Ich begrüße herzlich alle Kolleginnen und Kollegen des Landtags, die Mitglieder der Landesregierung und insbesondere unsere Ehrengäste und Gäste auf der Tribüne. Seien Sie herzlich willkommen. Bei diesem Anlass begrüße ich ins Land hinein all diejenigen, die heute über unsere Fernsehanstalt diese Sitzung verfolgen. Auch Ihnen einen herzlichen Gruß aus dem Hessischen Landtag.
Meine Damen und Herren, ich beginne mit einer Gratulation zu einem runden Geburtstag. Liebe Nancy Faeser, herzlichen Glückwunsch, alles Gute, viel Gesundheit.
Entschuldigt fehlt Frau Kollegin Margaretha HölldoblerHeumüller, der heute von dieser Stelle aus unsere besten Genesungswünsche gelten.
Entschuldigt hat sich aus dem schönsten Grund, den es gibt, Frau Kollegin Angela Dorn. Die Tochter, die sie geboren hat, heißt Merle. Glückauf den beiden.
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung vom 16.August 2010 liegt in aktualisierter Form zusammen mit den Drucksachen an Ihren Plätzen. Ich frage Sie:Werden Vorschläge zur Änderung oder Ergänzung der Tagesordnung gemacht? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich die Tagesordnung als genehmigt fest. – Dem widerspricht keiner, dann ist es so.
nach Art. 113 Abs. 1 der Hessischen Verfassung erkläre ich meinen Rücktritt, der zugleich den Rücktritt der gesamten Landesregierung bedeutet. Die bisherige Landesregierung wird nach Art. 113 Abs. 3 der Hessischen Verfassung die laufenden Geschäfte bis zu deren Übernahme durch die neue Landesregierung weiter führen.
Herr Landtagspräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben auch in diesem Haus viel miteinander diskutiert und Bilanz gezogen. Ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen der Hessischen Landesregierung, insbesondere Herrn Staatsminister Hahn als dem stellvertretenden Ministerpräsidenten,für eine mir sehr in Erinnerung bleibende Verabschiedung gestern zu danken.Ich beabsichtige nicht,das vor dem Hessischen Landtag zu wiederholen. Zu dem, was wir politisch einander zu sagen haben, verweise ich auf die letzte Landtagsdebatte. Ich will diese Gelegenheit nur nutzen,nach den elfeinhalb Jahren im Amt des Ministerpräsidenten und nach doch immerhin mehr als dreiundzwanzigeinhalb Jahren in diesem Hohen Hause mich zu verabschieden. Ich werde mit Wirkung vom morgigen Tag auch nicht mehr Abgeordneter des Hessischen Landtags sein.
Ich möchte die Gelegenheit nur nutzen, jetzt einen sehr institutionellen Dank auszusprechen. Zum einen ein Dank an meine Mitglieder des Kabinetts in den Zeiten seit 1999. Die Ministerinnen und Minister, die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre haben in großer Loyalität zu mir,mit Sachkunde und mit einem großen Einsatz, so wie Sie das erwarten und wie es auch die Minister und Staatssekretäre in den Regierungen zuvor getan haben, ihre Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes unter Ihrer Kontrolle und Aufsicht und in meiner Verantwortung geleistet. Ich glaube, dass dabei jedes einzelne Mitglied seine speziellen Leistungen und Erfahrungen mitgenommen hat.
Aber für mich als den Regierungschef ist am Ende wichtig: Diese besondere Konstellation, die darin besteht, dass der Ministerpräsident der Einzige ist, der von Ihnen abgewählt werden kann, und jeder Minister in eigener Verantwortung sein Ressort führt, also die politische Verantwortung sich bündelt und zugleich wieder trennt,erfordert ein besonderes Verhältnis von gegenseitiger Achtung, Rücksichtnahme, Bereitschaft zu Information und Bereitschaft zu Arbeit. Das habe ich in einem uneingeschränkten Maß erlebt. Das war ein Dienst an den Bürgerinnen und Bürgern von jedem Einzelnen, der damit auch ein Stück das Vertrauen gerechtfertigt hat, das ich in ihn gesetzt habe, als ich ihn dem Hessischen Landtag vorgeschlagen habe, sei es aus der Regierungspartei,der ich angehöre,oder aus der des Koalitionspartners. Ich sage dafür an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. Es war ein wichtiger Dienst für das Land, und ohne den hätte ich meine Arbeit, für die ich heute hier verabschiedet werde, nicht leisten können.
Der zweite Dank, der mir ebenso wichtig ist, geht an meine Zeit hier im Parlament, an diejenigen, die für uns im Parlament arbeiten. Ich bin im Jahr 1987 Abgeordneter geworden, unter Arbeitsbedingungen, die sich von den heutigen weit unterscheiden, als die Debatte, ob es hauptamtliche Zuarbeit zu Abgeordneten geben kann, gerade in ihrem Anfang war und mir diejenigen, die zuvor im Landtag waren, noch darüber berichtet haben, dass die einzige Amtsausstattung ein kleines Schließfach war, in dem man wenigstens einen Mantel und eine Tasche verschließen konnte, wenn man an Sitzungen teilgenommen hat.
Wir sind Gott sei Dank und im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger heute weit davon entfernt.Aber wir haben damit auch eine Menge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hessischen Landtag an den unterschiedlichsten Stellen, von den wissenschaftlichen Diensten bis zu denen, die dafür sorgen, dass wir hier gut herein- und hinauskom
men, die das mit sehr viel mehr Kenntnis und politischem Gespür machen, als man das gemeinhin erwartet und als selbstverständlich voraussetzen kann.
Sie wissen, dass ich dieses Haus schon länger kenne, dass ich seit 1970 als Kind mit dem Vater schon einmal durch die Mauern dieses Schlosses gehen konnte. Ich habe beim Umbau im letzten Jahr festgestellt, dass es auch nach diesen 40 Jahren noch Gänge und Treppen gibt, die ich zum ersten Mal betreten habe, was die Unergründlichkeit jedenfalls der baulichen Struktur des Hessischen Landtags mir bis zum heutigen Tag immer vor Augen gehalten hat.
Wir Abgeordnete werden aber – das glaube ich nach einer solchen Zeit sagen zu dürfen – von unseren Mitarbeitern wirklich gut behandelt. Sie kümmern sich um uns. Ich habe meine Abgeordnetenpflichten jedenfalls immer gut erfüllen können, weil der Hessische Landtag und seine Kanzlei mir das ermöglicht haben. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.
Erlauben Sie mir drittens eine Bemerkung zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Landesverwaltung.Politik ist – so,wie sie der Hessische Landtag vorgibt und kontrolliert – viel mehr als das, was in der Zeitung darüber berichtet wird. Von 100 Gesetzen lesen die Bürger in den Zeitungen vielleicht über zwei oder drei Gesetze. Das gilt noch mehr für das, was an täglicher Verwaltungsarbeit im Dienste von Bildung,Infrastruktur,Gesundheit, Umwelt, Finanzen und Sicherheit jeden Tag geleistet wird, und zwar in unterschiedlicher Weise, in Zuarbeit zum Ministerpräsidenten und zu den Ministern, aber auch in direktem Kontakt zu vielen, vielen Bürgern.
Ich kam vor elfeinhalb Jahren in die Landesverwaltung, ohne jemals dem öffentlichen Dienst angehört zu haben; ich kam aus einem freien Beruf. Ich habe in diesen elfeinhalb Jahren gelernt, mit wie viel Fachkunde, Engagement und Leidenschaft an unendlich vielen Stellen für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land gearbeitet wird. Da ist man natürlich nicht jeden Tag mit allem zufrieden – die Bürger nicht, wenn sie über uns sprechen, und auch wir nicht, wenn wir die Verantwortung dafür tragen. Die Tatsache, dass die, die in einer Regierung politisch arbeiten, zum ganz überwiegenden Teil des Tages Dinge zu leisten haben, von denen in der Öffentlichkeit niemals berichtet wird, hängt aber auch damit zusammen, dass sie damit befasst sind, ihre 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Weise zu führen, dass das Land in guten Händen ist. Am Ende liegt darin eine politische Verantwortung, die – über alle Stufen gesehen – nur vom Landtag über die Wahl des Ministerpräsidenten korrigiert werden kann. Es ist aber eine Arbeit,die viele,viele Tausend Menschen Tag für Tag leisten. Ich habe gelernt, sehr großen Respekt vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu haben. Das bedeutet nicht, dass man immer der Meinung jedes Einzelnen sein muss; aber man muss wissen, auf was man gründet.
Mein herzlicher Dank geht daher an die,die mit mir in der Politik und im Kabinett gearbeitet haben, an die, die uns hier im Parlament geholfen haben, und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Interesse der hessischen Bürger täglich ihre Arbeit machen.
Ich möchte mich heute und hier von Ihnen verabschieden. Ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken – für freundschaftliche Unterstützung, für heftige Kritik, für das Leben in einer demokratischen Auseinandersetzung. Ich werde Sie alle so in Erinnerung behalten, wie Sie sind;
denn ich kenne Sie alle lange genug und weiß, was über manche in der Zeitung zu lesen ist,was in Wirklichkeit der Fall ist, was aufgesetzt und was ehrlich gemeint ist. Das ist der Vorteil, wenn man 23 Jahre Mitglied des Parlaments war. Diesen Vorteil haben auch viele andere hier im Haus. Sie wiederum werden entscheiden, wie Sie mich in Erinnerung behalten. Ich wünsche Ihnen jedenfalls persönlich und für Ihre Arbeit im Hessischen Landtag für die Zukunft alles erdenkliche Gute. – Vielen herzlichen Dank.
(Die Abgeordneten der CDU und der FDP erhe- ben sich von ihren Plätzen und klatschen lang an- haltend Beifall. – Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Roland Koch nimmt Glückwün- sche entgegen.)
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Sie haben gegenüber dem Hessischen Landtag Ihren Rücktritt erklärt und dies soeben vor dem Hohen Hause nochmals dargelegt. Gemäß der Verfassung endet damit Ihre Amtszeit als Hessischer Ministerpräsident. Durch Ihre Erklärung ist die Landesregierung insgesamt zurückgetreten.
Meine Damen und Herren Abgeordnete,erlauben Sie mir aus diesem Anlass einige Anmerkungen. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Koch – ich lasse das „a. D.“ weg, das gehört sich nicht –, Sie sind der siebte vom Landtag gewählte Ministerpräsident und der achte Ministerpräsident Hessens nach 1945. Erstmals gewählt und vereidigt wurden Sie am 5.April 1999. Sie waren damit der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte Hessens. Erneut in dieses Amt gewählt wurden Sie am 5. April 2003 und am 5.Februar 2009.Mit dem heutigen Datum,dem 31.August 2010, endet Ihre Amtszeit. Damit haben Sie der Hessischen Landesregierung insgesamt elf Jahre und fünf Monate als Ministerpräsident vorgestanden, knapp ein Jahr davon geschäftsführend. Dies ist – nach der Amtszeit von Georg August Zinn – die zweitlängste Amtszeit eines Ministerpräsidenten unseres Bundeslandes.
Dem Hessischen Landtag gehören Sie seit dem 10. April 1987 an. Mit Ablauf des 1. September 2010, so haben Sie mir gegenüber erklärt, werden Sie auch Ihr Landtagsmandat niederlegen. Dann blicken Sie auf eine über 23-jährige Mitgliedschaft im Hessischen Landtag zurück.
Meine Damen und Herren, vordergründig erscheinen diese Daten sehr statistisch. Das sind sie auch. Die meisten von uns sind aber Zeitzeugen dieser Jahre und wissen daher, was sich hinter diesen Zahlen verbirgt.
Politik ist grundsätzlich von einem Wettbewerb der Ideen, von konkreten Absichten und Zielen der politischen Parteien in unserem Land gekennzeichnet. Politik ist geprägt von dem Willen, den besten Weg zur Lösung von Problemen in der Entwicklung des Landes zu finden. Der parlamentarischen Demokratie kann es nicht eigen sein, dass es immer nur einen Weg zum Ziel gibt. Es ist die Kontroverse, die unsere Demokratie lebendig, dynamisch und zur Gestaltung unseres Gemeinwesens in seiner Pluralität fähig macht.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Koch,Sie haben mit Ihren Landesregierungen und den Sie stützenden parlamentarischen Mehrheiten in einem Zeitraum von über einem Jahrzehnt in Hessen viele neue Entwicklungen eingeleitet und auch vollendet. Natürlich gab und gibt es dazu gegenteilige Überzeugungen und Wege, die sich un
ter anderem in vielen – auch sehr heftigen – Debatten in diesem Hause zeigten. Sie sind keiner dieser Debatten ausgewichen; manche haben Sie sogar gesucht. Die verschiedenen rhetorischen Waffengattungen waren Ihnen wahrlich nicht fremd. Sie hatten aber auch klare Vorstellungen von dem, was Sie für dieses Land wollten, und haben sich dafür in der Ausübung Ihres Amtes mit allergrößter Kraft eingesetzt. Unabhängig davon, ob Sie Zustimmung oder Ablehnung fanden – Sie fanden immer auch Mehrheiten –, ist daher dem, was Sie für unser Land geleistet haben,über die vielfältigen Unterschiede der politischen Auffassungen hinweg großer Respekt zu zollen. Ich spreche Ihnen dafür für den Hessischen Landtag meinen Dank und meine Anerkennung aus.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, das Amt, das Sie jetzt niederlegen, übt man tagtäglich 24 Stunden und 365 Tage im Jahr aus. Das bedeutet, dass bei diesem Beruf die gesamte Familie in Freud und Leid eingebunden ist. Daher gilt mein Dank auch Ihrer Familie und insbesondere Ihrer Frau Anke, die ich herzlich begrüße. Sie sitzt auf der Tribüne.
Sehr geehrte Frau Koch, Sie waren eine bescheidene, eine kluge und pflichtbewusste Begleiterin Ihres Mannes. Ich darf Ihnen ebenfalls den Dank des Hauses aussprechen. Der Blumenstrauß, den ich Ihnen jetzt zukommen lasse – ich darf nicht zu Ihnen hoch kommen, sonst wäre die Sitzung beendet –, kann nur symbolisch den Dank ausdrücken, den wir alle meinen. Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
a) Wahl der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten (Art. 101 Abs. 1 HV) – Drucks. 18/2734 –
Bevor wir zu den Regularien der Wahlhandlung kommen, möchte ich etwas Organisatorisches festlegen. Dazu gibt es keine Alternative. Ich bitte Sie, nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und im Falle der Wahl des Bewerbers oder der Bewerberin während der dann erfolgenden Annahmeerklärung auf Ihren Plätzen zu bleiben.
Es folgt dann die Vereidigung.Im Anschluss daran hat der gewählte Ministerpräsident die Gelegenheit, einige Worte zu Ihnen zu sprechen. Erst danach besteht die Möglichkeit für die Abgeordneten, dem gewählten Ministerpräsidenten zu gratulieren, und für die Fotografen, die entsprechenden Bilder zu machen.
Die Gäste auf der Besuchertribüne weise ich darauf hin, dass Beifalls- oder Missfallsbekundungen zu unterlassen sind. Bis jetzt hatte ich das erlaubt.
Der soeben erklärte Rücktritt des Hessischen Ministerpräsidenten bedeutet entsprechend der Hessischen Verfassung zugleich den Rücktritt der gesamten Landesregierung. Gemäß Art. 101 Abs. 1 der Hessischen Verfassung wählt der Landtag ohne Aussprache die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder.An Ihren Plätzen werden die Umschläge mit den Wahlberechtigungskarten verteilt, die Sie bitte zur Wahlhandlung mitnehmen und der Wahlhelferin oder dem Wahlhelfer aushändigen, damit Sie die Wahlunterlagen erhalten.
Gemäß Art. 101 Abs. 1 der Hessischen Verfassung wählt der Landtag „ohne Aussprache den Ministerpräsidenten
mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder“. Das sagte ich bereits. Das ist der Verfassungstext im Original und bedeutet im Konkreten, dass ein Wahlvorschlag mindestens 60 Stimmen auf sich vereinen muss, damit die entsprechende Kandidatin oder der Kandidat gewählt ist.