wollen wir alle – nach Basel III mit einem höheren Anteil an Eigenkapital haften, damit nicht der Steuerzahler einspringen muss, wenn es Schwierigkeiten gibt. Das ist richtig.
Auf der anderen Seite werden dadurch die Möglichkeiten der Banken, Kredite zu vergeben, verkürzt. Wenn Sie jetzt auch noch das Eigenkapital als Vermögen besteuern, werden Sie erleben, dass die Masse der mittelständischen Betriebe benachteiligt wird. Das kann vernünftigerweise niemand wollen.
Ich bitte Sie also herzlich: Sie können diese Position vertreten. Aber dann sagen Sie den Menschen die Wahrheit.
Wenn wir über Hessen reden, fügen wir bitte Folgendes hinzu: Sie haben uns die Neuverschuldung dieses Landes vorgehalten.
Ja. – Sie haben dabei aber eines vergessen: Den 18 Milliarden € Neuverschuldung stehen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich in Höhe von 30 Milliarden € entgegen.
Herr Wagner, das hören Sie nicht gern. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Hessische Interessen vertritt man nicht, indem man die Leute hinter die Fichte führt.
Hessische Interessen vertritt man, indem man einen völlig ungerechten bzw. – wie der Kollege Kretschmann immer sagt – „bescheuerten“ Finanzausgleich beendet. Deshalb haben wir geklagt.
Ich sage Ihnen: Sie werden in Hessen niemandem erklären können, warum Rot und Grün weiterhin einen Zustand dulden wollen, der so aussieht, dass wir erfolgreich sind und dass sich andere mit unserem Geld Dinge leisten, die wir uns nicht leisten. Das ist ungerecht. Wenn Sie vernünftig wären, würden Sie uns in diesem Kampf unterstützen.
Sie haben nicht den Mumm, hessische Interessen zu vertreten. Herr Al-Wazir, ganz nebenbei: Ihr stärkstes Argument war, dass 70 % der Bevölkerung Ihre Pläne für richtig halten würden. Nehmen Sie den „DeutschlandTrend“ der letzten Woche: 53 % der Leute erklären mittlerweile, die rotgrünen Pläne seien schädlich. 70 % erklären, sie seien davon aber nicht betroffen. Seien Sie versichert: Wir werden
jeden Tag sehr munter dafür sorgen, dass am Tag der Wahl, am 22. September, 70 % der Leute wissen, dass sie betroffen sind und dass das der falsche Weg ist.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich stelle fest, dass in der heutigen Debatte einiges durcheinandergeht. Ich will schon Gelegenheit nehmen, ein paar Punkte klarzustellen.
Der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat erklärt, das alles seien die Folgen „böser Taten“. Sehr geehrter Herr Al-Wazir, das, was wir getan haben, erfolgte in der Überzeugung, dass es richtig war. Es erfolgte in der Überzeugung, dass wir handeln wie alle anderen Länder auch. Es erfolgte in der Überzeugung, dass es nach der Katastrophe von Fukushima angezeigt war, innezuhalten, zu überprüfen, ob die Sicherheit dieser Kraftwerke im Licht der neuen Erkenntnisse noch gegeben ist.
Genau das ist die Grundlage des Atomgesetzes. So haben wir gehandelt. Das war richtig. Das war verantwortungsvoll. Meine Damen und Herren, das war ganz und gar nicht die Folge böser Taten.
Zum Zweiten. Ich kann nicht durchgehen lassen, dass hier heute Morgen ein Fest der Pharisäer gefeiert wird.
Meine Damen und Herren, ich wende mich nun an die Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN. Die LINKEN lasse ich da außen vor, nicht, weil sie auf dem richtigen Weg gewesen wären, aber weil ich mich jetzt erst einmal den beiden zuwende.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie wir im Hessischen Landtag Debatten geführt haben und wie Sie insbesondere den Ministerpräsidenten in Person beschimpft haben, weil ich seinerzeit erklärt habe, ich halte am Moratorium fest. Haben Sie das alles vergessen? Herr Kollege Stephan hat Ihnen eben Ihre eigenen Anträge vorgelesen. Darin stand am 18. März 2011: „endgültig stilllegen“. Ich weiß noch sehr genau, dass ich damals gesagt habe: Wir haben ein Moratorium beschlossen, um zu prüfen. – Wenn man das ernst nimmt, prüft man und trifft nicht sofort eine Entscheidung für die gesamte Zukunft, also eine endgültige Entscheidung. Das war meine Position. Das können Sie in zig Debatten nachlesen.
Die Position von SPD und GRÜNEN war immer: Dieser Bouffier ist ein verkappter Mithelfer von RWE – oder wem auch immer. Wir fordern die Abschaltung.
Herr Wagner, seien Sie vorsichtig. Wenn ich das einmal so locker sagen darf: Ihr habt euch darauf konzentriert, zu rufen: „Abschalten, abschalten, jetzt.“
Ich habe immer darauf hingewiesen: Man muss die Folgen einer solchen Entscheidung bedenken.
Ich habe schon damals darauf hingewiesen. Das können Sie nachlesen. Lieber Herr Wagner, jetzt weichen Sie nicht aus. Ich habe Ihnen damals vorgehalten, das tue ich auch wegen denkbarer Rechtsfolgen und Schadenersatzansprüche.
Ich zitiere mich jetzt einmal selbst: Ich bin nicht bereit, ungeachtet aller Folgen, eine Entscheidung zu treffen, die am Ende schwere Konsequenzen für unser Land hat.
Reaktion von Rot und Grün: Bouffier hat sich wieder einmal weggeduckt und will versuchen, die Atomkraft länger zu nutzen. – Das war Ihre Melodie.
Ich kann mich noch sehr genau an die letzten zwei Jahre erinnern. Deshalb ist es nicht redlich, es ist nicht in Ordnung, und es ist verwerflich,
wenn diejenigen, die sich damals hingestellt und unbedingt gefordert haben, eine Entscheidung auf Dauer zu treffen,
heute glauben, Triumphe feiern zu können. Meine Damen und Herren, die Entscheidung in Kassel ist kein Anlass zur Begeisterung.
Aber es ist eine Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist, deren Gründe wir noch nicht kennen, jedenfalls ich nicht, und die wir zu prüfen haben werden.
Es ist aus meiner Sicht sicher ein Sachverhalt, der sehr grundsätzliche Bedeutung hat.
Wenn wir den Sachverhalt geprüft haben, können wir uns gerne weiter darüber unterhalten.
Meine Damen und Herren, aus heutiger Sicht finde ich, dass wir uns an der Geschichtsklitterung jedenfalls nicht widerspruchslos beteiligen sollten.
Wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben – sehr schön z. B. in Ziffer 5 und Ziffer 6 –, dass das Ganze sozusagen die Folge der Rücknahme des Atomausstiegsbeschlusses von RotGrün sei – –
Langsam. Herr Rudolph, ich kenne die Funktionen des parlamentarischen Geschäftsführers. Aber manchmal ist es klug, einen kleinen Moment zu warten. Ich zitiere gleich etwas.
Dann kommen Sie zu dem sagenhaften Ergebnis – Sie haben das in Ihrer Rede sogar wiederholt –:
Wenn es dabei geblieben wäre – bei Ihrer damaligen Entscheidung –, dann wäre am 18. März 2011 Biblis stillgelegt gewesen.
Herr Al-Wazir, Sie wissen genau, dass das die Unwahrheit ist.
Ich lasse Ihnen eines nicht durchgehen. – Warum, kann ich Ihnen sagen, damit Sie es wenigstens heute richtig aufnehmen.
Ein Gegenstand Ihres damaligen Kompromisses mit der Atomwirtschaft war unter anderem die Möglichkeit, Reststrommengen von einem Meiler auf einen anderen zu übertragen.
Genau das haben Sie zugesagt, das haben Sie zugelassen.
Genau das hat RWE gemacht. Genau das hat dazu geführt, dass – ohne irgendeine Änderung und völlig unabhängig von dem, was Rot und Grün bzw. CDU/CSU und FDP später im Bundestag beschlossen haben, allein auf der Grundlage des rot-grünen Beschlusses aus dem Jahr 2000 oder 2001, wann auch immer – Biblis zu diesem Zeitpunkt noch gelaufen wäre; denn RWE hat immer erklärt, dass es die Reststrommengenverlagerung nutzen werde.
Als das Unglück geschah, ist dieses Kraftwerk nicht gelaufen, weil es irgendeinen Rücknahmebeschluss gab, sondern es ist auf der Rechtsgrundlage gelaufen, die Sie seinerzeit ermöglicht haben. Genau das muss man einmal sagen.
Wie so vieles wird hier immer nur in Teilen das zitiert, was Ihnen gerade passt.
Aber, meine Damen und Herren, es kommt noch etwas hinzu. RWE hat seinerzeit keine Anfechtungsklage erhoben. Sie, Herr Al-Wazir, haben gefragt: Wie habt ihr denn die Interessen abgewogen? – Ich kann mich sehr gut erinnern. Wenn ich mich recht erinnere, bin ich der Einzige, der bei diesen Verhandlungen dabei gewesen ist, jedenfalls hier. Deshalb darf ich Ihnen auch versichern, welche rechtliche Bewertung wir vorgenommen haben.
Ich habe Ihnen am Anfang gesagt: Grundlage Atomgesetz, Grundlage die Prüfung, ob die Sicherheit für die Anlage und damit für die Bevölkerung noch gegeben ist. Das halte ich nach wie vor für richtig. Wenn jemand etwas anderes vertritt, dann mag er das sagen. Deshalb gab es überhaupt keine andere Möglichkeit, als diesem Prüfungsauftrag Rechnung zu tragen. Deshalb war auch durch das zuständige Ministerium die entsprechende Verfügung zu erlassen.
Es war von Anfang an streitig; das ist doch nicht unbekannt. Herr Al-Wazir, der Bund hat keine formelle Weisung erteilt.
Darüber streiten wir nicht.
Jetzt kommt der zweite Satz: Der Bund hat seine Sachkompetenz ausgeübt. Diese Sachkompetenz hat der Bund in zulässiger Weise ohne formelle Weisung auszuüben. Er hat aber materiell sozusagen den Hut auf, wenn Bund und Länder in der Sache einig waren.
Genau so war das hier. Wir verstecken uns nicht hinter dem Bund.
Schauen Sie, wenn Sie in der Sache nicht weiterkommen, versuchen Sie zu lachen.
Was ist denn richtig? Für Sie zum Mitschreiben, weil wir das ja heute wahrscheinlich nicht zum letzten Mal machen. Für Sie noch einmal zum Mitschreiben, damit Sie wissen: Es gibt die förmliche Weisung. Eine solche hat Rot-Grün regelmäßig durch die Bundesregierung in Hessen erhalten. Damit sie nicht permanent rechtswidrig arbeiten, haben sie immer formelle Weisungen bekommen.
Es bedarf aber keiner formellen Weisung, wenn Sie, meine Damen und Herren, die Sachkompetenz ausüben, wie das übrigens auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht.
Deshalb gibt es keine Zweifel: Bund und Länder haben hier gemeinsam gehandelt. Die Vorgaben hat der Bund erteilt. Herr Al-Wazir, es kann keinen Zweifel geben, dass für allfällige Folgen der Bund verantwortlich ist – damit das auch klar ist.
Ich habe diese Frage in der ersten Begegnung erörtert und klargestellt. Das ist meine Verantwortung. Da geht es nicht um die Frage, ob man unter Parteifreunden zusammensitzt. Das unterscheidet uns vielleicht gelegentlich.
Ich habe an vielen Stellen gesagt: Erst kommt das Land und dann die Partei. – Genau so machen wir das.
Und weil das alles so ist, gibt es keinerlei Anlass, dass Frau Kollegin Puttrich, die sehr sorgfältig in der Verantwortung für die Sicherheit der Menschen gehandelt hat, sich unwidersprochen diese Vorwürfe anhören muss, und es gibt schon gar keine Veranlassung, dass Frau Puttrich hier die von Ihnen gewünschte Konsequenz zieht. Frau Puttrich genießt das vollste Vertrauen von mir und auch der gesamten Landesregierung.
Deshalb, meine Damen und Herren, könnte man am Ende vielleicht auf folgende Gemeinsamkeit kommen: Wenn die kurzfristige oppositionelle Freude über Probleme einmal verklungen ist,
dann könnte man sich vielleicht darauf verständigen, dass doch niemand Freude daran haben kann, dass gegebenenfalls eine Folge eintritt, die niemand von uns möchte. Wenn eine Regierung so gehandelt hat, wie alle, die hier sitzen und draußen waren, es ausdrücklich wollten,
ist das kein Anlass für Häme. Das ist kein Anlass für Beleidigung, und es ist schon gar kein Anlass, dass wir uns hier heute von Ihnen unwidersprochen beschimpfen lassen.
Deshalb: Wenn das Urteil vorliegt, werden wir es prüfen. Wir werden uns gemeinsam mit dem Bund beraten. So viel zu Ihren allfälligen Bemühungen, sozusagen am Anfang zu fordern, dass man ohne Rücksicht auf Verluste sofort alles stilllegt, und zwar auf Dauer, um zwei Jahre später pharisäerhaft zu erklären: „Wir haben schon immer Bedenken gehabt.“ Gerade in einem Wahljahr werden wir öfter miteinander zu diskutieren haben.
Aber seien Sie sicher: Wir lassen Ihnen Ihre Halbwahrheiten nicht durchgehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bitte zunächst um Entschuldigung, dass ich nicht, wie sonst üblich, allen Fraktionen erst zuhören kann. Sie wissen, ich bin ab 17 Uhr entschuldigt; ich muss nach Berlin zur Vorbereitung der Sitzung des Bundesrates. Deshalb bitte ich um
Nachsicht, dass ich jetzt einige Bemerkungen mache und nicht allen nachher zuhören kann.
Lieber Kollege Schäfer-Gümbel, immer wenn die Sozialdemokratie in Schwierigkeiten ist, wird die große Geschichte zitiert. Ich sage Ihnen als heutiger Ministerpräsident: Respekt allen meinen Vorgängern für das, was sie geleistet haben.
Wir sollten doch eines gemeinsam festhalten: Dieses Land gehörte und gehört nicht einer Partei, und alle bemühen sich um die Bürger.
Weil das so ist, lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zum Länderfinanzausgleich machen. Meine Damen und Herren, der aktuelle Länderfinanzausgleich bestraft und überfordert die leistungsstarken Bundesländer.
Er erfüllt seinen eigentlichen Zweck nicht. Der Länderfinanzausgleich führt zu sinnwidrigen Ergebnissen. Er berücksichtigt nicht – das ist mir besonders wichtig, weil niemand von Ihnen darauf eingegangen ist, Sie auch nicht, Herr Kollege –, dass wir mittlerweile eine Verfassungsänderung haben, nämlich die Einführung der Schuldenbremse. Die hat eine grundlegende Veränderung der gesamten Situation ergeben.
Der jetzige Länderfinanzausgleich ist grob ungerecht, weil wir unseren hessischen Bürgerinnen und Bürgern, weil wir nicht ständig neue Schulden machen wollen, nicht diese Taten – wenn Sie wollen, auch Wohltaten – gönnen können, die sich andere Länder mit unserem Geld gönnen. Das ist ungerecht, meine Damen und Herren.
Zur Erinnerung: 240 Millionen €, 250 Millionen € für Rheinland-Pfalz, ähnlich viel an das große starke Land Nordrhein-Westfalen, die Niedersachsen,
ja, in jüngster Zeit das reichste Bundesland, pro Kopf höchste Einnahmen der Republik. Hamburg bekommt auch noch Geld und am allermeisten Berlin. Man muss kein großer Rechtswissenschaftler sein:
Es kann nicht richtig sein, dass drei Länder dieser Republik – Bayern, Baden-Württemberg und Hessen – 13 andere Länder auf Dauer finanzieren. Das ist weder für diese Länder sinnvoll, noch ist das für uns sinnvoll.
Ich zitiere in diesem Zusammenhang immer sehr gern den Kollegen Kretschmann – 23. Januar 2013, Parlamentssitzung des Landtags von Baden-Württemberg:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe das System des Länderfinanzausgleichs im vergangenen Jahr als bescheuert bezeichnet. Das war viel
leicht nicht gerade eine feine Wortwahl, aber in der Sache fühle ich mich durch die veröffentlichten Zahlen zum Länderfinanzausgleich bestätigt. Das gegenwärtige System setzt falsche Impulse, und das komplizierte Ineinandergreifen dieser kaum noch zu verstehenden Mechanismen treibt wirklich nicht mehr nachvollziehbare Blüten.
Meine Damen und Herren, weil das so ist, haben vor zwei Jahren die Landesregierungen von Hessen, RheinlandPfalz und Baden-Württemberg einen Kabinettsbeschluss gefasst, der heute noch gilt.
Wir haben vor zwei Jahren beschlossen, weil das alles so ist und wir dies für verfassungswidrig halten, dass wir klagen werden. Wir haben einen zweiten Beschluss gefasst. Bevor wir klagen, wollen wir mit den anderen Ländern verhandeln.
Meine Damen und Herren, das, was Sie heute beschreiben, das sei alles Wahlkampfklamauk, ist nun bekanntermaßen falsch. Wenn Sie uns vorwerfen – ich zitiere aus Zeitgründen jetzt nicht alle Ihre Presseerklärungen –, wir hätten nicht genügend verhandelt: Ich war dabei.
Ich habe mindestens zehnmal verhandelt. Wir haben eine sehr unterschiedliche Gefechtslage. Darüber kann man heute reden. Wir haben sogar am Schluss den Kollegen Kretschmann gebeten, damit es nicht immer heißt, die Schwarz-Gelben wollten die Rot-Grünen, die alle Nehmerländer sind, irgendwie kujonieren: Pass einmal auf, du bist jetzt grün-rot; dann mach du unseren letzten Vorschlag.
Unser letzter Vorschlag, der über den Kollegen Scholz aus Hamburg in die A-Runde gegangen ist, war im letzten Herbst: Wir möchten jetzt eigentlich nur noch eines, und zwar vor 2020 wenigstens festschreiben: So, wie es heute ist, so soll es bleiben, damit wir uns darauf einrichten können, damit es nicht immer weiter in die falsche Richtung geht. – Frau Kollegin Kraft hat erklärt: Ich lehne jegliche Verhandlung ab. – Das war das Ergebnis.
Das können Sie auch zitieren. Das wissen Sie alles.
Deshalb ist es unredlich, wenn Sie sich hierhin stellen und uns den Vorwurf machen, wir hätten nicht verhandelt. Wir haben Tage und Stunden verhandelt, meine Damen und Herren.
Warum legen wir so großen Wert darauf? – Wir legen deshalb so großen Wert darauf, weil sich die Verhältnisse verändert haben.
Um auch einmal darauf zurückzukommen: Es war ein Erfolg, den die Kollegen Koch und Weimar erzielt haben.
Herr Schäfer-Gümbel, für Sie zum Mitschreiben. Durch diese Veränderung zahlt Hessen jetzt jedes Jahr 100 Millionen bis 200 Millionen € weniger, als wir zahlen müssten, wenn wir die damalige Veränderung nicht gehabt hätten. Das ist Fakt. Das kann ich Ihnen belegen. Deshalb war das richtig. Wahr ist auch, die Verhältnisse haben sich im Übrigen grundlegend verändert, nicht zuletzt durch die Einführung der Schuldenbremse – darauf komme ich gleich noch einmal –,
weil es damals noch fünf Länder waren, die 6,9 Milliarden € bezahlt haben. Jetzt sind wir noch drei Länder, die 7,9 Milliarden € bezahlen. Das heißt, früher waren wir mehr und haben weniger bezahlt; heute sind wir weniger und zahlen immer mehr. Das darf so nicht weitergehen.
Das sind alles Fakten, die niemand bestreiten kann. Weil das so ist, ist es die Pflicht jeder Hessischen Landesregierung, diese Ungerechtigkeit für unsere Bürgerinnen und Bürger so schnell wie möglich zu beseitigen. Nachdem die anderen erklärt haben, sie sind nicht einmal mehr bereit, darüber zu reden, dass sich vor 2020 etwas ändert – was soll man dann eigentlich machen? Was, bitte schön, ist Ihre Alternativvorstellung? Soll das so weitergehen?
Ich habe von Ihnen keinen einzigen Vorschlag gehört, was wir eigentlich machen sollten. Die einen erklären uns: Wir wollen nicht einmal mit euch reden. – Wir haben eine immer schwierigere Situation. Wir halten das, was heute ist, für nicht richtig. Ja – darauf komme ich zurück –, wir halten es an einigen Punkten auch nicht für verfassungsgemäß. Dann ist es nicht Wahlkampf, sondern die verdammte Pflicht einer Landesregierung,
dies zum Anlass zu nehmen, dagegen zu handeln.
Das ist ein Akt der politischen Notwehr. Das habe ich schon einmal gesagt; das ist so. SPD und GRÜNE hatten bis heute keinen einzigen Vorschlag gemacht, wie wir denn die Situation verändern könnten.
Herr Schäfer-Gümbel, jetzt kommen wir einmal zum Sachverhalt. Wir haben doch gemeinsam beschlossen, wir wollen nicht ewig weiter Schulden machen
eben –, damit wir denen, die heute jung sind und nach uns kommen, außer Schulden noch etwas hinterlassen.
Das heißt im Klartext, bis 2020 müssen wir bei der Neuverschuldung auf null sein. Damit kann ich nicht im Jahr 2019 beginnen,
sondern da muss ich einen Weg nach unten finden. Jetzt will ich Ihnen ein Beispiel nennen. Wir haben in den zurückliegenden Jahren mit einigen Ausnahmen pro Nase immer am meisten bezahlt, im letzten Jahr weniger – schön. Wir machen in diesem Jahr eine Neuverschuldung zwischen 1,3 Milliarden und 1,4 Milliarden €. Das ist ziemlich genau der gleiche Betrag, den wir als Geberland an die anderen zahlen. Jetzt muss mir einmal einer erklären, warum wir in Hessen dafür Schulden machen sollen, damit wir anderen etwas ermöglichen, was wir uns selbst nicht erlauben können.
Das kann doch nicht richtig sein.
In verfassungsrechtlichen Termini heißt das im Klartext – ich komme gleich darauf –, wir halten dieses System, wie wir es jetzt haben, für eine Übernivellierung. Oder für normale Menschen: Das Gebot der Verhältnismäßigkeit ist nicht mehr gewahrt.
Es kann doch nicht richtig sein, dass wir regelmäßig über viele Jahre bei dem Steuereinkommen pro Person entweder Platz eins, zwei oder drei waren. Nach dem ganzen Zusammengreifen der verschiedenen Ausgleichsmechanismen sind wir plötzlich auf dem drittletzten Platz.
Es kann doch nicht sein, dass ein Land, das von uns Geld erhält, am Ende besser dasteht als wir. Das bestraft die Tüchtigen – wir sind ja dann doof, wenn wir zusätzlich noch etwas erwirtschaften – und belohnt diejenigen, die nichts tun. Denn wenn ich nichts tue, wächst der Ausgleichsanspruch.
Wir reden hier vom Maßstäbegesetz. Wenn Sie sich das Zusammenspiel ansehen, bin ich der festen Überzeugung, dass Sie zu der Auffassung gelangen, es kann von der Verfassung her nicht richtig sein, dass ein Land durch Transferleistungen an alle anderen am Ende schlechter als vorher dasteht. Genau darum geht es.
Ich will auf einen zweiten Sachverhalt hinweisen. Hier wird immer nur von einem Artikel des Grundgesetzes geredet. Ich lade Sie herzlich ein, von den zwei Artikeln des Grundgesetzes zu reden, um die es hier geht. Sie reden nur von Art. 107 Grundgesetz. Da geht es um die Angleichung der Lebensverhältnisse.
Wir sollten aber auch über Art. 115 Grundgesetz oder die Hessische Verfassung reden. Wir haben uns verpflichtet, keine neuen Schulden zu machen.
Deshalb ist das Basieren nur auf den Einnahmen ein Fehler. Es kann doch nicht sein, dass festgestellt wird: So viel habt ihr. Wir nehmen euch jetzt einmal einen Teil davon weg. Wie ihr dann den Rest finanziert, ist euer Bier.
An der anderen Stelle gibt es eine Begrenzung wegen der Verfassungswidrigkeit der Neuverschuldung. Das hat sich doch vollkommen geändert.
Sehr schön. Lieber Herr Schäfer-Gümbel, diese Schilder sind wahlkampftaktisch sehr gut zu gebrauchen. Sie brauchen es offensichtlich immer ganz deutlich.
Meine Damen und Herren, Sie haben gerade erzählt, die Schulden hätten in 14 Jahren um 96 % zugenommen. – Ich sage das jetzt zum Mitschreiben: Wir haben eine Neuverschuldung von knapp 18 Milliarden € gemacht. Wir haben 30 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. Ohne dieses System hätten wir 12 Milliarden € zurückzahlen können.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Auch das will ich einmal deutlich sagen: Es vergeht kein Tag, an dem nicht die Sozialdemokraten und die GRÜNEN fordern, dass wir noch wesentlich mehr Geld ausgeben sollen. Aber das ist eine andere Baustelle. Wir werden an vielen Orten viele Gelegenheiten haben, diese Dinge noch miteinander zu diskutieren.
Zum Abschluss meiner Rede möchte ich noch zwei oder drei Anmerkungen machen. Sie haben das Problem der Einwohnerwertung angesprochen. Dafür gibt es meiner Ansicht nach weder einen systematischen noch einen logischen Grund. Man könnte die Stadtstaaten auf einen Level stellen. Dass Bremen, Hamburg und Berlin aber die gleichen Verhältnisse haben, wird niemand ernsthaft behaupten. Die Stadtstaaten stellt man schon vor der Klammer besser als alle anderen. Mir kann niemand erzählen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt ein Drittel weniger als in Hamburg oder Berlin wert sind.
Deshalb ist die Einwohnerwertung meiner Ansicht nach der zweite Grund, warum dieses Zusammenspiel geändert werden muss.
Drittens. Dabei geht es um die Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft. Ich bin davon überzeugt, dass die von Ihnen an die Wand gemalte Beteiligung der kommunalen Finanzkraft zu 100 % ein Fehler ist. Ich sehe auch nicht, wie man da hinkommen sollte.
Sie sollten Art. 107 Abs. 2 Grundgesetz einmal richtig lesen. In der Regel wird von dem ersten Teil dieses Artikels, aber selten von dem zweiten Teil berichtet. Am Anfang steht da etwas von der Finanzkraft. Dann steht da aber auch noch etwas von dem Finanzbedarf. Beides zusammen führt unserer Ansicht nach zu dem Ergebnis, dass eine Berücksichtigung mit maximal 50 Prozentpunkten angemessen ist. Aus diesen und anderen Erwägungen heraus, die im Zusammenspiel gesehen werden müssen – das ist ein Teil der Antwort auf Ihre Frage –, kommen wir zu dem Ergebnis, dass ein verfassungswidriges Übermaß in der Belastung der Geberländer gegenüber den Nehmerländern vorliegt.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die Situation, wie wir sie heute haben, ist für unsere Bürgerinnen und Bürger von Nachteil. Sie ist ungerecht. Wer auch immer Verantwortung trägt, für den stellt sich doch folgende
Frage: Nehmen wir das hin, oder versuchen wir, das zu ändern?
Wenn das durch Verhandlungen nicht möglich war – was zu beweisen ist –, bleibt der Weg, den der Rechtsstaat vorsieht. Das ist dann die Klage.
Es ist uns dann auch relativ gleichgültig, von welchen Farben die anderen Länder regiert werden. Ich habe Verständnis dafür, dass die Repräsentanten eines Empfängerlandes sagen: Am liebsten wäre mir, wenn es so weitergeht. – Aber für uns ist nicht die Interessenlage aller anderen entscheidend. Für uns kommt zuerst das Land Hessen. Deshalb sage ich heute zum zweiten Mal: Erst kommt das Land und dann die Partei.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand die Debatte außergewöhnlich aufschlussreich. Zunächst fand ich das Verhalten von SPD und GRÜNEN besonders aufschlussreich.
Ich will das hier noch einmal deutlich machen. Frau Kollegin Schott, Linksfraktion – ich habe mir das mitgeschrieben –, hat Ihnen vorgeworfen, es sei erklärtes Ziel von Rot-Grün gewesen, Schröder/Fischer, den Anteil der Armen durch Hartz IV zu erhöhen. Sie hätten die Strategie der Lohnsenkung verfolgt.
Stellen Sie sich einmal vor, das hätte einer von der CDU oder der FDP vorgetragen.
Sie hätten sich doch pflichtgemäß empört. Was haben Sie gemacht?
Langsam. – Das wollen wir dem Haus nicht vorenthalten. Rot und Grün haben still dagesessen: kein Wort, keine Empörung.
Darauf gibt es zwei ganz einfache Antworten.
Diese Antworten für jedermann in Hessen zum Mitschreiben: Entweder Sie stehen zu dem, was Sie selbst verantwortet haben
nicht einmal, dass Sie irgendetwas in der Weise dazu sagen können –, oder Sie wollen heute DIE LINKE nicht verärgern und freundlich mit ihnen umgehen. Das ist der Hintergrund.
Was ist das eigentlich für eine stolze sozialdemokratische Partei der Arbeit und der Gerechtigkeit, die den Vorwurf einer Lohnsenkungsstrategie still und ganz bekümmert nach unten guckend im Hessischen Landtag erträgt, ohne ein einziges Wort zu erwidern? Meine Damen und Herren, das ist eine blamable Vorstellung.
Das zu Gerechtigkeit und zu sozialem Schwerpunkt. Lieber Herr Dr. Spies, erklären Sie das einmal den Menschen im Lande, dass ausgerechnet Sie nichts erwidern, wo Sie doch in diesem Haus sonst immer so munter sind. Sie bringen nicht einmal einen Zwischenruf fertig, wenn es gerade einmal nicht passt.