Protocol of the Session on March 31, 2009

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, sich zu Beginn der Sitzung von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Mit großer Erschütterung und Beklommenheit haben wir am 11. März 2009 die Nachrichten über die Ereignisse in Winnenden und Wendlingen verfolgt. Ein Albtraum wurde binnen weniger Stunden zur Realität – einer Realität, die tiefe Spuren hinterlassen hat. Der Amoklauf eines Jugendlichen hat 15 Menschen das Leben gekostet, und am Ende nahm sich der Täter selbst das Leben. Dieses fürwahr sinnlose Verbrechen hat den Familien,den Eltern, den Geschwistern und den Freunden in den beiden Städten und unserem Nachbarland Baden-Württemberg innerhalb von Momenten den Boden unter den Füßen entzogen und sie für lange Zeit in ein tief empfundenes Unglück gestürzt. Wir gedenken heute auch als Hessischer Landtag der Opfer. Den Angehörigen gelten unsere Anteilnahme und unser aufrichtiges Mitleid.

Viele haben sich danach zur Frage von Ursachen für eine solche Tat geäußert, ebenso zu Fragen bezüglich der Vorsorge gegenüber und Verhinderung solcher Taten. Aber viele verspüren auch Ratlosigkeit: Wo ist die Grenze des Menschenmöglichen, um eine solche Tat auszuschließen? Über Winnenden hinaus wird es daher das immerwährende Bemühen auch in unserer hessischen Verantwortung sein müssen, dieses Menschenmögliche zu tun – welches begrenzt ist –, um Katastrophen dieser Art zu verhindern.

Wir erheben uns heute auch zum Gedenken an die Opfer von Winnenden und Wendlingen. Ich danke Ihnen dafür.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben am heutigen Tag, zu Beginn dieser Plenarwoche, vier ehemaliger Mitglieder dieses Hauses zu gedenken.

Am 5. Dezember ist im Alter von 90 Jahren der ehemalige hessische Landtagsabgeordnete Albert Weber verstorben.

Albert Weber wurde am 8. April 1919 in Kassel geboren. Dem Besuch der Volksschule schloss sich eine Schulzeit auf der Höheren Handelsschule an. Im Anschluss daran absolvierte Albert Weber eine kaufmännische Lehre. In den Jahren von 1939 bis 1946 leistete Albert Weber während des Zweiten Weltkriegs Arbeitsdienst, war in der Wehrmacht und geriet in Gefangenschaft. Nachdem er aus dieser befreit wurde,trat er im Jahr 1946 in den Dienst der Stadtverwaltung Kassel ein. In den darauffolgenden Jahren legte Albert Weber erfolgreich die erste und zweite Verwaltungsprüfung ab. Von 1970 bis 1982 war er Kurdirektor in Bad Hersfeld.

Seine politische Laufbahn als Mitglied der SPD begann Albert Weber 1948 als Stadtverordneter in Grebenstein. Als Mitglied des Kreistages von Hofgeismar machte er sich von 1952 bis 1970 verdient. Den Kreistagsvorsitz übernahm Albert Weber in den Jahren von 1960 bis 1968. Von 1954 bis 1965 war Albert Weber Kreisvorsitzender der SPD Hofgeismar. Neben seinem kommunalpolitischen Engagement setzte sich Albert Weber auch in der hessischen Landespolitik ein und gehörte vom 1. Dezember 1954 bis zum 30. November 1970 diesem Hause an.

Am 26. Februar 2009 verstarb im Alter von 86 Jahren der frühere Landtagsabgeordnete Prof. Emil Schlee.

Prof. Schlee wurde am 21. Oktober 1922 in Schwerin geboren. Nach seinem Abitur war er Soldat im Zweiten Weltkrieg und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr studierte er Kulturwissenschaften in Frankfurt am Main. Nach seinem Assessorexamen 1960 war er im Schuldienst tätig, wurde 1963 Studienrat und 1965 Oberstudienrat. Nach weiterer Studien an der Universität Mainz in Pädagogik, Geschichte, Soziologie, Anthropologie und Politik wurde er Dozent und ein Jahr später Professor und stellvertretender Direktor und Leiter der sporthistorischen und -soziologischen Abteilung an der Universität Mainz.1974 nahm er einen Lehrauftrag an der Universität Kiel an.

Prof. Schlee war von 1969 bis 1971 Vorsitzender der Gemeindevertretung Ober-Roden und von 1972 bis 1974 Mitglied der Gemeindevertretung Heubach im Odenwald. Dem Hessischen Landtag gehörte Prof. Schlee von 1970 bis 1974 an.

Am 3. März 2009 ist im Alter von 77 Jahren der frühere Staatsminister Karl Heinrich Trageser verstorben.

Karl Heinrich Trageser wurde am 2. Februar 1932 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und einer erfolgreich absolvierten Lehre als Elektromechaniker, die er 1950 mit der Facharbeiterprüfung abschloss, war Karl Heinrich Trageser in den Jahren von 1950 bis 1960 als technischer Sachbearbeiter bei der Voigt & Haeffner AG tätig.

1957 trat Karl Heinrich Trageser in die CDU ein. In den Jahren von 1960 bis 1970 war er Sozialsekretär der Sozialausschüsse der CDA Hessen und von 1970 bis 1979 Bezirkssekretär des Bezirksverbandes Rhein-Main der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) der Diözese Limburg. Fast zeitgleich war er auch Abgeordneter des Hessischen Landtags, dem er vom 1. Dezember 1966 bis zum 22. Februar 1979 angehörte. Unter anderem war Karl Heinrich Trageser sechs Jahre stellvertretender Fraktionsvorsitzender und engagierte sich als Vorsitzender des Ausschusses für Eingaben sowie stellvertretender Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses. Nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag war er von Februar 1979 bis April 1987 Stadtrat in Frankfurt. Vom 1. November 1981 bis zum 23. April 1987 war Trageser Mitglied der Verbandsversammlung des LWV Hessen. Am 24. April 1987 wurde Karl Heinrich Trageser zum Hessischen Sozialminister ernannt. Aus dieser Funktion schied er im April 1991 nach vier Jahren Tätigkeit aus.

Karl Heinrich Trageser war über Jahrzehnte in der Landespolitik tätig und hat sich große Anerkennung auch über die Parteigrenzen hinweg erworben. Mit ihm verliert die Landespolitik einen herausragenden Politiker und Ratgeber.

Schließlich: Am 7. März 2009 verstarb der frühere SPDLandtagsabgeordnete Heinrich Baumann im Alter von 79 Jahren.

Heinrich Baumann wurde am 16. Februar 1930 in Roßdorf geboren. Nach dem Abitur und einer Ausbildung zum Redakteur war er bis 1952 beim „Darmstädter Echo“ beschäftigt. Von 1952 bis 1956 studierte er Wirtschaftsund Sozialwissenschaften an der Universität Frankfurt am Main. Nach dem Abschluss als Diplom-Volkswirt war er bis 1961 als politischer Redakteur wieder beim „Darmstädter Echo“ beschäftigt. Von 1961 bis 1967 war er Pres

sereferent des Hessischen Ministers des Innern und Fachreferent in der Landesplanungsabteilung. 1968 wurde er Bezirksplaner beim RP Darmstadt.Von 1973 bis 1977 war Heinrich Baumann Landrat des Kreises Darmstadt. 1981 wurde er Vorstandsmitglied der HEGEMAG in Darmstadt.

Baumann war Mitglied des Kreistags Darmstadt-Land von 1960 bis 1973 und wieder ab 1977. Von 1964 bis 1973 sowie von 1977 bis 1981 war er Vorsitzender der SPDKreistagsfraktion dort.Von 1965 bis 1969 war er Mitglied der Verbandsversammlung des LWV. Zudem war er Vorsitzender der Verbandsversammlung der Regionalen Planungsgemeinschaft Starkenburg. Dem Landtag gehörte Heinrich Baumann von 1968 bis 1973 an. 1969 war er Mitglied der 5. Bundesversammlung.

Meine Damen und Herren, unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der Verstorbenen. Der Hessische Landtag wird den Verstorbenen stets ein ehrendes Andenken bewahren.– Ich danke Ihnen,dass Sie sich zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben haben.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich in die weitere Verlesung der amtlichen Bekanntmachungen eintrete, möchte ich den Hinweis geben, dass verabredet wurde, dass sich morgen um 8:45 Uhr die Mitglieder des Petitionsausschusses treffen.In welchem Raum,Frau Cárdenas?

(Barbara Cárdenas (DIE LINKE): In Raum 501 W!)

In Raum 501 W.

Ich möchte mich herzlich bedanken. Heute ist Opeltag in Hessen. Die SPD hat sich rote Autos gegönnt – welche auch sonst?

(Widerspruch der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Oh, habt ihr auch schwarze dabei? Das finde ich nett. Die Vielfalt überrascht. – Ich habe ein Auto von 1899. Ganz herzlichen Dank dafür. – Der Rest findet heute in Rüsselsheim statt.

Meine Damen und Herren,ich möchte zu Beginn der heutigen Sitzung an einen bedeutenden hessischen Politiker des vergangenen Jahrhunderts erinnern. – Wenn man selbst im vergangenen Jahrhundert geboren ist, ist das ein eigenartiger Hinweis.

Am 19. März 1884, d. h. vor 125 Jahren, wurde der erste Präsident des Hessischen Landtags, Otto Witte, in Halberstadt geboren. Das ist mir Anlass genug, heute an ihn zu erinnern.

Seit 1904 war Otto Witte Mitglied der Gewerkschaft und der SPD. Nach Schule, Ausbildung zum Gärtner und erster Berufstätigkeit wurde er 1912 Arbeitssekretär in Wiesbaden, war von 1915 bis 1919 Frontsoldat und 1918/1919 Vorsitzender des Soldatenrats in Wiesbaden.

Ab 1920 war er Landesrat bei der Bezirkskommunalverwaltung Wiesbaden, Mitglied des Provinziallandtags Hessen-Nassau, Bevollmächtigter für die Provinz HessenNassau im Reichsrat von 1924 bis 1933 und Mitglied des Deutschen Reichstags von 1926 bis 1933.

Meine Damen und Herren,wenn ich das hier verlese,werden Sie ein deutsches politisches Leben nachvollziehen können: Otto Witte wurde 1937 vom NS-Regime aus

Wiesbaden ausgewiesen und 22-mal verhaftet. Von 1944 bis April 1945 war er im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er die politische Arbeit in Hessen sofort wieder auf; er war Mitglied des Beratenden Landesausschusses von Februar bis Juli 1946 und unmittelbar anschließend Mitglied der Verfassungberatenden Landesversammlung und zugleich deren Präsident bis zum 30.11.1946.

Ab 01.12.1946 war er Mitglied des Hessischen Landtags und ab 19.12.1946 bis zum 16.12.1954 dessen erster Präsident.

Am 19.09.1963 ist Otto Witte verstorben.

Ich glaube, dass es gut ist, dass wir als Landtag an bedeutende Persönlichkeiten unserer Landtagsgeschichte erinnern, was ich hiermit getan habe.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, nun kommen wir zur Tagesordnung – die Vorlesung geht weiter –: Die Tagesordnung vom 24. März 2009 sowie ein Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 62 Punkten liegen Ihnen vor.

Wie Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung,Tagesordnungspunkte 54 bis 58, entnehmen können, sind fünf Anträge betreffend eine Aktuelle Stunde eingegangen. Interfraktionell haben wir uns auf eine Redezeit von fünf Minuten je Aktuelle Stunde verständigt, wobei zwei Aktuelle Stunden zusammengefasst werden. Bei diesen gelten sieben Minuten Redezeit.

(Axel Wintermeyer (CDU) und Günter Rudolph (SPD): Siebeneinhalb!)

Entschuldigung: siebeneinhalb Minuten. – Wird gegen diese Regelung Einspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so verfahren.

Die Landesregierung hat mit Schreiben vom 31. März 2009 mitgeteilt, dass sie eine Regierungserklärung betreffend „Tarifpolitik in schwierigen Zeiten – gut für die Bediensteten, verantwortungsvoll gegenüber dem Steuerzahler“ abzugeben wünscht. Diese Erklärung wird vom Minister des Innern und für Sport, Herrn Bouffier, abgegeben.

Die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, die Regierungserklärung am Mittwoch nach Punkt 34 aufzurufen. Punkt 38 wird dafür am Mittwoch nach Punkt 27 aufgerufen – das zu Ihrer Information.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Hessen setzt sich für Frieden und Abrüstung ein – der Landtag unterstützt die Aktionen der Friedensbewegung, Drucks. 18/279. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Punkt 63 und kann mit Punkt 54, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen werden. – Dem widerspricht keiner. Dann wird so verfahren.

Ebenfalls noch eingegangen ist ein Dringlicher Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Zwölftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes, Drucks. 18/283. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Gesetzentwurf Punkt 64 und kann mit Punkt 10 aufgerufen werden.

Weiterhin eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Hessens Landwirtschaft

muss frei von Gentechnik bleiben, Drucks. 18/295. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Das bedeutet, dass dieser Dringliche Entschließungsantrag Punkt 66 wird und mit Punkt 20 aufgerufen werden kann. – Dem widerspricht ebenfalls niemand. Dann ist das der Fall.

Meine Damen und Herren, der Einfachheit halber und aufgrund der Tatsache, dass alles sehr knapp gewesen ist, lese ich Ihnen jetzt vor, welche Dringlichen Anträge noch eingegangen sind. Ich bitte Sie, zu akzeptieren, dass wir dann pauschal über die Dringlichkeit abstimmen. Es sind noch eingegangen: