Protocol of the Session on May 18, 2011

Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich. Der gleiche Willkommensgruß gilt allen Besucherinnen und Besuchern auf unserer Zuschauertribüne: herzlich willkommen. – Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Ich stelle fest, dass die Tagesordnungspunkte 1, 2, 5, 8, 14, 23 und 78 erledigt sind.

Es liegen weitere Initiativen vor. Das ist zum einen ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Zukunft der Staatlichen Schulämter in Hessen. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Damit wird der Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 79 und kann, wenn nicht widersprochen wird, nach Tagesordnungspunkt 63 – das ist die Aktuelle Stunde zu dem gleichen Thema – aufgerufen und dann abgestimmt werden. – Wir verfahren so.

Weiterhin eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Optimierungsmöglichkeiten und Synergieeffekte beim Netzausbau nutzen, Drucks. 18/4069. – Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht. Damit wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 80 und kann mit den Tagesordnungspunkten 44 und 76 zu dem gleichen Thema aufgerufen werden.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Unterstützung der Bundesratsinitiative für ein Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes durch die Hessische Landesregierung, Drucks. 18/ 4070. – Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht. Dieser könnte mit den Tagesordnungspunkten 28 und 39 aufgerufen werden. – Mein Vorschlag wird so angenommen.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend 60-jährige Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hessen und demokratische Verankerung des Verfassungsschutzes, Drucks. 18/4071. – Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht. Damit wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 82 und kann mit Tagesordnungspunkt 45 aufgerufen werden. – Wir verfahren so.

Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit dem Setzpunkt der SPD. Danach folgt der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend 60-jährige Tätigkeit des Verfassungsschutzes. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 39.

Ich darf feststellen, dass Frau Kollegin Hammann heute entschuldigt fehlt.

Auf Ihren Plätzen müsste der Terminplan für das Jahr 2012 ausliegen. Ist das so?

(Zuruf: Ja!)

Vielen Dank. – Es ist mir eine Freude, einem Kollegen zum Geburtstag zu gratulieren, nämlich Herrn Paulus. Herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Alle guten Wünsche im Namen des ganzen Hauses. Herr Paulus, Herr Kollege Lenders wird Ihnen jetzt die Blumen bringen.

(Schriftführer Abg. Jürgen Lenders überreicht ei- nen Blumenstrauß.)

Ich darf ergänzen, dass Frau Kollegin Hofmeyer heute ebenfalls entschuldigt fehlt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 40 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend CDU-Generalsekretär Beuth entlarvt den Ministerpräsidenten: Bouffier meint es mit dem Atomausstieg nicht ernst – Drucks. 18/4025 –

Dazu wird Tagesordnungspunkt 55 mit aufgerufen:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend PuttrichForderungen zu Biblis dienen nur der Verschleierung – Drucks. 18/4012 zu Drucks. 18/3650 –

Ich darf das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel, erteilen. – Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Das sage ich für die Zuhörerinnen und Zuhörer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Setzpunkt für heute genommen, weil das uns zum wiederholten Male die Möglichkeit gibt, in diesem Haus deutlich zu machen, dass die Landesregierung bei der Energie- und Atompolitik orientierungs- und ziellos ist.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Sie ist orientierungs- und ziellos. Das ist anlässlich der Vorlage eines Papiers sehr deutlich geworden, das den Namen von Peter Beuth, dem Generalsekretär der hessischen CDU, trägt. Damit erfolgte das im Auftrag von Volker Bouffier. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Generalsekretär der hessischen Union in Berlin ein Papier zum Thema Atom- und Energiepolitik vorlegt, das mit dem Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten nicht abgestimmt ist. Herr Beuth, so viel Professionalität traue ich Ihnen noch zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schon einmal etwas von innerparteilicher Demokratie gehört?)

Herr Bouffier, die hessische Union tritt mit dem Papier, das Herr Beuth zusammen mit seinen Kollegen aus Sachsen und Thüringen vor 14 Tagen, also nicht irgendwann, vorgelegt hat, erneut auf die Bremse. Sie verweigern ausdrücklich, einen Zeitpunkt zum Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zu nennen. Ich sage Ihnen: Damit wird die falsche Konsequenz aus den Ereignissen der letzten Monate gezogen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wo ist denn Ihr Plan?)

Auf meinen Plan komme ich noch zu sprechen. – Da wundert mich auch nicht das Herumgeeiere des Ministerpräsidenten und der zuständigen Atomministerin am gestrigen Tag anlässlich der Vorstellung des Berichts der Reaktor-Sicherheitskommission. Ich zitiere wörtlich. Der Ministerpräsident sagte:

Wenn die jetzt sagen:

gemeint ist die Reaktor-Sicherheitskommission –

„Ihr müsst die Risiken jetzt anders bewerten“,

auf das Thema „anders“ komme ich gleich noch einmal zu sprechen –

ich glaube, dann werden wir dem folgen.

Das sagte am Dienstag Herr Bouffier zu dem in Berlin vorgelegten Bericht der Reaktor-Sicherheitskommission. Daraus folge:

So wie es ist, kann es nicht bleiben. Und wenn es so bleibt, wie es ist, kann es nicht fortgesetzt werden.

Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, ich sage Ihnen: Hören Sie endlich damit auf, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich heute in diesem Haus hinstellen und sagen: Das Atomkraftwerk Biblis, Block A und B, geht nie wieder ans Netz. – Das ist unser politischer Wille und die einzige logische Konsequenz. Dabei werden wir die Bundesregierung aktiv und engagiert unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Gegenteil ist sogar der Fall. Frau Puttrich erklärte ges tern wieder:

Jetzt muss Berlin erst einmal die Grundlagen schaffen.

Frau Puttrich, Einsicht in die Notwendigkeiten und ein engagiertes Vorgehen sehen anders aus. Deswegen bleiben wir bei unserer Bemerkung: Sie sitzen im Bremserhaus und nicht am Hebel der Beschleunigung.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte jetzt gern ein paar Bemerkungen zum Bericht der Reaktor-Sicherheitskommission machen. Herr Röttgen hat gestern gesagt, dieses Vorgehen und dieser Bericht seien international einmalig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage: Das, was da gestern stattgefunden hat, ist einmalig stümperhaft. – Dabei geht es nicht um das, was die Reaktor-Sicherheitskommission vorgelegt hat, sondern um den Auftrag und den Umgang damit. Der Bericht ist eine schallende Ohrfeige für Sie und Ihr Vorgehen bei der Atomwende. Das will ich mit einigen wenigen Zitaten deutlich machen.

Das, was gestern vorgelegt wurde, ist eine Sicherheitsüberprüfung nach Aktenlage. Teilweise gingen die Berichte der Betreiber ein, bevor die Kommission die Fragen gestellt und die Bewertungskriterien überhaupt aufgestellt hatte.

Eine seriöse Überprüfung der Atomanlagen innerhalb von drei Monaten ist schlichtweg nicht möglich. Das haben alle Fachleute vorher gesagt. Deswegen ist das, was da gestern vorgelegt wurde, bestenfalls ein Zwischenbericht, der ein paar Hinweise gibt, mit dem aber im Übrigen nichts Neues auf den Weg gebracht wurde.

Dass Biblis A und Biblis B gegen Flugzeugabstürze nicht gesichert sind, wussten wir vor etwa drei Monaten genauso, wie wir es heute wissen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich will zitieren, was auf Seite 5 des Berichts der ReaktorSicherheitskommission steht:

Der RSK wurden viele Informationen in heterogener Form zur Verfügung gestellt. Auf Basis dieser Informationsaufbereitung konnte zum jetzigen Zeitpunkt keine durchgehend belastbare Zuordnung zu den Robustheitsleveln oder Schutzgraden erfolgen.... Als Basis der Robustheitsprüfung setzt die RSK voraus, dass die Anlagen dem aktuellen genehmigten Zustand entsprechen und die in den regelmäßig gemäß Atomgesetz durchgeführten Sicherheitsüberprüfungen oder aufgrund anderer Aufsichtsvorgänge als sicherheitstechnisch wichtig identifizierten Verbesserungsmaßnahmen vollständig umgesetzt sowie gegebenenfalls identifizierte Nachweisdefizite behoben sind.

Überprüfungen, ob diese Voraussetzungen vorliegen, wurden im Rahmen dieser Robustheitsprüfung seitens der RSK nicht vorgenommen. Wir sind wieder einmal davon abhängig, dass uns die vier Betreiber vollständig informieren. Wenn die RSK gestern gesagt hat: „Wir haben eine Überprüfung nach Aktenlage vorgenommen, wir waren überhaupt nicht in der Lage, vollständig zu überprüfen“, wenn die RSK somit zu der Bewertung kommt, dass kein einziges deutsches Atomkraftwerk in die Robustheitsklasse 3 fällt, in der also praktisch, nicht faktisch, Störfälle mit einem Superereignis wie in Fukushima ausgeschlossen werden, dann ist das ein alarmierendes Si gnal. Es ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass wir den Atomausstieg beschleunigen müssen, der bis Ende 2020 möglich ist.

(Beifall bei der SPD)

Herr Schäfer-Gümbel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Müller?

Nein, bei zehn Minuten nicht. – Herr Bouffier, mit Ihrem Vorgehen, Herrn Beuth nach Berlin vorzuschicken, um keinen Zeitpunkt für den Atomausstieg festlegen zu lassen, gefährden Sie auch den Konsens in Hessen. Ich sage Ihnen: Der 24. Mai – das ist der Tag, an dem Sie zum zweiten Energiegipfel eingeladen haben – ist der Tag der Wahrheit. Sie werden endlich liefern müssen. Sie können sich in dieser Kommissionsrunde nicht darauf zurückziehen, noch weitere Stellungnahmen zu sammeln, sondern Sie müssen als Ministerpräsident endlich sagen, wohin Sie wollen.